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Kapitel-Übersicht

 

Thema:  selbst-verletzendes Verhalten[svV]

 

 

1. Einleitung 

 

2. Schmerz & Blut 

 

3. Funktionen 

 

4. Art & Häufigkeit 

 

 

Einleitung


selbst-verletzendes Verhalten [svV]

...ist die offene oder heimliche Verletzung am eigenen Körper. Der Betroffene fügt sich Selbst Schaden zu.

 

Neben den direkten Verhaltensweisen, definiert man auch die indirekten. 

 

Zu den indirekten Verhaltensweisen zählen:

  • - exzessives Rauchen,
  • - Alkoholismus, 
  • - Ess-Störungen

und auch weitere SuchtErkrankungen. 

 

Wie bei sexuellem Missbrauch auch

gibt es bei selbst-verletzendem, selbst-zerstörerischen Verhalten keine fundierten Untersuchungen die Aufschluss über Zahlen geben. Es ist jedoch davon auszugehen, das über 90 Prozent der Personen weiblich sind. 

 

Die Anzahl der Jungen

im Gesamtbild aller Personen ist nie untersucht worden. Gründe dafür liegen in der Ansicht, das Jungen, mehr als Mädchen, ihre Aggressionen ausleben können - die Mädchen eher ruhig und fürsorglicher sind. 

 

selbst-verletzendes Verhalten [svV] 

tritt zumeist in der Pubertät auf, ist jedoch in jeder Altersstufe zu beobachten. Ein nicht geringer Anteil der Betroffenen sind / waren Opfer sexuellen Missbrauchs. 

 

Da Jungen, wie Mädchen, Opfer sexuellen Missbrauchs werden

ist davon auszugehen, das die Anzahl der Jungen die svV praktizieren, sehr hoch ist. Sie richten ihre Schuldgefühle gegen sich selbst und verursachen dadurch unbewusst den Zwang beweisen zu müssen, das ihr Körper ihr Eigentum ist, und sie mit ihrem Körper anstellen können, was sie wollen. 

 

Sie kämpfen unbewusst gegen den Fakt, dass ihnen in der Kindheit von den Erwachsenen das genommen wurde, worüber sie keine Kontrolle mehr besaßen - ihren Körper. Deshalb muss man hier eher von einer Traumatisierung ausgehen. 

 

Weitere Risikogruppen sind Personen mit:

  • - BorderlineStörungen, 
  • - Psychosen, 
  • - emotionalen Störungen, 
  • - geistiger oder autistischer Behinderung, 
  • - einer gewaltvollen Vergangenheit. 

 

selbst- verletzendes Verhalten wird häufig im Zusammenhang mit diesen Diagnosen beschrieben:

  • - EssStörungen,
  • - Süchten,
  • - Depressionen,
  • - Borderline Persönlichkeits-Störung,
  • - posttraumatischen Belastungs-Störungen [PTBS]
  • - dissoziative Identitätsstörung [DIS]. [multipler Persönlichkeitsstörungen]

 

Beispiele für Formen von selbst-verletzenden Verhalten [svV]

  • - Haare ausreißen,
  • - Beißen in Hände, Lippen oder andere Körperpartien,
  • - wiederholtes Kopfschlagen, 
  • - ins Gesicht schlagen, in die Augen bohren,
  • - extremes Nägelkauen,
  • - ungesunde Ernährung,
  • - zuwenig Schlaf,
  • - exzessiver Sport,
  • - oberflächlichen Hautverletzungen,[ritzen, extremes Tätowieren / Piercen]
  • - mit Zigaretten, Bügeleisen usw. Verbrennungen zufügen
  • - Verbrühungen,- schneiden mit scharfen Gegenständen [Rasierklingen, Messern...]
  • - Abbeißen von Fingerkuppen,
  • - Drogenexzesse,
  • - chemische Substanzen oder Gegenstände schlucken,

und noch vieles Anderes mehr. 

 

Die Betroffenen von selbst-verletzendes Verhalten [svV]:

  • - wurden Opfer von Gewalt, Gewalterfahrungen
  • - erfuhren sexuellen, körperlichen und/oder seelischen Missbrauch
  • - haben oft ein gering ausgeprägtes Selbstwertgefühl / Selbstbewusstsein
  • - fühlen sich extrem miSVVerstanden und/oder vernachlässigt
  • - werden durch das Verhalten des sozialen Umfelds darin bestärkt
  • - wurden ständig Opfer von Hänseleien
  • - wurden oftmals der Lächerlichkeit preisgegeben
  • - fühlen sich als Außenseiter
  • - wurden am artikulieren von Wünschen / Bedürfnissen gehindert 
  • - sind nicht in der Lage Wünschen / Bedürfnissen zu äußern
  • - haben Probleme im Umgang mit Gefühlen und Aggressivität
  • - haben ständige unbegründete Angst
  • - haben impulsive Stimmungslagen, [eigenes Handeln nach Stimmungslage]
  • - haben eine leichte Reizbarkeit
  • - haben chronische Angstzustände,
  • - haben mangelnde Problembewältigung 

und noch vieles Anderes mehr. 

