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Über das Buch

Eine Verspätung. Eine kleine Lüge. Eine neunmalkluge Nichte. Ein Weihnachtsmarkt. Und ein Mistelzweig! 

 

Für Maxime und Kai ist seid ihrer ersten Begegnung das Chaos vorprogrammiert. Was ein einfacher Job als Innenarchitektin werden sollte, 
entpuppt sich als Herausforderung der besonderen Art. Für beide Parteien gleichermaßen. Ist er noch zu verwirrt über eine simple Verwechslung, 
so scheint sie nicht mit den aufkommenden Gefühlen klar zu kommen. 
Doch schon nach dem ersten Kuss, gibt es für beide kein zurück  mehr und der Zauber der Weihnacht fesselt sie aneinander.

Prolog

Weihnachten. Eine Zeit der Liebe, der Familie. Überall sieht man die Leute backen, Zeit mit ihrer Familie verbringen oder einfach nur hektisch durch die Geschäfte laufen auf der Suche nach Geschenken für all die Lieben.

Große wie kleine Städte werden mit bunten Lichtern und Bäumen dekoriert, die abends glitzern in der Dunkelheit. Weihnachtsmärkte schießen aus dem Boden wie kleine Blumen im Frühling und überall ist es geschäftig. Die Händler stocken ihre Inventare auf, die Menschen sparen schon ein paar Monate vorher ihr Geld und kleine Kinder schreiben ihre Briefe an den geliebten Weihnachtsmann, der ja die Geschenke bringt.

Und wehe man war nicht brav. Sofort bekam man weniger bis gar nichts. Aber wie erwähnt ist es auch die Zeit der Liebe. Nur im Frühling, wenn die Gefühle wie die Blumen erblühen, gibt es so viele neue Paare wie zur Weihnachtszeit. Eine kleine, unschuldig wirkende Begegnung, kann das ganze Leben verändern. Oder auch nur die Festtage zu etwas ganz besonderem machen. Ganz wie man es sich wünscht.

Der eine mag lieber etwas festes, das gewisse Etwas. Ein anderer mag es lieber locker und "modern". Doch in jedem Fall wünschen wir uns Nähe und Zuneigung. Selbst dann, wenn man es selbst gar nicht weiß oder nicht für möglich hält. Jeder brauch an einen gewissen Punkt im Leben, einen anderen Menschen. Eine Person, der man sich anvertrauen kann. Bei der man, seine Sorgen für einen Moment vergessen kann.

Eine Person, die einem so viel bedeutet.

Und wenn wir diese Person gefunden haben?

Meist nehmen wir es gar nicht wahr oder versuchen es sogar zu verdrängen und nicht an uns ran zu lassen. Nur leider ist grade Weihnachten eine Zeit der Magie. Eine Zeit, in der wir uns nicht mehr ganz in der Hand haben. Wir wollen so viele materielle Dinge, dass wir vollkommen vergessen was wirklich wichtig ist zu dieser Zeit. Nein, eigentlich zu jeder Zeit.

Liebe.

Nichts anderes als wahre Liebe, sei sie auch noch so unbegreiflich. Wir wollen sie nicht oder nur selten und doch zieht sie uns ganz und gar mit sich. Wir sind nur Menschen, die sich nicht gegen diese ganz besondere kraft wehren können. Die keinen Einfluss darauf haben, ob sie kommt, bleibt, oder geht.

Nur eines ist ganz sicher: Zu Weihnachten ist diese Macht, und das sie uns trifft, besonders hoch. Und bist du erst einmal verliebt, ist alles andere unwichtig, unbedeutend.

Nur diese eine Person zählt.

 

Kapitel 1

>>>Es schien ein gewöhnlicher Tag zu sein, wie jeder andere des Jahres auch. Wäre es nur nicht der 1. Dezember! Diese Zeit war etwas Besonderes, für jeden der an den Zauber von Weihnachten glaubte. Und auch für den einen oder anderen Ungläubigen konnte die Advents und Weihnachtszeit etwas Besonderes beherbergen. Die meisten Menschen hingen heute die bunten Ketten, Bilder und Kerzenbögen ans Fenster. Plätzchen wurden gebacken und der Einkaufsstress begann von neuem.

Die Werbungen im TV enthielten immer mehr Kinderspielzeug und Eltern wurden regelrecht mit kleinen und größeren Wünschen überschüttet. Für Händler natürlich wunderbar, für Eltern eine harte Probe der Geduld und des Geldbeutels, was die Kleinen natürlich nicht störte, sahen sie doch nur die vielen bunten neuen Spielsachen!

Woher es kam, meist glaubten sie ja noch an den Weihnachtsmann, schien sie nicht wirklich zu interessieren. Und bei den älteren wurde ganz einfach angenommen, dass Mama und Papa schon bezahlen würden. Immerhin waren sie ja nun einmal die Eltern.<<<

 

 

 

Kai sah verdrossen auf seine teure Armbanduhr am linken Handgelenk und fluchte zum wiederholten Male. Schon eine Stunde! Dieser verdammte Innenarchitekt war schon eine Stunde über der Zeit dran! Für das, was dieser Maxime Highter verlangte, sollte man doch wenigstens ein gewisses Maß an Pünktlichkeit und Respekt zu erwarten haben. Und was war? Der Mann verspätete sich immer mehr. Und dabei war Kai´s Zeit nicht besonders weit bemessen. Eher war es so, dass der Schwarzhaarige alles sehr eng pressen musste, um überhaupt ein wenig Zeit für einen Innenarchitekten zu haben. Oder für anderweitige Dinge. Daher plante er alles auch sehr rigoros und hasste es über alle Maßen, wenn etwas gar nicht nach Plan lief. Und genau ein solcher Fall trat gerade ein. Kai hasste es einfach nur seine Zeit so zu vergeuden. Innerhalb der Stunde in der er nun schon wartete, hätte er einen weiteren millionenschweren Deal abschließen können.

"Keine Sorge, Kai, du wirst vollauf zufrieden mit Max sein. Es gibt niemand besseren für den Job!"

Er hörte die lachende Stimme seines kleinen Bruders wieder in seinem Kopf und seufzte. Ray hatte ihm versichert, Max wäre der Beste für den Job und keiner könnte es besser bewerkstelligen, aus seinem neuen Haus ein gemütliches Zuhause zu gestalten, denn das wäre alles andere als einfach. Nicht bei den ganzen Vorstellungen, die er selbst schon im Kopf hatte. Ja, er könnte es natürlich auch selbst erledigen, aber ihm fehlte die Zeit. Nur deswegen hatte er sich auf einen Innenarchitekten eingelassen.

Pah! Das hatte er nun davon.

Das Haus war alt und in keinen besonders guten Zustand, weshalb der Innenarchitekt eh noch mit der Arbeit warten müsste. Doch Kai wollte auf Nummer sicher gehen und schon jetzt einige Leute gucken lassen. Um eben die liebe Zeit zu sparen. Vielleicht hätte er es doch anders machen sollen, aber ihm war der Gedanke gekommen, falls der Architekt eine gute Idee hatte, vielleicht auch Wände weg oder dazu, das diese beim Umbau auch berücksichtigt werden mussten. Ja, Maxime Highter war nicht der erste Kandidat. Er war der Letzte! In zweierlei Hinsicht, wie Kai nun gereizt dachte. Einen potenziellen Arbeitgeber durfte man nie warten lassen. Schon gar nicht ihn. Flüche murmelnd sah er wieder auf die teure Uhr an seinem Handgelenk. Nun waren es schon beinahe zwei Stunden...

Ihm reichte es jetzt! Wütend ging er nach draußen, lief zu seinem Wagen und wollte grade einsteigen – um ins Büro zu fahren - als eine Frau die breite Auffahrt herauf kam. Kai runzelte die Stirn und beobachtete den Ankömmling skeptisch. Was wollte diese Frau denn jetzt hier? Naja, vielleicht nur nach dem Weg fragen. Zum Glück hatte es in diesem Jahr noch nicht geschneit, sodass man gefahrlos laufen konnte...

Er schmiss die Autotür wieder zu und sah ihr entgegen. Sie hetzte sich wirklich einen ab, wie er in einen Anflug von Humor feststellen musste. Und dabei hob sich ihr Busen, der unter der blütenweißen Bluse ins Auge stach, rhythmisch auf und ab. Sie trug einen roten Schal, der viel zu dünn für diese Temperaturen aussah, hochhackige Schuhe – mit denen sie deutliche Probleme auf dem Kiesweg hatte - und einen eher dünnen Mantel. Ganz eindeutig dachte sie über ihr Aussehen viel nach, doch nicht besonders praktisch wie ihm schien.

Eine Welle der Erregung erfasste ihn, als er sie weiter musterte.

Das rabenschwarze Haar, vielleicht war es gefärbt, hatte sie zu einen Knoten zusammen gebunden und einige vorwitzige Strähnen lugten an den Seiten hervor. Das Gesicht war nur leicht geschminkt, wirkte perfekt abgestimmt auf ihren blauen Rockanzug.

Schmunzelnd verschränkte er die Arme vor der Brust und wartete bis sie direkt bei ihm war. Und als sie endlich vor ihm stand, versuchte sie ihre Atmung wieder unter Kontrolle zu bekommen und atmete daher tief ein und aus. Kai musste sich zusammen reißen, dass er sie nicht sofort an sich riss. Das war so vollkommen untypisch für ihn. Normalerweise hatte er seine Hormone besser im Griff. Und über eine Frau herfallen, das hatte er ja gar nicht nötig. Dennoch juckte es ihm in den Fingern sie kurz zu berühren. Ein vollkommen irrationaler Gedanke, dem er auf keinen Fall folgen würde.

"Entschuldigen Sie bitte, arbeiten sie für Mr. Santiago? Ich war mit ihm verabredet, habe mich aber schrecklich verspätet", prasselte sie ihre kleine Rede runter und stellte sich gerade hin, dass smarte Kinn vorgestreckt. Wild entschlossen also, dachte sich Kai und runzelte verwirrt die Stirn.

"Und Sie sind?", wollte er zuerst wissen. In seinen Kreisen waren auch Anschläge auf das Leben keine Seltenheit. Zumindest schien diese kleine Person, die ihm nur knapp unters Kinn reichte, nicht zu wissen, wen sie direkt vor sich hatte. Das konnte durchaus ein guter Vorteil sein. Mal sehen was sich darauf entwickelte.

"Maxime Highter, aber alle nennen mich nur Max", erklärte sie, versuchte zu lächeln und reichte ihm ihre Hand. Ihre Finger waren schlank und ganz eindeutig ziemlich kalt, wie Kai unschwer an der rötlichen Färbung erkennen konnte. Aber... Moment mal!

DAS war Max? Der Max, von dem sein kleiner Bruder ihm so viel erzählt hatte? Aber der Innenarchitekt Max war doch ein Mann. Naja, zumindest hatte Kai dies angenommen. Dass es eine Frau war, machte zwar an und für sich nichts, doch darauf war er einfach nicht vorbereitet. Und seine letzte Verabredung war einfach schon viel zu lange her. Kein Wunder also das er sofort von ihr erregt wurde. Sie war nicht im eigentlichen Sinne eine Schönheit, schien aber von innen heraus zu strahlen. Besonders faszinierend fand er ihre Augen, die nur im ruhigen Moment ein sattes Grün hatten, durch die Sonne aber auch kleine braune und blaue Sprenkeln bekamen. Und auch ihre Sommersprossen, so vollkommen untypisch für Echtschwarzhaarige, leuchteten in der Sonne. Und das rabenschwarze Haar glänzte. Von den hohen Wangenknochen und den feinen Grübchen mal ganz abgesehen.

Ja, sie war schön, auf ihre eigene Art und Weise, die ihn sofort anzog. Dabei war sie für seinen Frauentyp viel zu klein. Und eigentlich stand er auch viel mehr auf große Blondinen. Welche mit guten Argumenten und die pünktlich waren!

"Da muss ich Sie leider enttäuschen, Mr. Santiago ist bereits vor einer guten Stunde aufgebrochen", sagte er lügend ohne dabei mit der Wimper zu zucken. Jemand der sich so sehr verspätete, verdiente keine zweite Chance. Wozu gab es auch Handys! Ein kurzer Anruf hätte genügt um ihn zu beruhigen und vor allem um ihn nicht wütend zu machen. Es war ganz alleine nun ihr Problem.

"Oh nein! Dann war also alles völlig umsonst? Ich hätte ja wissen müssen, dass ich kein Glück habe. Genau deswegen hasse ich die Weihnachtszeit", schimpfte und klagte sie vor sich hin und Kai hatte fast schon Mitleid mit ihr. Wieder etwas Neues. Aber sie verdiente es auch nicht wirklich. Immerhin war er derjenige gewesen, dem Zeit gestohlen wurde.Für viel wichtigere Dinge in seinem Leben.

"Naja, er hat ja auch ganz schön lange gewartet", murmelte der Halbrusse und zog eine Augenbraue hoch. Sollte sie ruhig ein schlechtes Gewissen bekommen und vielleicht sogar zu Kreuze kriechen... Nein! Ein Bild von ihr, wie sie vor ihm kniete, war so ganz das Letzte was er jetzt noch gebrauchen konnte. Schnell verbannte er diese Gedanken daher nach ganz hinten in seinen Kopf.

"Das tut mir auch wirklich wahnsinnig leid! Mein Auto hatte eine Panne und mein Akku ist tot...", seufzte sie schwer und sah ihn an. Direkt in die Augen. Nun, zumindest schien sie unerschrocken zu sein.

