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Prolog

Es  ist nun schon mehr als 2 Monate her, seit Lucernes (oberster Gott in dieser Welt) den Verstand verloren hat und die Welt ins Chaos stützen lies. Seit jeher ist die Verbrechensrate enorm angestiegen und auch  Naturkatastrophen häufen sich. Die Menschen ziehen von Stadt zu Stadt, um den Auswirkungen der Katastrophen zu entkommen, obwohl sie den eigentlichen Auslöser nicht einmal kennen wollen. 

 

Man kann sich ja denken was für eine Aufruhe zu dieser Zeit  unter den Engeln und kleineren Göttern herrscht:

Gabriel: *außer Atem, von einem weiteren erfolglosen Versuch Lucernes aufzuhalten*ha…ha… Verdammt wir können das nicht ewig aushalten!  Was sollen wir tun, Michael? Wir können ihm bald gar nichts mehr entgegensetzen!

Michael:*fast genauso außer Atem*Wir müssen weiter durchhalten, oder wir sind alle verloren! Wir müssen es einfach aushalten, zumindest bis er sich wieder erinnern kann.

Gabriel: Er? Du meinst doch nicht etwa Sol-*Unterbrechung durch Rafael*

Raphael: HEY! Hier seid ihr also! Ich hab euch schon die ganze Zeit gesucht. Wir brauchen euch an der Westfront, wegen der Überschwemmung und vor der Küste der Provinz Karana, braut sich ein Hurrikan zusammen.

Gabriel: Verdammt- das war nicht mal ein Monat nach der Letzten (großen) Katastrophe! Wir hatten kaum genügend Zeit, um uns zu erholen.

Michael: Wie ist die momentane Lage im Überschwemmungsgebiet?

Raphael: Es ist schlimm. Wir haben schon mehr als 15.000 Tote, einen Haufen an Schutt und ein Großteil der Gebiete ist immer noch überschwemmt. Und am schlimmsten ist, dass es so aussieht, als ob sich ein Hurrikan vor der Küste Naritas aufbaut!

Michael: Raphael, du begibst dich wieder zurück nach Karana und hilfst den Anderen. Gabriel du kommst mit und hilfst mir bei den Evakuierungsmaßnahmen.

Raphael: *etwas trotzig*Wieso muss ich immer auf deine Befehle hören? Nur weil du der älteste bist?

Michael: *wirft ihm einen ernsten Blick zu* Hmpf… Was hast du gesagt?

Raphael: *zuckt zusammen* Nichts! Ich werde mich jetzt auf den Weg machen. *eilt davon*

Michael: Dieser kleine…*wendet sich von der Richtung, in die Raphael verschwunden ist, ab* Komm Gabriel wir haben viel zu tun. 

Gabriel: Jawohl!

Die Beiden machen sich nun auch auf den Weg. Natürlich fliegt Michael voraus. 

Kapitel 1

 

>>ACHTUNG! ACHTUNG! WIR FORDERN  ALLE BEWOHNER IN UMKREIS VON 14 KILOMETERN DAZU AUF, DIESES GEBIET UNGEHEND ZU VERLASSEN UND SICH IN DIE HILFSLAGER IM WESTN ZU BEGEBEN! ACHTUNG! ACHTUNG! ...<< Ich richtete mich genervt auf und sah aus dem Fenster, an dem massenhaft Militärfahrzeuge vorbeifuhren.  „Oh man, können die einen nicht mal ausschlafen lassen? Es ist erst 5 verdammt noch mal!“, ich setzte mit den Füßen auf dem Boden auf und stand auf, um meine Sachen zu packen. Es war nicht viel, ein paar Klamotten, Bücher über Mythologie, ein paar Fantasy Romane,  ungefähr  5000 Karas (Geld), eine schon etwas ältere Pistole(natürlich zur Selbstverteidigung)und mein Technikkram, bestehend aus einer Festplatte, einem Laptop und einigen USB-Sticks. Alles fand seinen Platz in den Taschen und ich war praktisch bereit, aber wieso schon gehen wenn man noch in Ruhe duschen und frühstücken könnte. Also ging mein Morgen seinen gewohnten Gang, während der Rest der Stadt im Chaos versank.

Ich packte noch etwas Proviant in eine weitere Tasche und verließ meine kleine, schmuddelige Einraumwohnung, nach dem ich meine Stiefel und die Jacke geschnappt hatte. Die Leute waren noch mehr in Panik als ich gedacht hätte. Alle in Eile und vollgepackt mit nebensächlichen Sachen -wer brauchte denn Fotoalben, einen Haufen an Plüschtieren und Spielzeug, Töpfe und anderen Schrott-  die man in jeder Stadt neu kaufen konnte. Der Lärm der Maschinen und  der drängelnden Meute war wirklich nicht auszuhalten und verschaffte mit höllische Kopfschmerzen. Ich holte meine Kopfhörer aus einer der Taschen, schloss sie an mein Smartphone an, öffnete meine Lieblings Playlist und versenkte es dann wie der in meiner Hosentasche.   Ich passte die Lautstärke dem Lärm der Welt an. Überall waren die Häuser verlassen und die restlichen Mengen drängelten sich  durch die vollen Straßen. Da ich mir die Stadtkarte für solche Situationen immer genauestens einprägte, konnte ich über einige Gassen der Menge entkommen und mich ungestört zu den Lagern im Westen begeben.  So dachte ich zumindest.

Ich hatte schon seit einiger Zeit das Gefühl verfolgt zu werden, also schnappte ich mir das Metallrohr, das neben einem Müllcontainer, an der Wand, der Gasse, in der ich mich im Moment befand, lehnte. Ich begab mich in eine der angrenzenden Straßen  und wartete. Das Geräusch der Schritte hallte durch die enge Gasse. Ich festigte meinen Griff und machte mich bereit zu zuschlagen. Doch plötzlich verstummten die Schritte und das verunsicherte mich. Ich spähte in die, erstaunlicherweise leere, Gasse und begann nun leicht an meinem Verstand und Wahrnehmungsvermögen zu zweifeln. Ich ging etwas verunsichert weiter, blieb aber bereit mich jeder Zeit mit der Eisenstange in meiner Hand verteidigen zu können. Aber auch nach einer ganzen Weile verflog dieses unbehagliche Gefühl, beobachtet  zu werden, nicht. Ich sah mich um, konnte aber außer 3-4 Krähen, die sich auf den Dächern niedergelassen hatten, kein weiteres Lebewesen ausmachen.

