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WIE KATZE UND HUND

 

 

von Martina Hoblitz

 

 

 

Kapitel 1

 

 

 

Diese Augen! Diese großen, saphirblauen Augen! Mit diesem unergründlichen Blick. Eine Mischung aus Angst, Hilflosigkeit, aber auch Zutrauen. – Dieser Blick traf Jennifer mitten in ihr großes, gütiges Herz.

 

Ohne Gegenwehr ließ sich das kleine Fellbündel von den 2 vorsichtigen, liebevollen Händen aus dem zerquetschten, durchnässten Karton heraus heben.

 

‚Schicksal!’ dachte Jennifer und drückte das kleine Kätzchen zärtlich an ihre Brust.

 

Wie gut, dass sie spontan beschlossen hatte, an diesem späten Abend und bei dem Sauwetter noch zum Papiercontainer im Hof zu gehen, um die zerrissenen Fotos von Ansgar gleich zu entsorgen! Sie wollte schon den Deckel wieder schließen, da hörte sie das zarte, wimmernde Stimmchen aus den Tiefen der Altpapierberge. – Du lieber Himmel, wie das Tierchen in ihrem Arm zitterte! Ob vor Kälte oder Angst konnte Jennifer nicht einschätzen. Auf jeden Fall nahm sie das Kätzchen erstmal mit hinein und hinauf in ihre Wohnung.

 

Dort setzte sie das Tier kurzerhand mitten auf den Küchentisch und musterte es kritisch von allen Seiten. „Was fang ich denn jetzt mit dir an?“ sagte Jennifer leise, mehr zu sich selbst. „Ich hab noch nie ein Haustier gehabt. Nicht mal Hamster oder Meerschweinchen. Ich hab keine Ahnung, wie ich mit dir umgehen muss.“

 

Die Antwort war ein klägliches Maunzen. „Erstmal mach ich dich trocken. Und dann kriegst du Milch!“ entschied die junge Frau und holte ein Handtuch aus dem Bad.

 

Das Kätzchen ließ die Prozedur geduldig über sich ergehen. Es schien zu spüren, dass diese Frau es nur gut mit ihm meinte. Es war ein hübsches Tier, rot-weiß getigert, mit weißen Pfötchen und weißer Schwanzspitze. Jennifer hatte keine Ahnung, ob es eine Katze oder ein Kater war und sagte zu dem Tier: „Ehe ich das nicht weiß, kann ich dir keinen Namen geben, kleiner Stubentiger!“

 

Dann holte sie Milch aus dem Kühlschrank; natürlich war sie eiskalt. Kurz entschlossen füllte sie eine Müsli-Schale bis zur Hälfte und stellte sie in die Mikrowelle. Vor lauter Aufregung ließ sie die Milch zu lange drin, und als sie die Schale heraus nahm, war sie kurz vorm Überkochen. Jennifer pustete heftig, um sie wieder abzukühlen. Dann stellte sie die Schale vor das Kätzchen. Das kleine Tier machte große Augen und schnüffelte, doch es begann nicht zu lecken.

 

„Oh Gott! Was mach ich denn jetzt? Du bist so winzig. Wahrscheinlich kannst du noch gar nicht allein fressen?“

 

Zögernd tauchte Jennifer ihren kleinen Finger in die Milch und hielt ihn der Katze vor das Mäulchen. Da begann das kleine Tier daran zu saugen, und ihr schoss der unsinnige Gedanke durch den Kopf: ‚Zum Glück hab ich keine langen Fingernägel!’

 

Noch mindestens ein dutzend Mal verfuhr sie so, dann drehte das Kätzchen den Kopf zur Seite und wollte nicht mehr saugen. „Na, das war ja nicht viel!“ seufzte Jennifer enttäuscht.

 

Als sie die Schale in die Spüle räumte und sich wieder zum Tisch umdrehte, sah sie die Bescherung. Eine braune Pfütze bildete sich unter dem Po des Kätzchens. „Auch das noch!“ rief Jennifer betroffen.

 

Dann reagierte sie umsichtig, holte eine Rolle Küchenpapier, hob das Tierchen auf eine Hand und wischte das Malheur auf. Sie überlegte: Wenn die Katze noch ein Baby war, vertrug sie wohl keine Kuhmilch? – Was konnte sie ihr also geben?

