Cover

Vorwort!!!




Es ist nicht so das ich mich nicht damit abgefunden habe, verschließe nicht die Augen vor der Wahrheit.
Meine Geschichte wird kein Happy End haben, aber das brauch es auch gar nicht zu haben.

Jeder Mensch hat seinen Wert und eine Daseins Berechtigung auf dieser Welt.
Egal was die anderen sagen mögen.
Ich trage diese Maske, aber nicht weil ich es mir ausgesucht habe. Nein, ich bin mit ihr aufgewachsen.
Sie ist ein Teil von mir, wie der Drang funktionieren zu müssen

Ich habe auf so viele Arten versucht mich zu bestrafen, für Taten auf die ich nicht stolz bin.
Hab versucht den Schmerz zu betäuben und zu verleugnen das ich längst am Ende bin.
Heute weiß ich es ist nun einmal so, ich weiß das ich anders bin, ja vielleicht sogar komplett irre.
Ich weiß das ich damals komplett zerbrach. Keine Seele hält es ewig aus.
Und ich weiß das mein Drang für jeden da zu sein, mir ein eigenes Leben unmöglich macht

Ich weiß das der Schmerz nicht enden wird, das ich damit Leben muss und das viele Leute nur diese Maske kennen und gar nicht mich.
Aber es stimmt mich nicht traurig, denn es ist besser für sie!
Niemals zu wissen, was sich für eine Geschichte hinter dieser Maske verbirgt.
Sie würden daran zerbrechen...

Und wofür?

Nur um einmal das Monster hinter der Maske gesehen zu haben?
Nur um einmal in leere Augen sehen zu dürfen?

Lächerlich.

Ich habe nie verstanden was das Leben so kostbar macht, warum es als Geschenk Gottes angegeben wird.
Leben ist nicht nur Friede.
Es kann auch für Leid, Hass, Schmerz und Verzweiflung stehen.

Jeder geht seinen Weg und legt damit unweigerlich seine Zukunft fest.
Für jeden Schritt den wir tun sind wir verantwortlich.
Wir können nicht fliehen vor der Vergangenheit, denn sie wird immer ein Teil von uns sein.

Wir können uns selbst belügen, andere Leute hinters Licht führen, aber das Leben wird weitergehen.
Egal welche Opfer du bringst.

Es ist ein Spiel, an dessen Fäden wir sterben.


Ich sehe durch meine Maske in diese Welt, und heute ist es meine Entscheidung geworden.
Und ich trage diese Maske, weil ich ohne sie nicht funktionieren könnte
Und ich will funktionieren.
Um niemals mehr jemanden wegen mir zerbrechen zu sehen...

Prolog


Darkmoore, 1. März 1417

 

„Dahinten! Fangt die Hexe!“
„Bringt mehr Fackeln. Sie soll brennen wie ihre Familie!“
„Tötet sie!“


Sie rannte immer weiter, immer schneller. Die Verfolger waren direkt hinter, machten keine Pausen und gaben ihr somit erst recht keine. Sie setzten ihr immer wieder nach, wenn sie gerade glaubte, ein einziges Mal richtig Luft holen zu können. Ihre Mienen waren von Hass verzerrt, ihr Verstand schon viel zu sehr verschleiert. Ganz gleich, was man ihnen nun erzählen würde, sie würden kein Wort glauben und eher lachen, dass man den Versuch wagte, sie zu belügen.


„Schneller! Sie entkommt uns sonst noch!“ Die Stimmen wurden lauter, hallten ihn ihren Ohren wie Donnergrollen, gaben ihr die Motivation nicht aufzugeben oder stehen zu bleiben. Rennen, einfach nur weiter rennen, auch wenn die kleinen Lungen schon brannten als würde flüssige Lava hinein fließen und sich seinen Weg durch die Adern fressen. Nicht nach hinten, bloß nicht nach hinten sehen, sagte sie sich immer wieder. Wie ein Mantra formten ihre jungen Lippen die Worte ein ums andere Mal. Der wenige Sauerstoff, wie Nebel in der kalten Nachtluft, kam stoßweise wieder nach draußen, bildete so schnell Wolken und verschwand innerhalb von wenigen Sekunden. Immer schneller schlug ihr Herz, steigerte den Rhythmus unaufhaltsam.


„Nein...“ Ein Flüstern über dunkelrote Lippen gehaucht, verzehrte sie sich nach Rettung. Dieses kleine Kind, kaum älter als zwölf Sommer alt, rannte durch den tiefschwarzen Wald, verfolgt von Hass. Bei dunkler Nacht und Kälte, bei der ein jeder lieber in der Wärme des Hauses blieb, rannte sie um ihr Leben. Die Kälte trieb ihr zusätzlich noch Schmerz in die Glieder, jeder Atemzug tat mehr weh als der davor. Sie versuchte auf den Weg zu achten. Wenn sie jetzt strauchelte oder stolperte, war ihr der Tod sicher.
„Ich muss weiter“, keuchte sie angestrengt. Sie versuchte sich zusammen zu reißen, Ästen auszuweichen und die Wurzeln zu übergehen, den Weg stetig nach Vorne gerichtet, wo hoffentlich die Rettung auf sie warten würde.
Gleich! Gleich hätte sie es geschafft. Sie musste nur aus den Wald heraus und...
Der Weg endete abrupt an der steilen Klippe. Tosende Wellen brachen sich mit ihren Schaumkronen an dem rauen Felsen, schlugen brutal dagegen und machten eine weitere Flucht unmöglich. Nein! Nein, das konnte einfach nicht sein. Sie war den falschen Weg gegangen, hatte einen falschen Pfad eingeschlagen.


„Komm zu mir, kleines Kind der Nacht.“

 

Woher kam diese betörende Stimme, die so beruhigend und verlockend in ihren Kinderohren klang? Suchend schweiften ihre Augen durch das dichte Geäst, fanden jedoch nichts und niemanden. Nur die Lichter in der Ferne waren zu sehen.

 

„Habe keine Angst. Lass dich fallen. Dir wird nichts geschehen.“

 

Da war sie schon wieder! Keine Angst haben? Nichts anderes hatte sie im Moment, was sie ihr eigen nennen konnte. Fallen? Wohin? Wieder schweiften ihre Augen umher, hastig, ängstlich. Egal, was sie jetzt tat, es musste schnell geschehen. Viel Zeit blieb ihr nicht mehr.

„Sie muss bei den Klippen sein!“
„Da kann sie nicht entkommen. Endlich haben wir sie!“
Die Stimmen wurden wieder lauter, doch selbst wenn sie gewollt hätte, ihre Füße trugen sie keinen Meter weiter. All ihre Kraft war verbraucht.
„Wohin soll ich mich fallen lassen?“, rief sie daher panisch, die Stimme rau und heiser von der Anstrengung.

 

„Ins Meer!“

 

 

Diese Stimme war nur ein leiser Hauch, getragen von den brausenden Wellen der unermüdlichen See. Sie sollte ins Meer springen? Von hier oben und bei den Wellen? Das war Wahnsinn! Nie im Leben würde sie das überleben. Selbst wenn sie gegen den Strom ankam, der Wind würde sie in einer Welle gegen die Felswände schleudern. Kein besonders erstrebenswerte Ende...
„Das überlebe ich niemals.“

 

„Vertrau mir! Du wirst leben. Ewig. Nichts wird dich jemals umbringen können. Nichts wird dich brechen. Und niemals wirst du verlieren. Immer wirst du es sein, die als Gewinnerin vorher geht. Komm zu mir, mein kleines Kind. Komm her, ich helfe dir.“

 

Die tanzenden Lichter der Flammen, die tödlich ihr Ende ankündigten, kamen stetig näher. Rufe nach ihrem Tode wurden immer lauter, bedrohlicher. Eigentlich war es ihr nun egal, wie ihr Ende aussehen würde. Zumindest gab diese Stimme vor, sie retten zu wollen. Das war weit mehr als die Männer hinter ihr es taten.
Der erste Mann war schon zu sehen. Sein Gesicht glich einer entstellten Fratze, wie man die den Kindern zeigte zur Abschreckung. „Nimmt euch vor den Moran in Acht. Sie wollen euer Fleisch verspeisen und euer warmes, unschuldiges Blut trinken“, hatte ihre Mutter ihr und der älteren Schwester immer wieder gesagt. Dabei hatte sie so streng geschaut, dass es keinen Zweifel daran gab, wie ernst ihre Mutter es meinte.
„Habe ich dich, kleine verdammte Hexe! Nun kannst du nicht mehr entkommen.“ Das Grinsen, welches in seinem Gesicht stand, wurde von Hass so sehr beherrscht, dass das kleine Mädchen nicht einmal sein Alter einschätzen konnte. Er kam einen weiteren Schritt näher, streckte einen Arm zu ihr aus.
„Hier her! Ich hab sie!“, rief er den anderen zu. Aus jeder Pore wich ihm der Schweiß, ließ ihn wie ein Tier riechen. Nein! Sie wollte nicht sterben. Nicht jetzt. Nicht hier. Und nicht so!
Für jeden Schritt, den er auf sie zukam, ging sie einen zurück, spürte unter ihren nackten Füßen bereits die bröckelnden Steinchen an der steilen Klippe.

 

„Komm endlich!“

 

Die Stimme wurde drängender, blieb dabei aber freundlich und fast schon liebkosend.
Und sie tat es!
Ließ sich nach hinten in die tödlichen Wellen fallen, wurde sogleich von ihnen verschlungen. Die Augen weit aufgerissen vor Entsetzen, ergab sie sich schließlich ihrem Schicksal. Sie dachte an ihre Eltern, ihre Schwester. Dass sie gleich bei ihnen sein würde.
Das letzte, was sie sah, war das Gesicht eines zweiten Mannes, hoch oben bei den Klippen. Seine Augen sahen ihr ganz ruhig zu. Im Gegensatz zu dem ersten Kerl, war dieses Gesicht nicht entstellt, nicht zerfressen. Seine Himmelblauen Augen folgten ihrem Tun ganz ruhig, fast schon gelangweilt. Diese Augen brannten sich in ihren Kopf ein, wurden zu ihren letztem Gedanken.

 

 

Kapitel 1




London, 3. August 2012

Schweißgebadet erwachte Meredith aus diesem fürchterlichen Albtraum, wischte sich über die Augen und versuchte ihre Atmung zu normalisieren. Wieder hatte sie es gesehen, doch warum? Warum sie?
Warum träumte sie von diesem kleinen Mädchen, das so qualvoll sterben musste?
Ihr schmaler Körper begann unkontrolliert zu zittern, eine Gänsehaut hatte sich über ihre Glieder gelegt, Kälte in ihre Organe geschlichen.
Warum, verdammt noch mal, musste sie diese Qualen selbst fühlen?
Hastig schlug sie die leichte Decke beiseite und stieg aus dem Bett. Ihr Spiegelbild im Spiegel des Badschrankes, ließ sie seufzen und sich auf den Rand der großen Badewanne setzen. Wieder wischte sie über die müden Augen und sah in ihre zittrigen Handflächen.
"Was soll das nur?", murmelte sie für sich alleine und seufzte abermals. Nach etlichen Minuten, die sie einfach brauchte, um sich zu sammeln und den Horror beiseite zu schieben, stand sie wieder auf und ging in die kleine, doch gemütliche Küche. Ein Kaffee würde ihr sicherlich helfen.


