Cover

Prolog

„Lucia-Christin Santiago! Wie oft habe ich dir schon gesagt, in diesem Haus werden keine Partys von dir und deinen sogenannten Freunden gefeiert! Denk an das gute Porzellan und was diese Flegel alles mitgehen lassen könnten. Ganz zu schweigen von der ganzen Einrichtung, die vollkommen hinüber ist!“
Geduldig hörte ich dem Wortschwall meiner Mutter zu und verdrehte die Augen.
„Das sind meine Freunde und keine Flegel. Und nur zu deiner Information, da du es ja anscheinend nicht siehst, es fehlt nichts und alles ist in Ordnung“, erwiderte ich nun ruhig und unterbrach meine Mutter somit, da sie sofort weiter reden wollte.
Mein Vater saß in seinem Sessel, die Augen geschlossen und die Arme auf die Armlehne gelegt. Seine ruhige Art würde ich auch gerne haben, meine war im Moment nur vorgetäuscht. In mir brodelte es regelrecht. Wie konnte sie es wagen meine Freunde derartig zu beleidigen und ihnen so etwas zu unterstellen? Eine Frechheit war das!
„Ach und das macht das Ganze besser oder was?“, fragte sie mit hoch gezogener Augenbraue.
„Das war vielleicht nur ein Auskundschaften und beim nächsten Mal kannst du gar nicht gucken, wie schnell alles weg sein wird!“
„Mom! Hör auf damit! So sind sie einfach nicht!“, ereiferte ich mich nun. Wie konnte man nur so sein? „Das weißt du doch gar nicht! Wie lange kennst du sie? Wenn ich mich recht erinnere bist du erst seit einen Monat auf der neuen Schule…“
„…die nicht für Flegel gedacht ist, da sie es sich nicht leisten könnten!“, unterbrach ich sie erneut, nun richtig bissig.
„Rede mir nicht ins Wort, Lucia!“, beschwerte sie sich natürlich sofort und seufzte theatralisch. Mein Vater stand nun auf und legte einen Arm um meine Schultern.
„Lass sie doch, Anna. Ich glaube sie hat jetzt verstanden, dass es so wirklich nicht geht. Nicht wahr?“
Er sah mich lächelnd an und automatisch erwiderte ich sein Lächeln und nickte. Klar hatte ich es verstanden, doch das wollte ich nicht bei meiner Mutter zugeben.
Ich wusste das es nicht richtig gewesen, wie letzte Party hier zu machen, aber es hatte mich nun mal gereizt. Und als die neue-besonders wenn man viel Geld besaß- musste man sich doch anpassen!
„Du verwöhnst sie viel zu sehr. Kein Wunder das sie so verzogen ist“, schimpfte meine Mutter weiter und schnaubte verächtlich. Ich war schon immer Papas kleiner Liebling gewesen. Mein Bruder war zwar älter als ich, aber vielleicht lag es auch grade daran. Halt das kleine Küken wie man so schön sagte. Mir gefiel es jedenfalls super.
„Schatz, bitte beruhige. Und du, Lucia, gehst bitte erst einmal in dein Zimmer hoch.“
Ich nickte meinem Vater zu und verließ das Zimmer, blieb aber draußen stehen damit ich noch lauschen konnte. So manches Mal hatte mich das schon vor vielen Sachen bewahrt. So sollte es auch jetzt wieder sein
. „Dave! Sie ist total verzogen und tanzt uns auf der Nase herum.“
Meine Mutter hörte sich wirklich extrem sauer an. Gut das sie noch nicht ihren Kleiderschrank in Augenschein genommen hatte.
„Sie ist noch jung und grade in einer Phase, wo man die Grenzen austesten will“, meinte mein Vater daraufhin nur sanft und ich lächelte sofort. Es war wirklich toll so einen Vater zu haben!
„Das mag ja sein, aber sie geht mittlerweile eindeutig zu weit. Ich schwöre dir, macht sie so etwas noch einmal, gibt es eine ordentliche Strafe!“ „Und an was hast du so gedacht?“
„Das werdet ihr beiden dann sehen.“ Schnell stellte ich mich hinter eine hohen Säulen der Halle, da meine Mutter raus gestürmt kam. Sie durfte mich bloß nicht sehen. Dennoch sah ich ihr hinterher.
„Du hast ja wohl alles gehört“, sagte mein Vater plötzlich neben und beinahe hätte ich einen kleinen Schrei ausgestoßen. Dass er sich aber auch immer so anschleichen musste.
Schlimm! Ich nickte und sah ihn an.
"Gut, dann wirst du doch hoffentlich endlich mal benehmen. Deine Mutter meint es verdammt ernst, Lucia.“ Wieder nickte ich und rannte nun nach oben in mein Zimmer. So schlimm konnte eine Strafe von ihr doch gar nicht sein…Oder?

Tjaaaaaa, einen knappen Monat später erfuhr ich dann endlich, das die Strafe meiner Mutter die Hölle auf Erden für mich bedeuten sollte.

Alles lief einfach perfekt. Mom und Dad würden für eine ganze Woche verreisen und ich hatte das Haus, nein es war ja eigentlich eine Villa, für mich alleine.
Natürlich hieß das wieder PARTY!!!!!!!!! Ich freute mich riesig und hatte extra viel Zeit vor dem Spiegel und in allen möglichen Salons dieser Stadt verbracht. Mein weinrotes, enge Minikleid klebte wie eine zweite Haut an meinem schmalen Körper, zeigte mehr als es verbarg und war der absolute Inbegriff von Sex!
Jedenfalls schien es mir, als ich mit den dazu passenden Highheels die Treppe hinunter stolzierte, jeder Kerl mich angaffte und einige tatsächlich anfingen zu sabbern.
Meine lngen, braunen Haare hatte ich mir extra hoch gesteckt, womit mein Nacken extrem gut betont wurde. Die silbernen Kreolen an meinen Ohrläppchen klirrten leise und mein Lächeln war strahlend.
Ohhh jaaa, ich war DER Hingucker heute Abend. Und ich genoss es in vollen Zügen, wie immer.

