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Kapitel 1




[Taylor]

Ich ließ das warme Wasser über ihren Körper laufen und wusch ihr den Schmutz des Waldbodens vom Körper. Als ich ihr Gesicht wusch, zuckte sie ein wenig. Ich wartete ob sie jetzt wohl aufwachen würde, aber sie bewegte sich nicht weiter. Also ließ ich ihr
reines, warmes Wasser übers Gesicht laufen. Langsam und schwer öffneten sich dann auch ihre Augen.
Das erste was sie tat war ziemlich unerwartet und ich erschrak. Sie richtete sich blitzschnell auf und griff nach dem Halsband, das sie trug. Naja, es war eher wie ein großer Ring aus Eisen mit Runen reingeritzt, der ihr wie einem Tier angelegt wurde, damit man sie irgendwo anketten konnte. Als sie merkte, dass es noch da war, bekam sie kurz einen leeren Ausdruck in ihren Augen. Danach lag ein Ausdruck auf ihrem Gesicht, als ob sie sich an etwas extrem Schlimmes erinnerte. Doch das hielt nicht lang, denn sie zwang sich es zu vergessen und erstmal zu erkunden wo sie überhaupt war.
Sie sah sich mit großen Augen alles um sich herum an. Beim ersten Mal wurde ich strickt ignoriert. Beim zweiten Mal blieb ihr Blick an mir hängen. Sie tastete nach dem Zeichen auf ihrer Stirn, beugte sich zu mir vor und tastete nach einem auf meiner Stirn. Als sie merkte, dass ich auch das Zeichen trug, schreckte sie zurück. Ich wollte sie beruhigen, aber sie wich mir aus.
„Sie hat Angst vor dir“, kam es aus dem Hintergrund. Garrett stand jetzt im Türrahmen. „Weshalb? Ich bin doch wie sie.“ „Genau deswegen!“, meinte Garrett nun als wärs offensichtlich. Ich verstand es nicht. Wieso sollte sie Angst vor ihrer eigenen Rasse haben?
Ich erhielt die Antwort auf meinen fragenden Blick. „Meinst du etwa Menschen haben ihr diese Fuß- und Armfesseln und dieses monströse Halsband angelegt?“ Obwohl ich wusste, dass er keine Antwort erwartete, schüttelte ich den Kopf. Garrett sah mich nochmal mit einem selbstverständlichen Blick an und sprach weiter. „Der der ihr diese Fesseln angelegt hat, hat sie garantiert nicht nur irgendwo angekettet. So verschreckt wie sie ist muss er sehr schlimme Dinge mit ihr angestellt haben.“ Ich nickte. Das kam mir sehr wahrscheinlich vor.
Sie tat mir wirklich leid wie sie da so verschreckt in der Badewanne saß. Außerdem war ich wieder mal beeindruckt wie Garrett immer genau wusste was er sah und was er daraus schloss und dadurch auch immer wusste wie er handeln musste (selbst wenn es noch so wenig Zeichen waren aus denen er seinen Gedanken schloss). Das würde man ihm nie ansehen.
„Taylor! Hör auf in der Gegend rumzuträumen! Los waschen wir ihr noch die Haare und dann raus mit ihr aus dem Wasser, sonst wird sie noch krank.“ Ich nickte: „Aber sie hat doch Angst vor uns.“ „Ja“, er überlegte. Dann krempelte er sich die Ärmel seines Sweatshirts hoch und ging auf sie zu. Sie sah ihn mit immer noch ängstlichen, aber erwartungsvollen Blick an. „Hey, ich bin Garrett. Ich wollt dir mal die hier zeigen.“ Er deutete auf die Narben auf seinen Armen. Sie sah die Narben aber nicht an. Sie sah ihn einfach nur an. Er sah sie bittend an und deutete erneut auf die Narben. Dieses Mal schaute sie hin. Ihre Augen wurden noch größer als sie es ohnehin schon waren.
Garrett nickte. „Die hab ich behalten, von der Flucht, beziehungsweise einige davon hätte ich nie bekommen, wenn der daa“, er deutete mit einem spöttischen Grinsen auf mich: „sich nicht hinter mir versteckt hätte!“ Ich zog den Kopf ein und antwortete nur kleinlaut: „An meiner Stelle hättest du dich auch hinter dir versteckt!“ „Ja, aber du hattest ja nicht nur Angst. Am Anfang hast du ja auch gehofft ich würde auf Männer stehen.“ „Träumen darf man doch wohl noch“, jetzt war ich eingeschnappt und er lachte mich nur innerlich aus. „Ich hab noch nie von einem schwulen Dämon gehört“, sagte er belustigt, wie zur Bestätigung. Dann wendete er sich wieder an sie: „Was ich damit sagen wollte war… Wir sind genauso geflohen wie du und wir werden dir garantiert nicht wehtun. Wir wollen dir helfen. Wir sind keine Monster. Wirklich!“
Wir bekamen zwar keine direkte Antwort von ihr, aber sie setzte sich so hin, dass wir ihr die Haare waschen konnten. Garretts Überzeugungskraft war unnormal. Und, wenn er mit einem redete konnte man ihm wirklich vertrauen. Das würde es leichter machen ihr Vertrauen zu gewinnen und sie zum Sprechen zu bringen, damit wir endlich erfahren würden wer sie war und was passiert war. Garrett rutschte ein Stück zur Seite, damit ich ihr die Haare waschen konnte. „Können wir sie nicht irgendwie von diesen Fesseln befreien?“, meinte ich dann. Als er mich und dann ihren Nacken ansah, weiteten sich seine Augen. „Taylor..! Ich muss nachher mal unbedingt mit dir reden!“ Ich sah ihn nur fragend an.
Aber er schüttelte nur den Kopf, als könnte er irgendetwas nicht fassen.

