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Prolog




„Eljan. Süßer. Süßer, lieber Eljan. Zuckersüßer Eljan. Herzblatt.“
„Kyle ich kann das nicht mehr, wie kann ich dich nur immer noch so sehr lieben.“
„Aber Schatz, I…“
„Kyle, ich kann das echt nicht mehr.“
„Aber, Baby…“
„Kyle, hörst du mir überhaupt zu: Ich kann nicht mehr!“
Mit Tränen in den Augen drehte ich mich um und rannte, rannte Richtung Tür, dann raus und einfach immer weiter.


Kapitel 1




Als ich aufwachte fand ich mich in einer unbequemen Stellung auf dem Beifahrersitz des roten Renault Twingo meiner Stiefmutter wieder.
„Hey, Eljan, Süßer, wach auf. Wir sind da." Sanft, glockenklar, warm. Ihre Stimme fing meinen erwachenden Geist sanft auf. Ich konnte schon sehr gut nachvollziehen, was mein Vater an ihr fand, nur umgekehrt, naja. Wie auch immer, wir waren also da. Das hier sollte also mein neues Zuhause sein. Zumindest bis zum Ende meiner Schulzeit. Das Francis-Bacon-Internat. Na toll!

Das Francis-Bacon-Internat
Ein großzügiger parkartiger Campus befindet sich inmitten des kleinen Dorfes Malberry, umgeben von weitläufigen Ländereien. Dieses Internat zeichnet sich durch ein anspruchsvolles, breitangelegtes Fächerangebot aus. Hier gibt es Leistungskurse in Sprachen, Geschichte, Kunst oder den Naturwissenschaften und natürlich in Philosophie. Einen weiteren Schwerpunkt bildet der musisch-künstlerische Bereich mit Chören, einem Streichorchester und einem einzigartigen Theaterprogramm.
Und ebenso zahlreich stellen sich unsere Sportangebote dar. Ob Baseball, Fußball, Tauchen, Schwimmen, Volleyball, Tennis, Badminton, Turnen oder Leichtathletik, Fechten, Bogenschießen oder Reiten - je nach Interessenschwerpunkt wählen unsere Schüler aus einem vielfältigen Sportangebot.