Nach einiger Zeit begann das Krächzen der Krähen Lauter zu werden, sodass es selbst meine Musik übertönte. Ich drehte mich genervt um und stellte entsetzt fest, dass aus den paar Krähen in wenigen Minuten ein ganzer Schwarm mit garantiert mehr als 30 Tieren geworden war. Ich ging einige Schritte, um zu sehen, wie die Vögel darauf reagieren würden. Dann sah ich mich wieder nach ihnen um. Nichts. Sie hatten sich nicht bewegt, nicht einen Millimeter. Sie starrten mich nur an, wie ein hungriger Schwarm Heuschrecken einen grünen Busch. Ich festigte meinen Griff und Machte mich auf einen Angriff der Krähen gefasst, während ich, ihnen den Rücken zugewandt, weiter ging. Auch nach mehreren Metern machten sie nichts, außer mir über den Dächern zu folgen und natürlich die ganze Zeit zu krächzen, was mir ehrlich gesagt von alldem am meisten auf die Nerven ging.

Ich ging weiter bis ich in der Ferne ein paar, anscheinend von dem Militär zur Verfügung gestellten, Busse erblicken konnte.  Es stand eine riesige Menschenmenge um die 10- 15 Busse. Ich sah mich noch einmal nach den Krähen um und wollte dann weiter gehen, doch plötzlich brachen die Vögel in lautes Geschrei aus. Ich drehte  mich erschrocken um und versuchte mich gegen die Krähen, die in diesem Moment auf mich einstürzten, zu wehren.   Ich schlug wild um mich, traf dabei auch einige der Krähen, aber es waren zu viele. Sie zerkratzten meine Kleidung, Haut und rissen sogar einige Stücke Fleisch aus meinem Körper. Ich schrie bei jedem Mal laut auf, bis mein Körper durch den Schmerz so sehr betäubt und entkräftet war, dass ich keinen Muskel mehr rühren konnte und unliebsam in meinem eigenen Blut zusammen sackte. Noch immer floss das in meinen Adern pulsierende Blut aus den zahlreichen Wunden, befleckte meine Kleidung und meine Haut, jedenfalls was davon noch übrig war. Der immense Blutverlust und die fürchterlichen Schmerzen ließen mein Bewusstsein Stück für Stück verschwinden, während die Krähen weiter Stücke aus meinem Körper rissen. Doch plötzlich, als ich kurz davor war mein Bewusstsein vollkommen zu verlieren, hörte ich eine Stimme. Ich konnte nicht verstehen was sie sagte, aber die Krähen ließen von meinem fast leblosen Körper ab. Ich hob meinen Kopf, um die Person, die sich vor mich gestellt hatte, zu betrachten, doch durch das Blut, das mir  in die Augen floss, konnte ich nur eine verschwommene, schwarze Gestalt erkennen. Ich wollte mit meiner rechten Hand nach der Person greifen, doch ich hatte zu viel Blut verloren und schlug unsanft mit dem Körper auf dem harten Pflasterstein auf.

Ich versuchte mich wieder aufzurichten doch ich schaffte es nicht und landete erneut auf dem harten Boden. Ich spürte, wie die Person vor mir sich runter beugte. Sie hob meinen Kopf hoch und hielt ihn mit beiden Händen. >> so große Hände… also ein Mann? << er entfernte eine Hand, um eine Ampulle oder so was zu öffnen und führte diese zu meinen Mund. Die sich darin befindende Flüssigkeit floss in meinen Mund. sie schmeckte leicht metallisch, aber ich hatte so oder so keine  Kraft auch nur einen Muskel zu bewegen. Die Flüssigkeit floss aus meinen Mundwinkeln und tropfte auf den Steinboden. „Tsk . Also muss ich es doch auf diese Weise machen.“, sagte er, hob meinen Kopf noch etwas höher, legte seine Lippen auf meine und brachte mich dazu die restliche, sich noch in meinem Mund befindende Flüssigkeit zu schlucken. Dann löste er sie wieder von meinen Lippen. Ein fürchterlicher Schmerz durchfuhr meinen Körper, sodass ich mich vor Schmerz auf dem steinernen, mit meinem Blut befleckten, Boden, wand.  Mein Herz schlug immer heftiger in meiner Brust, mein Blut pulsierte in meinen Adern und mein Atem wurde schwerer. Es fühlte sich so an, als ob mein Körper in Flammen stände. „Hm… jeder andere Mensch wäre schon gestorben. Du bist auf jeden Fall interessant, aber sehen wir erst mal, ob du überlebst.“ >>Wait! Wait! Wait! „Mal sehen, ob ich überlebe“? Was soll das denn heißen? << Ich hätte dem Kerl am liebsten einen ordentlichen Schlag in seine Fresse verpasst, aber wie schon gesagt, mein Körper wollte einfach nicht mehr. >>Verdammt ich hab zu viel Blut verloren! << „Oh, zu schade, dann träum mal schö... N…f…li…“ >>Was sagt er da? ich versteh ihn nicht mehr...<< Der Schmerz, der mich bis vor kurzem total bewegungsunfähig machte, klang ab, mein Körper wurde taub gegenüber jeglichen Reizen. Mein Geist versank in der Dunkelheit. >>So fühlt es sich also an zu sterben. Es ist anders, als ich es erwartet hatte. << Ich ließ meine Erinnerungen an mir vorbei ziehen und genoss es, mich an die alten Zeiten zu erinnern. Meine Schultage, Ferien, Freunde, alles lief im Schnelltempo an mir vorbei, doch bei meinen letzten Erinnerungen stoppte es. Nicht da, als ich von der Vögeln zerfetzt wurde, sondern als dieser geheimnisvolle Typ mich küsste. >>Wieso ausgerechnet dieser Moment? << Die Erinnerungen zogen weiter an mir vorbei doch sie waren anders. Die Person entfernte ihre Lippen nicht von meinen, sondern begann mich zu küssen. Ich konnte jede seiner Berührungen spüren, was mich erst recht aus der Fassung brachte. Ein Glück endete das Schauspiel, bevor er über mich herfallen konnte. Mein Geist versank nun vollkommen in der Dunkelheit. Ich starb.