 

Kriterien für selbst-verletzendes Verhalten [svV] 

  • - mehrmaliges Verletzen der eigenen Haut durch Schneiden oder Verbrennen,
  • - ein unerträgliches Gefühl und Anspannung [unmittelbar vor der Selbstverletzung]
  • - Gefühle der Entspannung und/oder Befriedigung [durch den Schmerzes der Verletzung]
  • - verbergen der Anzeichen der Selbstverletzung [aus Angst vor Folgen / aus Scham] 

 

Abhilfe und Alternativen:

  • - darüber reden, unter Leute gehen
  • - nicht allein sein,
  • - ablenken mit u.a. Musik hören, Freunde Treffen, lesen...
  • - äußern eigener Gedanken, Gespräche mit Freunden und/oder Vertrauten,
  • - Äußerung der eigenen Gefühle [Gedichte, Geschichten, Tagebücher]
  • - Abbau von aufgestauten Aggressionen durch Kissen schlagen, laut schreien
  • - Abbau von Stress mit Sport
  • - bewusstes vermeiden der Benutzung von scharfen Gegenständen
  • - besondere gesicherte oder bewachte Aufbewahrung scharfer Gegenstände
  • - das Aufpressen von Eiswürfeln beim Drang nach svV   [Eiswürfel = hohes ungefährliches Schmerzgefühl]
  • - kreative Selbstbeschäftigung [basteln, schreiben und/oder zeichnen]
  • - weinen, den Gefühlen freien lauf lassen, die Gefühle anderen mitteilen,
  • - aufmalen roter Striche auf den Arm, wenn der Drang nach svV spürbar wird,
  • - Ursachen des Drangs nach svV ernsthaft erforschen und bekämpfen 

und noch vieles Anderes mehr. 

Schmerz & Blut

Die meisten Betroffenen berichten von:

  • - partieller Schmerz-Unempfindlichkeit 
  • - oder totaler Schmerz-Unempfindlichkeit 

während der Verletzungs-Handlung. 

 

Im Allgemeinen sieht man in dieser Schmerz-Unempfindlichkeit eine Überlebens-Strategie nach sexuellem Missbrauch in der Kindheit. 

 

Betroffene Kinder

haben [eventuell] gelernt, in den für sie unerträglichen Situationen mit dem Geist den Körper zu verlassen, oder sich, in einer Art Selbst-Hypnose, völlig gefühllos zu machen. 

 

Die Selbstverletzung

schafft hier ein Grenz-Erleben, und vermittelt ein Gefühl von Lebendigkeit. Die schmerz-unempfindliche Haut wird wieder spürbar. 

 

Der Schnitt selbst ist schmerzfrei.

Nachträglich stellt sich ein begrenztes SchmerzEmpfinden wieder ein.

 

Die unmittelbar nach der Verletzung empfundenen Gefühle werden überwiegend als:

  • - positive und rasche Entlastung,
  • - Spannungs-Minderung,
  • - einem 'sich geistig wieder klarer fühlen',
  • - sowie einer Hebung der Stimmungs-Lage,
  • - und des Selbstwert-Gefühls,

nach dem Akt der Selbst-Verletzung beschrieben. 

 

Das warme, pulsierende Blut - als ein Zeichen inneren Lebens.

 

 

Je größer aber der zeitliche Abstand

zur selbst-verletzenden Handlung ist, desto negativer wird die Handlung bewertet. Es stellt sich bei vielen die Erkenntnis ein, dass es ihnen schlechter geht als vor der Handlung, weil sie sich schämen und Schuld-Gefühle und Trauer empfinden. 

 

 

Viele Betroffene beschreiben, dass gerade der Anblick des Blutes

eine beruhigende Wirkung für sie habe. 

 

 

Aus einem SitzungProtokoll:

Meinen Körper habe ich, er ist immer da, er kann mich nicht verlassen!

Wenn das Blut warm und rot über meine Haut rinnt, und ich es fließen spüre, dann fühle ich mich gut, dann bin ich wieder in mir drin... 

 

...dann spüre ich, dass ich lebendig bin. 

