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LIEBE ZU JEDER TAGESZEIT

 

Kurzgeschichten-Sammlung: Die Liebesgeschichte von Marina und Maik

 

von Martina Hoblitz & Michel Pinball

LIEBE AM MORGEN

( … bringt Kummer und Sorgen?)

 

 

 

Ich erwache in seinem Arm und kann mich beim besten Willen nicht erinnern, was passiert war. Nur eins wird mir schlagartig klar; der Mann, in dessen Armen ich gerade liege, ist – nicht meiner!

Und bei der Erkenntnis, dass wir beide nackt sind, breitet sich Panik in mir aus.

Abrupt fahre ich hoch, was ihn natürlich weckt. Er schlägt die Augen auf, sieht mich an und grinst. Da fällt mir siedendheiß ein, ich weiß noch nicht einmal seinen Namen! Oder habe ich ihn nur vergessen? Habe ich ihn jetzt erst kennen gelernt? Oder kenne ich ihn schon länger?

Mein Hirn ist völlig vernebelt ….

 

***

 

Holla die Waldfee, war das eine Nacht! Und jetzt liegt sie neben mir und sieht irgendwie total verunsichert aus.

Klar, wir haben gestern so einiges getrunken, hatten beide ziemlich Einen sitzen, aber so heftig war es auch wieder nicht.

Und es war eine Premiere … noch nie bin ich vorher mit einer Mandantin im Bett gewesen und das auch noch an dem Tag, an dem sie gerade erst geschieden worden ist! Gut, ich hatte sie vorher noch nie gesehen, weil ich nur für den Gerichtstermin für einen Kollegen eingesprungen bin, also so direkt meine Mandantin ist sie eigentlich nicht, aber trotzdem …

Ich drehe mich auf die Seite und grinse sie breit an: „Guten Morgen, meine Süße!“ und ich gebe ihr einen Kuss auf den Mund, den sie stumm, aber mit großen Augen hinnimmt. Dann ziehe ich ihr die Bettdecke weg, sage: „Auch euch einen guten Morgen, ihr Süßen!“ und dann bekommt jede Brustspitze von mir einen Kuss.

Empört zieht sie die Bettdecke wieder hoch und faucht mich an: …

 

***

 

Was erlauben Sie sich?! Wer sind Sie überhaupt? Und wo bin ich hier eigentlich?“

Gott, wie peinlich! Ich kann mich wirklich an nichts erinnern.

Doch mir ist nur allzu klar, wie eindeutig diese Situation wirkt.

Gerne würde ich mich fest eingewickelt aus dem Bett erheben, aber leider gibt es nur eine Bettdecke, und es liegt keinesfalls in meiner Absicht, diesen Mann zu entblößen.

Das fehlt gerade noch! Ein fremder nackter Mann am frühen Morgen! –

Ach, wenn ich doch nur wüsste, was wirklich passiert ist?!

Ich starre ihn an wie ein waidwundes Reh und versuche krampfhaft, meine Blöße zu bedecken.

 

***

 

Ich starre sie an: „Du machst mir nichts vor? Du kannst dich wirklich nicht erinnern? Filmriss total???“ Und als sie nickt, fahre ich fort: „Okay, okay … der Reihe nach und um dein Gedächtnis vielleicht zurückzuholen: Ich würde mir nichts erlauben, was für dich nicht okay ist. Wer ich bin? Lachmann, Maik heiße ich, bin dein Anwalt, na ja, jedenfalls als solcher kurzfristig eingesprungen, weil dein eigentlicher Anwalt verhindert war. Ich hab dich geschieden, danach sind wir Essen gegangen, weil du mich als Dank eingeladen hattest, haben erst etwas und dann mehr getrunken, dann waren wir in einer Bar und irgendwann sind wir hier gelandet. Und hier – das ist bei mir. Und wenn es dir recht ist, dann mach ich uns erst mal einen Kaffee. Du kannst inzwischen ins Bad gleich gegenüber und dir was anziehen – obwohl das echt schade wäre ...“

 

***

 

Er macht tatsächlich Anstalten aufzustehen – so nackt wie Gott ihn schuf – und ich rufe entsetzt: „Nein! Bitte nicht aufstehen!“

Verblüfft lässt er sich zurück in die Kissen sinken und schaut mich an.