„Lucia! Geile Party!“

„Echt der Hammer!“

„Wir sollten immer hier feiern, Arschgeil!“

„Wann steigt die nächste Fete?“

Die Rufe der Leute waren wirklich angenehm und mich durchströmte ein reines Glücksgefühl. Nun konnte niemand behaupten ich wäre eine Außenseiterin oder einfach nur „Die Neue!“. Nein, nun war ich wirklich angekommen.
Auch schon in meinem alten leben gehörte ich immer zu den oberen, die den anderen-den schwächeren- sagten wo es lang ging und wo eben nicht. Gefiel mir ein Oberteil oder eine Hose nicht, musste sie sofort verschwinden!
So war es eben wenn man reich war! Man konnte über andere entscheiden und das tat ich bei jeder sich mir bietenden Gelegenheit! Warum auch nicht? Es gehörte sich so. Selbst im Tierreich bestimmten die Stärkeren über alle anderen.
Warum sollte es bei Menschen anders sein? Sah ich ja mal gar nicht ein.
„Lucia! Sag mal, wie wäre es, wenn wir im Sommer im Strandhaus meiner Eltern wohnen?“, wurde ich dann von Marissa gefragt.
Sie war wie ich eines der IT Girls und somit war auch ihr Wort Gesetz!
„Von mir aus gerne. Vielleicht leiht Dad mir ja dann seine n neuen Jaguar aus“, scherzte ich gut gelaunt und lachte ml wieder viel zu hell.
„Wenn nicht nehmen wir meinen Masarati!“, stimmte sie in mein Lachen ein.
„Oder den Porsche von Eva!“, warf ich noch mit ein.
Es wurde wirklich mal Zeit, das Dad mir ein eigenes Auto kaufte. Eines, das meinen Status auch gerecht wurde. Ich hasste es, immer auf jemand anderen angewiesen zu sein. Selbst wenn es sich dabei um einen Chauffeur handelte.
Klar war es cool jeden Tag mit einer Limo vor zu fahren, aber selbst zu fahren war doch entspannter. Nach einer Weile wurde es immer lustiger, wilder, unbezähmbarer mit der feiernden Meute. Und ich amüsierte mich immer prächtiger. Ganz besonders mit Tyler! Er war der heißeste Typ in der ganze Stadt. Reich, gut aussehend, gebildet und dazu noch unglaublich arrogant! Also genau meine bevorzugte Beute.
Auch wusste ich ganz genau, dass er auf mich stand. Seine schwarzen Haare hatte er an den Seiten kürzer und oben leicht och gegelt. Die blauen Augen funkelten übermütig. Naja, vielleicht lag es auch eher an dem vielen Alkohol oder der Lust, die sein Blick widerspiegelte.
Und seine festen Bauchmuskeln wurden von dem enganliegenden Muskelshirt bestens betont, der Hintern steckte in einer ebenso engen Jeans.
Einfach eine Sahneschnitte der Extraklasse! Und mit absoluter Gewissheit bald meiner!
Wenn ich mir was in den Kopf setzte, bekam ich meinen Willen auch jedes Mal. Bei ihm würde es nicht anders sein. Aber lange würd ich mich nicht mit ihm zufrieden geben.
Jungs langweilten mich recht schnell, da sie einfach zu leicht rum zu kriegen waren.

Grade als ich wieder die Whiskyflasche an meine Lippen setzte um auch noch den Rest zu leeren, hörte ich trotz der lauten Musik, das vertraute Geräusch des Schlüssels in der Haustür. Sofort erstarrte ich zur Salzsäure und sah wie meine Eltern hinein kamen.
OH FUCK!
„LUCIA!“
Der Ausruf meiner Mutter hatte alle zum Stillstand gebracht. Sie sahen von mir zu meinen Eltern und wieder zurück, zuckten die Schultern und feierten weiter, was mich wirklich erstaunte. Sie kannten es vermutlich schon. Ich stand schwankend auf, ging zu den beiden und hielt ihnen grinsend die Flasche hin.
Einfach überspielen Lucia, sagte ich mir selbst immer wieder in Gedanken und grinste noch breiter.
Man, der Alkohol war vielleicht doch nun etwas zu viel schon. Meine Mutter schlug mir die Flasche aus der Hand, die nun auf den kalten Marmorboden zerschellte und deren Flüssigkeit nun über das kalte Gestein lief. „Wie kannst du es wagen?“, fragte sie wütend und packte mein Handgelenk um mich ins Wohnzimmer zu schleifen.
„ALLE RAUS HIER! DE PARTY IST BEENDET!“ Wow, ich wusste bisher gar nicht, was sie für ein kräftiges Organ hatte. Ich hielt mir sogar mit der freien Hand ein Ohr zu.
Die Leute guckten sie ungläubig an, machten aber was sie verlangte. Als wir drei wieder alleine waren stellte sich meine Mutter ziemlich dicht vor mich hin und sah mir kalt in die Augen.
„Ich habe dich gewarnt, Fräulein. Was du dir dieses mal wieder geleistet hast, wird nicht ungestraft bleiben.“
„Und was hast du dir schöne ausjedacht?“, fragte ich lallend und musste einfach wieder grinsen, auch wenn ich wusste, dass ich etwas Falscheres nicht hätte tun können.
Sie holte aus und gab mir eine heftige Ohrfeige, die mir sofort Tränen in die Augen trieb. Bisher hatte sie das nie getan und mein Grinsen verschwand. Mein Vater machte einen Schritt auf uns zu und wollte sich schützend vor mich stellen, doch Mom ließ sich auch davon nicht beirren und drängte sich an ihm vorbei.
„Du packst sofort deine Koffer! Eine Weile bei meinem Bruder Frank wird dir sehr gut tun. Dort kannst du keine Partys feiern und vor allem wirst du mal arbeiten müssen. Essen gibt es nicht ohne das du dir die Hände schmutzig machen wirst!“, sagte sie drohend und ich zuckte nur die Schultern.
Als ob sie das ernst meinen würde!
„Wenn du meinst. Aber isch habe nischt vor, dorthin zu jehen.“
„Das steht nicht zur Debatte! Du wirst sofort morgen früh einen Flieger nehmen! Ich werde sofort alles veranlassen. Das war das Letzte mal, das du nicht hören konntest. Das Maß ist endgültig voll.“
Sie griff nach ihrem Handy und ich hörte dass sie wohl mit dem Flughafen sprechen musste.
Meinte sie es vielleicht doch…ernst?
„Mom, was soll der Scheiß?“ Jetzt klang meine eigene Stimme schon wieder sehr viel fester. Gut so! Mom legte eine Hand aufs Handy und sah mich emotionslos an.
„Ich habe es dir grade erklärt. Geh hoch, pack endlich! Sonst nimmst du nichts mit!“
Meine Augen weiteten sich und hilfesuchend sah ich zu Dad. Doch er schüttelte nur traurig schauend den Kopf und wandte sich ein Stück ab.