Kapitel 2

„So fühlt sich also der Tod an. Irgendwie  ziemlich beengt und unbequem.  Hä...was ist das?“ meine Hände gruben sich in einen leichten, weichen Stoff. Ich richtete mich verschreckt auf, jedoch stieß ich schon nach wenigen Zentimetern auf einen harten Wiederstand. Meine  Hände fuhren über die hölzerne Oberfläche. Nach kurzer Zeit ahnte ich schon, wo ich denn war, aber ich wollte es nicht glauben. Ich versuchte die Fläche vor mir anzuheben. Sie war schwer, aber ich konnte sie anheben, auch wenn es nur ein kleines Stückchen und für einen kurzen Augenblick war. Aber das reichte mir, um zu erkennen, dass sie Nirgends mit Scharnieren oder ähnlichem versehen war. Also schob ich sie Stück für Stück zur Seite, bis sie, durch die Schwerkraft, herunter fiel. Das Geräusch der herunterfallenden Platte hallte durch den Raum. Ich richtete mich auf, fast im selben Moment hallten mehrere Frauenschreie durch die gesamte Kapelle. Ich stieg aus der Kiste und vernahm sogleich weitere Schreie.  Mein Blick wanderte erst jetzt an mir herab und ich verstand sogleich warum: ich war, bis auf einige Verbände, vollkommen Nackt und grade aus einem Sarg geklettert.  Ich riss den Stoff des Sarges heraus und band ihn mir um die Hüfte, während der Priester  irgendeinen Müll von Wunder und Gnade  Gottes predigte. >> Christen, ein seltsames Volk << Ein kleiner Junge, vielleicht so um die 11 oder jünger, kam auf mich zu. Er reichte mir eine Decke, die wohl für Taufen oder ähnliches benutzt wurde.  Ich nahm ihm, die immer noch etwas feuchte, Decke aus den Händen und wuschelte ihm leicht durch seine lockigen dunkelbraunen Haare, bevor ich die Decke über meine Schultern legte. Kurze zeit später rief der Priester den Jungen zu sich.

 Ich versuchte einen Weg aus der allgemeinen Aufmerksamkeit zu finden, was sich doch etwas schwieriger gestaltete, als ich gedacht hatte. Glücklicher Weise richteten sie ihre Aufmerksamkeit wieder dem Priester zu, der wieder mit seiner Predigt über Wunder begonnen hatte. Ich begab mich vorerst an den Rand des Querschiffes und lehnte mich an eine der großen Säulen. Ich war grade auf der letzten Treppenstufe angekommen, als plötzlich der kleine Junge meine Hand nahm und mich hinter ihm herzog. Wir hielten vor einer dunklen Holztür. An der Tür war ein Schild angebracht, auf dem stand: „Zutritt für Unbefugte verboten!“ Er drückte die Klinke dennoch achtlos herunter und zog mich hinter sich durch die offene Tür. Der Gang, durch den wir liefen, war schmal und es standen einige Kisten an der Wand gegenüber den großen Fenstern, durch die man einen wundervollen Blick auf den Innenhof hatte. Es dauerte nicht lange, bis wir an der nächsten Tür angekommen waren. Der Junge holte einen Schlüssel aus seiner  Tasche heraus und schloss damit auf. Er zog mich in den mit modernen Möbeln ausgestatteten Raum. Es verwunderte mich schon sehr, dass es einen solchen Raum in der Kirche gab, besonders weil alle anderen Räume sehr altmodisch eingerichtet waren, wie auch nicht anders zu erwarten von einer Kirche. Die Wände des Raumes waren in einem warmen Orangeton gestrichen, weshalb mir der blaue Kleiderschrank in der Ecke sofort ins Auge stach.  Weiterhin befanden sich in dem Raum ein simples Bett, ein Stuhl, ein Schreibtisch und eine kleine Kommode. „ Setzen Sie sich doch hin, während ich Ihnen etwas Wasser und Kleidung hohle.“, sagte der Junge und verschwand sogleich hinter der Tür, die er hinter sich zuzog.