 

Da fiel ihr Ingo ein. Ihr Stiefbruder war ja Tierarzt. Aber ob sie den so spät am Samstagabend erreichen konnte? Und morgen war Sonntag; da hatte die Tierarztpraxis auch geschlossen. – Ach, sie würde ihn einfach mal privat anrufen und um Rat fragen.

 

Tatsächlich hatte sie ihn nach dem 3.Klingeln an der Strippe. Und sie überfiel ihn gleich mit der Neuigkeit. „Ingo, stell dir vor, ich hab ein kleines Kätzchen im Müll gefunden! Was soll ich tun?“

 

Nach einem kurzen verblüfften Schweigen lachte Ingo herzlich und fragte: „Traust du dir denn zu, dich um ein Tier zu kümmern? Du hast doch keine Ahnung!“ – „Deswegen frag ich dich ja!“ erwiderte Jennifer ungehalten. „Ich hab ihm etwas Milch gegeben. Die ist prompt hinten raus gekommen.“

 

Ingo lachte erneut auf. „Wahrscheinlich hast du dir da ´nen Welpen eingehandelt. Das Tierchen braucht die Flasche mit spezieller Katzenmilch.“ – „Und wo krieg ich die so spät noch her?“

 

Da war Ingo ratlos. Jennifer schlug vor: „Krieg ich so was an ´ner Tankstelle? Das ist das Einzige, was jetzt noch auf hat.“ – „Versuchen kannst du’s ja mal!“ meinte Ingo unsicher. „Such nach Katzenmilch für Welpen! – Und dann brauchst du ´ne Pipette.“ – „He, du stellst aber Ansprüche!“ – „Hör mal, ist deine Freundin nicht Krankenschwester? Vielleicht hat die so was? Sie wohnt doch bei dir im Haus. Frag sie doch mal!“

 

Jennifer zuckte hilflos die Achseln, was Ingo natürlich nicht sehen konnte, und entgegnete: „Ich kann’s versuchen. Aber ob sie heut am Samstagabend zuhaus ist, bezweifle ich.“ – „Schwesterchen, ich sag dir was! Versuch das Tierchen über Nacht am Leben zu halten, und ich komm morgen ganz früh zu dir und schau’s mir an!“ – „Sehr gnädig, Bruderherz! – Dann also bis morgen! Und glaub mir, ich geb mein Bestes!“ versprach Jennifer und legte einfach auf.

 

Als sie in die Küche zurückkehrte, saß das Kätzchen an der Tischkante und schien gerade die Entfernung zum Fußboden abzuschätzen. Jennifer rief erschrocken: „Um Gottes Willen!“ eilte hin und hob das Tier hoch.

 

Dann sagte sie mit sanfter Stimme: „Du kleiner Racker! Dir scheint’s ja gar nicht so schlecht zu gehen, wenn du so unternehmungslustig bist.“

 

Sie sah sich suchend um und murmelte vor sich hin: „Wo pack ich dich denn jetzt mal rein?“ Ihr Blick fiel auf den mit Schmutzwäsche gefüllten Korb. „Da hätten wir ja ein richtiges Nest für dich. Hoffentlich stört dich mein Schweißgeruch nicht?“

 

Sie machte eine Kuhle in die Wäsche und setzte das Kätzchen vorsichtig hinein. Das Tierchen schnüffelte und trampelte mit den kleinen Pfötchen in die Runde. Schließlich rollte es sich zusammen und fing wahrhaftig an zu schnurren. Jennifer war gerührt. „Bin ich froh, dass es dir gefällt! Jetzt muss ich dich aber kurz allein lassen. Ich geh mal rauf zu Tanja wegen der Pipette. Vielleicht weiß sie auch, wo ich Milch für dich her krieg?“

 

Nach einem letzten Blick auf das Kätzchen, das die Augen geschlossen hatte und wohl einschlafen wollte, eilte Jennifer aus der Wohnung und 2 Treppen hoch.