"Wer sind Sie eigentlich?" Dass sie ihn nun misstrauisch musterte, war nicht so ungewöhnlich. An ihrer Stelle hätte er wohl das Gleiche getan. Nur das ihr Blick anders war als bei seinen Gespielinnen.

Sie sah ihn nicht mit Dollarzeichen in den Augen an!

Vielleicht konnte es noch sehr interessant werden.

 

Maxime musterte ihr gegenüber äußerst genau. Als sie ihn in der Auffahrt entdeckt hatte, war ihr Herz für einen Moment stehen geblieben. Gott, wie gut er aussieht, hatte sie gedacht und war selbst über sich erschrocken. Normalerweise dachte sie niemals derartig über einen Mann. Naja, eigentlich dachte sie niemals an einen Mann. Und schon gar nicht ob er gut aussah oder nicht. So etwa spielte für sie keine Rolle, da das Aussehen eh vergänglich war. Dass wusste man doch schon im Kindesalter. Dennoch hatte dieser Fremde sie fasziniert noch ehe sie ihn angesprochen hatte. Und nun hatte sie auch noch seine Stimme gehört, was ihr fast schon den Rest gab. Reiß dich zusammen, ermahnte sie sich selbst im Kopf.

"Ich bin...Kaiden Miros", antwortete er nun – ein klein wenig zögerlich - und Maxime lächelte ihn freundlich an. Anscheinend war er sich nicht ganz sicher, wie weit er ihr trauen konnte. Dafür hatte sie vollstes Verständnis, denn auch ihr fiel es extrem schwer, Vertrauen zu fassen.

"Freut mich sehr Sie kennen zu lernen, Mr. Miros."

"Die Freude liegt ganz auf meiner Seite. Kann ich Sie vielleicht auf einen Kaffee einladen für die Mühe ihres Erscheinens? Und sagen Sie ruhig einfach nur Kaiden", fragte er nun und Maxime dachte etwas zu lange darüber. Sein Gesicht wurde etwas kühler.

"Ach, versteh schon. Sie haben einen Freund und das kommt für sie nicht in Frage." Sofort schüttelte sie den Kopf, wurde sogar ein wenig rot und sah ihm dann direkt in die Augen.

"Nein, ich habe keinen Freund und ich würde gerne mit Ihnen einen Kaffee trinken. Nur mache ich mir Sorgen wegen den Termin mit Mr. Santiano. Das war ein einmalige Chance", seufzte sie und zuckte die Schultern. "Naja, was solls. Heute scheint nicht mein Tag zu sein. Erst der Unfall und dadurch verpasse ich den Termin..." Sofort sah er sie besorgt an.

"Unfall? Sind Sie verletzt?" Wieder schüttelte sie den Kopf.

"Nur mein Auto ist wohl ein Vollschaden. Und der Baum steht auch nicht mehr ganz grade. Von meinen zerrissenen Strümpfen mal ganz zu schweigen..." Sie zog ihren Rock leicht an, zeigte die Laufmasche und gab damit unfreiwillig einen recht hübschen Blick auf ihre Oberschenkel frei.

Kai schluckte schwer und zwang sich selbst woanders hin zu sehen, was ihm kläglich misslang. Sofort war sein Blick wieder auf ihren Körper gerichtet. Sie war sich anscheinend nicht einmal ihrer Wirkung bewusst. Und was sie da tat... Einiges von seinem Blut wich in die untere Region und nur mit großer Mühe konnte er den anfänglichen Ständer vor ihr verbergen. Okay, so viel Mühe musste er sich gar nicht geben, da sie nicht im geringsten auf ihn zu achten schien. Auch wieder eine neue Erfahrung.

Kapitel 2

Maxime war sich tatsächlich nicht mal annähernd bewusst, was sie da eigentlich tat. Sie musste sich sogar bemühen, die dreckigen Sachen nicht von sich zu reißen und einfach in die Badewanne zu setzen, angefüllt mit schönen, heißen Wasser was nicht nur ihren Körper, sondern auch ihre Seele entspannen würde. Und dieser Gedanken wurde nur noch verlockender, als die Kälte wieder in ihre Glieder fuhr. Aber das war ja am ersten Dezember auch nicht allzu verwunderlich. Es lag noch kein Schnee, doch der eisige Wind vom Norden her, ließ jeden Gedanken an einen gemütlichen Spaziergang verstummen. Viel mehr wünschte man sich einfach auf der Couch vor dem Kamin zu sitzen in dem ein knisterndes Feuer brannte. Dazu schön in eine Wolldecke eingekuschelt und eine heiße Tasse Kakao in der Hand. Vielleicht noch im Hintergrund ein wenig Musik, ruhige, langsame Musik, die einen bis ins Innerste der Seele beruhigte und entspannte.

Und was tat sie?! Mit ihrem alten Auto, früher war es echt toll gewesen endlich ein Auto zu besitzen, in der Gegend herum fahren, einen Unfall bauen und dann die restlichen fünf Kilometer zu Fuß gehen. Mit Absätzen, die dazu nun wirklich die unpassendsten waren.

Seufzend ließ sie ihren Rock wieder los, sah nach oben und begegnete seinem Blick. Das Verlangen war unübersehbar und sofort wurde ihr heiß. Verdammt, das war ihr so noch nie passiert. Natürlich hatte sie sich schon des Öfteren zu einen Jungen oder einen Mann hingezogen gefühlt, doch nie war es so plötzlich gekommen, so vollkommen verharrend!

"Ähm", räusperte sie und sofort verschwand dieser Blick, dieses Feuer in seinen Augen, wieder.

"Oh ja, ähm. Wie wäre es, wenn Sie mit rein kommen und sich erst einmal aufwärmen. Dann könnten Sie auch einen Abschleppdienst rufen. Und wenn Sie sich wieder besser fühlen, werde ich Sie persönlich nach Hause geleiten." Er wollte sie persönlich hinbringen?! Nie im Leben. Nicht zu der schäbigen Behausung, die sie ihr Heim nennen musste. Eher würde sie den gesamten Weg, alle 65 Kilometer, zu Fuß zurückgehen. Es war ihr überaus peinlich so zu wohnen und trotzdem einen ziemlich guten Ruf als Innenarchitektin zu haben. Es passte ganz einfach nicht zusammen. Das würde es nie. Jeden Penny den sie besaß, steckte sie in den Aufbau ihrer kleinen Firma. Für ihr eigenes Zuhause blieb da eigentlich so gut wie nichts übrig. Was hieß hier so gut wie nichts? Es blieb tatsächlich nicht mal genug damit sie eine Pflanze hatte! Dabei hätte sie so viele Ideen für die kleinen Zimmer. Sie würden viel größer und wohnlicher wirken... Aber sie sollte wohl lieber über seinen Vorschlag nachdenken. Es war ein vernünftiges Angebot.

Dennoch war es sicherlich nicht richtig, es anzunehmen, da der Hauseigentümer ja nicht zugegen war.

Maxi sah ihn nachdenklich an und entschied sich dann jedoch dafür! Der Mann vor ihr kannte Mr. Santiago ganz augenscheinlich, sonst würde er ja auch gar nicht ins Innere des Hauses gelangen, und einen Abschleppdienst zu rufen, war sehr vernünftig.

"Okay, aber nur wenn Sie sicher sind, das Mr. Santiano nichts dagegen hat. Sonst wäre es mir wirklich sehr unangenehm", antwortete sie nun endlich und er lächelte leicht.

"Keine Sorge, er hat nichts dagegen. Immerhin sind Sie ja nun mein Gast und da ich mit ihm hier lebe, steht es mir auch frei, ein paar Gäste zu bewirten."

Okay, das klang jetzt natürlich auch logisch und verständlich. Obwohl sich ihr die Frage aufdrängte, wie er das mit dem zusammen leben meinen konnte...

 

Langsam, da ihr die Füße schmerzten, folgte sie ihm ins Innere des Hauses und war sofort hin und weg von der wunderschönen Architektur. Auch, wenn diese echt Instand gesetzt werden musste. Jedoch gab es für diese Räume total viel Potenzial. Sie war in ihrem Element.

"Es ist wunderschön hier", hauchte sie bewundernd und ließ den Blick über jeden einzelnen Zentimeter gleiten. Angefangen von der hohen Decke mit den vielen Verzierungen aus Stuck, bis hin zu den gealterten Holzdielen am Boden. Der Farbton der Dielen war nicht mehr ganz der alte Glanz und doch lag genau darin Maximes Faszination. Sie liebte so etwas Altes besonders. Es zeigte doch, wie es früher aussah. Und so wie sie aussahen, konnte Max davon ausgehen, dass es wenigstens hundert Jahre alte Dielen sein mussten. Also wirklich ein ganzes Stück Geschichte wenn man so wollte. Und der Stuck an den Kanten der Decke und auch in der Mitte, lud regelrecht zum Träumen ein. Am liebsten hätte sie sich einfach in die Mitte des Raumes gelegt, an die Decke gestarrt und sich ausgemalt, wie es hier früher zuging. Ganz sicher war es hier wunderschön gewesen. Glänzende Bälle, rauschende Feste und so viel Geheimes, was man dann wohl vor den Dienstboten verborgen halten musste. Ein Lord, eine Lady, und eine verbotene Liebe.

Ja, manchmal ging ihre Fantasie einfach mit ihr durch, was sie selbst gar nicht mal so schlimm fand. Immerhin lebte sie davon, dass ihre Gedanken so manches Mal eine solche Richtung einschlugen. Und bisher hatte sich auch noch keiner darüber beschwert oder deutlich verneinende Worte von sich gegeben.

Sie sah zu Kaiden und lächelte verzaubert.

"Es ist wirklich wunderschön hier! Wie gerne hätte ich das alles in den alten Glanz versetzt", schwärmte sie und sofort legte sich ein trauriger Ausdruck in ihre Augen. Kai hätte sie in diesem Moment einfach nur am liebsten ans ich gezogen und diese vollen Lippen geküsst bis sie wund waren. Bis sie keinen Gedanken mehr an das Haus verschwendete und nur noch an ihn dachte. In jedem einzelnen Zimmer!

"Freut mich wirklich sehr, dass es Ihnen so zusagt. Und sicherlich hätten Sie hier einiges bewirken können...", murmelte er abwesend und starte weiter diese Lippen an.

Verdammt!

Er spürte wie ihn heftige Erregung erfasste und knirschte mit den Zähnen für einen kurzen Augenblick. Sie sah ihn stirnrunzelnd an. Anscheinend konnte er sich nicht ganz so gut zusammen reißen, wie er erhofft hatte. Zeigte er sich zu offen?

"Ist was nicht in Ordnung?", hörte er ihre gedämpfte Stimme und zwang sich selbst zu einen Lächeln – wenn auch kein allzu echtes.

"Nein, alles in Ordnung. Ich habe nur grade überlegt, dass Mr. Santiano Ihnen wirklich noch eine Chance geben sollte. Sie scheinen ja regelrecht in ihrem Element zu sein." Nun zierte eine zarte Röte ihre sonst so hellen Wangen, was sie nur noch begehrenswerter aussehen ließ. Warum musste er sie weiter belügen? Das konnte nicht funktionieren. Er musste ihr die Wahrheit sagen! Jetzt! Auf der Stelle.

"Ähm, Mrs. Highter, ich muss Ihnen etwas sagen", räusperte er sich nach wenigen Sekunden in denen er seine Fassung wieder bekommen musste. Natürlich schien sie mit dem Schlimmsten zu rechnen und spannte sich sofort an. Gut so, dachte er mürrisch und seufzte. Sollte sie sich ruhig etwas unwohl fühlen wegen der Verspätung. Wäre sie schon bei den großen gelandet, konnte sie es sich leisten einen potenziellen Arbeitgeber warten zu lassen, aber da sie noch unten mitmischte, sollte ein derartiger Patzer nicht vorkommen. Dabei hielt er ihr zugute, dass sie überhaupt aufgetaucht war...

"Was Mr. Santiano angeht..."

Nun sah sie ihn ehrlich gespannt an, mit einen erschrocken Ausdruck in den klaren grünen Augen. Gott, diese Augen machten ihn vollkommen verrückt!

"Sie kennen ihn gar nicht wirklich, stimmts? Vermutlich sind Sie ein Einbrecher und ich habe mich jetzt mit schuldig gemacht!", stöhnte sie frustriert, biss sich auf die Unterlippe und schüttelte über sich selbst verständnislos den Kopf.

"Ich hab es gewusst. Ein Mann der so gut aussieht wie Sie kann unmöglich freundlich zu mir sein. Meine Mutter hat mich ja schon immer davor gewarnt, aber ich musste ja nie auf sie hören. Was wissen Mütter schon, nicht wahr! Gott, was sie mir das wieder vorhalten wird! Ich kann ihre Worte, nein ihre Triade schon jetzt gut in meinen Ohren hören... Dabei ist es hier auch noch so wunderschön und ich kann schon regelrecht fühlen, wie hier alles in meinem Kopf Gestalt annimmt. Und Mr. Santiano wäre ganz sicher nicht von mir enttäuscht. Ich habe zwar noch nicht ganz so viel Erfahrung doch..."

Ihre kleine Rede wurde unterbrochen von seinem plötzlichen Lachen, das ihr sofort unter die Haut ging.

"Also eines muss man Ihnen lassen, Sie haben wirklich viel Fantasie und scheuen sich auch nicht davor, dies einfach auszusprechen... Eigentlich wollte ich Ihnen sagen, dass es auch in meiner Hand liegt, Ihnen den Auftrag doch noch zu geben." Dass sie ihn gutaussehend fand, war dann auch noch nicht minder schlimm für dieses Verlangen in sich. Es beruhte also auf Gegenseitigkeit... Was konnte er dagegen tun? Und den Entschluss, ihr den Auftrag zu geben, hatte er eben nur ganz spontan entschieden. Sie sollte nur endlich aufhören zu reden, sonst würde er sie ganz sicher küssen, was wohl für keinen von beiden von Vorteil wäre. Sie würde vermutlich die Flucht ergreifen und er sich bitter schämen.