 Ich setzte mich auf das Bett und entfernte die Decke, die schon seit einiger Zeit ungewöhnlich warm war und sich nun fürchterlich heiß auf meiner Haut anfühlte. Mein Körper war an einigen Stellen, an denen die Decke meine Haut berührt hatte, leicht verbrannt. Meine Arme, mein Rücken, meine Schultern und sogar mein linkes Handgelenk waren teilweise verbrannt. >>Woher? Wieso hab ich es nicht bemerkt? Hm… vielleicht..<< Ich griff mit meiner rechten Hand, da sie kaum Verbrennungen aufwies, nach der Decke neben mir. Der Stoff wurde heißer und heißer, bis ich den Schmerz nicht länger aushielt und losließ. Ich betrachtete meine Hand - sie war verbrannt und schmerzte fürchterlich.  Meine verbrannte Haut riss bei der kleinsten Bewegung ein bisschen mehr auf und entblößte somit das darunterliegende Fleisch.  Schnell stand ich auf und suchte nach einem trockenem Stück Stoff, um die neuen Wunden zu verbinden und die Blutungen zu stoppen. Unglücklicher Weise fand ich keinen einzigen brauchbaren Stoff.  Keine Gardinen, oder Tücher, einfach nichts. Während ich den Raum durchsuchte, verteilte ich einige Bluttropfen auf dem Boden. Ich lies mich wieder aufs Bett fallen, nachdem ich sichergestellt hatte, nicht wieder in Berührung mit dieser seltsamen Decke zu geraten. >>Was für ein seltsamer Tag… erst die Krähen und jetzt das… irgendwas kann hier einfach nicht stimmen… <<. Ich starrte an die ebenfalls in Orange gestrichene Decke und ließ die vergangenen Ereignisse noch mal durch meine Gedanken wandern. Einen Augenblick später öffnete der Junge die Tür. Er starrte auf den mit Bluttropfen übersäten Boden und fragte: „Wieso ist hier überall Bl-…“, er stoppte, nur um mit einem noch weitaus mehr erschrockenen Ton und schockierten Blick fortzufahren, „Was?! Woher sind diese Wunden und das ganze Blut?“  „Tut mir leid. Mein Körper … meine Haut scheint etwas ausgetrocknet zu sein.“, versuchte ich die Situation runterzuspielen. Ich richtete mich prompt auf und konnte meine Hand grade noch im rechten Moment verstecken, bevor er die Sachen auf die Kommode, die neben dem Bett stand, legte. „He, Kleiner wie heißt du?“, fragte ich. „Nick.“, antwortete der Junge, ohne seinen Blick von der mit Wasser gefüllten Schüssel abzuwenden, über der er ein Stück nassen Stoffes auswrang. „Okay, Nick, könntest du mir bitte noch ein paar Fragen beantworten?“, er nickte still. „ Okay…“, begann ich, „…wie bin ich in diesem Sarg gelandet?“, Nick sagte nichts, was ich als sein Nichtwissen deutete. „ Wo bin ich hier eigentlich?“, fragte ich den kleinen Jungen. Fürs Erste blieb er wieder still, doch nach einiger Zeit antwortete er endlich auf die Frage: „Wir sind hier in Nehemes.“ „Nehemes?! Doch nicht das Nehemes im Süden der Provinz Genara?“ ,fragte ich erstaunt. Er nickte. >>Wie bin ich denn so schnell so weit ins Landesinnere gekommen? Es ist doch immer noch Nachmittag! <<. Plötzlich wurde es mir klar. „Der Wievielte ist heute?“, fragte ich leicht hysterisch. Nick sah mich leicht erschrocken an, aber antwortete, nachdem er sich wieder gefangen hatte: „Der 14. August.“, „Das kann nicht sein, heute Morgen war es doch erst der Neunte!“, brach es aus mir heraus. Nick wirkte sichtlich verwirrt. „Ernsthaft was ist hier nur los?“, fragte ich mehr mich selbst, als den verwirrten Jungen vor mir. >>Ach, verdammt! Ich versteh grad gar nichts mehr! <<

Ich spürte plötzlich einen kalten Luftzug, der über meinen Rücken streifte. Nick, der den Luftzug ebenfalls bemerkt hatte, reichte mir die Schüssel mit Wasser. Ich nahm den Lappen, der über dem Rand hing, und wollte die verbundenen Wunden reinigen, doch als ich die Verbände entfernte irritierte mich der darunterliegende Anblick gewaltig. Die Verletzungen an meinem Körper waren fast komplett verheilt. Ich ging mit dem Stoff sanft über die verletzte und verbrannte Haut. Das kalte Wasser fühlte sich auf meinem Körper fantastisch an. Jedes mal, wenn ich den blutgetränkten Lappen in dem Wasser auswusch, färbte sich die kalte Flüssigkeit mehr und mehr in einem rötlichen Ton. Ich versuchte auch meinen Rücken, der meinem Schmerzen nach definitiv  die meisten Verbrennungen abbekommen hatte, zu kühlen, doch dies gestaltete sich schwieriger als gedacht. Die Verletzungen an meinem Körper beeinträchtigten mich zu sehr. Mir fiel auf, dass Nick immer noch vor dem Bett stand. „Nick…“, fing ich an, „…wärst du so lieb und würdest mir helfen? Ich komme dort leider nicht ran.“, er nickte. Ich reichte ihm den Lappen und drehte mich dann um. Nick blieb still und ich konnte spüren wie er auf meine Schulterblätter starrte. „Eh… Nick?“, fragte ich vorsichtig und sah ihn über meine Schulter an. „J-ja, ich fang jetzt an.“, sagte Nick etwas zögerlich. >>Ich kann es ihm nicht verübeln, sie müssen grad schrecklich aussehen. << Er begann bei meinen Schultern und fuhr mit dem nassen Stoff über die Schulterblätter. Ich wollte mir die Schmerzen nicht ansehen lassen, doch ich zuckte zusammen, als er über die verletzte Haut wischte. „T-Tut mir leid, Sir.“, sagte Nick verunsichert hinter mir. „Schon okay, Kleiner.“, sagte ich aufmunternd. Nach einem kurzen Moment fing er sich wieder und arbeitete, noch behutsamer als vorher schon, weiter. Ich wollte ihn nicht noch mehr verunsichern und biss deshalb die Zähne zusammen. Nach einer Weile waren wir dann fertig und wollten die Verbände anlegten, doch erneut spürte ich Nicks starrenden Blick auf meinem Körper. Er starrte auf die große Brandnarbe, die sich fast über die gesamte Breite meines Handgelenks erstreckte und die die Meisten als Brandnarbe ansahen um sie gleich darauf mit einem merkwürdigen Blick abzutun, also war ich schon darauf gefasst, was jetzt gleich passieren würde. So dachte ich jedenfalls, doch es kam ganz anders. Statt dem unbequemen Schweigen, das ich erwartet hatte, sagte Nick: „Signum Solis.“, „ Was?“, fragte ich verwirrt. „Signum Solis, das ist Latein und bedeutet soviel wie Zeichen der Sonne. Ich habe es schon einmal in einem der Bücher, aus der alten Bibliothek, gesehen. Es gehörte angeblich zu einem Engel, der von Gott aus verschiedenen Sonnen erschaffen wurde. Er war einer der höchsten Engel und wohl auch sehr stark, aber er wurde aus dem Himmel verbannt. Wieso weiß ich nicht, die letzte Seite der Legende war herausgerissen. Wie war noch gleich sein Name? Ähm… S- So…lu...ma…  Ja, genau, Solumare hieß er.“, >> Solumare? << In demselben Moment, in dem mir dieser Name durch den Kopf schoss, wurde dieser von einer seltsamen Erinnerung begleitet und mein Körper verkrampfte sich.