Meredith O´Neill stand vor dem großen Kühlschrank in der büroeigenen Küche und nahm sich die Milch heraus. Seufzend goss sie ein wenig in die bereitstehende Tasse, fügte noch Zucker und Kaffee selbst hinzu, rührte um und nahm einen kleinen Schluck.
Fluchend stellte sie die Tasse, mit dem noch viel zu heißen Getränk beiseite und beuge sich über die Spüle, um Wasser über ihre verbrannte Zunge fließen zu lassen.
"Na, warst du mal wieder zu schnell?" Die belustigte Stimme ihre Kollegin und besten Freundin, Ann, vernahm sie nur gering, durch das Plätschern des kühlen Nass.
"Hm", brummte sie daher nur und stellte sich wieder gerade hin, den Blick fest auf die schmunzelnde Ann gerichtet.
"Mach doch mal langsamer, Mer. Ich sage es dir jedes Mal, aber du kannst ja einfach nicht hören."
Meredith winkte ab und nahm die Tasse wieder zur Hand.
"Du kannst und wirst es mir sicher auch noch weitere tausende Male sagen und hören lassen, aber es umsetzen oder es verinnerlichen, werde ich dennoch nichts davon. Bei mir ist Hopfen und Malz verloren, wie man so schön sagt."
Ann lachte leise, schüttelte dabei den Kopf, wobei ihre kurzen blonden Haare hin und her schwangen, und nahm sich ebenfalls von dem Koffeingetränk.
"Habe verstanden, Chefin. Ich reiße mich mal zusammen und versuche kein Wort mehr darüber zu verlieren."
"Ich danke dir wirklich. Aber nun sage mal. Hast du schon was geplant?" Meredith sah ihre beste Freundin neugierig an und neigte den Kopf zur Seite, wie sie es immer tat, wenn sie auf eine Antwort wartete, die sie zufrieden stellen würde.
Und Ann enttäuschte sie dabei nur sehr selten. Vielleicht war das auch ein Grund, warum diese beiden unterschiedlichen Frauen so gut miteinander klar kamen.
Meredith, die immer spontan und zumeist sehr unüberlegt handelte, und Ann, die sich wegen alles und jeden den Kopf zerbrach.
"Ja, ich denke wirklich, dass ich DAS gefunden habe. Es wird dir gefallen."
"Nun spann mich nicht so auf die Folter. Erzähl schon!" Die Augen der jungen Frau begannen zu funkeln, als sie ihre Freundin anflehte, ihr endlich zu sagen, wo der gemeinsame Urlaub in diesem Jahr stattfinden sollte.
Ann lachte leise und schnipste an Merediths Nase.
"Nicht so ungeduldig. Ich dachte, dass ich es dieses Jahr mal sehr spannend mache. Ich werde dir lediglich sagen, was du an Klamotten einpacken sollst und mehr nicht!"
Der Mund der Schwarzhaarigen klappte entsetzt auf. Sie war die Neugier in Person und ihre blonde Freundin wollte sie wirklich so sehr auf die Folter spannen? Nein, das konnte nicht wahr sein!
"Sag das noch mal", verlangte Meredith daher etwas atemlos.
"Ich werde dir nicht sagen wohin es geht!" Ann grinste nun zufrieden und trank von ihrem Kaffee, der mittlerweile eine angenehme Temperatur erreicht hatte, sodass man gefahrlos trinken konnte ohne sich gleich die Zunge zu verbrennen.
"ANN!" Meredith machte ein verzweifeltes Gesicht und versuche ein paar Tränen raus zu drücken, was ihr sichtlich nicht gelang.
"Keine Chance, Süße. Es bleibt ein Geheimnis auch wenn du mich noch so sehr anflehst. Von mir erfährst du kein Sterbenswörtchen. Und auch Finn wird dir nichts sagen." Es gefiel Meredith kein Stück, das selbst Finn, ihr beider bester Freund, wusste, wohin die Reise gehen sollte und sie selbst dumm da stand.
Sie versuchte während des ganzen Tages, etwas raus zu bekommen, rief selbst Finn auf seiner Arbeit an, doch auch der Fotograf sagte keinen Ton.
Frustriert gab Meredith es auf, für heute jeden Falls. Morgen war auch noch Zeit dafür und einen von beiden, konnte sie ganz sicher weich bekommen.
Doch da hatte sie sich gründlich getäuscht...
Auch nach drei qualvollen Wochen der Ungewissheit für Meredith, war kein Wort, oder auch nur eine Andeutung, gefallen über das gemeinsame Ziel. Wie konnten die beiden Menschen, die sie so sehr liebte, für die sie sogar ihr Leben geben würde, nur so grausam sein?


Weitere fünf Wochen verstrichen in Ungewissheit, zermürbende Wochen, die Meredith meist schlecht gelaunt verbrachte, doch auch dies nützte ihr herzlichst wenig. Ann und Finn hielten ihren Mund.
Nun saßen sie zu dritt einen gemieteten Wagen und fuhren über die Autobahn. Ein langer Flug lag hinter ihnen, in denen sie Meredith sogar die Augen verbunden hatten, sehr zur Belustigung der Reisegesellschaft.
"Wenn ihr mir nicht endlich diese dumme Augenbinde abnimmt, rede ich kein Wort mehr mit euch!", drohte sie nun wütend. Es reichte ihr endgültig!!
"Schon gut, Süße. Jetzt geht es wohl auch!" Finn öffnete den Knoten und nahm ihr den Stoff von den azurblauen Augen. Sie blinzelte wieder heftig. Schon einmal, im Flugzeug, war sie befreit von diesem Ding, hatte aber nicht erkennen können. Selbst Kopfhörer, wo sie tatsächlich keinen Ton von ihrer Umgebung gehört hatte, musste sie tragen.
Sie rieb über ihre Augen, versuchte die aufgekommene Müdigkeit ab zu schütteln, und sah aus dem kleinen Fenster des Autos.
"Wo sind wir hier?" Meredith sah zu Finn, der neben ihr saß, Ann fuhr.
"In Norwegen", lautete die knappe Antwort des jungen Mannes. Mit seinen braunen Haaren und den grünen Augen, dazu ein markantes Gesicht und einer äußerst tiefen Stimme, war er ein wahrer Frauenschwarm, nutzte dies jedoch nie aus. Natürlich hatte auch er schon eine lange Liste mit Eroberungen, die reichte jedoch nicht an die sogenannten "Playboys" ran.
Zum Glück.
"Norwegen also...Und was genau machen wir hier? Also außer dem Offensichtlichen, wie einen augenscheinlich ziemlich langweiligen Urlaub zu verbringen?"
Also Norwegen hatte nun wirklich noch nie auf ihrer Liste gestanden, von den Orten, die sie unbedingt mal sehen wollte. Es war kein Land, dessen man seine ungeteilte Aufmerksamkeit einfach so schenkte. Nein, man musste es schon von sich aus wollen, was bei Meredith nicht so war.
"Mer...Versuche doch mal etwas neues. Du bist doch sonst immer die Spontane!" Ann sah sie aus dem Rückspiegel an und sah nicht sehr begeistert aus, angesichts Merediths Abfälligkeit.
"Schon, aber auch nur, wenn mir etwas gefällt oder gefallen könnte. Norwegen zählt übrigens zu nicht Gefallens wert!"
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und schnaubte abfällig, wobei ihr Blick an der doch recht schönen Landschaft hängen blieb.
"Sweety, bitte! Mach es uns nicht so schwer. Ich verspreche dir, dass das Haus in dem wir wohnen werden, dir auf jeden Fall gefällt." Finn legte eine Hand auf ihren Oberschenkel und sah sie eindringlich an, wie sie aus dem Augenwinkel sehen konnte.
"Von mir aus! Ich gebe eurem Urlaub eine faire Chance. Aber wenn es langweilig wird, setze ich das nächste Jahr aus und mache irgendwo alleine Urlaub. Vorzugsweise an einen schönen sonnigen und sauberen Strand!"
"So kenne ich dich. Braves Mädchen." Nun tätschelte er ihr sogar noch ihren Kopf, sie zog ihn abrupt weg.
"Hör auf mich wie ein kleines Kind zu behandeln!" Der Braunhaarige hob abwehrend seine Hände und setzte sein charmantes Lächeln auf.

Knappe zwei Stunden später bogen sie von der Autobahn ab und noch etwas später in einen Waldweg hinein.
"Sagt mir jetzt bitte nicht, dass wir eine Hütte im Wald haben!" Meredith sah entsetzt nach draußen, Finn grinste, Ann lachte sogar.
"Doch, Sweety. Und diese Hütte ist einfach der Hammer. Ich habe dir doch mal erzählt, dass ich mit meinen Eltern in Norwegen Urlaub gemacht habe. Nun ja, das war hier!"
Der einzige Mann bei ihnen sah ziemlich stolz auf sich aus und lächelte wieder so charmant, wie es nun mal seine Art war, wenn er ein Mädchen beeindrucken wollte.
Meredith seufzte ergeben. Ändern konnte sie jetzt wohl kaum noch etwas. Sie hoffte nur, dass man ihre Leiche, nachdem sie vor Langeweile gestorben wäre, sehr schnell finden würde, damit nicht nur noch die Hälfte davon übrig wäre.
"Da hinten ist es ja schon!" Er zeigte Begeistert zu einer Lichtung, die man schemenhaft durch die dichten Bäume ausmachen konnte. Selbst dieses wenige, das man durch die Bäume sah, faszinierte Meredith sofort. Es war wirklich ein wunderschönes und sehr ansehnliches Haus. Oder besser gesagt...Villa. Als Haus, konnte man dieses prachtvolle Gebäude wohl kaum bezeichnen.

Kapitel 2




Noch bevor sie ganz aus dem silbernen Mercedes raus war, fühlte sie sich so seltsam beobachtet. Ihre Augen huschten suchend zwischen den Bäumen und das dichte Geäst hindurch, fanden jedoch nichts, was ihr Gefühl erklären würde. Nur das Rauschen der Bäume war zu hören, klang beruhigend und ließ sie an etwas anderes denken, als Augen die sie anstarren.
"Lasst uns die Sachen rein bringen und dann ein wenig die Gegen erkunden!", schlug Ann gut gelaunt vor, hob ihre Tasche aus dem kleinen Kofferraum und ging bereits auf die Haustür zu, die aussah, als hätte man sie schon Jahrzehnte nicht geöffnet. Das war natürlich vollkommen unmöglich, da Finn ja erst vor 6 Jahren hier war.
Doch warum hatte Meredith dann trotzdem das beklemmende Gefühl, das sie mit ihrer Vermutung gar nicht allzu falsch lag?
Schnell schüttelte sie den Gedanken einfach ab und konzentrierte sich auf ihr eigenes Gepäck, das wirklich gut zu einem Aufenthalt im Wald passte, Ann hatte nicht übertrieben.
Die Zimmer Verteilung war kein Problem, da es oben im ersten Stock sieben Schlafzimmer gab, die in etwa gleich groß waren.
Meredith stellte ihre Tasche auf das große Himmelbett, mit den kaiserblauen samtenen Vorhängen. Vom Aussehen her noch ein Aquädukt aus dem Mittelalter, jedoch nicht wenig anziehend oder unansehnlich. Der Rest der Möbel schien aus einer ähnlichen Zeitepoche zu stammen, passte sich jedoch zusammen perfekt ins Bild und ebenfalls zum Haus.
Dann fiel etwas anderes in ihr Augenmerk. Auf dem kleinen, nussbaumfarbenen Nachttisch lag eine alte, ziemlich abgegriffene Bibel, die von einer dicken Staubschicht überdeckt war. Einzig, die in Goldfarbe bezogene Schrift, war deutlich zu sehen, leuchtete regelrecht im Schatten. Die Schwarzhaarige runzelte verwirrt die Stirn und wollte danach fassen, konnte sie jedoch nicht ergreifen.
"LEUTE!", schrie sie panisch und rannte zum Flur. Besorgt waren Finn und Ann zur Stelle.
"Was ist denn?" Finn legte eine Hand auf ihre zitternde Schulter.
"Das müsst ihr euch ansehen. Schnell!" Sie nahm die Hände ihrer Freunde und lief zum Nachttisch, zum leeren und sauberen Nachttisch.
"Und was ist hier nun?" Ann sah sie nun nicht nur besorgt an, eher, als würde sie abschätzen wollen, ob Mer krank werden würde.
Diese drehte sich zu den beiden anderen um, die Augen weit aufgerissen.
"Da lag grad eine Bibel, mit goldener Schrift! Und sie war total verstaubt!"
Finn ging an ihr vorbei und sah sich das Schränkchen von allen Seiten an.
"Ich sehe nichts."
"Ich auch nicht, Mer!" Die Blondine legte eine Hand auf die Stirn ihrer Freundin.
"Nein, Fieber hast du nicht." Halb wütend, halb enttäuscht, schlug Meredith die Hand weg.
"Ich schwöre euch: da lag eine Bibel unter einer dicken Staubschicht!" Als keine Antwort kam, seufzte sie frustriert.
"Ich bin wohl ziemlich überarbeitet..."
"Mach dir nichts draus, Mer. Deswegen sind wir ja hier. Damit wir alle mal entspannen können." Ann lächelte sie aufmunternd an und drückte sie beherzt aufs Bett.
"Ruhe dich etwas aus. Finn und ich fahren schnell zur Stadt, damit wir heute Abend noch etwas zu Essen haben!"
"Ist gut. ich versuche ein wenig zu schlafen."
"Gute Idee. Wir beeilen uns."

Schnell waren die beiden verschwunden, doch Meredith dachte nicht im Traum daran, jetzt zu schlafen, sich einfach so leicht abspeisen zu lassen.
"Ich habe mir das nicht nur eingebildet", murmelte sie leise, stand auf und ging zum Fenster. Augenblicklich hatte sie wieder das Angst einflößende Gefühl, als würde jemand seine Augen genau auf sie richten. Dabei waren die Gardinen zugezogen und die ersten Bäume, die einen möglichen Fremden verdecken würden, zu weit entfernt, als das man sie genau ausmachen könnte hinter den leicht vergilbten Stoff.
Ein eiskalter Schauer lief ihr über den Rücken und ließ sie unangenehm frösteln. Vergeblich versuchte sie ihre Arme warm zu rubbeln.
Wieder huschte dieses Gefühl durch ihren Geist und ließ sie abermals nach draußen schauen, wo sie plötzlich ein paar Augen ausmachen konnte. Doch wie war das möglich? Auf diese Entfernung hin, hätte sie niemals etwas sehen können, geschweige denn, was es genau war.
Ohne weiter darüber nach zu denken, was sich vielleicht für Konsequenzen daraus ergeben mögen oder ob es klug war unbewaffnet nach draußen zu gehen, tat sie genau das!
Meredith hastete nach unten, riss die Tür des Hauses auf, spähte nach draußen und rannte blindlinks in den Wald hinein. Ihr Atem ging stoßweise, wie beim Dauerlauf, und schon bald machten sich Seitenstiche bemerkbar, doch sie hielt nicht an, sah nicht nach hinten.
Wieder und wieder sah sie ein paar Büsche sich bewegen, änderte dahingehend ihre Laufrichtung und war schon längst hoffnungslos verirrt.
Erst als ihr die Puste ausging, blieb sie stehen, stützte ihre Hände auf die wackeligen Knie und bemerkte, dass sich die Dämmerung schon verabschiedet hatte um der tiefen Nacht Platz zu schaffen.
Unruhig sah sie sich um, leichte Panik breitete sich in ihr aus.
"Wie komm ich zurück?" Wirklich schlau, sich selbst das zu fragen, nachdem man sich in diese ernste Lage gebracht hatte.
Die Schwarzhaarige atmete ein paar Mal tief ein und aus, schloss die azurblauen Augen dabei und versuchte ihre wirren Gedanken zu ordnen. Im Geiste ging sie alles durch und konnte plötzlich fast den gesamten Weg sehen, hell, klar und deutlich.
Überrascht öffnete sie ihren Augen wieder und sah hinter sich. Ganz deutlich, als hätte sie ihn markiert, wes etwas ihr die Richtung und sie setzte einen Fuß vor den anderen, wurde stetig schneller, bis sie beim Haus angelangt war, dessen Fenster bereits hell erleuchtet waren und sie ihre beiden Freunde ausmachen konnte.