 

 

„Papa, ich bitte dich! Wir werden nicht so bald heiraten! Wir kennen uns ja kaum. Diese Verlobung war viel zu überstürzt.“

 

Hr. Schlüter lachte seinen Sohn einfach aus. „Aber Isadora ist doch eine sehr attraktive Frau und äußerst kompetent. Was stört dich an ihr?“

 

Ferdinand schnaubte verächtlich. „Sie ist eitel und arrogant! Und glaub mir, wenn nicht das Hotel im Hintergrund wär, hätt sie nicht das geringste Interesse an mir.“ – „Unsinn, mein Junge! Du bist doch auch ganz ansehnlich und hast gute Umgangsformen.“ – „Aber ich liebe sie nicht! Und ich denke, sie mich auch nicht.“ – „Was heißt schon Liebe? Bei deiner Mutter und mir war’s auch nicht dies himmelstürmende Gefühl. Wir mochten und respektierten uns. Und wir führten gewiss eine gute Ehe. Es hat mich tief getroffen, dass sie uns so früh verlassen hat.“ – „Und dich hat nach ihrem Tod nie wieder eine Frau beeindruckt? Sag jetzt bloß nicht, es lag an mir!“ – „Im Gegenteil!“ grinste der Vater. „Die Frauen haben Schlange gestanden, um bei dir Ersatzmutter zu werden. Aber mich hat tatsächlich nach deiner Mutter keine Frau mehr interessiert. Luise passte einfach perfekt zu mir!“

 

Ferdinand lachte. „Das klingt so, als wart ihr ein eingespieltes Team und kein Ehepaar!“ – „Sei nicht frech, mein Sohn! Natürlich hatten wir auch gewisse Gefühle füreinander. Sonst gäb’s dich ja nicht!“

 

Diese Bemerkung schien Herrn Schlüter direkt peinlich, aber Ferdinand grinste nur und pfiff auf 2 Fingern. Wie ein geölter Blitz kam ein brauner Rauhaardackel auf seinen kurzen Beinchen um die Ecke geschossen, bremste knapp vor Ferdinands Füßen und machte mit heraus hängender Zunge Männchen. Der junge Mann streichelte dem Hund über das Köpfchen, lobte: „Brav, Herkules!“ und legte ihm die Leine an.

 

Dann wandte er sich noch mal kurz an seinen Vater und verlangte: „Vorerst kein Wort mehr von Heirat, Papa!“ und verließ mit dem Hund artig bei Fuß das Haus. ---

 

Isadora wartete schon auf ihn im Biergarten, wo sie verabredet waren. Ferdinand betrachtete sie nachdenklich aus der Ferne. Sie war wirklich eine äußerst attraktive Frau, nach der sich so mancher Mann umdrehte. Mit ihrem großzügig geschminkten, ebenmäßigen Gesicht, ihren gefärbten, aufgestylten Haaren und ihrer stets nach dem letzten Schrei modischer Kleidung bot sie einen perfekten Anblick. Doch für Ferdinand war diese Schönheit künstlich; an Isadora war nichts Natürliches! Am meisten ängstigte sich Ferdinand jedoch vor ihrer offensichtlichen Gefühlskälte.

 

So begrüßte sie ihn auch jetzt, als er sich zögernd näherte, den leicht widerstrebenden Dackel hinter sich herziehend: „Musst du immer den ollen Köter mitschleifen?“ – „Was hast du gegen Herkules? Er ist doch ganz brav!“ entgegnete er ungehalten, was der Hund sofort widerlegte, indem er sich zu seinen Füßen setzte und die junge Frau böse anknurrte.

 

Triumphierend rief Isadora: „Siehste! Er mag mich nicht!“ – „Nur weil er spürt, dass du ihn nicht leiden kannst!“

 

Da winkte sie ab. „Genug von dem Vieh! Setz dich! Ich hab mit dir zu reden.“

 

Ergeben ließ sich Ferdinand auf dem Klappstuhl am Holztisch Isadora gegenüber nieder und band die Hundeleine an seinem Stuhl fest. Bei der herbeieilenden Bedienung bestellte er ein Radlermaß und blickte seine Verlobte abwartend an. – Nachdem sie einen Schluck Wein aus ihrem Glas getrunken hatte, sah sie ihn eindringlich an und begann: „Unsre Väter sind ja eifrig am Pläne schmieden. Von wegen Hochzeit und so. Was ist denn deine Meinung dazu?“

 

Ganz unerwartet konterte Ferdinand mit der Gegenfrage: „Warum hast du dich eigentlich mit mir verlobt?“

 

Isadora war zunächst verblüfft, doch dann antwortete sie zögernd: „Nun, ich mag dich irgendwie. Du siehst ganz passabel aus und kannst gut repräsentieren.“ – „Und ich werd mal das Hotel erben, auf das euer Konzern ein Auge geworfen hat.“ fügte Ferdinand sarkastisch hinzu.