 Es war sehr hell und der Himmel komplett wolkenlos. Da ich durch dieses helle Licht immer wieder geblendet wurde, war meine Sicht weite auf wenige Meter begrenzt. Um mich herum Standen vier in Weiß gekleidete Gestalten, jede in einer der vier Himmelsrichtungen. Wegen dem Licht war es mir nicht gleich aufgefallen, doch diese Gestalten trugen so etwas wie Flügel auf dem Rücken.  Die Gestalt, die direkt vor mir stand, schlug das Buch in ihren Händen auf und begann, daraus zu zitieren. Ich verstand kein Word, ich erkannte nicht einmal die Sprache, in der sie sprach. Es war so, als ob die Entfernung mehr als dreimal so groß wäre, wie sie es in Wirklichkeit war.  Aber ich war mir sicher, dass es eine alte Sprache sein musste. Nachdem er aufhörte, fing die nächste Gestallt an. So ging es weiter, immer im Uhrzeigersinn. Nach einiger Zeit hatten sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt. Die Gestallt vor mir hielt nun eine Kerze in der Hand und sagte: „Good Bye.“, es verwunderte mich, dass die Gestallt nun Englisch sprach. Aber nicht nur das, sondern auch die Tränen, die ihr über die Wangen liefen, und das Licht währenddessen in sich spiegelten, bevor sie die Flamme der Kerze auslöschte. Das Licht, das stärker wurde, als die Kerze erlosch, blendete mich und nahm mir die Sicht. Das „Farewell, Sol.“, der anderen drei Gestalten, und ein wuterfüllter Schrei waren das Letzte, was ich vernahm, bevor ich mich aus meinen Gedanken befreien konnte und wieder in dem orangen Raum befand.

Mein Körper war immer noch verkrampft, als sich ein stechender Schmerz in meinem Kopf ausbreitete und meinen Körper aus seinem Zustand befreite. Nick, der wohl so sehr in die Legenden aus dem Buch vertieft war,  schien nicht auf mich zu achten und redete weiter, bis  ich meinen Kopf leise stöhnend auf meine Hand stützte.  „Ah- Entschuldigen Sie Sir, ich wollte Sie nicht mit irgendwelchen alten Legenden langweilen.“, „Nein, nein du hast mich nicht gelangweilt. Mir ist nur… mein Kopf schmerzt nur etwas.“, sagte ich und versuchte ihn aufzumuntern, indem ich durch sein Haar wuschelte. Nick sah mit einem besorgten Ausdruck in mein leicht vor Schmerz verzerrtes Gesicht, auf das ich ein sanftes Lächeln gezwungen hatte. „Mach dir keine Sorgen. Mir geht´s gut, ich bin okay.“, versicherte ich ihm, obwohl das alles andere als auf mich zutraf. Mein Kopf schmerzte fürchterlich, ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen und die Narbe auf meinem Handgelenk brannte. Es war kaum auszuhalten, aber ich versuchte es mir von Nick nicht anmerken zulassen. Ich griff nach den Verbänden und begann, die verletzten Stellen an meinen Beinen damit zu verbinden. Ich versuchte nicht zusammenzuzucken, doch immer, wenn ich eine Wunde zu bandagieren begann, streifte der Verband die Narbe und ich zuckte zusammen. „Ist wirklich alles in Ordnung, Sir?“, fragte Nick. Ich hielt kurz inne, um den Schmerz runterzuschlucken und ein leichtes Lächeln aufsetzen zu können, und antwortete: „Ja, es ist alles okay… Und könntest du bitte aufhören mich Sir zu nennen, nenn mich einfach Jack, okay?“, er nickte und stellte eine Frage, die ich bisher nur selten  hören durfte: „Eh…J-Jack, woher hast du die Narbe?“ Diese Frage war mir nicht wirklich unangenehm, aber ich mochte es nicht über meine Vergangenheit zu reden. Trotzdem, es war solange her, dass ich die frage gehört hatte, also begann ich doch zu erzählen: „Ich weiß es nicht. Sie war schon immer da. Ich kann mich nicht daran erinnern, wodurch, oder wann, ich sie bekam, deswegen fragte ich, als ich 16 wurde, meine Mutter. Obwohl sie dieser Frage immer wieder ausgewichen war, gab sie mir diese Mal eine ernsthafte Antwort und setzte mir keine Ausrede vor, um nicht antworten zu müssen. Auch wenn die Antwort  nicht das war, was ich erwartet hatte, war ich irgendwie froh, dass ich es jetzt wusste. Ich wurde von meiner Familie adoptiert, als ich erst wenige Wochen alt war. Wer meine richtige Mutter war, wusste sie nicht. Die Narbe hatte ich angeblich schon damals, also blieb meine Frage offen. Kurz darauf stellte ich Nachforschungen an und fand heraus, dass meine richtige Familie, die Crown hieß, nur ein lebendes Mitglied besaß: mich. Es gab keine näheren Verwandten die noch lebten. Meine Mutter war ungefähr 3 Jahre nach meiner Geburt gestorben. Nachdem ich das alles herausgefunden hatte, begann ich mich immer mehr in der Familie wie ein Fremder zu fühlen.  Darauf hin kapselte ich mich immer weiter von meiner Adoptivfamilie ab, bis ich den Kontakt, nach dem Erlangen meiner Volljährigkeit, völlig abbrach. “, ich stoppte und blickte aus dem Fenster. >>Wieso sag ich ihm das alles? Und wieso zum Teufel fielen mir die Unstimmigkeiten in meinen Erinnerungen erst jetzt auf?! Wieso erst jetzt nach fast drei verdammten Jahren?! <<, ich biss mir vor Wut auf die Unterlippe. „Eh, Jack?“, fragte Nick besorgt. Ich löste meinen Blick nicht vom Fenster und fragte, leicht genervt: „ Was?“, „Du blutest.“, antwortete er erschrocken.  Ich hatte erst gar nicht gemerkt, dass sich meine Eckzähne in meine Lippe bohrten, doch nun konnte ich spüren, wie mir das Blut über meine Haut floss. Es war seltsam, meine Eckzähne waren niemals so lang gewesen, dass sie auch nur annähend so tief wie jetzt in mein Fleisch hätten gelangen können. Ich fuhr mit einem Finger über meine oberen Eckzähne. Sie waren lang und so scharf, dass ich mich beinahe erneut verletzte. Für einen Moment hatte ich Nicks Anwesenheit total vergessen. Doch schnell erinnerte ich mich daran, dass ich nicht allein in diesem Raum war und versteckte hastig meine Zähne.