Mein Schicksal war wohl besiegelt…

Kapitel ~ 1 ~

Keine ganzen fünfzehn Stunden später landete der Flieger wieder und ich fühlte mich wie gerädert. In der letzten Nacht hatte ich kaum ein Auge zugetan.
Und selbst wenn es mir gelungen wäre, so bezweifelte ich doch sehr stark, dass es auch nur etwas geändert hätte.
Das Bevorstehende lag mir wirklich sehr schwer im Magen und mir wurde regelrecht schlecht, wenn ich nur einen Moment daran dachte, was mich erwarten würde.
Meine Mutter hatte während des ganzen Flugs immer wieder betont, dass es sich hier für mich alles ändern würde. Und glaubt mir, sie versteht es wirklich super, jemanden Angst ein zu jagen…

Am Flughafen, nachdem wir unser Gepäck geholt hatten da meine Eltern eine Nacht ebenfalls hier bleiben würden, wurden wir von meinen Onkel Frank direkt empfangen. Er stand draußen an seinen Wagen gelehnt und lächelte uns an. So vom Gesicht her konnte man sofort erkennen, von welcher Seite der Familie er kam: Mom!
Vom Wesen her war er allerdings das genaue Gegenteil. Ich wusste von früheren Besuchen, die zugegebenermaßen schon ziemlich lange zurück lagen, dass er wirklich toll war. Was jedoch nichts an meiner Stimmung änderte.
Immerhin wohnte er am Arsch der Welt und ich musste mit hier sein. Nicht nur für einen kleinen Urlaub oder so etwas. Nein, ich musste direkt hier wohnen.
Mom wollte sogar, dass ich hier zur Schule gehen sollte…
Nichts desto trotz begrüßte ich Frank wie immer freundlich mit einer kurzen Umarmung. Er konnte ja nichts dafür, das Mom so ein Monster war und mich hierher abschob.
Ja, so empfand ich es wirklich. Anscheinend war sie es leid geworden, Mutter zu sein und suchte nun nach einer bequemen Lösung für ihr Problem.
Vielleicht hätte sie sich das mal vor fast Achtzehn Jahren überlegen sollen. Nun war es allerdings ein klein wenig zu spät dafür. Wie auch immer.
Hier war ich nun, in…Wie hieß das hier noch gleich?
Ah richtig, Oklahoma!
Wie das schon klang!! Hier würde es mir ganz sicher niemals gefallen. Ich würde mir die Hände schmutzig machen müssen und sicher auch den einen oder anderen Nagel abbrechen. Leider kannte meine Mutter ja keine Gnade. Es war fast schon zum heulen.
Und ich konnte meinem Onkel ja auch keinen wirklichen Vorwurf machen. Er konnte sich schlecht gegen seine eigene Schwester stellen.

„Ich freue mich wirklich dich zu sehen, Lucia“, lächelte Frank mich mitfühlend an. Ich nickte und seufzte gleich drauf.
„Ich freue mich auch dich zu sehen, Onkel Frank.“ Allerdings warf ich meiner Mutter dabei einen bitterbösen Blick zu. Sie lächelte mich nur kalt an und ging dann zum Kofferraum, öffnete diesen und wuchtete ihren Koffer hinein. Wozu sie so viel Gepäck mitnahm verstand ich sowieso nicht.
Mehr als eine Nacht würden sie doch nicht hier bleiben.
Eine kleine Reisetasche, ja sogar eine etwas größere Handtasche hätte für sie vollkommen genügt.
Aber nein!
Sie musste ja einen ganzen Koffer mitnehmen.
Egal wie verwöhnt ich auch sein mochte, doch das war selbst in meinen Augen zu viel des Guten. Nachdem auch die kleine Tasche meines Vaters und meine eigenen beiden Koffer im Kofferraum waren- Gott sei Dank war der Wagen so groß wie ein Pickup- setzten wir uns rein und fuhren los.
Diese eine Nacht würden wir in der Nähe in einem Hotel verbringen, da mein Onkel noch ein ganzes Stück vom Flughafen entfernt wohnte. Wir checkten ein – natürlich ein vier Sterne Hotel – und sahen uns in der großen Suite um, die mein Vater gebucht hatte.
Wie immer Luxus für meine Mutter und mich. Ich liebte es einfach und hoffte sehr, dass Frank in etwa so leben würde. Immerhin gehörte ihm eine riesige Landschaft. Nicht nur Weizen baute er an, sondern an der Tierzucht war er auch beteiligt.
Allen voran Pferde. War vielleicht also doch gar nicht so schlecht.

„So, nun erzähl doch mal wie es dir geht“, meinte Frank aufmunternd als wir alle im Wohnraum saßen. Ich seufzte und überlegte ganz genau, wie ich was formulierte. Immerhin hörte Mom zu und an ihren Blick erkannte ich abermals, wie sie mich warnte. „Mir geht’s eigentlich recht gut“, begann ich und lehnte mich entspannt zurück.
„Und wie läuft es in der Schule so?“ Sicherlich fragte er mich das jetzt nur, weil ich auch hier zur Schule gehen musste. Aber ganz sicher war es nicht annähernd so toll wie bei mir zu Hause. Ich vermisste meine ganzen Freunde jetzt schon so dermaßen arg, dass mir ganz komisch war. Hier würde es mir sehr schwer fallen, überhaupt mit jemanden zu reden.
Wir waren hier nun einmal auf dem Lande.
Und ich wusste auch noch von früheren Besuchen bei Frank, das hier alle nicht so waren wie ich. Sie interessierten sich einfach nicht so für ihr Äußeres.
„Eigentlich ganz gut. Hab letztens in Französisch eine gute drei geschrieben“, erklärte ich dann nicht ohne Stolz.
Dabei vielen mir Sprachen ziemlich schwer und in franz. war bisher eine vier Minus meine beste Zensur gewesen. Frank nickte lächelnd, während meine Mutter natürlich verächtlich schnaubte.
„Eine gute Drei? Das hätte eine Eins werden müssen!“, beharrte sie unnachgiebig.
„Aber wieso denn? Eine Drei ist doch schon recht gut. Ich selbst war auch nicht besser“, verteidigte Onkel frank mich sofort, was mir ein schwaches Lächeln entlockte.
„Und man sieht ja was draus geworden ist“, giftete Mom weiter. Kurz trat eine unangenehme Stille ein. Dad räusperte sich als Erster und legte eine Hand aufs Moms.
„Dein Bruder hat ein ziemlich großes Stück Land, meine Liebe. Das ist mehr als andere vor zu weisen haben.“
Ich nickte zustimmend. Auch wenn ich nicht sonderlich begeistert über das Landleben war, so musste doch anerkannt werden, was mein Onkel geschafft hatte.