Ganz normal, als hätte sie sich grade nicht verlaufen, weil sie einer Einbildung gefolgt war, ging sie hinein und wurde sogleich von Ann fest in deren Arme geschlossen, ein paar kleine Schluchzer hörend.
"Wo warst du? Wir haben uns solche Sorgen gemacht! Verdammt, Mer!"
Meredith zuckte leicht zusammen, die Stimme ihrer Freundin überschlug sich fast. Nicht nur beim Ton, auch bei der Lautstärke, konnte man gut und gerne für ein paar Tage taub oder schlimmeres werden.
"Es tut mir leid, Ann. Ich konnte nicht schlafen und wollte ein wenig spazieren, habe mich dann aber etwas verlaufen." Alles musste sie ja nicht wissen, auch wenn es Meredith kein Stück weit behagte sie an zu lügen. Unnötige Sorgen sollte sich ihre Freundin auch nicht machen.
"Das kann auch nur dir passieren. Und dann auch noch das Handy hier lassen", schnaubte die Blondine und seufzte dann frustriert.
"Bitte sage nächstes Mal Bescheid."
"Mach ich, versprochen."
Ann sah sie nun wieder zufrieden an, hakte sich bei ihr unter und zog sie mit in die Küche, aus der ein herrlicher und verführerischer Duft und einen das Wasser im Mund zusammen laufen lassen ließ.
"Hmm..." Meredith streckte ihre Nase in die Höhe und schloss kurz die Augen.
"Finn, du bist mein Held!", rief sie dann feierlich aus und strahlte übers ganze Gesicht.
"Warum? Nur weil ich Lasagne gemacht habe?"
"Jap, genau deswegen. Auf das hatte ich nämlich Appetit!"
"Siehste, Ann. Hab doch gesagt, dass das richtig ist. Aber nein, du wolltest ja eigentlich unbedingt Cabonara haben!" Mit einer wegwerfenden Handbewegung gab er zu verstehen, was er selbst von dieser Idee gehalten hatte, obwohl dieses Gericht auch nicht weniger verlockend gewesen wäre.
"Na und? Es schmeckt halt super!"
"Hey, ganz ruhig ihr zwei. Cabonara machen wir dann einfach Morgen!" Meredith sah beide flehend an und gewann diese kleine Runde, beide nickten und gemeinsam aßen sie. Natürlich blieben die Gespräche nicht auf der Strecke und ab und an, schweiften die beiden Streitköpfe wieder zum Thema der Essenswahl.
Meredith mischte sich darin jedoch nicht mehr ein, es wäre einfach nur pure Verschwendung gewesen, da die beiden sich immer weiter rein steigerten und so schnell nicht damit aufhören würden.
"Leute!", unterbrach sie die beiden dann doch noch.
"Ich gehe schlafen. Lasst den Abwasch ruhig stehen. Den mache ich dann morgen früh." Sie nickten und Meredith stieg die knarrenden Stufen der Treppe herauf. Komisch das ihr, das Geräusch nicht schon früher aufgefallen war, besonders als sie hinunter gerannt war.
Unauffällig ging sie noch einmal hinunter, ohne auch nur das kleinste Geräusch zu verursachen. Ein weiterer eisiger Schauer überfiel ihren schmalen Körper.
So schnell es ihr nur irgend möglich war, verschwand sie in ihrem Zimmer, schlüpfte mit ihren Sachen unter die Decke und rollte sich auf der Seite zusammen, den Rücken zum Fenster gewandt aus Angst, wieder beobachtet zu werden. Keine fünf Minuten später war sie bereits fest eingeschlafen.


"Fangt die Hexe! Ihr Kopf soll rollen!"

"Lasst sie nicht entkommen!"

Wieder rannte sie, immer größere Schritte nehmend, immer hastiger atmend, ohne nach hinten zu sehen, ohne zu wissen, wer oder wie viele es waren.

"Komm zu mir, Kind der Nacht!"



Diese wärmende, angenehm weiche Stimme! Sie rief nach ihr, nach Meredith, sie war es, die nun rannte. Nicht mehr das kleine Mädchen.
Ihr Herz stockte für den Bruchteil einer Sekunde, nur um im nächsten heftiger zu schlagen als je zuvor.

"Befreie mich! Befreie dich!"



Befreien? Wen? Was? Wovor?
So viele Fragen wirbelten durch ihren ohnehin schon wirren Kopf.
Sie musste aufwachen, sich aus dem Bann befreien. War das damit gemeint? Musste sie sich von der Vergangenheit, die doch gar nicht die ihre war, befreien?

"Ja, wach auf! Lebe!"




Meredith schreckte aus diesem viel zu realistischen Traum auf, atmete schwer, war kreidebleich. Schweißperlen liefen über ihre Stirn, Atemmangel ließ sie keuchen.
"Ein Traum! Es war nur ein Traum...ein..." Sie legte eine Hand auf ihr Herz und machte ein paar Übungen um ihr wild schlagendes Herz zu beruhigen.
Sie hatte es geschafft, war rechtzeitig aufgewacht. Doch wer hatte sie gerettet, denn das wurde sie definitiv!
Wieder ruhiger, legte sie sich in die weiche Matratze zurück, starrte an die Decke und versuchte einfach nur zu begreifen, was hier vor sich ging, warum es grade ihr passierte und nicht jemanden anderen.
Warum sie so gezeichnet war...
Es ergab keinen Sinn, egal wie rum sie die einzelnen Teile drehte.

Kapitel 3




Am nächsten Morgen war sie unausgeglichen, da sie keinen weiteren Schlaf bekommen hatte. Nicht dass sie es gewollt hätte. Ein solcher Traum genügte ihr vollkommen.
Schwungvoll landeten ihre Füße auf dem Boden und sie saß im Bett. Kerzengrade, aufmerksam.
Etwas rief sie!
Tief in sich spürte sie den starken Drang, wieder in den Wald zu gehen. Doch sie tat es nicht. Versuchte zu widerstehen, dem Bedürfnis sich zu vergewissern, dass nichts im Wald war. Weder gestern noch jetzt.
"MEEEERRRRRRRRRRR!" Meredith zuckte schreckhaft zusammen, als sie die Stimme von Ann unten aus der Küche hörte. Sie hatte das Gefühl, ihr Trommelfell müsste platzen. Was für ein Organ ihre Freundin doch hatte...
"Komme gleich", rief sie zurück, in einer Lautstärke, die man wohl schon eher als angenehm empfand.
Die Wahl der Kleidung fiel ihr nicht sehr schwer, da es fast alles das Gleiche war. Und auch ihr langes rabenschwarzes Haar, kämmte sie nur einmal durch, ließ es dann sanft über ihre schmalen Schultern fallen.
Innerhalb von nur knappen zehn Minuten befand sie sich bereits in der Küche.
"Guten Morgen, Ann! Ich hoffe du hast besser geschlafen als ich." Sie setzte sich mit einem mürrischen Gesichtsausdruck an den schon fertig gedeckten Tisch.
"Wenn ich dich so ansehe, würde ich behauten, ein Toter hätte besser geschlafen! Das würde ich zumindest bei deiner Aussage sagen wollen. Aber das wäre zu krass." Wie nett sich so aus zu drücken!
"Vielen Dank auch!", erwiderte sie etwas bissig und seufzte gleich darauf. Sah sie wirklich so schrecklich aus oder machte sich Ann nur einen Spaß?
"Himmel nochmal! Was ist denn mit dir passiert?", hörte sie plötzlich Finn neben sich.
Meredith stand abrupt auf.
"Ihr seid echt nette Freunde. Anstatt einfach nur zu sagen, dass ich fertig aussehe! Aber nein, ihr müsst mich ja gleich so darstellen, als sehe ich wie eine Leiche aus!"
Finn hob abwehrend die Hände und legte sie sogleich auf die Schultern der Schwarzhaarigen.
"Mach mal halblang, Sweety. Ich meinte kein Stück das du Scheiße aussiehst oder dergleichen. Aber hast du schon mal in den Spiegel geguckt?"
Was wollte er denn jetzt damit sagen? Hatte sie vielleicht nur nen großen Pickel oder so bekommen?

Sie machte sich von Finn los und stürmte ins untere Badezimmer, ging dann jedoch langsamer zum Spiegel.
Als sie einen vorsichtigen Blick hinein warf, taumelte sie benommen zurück, musste sich an der Wand fest halten, um mich um zu fallen.
Das konnte unmöglich sein!
Nein!!
Das war doch nicht wirklich sie...
Ihre Hände legten sich an das blasse Gesicht, zogen die Konturen nach und zitterten so heftig, das Meredith das Gefühl hatte, sie würden gleich zerbrechen.
Ihre Nase, von einen Unfall eigentlich schräg gewachsen, wies keinerlei Unebenheiten mehr auf, war grade und glatt.
Ihre Augen reflektierten das Licht um ein vielfaches mehr als zuvor, waren auch heller. Dieses Blau strahlte etwas unheimliches aus, wenn sie den Kopf leicht senkte und ihr Gesicht ein wenig von den Haaren verdeckt wurde. Es war als wären es kleine Lämpchen, die bedrohlich in der Dunkelheit hervor stachen.
"Siehst du jetzt, was ich meine? Es ist als hättest du eine mehr als effektive Schönheitskur hinter dir. Und das in nur einen Nacht!" Lautlos, beängstigend leise, war Finn neben sie getreten und starrte durch den Spiegel in ihre Augen.
"Gott Finn! Musst du mich so erschrecken?" Tief ein und aus atmend, legte sie eine Hand auf ihr wild schlagendes Herz und versuchte sich von den Schreck zu erholen. In diesem Moment durchzuckte ein Blitz ihren Körper. Sie drängte sich an ihrem besten Freund vorbei und lief wieder in die Küche, wobei sie peinlichst genau darauf achtete, sich nichts anmerken zu lassen.
Dementsprechend verlief das Essen in einen, mehr oder weniger, unangenehmen Schweigen, was Meredith den Appetit verdarb. Den anderen schien es ebenso zu gehen.
"Ich werde ein wenig an meinem Buch schreiben"; meinte Finn und verschwand aus der Küche.
"Und ich wollte noch mal in die Stadt"." Ann erhob sich ebenfalls und begann den Tisch ab zu räumen.
"Dann werde ich spazieren gehen. Ich will mich ja nicht noch einmal verlaufen", scherzte sie Schwarzhaarige.
Ohne Erfolg.
"Mach das. Wir sehen uns dann später." Ann gab ihr einen Kuss auf die Wange und war dann ebenfalls verschwunden. Meredith machte sich daran, die von ihr gestern selbst auferlegte Aufgabe zu erledigen: der Abwasch.

Im Haus war es still.
Zu still für die ohnehin schon sehr angespannten Nerven von Meredith. Bei dem kleinsten Geräusch zuckte sie fast schon schmerzhaft zusammen und sah sich nach allen Seiten um. Doch jedes Mal war nichts und niemand zu sehen.
Als es mittags wurde, Finn noch immer in seinem Zimmer und Ann noch nicht zurück, war ihr einfach zu langweilig. Seufzend zog sie sich etwas anderes an und ging dann hinaus in den Wald.
Sie schlug ganz wie von selbst, den gleiche Weg wie am Vortag ein. Immer weiter trugen ihre Füße sie in das dichte Geäst, steuerten sie augenscheinlich zu einem bestimmten Punkt.

Meredith setzte ihre Erkundungstour durch den unheimlichen Wald weiter fort. Jedes noch so leise Geräusch erweckte ihre Neugier und so lief sie immer weiter hinein. Langsam wurde es später und später. Die Sonne versank am Firmament und hinterließ dunkle Schatten auf dem Waldboden. Ein kräftiger Wind hatte eingesetzt und trieb ihr ab und zu, Tränen in die blauen Augen.
Und ganz plötzlich kam sie auf einen kleinen Friedhof an. Ein Schauer rann über ihren Körper als sie die vielen Grabsteine sah. Mitten im Wald wirkte es richtig unheimlich.
Langsam, mit einer gehörigen Portion an Angst und Respekt, lief sie zwischen den Steinen hindurch, las sich die Namen und Inschriften durch und bemerkte nicht einmal, dass es nicht in ihrer Sprache war.
Diese Schrift sah aus, wie kleine Schriftzeichen, der Runen ähnlich, worüber sie einst in der Schule einen Vortrag gehalten hatte.
Die meisten Geburtsdaten ließen darauf schließen, dass es sich um Kinder und, wie man heute sagen würde, Teenies handelte. Die meisten waren kaum älter als zwölf, oder dreizehn.
In welch einer Welt hatten diese Kinder leben müssen, um sich schon so früh von der Welt zu verabschieden?
War denn so etwas gerecht? Nein! Auf keinen Fall...
So tief in ihren Gedanken versunken, mit den tiefen Schmerz über die Verluste, obwohl sie niemanden davon kannte, bemerkte Meredith nicht, das sie nicht mehr alleine war.