Ich erstickte förmlich an dem Geruch meines Blutes, der im ganzen Raum verteilt war und nun ungewöhnlich süß roch.  Ich stand langsam auf, ging zum Fenster auf der anderen Seite des Raumes und öffnete es, um diesen penetranten Geruch zu vertreiben, da ich langsam immer hungriger wurde. >>Was ist nur los mit mir? <<, ich setzte mich auf die Bettkannte, griff erst nach der Schüssel mit Wasser, wusch mir dann das Blut aus dem Gesicht und wollte nach einem der übrigen Verbände greifen, doch Nick kam mir zuvor. Er nahm einen Verband von der Kommode und begann die restlichen Verbände anzulegen. „Danke Nick. Du warst eine große Hilfe.“, sagte ich und wuschelte ihm erneut durch sein lockiges Haar. Ich sah freudig zu, wie sein Gesicht rot wurde und er hastig aus dem Zimmer eilte, mit der Begründung, er habe vergessen, die Blumen im Innenhof zu gießen. Ich hatte den starken Regen schon vor einiger Zeit bemerkt und konnte mich, erst kurz bevor er wieder ins Zimmer kam, einkriegen: „Phf- Hahahahaha Das war einfach zu- Hahahahaha Diese Reaktion war einfach zu süß.“, der Gesichtsausdruck, mit dem Nick den Raum dann wieder betrat, zeigte mir schon, dass er mich gehört hatte. Eine Mischung aus Zorn und Scham war in seinem Gesicht deutlich erkennbar. „Das Essen wird bald aufgetischt. Komm mit, natürlich erst nach dem du dich angezogen hast.“, sagte er mit einem leicht trotzigen Unterton. Ich griff nach der Kleidung, die auf der Kommode lag und zog sie schnell an. Sie war recht schlicht. Naja, ich hatte auch nichts Besonderes erwartet, aber sie waren noch ungetragen. Das weiße Shirt passte eigentlich ganz gut zu meinen mittelblonden Haaren und der dunklen Jeans. Die Schuhe waren auch ganz ok. Es waren schwarze Sneaker, keine Marken-Teile, sondern no-name-Schuhe, wie die, die man ab und zu in Discountern finden konnte. Ich schloss das Fenster, dann folgte ich Nick durch die Tür. Auch der Rest des Gebäudes war in altmodisches dunkles Holz gekleidet. Unsere Schritte und das Knarren der Bodenbretter hallten durch die Gänge. Auf dem Weg zum Speisesaal begegneten wir einer Gruppe von Nonnen, die zu tuscheln begannen, nach dem wir wieder einige Meter von ihnen entfern waren. Wiedererwartend sprachen sie nur kurz den Nachmittags-Gottesdienst an und kehrten dann anscheinend zu dem vorherigen Thema zurück. Ich konnte es nicht ganz verstehen. Ihren aufgeregten Stimmen zufolge, musste etwas Unglaubliches passiert sein. Ich verlangsamte meine Schritte, um noch etwas mehr zu verstehen, doch Nick zog mich zügig weiter in Richtung Speisesaal.

Die Stimmen der Kirchenangehörigen und der Duft des Essens erfüllten den leicht feierlich  dekorierten Raum. „Huh… ein Fest?“, stellte ich erstaunt fest. „Ja genau, eine Willkommensfeier für dich, Jack.“, sagte er freudig. „Aber wi-“, wollte ich fragen, doch Nick zog mich zu einem der fünf großen Tische im Saal und forderte mich auf, mich an den Tisch zu setzen. Nick bezog den Platz links neben mir. Auf der anderen Seite des Tisches saßen ein paar mir mehr oder weniger bekannte Gesichter. Mir gegen über saß ein großer, leicht Muskulöser Mann mit blondem Haar. Er hatte schon beim Gottesdienst total aus der Menge herausgeragt, was wahrscheinlich an seiner Größe und seiner Haarfarbe lag. Aber nicht nur deswegen konnte ich mich an ihn so gut erinnern, sondern weil er der Einzige war, der, bei meiner „Auferstehung“, wie sie es nannten, nicht schockiert sondern eher erleichtert reagiert hatte. >>Ich versteh seine Reaktion immer noch nicht. Er ist irgendwie seltsam. <<, rechts neben ihm, also von mir aus gesehen gegenüber von Nick, setzte sich ein etwas älterer Herr in einem grünen Strickpulli auf die Holzbank. Auch er hatte mit im Gottesdienst gesessen und ebenfalls konnte ich mich gut an ihn erinnern, aber aus einem ganz anderen Grund. Er hatte, als alle anderen um ihn herum noch in heller Aufregung gewesen waren, angefangen in einem Liederbuch das nächste Lied rauszusuchen und das Lesezeichen in diese Seite zu legen, während die Menge um ihn sich wieder beruhigte. Wir unterhielten uns eine Weile, bis endlich das Essen aufgetischt wurde. Meine Begeisterung hielt sich jedoch in Grenzen. Eigentlich hatte ich wirklich auf Fleisch gehofft, doch alles was ich sah waren Fisch, gekochtes Gemüse, Brot und Kartoffeln als Beilagen. >>Verdammt, dabei hab ich doch so großen Hunger! Ich will Fleisch!!!<<, aber mein Margen zog sich schon seit einer Weile vor Hunger zusammen und ich hätte mich daher sofort auf das Essen stürzen können, doch Nick stieß mich plötzlich in die Seite und brachte mich dazu meine Aufmerksamkeit auf ihn zu richten. Mir war erst jetzt  aufgefallen, dass es im Raum stillgeworden war. Er deutete mit seinem Finger auf den Priester, der schon mitten in seiner Ansprache war: „ …aber lassen wir das erst einmal beiseite. Die meisten von euch wissen bereits, welches Wunder sich heute Nachmittag ereignet hat.“, die Leute begannen zu tuscheln und ich konnte hin und wieder einige misstrauische und ängstliche Blicke spüren. Ich versuchte sie so gut wie möglich zu ignorieren und hörte leicht gelangweilt dem Priester zu, der im Moment einige Bibelstellen zitierte. „Selig und heilig ist der, der Teil hat an der ersten Auferstehung. Über solche hat der andere Tod keine Macht, sondern sie werden Priester Gottes und Christi sein und mit ihm regieren tausend Jahre…“, je länger er zitierte, umso mehr verwunderte es mich, dass ich jedes einzelne Zitat kannte, obwohl ich, soweit ich mich erinnern konnte, nie die Bibel gelesen hatte und auch sonst kaum mit dem Glauben in Verbindung gekommen war. Es war seltsam, sehr seltsam. Aber nicht nur das, sondern auch, dass meine Kopfschmerzen, die schon vor einer Weile angefangen hatten, immer stärker wurden.  Ich hoffte darauf, dass er bald fertig sei, sodass ich endlich essen und mich dann ausruhen konnte.