Meine Mutter sagte kein weiteres Wort und zog sich schon bald in das Schlafzimmer von ihr und Dad zurück. Ich unterhielt mich noch eine ganze Weile mit meinem Onkel. So erfuhr ich schließlich auch, dass er in der Nähe eines Reservats lebte.
Und dort gab es doch tatsächlich noch INDIANER!!! Könnt ihr euch das mal bitte vorstellen? Ich musste in der Nähe von sonen Wilden leben!!! Ich verzog angeekelt das Gesicht und Frank lachte darüber.
Ja, er hatte gut lachen. Für ihn würde sich ja auch kaum was ändern.
Nur das er eine Arbeitskraft mehr hätte. Obwohl ich gleich mal sagen würde, dass ich mich nicht so einfach dazu bringen lassen würde.
Er würde einige Schwierigkeiten mit mir bekommen, sollte er versuchen mich zu zwingen. Und erst Recht, wenn ich mir meine Nägel dabei ruinieren könnte!
Das ging ja nun wirklich mal gar nicht. Meine Nägel waren mir absolut heilig.
Da würde ich niemals etwas tun, was sie schädigen könnte. Am wenigsten wollte ich, dass sie abbrachen. Ich hatte keine künstliche Verlängerung, sondern meine natürlichen Nägel. Und die waren immer sehr kunstvoll verziert.
„Und sehen wir diese… diese…“ ich wusste nicht einmal wie ich sie genau benennen sollte.
„Die Cheyenne, Lucia“, meinte er gütig und lächelte. Vermutlich wusste er in etwa, was in mir vorging.
„Gut, dann eben die Cheyenne. Also, sehen wir die bei dir dort? Oder eher weniger? Ich wüsste einfach gerne, worauf ich mich einstellen muss. Kann ja sein, das die auch mal angreifen oder so etwas. Da will ich nur gut vorbereitet sein.“
Frank lachte leise und schüttelte den Kopf.
„Du brauchst keine Angst vor ihnen zu haben. Sie sind wirklich sehr friedlich und mit einigen Arbeite ich auch sehr gut zusammen. Es ist ja nicht so, dass sie Wilde sind. Sie leben in ganz normalen Häusern und haben normale Jobs“, informierte er mich liebevoll.
Ich seufzte und fragte mich, inwieweit ich ihm das glauben konnte.
„Aber Indianer leben doch in sonen zelten und haben nicht mal ordentliche Wasseranschlüsse. Geschweige denn Strom“, hielt ich dagegen und wieder lachte Frank.
„Ach, Lucia. Du hast wohl zu viele dieser alten Filme gesehen. Es ist schon lange nicht mehr so. Sie sind wirklich ganz normal.“
Naja, so wirklich glaubte ich es natürlich nicht. Für mich waren es trotzdem Wilde und ich würde mich dafür hüten, ihnen zu nahe zu kommen.

Nach einer ziemlich schlaflosen Nacht – ich hatte nur an die Zukunft denken müssen – machte ich mich am nächsten Morgen ordentlich fertig und ging in den Wohnraum herüber zum Frühstück.
Es herrschte eine angespannte Stille als ich mich setzte.
„Guten Morgen“, versuchte ich fröhlich zu klingen um diese ganze Situation auf zu lockern.
„Dir auch, meine Kleine“, meinte Frank nur und Dad schenkte mir ein liebevolles Lächeln. Wir aßen ganz in Ruhe und dann kam schon der Abschied von meinen Eltern.

Meiner Mutter reichte ich nur ausdruckslos die Hand, was sie gleichgültig erwiderte. Dad bekam dafür eine umso festere Umarmung und mir standen tatsächlich Tränen in den Augen.
„Ich werde dich so vermissen, Dad“, schluchzte ich schon fast und drückte mich fest an ihn.
„Ich dich genauso, mein kleines Mädchen.“ Er gab mir einen Kuss auf die Stirn und drückte meine Hand bis wir beim Auto waren. Von hier aus würden sie sich ein Taxi nehmen, während Frank und ich weiter fuhren bis zu seinen Stück Land.
„Pass gut auf dich auf, Lucia. Und mach Frank nicht allzu große Probleme“, meinte Dad schon im Taxi sitzend. Typisch mein Vater, dachte ich amüsiert und schmunzelte.
„Keine Sorge. Ich verspreche dir, bis zu einen bestimmten grad nicht über die Stränge zu schlagen. Immerhin habe ich hier sowieso schon viel mehr Freiheiten.“
Und das stimmte ja wirklich. Bei Frank durfte ich schon immer sehr mehr machen als daheim.
„Lucia!“, warnte Dad mich nicht besonders streng. Ich seufzte.
„Okay, okay. Ich werde mich ordentlich benehmen.“
„Gut, dann wünsche ich dir trotz allem eine schöne Zeit hier.“
Ich nickte einfach nur und sah dem Taxi noch ein paar Minuten nach. Onkel Frank stand neben mir und legte einen Arm um meine Schultern.

Weitere zehn Minuten später waren dann auch wir beide unterwegs. Ich sah vehement nur aus dem Fenster und dachte an Zuhause. Wie lange wollte Mom mich eigentlich hier lassen? Bis ich alt genug war für ein eigenes Leben?
Das konnte sie mir nicht antun und auch Dad würde das nicht so einfach hinnehmen. Meine Gedanken kreisten stundenlang nur um diese eine Sache und so bekam ich kaum mit, das wir uns immer weiter den hause meines Onkels näherten. Aber wieso hatte ich früher noch nichts von den Indianern gewusst?
Naja gut, das letzte Mal war ich vor fünf Jahren hier gewesen. Also mit zwölf. Schon gut möglich, das ich mich nicht mehr n alles erinnerte.
Oder ich hatte damals Glück gehabt nie einen zu begegnen. Bei einer guten Gelegenheit würde ich meinen Onkel mal danach fragen.
„Wir sind gleich da“, holte er mich in die Wirklichkeit zurück.
Ich sah ihn an und nickte. Als ich wieder aus dem Fenster sah, sah ich in einiger Entfernung jemanden auf einen Pferd reiten. In einem ziemlich schnellen Galopp. Die Mähne des Tieres flog im Wind und sein Reiter verstand es ausgezeichnet sich im Sattel zu halten.
„Das ist nur Kiron. Beachte ihn nicht weiter“, hörte ich frank leise sagen und bemerkte kurz wie er lächelte. Ich nickte abermals und sah nach vorne.
Wir hielten vor einen wirklich großen Haus und lautes Stimmengewirr war zu hören.
„Ach ja, deine Mutter hat dir das sicher nicht gesagt, aber ich habe vor drei Jahren geheiratet.“ Ich starrte meine Onkel an.
„Bitte was?“
„Du hast schon richtig gehört. Wunder dich also nicht von meiner Frau gleich herzlichst empfangen zu werden.“ Na wundervoll! Was mich hier wohl noch erwarten würde?