So was oder so was Ähnliches hatte auf dem Ausdruck gestanden, welchen mir mein Vater auf meinen Schreibtisch gelegt hatte. Er hatte mich nicht einmal gefragt, ob ich meine alte Schule verlassen und wegziehen wollte, ob mir ein Internat gefallen könnte. Einfach hingeknallt hatte er mir die Entscheidung und sie mir kalt in die Zukunft getackert. Irgendwie war ich ja sogar froh gewesen dort weg zu kommen.
Ein gemischt, getrenntes Internat. Besser gesagt zwei Internate nur einige Kilometer voneinander entfernt. Das Francis-Bacon-Girls und das Francis-Bacon-Boys.
Ich stieg aus, müde und mit Nackenschmerzen von der langen Fahrt. Klasse! Meine Laune war gerade noch tiefer in die Abgründe der Depressionen gesunken, als dies möglich erschien. Meine Augen brannten, ich wusste das sie vom Weinen ganz rot waren. Seit diesem einen Tag weinte ich mich jeden Abend in den Schlaf. Ich wusste auch, dass ich blass wie ich war und mit tiefen Augenringen und zerzausten, verknoteten Haaren wohl kaum anziehend wirken konnte. Aber Liebe war eh nichts mehr was ich als wunderschönstes Gefühl der Welt ansehen könnte, sie brachte nur Schmerz und ließ einen nie wieder los. „Eljan, Süßer, komm.“, wieder Claeris wunderwarme Stimme. Aber selbst diese vermochte es nicht mir zu helfen, konnte sie mich doch so wunderbar trösten, wenn ich als kleines Kind mal wieder hingefallen war, damals als sie noch mein Kindermädchen und nicht meine Stiefmutter war. Nur das dies hier etwas viel, unendlich viel größeres ist. Claeris stand vor mir, mein Koffer schon neben ihr. Wann hatte sie den denn aus dem Twingo geholt? Ich griff nach meinem Koffer, sie holte noch den zweiten, kleineren, den mit den Schulsachen und fragte mich, ob sie mir noch mit den Koffern helfen sollte. Ich verneinte, versuchte aber mir für sie ein kleines Lächeln abzuringen. Ich umarmte sie zum Abschied und ich küsste sie auf ihre zarte Wange. Sie jedoch wisch dem Kuss geschickt aus und drückte ihre zuckerwatteweichen Lippen auf meine.
„Bye, Claer.“, sagte ich noch und versuchte dabei möglichst freudig zu klingen, was mir jedoch nicht wirklich gelang. Dann drehte ich mich schnell um. Sofort ließ ich das glückverzehrte Gesicht wieder zerfallen. Ich hörte noch wie Claer mir nach rief: „Süßer, rufst du mich an?“ Das klang zwar wie eine Frage, aber ich wusste das ich keine Wahl hatte! Denn würde ich nicht anrufen, dann wäre Claer traurig und würde mein Dad das bemerken, dann gäbe es richtig Ärger und ihr wollt nicht wissen was das in der Praxis heißt. Ohne mich noch einmal umzudrehen, lief ich die Einfahrt des Campus entlang und folgte den kleinen, gelben Schildern an den folgenden Weggabelungen Richtung Information. Dort angekommen nannte ich der etwas üppigeren, brillentragenden, dunkelhäutigen Frau meinen Namen. Sie reichte mir einen Campusplan und teilte mir in ihrer tieferen, aber doch recht warmen Stimme meine Zimmernummer mit. 486. Nun verließ ich das kleine Informationsgebäude, sah mir den Plan an und tappte los, Richtung Wohnheim, die Koffer weiterhin mühselig hinter mir her ziehend. Als ich an eine höhere Treppe kam, stolperte ich natürlich, wie sollte es auch anders sein, auf den letzten Stufen und meine ganze Kleidung verteilte sich am unteren Ende der grauen Steintreppe. Mein einer Koffer war mit voller Wucht auf den harten Boden geknallt und aufgesprungen, den anderen hielt ich noch in der Hand. Als ich mich wieder aufrichten wollte, streckte sich mir eine fremde Hand entgegen. Ich folgte dem fremden Arm und mein Blick glitt geradewegs in Richtung des fremden Gesichtes. Warme braune Augen, wohlgeformte, lächelnde Lippen, weiße Zähne, leicht gebräunte Haut, lange, hellbraune Haare, länger als meine Schulterlangen und so ordentlich gekämmt, als würden sie jede Minute des Tages gepflegt werden. Ein freundliches hübsches Gesicht auf einem großen, durchtrainierten Körper. Ganz anders als mein magerer, rippenbetonter, ausgehungerter kleiner Körper von etwa 1,64m. Versteht mich nicht falsch ich war nicht immer so schlank, aber essen war mir seit einiger Zeit zuwider. Zögerlich ergriff ich die muskulöse Hand und ließ mich von dem Muskelprotz auf die Beine ziehen. Als ich stand, ließ ich jedoch sofort los. Körperkontakt zu Fremden war mir ebenfalls zuwider. Als ich aber schwankte, griff der fremde Junge schneller als ich mich hätte wehren können wieder nach meinem Arm und balancierte mich aus.
„Hey, pass auf! Wir wollen hier doch kein Blutbad schon am ersten Schultag.“ Eine tiefe, fröhlich, gelassene Stimme. Der fremde Junge lächelte mich immer noch an und als ich wieder fest stand ließ er mich endlich los, nur um mir kurz darauf erneut eine seiner Hände aufzuzwingen. Mit seiner Rechten ergriff er meine und drückte diese fest. „Hey, ich bin Edwain, kannst mich aber Ed nennen und wer bist du?“ Mein Gott war der scheiße freundlich. Kalt antwortete ich: „Eljanur“ und entzog ihm meine Hand. Doch Ed ließ sich davon nicht im Geringsten beeindrucken und folgte mir, als ich die Stufen wieder hinunter ging um meinen Koffer wieder einzuräumen. Den anderen hatte ich einfach mal neben Ed stehen gelassen. Und nun stellte er ihn neben meiner Wenigkeit auf den Boden und kniete sich zu mir. „Nicht dein Tag heute, was? Warte, ich helfe dir.“ Bevor ich auch nur eine Chance hatte etwas zu erwidern, packte er sich auch schon Klamotten von Boden und stopfte diese wieder in meinen Koffer. „Ganz schön wenig Kleidung für so einen riesen Koffer.“, freundlich, interessiert, nett. Verdammt was um Himmelswillen wollte dieser Arsch nur von mir! Der sollte doch jemand anderem mit seiner freundlichen Art die Nerven ruinieren. So jemanden konnte ich jetzt echt nicht gebrauchen. Ehe ich mich versah, waren der Koffer wieder geschlossen, meine Sachen nicht mehr auf dem kalten Steinboden des Campusweges verstreut und ich wurde von dem Gute-Laune-Muskelbären Ed auf die Beine gezogen.