Kapitel 2




Garrett hatte sie auf die Couch getragen und in eine dicke Decke eingewickelt, während ich ihr bereits etwas zu essen holte. „Hier. Du musst was essen, Kleines.“ Sie nahm den Teller, aber schien noch auf irgendwas zu warten. Ich lächelte: „Keine Sorge ist alles für dich allein und auch garantiert verträglich.“
Ich wusste noch genau wie Garrett und ich uns, nachdem wir einen sicheren Platz gefunden hatten, erstmal durch jegliches Essen der Menschen durchprobiert haben, um herauszufinden was wir vertragen. In der Hölle herrschten merkwürdige Essgewohnheiten, niemand wusste was genau wir eigentlich aßen, aber es gab uns viel Energie und schmeckte einzigartig. Wir haben auf der Erde nichts gefunden, was vom Geschmack auch nur annähernd heranreicht, und wir haben wirklich alles probiert.
Letzten Endes lief es auf alles ohne chemische Zusätze hinaus, die versauten uns irgendwie den Magen, aber alles was wirklich frisch zubereitet ist und nicht zu viel Salz enthält, ist eigentlich gut verträglich, allerdings sättigt es nicht besonders lange.
Ich hatte ihr zwei Rehrückenfilets mit Salat gemacht. Fleisch brachte am meisten Energie.
„Wir brauchen Sachen für sie und ein Bett. Sie muss sich erstmal richtig entspannen“, sie schien Garrett wirklich zu beschäftigen. „Okay, mache wir es so: Ich beziehe dein Bett neu, dann kann sie sich nachdem sie gegessen hat erstmal richtig schlafen. In der Zeit, werde ich ein paar Anziehsachen für sie kaufen gehen und einmal Bettzeug. Und ich werde noch etwas Fleisch kaufen gehen, zum einen sind wir jetzt drei und zum andern müssen wir sie wirklich aufpäppeln.“ „Ja… das ist okay. Mach das, ich passe in der Zeit auf sie auf und bring sie dann ins Bett.“ Ich ging aus dem Raum und bezog Garretts Bett neu. Danach schnappte ich mir das Auto und fuhr in die Stadt. Ich wusste genau in welchen Läden ich etwas finde würde und lief sie zielstrebig nacheinander ab.
Am Ende hatte ich zehn Outfits und fünf paar Schuhe zusammengekauft. Fast hätte ich das Bettzeug vergessen, aber als ich den Laden sah fiel es mir wieder ein und holte schnell welches.
Als ich zuhause ankam saß Garrett auf der Couch und starrte in die Ferne. Sie war nicht im Wohnzimmer, also nahm ich an sie schläft. Ich ließ die Einkäufe im Flur stehen und setzte mich neben Garrett. Ohne, dass ich etwas sagte, fing er an zu reden: „So blau..“, sagte er total vertieft in seine Gedanken. „Was ist blau?“, fragte ich ihn. Er sah mich nicht an: „Ihre Augen. Sie sind so blau. Hast du eine Ahnung…? Ich habe bei noch keinem einzigen Dämon so helle, klare, strahlendblaue Augen gesehen. Weil es das nicht gibt… Es gibt nur eine einzige… Sie sagten sie hätten sie getötet… Aber sie hat dieses Zeichen… Und soo blaue Augen…“