 

Bei manchen Betroffenen beobachtet man:

  • - wahre Lust und enormen Stolz über diese Macht, 
  • - eine Art von Allmachts-Gefühl und Stolz darüber, 

dass man nicht auf eine Befriedigung durch andere angewiesen ist.

 

Funktionen

 

selbst-verletzendes Verhalten [svV] erfüllt vielfältige Funktionen 

 

 

Für die Betroffenen:

  • - die Inszenierung des eigenen Konflikts, 
  • - dient ihnen zur Beziehungs-Regulierung,
  • - ist Ausdruck von Wut, Frustration und Vergeltung,
  • - dient dem Erleben von 'masochistischem Triumph',
  • - Versuch das Familien-System aufrecht zu erhalten,
  • - hat Appell-Funktion,
  • - führt zur Einnahme der Kranken-Rolle.

 

 

selbst-verletzendes Verhalten [svV] kann:

  • - Selbstschutz-Mechanismus sein,
  • - dazu dienen sich unattraktiv zu machen,
  • - der narzisstischen Selbstwert-Regulation dienen,
  • - zur Spannungs-Reduktion dienen,
  • - als Suizid-Vorbeugung dienen,
  • - zur Selbst-Bestrafung dienen,
  • - zur Selbst-Entlastung dienen,
  • - zur Bekämpfung des seelischen Schmerzes dienen,
  • - zur Wiedererlangung von Kontrolle dienen,
  • - oder als Partner-Ersatz dienen,
  • - kann als Anti-Depressivum eingesetzt werden,
  • - kann als Anti-Psychotikum eingesetzt werden,
  • - helfen sich der eigenen Körper-Grenzen zu vergewissern,
  • - oder ein Traumata zu reinszenieren,
  • - oder kann ein Selbst-Opfer-Ritual darstellen.

 

 

Diese Funktionen müssen den Betroffenen jedoch nicht immer bewusst sein! 

 

Art & Häufigkeit

 

Bevorzugte Körperteile 

beim selbst-verletzenden Verhalten [svV] sind:

  • - Unterarme, 
  • - Oberschenkel, 
  • - Brust, 
  • - Bauchbereich,
  • - das Gesicht,

aber auch 

  • - die Genitalien

können betroffen sein. 

 

Der Zeitpunkt der ersten SelbstVerletzung 

beginnt häufig im Alter zwischen dem 12. und 22. Lebensjahr, also in der Phase zwischen dem Kindes-Alter / Erwachsensein. 

 

Selbst-Verletzungen treten meist

mehrmalig auf, teilweise nehmen Frequenz und Schweregrad der selbst-beschädigenden Aktionen im Laufe der Zeit zu. 

 

Die drei Hauptformen der SelbstVerletzungen

 

Man kann, bezüglich der Art und Häufigkeit der Selbst-Verletzungen, zwischen drei Hauptformen unterscheiden: 

 

 

1. die kompulsive Form - [zwanghaft]

wiederholt und ritualisiert, häufig am Tag, eher automatisch. 

 

2. die episodische Form - [zeitweise]

seltener, vor allem nach bestimmten belastenden Stress-Situationen.

 

3. die repetitive Form - [wiederholend]

auch episodisch, aber sehr häufig und erfolgt als eine reiz-spezifische Reaktion auf Stress-Situationen.

 

Verlässliche Zahlen:

über die Häufigkeit von selbst-verletzendes Verhalten [svV] liegen nicht vor. In der Alters-Gruppe der 15 und 35 Jährigen tritt jedoch eine erhebliche Häufig der Fall-Zahlen auf. 

 

Bei Jungen muss besonders auf das Risiko-Verhalten geachtet werden, welches leider allzu häufig als 'Mutprobe' ausgegeben und abgetan wird. 

 

Die Formen der SelbstVerletzung können sehr vielfältig sein.

Leider nimmt das soziale Umfeld der Betroffenen sie nicht immer wahr, verharmlosen sie, werten sie ab oder stehen ihnen hilflos gegenüber. 

 

Betroffene, die SelbstVerletzungen ausüben:

stoßen zum großen Teil immer noch auf großes Unverständnis. Die starken Emotionen, die durch die Konfrontation mit selbst-verletzendem Verhalten ausgelöst werden können, sind Ekel, Ablehnung, Fassungslosigkeit, Wut, Hilflosigkeit usw ... 

 

Dadurch kann selbst-verletzendes Verhalten [svV] verstärkt werden,

weil die negative Reaktion

unbewusste Bestrafungs-Wünsche der Betroffenen befriedigen kann.

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 30.04.2014

Alle Rechte vorbehalten

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