Auf leisen samtenen Pfoten, schlich er sich weiter an sie heran, beobachtete jede ihrer Bewegungen, war komplett angespannt. Was machte sie hier? Und wer war sie?
So viele Fragen gingen durch seinen Kopf, während sie weiter vor sich hin zu träumen schien. Von ihr wehte ein merkwürdig vertrauter Duft zu ihm, kitzelte seine empfindliche Nase.
Sie drehte sich ein Stück, nicht weit genug um ihn sehen zu können.
Selbst ging er noch dichter zu ihr, berührte sie nun fast und wurde von ihrem Geruch mitgerissen. Eine Energie ging von ihr aus, die seiner sehr ähnlich und doch so grundverschieden war.
Wieder drehte sie sich ein Stück und hätte er seine Menschengestalt, hätte er jetzt die Luft angehalten, nur um sie noch einen Augenblick, einen Wimpernschlag, länger betrachten zu können.
Eigentlich rechnete er nun mit einen Schrei, vielleicht spitz, vielleicht nur ängstlich, doch das sie nichts tat und stumm in seine gelb leuchtenden Augen sah, irritierte ihn zu sehr, als das er es hätte weiter beschreiben können.
Minuten verstrichen...endlos erscheinende, stille Minuten, in denen die Geräusche, die Gerüche, einfach alles, verstummt zu sein schien.
Ihre Blicke waren ineinander verknotet, wollten sich nicht lösen, bis...

Ruckartig wich sie zurück, vor dem Tier, mit den unfassbar leuchtenden Augen. Die Schnauze ragte mit der schwarzen Nase hervor. Er musterte sie!
Die Ohren waren lauernd aufgerichtet, zuckten bei ihrer Bewegung nur ganz leicht.
Doch weiter machte er keine Anstalten sich zu rühren.
Meredith war sich so sicher, dass er ihr nichts tun würde, wie bei noch keiner Sache in ihren jungen Leben.
Er sah sie nur unverwandt an, wie sie es selbst bei ihm tat. Ihm? Woher wollte sie wissen, dass es keine Wölfin war? Warum war sie sich so scher, das er ihr nichts tun würde?
Es war so wenig klug, hier stehen zu bleiben, wie wenn man auf den Gleisen stand und ein Zug kam. Oder wenn das Haus brannte und man einfach still sitzen bleiben, vielleicht sogar noch die Flammen, beobachten würde.
Feuer...
Warum dachte sie plötzlich an Feuer? Und warum, verdammt nochmal, hatte sie den Geruch von Qualm in der Nase?
Plötzlich war der Wolf, dieses wunderschöne Tier, wie vergessen.
Wie eine Wilde, rannte sie durch Bäume hindurch, störte sich nicht an Büschen, die ihre Beine zerkratzten. Sie hatte nur ein Ziel!
Das Haus!!

Schwer atmend, mit zittrigen Knien und wild pochenden Herzen, kam sie an dem alten Gebäude an. Nichts!
Kein Rauch, kein Qualm, kein Feuer...
Meredith rannte zur Tür, riss sie ruckartig auf, taumelte leicht und atmete erleichtert aus. Auch hier war nichts und der Geruch war vollkommen verschwunden, doch nicht dieses schreckliche Gefühl, das bald etwas Furchtbares passieren würde. Oder war es schon geschehen?
Die Vergangenheit! Ihre Träume! Das war eine gute Verbindung.
In der Tür stehend, sich schon im Haus befindend, drehte sie sich noch einmal zur Nacht herum.
Die Augen starrten sie an. Selbst auf diese Entfernung hin, konnte sie es erkennen, was ihr Blut noch schneller brodeln ließ.

Kapitel 4




Verängstigt huschte sie in ihr Zimmer, verscheuchte alle Gedanken und legte sich so angezogen wie sie war, ins Bett hinein.
So viel beschäftigte sie, hielt sie noch eine Weile wach.
Erst dieses ständige Gefühl beobachtet zu werden, obwohl sie sich so sicher war, das niemand sie anstarrte...Zumindest war sie bis vorhin dieser Meinung gewesen. Nun war sie verwirrt. Verwirrt und gleichzeitig so merkwürdig beruhigt. Dieses Tier, dieser Wolf, kam ihr bekannt vor. Als würde sie ihn schon lange kennen, was nicht möglich sein konnte. Wäre sie schon einmal, einen Wolf begegnet, hätte es sich definitiv in ihr Gedächtnis geprägt.
Dann war da noch die verstaubte Bibel, von der sie sich ebenfalls unweigerlich sicher war, sie wirklich gesehen zu haben.
Doch anfassen, konnte sie das Buch nicht. Und auch keiner der beiden Freunde, hatte sie überhaupt sehen können.
Zu guter Letzt gab es dann noch, dass sie den Weg wusste, ohne in tatsächlich zu kennen. Das konnte nicht nur einfach Instinkt gewesen sein.
Es vergingen Stunden bevor sie es schaffte, die Augen geschlossen zu halten und ins Traumland zu gleiten.
Und wieder sah sie Bilder...


Die kleine Hütte war nur vom Schein des Feuers erleuchtet, hell genug, das man gemütlich beieinander sitzen und sich unterhalten konnten.
Das kleine Mädchen, nicht älter als zwölf Jahre, saß bei ihrer geliebten Mutter auf den Schoß und ließ sich das lange schwarze Haar bändigen, während sie eine Geschichte erzählt bekam. Ihr Vater saß am einzigen Tisch in der kleinen Behausung und schnitzte seine Pfeile für die Jagd.
Alles war harmonisch und wirklich so friedlich.
"Mama, warum mag man keine Hexen. Die tun doch nichts Böses." Die kleine Kinderstimme wirkte seltsam ernst und wachsam.
"Weil man sich vor allem fürchtet, was man nicht erklären kann."
"Aber ich kann es doch erklären. Wir können Dinge bewirken. Gute wie schlechte."
Die Mutter, mit ihrem ebenfalls rabenschwarzen Haar, strich ihrer Tochter liebevoll über die leicht gewellten Haare.
"Genau vor den schlechten haben die Menschen Angst, mein Schatz."
"Dann sind sie dumm. Wissen sie denn nicht, dass wir gute Hexen sind?"
"Woher sollten sie es wissen? Sie fragen nicht, handeln nur."
Das kleine Mädchen drehte sich ein Stück herum, eine Hälfte des Gesichts im Schein des Feuers hell erleuchtet, das andere dem dunklen Schatten zugewandt.
"Dann muss man es ihnen sagen! Auch wenn sie nicht danach gefragt haben."
"So einfach ist das nicht, Meredith. Wenn du sagen würdest, du seist eine Hexe, würdest du sofort getötet werden. Du darfst also niemals jemanden sagen, was du bist!"
Das Mädchen schluckte hart und drehte sich wieder ab.
"Ich verstehe."
Damit schwieg sie und hing ihren Gedanken nach.
In der plötzlichen Stille, die daraus entstand und nur wann und dann kurz von den Schnitzgeräuschen unterbrochen wurde, hallte eine Stimme wieder.

"Hexen!"

Die Leute in der kleinen Hütte, zuckten zusammen und sahen sich panisch an.
"Meredith, hast du schon etwas gesagt?", fragte die Mutter unvermittelt. Das Mädchen schüttelte den Kopf, ihre Schwester, die endlich aus einer Ecke kam, nickte jedoch.
"Ich war es, Mutter. Ich hatte es Leid, das wir unsere Stärke verstecken müssen. Das wir verleugnen müssen, was wir sind...wer wir sind!"
Die hübsche siebzehnjährige mit den elfenblonden Haaren und der zierlichen Figur, sah ihre Mutter ernst in die dunklen Augen.
"Gwen, was hast du nur getan?" Sie packe Meredith an den Schultern.
"Versteck dich hinter der Hütte im Wald und komme nicht hervor, bis einer von uns dich holt."
Das kleine Mädchen erschauderte, nickte und schlich aus einem kleinen Loch heraus in die finsterte Nacht.
Sie hatte den Wald erreicht, als die Schreie ihrer Familie sie stehen blieben und sich umdrehen ließen.
Die kleine Hütte, aus Holz und Stroh, stand in Flammen, die alles verschlangen.
Immer wieder erklang ein weiterer Schrei, verzweifelt und gequält.
Dem Mädchen stockte das Herz!
Ihr erster Reflex war es, zurück zu rennen, zu versuchen, ihre geliebten Eltern und die Schwester zu retten. Doch die Worte ihrer Mutter, ließen sie sich abwenden und in den tiefen schwarzen Wald rennen, von panischen Schrecken gepackt.


Wieder wachte Meredith schweiß gebadet auf und ihr Atem stockte. Das Herz klopfte ungebärdig schnell.
Noch nie hatte sie etwas vor der Jagd gesehen. Und noch nie hatte sie den Namen des kleinen Mädchens erfahren.
Warum hatte sie plötzlich einen anderen Traum, der doch mit ihrem zusammen hing?
Selbst jetzt, nach ein paar Minuten im wachen Zustand, hörte sie die Schreie in ihren eigenen Ohren, spürte die Qual dieser Leute nur zu deutlich.

"Meredith!"



Verschreckt, zuckte sie gewaltig zusammen.
Von Panik bestimmt, suchten ihre blauen Augen das Zimmer ab, blieben schließlich an der offenen Tür hängen und weiteten sich kaum merklich. Etwas stand dort. Nein. Jemand stand dort.
"Wer bist du?", wollte sie flüsternd wissen und zog die Beine, so eng es ging, an den Körper.
War es wieder nur eine Einbildung, die sie hier heim suchte? Oder schlief sie womöglich noch immer, ohne es zu wissen oder zu realisieren.

"Komm mit mir..."



Meredith schüttelte den Kopf, ihr rabenschwarzes Haar rutschte halb vor ihr Gesicht, die Augen waren wachsam auf die Gestalt gerichtet. Sie bewegte sich nicht, gab kein weiteres Geräusch.
"Wohin? Und wieso?", fragte sie wieder, nicht daran glaubend, eine Antwort zu erhalten. Und so war es auch.

"Komm mit..."



Die Gestalt entfernte sich und verschwand kurz darauf vollkommen aus ihrem Blickfeld.
Mit Angst im Kopf, stand sie zitternd auf und schlich zur Tür. Vorsichtig spähte sie hinaus, sah den Schatten noch zur Treppe hinauf eilen.
Genauso flink, tapste sie leise hinterher, damit Finn und Ann nicht wach werden würden.
Immer wieder hörte sie ihren Namen und das sie kommen solle. Sie folgte einfach nur, Angst schnürte ihre Kehle zu und ließ sie leicht frösteln. Mit den Händen strich sie über ihre bloßen Arme, versuchte diese eisige Kälte zu verwischen, oder Hitze entstehen zu lassen.

"Nach oben!"



Abrupt blieb Meredith stehen und sah hinauf, wo man eine kleine Tür entdecken konnte, wie es früher so üblich war, wenn man einen Dachboden hatte.
Um an die Schnur zu kommen, musste die Schwarzhaarige ein paar Mal hoch springen und danach langen.
Nachdem sie endlich geschafft, die Schnur fest in ihren Händen hatte, zog sie so fest sie konnte daran.
Erst tat sich rein nichts, ließ sie frustriert seufzen, doch dann knackte es verdächtig, und ihr kam die Tür, mit samt der der Rolleiter, entgegen. Sie wich einen Schritt zurück und lauschte.
Waren ihre Freunde wach geworden von dem unvermeidlichen Lärm?
Nein, es war noch immer still im unteren Stockwerk.

"Komm!"



Langsam begann es Meredith schon zu nerven, ihre Angst war wie weg gefegt, die Gänsehaut vollkommen verschwunden.
Behutsam stieg sie die schmalen, alten Stufen hinauf und musste den Würgereiz unterdrücken, da die stickige, modrige Luft ihr den Sauerstoff zum Atmen raubte.
Der Raum war Stockdunkel, dennoch konnte Meredith alles sehen, als wäre ein Licht an. Verwundert nahm sie die spärliche Ausstattung in Augenschein, fuhr mit zittrigen Fingern über einige Möbelstücke entlang.
"Was soll ich hier?", murmelte sie zu sich selbst und wurde von einem Punkt in der hintersten Ecke, wie magisch angezogen.
Langsam, fast schon andächtig, schritt sie drauf zu, hielt den Atem an und streckte eine der zittrigen Hand in diese Ecke, gespannt was dort sein möge.
Sie befürchtete, einer Ratte oder Spinne zu begegnen, mit denen sie so gar nicht auskam, doch ihre Finger berührten zaghaft etwas Hartes, Festes.
Auch ihre zweite Hand verschwand in der kleinen Nische. Schnell war sie sich sicher, dass ihre Finger an einen Buch lagen, mit einer Inschrift, die sich derb abhob.
Vorsichtig holte sie es heraus, wischte den Staub weg und las den Titel laut vor.


"Su...Mo...Dre!"



