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Kapitel 1: Schrillende Alarmglocken



Alice schob den Zettel zu mir zurück und ich überflog schnell den, in ihrer wunderschönen, schwungvollen Schrift geschriebenen: Heute nach der Schule, Jazz. Halte durch, ich liebe dich♥.Ich nickte ihr zu und erinnerte mich daran, nicht zu atmen. Schnell begann ich eine Antwort zu schreiben, als Alice plötzlich nach meiner Hand schnappte. Gleichzeitig ging ein schriller Alarm los, der fast unerträglich war, da Vampire viel besser hören als Menschen: Feueralarm! Ich hob irritiert den Kopf. Okey, Feueralarm aber was brachte Alice dazu total in Panik nach meiner Hand zu greifen?

Ich hob meinen Blick und ein stechender Geruch stach in meine Nase: Blut, MENSCHENblut. Ein unzähmbares Feuer loderte in meiner Kehle auf und begann mich zu quälen. Es lechzte nach Blut, nach dem Blut, dass vorne meinem Chemielehrer über die Hand lief und auf den Tresen tropfte. Mein Verstand setzte aus, meine Instinkte übernahmen die Führung. Ich spürte wie mein Kiefer zu schmerzen begann. Alles in mir trieb mich dazu an, mich auf den Lehrer zu stürzen und meine rasiermesserscharfen Zähne in das weiche Fleisch seines Halses zu bohren und ihm sein rotes Lebenselixier auszusaugen, bis hin zum letzten Tropfen. Meine Muskeln spannten sich an, in Gedanken stand ich schon vorne und löschte endlich das Verlangen in mir; das Verlangen dass ich über Jahre hinweg unterdrückt hatte, und das immer quälender wurde. Ich spürte wie meine Muskeln sich bewegten, wie ich mich vom Stuhl erhob, aber nicht mal eine Millisekunde später mit Gewalt wieder auf den Stuhl zurückgedrückt wurde. Knurrend drehte ich mich um und sah meinen Feind vor mir stehen. Er war ziemlich gross, hatte Muskeln und irgendetwas Bärenhaftes an sich. Seine braunen Haare waren kurz geschnitten und die goldenen Augen funkelten mich an. Definitiv ein Vampir, aber kein Hindernis für mich. Ich stemmte mich gegen seinen Griff und eroberte Zentimeter für Zentimeter, bis ich stand. Doch da packte mich eine Hand am Arm. Eine kleine Vampirin mit goldenen Augen, die auf mich wie eine kleine Elfe wirkte, hatte meinen Arm gefasst. Doch ehe ich sie abschütteln konnte, kam noch ein dritter Vampir hinzu. Eine bildhübsche Blondine, die auf mich aber irgendwie arrogant wirkte. Zu Dritt zerrten sie mich aus dem Saal, doch es viel niemandem auf, da eh alle in Panik waren und wegrannten. Ich wehrte mich so fest ich konnte, doch sie hatten mich schon zu fest, als dass ich noch etwas ändern hätte können. Sie zogen mich weg, weg von dem Einzigen, dass meine Qualen hätte stillen können, weg allem, dass ich Jahrelang begehrt und mir genommen hatte wann immer ich wollte, weg von dem Blut, weg vom Menschenblut. Ich sah mich um, doch erkannte nichts. Immer dasselbe Bild erschien vor meinen Augen: Das Blut, dass den Arm des Mannes hinunterfloss und langsam, quälend langsam, auf den Tresen tropfte. Ich sah nur das, und spürte nur das Verlangen. Ich wusste nicht wie viel Zeit verstrichen war, aber langsam erkämpfte sich mein Bewusstsein die Beherrschung meines Körpers zurück. Mein Kiefer hörte auf zu schmerzen, meine Muskeln entspannten sich, meine Kehle brannte nicht mehr so fest. Doch anstelle alldem setzte ein Kopfweh ein, dass in meinem Kopf unaufhörlich und ohne Gnade pochte. Ich kniff meine Augen fest zu und als ich sie wieder öffnete, sah ich endlich etwas anderes: Ich sass in einem Auto, Eds Wagen. Rose sass am Steuer und Alice neben ihr. Links und rechts von mir, nicht anders erwartet: Emmett und Edward. Ich musste raus hier, unbedingt! Die enttäuschten, angespannten, mittleidigen und traurigen Gefühle der Andern waren einfach nicht zu ertragen. „Tut mir leid“, murmelte Edward. Konnte der sich nicht ein einziges Mal aus meinem Kopf raushalten. „Ruhig!“, sagte ich in einem Ton der keine Wiederrede duldete. Ich hatte diesen nicht mehr benutzt, seit meiner Armeezeit, aber jetzt konnte ich einfach nichts ertragen. Meine Nerven waren bis aufs zerreissen gespannt und mein Kopf wollte nicht aufhören zu pochen. Emmett, Edward und Alice drehten sich verwirrt zu mir um, und sogar Rose warf einen Blick zurück. Tja, Überraschung, der gute Jasper ist anscheinend doch nicht so toll wie ihr immer gemeint habt, dachte ich spöttisch. Das Auto hielt an: wir waren da. Kaum war Emmett draussen, sprang ich aus dem Auto und lief so schnell ich konnte in den Wald hinein. Ich spürte noch Emmett’s Überraschung und ich konnte mir sein Gesicht förmlich vorstellen, doch das interessierte jetzt nicht. Ich musste jagen, musste das Feuer in meiner Kehle löschen und das Kopfweh loswerden. Eigentlich machte es keinen Sinn… Kein Tierblut der Welt, könnte dies tun, alles in mir lechzte nach Menschenblut.