Entsetzt über diesen Gedanken wurde er wieder ruhiger. Wann hatte er sich das letzte Mal geschämt?

Das lag schon Welten zurück. Und niemals mehr wollte er an diesen Tag erinnert werden. Obwohl...

Der Jahrestag rückte unaufhörlich heran...

"Wirklich?", fragte sie zweifelnd und stemmte eine Hand in die Hüfte. Nun sah sie noch weiblicher aus. Nur mit viel Disziplin löste er den Blick von ihren Brüsten, die sich so verlockend hoben und senkten. Viel zu verlockend.

"Ja, das kann ich Ihnen versichern", nickte er bestätigend und versuchte sich an ein mattes Lächeln.

Kapitel 3

Maxime wurde gleich ganz anders bei dem Lächeln. Es erreichte seine Augen nur zu einem Teil, doch das reichte ihr. Sofort war er wie ein ganz anderer Mensch und das gefiel ihr. ER gefiel ihr! Und das war so was von gar nicht gut! Und es konnte auch niemals gut werden. Er arbeitete immerhin für einen sehr reichen und mächtigen Mann. Natürlich würde es Probleme geben, sollte sie etwas mit Kaiden anfangen. Nicht, dass sie es wirklich überhaupt in den Bereich des Möglichen setzte. Nein, auf keinen Fall! Schon gar nicht, weil sie ja eh wusste, er würde es auch nicht in Betracht ziehen.

Erschrocken über ihre eigenen Gedanken, sie dachte niemals bei Männern an so etwas, schluckte sie hart. Wie kam sie denn plötzlich nur auf solch einen Einfall? Es war ihr unbegreiflich. Richtig lüstern und vulgär. Also so gar nicht zu ihr passend. Wenn sie mal an einen Mann dachte, dann nur das er nett wäre. Ja, das hörten die Herren natürlich nicht besonders gerne, doch so war es nun mal. Es gab nette und weniger nette Jungs. Für Bad Boys hatte sie nie viel übrig gehabt. Daher konnte sie auch ihre Schwester, Maria, kein Stück verstehen. Diese hatte sich in einen solchen Kerl verliebt und war bisher nur auf die Fresse gefallen, wenn man es mal ganz genau sagte! Für Maxi kam das auf keinen Fall in Frage. Lieber würde sie ewig Single bleiben, als einen solchen Kerl zu vertrauen oder sich verlieben in einen solchen. Nein, das war vollkommen ausgeschlossen.

"Und warum würden Sie das tun?", fragte sie nun weiter. Männer taten immer nur etwas, wenn sie auch was von hatten. Ganz umsonst niemals. Und schon gar nicht einer Frau gegenüber. Das lag ganz einfach nicht in ihrer Natur.

"Sie scheinen von der Architektur regelrecht mitgerissen worden zu sein. Außerdem haben Sie, wie ich eben schon anmerkte, eine reiche Fantasie, die ganz sicher auch kompatibel mit den Wünschen meines Chefs ist", argumentierte er ganz selbstverständlich. Mhh.

"Und meine Verspätung?"

"War ein unglücklicher Zufall. Außerdem nicht ihre Schuld, denn sie konnten den Unfall ja wohl kaum hervorsehen." Okay, ja, es klang alles so logisch und Maxi hatte keinen Zweifel daran, dass er es aufrichtig meinte. Oder sollte sie doch Zweifel haben? Sie wusste ja noch gar nichts über diesen Kaiden.

Misstrauisch sah sie ihn an und seufzte dann.

"Eigentlich haben Sie ja schon Recht, nur...Wegen dem Handyakku bin ich selbst Schuld. Und da kann man auch keine Entschuldigung für finden. Ich muss mich wohl einfach damit zufrieden geben, dass ich diesen Job nicht bekommen habe. Und auch, dass ich es mir selbst zuzuschreiben habe! Dabei kommen mir so viele Ideen, alleine nur wenn ich hier stehe. Ich sehe es schon genau vor mir wie..."

Träumerisch schloss sie die Augen und lächelte.

Kai war selbst davon irgendwie angezogen. Er betrachtete sie eingehend und wunderte sich selbst darüber, dass er nachfragte.

"Was stellen Sie sich vor?", hörte er seine eigene Stimme leise fragen. Warum war er leise geworden? Eigentlich gab es keinen Grund dafür. Keinen offensichtlichen.

"Na wie ich das ganze hier gestalten würde. Natürlich weiß ich dass es bis dahin wegen der Sanierung lange hin ist, doch wenn ich mich erst einmal in ein Haus verliebt habe, kann mich kaum noch etwas stoppen... Wann sind denn die Sanierungen fertig?"

Kai schmunzelte. Diese Frau redete wirklich wie ein Wasserfall. Und ihn störte es nicht. Normalerweise gingen ihm Frauen ziemlich schnell auf die Nerven, wenn sie anfingen zu reden. besonders wenn sie damit kaum noch aufhören konnten, wie diese zierliche kleine Person hier vor ihm. Dennoch wollte er mehr hören, ihrer Stimme zuhören einfach. Es war eine gänzlich neue Erfahrung!

"Ich schätze mal in zwei bis zweieinhalb Wochen dürfte alles fertig sein. Das heißt, Sie könnten dann beginnen mit der Innengestaltung. Und wenn sie jetzt schon wissen, wie der Boden aussehen soll, sagen sie es besser. Das würde eine Menge Zeit, Geld und Energie sparen."

Für ihn stand fest, dass sie den Job bekommen würde. trotz ihrer Verspätung zeigte sie viel Leidenschaft und war sofort begeistert. Ganz im Gegensatz zu den anderen Kandidaten. Diese waren nur entsetzt über das alte Gebäude und hatten alleine schon wegen dem Geruch, der einen unweigerlich entgegen schlug wenn man nur die Tür öffnete, die Nase gerümpft.

Und sie... Ja, sie war wirklich die beste Kandidatin für dieses Projekt. Und das würde er auch noch beweisen. Obwohl er sich ja Anfangs gegen sie entschieden hatte, so hatte ihm sein Gefühl gesagt, sie ins Haus zu lassen und zu testen. Nun, diesen Test hatte sie bestanden. Mit Bravur sogar. Dabei wusste er ehrlich nicht, ob er sich darüber freute oder eher weniger. Es geschah selten, dass er seine Meinung wieder änderte. Kostete einfach zu viel wertvolle Zeit.

"Sie können also wirklich dafür sorgen, dass ich den Job doch noch bekomme?", fragte sie noch immer so misstrauisch und zog eine Augenbraue hoch. Er nickte einfach nur und lächelte matt. Okay, ein kein wenig nervig war sie schon, dabei aber ziemlich niedlich. Außerdem schätzte er es, dass sie nicht sofort alles glaubte und lieber nachfragte. Das zeigte einen gesunden Menschenverstand.

"Ja, das kann ich in der Tat. Und Sie haben den Job. Was Mr. Santiano dazu sagt, überlassen Sie mir. Sie fangen am besten schon mit den Plänen und Vermessungen an. An den Räumen ändert sich im grundlegenden Nichts. Nur in der Küche wird ein Stück erweitert. Ansonsten soll das Haus in seinem Grundriss bleiben."

 

Maxime konnte kaum glauben was sie da grade hörte. Er war sich so sicher, dass sein Chef ihr den Job geben würde! Konnte sie darauf vertrauen? Konnte sie es wagen zu hoffen? Da er grade an seinem Handy beschäftigt war, nutzte sie ihre Chance und betrachtete ihn erneut. Jetzt fiel ihr auch erst auf, dass er eine kleine Narbe auf der linken Seite des Gesichtes hatte. Vorher war die Seite von den etwas längeren Haaren verdeckt gewesen. Sofort fragte sie sich, woher die wohl stammen könnte. Von einer Schlägerei? Von einen Unfall? Auf jeden Fall ließ es ihn ungeheuerlich gefährlich und attraktiv aussehen. Vom Letzterem leider viel zu sehr.

"Also?", hörte sie ihn plötzlich fragen und sah ihn verwirrt an. Hatte er etwas gefragt?

"Wie bitte?!", fragte sie nach und kam sich schrecklich dumm vor. Wieso hatte sie nicht zugehört? Wieso hatte sie ihn nur so angestarrt? Es war einfach nur peinlich. So schrecklich peinlich.

"Wann ich zu Ihnen kommen kann, um Ihnen alle Pläne zu geben? Ich habe grade schon im Kalender nachgesehen und könnte abends immer."

"A-Abends?! Aber..."

"Haben Sie damit ein Problem?" Fragend zog er eine Augenbraue hoch, hatte diesen Spott in den Augen und schmunzelte dann.

"Angst, ich könnte Sie in ihren süßen rosa Pyjama sehen, mit den flauschigen Pantoffeln an den zierlichen Füßen?" Sofort wurde sie total rot und senkte den Blick.

"Ich mag keine Pyjama und schlafe nackt. Die Dinger zwängen einen doch nur ein und ich spüre lieber die kühle Nachtluft auf der Haut", rutschte es ihr raus und erschrocken sah sie in seine Augen. Oh nein, warum war ihr das nur herausgerutscht? Das klang doch ganz sicher nach einer Einladung. Oder schlimmer noch, er hielt sie bestimmt jetzt für liederlich! Das war wirklich zu viel des Ganzen. Heute geriet sie in ein Fettnäpfchen nach dem anderen.

Er lachte nun und zwinkerte ihr zu.

"Eine wirklich verlockende Aussage. Und ich glaube, nun will ich erst recht abends vorbei schauen. Aber ich kann natürlich verstehen, wenn Sie es unangenehm finden. Es liegt also ganz an Ihnen." Irgendwie entspannte sie sich sofort wieder und nickte. Es tat gut, dass sie es selbst bestimmen konnte. Das war ihr extrem wichtig, schon immer.

"Nein, das ist schon in Ordnung. Ich habe abends selten etwas vor und mache eh liegengebliebene Arbeiten fertig. Sie können also jederzeit abends vorbeischauen", informierte Maxi ihn lächelnd und sah sich erneut um.

"Wenn Sie das wirklich ernst meinen, dass ich den Job habe, dann kann ich mein Glück ja kaum fassen. Das Haus ist so fantastisch gebaut, dann die ganze Geschichte, die man in jeden einzelnen Zentimeter sieht und spürt. Ich liebe es einfach! Und es wird das schönste Haus werden, das ich bisher gesehen habe. Daran habe ich wirklich keine Zweifel, Kaiden. Oh, ich darf sie doch Kaiden nennen? Immerhin arbeiten wir ja jetzt bestimmt ganz eng zusammen."

Beim Zusammenarbeiten kamen ihm gleich ganz andere Bilder in den Kopf. Welche, die wohl nicht so gut bei der Kleinen ankommen würden. Zumindest nicht zum derzeitigen Zeitpunkt. Wenn sie ihre Arbeit getan hatte sähe es allerdings wieder ganz anders aus. Dann brauchte er sich auch nicht mehr zurück halten.

"Ja, dass sehe ich ebenfalls so. Und ich freue mich schon darauf. Sie haben viel Leidenschaft und Feuer in sich. Ich bin schon gespannt, wie und wann es zum Vorschein kommen wird."

Und wenn es ginge, wurde sie noch mehr rot und spielte nun schon leicht nervös an ihrem Ärmel herum. Doch dann setzte ein anderer Blick ein. Ihr Kampfgeist schien zu erwachen. Interessant. Sie reckte das Kinn vor und sah ihm trotzig in die Augen.

"Diese Leidenschaft bezieht sich einzig und allein auf die Arbeit..."

Ganz genau hatte sie seinen Blick erkannt und was er ihr damit sagen wollte, aber so war sie einfach nicht. Oder wenigstens bisher nicht, denn immerhin weckte er in ihr komische Gefühle, die sie zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht ganz einordnen konnte. Oder wollte. Natürlich war sie ihm überaus dankbar, dass sie diese Chance wegen dem Haus nun doch noch bekam, jedoch wollte sie keinen falschen Eindruck erwecken.

Er wollte grade noch etwas darauf erwidern, als er einen Wagen ankommen hörte. Mit einem Blick aus dem Fenster, sah Kai seinen Bruder Ray aussteigen und auf das Haus zukommen. Jetzt würde sicherlich seine Tarnung auffliegen. Es sei denn...

Schnell griff er zum Handy und schickte den jungen Mann vor dem Haus eine SMS. Er sah wie der andere es sofort las, schmunzelte und eine Antwort eintippte. Sofort vibrierte sein Handy und Kai las mit Erleichterung, dass sein Geheimnis noch ein solches bleiben würde.

Kapitel 4

Im nächsten Moment klopfte es schon an der Tür und Kai sah, wie die junge Frau zusammen zuckte. Er erinnerte sich wieder, dass die beiden sich bereits kannten... Mhh, das würde auch sehr interessant werden.

"Wer das wohl ist?", meinte er mit einen Lächeln und öffnete die Tür ganz gelassen.

"Oh, Hallo Ray, schön dich zu sehen. Dein Bruder ist leider nicht da", begrüßte er seinen Bruder sofort, der noch immer so unverschämt grinste und ihm unbemerkt zuzwinkerte. Dafür würde Kai ganz sicher noch was machen müssen und es würde ihm wenig gefallen, das wusste der Halbrusse mit einer solchen Sicherheit, dass er fast spöttisch gelacht hätte.