Kapitel 5




Weit entfernt, auf der anderen Seite des Erdballs in einer zweiten Welt, fegte ein heftiger Wind durch die dunklen Katakomben des alten Gemäuers. Der kleine Zwerg Tibur schreckte hoch aus seinen kleinen Tagtraum, hielt sich das Gesicht fest und schlotterte am ganzen Körper. Seine braunen Augen blickten sich angstvoll um, suchten den Unruhestifter.
Auch die anderen Wesen, welche sich hier zuhause fühlten und es sich in den vielen verwinkelten Ecken des Schlosses, gemütlich gemacht hatten, gerieten in wilden Aufruhr und rannten panisch durch die Gänge.
Tibur stürmte zu einen Loch, was ihm als kleines Fenster diente und spähte in die kalte Nacht. Der Schnee glitzerte verlockend schön, doch das gefiel dem Zwerg ganz und gar nicht.
Schnee gab es hier nicht!
Ebenso, wie diese weiße Pracht niemals so schnell die Erde hätte bedecken können, oder so lautlos umhergehen konnte.
Etwas musste geschehen sein. Etwas, das sich auch auf dieses Reich aus zu dehnen schien.
Eigentlich konnte es dafür nur eine einzige Erklärung geben: eine mächtige Hexe hatte das schwarze Buch gefunden!
Ihm stockte das kleine Herz, als er daran dachte, was alles geschehen könnte.
So schnell wie ihn seine kleinen Füße tragen konnten, rannte er die Stufen der alten Treppe hinauf, um zum Turm zu gelangen. Seine Faust schlug kräftig gegen die einzige Tür, die man hier finden konnte, seine Stimme überschlug sich fast.
"Herr!!!"
Mit wild pochenden Herzen und tiefer Panik darin, hielt er den Atem an und wartete geduldig. Was anderes blieb ihm auch nicht übrig, wollte er sich wirklich Gehör verschaffen.
Ein lautes Knarren war zu hören, als die Tür endlich einen Spaltbreit aufging und der mächtige Herr über diese Welt, sich zeigte.
"Was gibt es, Tibur?"
"Seht nach draußen. Wir befinden uns im tiefsten Winter!" Der Zwerg zitterte noch immer und stärker, da das Gesicht seines Herrn sich mit jedem Wort verfinsterte.
"Berufe alle ein! So schnell es geht!"
"Jawohl."
Flink rannte er wieder nach unten und tat was ihm befohlen wurde. Seine Gedanken fuhren Achterbahn, als er an die ganzen Konsequenzen dachte, die dieses Buch mit sich brachte. All das Leid, die Kämpfe.
Schon einmal war dieses Buch der Beginn einer langen, dunklen Zeit gewesen, weshalb es gut verstaut in der Menschenwelt gebannt wurde.
Doch wer hätte ahnen können, dass es dort wieder eine so mächtige hexe geben würde, die es berühren konnte. Womöglich hatte sie es bereits auch aufgeschlagen...
Seine Schritte beschleunigten sich, sein Atem ging stoßweise.


Vriel stand an einen der hohen Fenstern des dunklen Raumes, starrte nach draußen in die noch finstere Nacht und hielt ein offenes Buch über die dunklen Künste in den Händen. Seine verschlossene Miene sah zum Himmel hinauf, zum Mond. Die milchige Farbe zog ihn magisch an, ohne dass er es beschreiben konnte.
Ein Bild versuchte sich in seine Gedanken zu schieben, ihn zu zwingen, sich daran zu erinnern. .
Die rabenschwarze Nacht zog sich immer weiter dahin und so langsam kraute schon der Morgen am weiten Firmament.
Mit einem leisen Knurren wandte er sich wieder dem Raum zu. Vor ihm stand ein großer, runder Tisch, an dem zehn Dämonen, die Oberhäupter der Stämme, saßen und auf eine Entscheidung von ihm warteten. Wie er das verachtete. Nie hatte er seine Ruhe, seitdem er die Nachfolge seines Vaters, Raphael, angetreten hatte.
Geschmeidig wie eine Raubkatze setzte er sich hin und sah zu den anderen am Tisch.
"Vriel! Wir müssen eine Entscheidung treffen.“, wurde er sogleich von Castan, einen grauhaarigen alten Dämon auf gefordert. Castan war einer der Wenigen, die es wagten, ihn unaufgefordert an zu sprechen. Tibur stand neben ihm und beobachtete seinen Meister argwöhnisch. Ihm entging nicht, dass er wieder in Gedanken geweilt hatte. Leider wusste er nicht, welche Gedanken es genau waren. So sehr es ihn auch interessierte, sein Leben war ihm wertvoller als die Erinnerungen von dem mächtigen Dämon.
Der Wolfsdämon verzog genervt das Gesicht.
„Das müssen nicht wir, sondern ich.“, war seine kalte Stimme zu hören. Ein paar der Anwesenden holten erschrocken Luft, lehnten sich im Sitz zurück oder spielten mit ihren Gewändern. Anscheinend hatte ihr Herrscher wieder einmal schlechte Laune. Das hieß ihn auf keinen Fall zu reizen, auch wenn es bedeutete womöglich noch ein paar Stunden hier zu sitzen und zu warten. Darauf das er sich dazu herab ließ, zu antworten.
„Natürlich Vriel, Herr. Wir wollten euch auch in keinster Weise drängen…es ist nur so, das…“ Vriel hatte sein Gesicht wieder abgedreht und der blauhaarige Wasserdämon verstummte automatisch, da er die Gefahr kannte, wenn man den Wolfsdämon zu sehr in die Enge trieb.
Mit dem Herrn war nie zu spaßen, schon gar nicht, wenn etwas ihn nervte.


Minuten verstrichen in denen nur der Klang der Nachttiere zu hören war, die in ihrem festen Schlaf gestört wurden waren. Draußen zog dichter Nebel auf und verschleierte die klare weiße Landschaft. Vriel dachte über die ganze Situation nach. Er wusste genau, dass eine Entscheidung getroffen werden musste.
Nachdem er einen Entschluss gefasst hatte drehte er sich zu den wartenden Ratsmitgliedern um. Seine kalten Augen ruhten auf der Mitte des Tisches, während er sprach.
„Stellt eine kleine Gruppe zusammen. Sie sollen Erkundungen einholen.“
Ein Muskel an seiner Wange zuckte, als er die fragenden Blicke der anderen sah.
„Was?“ Eisige Kälte breitete sich aus.
„Nach was sollen denn genau Erkundigungen eingeholt werden?“, traute nur der Blauhaarige zu fragen. Alle anderen schienen in ihren Sitzen zu schrumpfen oder die Luft an zu halten.
„Wer es hat!“, war das einzige was der mächtige Herrscher von sich gab.
Solange er denken konnte, gab er nur solch einsilbige Antworten von sich und es war ihm egal, was andere darüber denken mochten.
„Okay, wie ihr wünscht. Sollen Kyra und Fero die Truppen anführen?“, hörte er dann Tibur fragen.
Diesmal nickte er nur.
Die beiden waren am besten dafür geeignet, auch wenn sie im Vergleich zu ihm noch sehr jung waren, hatten sie eine erstaunliche Kraft und Ausstrahlung. Ganz zu schweigen von ihrer mehr als kalten Art.
Unschlüssig, was nun noch zu klären war, sahen sich die Ratsmitglieder an. Einer nach den anderen ließ den Blick zu Vriel gleiten.
„Ist noch etwas?“, fragte er etwas ungehalten. Zucken und Keuchen war zu bemerken.
„Wir wollten gerne noch wissen, was ihr wegen des Problems gedenkt zu tun."
Fragend hob ihr Herr eine Augenbraue.
War ihm etwa schon wieder eine Sache entgangen? Er war in letzter Zeit ziemlich oft unaufmerksam, was solche Nichtigkeiten anbelangte.
Der Blauhaarige versuchte ihn nicht genau anzusehen, und doch sprach er ernst weiter.
"Uns ist natürlich klar, dass wir nicht viel machen können, solange wir die Hexe nicht haben, aber dennoch sollten wir bestimmte Maßnahmen ergreifen."
"Tut was ihr für richtig haltet!"
Er stand auf lief langsam auf die große Tür des Raumes zu und trat lautlos hinaus.

Seine Gedanken waren ununterbrochen nur auf diese Sache konzentriert. Das Buch musste so schnell wie möglich gefunden und endgültig zerstört werden. Nur so war gewährleistet, dass es niemals wieder Schaden anrichten könnte.


Zephyr stand am Rand des Waldes, gut zwischen den tiefen Ästen und den hohen Büschen verborgen, konnte er das Haus beobachten. Seine gelben Augen leuchteten in der Dunkelheit verstärkt.
Auch er hatte es gespürt, diese alles verschlingende Macht und die zerstörerische Natur dieser gefürchteten Macht.
Also hatte er sich nicht getäuscht. Sie war eine Hexe. Eigentlich hätte es ihm schon in dem Moment klar sein müssen, als sie ihn nur gebannt angesehen hatte, nicht aber vor Angst geflohen war.
Hexen waren bekanntermaßen mit der Natur, also auch den Tieren, verbunden. Das galt auch dann, wenn ein Dämon, die Gestalt eines anderen Lebewesens annahm.
Seine empfindliche Nase nahm den schwach süßlichen Geruch von Blut auf. Er drehte den Kopf ein wenig. Nein, es musste aus dem Haus kommen. Wahrscheinlich von dem Buch selbst...Immerhin hatte es viele Opfer erfordert, dieses Schriftstück in die Welt der einfachen Menschen zu bringen.
Auch er war dabei gewesen und hatte unzählige seiner Art auf qualvolle Weise sterben sehen, selbst war er davon verschont geblieben, da er lediglich als Aufpasser gedient hatte.
Doch das half ihm nun auch nicht. Er musste das Mädchen aufhalten, egal zu welchem Preis. Und das dieser Preis sehr hoch wäre, daran hegte er keinerlei Zweifel.
Nicht tief in seinem Herzen.

Kapitel 6




Meredith zuckte leicht zusammen, als ihre Finger den Drachen auf dem Buch berührten, der sich wie die Schrift, vom Rest abhob.
Er war eisig kalt und schien sich zu bewegen.
"Nein, unmöglich", murmelte die Schwarzhaarige leise und ließ erneut die Finger darüber streifen. Abermals glaubte sie, dass er sich bewegen würde
Beinahe hätte sie das Buch einfach weggeschleudert, wäre wieder in ihr Zimmer gegangen und hätte darauf gewartet endlich auf zu wachen, doch etwas hielt sie davon ab.
Der Name hörte sich nicht wirklich spannend oder gar interessant an, jedoch fühlte sie, konnte es fast greifen, dass dieses Buch ihr Antworten geben könnte.
Auf die vielen Fragen, die sie seit jeher hatte.
Fragen zu ihren Träumen, zu den Dingen in ihrem Leben, die keinesfalls normal waren, und die sie so beängstigend fand.
Blitzartig zuckte das Bild des Wolfes vor ihrem inneren Auge vorbei und sie hielt den Atem an.
Schnell drehte sie sich herum und sah einen jungen Mann im Türrahmen stehen. Sein Gesicht war zur Hälfte im Schatten verborgen. Die andere Hälfte wies einen leichten Lichtstrahl von der Luke auf. Über seinem linken Auge zog sich eine feine Linie, eine kleine Narbe, die ihn unglaublich verwegen aussehen ließ.
Er hatte ein markantes und ziemlich gut aussehendes Gesicht.
Sein schwarzes Haar war etwas länger und verdeckte das offensichtlich verletzte Augen zum Teil. In deren Farbe verlor sie sich ganz. Es war dasselbe gelb wie bei dem gefährlichen Tier im Wald. Genau das gleiche gelb, wie der Wolf es hatte. Und die Narbe...ebenfalls wie beim Wolf!
Doch darüber würde sie später nachdenken. Immerhin glaubte sie ihn sich nur ein zu bilden.
Jemand hatte Licht im Haus angemacht, was sie nicht einmal bemerkt hatte.
"Mer!", hörte sie plötzlich Ann rufen, die Stimme vor Besorgnis fast kreischend.
"Oh nein, Ann..." Hastig legte Meredith das Buch in die Nische zurück und rannte zur Luke. Der junge Mann wich nicht zurück und sie...prallte gegen ihn!
Er war keine Einbildung, er war real.
Noch bevor sie einen Schrei ausstoßen konnte, drehte er sie mit den Rücken zu sich und hielt ihr eine Hand vor den Mund. Sie wehrte sich, wurde aber schlagartig ruhig.
Sein warmer Atem streifte über ihre bloße Haut beim Ohr und am Hals.
"Ich werde dir nichts tun, versprochen", flüsterte er mit seiner rauen, unglaublich heißen Stimme.
Seine kräftigen Arme lagen um ihren Körper und sie spürte die Muskeln an seinem Bauch, durch den leichten Stoff ihres Shirts. Er wiederum hatte nichts außer einer Hose an, was ihren Herzschlag noch zusätzliche erhöhte. Ihr wurde immer wärmer und ihr Atem geriet ins Stocken. Hitze strömte durch ihren ganzen Körper, ließ ihre Knie weich werden.
"Wirst du still bleiben, wenn ich die Hand wegnehme?" Wieder spürte sie seinen Atem und erschauderte heftig. Sie nickte leicht.
Und schon nahm er die Hand weg und drehte sie mit dem Gesicht zu sich. Ihr erster Impuls war es doch los zu schreien. Nur ein Blick aus seinen faszinierenden Augen, ließ sie es nicht tun, ihn einfach nur anstarren.
"Wo ist das Buch?", fragte er dann unvermittelt. Welches Buch meinte er? Das was sie grade gefunden hatte?
Als hätte er ihre Gedanken gelesen oder sich einfach nur vorstellen können was sie dachte, nickte er.
Mit zittrigen Fingern, wies sie auf die kleine dunkle Ecke und sah im nächsten Moment, wie er dorthin ging.
Renn weg, schrie eine leise Stimme in ihrem Kopf.
Meredith blieb jedoch einfach stehen und verscheuchte diesen Gedanken vehement. Sie wusste einfach, dass er ihr wirklich nichts tun würde, so wie er gesagt hatte.
Ihre Augen folgten jede seiner geschmeidigen Bewegungen, blieben einfach an ihm hängen.
"MEEEERRR!" Ann! Die hatte sie ganz vergessen.
Sie blickte kurz zur Luke und wieder zu dem Fremden. Ann würde sicher auch bald hoch kommen. Das musste Meredith verhindern.
"Ich muss kurz runter, meine Freundin macht sich Sorgen und sucht mich. Aber ich komme wieder hoch. Bleib solange hier!", rief sie dem Fremden zu und verschwand auch schon vom Dachboden.