So, so, Sie … ähm … du bist also mein Scheidungsanwalt. - Scheidung?“

Langsam lichtet sich der Nebel in meinem Hirn. …

Ja, sicher, ich hab mich scheiden lassen! Von Jens, diesem notorischen Fremdgänger.

Das war gestern? - Ach ja, ich bin diesem Maik vor lauter Dankbarkeit um den Hals gefallen und hab ihn spontan zum Essen eingeladen. –

Wo waren wir noch gleich? Beim Chinesen? Ich glaub schon. Doch, ja, wir haben uns noch so über die Sprüche aus den Glückskeksen amüsiert … Mist, ich hab vergessen, was darauf stand! –

Und Bar? Kann nicht sein! Ich bin noch nie in einer Bar gewesen. – Aber da war irgendwas … so Frauen haben an der Stange getanzt … und … Um Himmels Willen! … ich auch! … Schrecklich!!

Hab ich denn wirklich so viel getrunken? Naja, ich bin Alkohol nicht gewohnt und vertrage nicht viel. Oder? ….

Ich werfe ihm einen misstrauischen Blick zu und denke kurz an K.O.-Tropfen. - Und dass ich hier bin, in seinem Bett. … Haben wir oder haben wir nicht? –

Mensch, Marina, erinnre dich doch! –

Ich sehe ihn eindringlich an. „Bitte, sei jetzt ehrlich! Ist was passiert zwischen uns oder nicht?“

 

***

 

Ich kann nicht anders, ich muss grinsen, obwohl sie mir auch leid tut, muss fürchterlich sein, sich nicht erinnern zu können.

Hmm“, sage ich und ziehe es sehr in die Länge, „also wenn ich sagen sollte, was NICHT passiert ist, dann wäre ich eher fertig. Und wenn ich ehrlich sein soll … du warst sehr heiß letzte Nacht und du wolltest so ziemlich alles.“

Ihre Augen werden immer größer: „War ich … war ich so schlimm?“ will sie wissen.

Schlimm … gar nicht, du warst sehr leidenschaftlich und vor allem warst du liebebedürftig. In deiner Ehe hast du lange Zeit nichts mehr davon bekommen.“

Hab ich viel erzählt?“ will sie wissen.

Na ja, wenn du zwischen den Küssen und den ganzen Spielen mal Luft zum Reden hattest, schon so einiges.“ grinse ich sie wieder an.

Was war denn so das Schlimmste, das ich gemacht hab?“ fragt sie unsicher.

Schwer zu sagen,“ erkläre ich, „in der Bar hast du auf dem Tisch gestanden und immer >Es lebe die Freiheit< oder >Nieder mit den Ehemännern< gebrüllt, und später dann hier bist du vom Bett gefallen und hast versucht, dich an den Vorhängen hochzuziehen.“

Ihr Blick wandert leicht panisch zum Fenster und zu dem Stoffbündel, das auf dem Boden liegt.

Lässt sich alles reparieren.“ beruhige ich sie. „Und – auch ehrlich – diese Nacht mit dir ist alle Vorhänge wert, die ich in der Wohnung habe.“

 

***

 

Es ist für mich einfach unglaublich, was ich da von ihm zu hören kriege. Nur eins ist mir jetzt klar, wir haben tatsächlich!

Aber dass ich mich so gar nicht daran erinnern kann?

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: eigene Texte verfasst 2017/2018
Cover: eigenes selbst gezeichnetes Bild
Tag der Veröffentlichung: 13.12.2018
ISBN: 978-3-7487-0097-5

Alle Rechte vorbehalten

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