"Das ist dann wohl Pech für mich, aber ich wollte eh nur nach Max sehen. Ich habe ihr Auto einige Kilometer von hier entfernt gesehen...", erklärte er dann sofort wieder ernst und sah hinter Kai zu der Genannten.

"Hallo, Ray", begrüßte sie ihn auch und schenkte den jüngeren Bruder ein umwerfendes Lächeln, bei dem Kai gleich wieder an etwas anderes dachte. Und auch daran, dass sie für ihn ein solches Lächeln noch nicht gezeigt hatte. Das würde er ändern, beschloss er in dem Moment einfach mal. Obwohl er nicht mal den Grund für diesen Gedanken kannte. Okay, gut, doch er kannte den Grund. Nur verbot er sich im moment darüber nachzudenken. Nicht, wenn sein Bruder in der Nähe war.

"Geht es dir gut? Als ich den Wagen gesehen habe, habe ich gleich das Schlimmste angenommen, aber immerhin stehst du vor mir und scheinst nicht ernsthaft verletzt zu sein. Zumindest sehe ich kein blut. Oder habt ihr das schon entfernt?“ Bis auf den blauen Fleck unterm Rock, dachte Kai bissig und sah seinen kleinen Bruder böse an. Dass dieser es nicht verstehen konnte, war dem anderen egal. Sie lächelte nun etwa zaghafter und nickte.

"Ja, mir geht es soweit gut, kein Blut. Kaiden hat mir auch grade einen Kaffee angeboten und dass ich mich hier ausruhen könnte. Meinst du, dein Bruder hat wirklich nichts dagegen?" Also hatte sie Zweifel! Ray sah zu Kai und zog eine Augenbraue hoch. Fragend. Das würde Kai später aufklären, ganz gewiss. Wenn er zeit dafür fand.

"Kaiden ist so was wie die rechte, nein vielleicht eher die linke, Hand meines Bruders. Was auch immer er sagen sollte, mein Bruder wird damit einverstanden sein, das kann ich dir versichern." Die junge Frau seufzte erleichtert und nickte.

"Dann ist ja gut. Nicht das hier irgendwer noch Ärger bekommt." Auch Ray nickte, ebenso Kai. Doch letzterer war auch verstimmt. Die beiden schienen sich ja bestens zu verstehen und duzten sich sogar. Sie hatte zwar vorgeschlagen ihn Kaiden zu nennen, doch kein Du dazu. Vielleicht war es aber auch wirklich besser so, denn so war noch eine gewisse Distanz vorhanden.

"Wir sollten ins Wohnzimmer gehen, damit du dir auch wirklich alles anschauen kannst", schlug Ray vor und Maxi folgte ihm lächelnd. Ganz gelassen ließ sie sich auf das alte Sofa nieder, achtete nicht mal darauf, dass sie ihre Kleidung unweigerlich beschmutzen würde, und sah Ray an.

"Du hast, was das Haus angeht, wirklich nicht zu viel versprochen, Ray. Es ist einfach traumhaft schön und nach der Sanierung auch wieder bewohnbar. Und natürlich würde ich mein Bestes geben, wenn ich den Job wirklich bekommen, aber..." Vorsichtig ließ sie ihren Blick zu Kai schweifen, der sie ungeniert anstarrte.

"Würdest? Wenn?" Fragend sah Ray seinen älteren Bruder auch an und konnte in dessen Gesicht lesen, was ihn eigentlich interessierte. Anscheinend sah der Ältere sie nicht nur als Innenarchitektin...Ray räusperte sich und erlangte so die Aufmerksam des Schwarzhaarigen.

"Ich habe ihr schon erklärt, das ich mit Kai reden werde und sie den Job ganz sicher hat", meinte Kai ohne mit der Wimper zu zucken und meinte jedes Wort ernst!

"Naja, wenn er das sagt, stimmt es auf jeden Fall, Max", grinste Ray und dachte innerlich über das Verhalten seines Bruders nach. Es erstaunte ihn, da er sich sicher war, durch den Unfall, war sie zu spät erschienen. Und sein großer Bruder hasste es über alle maßen, Zeit zu verlieren, die er anders verwenden konnte. Da musste etwas dahinter stecken. Vielleicht fühlte er sich ja zu der jungen, bildhübschen rau hingezogen? Er wünschte es dem Älteren von Herzen, dass er wieder glücklich wurde. Und weniger arbeitete! So viel konnte einfach nicht gesund sein auf Dauer.

"Okay, ich will euch nicht weiter stören. Viel Spaß noch und wir hören uns, Max!"

"Ja, auf Wiedersehen", lächelte sie und küsste ihn zum Abschied auf beide Wangen. Dann waren sie wieder alleine.

 

Unsicher sah Maxime zu Kaiden und lächelte ihn an.

"Könnten Sie mich freundlicherweise nach Hause fahren?" Das hatte er ja auch angeboten. Ohne zu zögern nickte Kai und ging mit ihr nach draußen. Im Auto sitzend, starrte sie nur aus dem Fenster und hatte die Hände im Schoß zusammen gefaltet, überlegte dazu noch, über was sie sich mit ihm unterhalten konnte. Mit Ray hatte sie von Anfang an keine Probleme gehabt, aber er hatte in ihr auch nicht diese verbotenen Gefühle geweckt. Diese... diese Lust! Mist! Da der Platz nur so gering war, hatte sie die ganze Zeit Kaidens unverwechselbaren, männlichen Duft in der Nase, gemischt mit seinem herben Aftershave, das sie wieder zum Träumen verleitete. Schnell verbat sie sich solche Gedanken. Dazu würde es niemals kommen!

Sie räusperte sich und sah zu ihm.

"Ähm...Kaiden?"

"Mhh?", kam es nur zurück und kurz sah er zu ihr, ehe er sich wieder voll auf die Straße konzentrierte.

"Ich weiß zwar nicht wie genau Sie arbeiten müssen, aber hätten Sie vielleicht am Wochenende Lust mit zu dem kleinen Weihnachtsbazar zu kommen? Meine Nichte hat mit ihrer Klasse dort einen kleinen Stand mit gebasteltem Baumschmuck und ich habe ihr versprochen, ein wenig zu helfen. Danach könnten wir auch eine heiße Schokolade trinken und alles wegen dem Haus durchgehen. Dadurch müssten Sie nicht unbedingt einen ganzen Abend opfern und könnten ihre Zeit besser einteilen.“

Noch ehe sie fertig war mit ihrer Frage und dem Angebot, hatte seine Miene sich verfinstert. Oh Mist, das schien ein dummes Angebot zu sein. Maxi wusste selbst nicht einmal, wie sie darauf gekommen war. Fakt war nur, sie wollte gern mehr Zeit in seiner Nähe verbringen. Was gar nicht zu den anderen Überlegungen passte. Manchmal war ihr Mund einfach schneller als ihr Kopf. Sie hätte sich selbst dafür ohrfeigen können!

"Das ist wirklich ein liebes Angebot, doch ich muss Sie enttäuschen, Maxime. Ich hasse Weihnachten!" Die Schwarzhaarige war wie vor den Kopf gestoßen und sank, wenn es denn möglich war, weiter in den Sitz hinein. Ja, ganz dumme Idee ihn einladen zu wollen. Es hätte ihr schon klar sein müssen, dass er nein sagen würde.

"Tut mir leid dass ich gefragt habe...", fing sie geknickt an, wurde jedoch sofort von Kai unterbrochen.

"Nein, ist schon in Ordnung, Sie konnten es ja nicht wissen...Nur..." Er machte eine Pause, bog um die Ecke und seufzte. Traurig, wie ihr schien.

"Ich war schon mal verheiratet und hatte auch eine Tochter..."

Hatte? Max wurde fast schlecht bei dem Gedanken, was noch folgen würde bei seiner Erklärung. Hatte konnte ja nur eines bedeuten. Wenn er nur von seiner Frau gesprochen hätte, hätte man noch eine Trennung annehmen können, doch seine Tochter veränderte diesen Gedanken.

"Wie alt war sie?", fragte Maxi leise und spürte Mitleid in sich aufsteigen.

"Sechs. Es war Weihnachten und wir wollten zu Ray und seiner Freundin fahren. Auf der Straße hatten Silvia und ich einen heftigen Streit und als ein LKW um die vereiste Straße bog, hatte ich schon die Kontrolle über das Auto verloren. Die beiden waren sofort tot." Maxi wurde blass und legte sofort eine Hand auf seinen Arm, eine tröstende Geste.

"Das tut mir wahnsinnig leid, Kaiden. Es muss schwer für dich gewesen sein." Ganz automatisch war sie zum Du gewechselt und lächelte traurig. Hoffentlich war das auch okay. Ehrlich, sie wusste eigentlich gar nicht, was sie dazu sagen sollte. Oder was passend in einer solchen Situation gewesen wäre.

"Ja, aber nur wegen meiner Tochter", sagte er kühl und Maxi zog sich lieber wieder zurück. Es war mehr als deutlich, dass er nicht weiter darüber reden wollte. Und sie akzeptierte es.

 

Da sie nicht weiter wusste, schwieg sie wieder bis er vor ihrem kleinen Häuschen hielt und sich zu ihr drehte. Es war ihr mehr als unangenehm, dass er diese Bruchbude sah, wenn auch nur von Außen. Daher musste sie ihn davon ablenken, selbst wenn es nicht ganz fair war.

"Es tut mir leid, dass ich dich wegen Samstag enttäusche, Maxime, aber ich kann es einfach nicht. Weihnachten ist ihr Todestag und alles was damit zusammenhängt, erinnert mich an sie. Sei nicht sauer."

Max schüttelte sofort den Kopf. Auch, weil er sie ebenfalls duzte, was ihr mehr gefiel als es sollte. Sehr viel mehr und viel zu gut.

"Bin ich nicht, Kaiden. Mach dir darüber keinen Kopf. Ich kann dich ja verstehen... Und falls du doch möchtest, weißt du ja wo du mich findest. Ansonsten schick mir die Unterlagen einfach per E-Mail. Ich kümmere mich dann darum. Und ich müsste auch auf jeden Fall noch mal bei Haus alles vermessen. Die Unterlagen sind ja schön und gut, aber auch Räume können sich etwas verziehen. Das muss man schon mit einbeziehen.“

Er nickte und ließ sie aussteigen. Lächelnd beugte sie sich noch einmal ins Wageninnere.

"Ach ja, was ich noch sagen wollte... Schönes Auto, Kaiden", zwinkerte sie, schlug die Wagentür zu und ging zu ihrer Haustür. Ohne sich noch einmal umzuschauen, schloss sie auf und verschwand ins Hausinnere.

Kai sah ihr nachdenklich hinterher und fluchte dann laut, als ihm aufging was sie gesagt hatte. Entweder wusste sie wer er war, oder sie dachte nur daran, dass er ziemlich gut verdienen musste. So oder so. Seufzend fuhr er davon.

 

Maxime stand von Innen an der Tür gelehnt und atmete tief ein und aus. Das grade war einfach zu intensiv gewesen. Er ging ihr so tief unter die Haut, dass sie ihn fast spüren konnte, obwohl er sie nicht berührt hatte. Und dummerweise wünschte sie sich genau seine Berührung!

Sie konnte sich da selbst nicht ganz verstehen, würde es aber auch nicht drauf ankommen lassen. Männer bedeuteten nur Ärger wie sie bei ihrer Schwester sah. Das ersparte Maxime sich lieber. Ihre Arbeit war ihr fester Freund, ihre Leidenschaft und ihr einziges Interesse...

Mehr wollte und brauchte sie nicht. Oder viel mehr, mehr wollte sie nicht brauchen!

Seufzend zog sie ihren Blazer aus, streifte die Schuhe endlich ab und ging ins Bad um sich Wasser in die Wanne einzulassen. Ein heißes Bad würde sicherlich jetzt sehr gut tun und sie von ihren neuen Gedanken ablenken. Gedanken, die eine immer verführerische Richtung einnahmen. Und leider half es rein gar nichts als sie ein paar Minuten später im heißen Wasser lag und an die Decke starrte.

Den Abschleppdienst hatte sie nun doch von Daheim aus informiert und sich gleich einen Kostenvoranschlag geben lassen. Es würde ein ziemliches Loch in ihren Geldbeutel reißen, doch mit den Auftrag würde es schnell wieder geschlossen sein. Irgendwie kam ihr Kaiden auch bekannt vor. Sie konnte nur einfach nicht sagen, woher. War es vielleicht einfach... nein... Warum sollte er eine gewissen Ähnlichkeit mit Ray besitzen? Das war absurd. Dennoch verging dieser kleine Gedanke nicht. Nicht während die sich was zum Abendessen machte. Nicht, als sie sich fürs Bett fertig machte.

Und auch nicht, als sie dann abends im Bett lag und versuchte einzuschlafen...

 

Kapitel 5

Die Tage der ganzen Woche vergingen wirklich wie im Flug und Maxime konnte gar nicht so schnell mitzählen, wie es schon Freitag war. Bisher hatte Kaiden sich nicht gemeldet, was ihr fast schon Bauchschmerzen verursachte. Es konnte einfach so vieles heißen und auch so wenig. Je nachdem wie man es sehen wollte. Entweder hatte sie den Job doch nicht, weil er seinen Chef nicht überreden konnte, oder er hatte es sich selbst anders überlegt. Oder was noch viel Schlimmer war, er hatte es einfach vergessen!