 

Isadora lächelte unbehaglich. „Das ist ein wenig drastisch ausgedrückt, aber es stimmt in etwa.“ – „Aber du liebst mich nicht!“ stellte er trocken fest.

 

Und Isadora erwiderte mit hoch gezogenen Augenbrauen genau wie sein Vater: „Was heißt schon lieben? Ich sagte doch, ich mag dich! Du bist ein schrecklich netter Kerl!“ – „Danke für die Blumen!“ schnaubte Ferdinand verächtlich. „Für mich sind das keine guten Voraussetzungen für eine Ehe. Auch wenn mein Vater das anders sieht. Ich heirate nur eine Frau, die ich wirklich liebe! Und dich liebe ich nicht!“

 

Fast bereute er schon diese harte Aussage, da warf Isadora den Kopf in den Nacken und lachte schallend. „Deine Ehrlichkeit ist erfrischend, aber tut nix zur Sache! Statistisch gesehn halten Vernunftehen gewöhnlich länger als Ehen aus purer Liebe. Bedenke, wir beide stammen aus demselben Umfeld und verstehn unser Metier! Du lernst grad von deinem Vater alles, was du brauchst, und ich war auf der Hotelfachschule. Das sind doch die besten Voraussetzungen, um dein Hotel weiter zu führen. Allerdings unter der Leitung von unsrem Konzern.“ - „Kommt gar nicht in Frage!“ protestierte Ferdinand sofort. „Wir bleiben unabhängig und werden nicht zu einer 0-8-15 Unterkunft!“

 

Isadora grinste hämisch. „Träum weiter, mein Prinz! Von einer altmodischen kleinen Familienpension und der wahren Liebe. Du hast ja keine Ahnung vom wirklichen Leben!“

 

Etwas verlegen zuckte Ferdinand mit den Achseln und gestand: „Vielleicht seh ich wirklich alles etwas rosarot? Aber die Hoffnung stirbt zuletzt!“ – „Dann viel Glück bei deiner Suche nach was auch immer! – Und was ist jetzt mit uns?“

 

Ferdinand seufzte. „Können wir’s nicht erstmal so weiterlaufen lassen wie bisher?“

 

Sachlich erkundigte sie sich: „Wir bleiben also verlobt, aber jeder macht sein Ding? Und von Heiraten ist vorerst keine Rede?“ – „Wenn du damit einverstanden bist?“ – „Von mir aus!“ erwiderte sie gelassen und erhob sich.

 

Wieder knurrte der Dackel sie an. „Halt’s Maul, blöde Töle!“ schimpfte sie und verließ hoch erhobenen Hauptes den Biergarten.

 

Ferdinand schaute ihr verdutzt nach und atmete dann tatsächlich erleichtert auf. Er beugte sich zu seinem Hund hinunter, streichelte ihn ausgiebig und meinte lobend: „Bist schon ein kluges Kerlchen, Herkules! Durchschaust jeden sofort. Weißt du was, mein Lieber? Jetzt geb ich dir ein Versprechen. Die Frau, die du auf Anhieb magst, heirate ich vom Fleck weg!“

 

Dann lachte er herzlich, und Herkules bellte begeistert und leckte ihm die Hand.

 

 

Jennifer hatte in vielerlei Hinsicht Glück. Zunächst war ihre Freundin Tanja tatsächlich zuhause und öffnete auch sofort auf ihr Läuten. Dann als sie ihr die Geschichte von ihrem kleinen Gast erzählte und die Anweisungen ihres Bruders mitteilte, lachte die junge Frau und meinte: „Wegen der Pipette bist du bei mir genau richtig. Ich hab immer ein paar in meinem ambulanten Notfallköfferchen, wenn ich im Rettungswagen mitfahre. Grad gestern hab ich meine Vorräte aufgefüllt. Und was die Milch für deinen kleinen Schützling betrifft. Wenn du keine spezielle Katzenmilch findest, genügt für den Übergang auch Babymilchpulver. Das kriegst du bestimmt in der Tankstelle.“ – „Na, dann will ich mal gleich hinfahren!“ beschloss Jennifer, nahm die Pipette und verabschiedete sich.

