Das Buch
Julia kam gerade an der Eichenallée vorbei als ihr schon zum zweiten Mal heute die neue Bücherei auffiel die da an der anderen Straßenseite neu eröffnet hatte. Einmal auf dem Weg zum Maronius-Gymnasium, auf dem sie mittlerweile in die neunte Klasse ging, und einmal auf dem Rückweg. Seltsam, dachte sie. Denn der einzige Grund, weshalb ihr die Bücherei aufgefallen war, war das alte, vergilbte Buch welches sie durch das Schaufenster sehen konnte. Es schien sie praktisch magisch anzuziehen. Dabei war das bestimmt nicht die Art von Büchern die sie las. Das konnte sie selbst von außen erkennen. Sie las nur Fantasy-Geschichten und Wissens-Bücher. Das war auch der Grund weshalb sie sehr klug war. Sie hatte schon von kleinauf viel gelesen. Ihre erste wunderschöne Fantasy-Geschichte, die sie zur Einschulung bekommen hatte (da konnte sie natürlich schon lange lesen), war der kleine Prinz gewesen. Sie fand es einfach wunderbar! Warum sie da schon lesen konnte? Nun, und darauf waren ihre Eltern natürlich besonders stolz, Julia hatte damals mit allen Mitteln versucht sich selbst das Lesen beizubringen. Und nach vielem hin und her fragen war ihr das sogar gelungen. So hatte sie schon in frühen Jahren angefangen die vielen Bücher ihrer Eltern, hauptsächlich Wissens-Bücher, zu schmökern und war so begeistert davon dass selbst bis heute, im zarten Alter von vierzehn, noch nie ein Tag vergangen war, an dem sie nicht irgendein Buch zur Hand hatte. Der oben besagte Grund ihrer Klugheit. Doch nicht alle fanden Bücher so begeisternd wie Julia und das wurde ihr oft zum Verhängnis. Denn die Mädchen aus ihrer Klasse konnten sie nicht nur aufgrund ihrer Klugheit nicht ausstehen sondern auch weil sie wirklich bildhübsch war und somit meistens alle männlichen Augen auf sie gerichtet waren. Denn ihre dunkelblonden, leicht gelockten und Taillenlangen Haare, ihre Smaragdgrünen Augen mit den langen dichten Wimpern und ihre zierliche, schlanke Figur passten perfekt zusammen. Das sagte zumindest ihre einzige und somit auch beste Freundin Laika. Sie war von Anfang an immer nett zu ihr und so hatte Julia sich schnell mit dem großgewachsenen, schlanken Mädchen angefreundet, das immer wach und aufgeweckt aus den nussbraunen Augen guckte und deren schulterlange, mahagonifarbenen Haare bei jedem ihrer Schritte freudig auf und ab wippten. Julia, die nur mittelgroß war und von Laika um einiges überragt wurde, fühlte sich bei dieser immer sehr wohl. Wenn sie traurig oder bedrückt war wusste Laika ihr immer mit Rat und Tat zur Seite zu stehen und munterte sie immer auf. Aber selbst wenn Laika ihr immer sagte, wie perfekt und klug sie doch sei, so war Julia trotzdem immer und immer wieder sehr skeptisch. Allein an ihrem Charakter hätte sie gerne viel mehr geändert. Denn erstens war sie viel zu schüchtern und hatte gegen die beleidigenden Worte ihrer Mitschülrinnen oft nur wenig entgegenzusetzen. Außerdem war sie gegen diese auch sehr klein geraten, da fast alle so groß waren wie Laika und Julia da kaum auffiel. Dazu kam noch ihre so genannte „Reife". Alle, aber auch wirklich alle anderen Mädchen hatten Oberweite. Selbst die magersten unter ihnen! Und Julia? Sie war flach wie ein Brett. Wenn nicht sogar noch flacher! Sie war wirklich nicht mal annähernd so perfek und klug wie immer alle dachten. Das war nur die äußere Hülle... . Aber Laika hatte das nie gestört. Doch heute war sie leider krank und Julia wurde ohne Schutz hemmungslos schlecht gemacht.
„Na, was soll's!“, rief sie laut aus, so dass ein paar Passanten neugierig zu ihr rüberschauten. Gerade als sie weitergehen wollte, fiel ihr jedoch wieder das alte Buch ins Auge. Sie überlegte kurz, doch dann ging sie zögernden Schrittes doch auf die Bücherei zu, an dessen Tür ein zerfressenes Schild hing mit der Aufschrift: „Antiquariat zum Regenbogen“. Antiquariat? Julia blieb stehen. Jetzt verstand sie. Das war gar keine Bücherei, sondern ein Antiquariat! Und zwar anscheinend ein sehr Altes wie die verschiedenen Stücke im innern aufwiesen.
Sie sah sich um. Ah! Da war es ja. Das Buch was sie gesehen hatte stand ihr direkt gegenüber, auf einem kleinen, verstaubten Ständer, lag das ebenso verstaubte Buch und gammelte anscheinend vor sich hin. Sie trat näher, nahm es vom Ständer und pustete einmal darüber, was einen heftigen Niesanfall auslöste. Als Julia sich beruhigt hatte nahm sie die alte Schwarte genauer in Augenschein. Da prangten ein paar golden schimmernde Zeichen in einer Sprache drauf die sie beim besten Willen nicht entziffern konnte. Plötzlich begann das Buch in ihren Händen zu beben und es wurde ganz warm. Dann „KLACK“, sprang der Verschluss an der Seite auf. Das Mädchen starrte das Buch an, als sei da plötzlich ein Minidrache auf ihrer Hand aufgetaucht, und wagte nicht sich zu bewegen. Nachdem der Schrecken jedoch verflogen war, fasste sie sich ein Herz, packte den warmen Buchdeckel und schlug die erste Seite des Buchs auf. Doch was sie dann sah, verschlug ihr den Atem und ließ sie daran zweifeln, ob sie noch ganz richtig im Kopf war.
[Fortsetzung folgt in Teil 2]
Texte: (c) by Yukiko |K.S.| 2009
(c) in Zusammenarbeit mit Minuro |K.S.| 2009
Tag der Veröffentlichung: 14.09.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für meine Familie
[Alle Ortsnamen,Städte,Länder,
Straßennamen usw. sind zum Teil frei erfunden.]