Nach einer knappen halben Stunde, die mir wie eine Ewigkeit vorkam, war er dann doch endlich fertig und wir konnten, nach einem kleinen Tischgebet, endlich essen. Das Essen war recht schlicht und kaum gewürzt, aber das war mir im Moment total egal - ich hatte furchtbaren Hunger und es störte mich daher auch nicht, dass das Essen schon fast kalt war. Ich versuchte so unauffällig wie möglich meinen Hunger zu stillen, doch,  als ich mir grad die nächste Kartoffel auf den Teller schob, bemerkte ich die leicht schockierten und irritierten Blicke meiner Gegenüber und Nicks. „Was?“, fragte ich in einem etwas unhöflichen Ton, bevor ich ein Stück der Kartoffel mit der Gabel zu meinem Mund führte und aß. Ich bekam keine Antwort und aß weiter. Mein Gegenüber unterbrach mich, indem er mein Handgelenk packte, es zu sich zog und dann das letzte Stück der Kartoffel von meiner Gabel, genüsslich und in leicht obszöner Manier aß. >> Hat er das gerad wirklich gemacht?! <<, „Du solltest nicht so viele Kohlenhydrate zu dir nehmen, du wirst noch fett.“, sagte er scherzhaft, nach dem er runtergeschluckt hatte. „Als ob ich darauf achten würde, außerdem hab ich seit einigen Tagen nichts zwischen die Zähne bekommen,  Mister Medizinstudent.“, gab ich zurück, „Und könntest du mich jetzt bitte los lassen, Cas?“,  Cas war 24, also ein paar Jahre älter als ich, und im vorletzten Jahr seines Studiums. Eigentlich hieß er Christopfer Anderé Strun, aber er hasste diesen Namen und stellte sich mir gleich als Cas vor. Ich zog meinen Arm zurück und betrachtete die Narbe auf meinem Handgelenk, die augenblicklich aufgehört hatte zu schmerzen, als er sie berührte. „Was ist?“ fragte mich Nick besorgt. „Nichts, nichts.“, sagte ich und versuchte mich auf etwas anderes zu konzentrieren. Mein Blick fiel zufällig auf ein paar Herren mittleren Alters, jeder mit einem Glas Wein in der Hand. „Ah- Ein kühles Bier währe jetzt wirklich schön.“, murmelte ich vor mich hin, immer noch den Blick auf  die Herren gerichtet. „Na na, Minderjährige sollten nicht einmal daran denken dieses Gesöff zu trinken.“, ich blickte den Mann in dem grünen Pullover verdutzt an. Sein Name war übrigens Henry West. Nick und aus irgendeinem Grund auch Cas fingen an zu lachen.  Ich musste auch ein wenig schmunzeln, als ich in das verwirrte Gesicht des Mannes sah. Ich er klärte ihm, dass ich volljährig sei und nächsten Monat 20 sein würde. Ich schloss mich Nick und Cas an, die sich immer noch nicht eingekriegt hatten, und begann zu lachen. Nach einer Weile hatten wir uns dann endlich wieder beruhigt.  

Wir hatten schon vor einer Weile bemerkt, dass die meisten Leute den Raum verlassen hatten. Neben uns  befanden sich noch drei weitere Gruppen in dem großen Speisesaal. Es wurde immer später. Mister West verließ den Saal und kurz darauf auch Cas, der sich mit einem Kuss auf meine Wange verabschiedete. >>Wer macht sowas, ernsthaft? <<, Nick wollte mich zurück zu meinem Zimmer bringen, da das Gebäude, mit den gleichaussehenden Gängen und Türen, leicht einem Labyrinth ähnelte. Ich bat ihn noch kurz zu warten, weil ich noch mit dem Priester, der den Gottesdienst abhielt und anscheinend auch hier alles leitete, sprechen wollte. Es gab einige Sachen die ich ihn fragen wollte, aber da es schon spät war und ich Nick nicht lange warten lassen wollte beschränkte ich mich auf die Wichtigsten. Und im Moment war das Wichtigste für mich, meine Sachen wieder zu bekommen. >>Ich weiß, es sollte mich mehr interessieren, wie ich hier gelandet bin, aber diese Sachen sind mir halt sehr wichtig… <<. Ich hoffte, wenigstens einen Teil meiner Sachen zu bekommen, doch als ich danach fragte, schien er nichts davon zu wissen. Ich erklärte ihm, dass es sehr wichtig für mich sei, meine Sachen wiederzubekommen und um was es sich dabei handelte. Die Pistole ließ ich dabei natürlich außen vor.  Bevor ich es richtig mitbekam, hatte der Priester schon angefangen zu erzählen: „Wir fanden Sie gestern vor unserer Schwelle. Ihr Körper war kalt und nur so mit Wunden und Kratzern übersäht. Es ist wirklich ein Wunder, dass Sie noch leben. Aber eine Sache verstehe ich nicht…“, „Ja ich verstehe auch einige Dinge nicht. Aber was meinen Sie genau?“, fragte ich den Priester. „ Als wir Sie fanden, waren Sie in einem schwarzen Mantel gehüllt. Und obwohl Ihre Kleidung fast vollständig zerfetzt und mit Blut besudelt war, wies der Mantel nur sehr wenige Flecken auf. Das war aber das Einzige, was wir bei Ihnen Fanden. Ich könnte Ihnen den Mantel später bringen lassen, wenn er gewaschen wurde.“, meinte er. „Könnten Sie ihn mir noch vor dem Waschen bringen? Ich würde gerne etwas überprüfen.“, entgegnete ich. Der Priester sah mich einen Moment leicht verwirrt an, aber antwortete kurz darauf: „Eh... Natürlich, ich werde sofort jemanden schicken, um Ihnen den Mantel zu bringen.“, ich sah mich kurz nach Nick um. Er sah sehr genervt aus. Ich versuchte das Gespräch so schnell wie möglich zu beenden und gesellte mich dann wieder zu Nick. „Sorry, ich hab dich eine ganze Weile warten lassen.“, sagte ich. Nick winkte dies nur ab und brachte mich dann zu meinem Zimmer. Auf dem Weg gab er mir noch ein paar Tipps, wie man sich hier besser zurechtfinden konnte, er zeigte mir auch die wichtigeren Räume, wie Bad und Küche und auch noch sein Zimmer. Er schien müde zu sein und gähnte immer häufiger, was mich wiederum auch damit anfangen lies. Ich verabschiedete mich von Nick und trat in mein Zimmer ein.