 

In ihrer Wohnung griff sie nach Autoschlüssel und Geldbörse, schaute kurz in den Wäschekorb, wo das Kätzchen zusammengerollt wie ein Wollknäuel schlief und machte sich auf den Weg zur Tankstelle am Stadtrand.

 

Die Katzenmilch fand sie nicht, aber sie kaufte auf Anraten ihrer Freundin eine Dose mit Milchpulver für Säuglinge. – Der alte Hr. Krause, dem die Tankstelle gehörte und bei dem sie immer ihre kleine blaue Ente auftankte, staunte nicht schlecht über ihren Einkauf und musterte die junge Frau misstrauisch von Kopf bis Fuß. Er hatte sie länger nicht gesehen, und Jennifer konnte sich ein Lachen kaum verkneifen, denn sie ahnte in welche Richtung die Gedanken des Mannes gingen. ---

 

Wieder zuhause machte sie sich fertig fürs Bett und trug dann ganz vorsichtig den Wäschekorb mitsamt schlafender Katze ins Schlafzimmer.

 

Als sie am folgenden Morgen erwachte und sich reckte, trat ihr Fuß plötzlich in etwas Weiches, Haariges. Erschrocken hob sie die Bettdecke und fand zu ihrer Erheiterung den kleinen Stubentiger zusammengerollt am Fußende in ihrem Bett. Das Tierchen tat ganz unschuldig und blickte sie nur mit seinen ungewöhnlichen blauen Augen unterm Berg her an. Jennifer staunte. „Na, du kleiner Schlawiner! Du scheinst wirklich ganz munter zu sein. Ich glaub, du hast gestern nur so schwach getan, damit ich Mitleid mit dir hab und dich mitnehme. Du bist wohl doch kein Baby mehr.“

 

Sie ging ins Bad, und die Katze sprang munter vom Bett und folgte ihr mit hocherhobenem Schwanz wie ein Fragezeichen. Dort sah sich das Tier um, warf Jennifer einen vorwurfsvollen Blick zu und machte eine Pfütze mitten auf die Fliesen.

 

„Ach, du Schreck!“ rief Jennifer betroffen. „Du brauchst ja auch ein Klo! So’n Mist, dass heute Sonntag ist!“

 

Seufzend beseitigte sie das Malheur mit einem Wischlappen, machte sich frisch und zog sich an. – Sie war gerade damit fertig, da läutete es an der Tür. Jennifer eilte, um zu öffnen und zog erleichtert ihren Bruder Ingo in die Wohnung.

 

„Schön dass du dein Versprechen wahr machst!“ sagte sie zur Begrüßung.

 

Ingo grinste und verlangte: „Dann zeig mir mal dein Findelkind!“

 

Jennifer führte ihn in die Küche und sah sich suchend um. Dann entdeckte sie das Kätzchen, das unter dem Tisch kauerte und verschreckt auf den großen stattlichen Mann mit der tiefen lauten Stimme starrte. Doch diese Stimme wurde ganz warm und sanft, als Ingo in die Hocke ging und lockte: „Na, du hübsches kleines Ding? Hab keine Angst! Ich tu dir nix. Ich will dich bloß mal anschaun.“

 

Langsam ließ er sich auf alle Viere nieder und krabbelte vorsichtig auf die Katze zu. Als er die Hand nach ihr ausstreckte, wollte sie zurückweichen, doch Ingo war schneller und hatte sie schon gepackt. Als er sich zusammen mit dem Tier wieder aufrichtete, fing das Kätzchen tatsächlich an zu fauchen. Ingo lachte. „Ein mutiges kleines Vieh! Lässt sich nix gefallen. Na, wollen doch mal sehn, was du bist.“

 

Nach einer kurzen Prüfung verkündete Ingo seiner Schwester: „Ein Weibchen!“

 

Und Jennifer meinte begeistert: „Fein. Dann nenn ich sie Tiffany!“ – „Wie kommst du denn darauf?“ fragte Ingo verblüfft.