An diese letzte Möglichkeit wollte sie jetzt nicht denken. Oder... Ja, eine andere Möglichkeit gab es auch noch, obwohl sie stark bezweifelte, dass es so wäre. Aber sie konnte sich auch irren, das war doch leicht möglich. Und still betete sie auch darum. So gern wollte sie dieses Haus in ein Heim verwandeln.

Seufzend machte sie ihre Arbeiten für heute und holte am Nachmittag ihre kleine Nichte Cassandra von der Schule ab und nahm sie mit zu sich. Die Kleine würde bis zum Abend hier bei ihr verbringen, so war es mit Maria abgemacht. Diese wollte – mal wieder – versuchen, ihre Ehe zu kitten. Maxime selbst wünschte sich allerdings, ihre große Schwester würde es endlich gut sein lassen. Cassandras Dad war ein Arschloch wie er im Buche stand und ohne ihn wären die beiden weitaus besser beraten.

Maximes Gedanken waren auch beim Spielen mit ihrer Nichte ständig bei Kaiden. Aber nicht nur einfach wegen dem Job. Viel mehr dachte sie über ihn als Mann nach. Er war voller Geheimnisse und irgendwie machte es sie total hibbelig wenn sie nur daran dachte, ihn vielleicht bald wieder zu sehen. Auch sein Schicksal berührte sie zutiefst. Er schien ein netter Mann zu sein, der ein viel zu schreckliches Schicksal erlitten hatte. Nicht nur die Ehefrau zu beerdigen, sondern auch noch seine kleine Tochter... Das musste etwas in ihm getötet haben. Anders konnte sie es sich nicht vorstellen. Ihr wurde ja schon übel bei dem Gedanken, wenn ihrer Nichte etwas passierte.

"Tante Maxi? Können wir, wenn es morgen schneit, auch einen Schneemann bauen?", fragte Cass und grinste vergnügt. Schon längst hatte die Kleine bemerkt, dass ihre Tante ganz in Gedanken war. Immerhin hatte diese nicht gemeckert, als Cass sich gerade schon die zweite Portion Eis aus der Küche holte, obwohl es jetzt Zeit war für die Hausaufgaben.

"Mhh", stimmte Max auch jetzt zu und starrte weiter aus dem Fenster. Noch hatte sie die Hoffnung, dass Kaiden erscheinen würde, nicht aufgegeben. Nicht ganz jedenfalls.

Doch es wurde immer dunkler und später, und von dem Mann war nichts zu sehen. Bei jedem Auto, das sich auch nur entfernt wie Kaidens anhörte, stand Maxi sofort am Fenster und seufzte danach nur noch traurig. Er kam nicht!

 

Am späten Abend holte ihre Schwester Cass dann wieder ab und bedankte sich wie immer überschwänglich für die kleine Hilfe. Und auch wie immer winkte Maxime nur ab. Für sie war es einfach selbstverständlich. Und auch auf Morgen freute sie sich. Cass war ihr kleiner Sonnenschein und das einzig gute, was deren Vater zu Stande gebracht hatte.

"Du weißt dass ich es liebe, Zeit mit Cassandra zu verbringen. Sie ist doch mein kleiner Sonnenschein", erklärte sie grinsend und gab Cassandra noch einen liebevollen Kuss auf die Stirn.

"Bis morgen, Tante Max!", grinste Cass vergnügt und folgte ihrer Mutter zu deren Auto.

"Bis Morgen, Schatz", rief auch Maxi ihr nach und schloss die Tür dann wieder, da es nun doch schon deutlich kühler war als noch vor wenigen Stunden. Hoffentlich würde es nicht zu bald schneien, dachte die Schwarzhaarige mit einem Blick zum Himmel hinauf.

Sie machte es sich vor dem Fernseher auf der Couch gemütlich, mit einer schönen Tasse heißer Schokolade und seppte durch das TV Programm auf der Suche nach etwas interessanten. Als sie jedoch auch nach einer Stunde noch nicht fündig geworden war, beschloss Maxi, den Tag für heute zu beenden. Im Schlafzimmer zog sie sich grade aus, als es unten an der Tür klingelte. Erschrocken zuckte sie zusammen und zog sich schnell eine kurze Hose und ein Top an. Dann rannte sie auch schon nach unten und riss die Tür auf. Es war spät und ein Freitag Abend. Wer mochte sich jetzt noch zu ihr verirrt haben? Oh, vielleicht war es ja Maria und irgendwas stimmte nicht mit Cass. Oder... Als sie ihren Gast erkannte, spannte sie sich an.

"Kaiden?", fragte sie verwirrt und spürte in sich, wie eine Tonnenlast von ihr genommen wurde, sich aber gleich darauf auch wieder auf sie legte.

"Bringst du gute oder schlechte Nachrichten?", fragte sie heiser und schlang, wegen der kalten Luft, die Arme um sich. Bei seinem Anblick wurde ihr sofort wieder ganz anders und sie spürte die Kälte sofort viel weniger. Aber auch überkam sie nun die Scham wegen ihrem Outfit. Wenigstens einen Morgenmantel hätte sie sich überziehen sollen! Dafür war es jetzt leider zu spät und Kaiden konnte mehr Blicke auf sie werfen, als ihr lieb war.

 

Kai hatte die ganzen letzten Tage, über den Montag nachgedacht und war sich ziemlich sicher, dass er zu weich gewesen war. Es war nicht seine Art jemanden noch eine so große Chance zu geben, wenn er zu spät kam. Aber irgendwie war diese junge Frau ihm sofort unter die Haut gegangen. So wie es Silvia damals getan hatte. Aber nur zum Anfang. Deswegen war Kai sich auch sicher, dass Maximes Anziehungskraft auch nicht von langer Dauer sein würde. Wenn es hoch kam vielleicht ein paar Wochen, oder wenige Monate. Mehr Zeit gedachte Kai nicht an Maxime zu verschwenden. Nur warum, verdammt noch mal, hatte er ihr dann von Silvia und seiner Tochter erzählt. Irgendwie passte es einfach nicht ins Bild.

Und genau deswegen hatte er Maxime wegen den Unterlagen bisher noch nicht aufgesucht gehabt, doch als er sie plötzlich so vor sich sah, kannte er auch den eigentlichen Grund wieder. Sie verführte ihn. Und dass, obwohl sie es nicht darauf anlegte. Genau dies war ja das Entscheidende. Sie war von Natur aus schön und liebenswert und machte sich keinen Vorteil daraus.

Die Frauen aus seiner Welt waren meistens ganz anders. Sie waren eitel, eingebildet, von sich zu sehr überzeugt. Kai liebte Frauen, die sich ihrer Stärken zwar bewusst waren, sie aber deswegen nicht ausnutzten im eigentlichen Sinne. Natürlich durfte man seine Stärken einsetzen wenn es einen weiter brachte, doch man sollte niemals versuchen, andere damit zu schaden. Nicht selten geschah es, dass so etwas nach hinten losging. Er sah sie nun von Kopf bis Fuß an, schluckte und setzte ein Lächeln auf.

"Hallo, Maxime. Darf ich rein kommen?", begann er und trat schon einen Schritt vor. Ganz automatisch wich sie einen zurück und gewährte ihm so den Einlass den er wollte. Schnell schloss er die Tür und spürte sofort wie die Wärme des Hauses in ihn überging. Es war aber auch so bitterkalt geworden in der Woche.

"Sag schon", drängte Maxime ungeduldig und sah ihn mit ihren schönen, großen Augen an, die von langen Wimpern umrandet wurden. Kai lachte leise. Ebenfalls etwas, das er in den letzten Jahren nicht sonderlich oft getan hatte.

"Ganz ruhig, Maxime, ich sage es dir schon noch..." Und wieder glitt sein Blick über ihren klasse Körper, blieb an den festen Brüsten hängen, die sich deutlich unter dem T-Shirt abzeichneten und seinen Mund trocken werden ließen. Leider regte sich auch eine andere Region. Erst recht, als sie ihren eigenen Blick kurz über ihn gleiten ließ. Moment, checkte sie ihn gerade tatsächlich ab? Nun, was würde sie dann tun, wenn er... Gelassen zog er Schuhe und Mantel aus. Und tatsächlich, sie schluckte und ihr Körper veränderte sich auch unweigerlich

"Lass uns ins Wohnzimmer gehen. Dort können wir uns doch sicherlich besser unterhalten."

Sie nickte und ging vor.

Kai konnte es nicht ändern, dass sein Blick sofort zu ihrem Po glitt und schmunzelte nur, als sie einen kleinen Blick nach hinten riskierte. Natürlich wusste sie nun, wohin er gesehen hatte, doch schien es sie nicht weiter zu kümmern. Oder sie zeigte es ihm nur nicht. Aber so gut konnte sie nicht schauspielern. Das wäre ihm schon aufgefallen. Wenn man mal ganz davon absah, dass sie sich im Wohnzimmer schnell hinsetzte und ihn aufmerksam ansah, was nun eindeutig signalisierte, dass sie nervös war. Wegen ihm? Mhh, das könnte ihm durchaus gefallen.

 

Maxime spürte die Intensität seines Blickes brennend auf ihrer Haut, ihr Herz schlug regelrecht Purzelbäume. Verdammt, er sollte es endlich sagen. Konnte sie sich an die Arbeit machen? Musste sie sich mit einer Enttäuschung abmühen? Sie seufzte als er sich ihr gegenüber hinsetzte und sich erst einmal kurz im Raum umsah. Nicht nur, dass sie gespannt war, sie schämte sich auch richtig. Hoffentlich dachte er jetzt nicht, dass ihre Arbeiten ebenso aussehen würde wie ihr eigenes Zuhause. Es wäre absolut fatal!

"Ich war so tief in Arbeit versunken, dass ich es früher nicht geschafft habe, dir Bescheid zu geben", fing er dann doch noch endlich an und Max wurde noch nervöser. Max rutschte unruhig zur Seite und sah ihm direkt in die Augen. Auf keinen Fall wollte sie eine wichtige Regung darin verpassen.

"Kaiden, bitte!", flehte sie nun und Kai sah ihr ziemlich genau an, dass es ihr nicht besonders gut ging mit dem warten. Kai schmunzelte innerlich. Ja, sollte sie sich ruhig ein bisschen winden.

"Die Unterlagen habe ich dabei." Er holte etwas aus seiner Manteltasche, den er mitgenommen hatte ins Wohnzimmer, und legte die Papiere auf den Tisch. Sofort griff sie danach und ihre Freude war spürbar.

"Das sind die Grundrisse! Ich habe wirklich den Job", freute sie sich grinsend und sah ihn an.

"Danke, Kaiden! Ich danke dir wirklich." Ihn selbst kam es unglaublich niedlich vor, wie sie mit strahlenden Augen vor ihm saß und ihr Glück kaum fassen konnte. Die Anspannung fiel von ihr ab und ihre verkrampften Schultern entspannten sich sichtlich.

"Schön, dass du dich so darüber freust. Und ich denke mal, du wirst nach dem Bazar Morgen gleich beginnen wollen", vermutete der Halbrusse und bekam sofort ein Nicken von der jungen Frau.

"Gut, dann hoffe ich die besten Entwürfe meines Lebens zu sehen, wenn die Sanierungen vollendet sind. Du hast also in etwa zwei Wochen Zeit für etwas Grobes, was mich aber auch schon vom Hocker hauen sollte.“

"Du wirst dich nicht beschweren können. Und Mr. Santiano auch ganz sicher nicht", versicherte sie ihm schnell und verstaute die Unterlagen unter dem Tisch.

"Das hoffe ich doch sehr", scherzte Kai und dachte innerlich nur darüber nach, wie er ihr die Wahrheit sagen könnte. Immerhin musste der Chef persönlich alles absegnen, wenn es fertig war. Auf diesen Moment könnte Kai auch gut und gerne verzichten Es wäre nicht unbedingt eine Sternstunde seinerseits. Wobei er nun doch wieder zweifelte, das Richtige zu tun ihr den Job zu geben. Es könnte gut im Bereich des Möglichen liegen, dass sie die Arbeit hinschmiss, wenn die Wahrheit heraus kam. Und das würde sie natürlich irgendwann.

"Auf jeden Fall! Aber, ähm, Kaiden? Würde es dir etwas ausmachen, dass ich dich bitten muss zu gehen? Es ist schon reichlich spät und eigentlich wollte ich grade zu Bett gehen“, sagte sie nun doch wieder verlegen und rutschte erneut unruhig hin und her. Das war ganz und gar nicht hilfreich, lenkte es doch seinen Blick wieder auf ihre halbnackten Beine und jede andere nackte Hautstelle. Der Vorschlag zu gehen, kam ihm also nur sehr gelegen.

"Nein, natürlich nicht. Wir hören uns dann. Und schlaf gut..." Er stand auf und sie folgte ihm in den Flur zurück wo er sich rasch Schuhe Anzug und in seinen Mantel schlüpfte. Er schloss ihn nicht, da er eh gleich wieder im Auto sitzen würde.

"Möchtest du nicht doch morgen mitkommen?", versuchte sie es erneut und lächelte sanft zu ihm hoch. Bedauernd schüttelte er den Kopf "Nein, wirklich nicht."

"Na gut, ich hab es versucht. Aber es bringt nichts, wenn du nur davon läufst. Ich denke mal, deine Tochter hat Weihnachten gemocht und..."

BOOM

Er presste sie so plötzlich an die Wand, dass sie sich nicht zu wehren vermochte, und sah sie mit funkelnden Augen an. Wütend. Zu Recht natürlich.

"Lass meine Tochter aus dem Spiel, Maxime. Du kanntest sie nicht und weißt nichts von ihr! Mach einfach nur deine Arbeit!" Noch ehe sie irgendwie reagieren oder etwas sagen konnte, knallte er die Tür schon zu und fuhr wenige Augenblicke später davon.