"Warte!", rief Zephyre ihr noch nach, doch sie hatte die Luke bereits geschlossen. Fassungslos sah er zu der kleinen Ritze, wo noch immer Licht hindurch drang.
Das hatte sie doch jetzt nicht tatsächlich getan? Wie konnte sie so unvernünftig sein?
Er war ein Fremder, sie musste Angst haben! Er könnte ja sonst was sein...
Zephyre schüttelte den Kopf und seufzte schwer. Dieses Mädchen konnte keine so mächtige Hexe sein, doch sie hatte den Namen des Buches laut ausgesprochen und das Siegel damit halb gelöst.
Wieder schüttelte er den Kopf. Es würde ihm jetzt auch nichts bringen über sie nach zu denken, erst musste das Buch weg geschafft werden.
Er näherte sich der Ecke, die sie ihm gezeigt hatte und wo er sich sicher war, das sie nicht log. Obwohl er mindestens noch einen Meter davon entfernt war, spürte er diese zerstörerische Macht und zuckte leicht zusammen.
Noch einen Schritt ging er näher, sehr langsam, sehr vorsichtig. Er hing nämlich sehr an seinem Leben, auch wenn es meist sehr anstrengend oder einsam war.
Das Buch begann zu leuchten, es erkannte ihn.
Oh ja, sie kannten sich nur zu gut...Damals wie heute. Nur das er in den letzten fünfhundert Jahren um einiges stärker geworden war. Aber auch dies, konnte das Buch fühlen.
Zephyre hörte wie sich sein eigener Atem mit dem des Werkes vermischte.
Es atmete wieder!
Lange, sehr lange, hatte es dies nicht mehr getan, hatte tief geschlafen unter dem Bann, den sein eigener Vater darauf gelegt hatte und der ihm das Leben gekostet hatte. Aber es war zum Wohle aller gewesen was Zephyre dennoch nicht milder stimmte.
Nun stand er direkt dafür, das Herz ganz ruhig, die Atmung normal. Zu genau wusste er was ihn erwarten könnte, erwarten würde! Er hatte keine Angst, keine Zweifel.
Seine rechte Hand streckte sich danach aus, geschmeidig, wie alles was er tat, vorsichtig, wie er es gelernt hatte. Die schlanken Finger stießen auf den harten Deckel des Buches, strichen achtsam über die Inschrift. In der nächsten Sekunde durchzuckte ein Blitz seinen hoch gewachsenen Körper und er nahm die Hand zurück.
So ein Mist!
Das Buch hatte sich bereits mit diesem Mädchen verbunden...Das war äußerst schlecht, mehr als schlecht. Es könnte große Gefahr bedeuten.
Das einzige was er nun noch tun konnte, um schlimmeres zu verhindern, war sie das Buch niemals aufschlagen, geschweige denn lesen zu lassen. Dafür würde er alles tun!
Ein leises Knarren, ließ ihn herum fahren.
Sie stand tatsächlich wieder da...Wie leichtsinnig.

Meredith hatte Ann schließlich nur beruhigen können, indem sie ihr erklärte, nicht hatte schlafen zu können. Ihre Freundin hatte es ihr sofort geglaubt, auch wenn Meredith nicht ganz wohl dabei gewesen war, die Blondine anlügen zu müssen.
Doch noch wusste sie nichts über diesen Kerl da oben und ihr war es lieber, wenn sich das schnell ändern würde. Von ihm ging etwas aus, was ihre Knie weich werden ließ. Sei es durch Angst oder, was um einiges schlimmer wäre, durch heißes Verlangen!
Nun war sie wieder oben, sah ihm tief in die Augen und konnte sich nicht erklären, warum sie wieder hier war oder warum sie nicht Ann und Finn gepackt hatte um zu fliehen.
"Wer sind Sie?" Ihre Stimme zittrig, belegt. Dabei war sie alles im Kopf durch gegangen, während sie mit Ann diskutiert hatte. Nun war jedoch ihr Kopf wie leer gefegt...
"Das brauchst du nicht zu wissen!" Wieder diese raue, verführerische Stimme.
"Im Moment gehört das Haus sozusagen uns! Also werde ich ja wohl wissen wollen, wer hier einfach einbricht!", erwiderte sie nun schon etwas gefasster.
Nur nicht über ihn nachdenken, schwor sie sich im Kopf, was reichlich wenig brachte.
"Wäre ich eingebrochen, hättest du es wohl gehört."
Da hatte er ja schon irgendwie Recht, doch sie ließ sich davon weder beirren noch einschüchtern.
"Ach, dann hat einer von uns dreien Sie also eingeladen?", fragte sie argwöhnisch und stemmte eine Hand in die Hüfte.
"Wenn dem nicht so ist, SIND Sie eingebrochen."
Es war merkwürdig mit ihm zu reden, als wäre es normal, das Nachts ganz plötzlich, ein umwerfend gut aussehender Kerl auf dem Dachboden auftaucht.
"Wie kann man in eine offene Tür einbrechen?", stellte er die Gegenfrage, was sie verwirrt die Stirn runzeln ließ.
"Ich habe sie doch geschlossen..."
"Falsch! Sie stand einen Spalt offen."
Das verschlug ihr nun doch die Sprache, aber nur für einen kleinen Moment.
"Dann hätten Sie sie einfach schließen können!"
Meredith zuckte leicht zusammen, als er zu lachen begann. Es war ein heißeres Lachen. Eines,, was viel Vergnügen versprach und vor dem eine junge Frau wie sie, sich fern halten sollte, wollte sie nicht noch in dieser Nacht verführt werden.
Sie stellte sich vor, wie seine Finger über ihren Körper glitten und alle Stellen erkunden würden. Wie seine Lippen, den sanften Spuren folgen und sie in eine andere Welt entführen würden.
Bei diesen verwegenen Gedanken, brannten ihre Wangen und färbten sich leicht rötlich.

Dachte sie ernsthaft ein Kerl, der nachts durch diese Gegend zieht und eine offene Tür sieht, würde diese ganz brav schließen?
Das war echt zu komisch. Und es tat wahnsinnig gut, seit so langer Zeit einmal wieder zu lachen. Viel gab es nicht, über das er sich hätte amüsieren können, doch dieses Mädchen schaffte es in nur wenigen Augenblicken.
"Werde ich beim nächsten Mal", meinte er leichthin und deutete auf die Ecke.
Aus dem Augenwinkel sah er, wie sie näher kam, sehr aufmerksam.
"Fass dieses Buch nie wieder an!" Nun sah sie ihn verständnislos an.
"Wieso nicht?"
"Es ist ein gefährliches Buch einer bösen Hexe!" Er zuckte leicht zusammen, als sie nun ihrerseits lachte.
"Als wenn es echte Hexen wirklich geben würde."
Zephyre knurrte wütend und packte sie grob an den Oberarmen.
"Wie kann eine Hexe behaupten, es gäbe sie nicht?"
"Du tust mir weh!" Endlich hatte sie mit dem dummen Sie aufgehört, was ihm missfallen hatte.
Schlagartig ließ er ihre Arme zwar los, zog sie aber stattdessen fest an seinen muskulösen Körper, die Arme an ihren Rücken gelegt.
"Wie kannst du nur so unvernünftig sein?", flüsterte er fragend in ihr Ohr und streifte mit seinen Lippen, ihre zarte Wange. Tief zog er ihren Duft in sich ein.

Meredith wehrte sich nicht, zog es nicht einmal in Erwägung. Stattdessen schlang sie ihre Arme einfach um ihn. Sie konnte diesem merkwürdigen Drang nichts entgegen setzen.
"Hexen?", fragte sie noch einmal nach und fand es plötzlich nicht mehr so abwegig. Es würde so vieles in ihrem Leben erklären, so vieles aufdecken.
Sie spürte, wie er nickte und schaute auf, genau in seine funkelnden Augen.
"Bin ich eine?" Sie flüsterte nun noch, da ihre Stimme ihr nicht so recht gehorchen wollte. Meredith konnte den Blick nicht abwenden. Auch nicht, als er ihr so nah war.
Ihr Verstand sagte ihr, sie solle rennen, sich in Sicherheit bringen, da sie ihn ja gar nicht kannte. Ihr Herz allerdings, sagte ihr, das er einer der guten war, das er sie beschützen würde.
"So sehr, wie ich ein Dämon bin!"
Erschrocken schnappte sie nach Luft.
Hexe hin oder her, das war etwas, was real war. Ständig hörte man davon in der Realität. Doch Dämonen?
Das klang so...absurd...!
Grade wollte sie zu einer Antwort ansetzen, als ein Leuchten hinter ihm, ihre Aufmerksamkeit auf sich zog. Genau wie seine.
Hastig drehten sie sich um, ohne den anderen ganz los zu lassen.

Kapitel 7




Das Buch schwebte aus der Ecke hinaus, genau auf Meredith zu und leuchtete immer heller, in einen unheilvollen Grünton.
Grün konnte Meredith noch nie ausstehen,, doch das war kein Wunder. Immerhin sagte man ja auch, das grün die Farbe der Hoffnung war und die hatte sie schon vor langer Zeit aufgegeben.
"Was soll der Scheiß? Was ist das für ein dummer Trick?", herrschte sie den Typen an und versuchte vor dem Buch zu flüchten, doch es folgte ihr unaufhörlich, wobei der grünliche Schein noch intensiver und beängstigender wurde.
"Hilf mir doch mal!", schrie sie dem Typen an, der nur stumm zusah und sich keinen Millimeter bewegte. Und dann, ganz plötzlich, stürzte er sich auf das Ding und begrub es unter seinem Körper, wurde aber im gleichen Atemzug brutal zurück geschleudert.
"Schnapp dir deine Freunde und hau ab!", rief Zephyre ihr zu und verzog schmerzhaft das Gesicht.
Meredith sah ihn unschlüssig an. Was sollte sie jetzt nur tun? Sie konnte ihn doch nicht einfach so alle zurück lassen...
"Nun mach schon, du dumme Hexe!"
Dumm? Na warte Bürschen, dachte sie wütend und blieb einfach stehen. Anscheinend hatte er ja auch kein Bock auf dieses Ding da, was aussah wie ein Buch, denn mittlerweile bezweifelte Meredith, das es wirklich nur ein Buch war.
"Was machst du denn?", herrschte er sie wieder an und schaute sie ungläubig an.
"Ich stehe. Sieht man doch!"
Zephyre hätte laut los gelacht, wenn das ganze nicht so ernst gewesen wäre.
"Dann bewege dich. Und zwar ganz flink hier raus", brüllte er nun ein wenig und sah wie sie dennoch stehen blieb.
"Verdammt, Weib!"
Er stürmte zu ihr und packte sie einfach. Unter lauten Protest, schaffte er es irgendwie, sie nach unten und schließlich auch nach draußen zu bringen.
"Hey, ich habe kaum was an!", rief sie an seinen Rücken, da er sie einfach über seine Schulter geworfen hatte.
"Nicht mein Problem. ich hatte dich aufgefordert", knurrte er wütend und steuerte seine Schritte zu dem dichten geäst des Waldes.

Sie schwieg eine ganze Weile und dachte darüber nach, was sie nun tun könnte. Zu ihrem Kummer, fiel ihr rein gar nichts ein. Alles schien plötzlich so merkwürdig zu werden
Vor allem aber....Was zum Teufel war da grade passiert? Das war doch nun wirklich kein Stück normal.
"Wo bringst du mich eigentlich hin?", fragte sie dann leise und erwartete nicht wirklich eine Antwort. Jedoch überrascht er sie damit.
"Erst einmal so weit weg von dem Buch, wie es nur geht! Dann sehen wir weiter!"
Sie runzelte die Stirn, da sie immer noch nicht an den Unsinn glauben konnte, den er ihr erst vor wenigen Minuten versucht hatte zu erzählen.
"Und was ist an dem Ding so schlimm?", fragte sie weiter. Es ließ ihr verdammt noch mal einfach keine Ruhe. Wenn er schon behauptete, sie sei eine Hexe, musste er es ja wohl auch beweisen können. Und ganz langsam wollte sie ihn genau dorthin führen.
"Das wird dir jemand anderes erklären."
Unvermittelt ließ er sie ganz plötzlich runter.
"Wir müssen uns nur beeilen. Also komm!" Er griff ihre Hand und sofort durchzuckte sie beide ein eigenartige Blitz. Verwirrt starrte sie ihn einen Moment an, zu erschrocken darüber und zu ängstlich, nach zu fragen.
Auch er schien nicht darüber sprechen zu wollen. Stattdessen begann er weiter zu laufen, hörte allerdings sofort ihre Stimme.
"Ich kann hier nicht so laufen!", rief sie mit zittriger Stimme.
"Und warum nicht?", fragte er ein wenig genervt und sie deutete nur auf ihre nackten Füße. Daran hatte er schon gar nicht gedacht. Seufzend ließ er ihre Hand los und nahm sie nun auf seine Arme.
Ohne darüber nach zu denken, schlang sie ihre Arme um seinen Nacken und drückte sich an ihn.
Verdammt, was er für Muskeln hatte...Und wie gut er roch...
Schnell fielen ihr die Augen zu. Und noch viel schneller war sie innerhalb kürzester Zeit eingeschlafen, ein kleines Lächeln auf den vollen Lippen.