Kapitel 2




Ed fragte mich, welches Zimmer ich zugeteilt bekommen hatte. Warum sollte ich dem das denn bitte sagen? Damit der mich noch weiter nerven konnte oder wie? Als ich aber nicht antwortete, griff sich Ed kurzerhand meinen großen Koffer und ging los. Etwas perplex blieb ich noch kurz stehen, folge ihm jedoch dann. "Sag mal, was stimmt´n mit dir nicht, lass meine Tasche gefälligst hier!", rief ich ihm wütend hinterher. Wenn ich mich nicht irrte wurden seine Schritte größer. Er drehte sich nicht einmal um. "Hey, du wolltest mir deine Zimmernummer ja nicht sagen, ich werd´s schon alleine finden. Was den Koffer angeht. Süßer, meinst du ich lass dich den jetzt noch weiter tragen. Du hast dir eben schon ein Knie aufgeschlagen und ich bin echt kein Blutbad-Fan." Dieses Lächeln in seiner Stimme, dieses freche grinsen, seine freundlich-provokative Art. Gott, wie schrecklich! Bei dem Wort "Süßer" blieb ich abrupt stehen. Süßer. Dieses Wort! Tränen stiegen in mir auf und ich konnte nichts dagegen tun. Dieses Wort! Ich hasste dieses Wort! Ich kannte es einfach zu gut. Niemand durfte es sagen. Niemand! Ich hasste es schon wenn Claeris, als Frau, es sagte und sie durfte es auch nur, weil sie nachdem ich sie deswegen angeschrien hatte, zu weinen begonnen hat. Und wie der Zufall es wollte, hatte mein Vater das natürlich bemerkt und mir gleich mal drei seiner Bodyguards vorbei geschickt und was die mit mir gemacht haben wollt ihr nicht wissen. Vertraut mir! Aber dieses Wort nun noch einmal zu hören. So sanft, so freundlich, so liebevoll von einem Jungen. Es tat so weh! Claeris konnte ich abschirmen aber das hier, nein das hier, nicht! Eiskalt zerbrach es mein Schutzschild, ohne Rücksicht, ohne Vorsicht, einfach mitten durch mein Herz. Mein Sichtfeld verdunkelte sich und diese eine warme Stimme, die mich so sehr an seine Stimme erinnerte, rief nach mir. Besorgt? Warum?


Kapitel 3




Langsam öffnete ich die Augen. Mein Hinterkopf brannte und als ich ihn mit einer meiner Hände berührte, spürte ich einen Verband. Was war denn bloß passiert?
Ich zuckte zusammen. "Du bist wach." Erleichtert, warm.
Woher kannte ich diese Stimme. Langsam drehte ich meinen Kopf zu Seite und sah in ein fremdes Gesicht. Woher kannte ich diesen Typen? Ich wusste doch, dass ich ihn irgendwo her kannte? Und als ich in diese liebevollen, warmen, nussbraunen Augen blickte, durchströmten die Erinnerungen an den Campus, Claeris, meinen aufgesprungenen Koffer, den aufdringlichen Ed und dieses eine Wort meinen Kopf. Und wieder kamen mir die Tränen. Wieder war ich machtlos. "Hey, ist doch alles gut. Habe ich irgendetwas falsch gemacht, dann tut es mir echt Leid." Betroffenheit, ehrliche Betroffenheit. Die eben noch so schön strahlenden Augen wurden plötzlich so traurig und dunkel. Und ich, ich konnte das nicht mit ansehen. Warum auch immer! Vielleicht weil ich die Trauer zu gut kannte! "Nein, hey, das war echt nicht deine Schuld, das ist eine lange Geschichte. Etwas persönliches. Mach dir keine Gedanken, das ist echt nur meine Schuld." Und das war es nun mal wirklich, rückblickend betrachtet, hatte ICH ihn doch so weit getrieben. Traurig versuchte ich mir für Ed ein kleines Lächeln abzuringen. Warum? Ich hatte wirklich keine Ahnung! Die einzige für die ich so etwas sonst tat, war Claer. Und das auch nur, weil sie wirklich immer schon versucht hatte für mich dazu sein.
Eds Blick veränderte sich, die Betroffenheit wandelte sich, nicht gänzlich, aber doch zumindest teilweise, wieder in dieses warme Strahlen. Ich hatte erwartet, dass er mich jetzt nach dem Grund fragen würde, doch zu meiner großen Überraschung tat er das nicht.
"Du hast mir aber echt einen riesen Schrecken eingejagt! Ich hab natürlich sofort die Schulkrankenschwester angerufen und gefragt ob sie da ist." Die Frage, woher er denn bitte deren Nummer hatte, benannte ich vorerst für mich als Unwichtigkeit. "Dann hab ich dich zu ihr hoch gebracht. José, mein Zimmernachbar, kam glücklicherweise grad raus, um nachzusehen, wo ich denn bleibe. Ich mein sonst hätt ich deine Koffer halt erst einmal draußen stehen lassen. Hätt schon keiner geklaut, um 9:30 Uhr abends am ersten Anreisetag war da ja eh keiner mehr. Hab mich auch total gewundert als ich dich gesehen hab. Bist ja auch wohl kurz vor Madame Bellers, das ist die Informationsdame, Feierabend gekommen. Hattest echt Glück, dass du die überhaupt noch erwischt hast. Naja, wo war ich. Ach ja. Auf jeden Fall hat José mir dann mit deinen Koffern geholfen und ich hab dich zu Melanie gebracht. Das ist die Schulkrankenschwester. Die hat dann deinen Kopf und dein Knie versorgt und José hat in der Zeit deine Zimmernummer herausgefunden. Dann hab ich dich also hier hin gebracht und da wären wir. Dein Zimmer. Dein Zimmernachbar ist übrigens mein Bruder. Der kommt aber erst morgen." Viel Text in kurzer Zeit. Wie schaffte der es sich nicht in seinen eigenen Worten zu verhaspeln. Etwas eingeschüchtert, brachte ich lediglich ein leises "Ok." heraus. Nun widmete er mir wieder dieses nussbraune Lächeln. Und ich verstand einfach nicht warum?


Kapitel 4




Ich sah mich um. Das hier war also mein Zimmer. Weiße, leere Wände, dunkles Laminat, zwei Betten ein großer Holzkleiderschrank, zwei kleine weiße Nachtschränkchen mit Lampe, neben den Betten, eine Balkontür, ein kleiner Tisch, zwei Stühle. Und ein kleines Bad sollte es auch noch geben, wahrscheinlich hinter dem Kleiderschrank, auf dem kleinen Flur, der wohl zur Zimmertür führte, auf der anderen Seite des Zimmers. Da wo das andere Bett einige Meter von meinem an der Wand stand und da einen Meter oder so vom kleinen Tisch, am unteren Ende des anderen Bettes, entfernt.
Als ich mich nun aufsetzten wollte, spürte ich ein Stechen in meinem Hinterkopf. "Pffff" "Hey, langsam. Du sollst dich heute noch nicht so viel bewegen, meinte Mel." "Mel?" "Hmmm, ach, Melanie die Krankenschwester." Kam mir das nur so vor oder färbten sich Eds Wangen gerade leicht rötlich. Ach, auch egal! Was interessierte der mich überhaupt?
Gott war mir schwindlig. Ich sprang auf, rannte Richtung vermutetem Bad, zur Toilette, was mir schwankend, wie ich lief, noch grad so gelang, ohne mich ernsthaft zu verletzen und übergab mich.
Jetzt war ich also nicht nur depressiv, nein, mir war auch noch scheiß übel!
Super zweiter Tag!
Als ich endlich aufhörte mich zu übergeben, reichte mir Ed etwas Papier und ich wischte mir kurz den Mund sauber, nur um mich danach wieder zu übergeben. Diesmal hielt Ed meine Haare zurück. So ging das noch einige Zeit, obwohl ich eigentlich nichts im Magen hatte, gar nicht wusste wann ich überhaupt das letzte mal etwas richtiges gegessen hatte. Irgendwann hörte es dann wieder auf, keine Ahnung wie lange ich so über der Toilette gehangen hatte. Ed drückte zum was weiß ich wie vielten Mal die Toilettenspülung, half mir dann auf und führte mich langsam zum Bett zurück. Unter diesen Umständen ließ ich seine Berührungen über mich ergehen, ohne mich zu beschweren. Dann legte ich mich wieder ins Bett. "Schaf ein bisschen, dann geht es dir gleich viel besser." Führsorglich, wie eine liebende Mutter.
Also schloss ich die Augen und schlief doch tatsächlich irgendwann einfach ein. Mich beständig fragend, was dieser Typ an sich hatte, dass ich mir Gedanken über ihn machte und ihn sympathisch fand und vor allem was der an einem offensichtlich mageren, knochigen, depressiven Jungen wie mir fand, dass er sich so um mich kümmerte.


Kapitel 5




Als ich meine Augen das nächste Mal öffnete, hatte der Schwindel noch lange nicht beschlossen mich in Ruhe zu lassen. Na super! Aber...., ja es gibt ein aber,.... mir ging es schon etwas besser. Ist ja aber irgendwie auch nicht ganz so verwunderlich, sonst müsste man sich ja schon Sorgen machen, einen Tag, zwei Nächte verschlafen und dann nichts besser. Hmmm. Würd ich wohl sterben. Ach, was soll´s, wär auch nicht so tragisch. Wär würde mich denn schon vermissen. Obwohl Ed schien mich ja scheinbar schon irgendwie zu mögen und dieser freundliche Arsch, war mir auch noch so sympathisch, dass ich ihn nicht einmal Arsch nennen wollte. Und immer noch seltsam! Aber immerhin hatte ich ja auch die meiste Zeit verschlafen, in der ich es hätte verstehen können. Apropos Ed, wo war der denn eigentlich? Als sich meine Augen an das helle Morgenlicht gewöhnt hatten, dass den kleinen Raum durchflutete, setze ich mich langsam auf. Langsam um keinen neuen Übelanfall zu provozieren. Ich sah mich um, doch Ed war nirgendwo zu sehen. Hfff, also hatte ich vorerst meine Ruhe. Aber irgendwie vermisste ich ihn, auch wenn ich es nicht wahr haben wollte. Aber ich spürte es so deutlich in mir. Die Ruhe des Alleinseins nämlich, bot mir keine nötige Ablenkung und ich konnte wieder einmal nur an ihn denken. Ihn, diesen Engel. Meinen Kyle, meinen Kyle den ich vertrieben hatte. Meinen Kyle, den ich mir entfremdet und zerstört hatte. Wäre ich doch bloß nicht so zögerlich gewesen. Scheiß Vorsetze! Es war und blieb nun einmal meine Schuld, was er getan hatte. Ich wusste das und als ich ihn vor mir stehen sah, diesen liebevollen-vorwurfsvollen Blick in den leuchtend grünen Safiraugen, kamen sie auch schon wieder diese Wassersturm-Schmerz-Tränen. Grün wie das Gras auf den Himmelswolken, waren seine Augen. Grün wie das Glück. Grün wie mein Himmel, meine Erde, mein Universum. Und ich, ich hatte uns zerstört! Einfach so! Nur, weil ich so dämlich war. Heute Nacht hatte ich wieder von ihm geträumt und war unzählige Male aufgeschreckt, nur um sofort darauf wieder in diese fesselnden Tiefen meines Ungeheuers zu tauchen. Gefangen in diesen tödlich, schönen Träumen mit ihm und stets demselben End,,e meinem Fehler, seinem Verlust, seiner schwindenden Liebe. Immer wieder und wieder derselbe Traum. Schwankend stand ich auf, suchte mit den Augen nach meinen Koffern, fand sie aber nicht. Ich torkelte etwas, als ich zum Schrank ging und tatsächlich waren meine Sachen eingeräumt. Meine Koffer standen leer unten im Schrank. Ich suchte zwischen meinen im Schrank liegenden Klamotten, fand aber meine Kulturtasche nicht. Ich schwankte weiter Richtung weißgefliesten, kleinen Bad und dort stand sie auf dem kleinen Waschbecken am Rand. Ich packte sie mir im Umkippen und landete, mich mit meinen schwachen Armen kaum noch abstützend, hart auf dem grauen Fliesenboden. Mit vor Tränen verschwommenem Blick, schüttete ich meine Kulturtasche aus und suchte mir am Rande der Verzweiflung, den kleinen schwarzen Beutel, riss ihn auf und griff mehr oder weniger gezielt nach einer der kleinen Klingen. Dann zog ich mir den Ärmel meines schwarzen Pullovers hoch, auf Erlösung hoffend. Und dort zwischen den anderen Narben und Schnitten setzte ich an. Auf der Innenseite meines linken Unterarmes. Sofort durchströmte mich dieses Gefühl, diese mich wohlig auffangende Wärme. Der Schmerz verschwamm in Erlösung. Ich schloss meine Augen und meine Tränen verloschen. Ich gab mich diesem Gefühl ganz hin, lehnte mich an die kalten Fliesen zwischen Dusche und Waschbecken und seufzte auf. So etwas erlösendes. Warum hatte ich es nur erst vor ein paar Wochen entdeckt? Niemand konnte mich so retten aus dem Schmerz, wie dieses Gefühl. Mein Körper bebte nicht mehr, die Schmerzen verblassten, der Schwindel schwebte davon. Nur noch Erfüllung, pure Erfüllung! Ich hörte nicht mehr wie sich die Zimmertür öffnete, so durchströmt war ich schon von der Ekstase des wohlig, warmen Netzes aus Schmerz, welches mich nun vor dem absoluten Sturz in die Depressionentiefe bewahrte.


Kapitel 6




„Scheiße! Man, was machst du da!“, eine vom Erschrecken durchflutete Stimme kam auf mich zu. Ich bemerkte sie erst gar nicht. Doch dann zuckte ich zusammen, als zwei warme Hände, starke Hände, meine Arme umfassten. Die Klinge entglitt meinen Fingern und mit weit aufgerissenen Augen starrte ich mein gegenüber an. Dunkle, kürzere, verwuschelte Haare, schokobraun, wie diese wunderschönen erschrockenen Augen. Eds Gesicht. Das Ed doch lange hellere Augen und Haare hatte, konnte mein Kopf in diesem Moment noch nicht wirklich realisieren. Der erschrockene Junge sprang auf und nahm sich eines der beiden weißen Handtücher auf der anderen Seite des Waschbeckens und wickelte es fest um meinen Arm. Ich bekam verwirrt wie ich war kaum etwas davon mit und mein Blick verschwamm. Diesmal blieb ich jedoch bei bewusstsein. Zumindest mehr oder weniger, denn der Junge, der wie Ed aussah, schüttelte mich vorsichtig an meinen Schultern. „Hey, Kleiner, mach jetzt keinen Scheiß. Bleib wach.“ Ich fühlte mich wie betrunken, dabei wahr ich noch nie betrunken, aber so oder so ähnlich musste sich das anfühlen. Dann wurde es plötzlich kalt, eiskalt und mein Kopf wurde wieder klarer. Ich schloss kurz die Augen, öffnete sie dann wieder und nahm meine Umgebung wieder aktiv war. Kaltes Wasser lief über meinen Kopf, welcher über dem Rand der Dusche lehnte. Dann stoppte das Wasser plötzlich und der Ed-Junge setzte mich wieder in eine aufrechte Position. Mein Arm brannte. „Gott, hast du mir einen Schrecken eingejagt, Junge. Geht´s dir jetzt wieder besser?“ Noch verwirrt über mein gegenüber, die Situation, einfach alles, konnte ich nur schwach nicken. Als ich meinen Kopf etwas senkte, erschrak ich und hätte der Junge mich nicht aufgehalten, wäre ich mit dem Kopf wohl gegen den aufgezogenen Sichtschutz der quadratischen Dusche in der Ecke an der Wand gestoßen. Er jedoch hielt mich sanft fest. Da war überall Blut, eine Pfütze aus Blut verteilte sich auf dem Fliesenboden und breitete sich langsam aus. „Hey, ruhig!“ Der Junge nahm mich hoch, wie eine Prinzessin. Normalerweise hätte ich das nie zugelassen, doch ich war zu geschockt, zu verwirrt, zu schwach. Er setzte mich auf einem der beiden Stühle des kleinen Tisches ab und eilte zurück ins Badezimmer, nur um wenige Sekunden Später mit einem erste Hilfe Kasten und einem zweiten, einem feuchten Handtuch, zurück zu kehren. Er kniete sich vor mir hin und ööffnetee den Kasten. Dann entfernte er das Handtuch um meinem Arm und wischte das Blut vom Arm, dann legte er irgendetwas Watteartiges um die Schnittstelle und wickelte danach einen festen weißen verband, fest um meinen Arm. Ich konnte nichts machen, nur zusehen. Dann stand er wieder auf und räumte den Kasten und die beiden nun blutbelaufenen, kleinen Handtücher wieder ins Bad. Er kam zurück und kniete sich wieder vor mich, ein trauriges Lächeln auf den vollen, rotbraunen Lippen in seinem gebräunten, hübschen Ed-Gesicht. Ein lächeln was seine Augen erreichte und dem dunklen braun einen traurigen Stich gab. „Kleiner, was machst du denn bitte für Sachen?!“, Augenblicklich erwiderte ich das traurige Lächeln. Gott, noch so ein Ed. „Ich bin übrigens Kirian, dein Zimmergenosse, sagte diese warme, tief-männliche Stimme. Ein Lächeln im Unterton. „Jag mir ja nicht mehr so einen Schrecken ein.“ Er lächelte immer noch, dabei musste ich doch ein schreckliches Bild abgeben. So schwach, kränklich, in sich selbst verloren. „Vielleicht solltest du dir erst mal etwas anderes anziehen und dich dann hinlegen. Ich mache das ad solange sauber.“ Es klang so nett, mitfühlend, liebevoll und dennoch bestimmend. So folgte ich also der fremden Anleitung, ließ mir von ihm aufhelfen und mich Richtung Bett führen. Er ging zu meinem Kleiderschrank und nahm eine enge schwarze Jeans und ein graues T-shirt heraus und legte es neben meine auf dem Bett sitzende Wenigkeit. Wieder dieses lächeln. „Bin dann mal im Bad, wenn du Hilfe brauchst ruf mich, ja?“ Ich nickte kurz, wisch aber seinem Blick aus, denn die letzten Tage hatten mich so sehr verwirrt. Dieses Gefühlschaos, alles auf einmal, so viele neue Gefühle auf einmal prallten auf meine gefühlskalte Maske ein und zerschnitten sie mit langen, messerscharfen Degen, ohne Rücksicht auf mich, zerstörten sie mein einzig mir gebliebenes Schutzschild nach und nach. Und das in nur so wenigen Tagen. Er wollte gerade um die Ecke ins Bad. „W-W-W-arte“, krampfhaft kämpfte ich mit meiner schwachen Stimme. Seine Augen betrachteten mich erwartungsvoll. Immer noch diesen traurigen Blick als Basis. „I-I-Ich k-kann da-a-a-s d-och auch m-machen.“ „kleiner du bist zu schwach um auch nur ein Wort heraus zu bringen. Leg dich lieber erst mal hin. Du bist zu schwach. Ich schaff das schon allein.“ Wieder ein liebevolles LÄcheln. Was hatten Ed und Kirian nur an sich, dass sie so nett zu mir sein konnten. Wieder drehte er sich um, wollte weitergehen. „D-D-Danke.“ Er ging weiter. „Gern geschehen, Kleiner, jetzt leg dich was hin. Er verschwand um die Ecke ins Bad. Danke! Ich streifte vorsichtig meine blutdurchlaufene Hose und den blutbespritzten Pullover ab und zog mir mit zitternden Händen die neuen Sachen an.


Kapitel 7




Ich hatte mich hingelegt und lag im Halbschlaf als ich eine warme Hand auf meiner Schulter spürte und dann eine Decke, welche über mir ausgebreitet wurde. „Ach, Kleiner.“ Ein tiefes Seufzen. Ich ließ es geschehen und blieb ruhig liegen, zu schwach, zu müde. Die Zimmertür sprang auf, als ich schon noch tiefer hinab gesunken war, in das Reich der Nächte. ich blieb liegen, öffnete nicht einmal meine Augen sondern gab mich der Dunkelheit einfach hin. Das folgende Gespräch zwischen Ed und Kirian konnte ich nur noch Fetzenweise nachvollziehen. „Hey, Bro, Kirian!“ „Pschcht, Eljanur schläft.“…“aber wenn er eben noch wach war…“ „Er hatte einen … Schwächeanfall…“ „zusammengebrochen! Einfach so? Was!“ „Ruhig, beruhige dich, ich hab ihn ja noch auffangen können, außerdem…“ … „Ok, ich glaube ich verstehe, der Direktor hat also mit einer Miss Claeris Bold gesprochen und die…“ „Ja, genau er hat wohl schwierige Familienverhältnisse…“ … „…und du sollst also ein Auge auf ihn hab…“ … „...frag mich, ob diese Miss Claeris seine Freundin vom ersten Abend…“ … „Ja vielleicht, aber angeblich hat er grad erste eine harte Trennung hinter sich… !“ … „… die neue vielleicht, was a…?“ „…, weil du so etwas kennst, so Probleme die er hat…?“ ………. „Wurden den auch…Probleme genannt…?“ „Ich, äh…(zögern)nein.“ …, dann brach das Gespräch ganz ab.


Kapitel 8




Mein Arm tat weh! Es war dunkel im Raum. Es musste Nacht sein, schätzte ich und setzte mich dennoch auf. In diesem Moment öffnete sich die Zimmertür und ein Lächelnder Kirian betrat das Zimmer. „Ja, tschau, bis morgen!“ Vor sich trug er ein Tablett mit Essen und drei Flaschen. „Kleiner, du bist ja wieder wach.“ Jetzt erst viel mir auf wie groß und muskulös Kirian war. Noch ein fröhlicher-starker Bär! Er stellte das Tablett auf den kleinen Tisch und kam auf mich zu, als ich versuchte aufzustehen. Schnell ergriff er meinen Arm und half mir auf. Mittlerweile dachte ich mir auch nur noch, scheiß egal, wenn die mich antatschten, scheint hier ja in Mode und mir gings grad eh so scheiße. Er dirigierte mich langsam zum Tisch und setze sich nach mir auf den anderen Stuhl. „Schon klar. Du willst jetzt nichts essen, aber zu musst, Kleiner. Ich kannte schon mal jemanden… wie dich.“ Irrte ich mich oder verfiel seine Stimme ins Traurige? „Also isst du!“ Wieder dieses kontrollierende, befehlende, in seiner freundlichen Stimme. „Was willst du trinken, Kleiner?“ Ich besah mir das Essen genauer. „Eine Schale mit Salat, eine Schale mit Gemüse, ein Schnitzel, Ein Stück Pizza Fungi, eine Schale mit Naturjoghurt und Müsli. Zu trinken gab es Wasser, Orangensaft oder Apfelschorle. „O-Orangensaft.“, meine Stimme konnte ich langsam wieder beherrschen, dieser seltsamerweise traumlose Schlaf, hatte mir etwas Kraft zurückgegeben, dennoch fühlte sich mein Hals immer noch rau an. „Gut, ich liebe Orangensaft. Er reichte mir eine Gabel und stellte den Salat vor mich. Dann schüttete er mir ein Glas mit einem Wasser-Orangensaft-Gemisch ein. „Keine Ahnung wie lange du schon nichts mehr gegessen hast,…“ Er sah an mir herab. „…. Aber scheint schon länger gewesen sein, die enge Hose liegt ja schon locker an deinen Beinen. Also fangen wir erst mal mit etwas seichtem an.“ „Ähm, ok, aber kannst du das S-S-chnitzel bitte weg stellen?“ „Hmmm, warum?“ Erstaunt sah er mich an. Ich sah auf und senkte meinen Kopf sofort wieder, wieder dieses freundliche lächeln. „B-Bin Vegetarier.“ „Ach, so.“ Er nahm das Schnitzel weg und ich begann zu essen. Ergab mich diesem Unterton in seiner Stimme. Erst die Schüssel Salat, dann den Joghurt und etwas von der Pizza. „Hör auf!“ Überrascht sah ich ihn an. „Ich seh doch, dass du nicht mehr kannst, also trink jetzt und leg dich dann wieder hin. Ich stand auf und er half mir zum Bett. Dort legte ich mich hin, er nahm die Wasserflasche vom Tablett und stelle ein volles Wasserglas auf meinen Nachttisch. Ich legte mich hin, wie mir befohlen und fiel erneut in einen dieser seltsamen traumlosen Schläfe.


Kapitel 9




Als ich am nächsten Morgen erwachte, war Kirian schon aufgestanden. Ich hörte die Dusche aus dem Bad und beschloss jetzt auch aufzustehen. Langsam setzte ich mich auf, versuchte dabei meinen linken Arm so wenig wie nur möglich zu belasten. Ich stöhnte auf, als ich über den Arm strich. So tief hatte ich wirklich noch nie geschnitten. Schmunzelnd betrachtete ich den Verband. Das er Edwain nichts davon gesagt hatte oder hatte er das vielleicht doch und ich war da nur schon eingeschlafen? Aber dann säße ich jetzt bestimmt schon irgendwo bei einem Psychlogentyp oder im Krankenhaus oder wer weiß wo. Immerhin ist es doch wohl kaum normal, dass jemand anderes mich so versteht, dass er mir das nicht antut. Oder nicht? Andererseits schien Kirian schon so jemanden wie mich zu kennen. Ich dachte an seine Trauer am letzten Abend, als er diese Person mir gegenüber erwähnt hatte. Was hatte das wohl zu bedeuten? Ich erschrak, als plötzlich mein Magen knurrte. Der hatte sich seit ein paar Wochen schon nicht mehr bemerkbar gemacht. Besser gesagt ich hatte gelernt die teilweise auftretenden Magenkrämpfe zu ignorieren. Ich stand, mal wieder verwirrt auf. Das schien in letzter Zeit ja richtig typisch für mich zu sein. Ich ging langsam auf den Tisch zu, und griff dort nach dem Rest der Pizza von gestern. Dann setzte ich mich mit der Pizza aufs Bett und griff nach dem Glas. „Hey, du isst ja was!“ Erschrocken sah ich auf und spürte auch schon wie meine Wangen rot wurden. Der durchtrainierte Kirian stand nur in einer grauen Boxershorts, wassertropfenbekleidet und mit diesem süßen Lächeln im hübschen Gesicht vor mir, ein Handtuch über den Schultern. Um nicht mit offenem Mund da zu sitzen, senkte ich meinen Blick. Ich hörte die sich öffnende Schranktür und wenige Sekunden später stand Kirian auch schon wieder vor mir. In blauer, weiter Jeans mit schwarzem Gürtel und einem blau-weiß-kleinkarierten Hemd. Als ich nicht aufblickte setzte er sich neben mich. „Weißt du…“ Ich blieb mit gesenktem Kopf sitzen. „Ich kannte wirklich einmal einen Jungen wie dich. Er hieß Same. … Ich, ich… habe ihn wirklich gemocht. Er war mir sehr wichtig. Ich meine… ich habe ihn wirklich sehr geliebt. Er… Aber dann… „ Ich starrte ihn an, hatte er gerade wirklich gesagt, dass er schwul ist. Jetzt drehte er sein gerötetes Gesicht weg, als er es mir dann wieder zuwendete sah ich die Traurigkeit in seinem Blick. „Stopp. Hör-r auf. Ich will nicht das du mir das erzählst, wenn du nicht willst.“ Dann lächelte er mich wieder an, aber das Lächeln erreichte seine traurigen Augen nicht. „Ich will aber, weißt du er war dir so ähnlich. Er hatte auch diese meeresblauen Augen und solch wunderschöne helle blonde Haare wie du.“ Nun war es an mir meinen Kopf wieder wegzudrehen, ich konnte seine Traurigkeit nicht ertragen. „Ich habe ihn wirklich geliebt.“ Auch ohne ihn anzusehen, wusste ich, dass er weinte. Ich hörte es an seiner nun zittrigen Stimme. „Eines Tages hörte er auf zu essen und begann sich zu ritzen. … Ich konnte einfach nichts dagegen machen… und… und die Therapie hat es nur noch schlimmer gemacht. Ich habe ihn dahin geschickt, weil ich ihm helfen wollte und als ich ihn dann besuchen wollte, wollte er mich nicht sehen. Ein paar Tage später rief die Polizei bei mir an, da ich sein einziger angegebener Kontakt war, und sagte mir, dass er sich in der Nacht die Pulsadern aufgeschnitten hatte. Ich war am Boden zerstört. Und dann kam dieser Brief. Der Brief mit nur einem einzigen Satz: …Ich…Ich…Ich has-se dich stand dort. Bis heute weiß ich nicht, warum es ihm so schlecht ging. Das macht mich so fertig, weißt du! Ich weiß nur, dass ich ihn umgebracht habe! Und so- so etwas möchte ich nie wieder erleben! Verstehst du. Du bist wie er, deshalb erzähle ich dir das wohl auch, denn sonst kennt … kennt.. jeder nur meine fröhliche Maske.“ Ich wendete meinen Blick nun wieder in seine Richtung und erkannte in seinen von Tränen durchfluteten Augen meine eigene gequälte Seele. Ohne darüber nachzudenken beugte ich mich vor, schloss meine Augen und berührte mit meinen Lippen ganz sacht die seinen. Doch als ich mich wieder zurückziehen wollte, löste sich seine Starre und er griff in meine zerzausten Haare, zog mich vorsichtig zu sich und küsste mich erneut. Erst lagen seine vollen, weichen Lippen ganz schwach auf meinen, doch dann wurden sie fordernder.


kapitel 10


Ich stieß ihn fort. Ich wollte verdammt noch mal nicht verglichen werden! Nicht mit seinem Ex. Mit niemandem! Nicht mehr! Ich sprang auf und spürte seinen verwirrten Blick im Rücken. Doch das war mir grad vollkommen egal. Ich rannte raus aus dem Zimmer und über den langen Flur möglichst weit weg. Das ich immer noch schwach war, merkte ich dann aber an den Treppen. Mein Tränen verzogen meinen Blick, ich schwankte und war viel zu schnell. Ich stolperte. Und hätten mich nicht diese starken Arme aufgefallen, hätte ich mir jetzt auch noch wer weiß was gebrochen. Doch eben das taten sie, sie fingen mich auf und ehe ich mich versah, stand ich eng an der Brust eines Fremden gelehnt. Ich Blicke langsam auf. Über mir sah mich ein erstauntes, unter den zurückgebliebenen Tränen verschwommenes , männliches Gesicht an. "Hey, pass auf was du machst." Eine tiefe, maskulin anmutende Stimme. "Hast du dir irgendetwas getan?" Nicht ganz so besorgt wie ich es in den letzten Tagen gewohnt war.

Impressum

Texte: YukiYuri
Tag der Veröffentlichung: 30.12.2012

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