Maxi stand eine ganze Weile einfach nur da und wusste kaum, was wirklich grade geschehen war.

Kapitel 6

Kai saß in seinem Wagen am Steuer, direkt vor seinem Haus, und schlug wütend aufs Lenkrad. Was hatte er sich wirklich nur dabei gedacht? Jetzt würde sie ihn doch immer nur so voller Mitleid ansehen. Und das war genau der Blick, den er niemals bei einer Frau sehen wollte. Und schon gar nicht bei einer, die er in seinem Bett vorfinden wollte. Nackt und erregt.

Oh ja, schon längst hatte er es sich in den Kopf gesetzt, sie in sein Bett zu locken. Als sie die Tür in dem Aufzug geöffnet hatte, wusste er für einen Augenblick nicht so ganz recht, was er tun sollte. Das, was er getan hatte, oder das, was er gedacht hatte.

Keine Sekunde zweifelte der Schwarzhaarige daran, dass sie ihn nicht zurückgewiesen hatte. Auch in ihren Augen brannte ein tiefes Verlangen, das unbedingt gestillt werden wollte. Das würde er für sich nutzen, schwor er sich. Und gegen eine kleine Affäre war doch wohl auch nichts einzuwenden. Immerhin würden sie sich nach dem Auftrag wohl nie wieder sehen. Was zögerte er also noch? Er sollte sofort zu ihr zurück fahren, doch dann besann er sich, dass sie vermutlich nicht so sehr auf diese Tour stand.

Er musste es viel subtiler und einfühlsamer angehen. Maxime war eine Frau, die wusste was sie wollte, und die sehr romantisch war. Also musste er das volle Register ziehen. Schön essen gehen, was er ja stets mit seinen Gespielinnen tat, und dann noch viel romantischer werden. Anfangen würde er damit gleich morgen, wenn sie von dem Bazar kam...oder...

Kai schloss kurz die Augen und überlegte, ob sie es wert war, SO weit zu gehen und entschied sich dafür. Ja, er würde auch hingehen und sie bei ihrer Nichte unterstützen. So sah es doch wirklich so aus, als würde er sich einfach nur für sie interessieren. Und ihr mitleidiger Blick würde hoffentlich auch verschwinden. Kai hoffte auch, dass sie dann nie wieder seine Tochter ansprechen würde.

Für ihn war Weihnachten einfach nur eine Zeitverschwendung und unwichtig. Er würde ihr jedoch beweisen, dass er niemals wegrannte. Schon gar nicht vor einen dämlichen Tag.

 

Nachdem sie sich endlich gefasst hatte, ging sie ins Schlafzimmer zurück, legte sich ins Bett wie sie war und starrte an die Decke. Eine gefühlte Ewigkeit lang. Ohne dabei etwas wirkliches zu sehen. Das war auch gar nicht wichtig. In ihrem Kopf spielte sich gerade so viel ab. Ebenso in ihrem Herzen. Wie konnte das sein nach so kurzer Zeit? Nein, sie war nicht verliebt. So schnell ging das nicht. Auch nicht zu Weihnachten. Und schon gar nicht wollte Maxime davon betroffen sein.

In seinem Blick hatte Verachtung und Schmerz gelegen zum Schluss. Ein so tiefer Schmerz, dass Max ihm nicht mal böse sein konnte. Ob sie wollte oder nicht. Und sie spürte, wie sie diesen Schmerz aus seinen Augen, und seinem Herzen vertreiben wollte. Aber wie sollte sie das anstellen? Kaiden ließ ja niemanden an sich ran und sie würde das ganz sicher auch nicht schaffen. Ihre Arbeit musste sie auch noch machen und daher bleib nicht einmal Zeit dafür.

Frustriert seufzte sie und schloss die Augen. Warum nur geisterte er immer wieder durch ihre Gedanken? Und wieso saß sie jetzt nicht im Arbeitszimmer und machte sich an die ersten Entwürfe? Naja, sie brauchte eigentlich noch Fotos von den Räumen, dachte sie ärgerlich und nahm ihr Handy zur Hand. Nur...Wie sollte sie ihn ohne seine Nummer anrufen? Nur die von Mr. Santiano hatte sie und diesen jetzt anzurufen kam gar nicht in Frage! Nicht um diese Uhrzeit an einem Freitagabend. Nun noch frustrierter, legte sie das Handy wieder auf den Nachtschrank und drehte sich auf die Seite. Eine ganze Weile lag sie noch da, ehe der erholsame Schlaf sich endlich einstellen wollte und sie ins Land der Träume glitt.

 

 

Für Maxime begann der neue Tag nicht anders als der gestrige. Gähnend stand sie auf, ging in die Küche und machte sich ihren Kaffee, mit viel Milch und Zucker. So liebte sie es ganz einfach. Wenn keine heiße Schokolade – die schmeckte am Abend viel besser – musste es süßer Kaffee sein. Es wunderte Maxi ehrlich, wieso sie noch nicht durch die Straßen rollte. Ihren Blick aus dem Fenster gerichtet, die Tasse in der Hand und mit den Gedanken bei Kaiden, vergaß sie doch glatt die Zeit und musste sich dann sputen.

"Mist, ich komme zu spät", schimpfte sie vor sich hin und beeilte sich beim Anziehen und rannte den kleinen Weg bis zum Bazar der Kinder. Cassandra wartete schon ungeduldig und sah sie streng an.

"Du bist spät!", beschwerte die Kleine sich und Maxi atmete tief durch.

"Tut mir leid, ich hatte nicht besonders viel Schlaf und..." Ihr stockte der Atem als sie hinter Cass jemanden entdeckte. Beinahe hätte sie laut aufgekeucht, konnte sich aber im nächsten Moment stoppen. Er kam immer näher und blieb schließlich vor ihr stehen.

"Hallo, Maxime", lächelte er gewinnend und wieder schlug ihr Herz so viel schneller.

"Kaiden... Du bist wirklich gekommen", flüsterte sie und spürte plötzlich wie ihre Nichte sie an der Hand zog.

"Wer ist das, Tante Max?", wollte Cass wissen und grinste Kaiden an. Sofort hatte sie ihn im Sturm erobert. Kindern hatte er noch nie widerstehen können, obwohl auch das nicht so ganz zu ihm passen wollte. Zumindest nicht in das Bild, dass die Presse von ihm hatte und somit eigentlich auch der Rest der Welt.

"Das ist, ähm...", druckste die Schwarzhaarige herum und wusste nicht so recht was sie sagen sollte. Alleine das er hier war, irritierte sie ungemein und noch viel mehr, wieder diese Gefühle in ihrem Inneren. So schnell es ging musste sie etwas dagegen unternehmen. Ganz egal was.

"Ich bin ein Freund deiner Tante", erklärte er jedoch schon in dem Moment, wo Maxi sich verzweifelt etwas überlegte. Konnte man sie wirklich als Freunde bezeichnen? Vielleicht.

"Ach so! Und hilfst du auch mit? Oder hast du ein Date mit ihr?", fragte Cass weiter und sofort wurde Maxi total rot. Es war ihr unsagbar peinlich, dass ihre kleine Nichte so etwas fragte, doch ihn schien es nicht zu stören. Warum nicht?

"So etwas in der Art. Und wie ist dein bezaubernder Name, meine Hübsche?", lächelte er die Neunjährige an und Cass´s Augen strahlten vor Freude.

"Ich bin Cassandra! Und du könntest mit Max rumlaufen und alle an unseren Stand holen." Fragend sah er zu Max, die noch immer total sprachlos war und kaum ein Wort mitbekommen hatte. Heilige...! Wie sollte sie nur wieder aus der Nummer heraus kommen. Zuerst hatte sie ihn ja dabei haben wollen, doch nach gestern Abend hatte sie sich schon gefreut, ihn dieses Wochenende nicht zu sehen. Um ihre Gefühle wieder runter zu bekommen und sich nur auf die Arbeit zu konzentrieren.

"Ja oder eher nicht?"

"Was?!" Maxime zuckte leicht zusammen, sah nervös zu ihm und verstand die Welt einfach nicht mehr. Cass verdrehte die Augen und erzählte ihr die Bitte noch einmal ganz ruhig. Noch nie hatte die Kleine ihre Tante so gesehen, grinste aber schon wissend. Die Kleine war viel zu schlau und aufmerksam, schoss es ihrer Tante durch den Kopf.

"Okay, können wir gerne machen", stimmte sie dann zu und ging schon los. Kai folgte ihr sofort.

 

Erst als sie außer Sicht und Hörweite waren, wagte die Schwarzhaarige das Wort an den Mann an ihrer Seite zu richten. Ihre Verwirrung war mit jeder Sekunde noch gewachsen. Ebenso wie ihre Neugier.

"Warum bist du hier? Du hasst so was doch und hast mir klipp und klar gesagt, dass du nicht herkommen würdest." So, da hatte sie es ausgesprochen und wartete gespannt auf seine Antwort. Doch statt sie ihr sofort zu geben, blieb er stehen, was sie auch dazu veranlasste und sah sie nachdenklich an.

"Ich wollte dich sehen", sagte er dann leise. Und wieder hatte er sie überrascht.

"Warum?" Nun war es an Kai, sie verständnislos anzusehen, ehe er dann seufzte.

"Ich weiß es nicht genau. Irgendwie wollte ich einfach dein lächelndes Gesicht sehen. Und ehe ich mich noch um entscheiden konnte, stand ich auch schon vor dir." Über seine ehrlichen Worte war sie mehr erstaunt, als über sein Geständnis an sich. Es brachte sie vollkommen aus dem Konzept und ließ sie sich wieder so klein und schwach fühlen.

"Ich freue mich jedenfalls, dass du hier bist", gestand sie nun ihrerseits, wurde rot und senkte den Blick umgehend. Was sollte sie auch sonst sagen? In ihrem Kopf herrschte ein solches Chaos wie noch nie.

Grinsend fasste Kai sie am Arm und lief mit ihr weiter.

"Dann sollten wir wohl das Beste daraus machen. Fast schon wie eine Verabredung." Und erst nachdem er die Worte ausgesprochen hatte, wurde beiden bewusst, dass es ein Date war. Wenn auch nicht im traditionellen Sinne! Und auch ohne, das einer den anderen direkt danach gefragt hätte. Beide waren sich darüber anscheinend einig, dass es so am besten war. Nicht zu viele Worte darüber zu verlieren und es einfach mal so stehen zu lassen.

Schnell hatten sie überall für den Stand von Cassandra geworben und blieben schließlich an einem Stand mit Glühwein stehen. Heute hatte es sich deutlich abgekühlt und man spürte die eisige Kälte in jeder einzelnen Pore. Der Schnee konnte auch nicht mehr allzu fern liegen.

"Wollen wir was heißes trinken?", fragte sie freundlich und bekam ein Nicken zur Antwort.

"Sehr gern..." Maxime bestellte für beide eine Tasse und reichte ihm seine nach dem bezahlen.

"Muss nicht der Mann beim Date zahlen?", grinste er vergnügt und fühlte sich seit langer Zeit mal wieder richtig lebendig. Sie hier so zu sehen, machte allerdings auch seine Befürchtungen wahr. Er mochte sie! Als Architektin. Als Frau. Als Geliebte vermutlich aber am meisten.

"Ach, das ist doch vollkommen überzogen und altmodisch. Ich bin dafür, dass man gleichberechtigt sein sollte. Egal ob es nun bei einem Date ist, und dies hier ist ganz sicher keines, oder was anderes."

Okay, da stimmte der junge Halbrusse ihr nur zum Teil zu, da er der Ansicht war, seine Frau, sollte er jemals wieder heiraten, brauchte nicht zu arbeiten. Geld hatte er ja genug und so viel konnte er gar nicht selbst ausgeben. Seine eigene Frau jedenfalls würde nur arbeiten gehen, wenn ihr sonst zu langweilig wäre. Wegen Geld musste sie sich keine Sorgen machen. Selbst dann nicht, wenn sie gerne shoppen gehen würde. Und das konnte er sich bei Maxime nicht vorstellen.

Sie wirkte nicht wie eine Frau, die ständig mit Geld um sich warf. Dafür sprach auch ihr Zuhause. Es hatte ihn echt umgehauen, leider im negativen Sinne. Kai hatte es sich ganz anders vorgestellt. Es wirkte zwar doch recht gemütlich, aber nur aus Notwendigkeit, anstelle von Wohlwollen.

Kapitel 7

 

Kai sah einfach nur in sein Getränk herunter und dachte selbst über seine Gedanken nach. Warum dachte er plötzlich an eine Frau und vor allem, warum war er der Meinung, Maxime wäre eine gute Frau? Für ihn. Er sah sie kurz an, seufzte und sah wieder in den Glühwein, ganz so als ob er dort eine Antwort finden konnte. Was natürlich vollkommener Blödsinn war. Aber... Er kam von dem Gedanken einfach nicht weg. Es war, als ob jemand ihm direkt sagen würde, sie wäre eine gute, ja schon perfekte, Frau für ihn. Aber das konnte er nicht weiter spinnen. Immerhin hatte er Silvia ein Versprechen gegeben und das würde er auch halten. Selbst wenn die Ehe am Schluss nicht mehr besonders gut war, so hielt er sein gegebenes Wort seiner verstorbenen Frau gegenüber, noch immer.

Und er hatte auch nicht vor, es in absehbarer Zeit zu brechen. Was allerdings nicht hieß, das er mit Maxime keinen Spaß haben konnte. Im Bett würde er sie auf jeden Fall bekommen. Da würde er gar keine anderen Gedanken in seinen Kopf kommen lassen. Ganz gleich was später wäre. Doch sofort fiel ihm auch ein, dass eine kleine heiße Affäre mit ihr, nicht besonders günstig wäre. Immerhin arbeitete sie für ihn... Was danach geschah... Das stand in den Sternen.