Kapitel ~ 2 ~

Frank stieg als erstes aus. Ich selbst musste mich noch ein wenig sammeln und blieb daher noch einen Moment länger sitzen.Erst nachdem ich ein paar Mal tief ein und aus geatmet hatte, folgte ich ihm. Die Haustür ging auf und eine schöne, junge Frau mit einem Baby auf dem Arm kam heraus.
„Frank, endlich bist du Daheim“, rief sie meinem Onkel zu und eilte zu diesem. Ich musterte sie interessiert und konnte mir nur selbst erklären, dass dies wohl seine Frau war. Wirklich sehr hübsch musste ich gestehen.
Sie drehte sich lächelnd zu mir.
„Und du bist sicherlich Lucia. Freut mich dass du nun hier bist. Wir werden sicher eine Menge Spaß haben.“
„Das bezweifle ich sehr“, erwiderte ich gereizt. Die Hitze hier war wirklich unerträglich und es stank nach Tier. Ja, ich gebe es zu. Ich hasste das Land!
Und ich hasste es, wenn ich arbeiten musste. Aber sie konnte ja eigentlich nichts dafür, dachte ich seufzend und hielt ihr die Hand hin.
„Sorry, is alles nen bissel viel für mich“, meinte ich nur und schüttelte ihre Hand kurz.
„Ich versteh schon. Du bist auch sicher noch immer etwas erschöpft. Komm mit rein dann kann ich dir dein Zimmer und den Rest des Hauses zeigen.“ Ich nickte nur und folgte ihr hinein. Hier drin war es schon wesentlich angenehmer fand ich. Eine leichte Brise aus der Klimaanlage verursachte eine sanfte Brise und ich atmete tief durch.
Mein Zimmer befand sich in der ersten Etage ganz hinten.
„So, da wären wir. Ist zwar nicht so sehr luxuriös wie bei dir, aber du wirst dich sicherlich dran gewöhnen.“
Na die hatte gut reden. Nicht so wie bei mir? Das war nun wirklich ein immenser Unterschied. Wie Tag und Nacht.

Das Bett war aus einfachen Holz und wie es aussah selbst gemacht, die anderen Möbel ebenfalls und die Wände…Eigentlich würde ich die gar nicht weiter erwähnen wollen!
Es waren Gott verdammte „Blümchen“ auf der Tapete. In allen möglichen dämlichen Farben.
Und der Teppich war eine Katastrophe in Rosa…Vielleicht war es auch mal Pink gewesen, mutmaßte ich innerlich und seufzte
.Also hier sollte ich meinen Schönheitsschlaf finden? Unmöglich! Hier würde ich sicherlich kein Auge zu machen können.
„Schön“, murmelte ich nur, stellte meinen Koffer neben der weißen Tür ab und sah mich noch genauer um. Falsche Entscheidung. Sofort fiel mir eine kleine Spinne in der Ecke auf.
Ich kreischte, ging dorthin und tötete sie sofort.„Nicht“, wollte Die Frau dessen Namen ich noch immer nicht kannte, mich aufhalten. Zu spät, Mäuschen.
„Du solltest kein Lebewesen einfach so ohne Grund töten. Jeder hat das Recht auf dieser Welt zu leben, auch wenn es dir nicht passt.“
Ich zog eine Augenbraue hoch und musterte sie. Sie war ganz eindeutig Indianerin.
„Nicht passt? Ich hab Angst vor den Dingern. Sie sind einfach nur widerlich und überhaupt nicht nützlich!“
Sie seufzte und schüttelte den Kopf.„Ich hoffe sehr, dass du deine Meinung ändern wirst während du hier bist.“
„Mal sehen“, erwiderte ich nur schnippisch, nahm meinen Koffer und wuchtete ihn auf das Bett, das sofort knarrte.
Na wunderbar!!! Neu war es also auch nicht mehr…Es wurde wirklich immer besser hier.
„Wie heißt du eigentlich?“, wollte ich dann wissen und drehte mich zu ihr während ich den Koffer öffnete.
„Nanaria. Und das ist Milicia, deine Cousine.“ Sie strich dem Mädchen über den Kopf, das fröhlich vor sich hin brabbelte.
Wenn ich Kinder mögen würde, fände ich es ganz sicher süß. So aber war es irgendwie lästig.
„Schön. Dann werde ich jetzt mal auspacken und…und dann was?“, fragte ich eigentlich nur mich selbst, erhielt allerdings von Nanaria Antwort.
„Dann wirst du erst einmal was Essen. Und vielleicht könnte Frank dir dann ein wenig die Ranch zeigen. Es gibt hier wirklich eine Menge Sachen zu entdecken. Auch grade für ein Mädchen in deinem Alter.“

Gooootttt, als ob mich die Ranch interessieren würde! Dennoch nickte ich, da ich Frank mochte und ihm zumindest nicht sofort Ärger machen wollte.
Das hatte er einfach nicht verdient. Immerhin hatte er meine Mutter als Schwester was ja wohl schon Strafe genug war.
„Ist gut. Ich komm dann einfach runter.“Dieses Mal nickte sie und verschwand dann mit meiner kleinen Cousine.

Ich seufzte schwer und setzte mich neben den Koffer. Wieder knarrte das Bett verdächtig. Ich verdrehte die Augen deswegen und legte mich hin.
Das fing ja schon mal gut an, dachte ich sarkastisch und lächelte ein wenig schief.
Meine Stimmung war noch nicht ganz auf dem Tiefpunkt, aber schon ziemlich nah dran!
Und ich hatte echt kein bock mir die Ranch zeigen zu lassen. Wenn denn würde ich sie ganz alleine erkunden und selbst entscheiden, wo ich lang ging und wo nicht.
Grinsend sprang ich auf und erschreckte wegen dem Bett schon wieder. Himmel, daran musste man was ändern! Und zwar so schnell wie möglich!!

Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass sich niemand im Flur aufhielt schlüpfte ich hinaus und schlich mich leise nach draußen. Gott sei Dank war auch hier grade niemand. Nur in einer kleinen Entfernung sah ich eine Gruppe von Männern stehen die sich angeregt unterhielten. Sehen würden die mich bestimmt nicht. Dafür waren sie zu sehr in ihre Diskussion vertieft.
Ich ging dicht an der Hauswand entlang und war nur heilfroh, dass die Fenster so weit oben lagen, dass ich mich nur ein kleines Stück immer bücken musste. Irgendwann hatte ich es geschafft und war hinterm Haus verschwunden. Ich rannte einfach drauf los zu einen riesigen Feld, wo ein kleines Wäldchen dahinter lag.
Dies war als erstes mein Ziel. Leider musste ich dafür durch das Maisfeld, was für mich absolut eklig war.
Ständig sah ich irgendwelche ekligen Krabbelviecher und stieß fast immer einen kleinen Schrei aus, der nur durch eine Hand vor dem Mund gedämpft wurde. Daher nahm ich die Hand auch schon gar nicht mehr von dort weg.
Irgendwann und irgendwie hatte ich es dann geschafft.Für mich hatte es sich wie Stunden angefühlt. Eigentlich hatte es auch gar nicht so weit ausgesehen, doch da ich kleiner war als die Maispflanzen, hatte ich die Entfernung vermutlich nicht richtig eingeschätzt. Oder ich hatte durch das Ausweichen der einen oder anderen Spinne, einen anderen Weg eingeschlagen. Auf jeden Fall stand ich nun tatsächlich vor einen Wald.
Vorsichtig ging ich hinein und fand mich schon bald an einen wunderschönen kleinen Bach wieder. Hier in der Wildnis gab es ja eigentlich auch immer schöne Wasserfälle. Und wenn es hier auch einen gab, wollte ich ihn unbedingt sehen.
Bisher hatte ich ein solches Schauspiel nämlich nur auf Bildern gesehen und es hatte mir ausgesprochen gut gefallen.Das könnte dann womöglich mein Zufluchtsort werden!
Ich ging also noch weiter, immer den Fluss folgend, aufwärts natürlich, und wunderte mich eigentlich nicht, als ich schon bald die Quelle hatte. Es war tatsächlich ein wunderschöner Wasserfall. Die Strahlen der Sonne glitzerten auf der Oberfläche und ließen das Ganze wie funkelnde Diamanten aussehen.
Ein kleiner See erstreckte sich am Fuße des Wasserfalls und durch die Wellen, schienen die Steine am Grund ebenfalls zu glitzern.
Noch nie in meinem Leben hatte ich etwas so schönes gesehen. Nicht mal ansatzweise!Staunend ging ich direkt bis zum Ufer und hockte mich hin. Wie von selbst tauchte ich eine Hand in das kühle Nass und grinste frech. Es war sehr angenehm und ich bereute nun, kein Handtuch mitgenommen zu haben.