Zephyre sah sekundenlang auf das schlafende Etwas in seine Armen, ließ seinen Blick über ihr Gesicht gleiten, über die langen geschwungenen Wimpern, die feine Stubsnase und diesen verführerischen Mund.
Sie war wirklich ein schönes Geschöpf. Auch ihre wundervollen langen, schwarzen Haare, passten perfekt zu ihrem ebenmäßigen Gesicht.
Lächelnd stellte er fest, das er noch nicht einmal ihren Namen kannte, was sich hoffentlich bald ändern würde.
Erst dann bemerkte er, das er nicht mehr darauf geachtete hatte, Vorsicht walten zu lassen.
Ein blick über seine Schulter, ließ ihn jedoch erleichtert tief ein und aus atmen. Sie wurden nicht verfolgt.
Aber er spürte, dass das Böse noch immer in dem Haus schlummerte.
Anscheinend hatte er sie gerade noch rechtzeitig gestört, bevor sie die Gelegenheit hatte, einen Blick ins Buch zu werfen.
Dennoch war sie nun damit verbunden. Doch wie konnte dieses Band gelöst werden?
Vielleicht würden die anderen ja etwas wissen. Dafür müsste er es nur zu ihnen schaffen und in dem Aufzug, in dem sie war, würde es wohl äußerst schwierig werden, sie durch die Kontrollen an den Flughäfen zu bekommen. Das hieß dann also, erst mal shoppen gehen.
In dm Punkt, unterscheidete er sich rein gar nicht, von anderen Männern. Auch er konnte dem ganzen nichts abgewinnen.


Tibur stapfte durch den tiefen kalten Schnee und versuchte nicht darin ein zu gehen. Hinter ihm hörte er seine beiden Brüder Arex und Barex schnauben. Ihr Atem glich kleinen Nebelschwaden und an ihren Nasen bildeten sich glitzernde Eiszapfen. Arex fiel etwas zurück, was Tibur nicht gefiel. Sie hatten eine wichtige Mission.
"Weiter!", rief er dem Jüngeren zu.
"Ich kann nicht mehr!", schrie Arex keuchend und rang um Atem.
"Wir haben es gleich geschafft!" Barex half seinem Zwillingsbruder weiter voran zu kommen, während Tibur bereits nach dem Ziel suchte.
Unter den ganzen Schneemassen war es eine der schwersten Aufgaben. Die kleine Hölle, zu der sie so dringend musste, lag komplett zugeschneit und einer dicken Schneeschicht.
Aber genau hier war sie, dachte Tibur finster und begann in dem Schnee zu graben. Nur wenige Augenblicke später halfen im seinen Brüder.
Fast ganze zwei Stunden waren sie damit beschäftigt, verschieden große und tiefe Löcher in den festen Schnee zu graben, fanden jedoch noch ihr Ziel.
"Wir haben es geschafft!" Er grinste zufrieden.
Hintereinander her schlüpfend, betraten sie den schmalen Eingang.

Kapitel 8




"Tibur, ich sehe kaum was. Es ist so dunkel!", beschwerte sich Arex nach einer ganzen Weile. Der alte Zwerg sah den Jüngeren missbilligend an, was dieser wegen der von ihm eben genannten Dunkelheit, nicht sehen konnte.
"Dann entfache ein Feuer!", riet er genervt, fuhr sich frustriert durch die kurzen Haare und stapfte seinen Weg weiter fort. Hinter sich spürte er die Hitze einer kleinen Flamme, die sich immer weiter an einen Ast fraß und ein leises Knistern verursachte.
"Brenn aber keinen den Bart ab! Und auch nicht den Hintern!"
"Nein, ich passe schon auf!", brummte Arex und viel dennoch ein paar Schritt weiter zurück.
"Gut. Dann weiter jetzt!" Tibur kannte kein Erbarmen. Sie konnten es sich auch gar nicht leisten.
Er dachte an das Gespräch mit seinem Herrn Vriel zurück.

"Geh zu Daine. Sie wird helfen können!" Vriel stand mit dem Rücken zu dem kleinen Zwerg, das Gesicht nachdenklich aus dem Fenster gerichtet, die Miene verschlossen.
Eine schwere Last lag auf seinen kräftigen Schultern, über die er unbedingt, fast schon zwanghaft, Herr der Lage werden musste. So viel hing davon ab. So viel Unheil...
Hoffentlich hatte sein Bruder noch nichts davon mitbekamen, aber eigentlich war sich Vriel ziemlich sicher, dass Samir es bereits wusste. Man konnte es gar nicht übersehen, die ganzen Anzeichen für das Buch.
Selbst ihm, der vor nichts Angst hatte, lief ein eiskalter Schauer über den Rücken, als er an das letzte Mal dachte, wo das Buch geöffnet wurde.
Eine junge, mächtige Hexe, hatte sich des Buches bemächtigt und die schwarzen Künste erlernt. aber vor allem war sie böse...
So unsagbar böse, das sie andere Hexen in den Tod geschickt hatte, nur um auch deren Macht auf sich zu übertragen. Wie sie es geschafft hatte, dass diese Hexen ihr vertraut hatten, war ihm absolut schleierhaft. Zumal die meisten ebenso mächtig wie sie selbst gewesen waren.
Vriel schloss die Augen und atmete tief ein und aus.
Noch immer, nach so vielen Jahrhunderten, sah er jedes einzelne Gesicht ganz genau vor sich, sie waren nie wirklich gegangen.
"Und wenn sie sich weigert?", fragte Tibur lese und sah seinen Herrn abwartend an. Der alte Zwerg konnte sich noch an die letzte Begegnung mit der Dämonin erinnern, wobei es wohl kaum als Begegnung bezeichnet werden könnte. Eher glich es einen kleinen Machtkampf.
"Zwing sie!"
Tibur zuckte zusammen, da Vriel die Worte so kalt und hasserfüllt ausgestoßen hatte, das ihm das Blut in den Adern gefror.
"Jawohl. Ich werde mein Möglichstes tun!"
"Nein, du wirst es ausführen!" Tibur öffnete den Mund, schloss ihn jedoch sofort wieder. Es hatte nie Sinn, mit dem mächtigen Dämon eine Auseinandersetzung an zu fangen.
"Wie ihr wünscht." Eiligst machte er sich davon.
Vriel sah dem kleineren Wesen seufzend nach. Im Stillen betete er dafür, dass Daine nicht zicken würde, so wie sie es eigentlich immer tat und was keinen weiter brachte. Obwohl sie in diesem schwierigen Fall garantiert eine Ausnahme machen würde.
Er drehte sich wieder dem Fenster zu, starrte zum Mond hinaus.



Tibur fröstelte, da sie endlich an der riesigen stählernen Tür angelangt waren. Die winzigen Verzierungen an den vier Rändern, erzählte sie alte Legende des Buches, doch kaum einer war in der Lage, die alte Schrift zu lesen. Nur wenige, nicht mal alle Gelehrten, verstanden sie. Und noch wenigere konnten sie perfekt benutzen.
"Wir sind am Ziel!", rief er seinen Zwillingsbrüdern zu. Beide seufzten erleichtert und eilten zu ihm.
"Tibur, was nun? Kannst du die alte Sprache noch?" Barex stieß Arex in die Seite.
"Autsch, was sollte das?", entrüstete dieser sich und sah seinen Zwilling böse an, doch der zeigte nur zu dem ältesten. Tibur stand vor der Tür, die Augen geschlossen, die Lippen sich stetig bewegend.
"Ach, er liest schon."
Einige Augenblicke später war ein lautes Knacken zu hören, die Erde bebte leicht und die riesige Tür öffnete sich.
"Los, es geht weiter." Tibur kannte keinerlei Gnade dabei seine Brüder rum zu scheuchen. Sie waren einfach noch zu unerfahren.
"Jaja, Sklaventreiber", murmelte Arex beleidigt und folgte ihnen als letzter. Ein kalter Windhauch verursachte einen eisigen Schauer in seinem Nacken, als die Tür laut zuschlug.
"Mir gefällt es hier nicht", murmelte Barex wie aufs Stichwort und sah Tibur an, der den Blick stetig nach vorne gerichtet hatte und sich nicht beirren ließ.
Eine weitere Tür tat sich vor ihnen auf und se gelangten in einen riesigen Raum, der nur von dem Schein der vielen tausend Kerzen erhellt wurde.
"Ich habe euch schon erwartet, Zwerge. Was sollt ihr mir von meinem Bruder sagen?"
Tibur und auch die anderen zwei, zuckten schmerzhaft zusammen bei der eiskalten Stimme der Dämonin.
"Wir brauchen deine Hilfe, ehrenwerte Daine."


Zephyre beschleunigte seine Schritte weiter, trieb sich selbst an, den Weg weiter zu beschreiten. Das schlafende Mädchen in seinen Armen kuschelte sich vertrauensvoll an ihn, was ihn innerlich den Kopf schütteln ließ bei einer solchen Naivität.
Wie konnte sie auf den Armen eines vollkommen Fremden schlafen? Zudem auch noch so zufrieden lächeln?
Er konnte es sich einfach nicht erklären, wollte es auch gar nicht. Zu schwierig waren die Menschen, selbst wenn sie wie in diesem Fall, eine Hexe war. Und Weiber dachten eh ziemlich...ausschweifend.
Plötzlich blinzelte sie und sah nach oben, direkt in sein angespanntes Gesicht.
"Wohin gehen wir?", fragte sie flüsternd und nun schüttelte er den Kopf.
"An einen Ort, wo du und somit auch alle anderen in Sicherheit sind", erwiderte er barscher als eigentlich beabsichtigt. Ihre Augen öffneten sich vollständig.
"Wirst du mich einsperren?" Das Zittern in ihrer Stimme konnte sie beim besten Willen nicht unterdrücken.
Er nickte.
"Wie lange?" Keine Antwort kam. Meredith versteifte sich und grub ihre langen Fingernägel in seine Schulterblätter.
"Wie lange?", wiederholte sie gepresst.
"Lange", antwortete er nun vage und sie seufzte.
"So kommen wir nicht weiter. Du kannst nicht einfach Leute einsperren."
"Nicht Leute, nur dich, Hexe!" Sie sah ihm wieder in die Augen, auch wenn seine nach vorne gerichtet waren.
"Ich habe auch einen Namen!", murmelte sie ernst.
"Den ich nicht kenne. Und es interessiert mich auch nicht. ich sorge nur dafür, dass du kein Unheil anstellen kannst!" Er sah kurz zu ihr runter, Sorge und Verachtung gleichermaßen in seinem kühlen Blick.
"Ich heiße Meredith, auch wenn es dich nicht interessiert!" Nun begann sie sich zu wehren, da sie bei einer großen Straße ankamen. Sie wehrte sich so sehr, dass er sie runter lassen musste.
Mit verschränkten Armen stellte sie sich vor ihm hin.
Dieses Bild würde er ganz sicher niemals vergessen können, das wusste er.
"Und nun hör mir mal zu du Spinner. Du wirst mich auf der Stelle wieder zum Haus bringen und somit zu meinen Freunden. Dann schnappst du dir dieses komische Buch und wir sehen uns nie wieder!"
So einfach wie sie es sich vorstellte war es nur leider nicht, doch das konnte sie nicht wissen. Noch nicht!
"Tut mir leid, aber ich kann und werde nichts davon tun. Dieses Buch kann nur von sehr wenigen unbeschadet berührt werden. Unter anderen von dir Hexe!"
"Ich.Bin.Keine.Hexe!" Sie betonte jedes Wort kalt und sah ihn schneidend an.
"Genau, und ich bin kein Wolfsdämon", meinte er nur sarkastisch und ergriff ihr Handgelenk.
"Und nun verschwende nicht noch mehr Zeit." Ohne auf ihre Proteste zu achten, zog, nein eher schleifte, er sie hinter sich her.
"Du gehörst einfach nur in die Klapse", schrie sie nun ängstlich.
Mittlerweile war sie sich ziemlich scher hier an einen Psychopathen geraten zu sein. Vielleicht war er auch ein Vergewaltiger und Mörder. Eisige Panik machte sich in ihrem Körper breit.
"Bitte!!! Lass mich frei. ich werde auch niemand ein Wort hiervon sagen. ich schwöre es!", versuchte sie es nun mal auf eine andere Weise. Ihre nackten Füße taten höllisch weh und bei jeden kleinen Steinchen, zuckte sie zusammen vom Schmerz.
"Vergiss es, Weib. Ich werde dich ausliefern, koste es was es wolle." Seine Stimme ließ deutlich erkennen, dass er sie zu hassen schien. Doch warum denn nur? Sie kannte ihn nicht, hatte nie etwas mit ihm zu tun gehabt. Wie konnte man nur so gewissenlos sein?
Tränen traten in ihre schönen Augen.
"Bitte...ich...ich kann nicht mehr..." Ihre eigene Stimme war nur noch ein Flüstern im Wind, doch sie hörte ihn resigniert seufzen.
"In der Stadt werden wir uns ein Hotelzimmer suchen. Da kannst du dich ausruhen."
Fast wäre sie ihm sogar dankbar gewesen, wenn sie ihm nicht auch gleichzeitig so böse gewesen wäre.