 

Maxime sah ihn neugierig an und bemerkte sofort, dass er tief in seinen Gedanken versunken war. Und, dass diese ihm anscheinend nicht wirklich gefielen. Oder nur zum Teil, denn seine Miene änderte sich ständig. Und natürlich fragte sie sich, warum er wirklich hier war. Nur um sie zu sehen, glaubte sie ihm nicht. Obwohl sie ihn ja nicht lange, oder besonders gut kannte, wusste sie doch schon eines über ihn: er ließ sich nicht einfach so leiten. Und schon gar nicht würde er etwas kopflos tun. Auch fragte die Schwarzhaarige sich ernsthaft, was wohl sein Boss, Mr. Santiano, dazu sagte. Kaiden musste ganz sicher heute auch arbeiten.

"Sag mal, Kaiden, musst du heute nicht zur Arbeit?", platzte die Neugier aus ihr heraus. Sie riss ihn sichtlich aus den Gedanken und musste Lächeln über sein verwirrtes Gesicht.

"Wie bitte?!" Amüsiert lachte sie und zwinkerte ihm zu.

"Ich wollte nur wissen, wie viel Zeit du noch mit mir opfern kannst neben der Arbeit heute." Sofort erschien ein leichtes Lächeln auf seinem Gesicht und ließ seine Augen heller werden, doch ganz drang es noch nicht zu seinem Inneren durch.

"Also erst einmal ist es kein Opfer. Ich tue es merkwürdigerweise ganz gerne. Und zweitens, ich habe heute frei bekommen." Naja, irgendwie stimmte es sogar was er sagte. Nur eben das er sich frei genommen hatte, statt es zu bekommen. Wäre ja auch noch schöner, wenn er seinen Angestellten gegenüber Rechenschaft ablegen müsste. Dann wäre wirklich etwas nicht in Ordnung in seiner Firma.

"Oh, wie schön. Dann kannst du ja mit uns bis heute Abend bleiben und das Feuerwerk ansehen", freute Maxime sich ehrlich, nahm seine Hand die auf dem Tisch lag und drückte diese kurz.

"Es wäre mir eine Ehre", zwinkerte er zurück und küsste ihren Handrücken ganz Gentlemenlike. Und wieder wurde die junge Frau total verlegen und drehte das Gesicht zur Seite.

"Danke dass du geholfen hast für Cassandras Stand zu werben", wechselte sie schnell das Thema, ließ seine Hand wieder los und sah auch wieder hoch, jedoch nicht in seine Augen. Sie versuchte zu einem Punkt über seiner Schulter zu schauen.

"Das habe ich gern getan. Meine Tochter wäre jetzt auch so alt wie Cass", murmelte er und wünschte, die Erinnerung würde nicht wie eine Welle auf ihn einstürzen. Noch immer war es so schlimm wie zu der Nachricht ihres Todes. Um seine Frau hatte er kurz getrauert, nicht besonders liebevoll oder lange, aber seine Tochter... Ja, um die Kleine trauerte er auch noch heute, drei Jahre nach dem tödlichen Unfall.

Maxime schlug sich die Hand vors Gesicht und sah ihn entsetzt an.

"Oh nein, daran habe ich gar nicht mehr gedacht. Es tut mir so leid, Kaiden."

Dass sie ihn Kaiden und nicht Kai nannte, setzte ihn weit mehr zu, als alles andere. Er spielte ihr jemand anderen vor. Eine Person, die es vor langer Zeit mal gegeben hatte, die aber mit 15 Jahren verschwunden war. Und die er niemals wieder sehen wollte. Warum hatte er ihr ausgerechnet diesen Namen genannt? Er wusste es nicht.

"Schon gut", winkte er ab und trank von seinem Glühwein. Das Getränk wärmte ihn sofort auf und schmeckte wirklich gut. Selbstredend war es kein Vergleich zu dem Champagner, den er sonst mit seinen Freundinnen trank, doch es war gut. Und es fühlte sich richtig an.

"Nein, ich...Ich benehme mich wie ein Elefant im Porzellanladen. Das ist nicht `Schon gut`. Es ist falsch und tut dir doch bestimmt weh." Doch er schüttelte den Kopf und nahm erneut ihre Hand.

"Nein, es ist wirklich vollkommen in Ordnung so, Maxime. Ich habe bis eben nicht mal daran denken müssen, und eigentlich hast du dafür meinen Dank verdient. Bisher sind es drei lange Jahre, in denen kein Tag verging ohne an sie zu denken. Und dann kommst du plötzlich und ich finde mich auf einen Weihnachtmarkt wieder. Es ist genauso lächerlich, wie es auch gut ist."

Maxime sah ihn schweigend an, überlegte hin, überlegte her. Sagte er die Wahrheit? Oder war es eher sein Versuch, ihr das schlechte Gewissen zu nehmen? Egal wie es war, ihr wurde warm ums Herz, da er es überhaupt versuchte. Und nicht nur warm, es galoppierte regelrecht, In seine Richtung.

"Okay, wenn du das so sagst, muss ich dir wohl glauben. Nur du kannst es ganz sicher wissen", lächelte sie lieb und trank ihren Glühwein nun aus. Er folgte ihrem Beispiel und schon konnten sie weiter gehen.

 

So langsam ging es auf den späten Nachmittag zu und die Dämmerung setzte ein. Die Temperaturen sanken um einige Grade und die ersten Lichter gingen an. Kai und Maxi hatten fleißig noch mit beim Stand gearbeitet und Kai wusste jetzt ganz sicher, es war richtig, dass er hergekommen war. So vollkommen richtig. Irgendwie bekam das Weihnachtsfest wieder eine Bedeutung für ihn. Eine andere als den Tod seiner Frau und Tochter.

"Taaaanteeee MAAAXX", riss die kleine Nichte von Maxime alle aus den Gedanken und weg von ihren Beschäftigungen. Und die Gerufene eilte umgehend zu ihr.

"Was hast du denn, mein Schatz?"

"Ich wollte doch noch gebrannte Mandeln mit Mel essen! Darf ich? Passt du solange hier auf?" Sie sollte also nur das tun, was sie die letzten Stunden schon getan hatte. Maxime grinste. Eine sehr einfache Bitte. Umso besser.

"Warum bist du noch nicht bei Mel?", lachte Maxime und sah Cass schon hinterher.

"Gott, wie aktiv sie ist...", murmelte Max, seufzte und drehte sich herum, nur um dann gegen Kaidens Brust zu stoßen. Eine wirklich gut gebaute Brust, mit festen Muskeln, was sie selbst durch die Kleidung hindurch spüren konnte.

"Huch!?! Oh Entschuldige bitte. Ich war ein wenig in Gedanken", erklärte sie, wobei ihre Hände noch immer auf seiner Brust lagen. Seine Augen waren vertieft in ihre und sie fühlte wie ihr eigenes Herz immer wilder schlug. Es war merkwürdig und gleichzeitig aufregend, neu.

"Maxime...", sagte er leise und legte seine Arme um ihre Taille. Dann drückte er sie ganz fest an sich und ließ sie spüren, was alleine diese Berührung mit ihm anstellte. Himmel!

"Was ist?", fragte sie flüsternd und mit heiserer Stimme.

"Ich...", begann er, doch fand einfach nicht die richtigen Worte. Was sollte er auch sagen? Ihm vielen zum ersten Mal einfach keine Worte für die Situation ein. Es war ja auch nicht so gewesen, das er es drauf angelegt hatte. Nur ein kleiner, günstiger Zufall, der es ihm leichter machte, ihr näher zu kommen.

 

"Du musst sie küssen!"

Wie aus dem nichts war Cassandra plötzlich aufgetaucht und sah die beiden grinsend an. Maxime sah ihn total perplex an, genau wie Kai sie.

"Warum?", fragte die junge Frau nach und konnte sich nicht dagegen wehren, dass dieser Gedanke wirklich verlockend war. Seine Lippen zu spüren, wäre definitiv das Highlight des heutigen Tages.

"Na wegen dem Mistelzweig über euch! Ich habe euch beide doch nicht umsonst hierher gelockt. Los, küsst euch endlich!", gab Cass zu und strahlte beide an. Wieder wurde Maxi verlegen, senkte den Blick und versuchte sich von dem Mann zu lösen, doch dieser dachte gar nicht daran sie los zu lassen. Sofort sah sie zu ihm hoch.

"Es ist so brauch unter einem Mistelzweig", erzählte er, lächelte und strich über ihre Wange.

"Aber... du und ich...ich...", stammelte sie mit roten Wangen und fühlte seinen heißen Atem schon dicht an ihrem Gesicht.

"Es ist Brauch", flüsterte er nur und im nächsten Moment spürte sie seine Lippen auf ihren.

Kapitel 8

 

Ein Feuerwerk explodierte in ihrem Inneren und es war, als würde sich ein Band lösen, ein Band, das um ihr Herz geschlungen war und welches daraufhin noch wilder schlug. Seine Hände drückten sie noch enger an sich, streichelten über ihren Rücken und hinterließen, trotz des Mantels, eine heiße Spur und eine ungeheure Wärme strömte durch ihren Körper. Ein leises Stöhnen entwich ihren Lippen. Er verstärkte den Druck seiner Lippen nur noch viel mehr, ließ seine Zunge ihre Lippen teilen und umspielte ihre dann sanft. Ohne zu zögern, erwiderte sie seine Neckereien und schmiegte sich noch enger an ihn.

"Ihr sollt doch keinen Porno drehen!“, lachte Cass plötzlich und holte ihre Tante so aus dem träumen heraus. Vor allem vor der Gefahr, sich hier lächerlich zu machen. Und das wäre ganz sicher passiert. Ihre Hände waren nämlich schon an seinem Kragen angelangt und sie krallte ihre Hände hinein. Nun aber ließ sie die Hände wieder sinken, befreite sich von ihm und trat einen Schritt zurück.

"Ich…“, begann sie nun wieder und seufzte dann schwer.

"Dieser Brauch sollte abgeschafft werden“, sagte sie lächelnd, strich ihrer Nichte über die Wange und entfernte sich dann ein Stück.

 

Kai konnte kaum glauben, dass er sie wirklich geküsst hatte. Cassandra war im perfekten Moment erschienen. Er hatte eh kurz davor gestanden, ihre weich aussehenden Lippen zu erobern. Und dieser Brauch, den er bisher wirklich nur für dumm hielt, war nun ein Glücksfall. Wer auch immer das erfunden hatte, er hatte Kais Dank sicher. Und dass sie nun vor ihm flüchtete, bewies nur, dass auch sie es gespürt hatte. Dieses heftige Verlangen, diese Leidenschaft. Er hatte bemerkt, dass auch sie es gespürt hatte. Selbst wenn sie es leugnen sollte, so glaubte er ihr das nicht. Er wusste es ganz einfach besser. Grinsend dreht er sich nun zu Cass herum und sah die Kleine sanft an.

"Ich danke dir“, lächelte er.

"Kein Problem. Tante Max braucht mal wieder einen Freund. Sie geht ja nie aus und ich glaube auch nicht, dass sie jemanden zum Küssen hat“, erklärte sie voller Überzeugung und viel zu schlau für ihr Alter. Kai musste das kurz verdauen.

"Du bist ganz schön weit, meine Kleine“, meinte Kai noch und setzte sich auf einen Stuhl neben Cassandra. Ihre Tante hatte sich soweit entfernt, dass sie sicher kein Wort hören konnte. Hoffte er zumindest. Maximes Wangen glühten noch immer, waren rötlich verfärbt und selbst ihre sonst so koordinierten Bewegungen, wirkten nun eher fahrig. Gut so!

"Na sicher doch. Mama hat oft genug einen neuen Freund – auch wenn sie es mit Dad imemr wieder Mal versucht. Da lernt man einiges dazu. Egal ob ich erst Neun bin...", grinste Cass verschwörerisch und setzte sich einfach auf seinen Schoß. Verblüfft sah er sie an. Sie hatte anscheinend wirklich keine Scheu vor ihm, was ihn ein wenig ärgerte. Ihre Mutter schien nicht so sehr auf sie zu achten. Wäre er ihr Vater, würde er schon dafür sorgen, dass sie Fremden nicht einfach so vertraute.

„Macht dir das gar nichts aus?“, wollte er wissen und runzelte die Stirn.

„Nein, nicht wirklich. Wenn Mama wieder einen Freund hat oder abends einen Mann mitbringt, dann gehe ich zu Tante Maxi und wir essen Pizza! Ich bin gerne bei ihr, weil sie immer mit mir spielt, malt oder bastelt. Das ist wirklich toll.“ Es schien sie zu erfreuen, was er an den strahlenden blauen Augen genau sehen konnte. Und doch schien sie ebenfalls in einer tiefen Traurigkeit gefangen zu sein. Es wunderte den Halbrussen gar nicht. Die Kleine hing so sehr an ihrer Tante, viel mehr als an der Mutter, was er nach vollziehen konnte, und vermutlich war es umgekehrt ebenfalls so. Maxime liebte Cassandra sehr wie man sehen konnte. Ihr einen Wunsch abzuschlagen, musste tatsächlich viel schwerer sein, als eines seiner vielen Bankgeschäfte. Oder auch, wenn er mit den Kunden auf seiner Jacht Champagner trank. Ganz zu schweigen von dem, was in den einzelnen Kabinen passierte.

Kai seufzte.