Ich sah mich nach allen Seite um und fasste den Entschluss, es einfach drauf ankommen zu lassen.Lange brauchte ich nicht um mich bis auf Unterwäsche ausgezogen zu haben.
Dann trat ich langsam in das kühle Wasser, immer weiter hinein bis ich ganz darum verschwand.Es war so klar und sauber, das ich sogar die Augen öffnen und etwas sehen konnte.
So ein faszinierendes Bild war mir noch nie unter die Augen gekommen.Die vielen verschiedenen Fische, mit all ihren leuchtend bunten Farben und Formen, umkreisten mich anscheinend neugierig und ängstlich zugleich. Ihre Augen, so winzig klein und rund, starrten mich regelrecht an, sodass ich schmunzelte.
Die verschiedenen Pflanzen, in ziemlich verwirrenden Farben wie sogar Blau, Rosa und grau, erregten noch mehr meine Aufmerksamkeit.
Ich tauchte noch einmal auf um neuerlich tief ein zu atmen, dann setzte ich meine Erkundungstour fort.Ich schwamm direkt zu den blauen Schlingpflanzen und beobachtete interessiert die kleinen Krebse auf den großen Stengen.
Doch plötzlich bemerkte ich eine starke Bewegung hinter mir. Natürlich dachte ich sofort dass es irgendein großer Fisch ist und drehte mich um.

Erschrocken öffnete ich den Mund und musste sofort an die Oberfläche. Ich hustete stark und klammerte mich am Ufer fest.
„Das war ziemlich unvernünftig“, hörte ich hinter mir. Erst als ich kaum noch husten musste drehte ich mich zu der Stimme um und sah in tief grüne Augen, die mich wütend anfunkelten.
„Wer…“, versuchte ich anzusetzen, wurde jedoch wieder von husten unterbrochen. Der Kerl, der mir irgendwie bekannt vorkam, klopfte mir hilfsbereit auf den Rücken und als ich die Augen wieder aufschlug, starrte ich direkt auf seine nackte Brust.
Langsam, so als würde ich sonst was befürchten, hob ich den Kopf wieder an.
„Du scheinst nicht besonders intelligent zu sein, einfach hier alleine baden zu gehen. Es gibt hier einige Gefahren für ein dummes Kind wie dich“, tadelte er mich unsanft und stachelte nun meinen Zorn an.
Ich schubste ihn ziemlich unbeholfen weg und knurrte leise.
„Was erlaubst du dir? Ich kenne dich nicht, will es auch gar nicht, und somit hast du nicht das recht dir eine solche Frechheit heraus zu nehmen!“, blaffte ich aufgeregt und kam aus dem Wasser. Zu dumm das ich kein Handtuch bei hatte…Er folgte mir sofort.
„Ich muss dich nicht kennen um zu sehen, dass dein Kopf wohl nicht mit ausreichend Wissen gefühlt ist!“
Boaaaahhh, der hatte vielleicht mal Nerven! So hatte bis auf meine Mutter, und wir wissen ja alle was ich von ihr hielt, geredet!
Ohne zu überlegen was es für mich für Konsequenzen haben könnte, holte ich aus und wollte ihm eine schallende Ohrfeige verpassen. Leider wurde daraus nichts und ich fand mich im nächsten Moment an seiner Brust wieder. Mein Handgelenk hatte er abgefangen und mich damit an sich ran gezogen.
Sein Gesicht war dem meinem so nahe das ich seinen heißen Atem auf meiner nackten Haut spüren konnte.
Ein unbekanntes Prickeln durchlief meine Glieder, ließen mir noch wärmer werden.
„Solltest du noch einmal die Hand gegen mich erheben, wirst du es so sehr bereuen, dass du dir wünschst, nie geboren worden zu sein“, raunte er mir flüsternd zu und streifte mi seinen Lippen mein Ohr.
Automatisch begann ich zu zittern und mich an ihn zu pressen.
Mein Handgelenk hatte er nun los gelassen und seine Hände wanderten über meinen blanken Rücken.
„Sieh dich vor…
“Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Dann spürte ich nichts mehr.
Schlagartig öffnete ich die Augen, doch er war weg.Hatte ich mir das Ganze nur eingebildet?

Ich atmete tief durch und nahm meine Sachen. Hastig zog ich sie über und sah auf einmal etwas in der Sonne glänzen. Als ich es aufhob, bemerkte ich dass es eine Kette war mit einem ziemlich merkwürdigen Anhänger in Form eines Wolfskopfes.
Schulterzuckend steckte ich es in meine Tasche und machte mich auf den Weg zurück, wo mich eine deftige Standpauke meines Onkels erwartete.
Ich hatte ihn wirklich noch nie sauer erlebt. Bis jetzt.