„Wovon redest du? Ich hab keine Ahnung wie du das meinst? Und wen haben sie getötet?“, ich hatte kein Wort verstanden.
Jetzt sah er mich an und sagte: „Sie! Sie sagten sie hätten sie getötet. Sie ist eine Gefahr für…für den Teufel…für die ganze Hölle. Sie war die erste die anders war. Erst nach ihr kamen wir, wir die Gefühle haben, uns am Leben erfreuen. Sie haben sie nicht getötet…sie haben sie gefoltert… und irgendwie konnte sie fliehen. Das ist unsere Bestimmung, wir müssen sie beschützen, damit sie uns befreien kann, damit wir nicht mehr weglaufen müssen. Genau das ist es wofür wir leben, wir sollten sie finden, wir sollen sie beschützen.“ Ich war geplättet. Es sprudelte aus ihm heraus als hätte er eine Erleuchtung erlebt. Er sah meinen skeptischen Blick.
„Taylor! Weißt du noch diese Hellseherin? Du hast die ganze Zeit gesagt, sie redet Unsinn, dass du gar nicht gemacht bist um jemanden zu retten. Aber sie hatte recht… ich habe es gespürt. Ich wusste sie hatte recht, nur wusste ich noch nicht wen ich überhaupt beschützen soll, aber als ich sie im Wald sah, wusste ich dass sich jetzt die Vorhersage verwirklich wird. Ich wusste nicht wer sie war, aber jetzt weiß ich es und ich weiß, dass sie bei uns bleiben muss. Wir dürfen sie nie aus den Augen verlieren. Sie sind garantiert auf der Suche nach ihr, immerhin könnte sie alles zerstören was Lucifer sich aufgebaut hat. Sein gesamtes Imperium und noch viel mehr.“
Mein Mund stand offen.
„Umziehen?“, konnte ich nach einigen Minuten fragen. „Ja! Aber erst muss sie uns vertrauen.“ „Okay… Ich werd uns morgen direkt wieder von der schule abmelden und den Makler beauftragen uns neue Häuser rauszusuchen und zu mailen. Dann hat er schon mal Zeit eine relativ große Auswahl zu erstellen.“ „Tu das. Lass uns die Lebensmittel in die Küche bringen.“ Er stand auf und holte die zwei Tüten mit Lebensmitteln aus dem Flur. Er deute, dass ich ihm helfen soll, also ging ich ihm nach, in die Küche.
Wir standen nebeneinander. Er reichte mir alles und ich räumte es weg. „Ich glaube das Halsband belegt sie mit einer Art Fluch“, sagte er plötzlich. „Wie meinst du das?“ „Die Runen sehen aus als ob sie einen Fluch über sie aussprechen, ich weiß nur nicht was, ich kann die Runen nicht deuten.“ „Was ist mit Susann, kann die nicht Runen aus der Hölle lesen?“ Er schwieg, als hätte ich etwas Falsches gesagt. Dann sagte er: „Sie haben sie letzte Woche gefunden.“ Ich sah ihn fassungslos an: „Nein... nicht wirklich, oder?“, ich setzte mich hin: „Aber sie war doch so unauffällig. Niemand hätte etwas ahnen können. Wie haben sie sie gefunden?“ „Es war ein Zufall“, er wurde etwas lauter: „Ein blöder Zufall!“ Wir schwiegen.

Impressum

Texte: Text alle Rechte bei I. Göricke
Tag der Veröffentlichung: 11.02.2011

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