 

„Wegen ihrer funkelnden Edelsteinaugen. Die haben’s mir sofort angetan.“ – „Wie du meinst!“ erwiderte er und legte die Katze in ihre Arme. „Sie scheint ganz gesund zu sein. Und obwohl sie so klein ist, ist sie doch kein Welpe mehr. Sie braucht keine Flasche mehr!“ – „Und warum hat sie sich gestern so angestellt mit dem Trinken?“ wunderte sich Jennifer.

 

„Weil sie ein durchtriebenes kleines Luder ist!“ behauptete der erfahrene Tierarzt. „Sie hat einfach an dein Mitleid appelliert. Aber Kuhmilch ist wirklich nicht gut für sie. Besorg ihr ruhig Katzenmilch. Und Katzenfutter für junge Katzen. Nass und trocken.“ – „Ja, und ein Katzenklo und Katzenstreu.“ fügte Jennifer hinzu. „Das ist ja fast wie ´ne Babyausstattung.“

 

Ingo schmunzelte. „Willst du sie denn wirklich behalten? Weißt du auch, worauf du dich da einlässt?“ – „Klar weiß ich das!“ behauptete Jennifer mutig. „Wenn sie nicht für mich bestimmt wär, hätt ich sie doch nicht gefunden.“ – „So kann man das auch sehn!“ lächelte Ingo. „Dann nimm aber noch einen Rat von mir an! Wenn das Tierchen geschlechtsreif ist, komm zu mir, damit ich es sterilisiere. Oder willst du 2x im Jahr Katzenwelpen entsorgen?“ – „Hey, du bist grausam!“ empörte sich die junge Frau.

 

Doch ihr Bruder winkte ab. „Nicht grausam! Nur realistisch.“ – „Ich lass die Kleine einfach nicht in die Nähe von ´nem Kater!“ – „Bei aller Liebe wird sich das kaum verhindern lassen! Oder willst du sie hier in deiner Wohnung einsperren?“ – „Wenn’s sein muss!“ – „Nein, Jenny, glaub mir! Da ist so’n kleiner Eingriff viel gnädiger. Es sei denn, du willst ´ne Zucht aufmachen. Sie ist ja ein hübsches Tier!“ – „Nein, nein! Um Gottes Willen! Das nun auch nicht!“ wehrte die junge Frau schnell ab. „Sag mir, wenn ich mit ihr zu dir kommen soll!“

 

Ingo betrachtete die Katze fachmännisch und bestimmte dann: „Sagen wir in 6 oder 7 Wochen? Glaub mir, das ist wirklich das Beste für sie! – So, jetzt muss ich aber los! Bin heut Nachmittag mit Isadora verabredet.“ – „Wer ist Isadora? Deine neue Freundin?“

 

Ingo lächelte leicht verlegen. „Sagen wir mal so, da könnte sich was entwickeln.“ – „Na, dann wünsch ich dir viel Glück!“ – „Danke, Schwesterchen! Und was ist mit dir und Ansgar? Wann macht ihr ernst?“

 

Da schnaubte Jennifer wütend. „Ich hab schon ernst gemacht! Ich hab ihn zum Teufel gejagt. Ich lass mich doch nicht länger verarschen!“ – „Beruhig dich, Kleines! Du wolltest mir ja nicht glauben, als ich sagte er ist ein Windhund.“ – „Aber jetzt hab ich’s endlich begriffen. Schluss! Aus! Finito!“ – „Bravo! Andre Mütter haben auch schöne Söhne.“ – „Nein, danke! Ich hab vorerst die Schnauze voll von den Männern! Nie wieder lass ich mich auf so ´nen Schuft ein!“

 

Da lachte Ingo herzlich und verabschiedete sich mit den bedeutungsvollen Worten: „Sag niemals nie! Nicht alle Männer sind Schweine!“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 2

 

 

 

2 Monate später! – Die kleine Tiffany war Jennifer so ans Herz gewachsen, dass sie keinen Schritt mehr ohne sie tat. Wenn die junge Frau aus irgendeinem Grund die Wohnung verlassen musste, packte sie das Tier kurzerhand in eine

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: eigene Texte verfasst 2016
Bildmaterialien: eigene selbst gezeichnete Bilder
Tag der Veröffentlichung: 11.06.2016
ISBN: 978-3-7396-6002-8

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Worte der Autorin: Frau mit Katze trifft Mann mit Hund! Und die beiden Tiere entsprechen gar nicht dem Sprichwort: Wie Hund und Katz!

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