Kapitel ~ 3 ~

 

Mein erster Tag war, bis auf diesen Wasserfall, ein totaler Albtraum.Zum Abendessen gab es etwas, dessen Namen ich nicht so richtig aussprechen konnte und das mir doch sehr verdächtig nach Innereien aussah. Einfach nur ekelhaft, dennoch versuchte ich es zu essen, da ich wohl nichts anderes bekommen würde.
Und wie ich erwartet hatte, kam sofort der Würgereiz, den ich mit allen Mitteln versuchte zu unterdrücken. Zum Beispiel indem ich so schnell kaute und schluckte, das der Geschmack kaum in meinem Mund haften blieb. Eine glücklicherweise wirklich effiziente Methode dafür mich nicht auf den Tisch übergeben zu müssen.
Dass Nanaria und Onkel Frank mich dabei komisch ansahen machte mir absolut nichts aus. Es war mir so was von egal.Als ich fertig war schob ich den Stuhl scharrend zurück und stand auf.
„Ich bin satt“, beeilte ich mich zu sagen.
„Gut, dann kannst du ja jetzt ins Bett gehen. Morgen geht es dann richtig los.“
Richtig los? Was sollte das denn jetzt wieder heißen?
Verwirrt sah ich ihn an und schluckte leicht da er so ernst schaute.„Wie du meinst. Gute Nacht“, murmelte ich dann nur und verzog mich in mein Zimmer.Verdammt, was hatte er gemeint? Was sollte richtig losgehen?Sollte ich etwa wirklich arbeiten, so wie meine verhasste Mutter es mir angedroht hatte?
Nein, das kam für mich mal ganz und gar nicht in Frage. Eher würde ich mir freiwillig meine schönen langen Haare abschneiden, anstatt auch nur einen Finger zu rühren, um arbeiten zu gehen!
Außerdem musste ich ja auch in die Schule, was sicherlich auch sehr interessant werden würde. Und morgen wäre Sonntag!Wer arbeitete denn bitteschön am Sonntag?
Das konnte man wohl keinen zumuten. Nun ja, unsere Putzfrau, die Haushälterin und auch der Gärtner, arbeiteten jeden Tag bei uns, aber sie wurden auch sehr fürstlich dafür bezahlt! Da gab es gar kein Gemecker jeglicher Art. Sie machten es doch freiwillig!
Nachdem ich mir die Zähne geputzt hatte, duschen war – mit ziemlich kühlen Wasser- und mich für die Nacht umgezogen hatte, legte ich mich in dieses schäbige Bett und versuchte nicht frustriert zu seufzen bei dem Knarren.Wirklich grässlich. Auch fand ich mehrere Stunden einfach keinen Schlaf. Als ich es doch konnte, wurde der Himmel schon wieder heller...

„Aufstehen, Schlafmütze! Die Arbeit macht sich nicht von allein!“ So wurde ich sehr unsanft, und durch eine viel zu laute Stimme, aus dem Schlaf gerissen.Doch als ich die Augen öffnete standen weder Onkel Frank, noch Nanaria vor mir. Ich sah in die gütigen Augen einer älteren, merklich indianischen, Frau, die nun die Hände in die massige Hüfte gestemmt hatte und mich anlächelte.
„Will nicht!“, murrte ich sofort, rollte mich auf der Seite zusammen und zog die Decke vollständig über meinen Körper. Nur damit sie mir im nächsten Moment wieder weg gerissen wurde. Vollständig!
Ich setzte mich auf und hätte schwören können, das Funken aus meinen Augen sprühten.
„Was erlauben sie sich?“, rief ich erzürnt und langte nach der Decke, die sie sofort weiter weg zog.
„Oh, ich erlaube mir hier vieles, mein liebes Kind. Immerhin bin ich Nanarias Mutter und für den Haushalt im Ganzen zuständig!“, erklärte sie gelassen. Anscheinend hatte sie schon mit einen solchen Ausbruch meinerseits gerechnet und machte sich nichts daraus. Na das konnte ja nur besser werden, oder?
„Und das gibt ihnen das recht, mich einfach aus dem Bett zu schmeißen? Ich glaube kaum! Meinem Vater würde das gar nicht gefallen“, begehrte ich auf, obwohl ich genau wusste, mein Argument war ziemlich lahm.Nichts desto trotz wollte ich es wenigstens versuchen. So leicht war ich nämlich nicht unter zu kriegen. Und schon gar nicht von irgendwelchen Wilden!
Ja, ich hatte meine Meinung von denen noch immer nicht geändert. Ganz gleich was Frank mir erzählt hatte.
„Dein Vater hat hier nichts zu sagen und dein Onkel hat mir extra die Anweisung gegeben, dich nicht mit Samthandschuhen anzufassen. Ich soll dich kräftig in die Arbeit miteinbeziehen!“
Bitte was?!? War das jetzt ihr ernst?Ich wurde nun richtig wütend, sprang auf, riss die Tür halb heraus und schrie nach meinem Onkel.

„Onkel FRANK!!!!“, schrie ich aus Leibeskräften und spürte regelrecht wie die Alte hinter mir zusammen zuckte.
„Hör auf so zu schreien. Dein Onkel ist schon längst bei der Arbeit. Genau wie meine Tochter. Alle sind schon seit über einer Stunde am Arbeiten. Und wir beiden werden nun Frühstück machen. Zieh dich also schnell an und komm in die Küche!“, ermahnte die mich nun. Dabei wusste ich auch noch nicht mal ihren Namen. Hier hielt man anscheinend nicht so viel davon, sich vor zu stellen. Gaaanz toll, dachte ich ironisch, drehte mich zu ihr und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Sehe ich ernsthaft so aus, als würde ich mir die Hände schmutzig machen? Oder sogar die Nägel ruinieren?“, blaffte ich kühl und zog eine meiner perfekt gezupften Augenbrauen hoch.
Sie lachte nur.
„Kindchen, das werden wir dir schon noch austreiben. Doch wenn du nicht hilfst, wirst du auch kein Essen bekommen. Hier hilft jeder mit!“
„Ich bin aber nicht jeder! Und ich habe eh keinen Hunger. Sie können mich also mal kreuzweise!“ Damit schob ich sie wenig freundlich aus dem Zimmer und knallte die Tür zu.
Was erlaubte die sich eigentlich? Das war doch echt mal die Höhe!Immer noch wütend stapfte ich nach knappen zehn Minuten in das Bad gegenüber meiner Tür und blieb abrupt in der Tür stehen.

Vor mir stand ein echt heißes Exemplar von Kerl. Leider nur mit den Rücken, aber das Spiel seiner Muskeln, als er sich grade die Haare trocken rubbelte, war einfach nur lecker!
Ich leckte mir über die Lippen und meine Wut war komplett verraucht. Wie könnte es bei einem solchen Anblick auch anders sein?Ich lehnte mich in den Türrahmen und beobachtete ihn hingerissen, bis er sich dann umdrehte und mich belustigt ansah.
„Dir scheint ja zu gefallen, was du siehst“, grinste er frech und mir blieb fast der Mund offen stehen.Der Kerl war höchsten ein paar wenige Jahre älter ich und auch von vorne sah er atemberaubend gut aus.Wie sone dumme Ganz nickte ich leicht und erwiderte dann sein Grinsen.
„Wem würde es nicht gefallen, einen hübschen Kerl, halbnackt zu sehen?“, erwiderte ich keck und stieß mich vom Rahmen ab um neben ihn zu gehen. Naja, eher an ihm vorbei um mein Handtuch bei der Dusche hinzuhängen.
„Bekommt man denn auch ein hübsches Girl gleich halbnackt zu sehen?“, erwiderte er mit einem Blick auf mein Hinterteil.
„Kommt drauf an wie lieb du fragen kannst.“
Oh jaaa, ich liebte es zu flirten. Auch wenn ich noch keine Erfahrung im Bett direkt hatte, so wusste ich doch wie es ging. Und mir lagen die meisten Kerle zu Füßen. Da gab es kaum eine Ausnahme.Nur die dummen Nerds hielten sich von mir fern. Dabei konnte man in deren Blicken das gleiche wie bei allen anderen sehen.Sie wollten mich!