In der kleinen Stadt angekommen, fanden sie schnell eine Pension und bekamen tatsächlich noch ein Zimmer.
Erschöpft ließ sie sich auf das kleine einzelne Bett fallen und schloss müde die trüben Augen.
Das hier konnte einfach nur alles ein brutaler Albtraum sein...
"Nein, es ist kein Albtraum", murmelte Zephyre. Erschrocken riss sie die Augen auf und warf einen Blick auf ihn, der ihm mitteilen sollte, was sie davon hielt. Hatte er etwa ihre Gedanken gelesen? Eigentlich war das ja nicht möglich.
"Für mich ist es möglich."
Da, er hatte ihr schon wieder antworten können, ohne dass sie ein Ton gesagt hatte. Verwirrt sah sie ihn an.
"Aber wie?", fragte sie nun laut und setzte sich wieder richtig hin. Er stand noch immer an der Tür, als wolle er sicher gehen, dass sie nicht versuchte ab zu hauen. Dabei hatte sie nicht nur gesehen, sondern auch gehört, wie er abgeschlossen hatte. Nun kam er auf sie zu.
"ich sagte dir, dass ich ein Wolfsdämon bin. Wir haben einige interessante Fähigkeiten."
"Manieren scheinen aber nicht dazu zu zählen", erwiderte sie prompt und wurde leicht rot.
Doch er lachte nur, rau und etwas heiser, aber vor allem unheimlich verführerisch. Sie ließ ihren Blick über seinen Körper wandern und spürte ein leichtes Prickeln.
Auch er begann sie zu mustern. Peinlich berührt, schnappte sie sich die Decke und wickelte sich darin ein.
"Du hast nicht zufällig andere Klamotten für mich?", fragte sie leise und sah ihm wieder ins Gesicht. Bedauerlicherweise schüttelte er den Kopf.
"Wir werden dir später etwas kaufen. Schlaf jetzt!" Sein Befehl ließ sie schnauben, doch sie legte sich hin und schloss die Augen, öffnete sie jedoch sofort wieder, als sie spürte, dass die Matratze unter seinem Gewicht nach gab
"Was soll das?", fragte sie panisch und drehte sich zu ihm.
"Ich will auch schlafen...", kam die müde Antwort.
"Aber doch nicht hier! Nimm den Stuhl oder so."
"Reiz mich nicht, Hexe. Ich bin schon ziemlich lange wach und auch extrem sauer."
"Aber..." Weiter kam sie nicht, da seine Lippen hauchzart auf ihren eigenen lagen.

Kapitel 9

Überrascht, nein eher geschockt, riss sie die klaren azurblauen Augen auf und starrte ihn einfach nur an. Das intensive gelb, das so leicht zu glühen schien, fraß sich in ihr Gedächtnis, unauslöschlich. Ihr schmaler Körper begann leicht zu zittern, doch es interessierte sie nicht.
Geistesabwesend legte sie ihre Arme um seinen Nacken, schloss die Augen und erwiderte seinen zarten Kuss, der sich nun zu einen fordernden Spiel veränderte. Auch dies ließ sie zu und machte mit.
Leidenschaftlich spielten ihre Zungen miteinander, wobei sie nicht einmal mitbekam, dass er begann sie aus zu ziehen. Meredith konnte nur noch ihren wilden Herzschlag und das berauschende Gefühl dieser Berührung wahrnehmen.
Ihr Körper drängte sich seinen Berührungen eigenmächtig entgegen, verlangte von selbst nach mehr.

Zephyre ließ seine kalten Finger genüsslich über das zarte Fleisch der Hexe gleiten, liebkoste mit seinen Fingern jede einzelne Stelle der erhitzen und seidenweichen Haut.
Schon lange hatte er keine Frau mehr derart berührt und so merkte er schnell, wie das Blut in seine Lenden floss. Wie ihn allmählich die Sinne schwanden.
"Oh Gott!", entschlüpfte es der zierlichen Gestalt an seiner Seite und sofort waren seine Sinne wieder geschärft. Er besann sich auf das Wichtige, auf seine Aufgabe. Für derlei Spielchen, wie sie im Moment abliefen, hatte er keinerlei Zeit.
Sofort ließ er von ihr ab und rutschte weit an den Rand. In seinem Rücken konnte er den fassungslosen und verwirrten Blick der Hexe spüren, doch es war im mehr als nur egal.
Was hatte er sich auch nur dabei gedacht sie überhaupt zu berühren? Es war dumm, dumm und gedankenlos.
Aber wenn er ehrlich war...
Er hatte schon seit der Begegnung im Wald, seine Lippen fest auf die ihren pressen wollen. Den süßen Geschmack testen und diese Weichheit erleben.
Er spannte seinen ganzen Körper an, als sie ihm plötzlich eine Hand auf die Schulter legte. Sofort schüttelte er diese ab.
Sie schnaubte und stand auf. Er hörte, wie sie zum Fenster ging und die Stirn gegen das kühle Glas lehnte, wohl in der Hoffnung, ihre Gedanken ordnen zu können.
Zephyr drehte sich auf den Rücken und beobachtete das junge Mädchen. Eine klare, helle Aura umgab den zierlichen Körper.
"Schlaf endlich!", herrschte er sie an, doch sie schüttelte nur leicht den Kopf.
"Ich bin zu aufgewühlt und verwirrt um an Schlaf auch nur denken zu können", flüsterte sie und unterdrückte die Tränen. Er sah sie dennoch in den schönen blauen Augen glitzern.
"Ich verstehe nicht, was hier vor sich geht! Was ist dieses "Buch" genau? Was habe ich damit zu tun? Wieso grade ich? Und wer bist du?" Beim letzten Satz sah sie ihm geradewegs in die gelben Augen.
Zephyr merkte schon, dass auch ihn das Vergnügen des Schlafes wohl noch lange nicht vergönnt sein würde.
Abrupt setzte er sich auf und klopfte an seine Seite auf das schmale Bett, damit sie sich setzte. Er mochte es ganz einfach nicht, wenn jemand, mit dem er sich unterhielt, so weit entfernt stand, dass man lauter sein musste.

Zuerst wollte Meredith ablehnen und ihm sogar die Zunge raus strecken, doch im letzten Moment wurde ihr bewusst, wie kindisch dieses Verhalten wäre. Er wollte ihr doch Antworten geben, nach denen sie sich schon so derart lange sehnte, dass sie nicht einmal mehr sagen konnte, wie lange es eigentlich wirklich war.
Langsam ging sie zum Bett hinüber und setzte sich weit an den Rand, was Zephyre stark zum Seufzen brachte.Erschrocken wollte sie wieder zurück weichen, unterdrückte den Impuls jedoch.
"Fangen wir mit dem einfachsten an. Mein Name ist Zephyr und ich bin die rechte Hand unseres Herrn, Vriel, und dazu ein sehr mächtiger Wolfsdämon!"
Nun konnte Meredith nicht mehr verhindern, dass sie erschrocken aufsprang und sich ans andere Ende des Raums stellte.
"E-ein Dämon?", fragte sie stammelnd und kam sich selbst reichlich dumm vor. Warum glaubte sie ihm das? Warum zweifelte sie keine Sekunde daran?
Weil sie schon so viel Unnatürliches gesehen und gespürt hatte. Außerdem wollte sie es ganz einfach glauben. Er konnte vielleicht die Antwort auf all ihre Fragen sein. Aber auch nur vielleicht, wie sie sich selbst noch einmal sagte. Dann hatte er vorhin die Wahrheit gesagt...
Nun nickte er ihr zu und taxierte sie weiterhin mit seinen durchdringenden Augen. Wieder kamen ihr diese Augen so bekannt vor und plötzlich machte es Klick!Ein Wolfdämon? Der Wolf im Wald bei dem kleinen Friedhof...
"Du warst das!", sagte sie nur und wieder nickte ihr Gegenüber.Meredith begann zu zittern und ließ sich an der Wand hinab gleiten, die Glieder stocksteif, das Herz rasend.
Ein Teil von ihr, der Vernünftige, wollte ihn am liebsten auslachen und ihm sagen, wie verrück seine Aussage wäre. Der andere Teil, schon immer sehr reich mit Fantasy bestückt, wollte ebenfalls lachen, aber aus einem ganz anderen Grund. Denn dieser Teil glaubte ihm jedes Wort und fühlte sich zum ersten Mal in ihren Leben verstanden und akzeptiert.
Alles würde einen Sinn ergeben, wenn sie es akzeptieren, ja sogar verstehen könnte...
"Und das Buch?", flüsterte sie leise und senkte den Blick. Nachdem sie sich so langsam wirklich eingestand, dies wäre die Realität und nicht nur irgendein verwirrender Traum, konnte sie ihm nicht so lang in die Augen schauen. Es war ihr, als ob sich ein Band zwischen ihnen knüpfen würde.
Erst nur ganz seicht, dann immer fester, unzerstörbar!

"Sein Name ist SuMoDre. Benannt nach dessen Erschaffer. Es ist schon mehrere tausend Jahre alt und beinhaltet alles böse dieser Welt. Daher darf es auch nicht in die falschen Hände gelangen", erklärte er in wenigen Sätzen, die sich bereits selbst hatte zusammen reimen können.
"Und was habe ich dann damit zu tun? Und wieso war es dort. Da konnte es doch jeder finden!", hielt sie dagegen und hob nun doch wieder ihren Blick. Nur so konnte sie erkennen inwieweit sie ihm vertrauen konnte.
"Nein, es kann nicht jeder finden. Für die meisten ist es ein ganz normales Buch. Normale Menschen und auch der Großteil aus meiner Welt, können nur weiße Seiten sehen sobald es aufgeschlagen wird. Nur sehr mächtige Hexen, Dämonen und Zwerge können die Schrift lesen. Und nur bei den mächtigsten reagiert das Buch selbst. Wie bei dir", schloss er und Meredith überkam ein eisiger Schauer, der sich wie ein Griff um ihr Herz anfühlte.
"Ich bin aber keine Hexe, Dämon oder Zwerg! Und mächtig schon mal gar nicht. Ich bin nur ein ganz normales Mädchen, das ab und zu verwirrende Träume hat und..."
Sie hielt inne da er den Kopf schüttelte.
'"Du hast keine normalen Träume, Hexe, es sind Visionen!"
"Ich bin keine Hexe!", rief sie sofort etwas lauter und versuchte nach zu denken. Es könnten wirklich Visionen sein, so echt wie sie sich immer anfühlten. Doch warum aus der Vergangenheit? Warum nicht die Zukunft? Und warum, in Gottes Namen, dachte er sie sei eine Hexe?
"Oh doch, du bist eine sehr starke Hexe, eine Wiedergeburt um genau zu sein."
Nun wurde es wirklich immer interessanter.
Eine Wiedergeburt? Von wem? Und wieso passierte das alles ihr?
"Und was ist mit den Dingen, die ich immer sehe, die aber niemals wirklich da sind?"
Er runzelte die Stirn und sah sie einen Moment schweigend an."Was hast du gesehen?", fragte er schon fast flüsternd und ballte die Hände zu Fäusten."
Als ich mit meinen Freunden in diesem Haus angekommen bin und mir mein Zimmer ausgesucht hatte, lag auf meinem Nachttisch eine alte Bibel, die vollkommen mit Staub überzogen war. Aber als ich meine Freunde geholt hatte, haben sie nichts gesehen!"

Meredith erschauderte nochmals bei dieser Vorstellung und schüttelte leicht den Kopf. Es war ja nicht das erste Mal gewesen, das sie so etwas sah. Ständig und überall sah sie Dinge, ja selbst Häuser und Straßen, die nicht da waren.
"Das ist aus deinem früheren Leben. Du hast schon oft gelebt..."
Oft?
Meredith glaubte zwar daran, dass man sicherlich schon einmal gelebt hatte, aber oft?
Das war doch wohl ein wenig zu viel des Guten.
Abrupt stand sie auf und schüttelte den Kopf.
"Ich verstehe gar nicht, warum ich mit dir rede! Du bist doch vollkommen wahnsinnig! Nicht richtig im Kopf. Du erzählst hier was von Dämonen und Hexen, auch dass ich eine wäre, und hast nicht einmal Beweise dafür!", sagte sie nun aufgebracht.
Sie wollte es einfach nicht wahr haben, die Möglichkeit dass er die Wahrheit sagte, akzeptieren.
"Ich gehe zu meinem Freunden zurück. Und keine Sorge, ich werde der Polizei nichts sagen. Obwohl es vielleicht besser wäre. immerhin gehörst du in eine Klapse!"
Damit marschierte sie zur Tür.

 

Impressum

Texte: Texte von mir! Kopieren verboten und wird streng geahndet!
Bildmaterialien: Cover von mir erstellt, Bild allerdings aus Google xD
Tag der Veröffentlichung: 05.02.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch widme ich meiner süßen Ann und allen, die mir bei der Wahl des Covers geholfen haben!

Nächste Seite
Seite 1 /