"Ja, ich würde auch lieber mal entspannen, als die ganze Zeit nur am Schreibtisch zu sitzen und mit irgendwelchen Partnern zu verhandeln", grinste er. Sie nickte und seufzte dann schwer.

"Ich wünsche mir manchmal, das Tante Max meine Mutter wäre. Ist das was Schlimmes?", fragte sie an ihn gewandt und hoffte inständig darauf, das er nein sage würde. Und selbst wenn es eine Lüge gewesen wäre, so hätte er sie ihr erzählt. Aber es war schlussendlich nur die Wahrheit.

"Nein, das ist nicht schlimm, Cassandra. Jeder wünscht sich ab und zu mal solche Dinge. Und auch wenn sie uns falsch erscheinen, heißt es nicht, das sie auch falsch sind. Meist ist sogar das Gegenteil der Fall und du triffst die richtige Wahl bei einer scheinbar falschen Entscheidung. Oder einen scheinbar falschen Wunsch." Er strich ihr übers Haar und stand wieder auf.

"Ich geh deiner Tante helfen." Sie nickte nur noch, sah nachdenklich zu Boden und Kai ging. Mit einen komischen Gefühl im Magen.

 

Maxime stand gar nicht so weit entfernt und hatte den beiden zugehört. Sie hatte gar nicht lauschen wollen, doch der Drang, sich zu verstecken, war einfach so über sie gekommen. Eigentlich war sie nur näher gekommen, nachdem Cass sich auf seinen Schoß gesetzt hatte, um sie zu bitten, ihn nicht zu belästigen. Aber natürlich war er ganz anders mit ihr umgegangen. Wie ein Vater, der er eigentlich wäre.

Ein paar Mal hatte sie einen Schritt nach vorne gewagt, war jedoch stehen geblieben. Cassandra wünschte also, sie selbst wäre ihre Mutter? Wusste Maria davon? Ahnte sie überhaupt etwas von den Gedanken ihrer Tochter? Maxi selbst bezweifelte es schon eine ganze Weile jetzt. Und anscheinend lag sie damit auch noch genau richtig. Es war kein besonders schöner oder erfreulicher Gedanke wenn man so etwas erfuhr. Natürlich liebte sie ihre Nichte abgöttisch, aber sie von ihrer Schwester wegzureißen, nein, dass konnte Maxi einfach nicht tun. Es war ganz einfach gegen ihre Natur.

Trotzdem musste wohl oder übel etwas getan werden, ehe es eskalierte und jemand zu Schaden kam.

Langsam ging sie einen Schritt vor und hatte nicht mitbekommen, wie Kai ging. Natürlich stieß sie mit ihm zusammen und stolperte zurück. Im letzten Moment konnte er sie vor den schmerzhaften Sturz retten und zog sie fest an seine Brust. Maxime klammerte sich halb an ihn, um nicht doch noch zu fallen und weil sie ihn einfach nah sein wollte, und sah zu ihm hoch.

Wieder spürte sie dieses prickelnde Verlangen in sich und leckte sich unbewusst über die roten Lippen. Etwas, dass Kais Blick sofort dorthin lockte und auch in seinen Augen brannte das Verlangen erneut auf. Maxi fühlte sich begehrenswert und presste sich nun ganz bewusst enger an ihn. Dass ein solcher Mann, der so verdammt heiß war und gut aussah, sich für sie interessierte, gab ihr neues Selbstbewusstsein.

"Kaiden", hauchte sie und hoffte auf einen zweiten Kuss. Der Erste hatte ihr noch nicht genügt. Sie wollte mehr. So viel mehr... Scheiße!

 

Als er sie fest an seine Brust gezogen und ihren warmen Körper an seinen gespürt hatte, wusste der Halbrusse ganz genau, es geschah etwas. Und nun sah sie ihn auch noch so sehnsüchtig aus diesen funkelnden Augen an, dass er sie am liebsten gleich hier genommen hätte. Nur, dass sie dann diesen Namen sagte, wirkte sich ernüchternd auf sein Gemüt und sein Verlangen aus.

Sie wusste ja gar nicht, wer er wirklich war. Konnte er es da riskieren, mit ihr zu schlafen? Er wollte das Maxime wirklich mit IHM und nicht mit jemanden, für den sie ihn hielt, schlief. Er wollte diese weichen, weiblichen Rundungen als er selbst auskosten. Spüren wie ER sie befriedigte, wie er immer wieder in ihre feuchte Enge eindrang.

Und schon machte sich sein unterer Teil wieder schmerzhaft bemerkbar. Ganz so, als würden Kopf und Körper nicht zusammen, ja nicht einmal ihm selbst, gehören. In ihrer Nähe vergaß er die Vergangenheit, lebte im hier uns jetzt, fühlte er sich frei. Es war erlösend und gleichzeitig einengend zugleich. Eine Mischung, die ihn verunsicherte. Die ihn sich selbst fremd erscheinen ließ, doch es gefiel ihm viel zu sehr, als das er es hätte beenden können.

Jetzt sah er ihr so tief in die Augen, dass er dieses unterdrückte Verlangen sehen konnte, das seinem in nichts nachstand. Er schluckte, beugte sich vor und eroberte ihre Lippen ein zweites Mal für sich. Sie waren weich, warm und sie schmeckte nach Plätzchen. Maxi drängte sich an ihn, stöhnte leise auf und vertiefte den Kuss von sich aus. Sie brachte seine Fassung immer mehr ins Wanken.

Grade als er ihre Lippen mit seinen teilte und ihre Zunge mit seiner eigenen umspielte, begann das Feuerwerk im Hintergrund, doch die beiden nahmen es nur gering wahr. Zu sehr waren sie miteinander vertieft. Ihr beider Atem ging immer schneller, der Puls war erhöht.

Maxime schlang ihre Arme um seinen Nacken, presste sich noch enger an ihn und wünschte, es wären keinen störenden Kleidungsstücke dazwischen, die ihre beiden Körper voneinander trennten. Sie wollte ihn Haut an Haut spüren. Etwas, dass sie sich noch nie gewünscht hatte.

Und auch ihm ging es keineswegs anders. Alleine ihren süßen Duft einzuatmen war schon schon zu viel für seine Libido.

Kapitel 9

  9. Dezember

 

Der Himmel war erfüllt mit bunten Lichtern und lieferten eine atemberaubende Kulisse für die beiden Personen, die sich im Schatten eines Standes leidenschaftlich küssten und liebkosten. Und auch das sie einen Beobachter hatten, Cass, nahmen sie nicht mehr wahr. Kai löste sich schwer atmend von ihr und sah ihr unverwandt in die Augen.

"Maxime...", flüsterte er mit rauer Stimme und sie nickte nur. Zu gut wusste sie, was er wollte. Sie wollte es auch. Und es sollte jetzt geschehen. Sie hatte diesen Schritt zwar bisher nur einmal gewagt, war sich aber sicher, dass es mit Kaiden sicherlich so gut werden würde. Immerhin hatte er Erfahrung und würde ihr somit hoffentlich auch nicht zu sehr weh tun. Natürlich war Maxi sich auch gut bewusst, dass es keine Liebe war, aber in diesem Fall schätzte sie seine Erfahrung sehr.

"Ich muss Cassandra noch Bescheid sagen", hauchte sie und wurde sich erst dann bewusst, wie das klingen musste und Zweifel kamen auf.

"Vielleicht sollten wir es besser lassen. Ich arbeite für deinen Chef und..."

Weiter sprechen konnte sie nicht, da er ihren Mund erneut in Anspruch nahm. Sofort flammte die Glut von neuem auf und brachte sie in ein Gefühlschaos. Wie eine Ertrinkende klammerte sie sich an diesen Mann, der ihre Welt in so kurzer Zeit schon für sich beansprucht hatte. Seine Hitze ging auf sie über, setzte sie neuerlich in Flammen und ließ sie ihren Kopf einfach ausschalten. Sie konnte nicht mehr denken, wollte es auch gar nicht. Lieber wollte sie fühlen.

Er strich ihr durch ihren dünnen Mantel über die Wirbelsäule, ihre empfindlichste Stelle, und sofort spürte sie diese angenehme Hitze auch zwischen ihren Schenkeln. Seine Zunge strich vorsichtig über ihre Lippen, bat um Einlass, den Maxi ihn nur zu gern gewährte.

Kai kam nicht ohnehin zu denken, wie richtig es sich anfühlte. Und wie sehr sie ihn erregte. Das war vor ihr noch niemanden gelungen. Nicht mal seine Frau hatte es vollbracht, dass er sich so kopflos und wie ein Teenager benahm. Nicht mal ganz am Anfang, als er noch geglaubt hatte, verliebt in sie zu sein. Aber was Maxime nun mit ihm machte, das konnte er kaum in Worte fassen. Er wollte unbedingt noch so viel mehr mit ihr erleben, ihr zeigen wie sinnlich und leidenschaftlich sie selbst war und das sie es nur mit ein paar kleinen Blicken schaffte, einen gestandenen Mann wie ihn in einen sabbernden Teenager zu verwandeln.

Grade wollte er sie einfach weiter nach hinten schieben und an den Baum pressen, als die Lichter des Feuerwerks erloschen. Und anscheinend auch ihre Kapitulation. Sie löste sich von ihm und trat einen Schritt zurück.

"Kaiden..."

Nur dieses eine geflüsterte Wort und auch er wurde wieder in die Gegenwart befördert. Das Rauschen in seinen Ohren ging langsam zurück und auch seine Männlichkeit beruhigte sich wieder.

"Du hast recht, es ist weder der richtige Ort, noch der richtige Zeitpunkt", kommentierte er den Namen und sah sie direkt an. Auf keinen Fall würde er ihren vorwurfsvollen Blick ausweichen, doch dieser kam nicht. Nun, sie waren sich auf jeden Fall einig, dass JETZT nicht der Ort und Zeitpunkt für etwas derartiges war. Ihr Blick war sanft, wenn auch ziemlich verwirrt, und er musste sie einfach anlächeln. Nur ganz leicht.

Maxime atmete ein paar Mal tief ein und aus, ehe sie ihn wieder ansah. Sie sah ihn einfach nur an und wusste nicht so recht, was sie mit ihren eigenen Gefühlen machen sollte. War sie tatsächlich dabei sich in ihn zu verlieben? So unglaublich schnell?

In Büchern und Filmen passierte das ständig, nur, dass das dann alles ausgedacht war. In ihrem Bekanntenkreis gab es leider kein Beispiel. Innerlich seufzte Maxime. Es brachte nichts jetzt darüber zu grübeln. Sie musste Cassandra nach Hause bringen und sich ein entspanntes Bad gönnen. Ja, genau, das war ein sehr guter Plan.

 

Nachdem sie Cass bei Maria abgeliefert hatte, machte sie sich auch umgehend auf den Weg zu sich. Als sie an diesem Abend ihr Haus betrat, wirkte es mehr denn je kalt und lieblos. Vielleicht sollte sie doch mal ein wenig etwas daran ändern. Mit dem Job bei Kaidens Chef konnte sie es sich leisten zumindest einen Raum in ein richtiges Heim zu verwandeln. Nicht unbedingt mit den Dingen, die sie sich vorstellte, aber definitiv etwas besseres, als es jetzt war. Okay, okay, so gut wie alles war eigentlich besser als das hier – das musste sie sich selbst gegenüber wenigstens eingestehen.

Nachdem sie sich tatsächlich ein ausgiebiges Bad gegönnt hatte – sogar mit viel Schaum und Kerzen – trocknete sie sich ab, legte sich in ihr kuscheliges Bett und starrte dann an die Decke. Vielleicht ließ sich ja so eine Lösung für alles finden. Nun gut, das war leider doch eher unrealistisch.

Es dauerte noch eine ganze Weile, doch dann schaffte sie es tatsächlich ins Traumland. Und dort ging es ziemlich heiß her. Aus dem Kuss von vorhin wurde mehr. Sehr viel mehr. Und mit sehr viel weniger Kleidung. Gott, Träume konnten fies sein, wenn sie doch nie wahr wurden!

 

Das Wochenende war schnell vorbei und auch der Montag, Dienstag und Mittwoch zogen einfach an ihr vorbei. Kaiden hatte ihr erst am Mittwochabend geschrieben, sie solle doch bitte am Vormittag zum Haus kommen. Immerhin hatte sie selbst ja noch mal alles vermessen und Fotos machen wollen. Diese Zeit hatte sie dann nun.

Bevor sie sich auf den Weg machte, überprüfte Maxi ihr Aussehen ständig. Immer wenn sie im Flur an dem großen Spiegel vorbei kam, blieb sie kurz stehen und musterte sich selbstkritisch. Das war albern. Innerhalb von ein paar Sekunden oder Minuten würde sie ja nicht plötzlich zur Schreckschraube mutieren.

Seufzend verließ sie ihr Haus, rief sich ein Taxi und fuhr damit zum Anwesen. Ihr Auto war noch immer in der Reparatur, was sie natürlich ziemlich frustrierte. Wenn es so lange dauerte, war wirklich viel zu machen und das hieß dann auch es würde teuer werden. Noch etwas, dass sie nicht einberechnet hatte.

Sie musste diesen Job hier wirklich schaffen. Unter allen Umständen sogar. Es war vollkommen egal, was zwischen ihr und Kaiden war – oder eben nicht war -, der Job durfte nicht darunter leiden. Dazu hatte sie nun auch gleich schon ein paar erste Ideen in ihrer Tasche,

Impressum

Texte: Mandy Summer
Bildmaterialien: Mandy Summer
Cover: Mandy Summer
Lektorat: -
Tag der Veröffentlichung: 28.11.2013

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