Das Bett in meinem Zimmer war bezogen, eine kleine Lampe, eine Bibel, Papier und Schreibutensilien waren auf dem Schreibtisch platziert worden.  Ich setzte mich an den Tisch und begann mir eine provisorische Karte von dem Gebäude zu zeichnen. Ich hatte mir natürlich nicht gemerkt wie viele Türen in den Gängen waren, also war es schon etwas schwierig einzelne Räume richtig zuzuordnen.  Nach einer Weile hatte ich endlich eine Lösung für das Problem gefunden und war fast fertig, als plötzlich Jemand klopfte. Ich stand auf und öffnete die Tür. Vor mir stand ein Mädchen, so um die 17, mit welligen rotbraunen Haaren. Man konnte am Haaransatz leicht erkennen, dass sie gefärbt und eigentlich blond waren. Die Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Dabei hatte sie die Vorderen ausgelassen, die nun ihr hübsches Gesicht umrahmten und ihre meerblauen Augen besser zur Geltung brachten. Sie trug eins dieser Kleider, die Nonnen normalerweise trugen, und eine Kreuzkette um den Hals. >>Sie gehört also zur Kirche, zu schade… Sie hat ´nen tollen Körper, soweit ich das so beurteilen kann...<<, „Was ist?“, fragte sie in einem leicht besorgten Ton. „Eh- Es ist Nichts. Wieso bist zu so einer späten Zeit hier? Es ist schon dunkel.“, bemerkte ich und überprüfte den Rest ihres Körpers. >>Das ist doch definitiv C. Und das…<< Mein blick viel auf den schwarzen Stoff in ihrer Hand. „Ich sollte Ihnen das hier bringen.“, meinte sie und reichte mir den Stoff. Ich nahm ihr den Stoff dankend ab: „Ah, danke,…ehm.“, „Ich bin Ilia Lirea.“, sagte sie mit ihrer fröhlichen Stimme. „Freut mich dich kennen zu lernen. Ich bin übrigens Jack Crown.“ , sagte ich und streckte ihr meine freie Hand entgegen. Sie griff diese mit ihren, sie hatte, als ich ihr meinen Namen gesagt hatte,  kurz einen erstaunten Ausdruck auf dem Gesicht. „Es ist schon spät ich sollte gehen. Gute Nacht, Jack Crown~.“, sagte sie und schlenderte freudig durch den Gang. >>Okay? Das war jetzt irgendwie seltsam…<<, ich schloss die Tür und breitete den schwarzen Stoff aus. Es war anscheinend der Mantel, in dem ich angeblich eingehüllt war, als sie mich fanden. Ich überprüfte die Taschen. In der einen war mein Smartphone, mit meinen In-Ohr-Kopfhörern, und in der anderen Tasche fand ich eine Notiz:

Ich hab mir gedacht, du würdest es gern wieder haben.  Den Rest werde ich dir später bringen.

 P.S.: Pass mir gut auf meinen Mantel auf, bis ich da bin. Der war ne Heidenarbeit.

 

>>Was zur Hölle? Wann ist ´später´? Und wer hat diese verdammte Notiz geschrieben?! <<, ich stöhnte genervt auf, ließ mich aufs Bett fallen, zerknüllte die Notiz und warf sie weg. „So ein anstrengender Tag. Aber lieber in ´nem Bett schlafen, als auf ´nem Friedhof zelten.“, scherzte ich. Der Tag hatte wirklich an meinen Kräften gezerrt und ich war nun völlig erschöpft. Bevor ich es merkte, hatte ich schon meine Augen geschlossen und war eingeschlafen.

In meinem Traum sah ich wieder diese in Schwarz gekleidete Person. Sie war an meiner Seite und beschützte mich. >>Wovor? und wieso? << der Raum, in dem wir uns befanden, war weiß und scheinbar endlos. Die Person hielt mich in ihren Armen und zog mich dicht an sich. Überall waren schwarze Federn verstreut oder sanken zu Boden…

 Ich wachte auf, bevor der Traum endete. Irgendein lautes Geräusch hatte meinen Schlaf unterbrochen. Es war immer noch dunkel und ich konnte nichts sehen, da die Lampe aus war. >>Ich kann mich nicht erinnern sie ausgeschaltet zu haben,… aber wahrscheinlich hab ich das vergessen, da ich so müde war, als ich es tat. Ich sollte weiter schlafen…<<, ich schloss meine Augen und schlief wieder ein. 

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Tag der Veröffentlichung: 18.04.2014

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