„Oh, ich frage nicht gern. Ich nehme mir immer gleich, was mir gefällt“, sagte er mit rauer Stimme und jagte mir damit einen wohligen Schauer über den Rücken.
„So, tust du das also? Und wenn die Auserwählte nein sagt?“
„Das tun sie selten. Jeder hier weiß, was ich zu bieten habe“, sagte er für meinen Geschmack dann doch etwas zu arrogant und ich bedachte ihn nur mit einen skeptischen Blick.
„Du scheinst ja sehr von dir überzeugt zu sein. Und wer bist du?“
Ich ließ meinen Blick noch einmal über seinen kaum verhüllten Körper gleiten. Bis auf eine Jeans, aus deren Bund seine Boxer raus lugte, hatte er nichts weiter an.
Ein schöner Sixpack zierte seinen Bauch und passte perfekt zu den übrigen Muskeln, die allerdings nicht übertreiben waren.
„Diego, zu ihren Diensten, Prinzessin!“
Mit einem spöttischen Zug um den Mund verbeugte er sich vor mir.
„Diego. Und weiter? Welche Aufgabe hast du hier?“, wollte ich weiter wissen. Ich flirtete zwar gern und viel, wollte aber auch immer wissen, mit wem ich es zu tun hatte.
„Oh, da muss ich dich enttäuschen. Ich bin nur ein einfacher Arbeiter deines Onkels.“Oh, er wusste also schon mal wer ich war. Interessant. Naja vermutlich hatten man mich gestern gesehen und an meinem Outfit konnte man ja gut erkennen, dass ich nicht eines dieser Landeier war, sondern etwas sehr viel besseres!
„Und worauf willst du anspielen?“, fragte ich jetzt argwöhnisch, denn anscheinend unterstellte er mir irgendwas.
„Naja, ich bin wohl nicht in deiner Liga. Zu schade aber auch. Wir hätten sicherlich viel Spaß miteinander haben können!“, war seine Antwort, wobei er mit den Schultern zuckte und dann raus ging.
Nicht in meiner Liga? Spaß haben?
Wofür hielt der sich denn? Ich dachte doch nicht, dass ich ...Ohhh, ich dachte doch so. Und er hatte es mühelos erkannt!Das war unheimlich. Sehr sogar!

Ich duschte viel schneller als es sonst der Fall war, schminkte mich wie immer – schön auffällig – und zog mir eine Röhrenjeans und ein bauchfreies Top an. Eines meiner Lieblingsoutfits.
Es war schick, sexy und bequem dazu auch noch.So musste es doch wohl sein!Und obwohl ich ganz sicher nichts machen würde, ging ich runter in die Küche wo Nanarias Mutter stand und den Tisch deckte.
„Ach, kommst du doch noch um zu helfen?“, fragte sie lächelnd und wurde natürlich von mir enttäuscht.
„Ich habe meine Meinung dazu nun wirklich nicht geändert. Ich wollte nur ihren Namen wissen“, war meine Erwiderung. Sie seufzte leise und legte eine Gabel zurecht.
„Eustice, aber das wirst du dir eh nicht merken. Geh ruhig wieder in dein Zimmer und lebe dich erst einmal ein. Ich kann ja auch verstehen, wie du dich fühlen musst“, sagte sie mitfühlend und lächelte wieder so warm. Zum kotzen!„Sie haben keine Ahnung!“ Meine Stimme klang eisig kalt und ich ballte wieder die Hände zu Fäusten. Das schien mir allmählich zur Gewohnheit zu werden!
Wieso behandelte die mich so? Hatte ich ihr was getan? Nein, ganz sicher nicht!Knurrend drehte ich mich um und stieß mit diesem Kerl aus dem Bad zusammen, Diego!
„Hey, nicht so stürmisch, Missy!“, lachte er und hielt mich an den Schultern fest.
„Und mach lieber mal deine Äugelein auf. Nicht das du noch sonst wen umrennst“, setzte er noch nach und zwinkerte mir zu.
„Was glaubt ihr eigentlich alle, wer ihr seid? Nichts!“, fauchte ich und rannte die Stufen wieder nach oben.Kaum zum Aushalten hier!
Ich musste mir irgendwas überlegen, um hier raus zu kommen. Nur was? Ich kannte mich hier nicht aus und nach Hause konnte ich ja wohl auch nicht. Aber an den Wasserfall! Da wollte ich nun hin.

Ich wartete solange bis ich hörte, wie Eustice in der Küche laut wurde mit ihrer Arbeit und sonst nichts und niemand im Haus zu hören war.
Wieder kam ich unbemerkt nach draußen und schaffte es ohne mich zu verlaufen zu dem Wasserfall. Wenn ich erst einmal bei einem Ort war, kannte ich den Weg. Auch in der Wildnis. Aber wann musste ich sonst in die Wildnis? Richtig, niemals.Umso mehr freute ich mich, es geschafft zu haben.
Ich sah mich wieder um und sah abermals niemanden hier. Aber baden würde ich jetzt nicht gehen. Das war mir doch gestern ein zu großer Schreck gewesen!So setzte ich mich nun nur ans Ufer und ließ sie Füße im Wasser baumeln. Ich stützte mich mit den Händen etwas hinter mir ab, hob den Kopf, schloss die Augen und ließ die Sonne einfach nur auf mich wirken.
Meistens hatte sie eine tolle beruhigende Wirkung auf mich.
Und es entspannte ungemein, wenn man einfach nur mal abschalten konnte.
Leider bekam ich so langsam doch Hunger. Und ich wusste genau, auch wenn ich keine Ahnung hatte woher dieses Wissen kam, das ich in der Küche nichts bekommen würde. Diese Eustice schien dort ja beheimatet zu sein. Ganz sicher überwachte sie auch alles. Und wenn sie sagte, ich würde nichts bekommen wenn ich nichts dafür tat, dann glaubte ich ihr dies auch sofort.
Das war vollkommen inakzeptabel!
Man konnte einen jungen Menschen, besonders in meinem Alter wo man beständig im Wachstum war, doch nicht einfach so Hungern lassen!Was waren das nur für Leute, die sich daran erfreuten. Ich verstand es natürlich nicht.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 20.04.2013

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /