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Teufelsliebe


"Verstehst du denn nicht, ich kann nicht mit dir zusammen sein!“ Diese Worte trafen mich wie ein Tornado der alles um mich herum mitriss. Eine Schere durchschnitt soeben mein Leben und ließ die Scherben vom Wind in alle Richtungen hinfort treiben. Meine Sicht zerriss, dann war alles rot, blutrot. Ein unendliches, allesumfassendes Meer aus tausenden blutigen Tränen. Und ich spürte wie sich der Boden unter meinen hohen Schuhen auflöste. Dann spürte ich diese Wärme. Diese so wundervolle Wärme, die mich weit über Wolke sieben hinausschießen ließ, mich fliegen ließ, wie ein Vogel. Eine Stimme an meinem Ohr flüsterte zuckersüß diese Worte. „Ich liebe dich nicht mehr.“ Der blutige Tränenschleier begrub mich und dann wurde alles schwarz. Schweißgebadet erwachte ich in meinem Bett und mit mir erwachte auch meine gefühllose Maske. Ich stand nicht auf, aß nicht, trank nicht, tat einfach garnichts. Nichts mehr! Denn mein Leben war davongeflogen, meine Gefühle waren gestorben. Mit IHM. Ich würde nie wieder leben können, für mich gab es so etwas wie Liebe nicht mehr, ich war tot. Eine Tote sterbende und doch lebende Hülle, die einmal ein Mensch gewesen war. Ein Mensch mit Gefühlen. Was auch immer das sein mögen. Er hatte mir ein Leben voller Glück gegeben und dann hatte er mir alles genommen. Er hätte mich damals springen lassen sollen. Aber vielleicht hatte ich diese Qualen auch verdient, immerhin hatte ich sein Herz eine Weile besitzen dürfen, wenn auch nur eine sehr kleine. Aber das Herz eines Engels zu besitzen hat eben seinen Preis. Besonders für jemanden wie mich, der eh schon lange tot sein sollte, jemand wertlosen. Heute wollte ich aufstehen, rausgehen und etwas zu mir nehmen. Nur etwas, nur genug damit ich noch länger leiden könnte, denn ich hatte es verdient. Er hatte mir die Illusion vermittelt, dass ich es nicht verdient hatte zu sterben, zu leiden. Die Illusion ich wäre gut genug für ihn. Doch er war immer noch ein Engel und irgendwann musste er dann auch die Wahrheit erkannt haben. Und mit ihm hatte ich nur noch mehr Buße auf mich geladen. Immerhin hatte ich ihn verführt mich zu lieben, diesen Engel. Mit mir einen unwürdigen, unwichtigen kleinen Jungen war er ins Bett gestiegen. Einem Jungen in hohen Schuhen, ganz hübsch gewesen vielleicht, aber den Tod an sich haftend wie einen Schatten. Ich stand also auf. Meine langes Pony fiel mir ins Gesicht, verschleierte meinen Blick, doch ich hatte nicht die Kraft es hinfort zu schieben. Meine langen schwarzen Haare klebten an meiner Haut, hingen hinab wie die Äste einer Trauerweide. Ich schminkte mich nicht, wie damals noch, als ich noch glücklich gewesen war, ich sah nicht mehr in den Spiegel. Ich war damals so ein fröhlicher kleiner Punk mit einem Hang zu hohen Schuhen gewesen. So hatte er mich immer beschrieben. Ein Emo, ein Punk, alle hatten sie mich beschimpft, sich über mich lustig gemacht, nur er nicht. Doch ich hatte es verdient, auch seinen Hass, seine Abscheu. Doch nie konnte ich sie bekommen, da nahm ich mir sein Herz. Es war wie eine Leihgabe auf Zeit. Ich schlüpfte in irgendeine schwarze zerrissene Jeans, irgendeinen schwarzen Pullover mit Löchern, in irgendwelche zerlaufenen Schuhe. Ich verließ die keine Wohnung, im untersten Stock eines heruntergekommen Hauses in einer der engen Seitengassen dieser Stadt. Ein Haus ohne Bewohner. Nur Ratten, Getier und ich und ich hatte es auch nicht anders verdient. Tränen bahnten sich einen Weg über mein Gesicht und tropften auf den kalten verdreckten Boden, den grauen Schnee. Sie färbten ihn rot. Zeichneten meinen Weg ab. Ich nahm die Kälte kaum war. Ging einfach immer weiter. Mit dem letzten Geld, dass ich noch besaß würde ich mir in einer dieser kleinen, alten Bäckereien etwas kaufen, irgendetwas, dann ein Getränk an einem Kiosk oder so. War mir eigentlich egal, ich musste nur leben um zu leiden. Ein emotionsloses geisterhaftes Bild eines Menschen, das seine Strafe für einen Mord verbüßte, für einen Mord und das Herz eines Engels. Und da sah ich IHN. Ihn mit einem Mädchen, Hand in Hand. Einem Mädchen! Ich ging einen Schritt vor. Nahm nichts mehr war, nur noch ihn. Und mein Blick verschwamm, immer weiter. Schritt für Schritt taumelte ich auf ihn zu. Und dann war da das Auto. Es riss mich mit. Weit hinfort in eine andere Welt. Es wurde alles so kalt um mich. So kalt wie noch nie. Ein Schrei und plötzlich wurde es immer wärmer, bis die Wärme mich umschloss. „Jona!“ Eine Stimme in meinem Geist. Heiße Tropfen auf meiner Haut. „Jona, oh Gott, Jona. Tu mir das jetzt nicht an.“ Immer zittriger, verzweifelter, trauriger. „Ich liebe dich doch!“ Das war das Letzte was ich hörte und auf einmal war ich wieder froh und auf meinem strebenden Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Ein Lächeln wie noch nie in meinem ganzen Leben. Mein Herz machte einen Sprung und meine Tränen verstummten: „Ich dich auch!“ Immer mehr warme Tropfen auf meiner Haut; dann nichts mehr. Selige Ruhe. An meinem Grab steht ein weinender Junge, wunderhübsch anzusehen, auch mit Tränen im Gesicht. Er macht sich Vorwürfe, dass er mich aus Angst vor der Reaktion der anderen verlassen hat. Der Reaktion auf seine Liebe zu einem Jungen, einem Jungen der ein Menschenleben auf dem Gewissen hat. Doch ich bin nur froh, dass er mich liebt.

Impressum

Texte: YukiYuri
Bildmaterialien: YukYuri
Tag der Veröffentlichung: 27.08.2012

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