Kapitel 2: Morgen Nacht



Ich beschleunigte meine Schritte, verliess mich ganz auf meine Instinkte. Das Feuer loderte wieder heftiger, so sehr dass es schmerzte. Ich erreichte eine Rehherde und rannte ohne Taktik, wie ein Monster, dass ziellos tötet, in sie hinein und brach einem Reh das Genick. Ich begann zu trinken, doch das Blut löschte meinen Durst keineswegs, es machte ihn nur noch schlimmer; als würde man heisses Öl ins Feuer giessen. Ich stiess das Reh wütend, ja fast angeekelt, weg und stand auf. Aus dem Augenwinkel sah ich noch eine Gestalt im Wald verschwinden: Emmett. Wahrscheinlich mit der Aufgabe betraut, auf mich aufzupassen, damit ich ja niemanden anfalle. Wütend auf mich selbst drehte ich mich um und lief zum Haus zurück. Meine Kehle brannte noch mehr als vorher und mein Kopf pochte immer noch; perfekte Voraussetzungen für einen Riesenstreit mit dem, der mich als Erstes darauf Ansprechen würde. Ich hoffte sehr, dass es nicht Alice war. Denn obwohl ich sie liebte, ich wusste nicht ob ich es momentan aushalten würde, ihre Bemerkung dazu einfach über mich ergehen zu lassen… Wenn das so war, wieso lief ich dann überhaupt zum Haus zurück? Es war mir erst nicht klar, doch als ich darüber nachdachte, erschien es mir ganz logisch:
1. War mein Engel da
2. Sie waren die Einzigen, die mich jetzt davor abhalten könnten, Menschenblut zu trinken und dadurch wieder zu dem Monster zu werden, das ich selbst so sehr hasste
und 3. War der Brief da. Der Brief, den ich von Peter gemailt bekommen hatte. Charles, ein Ehemaliger unserer Armee und ein ziemlich guter Freund von mir, hatte Aro von Maria erzählt, und dieser war sofort von ihr fasziniert gewesen. Natürlich wollte er Informationen aus 1. Hand und hatte Charles darum gebeten, die andern Ex-Soldaten einzuladen. Er lud fast alle ein, alle ausser mir. Denn er wusste, dass ich in Gefahr war, wenn Aro von meinem kleinen Kampf mit der schönen Mexikanerin erfuhr, der für Maria tödlich geendet hatte. Und da man, auch als Ex-Soldat, Hochachtung vor seinem Vorgesetzten hat, hatte er meinen Namen keineswegs erwähnt, wie er mir später am Telefon erzählte. Würde ich jetzt einfach fahren, wäre mir Alice so oder so nachgereist, und diese Freude würde ich Aro niemals bereiten. Ich erreichte das Haus und stieg die Verandatreppen hoch. Als ich die Tür öffnete, hörte ich gedämpfte Stimmen aus dem Wohnzimmer. Alice, Rosalie, Emmett und Edward waren dabei Esme über das Geschehene in Bilde zu setzen. Alice schien total verwirrten, denn nach ca. jedem zweiten Satz warf sie ein: „Aber es ist nichts passiert…“ Still ging ich in Alices und mein Zimmer hoch und startete das Laptop. Ich überflog den Brief von Peter noch mal schnell und buchte mir dann einen Flug für Morgen Nacht. Gerade als ich das Laptop zuklappte, ging die Tür auf und mein Engel trat ein. Sofort gingen ihre Gefühle auf mich über: Trauer, Schmerz, Sorge, Verwirrung, Unverständnis, Mitleid und Liebe. Letzteres wirkte auf mich schon fast lächerlich. Sie blieb im Türrahmen stehen und sah einfach zu mir rüber. „Wieso… Wieso gehst du?“, fragte sie leise und wirkte auf mich als ob sie gleich zerbrechen würde. Perfekt, sie sah nur, dass ich gehen würde, aber nicht wohin. Wahrscheinlich war ich zu fest auf Peter fixiert und nicht auf Volterra. Ich sah zu ihr und meinte monoton: „Ich brauche Hilfe.“ Alice setzte zum Sprechen an, doch ich liess sie nicht. Noch ehe sie nur ein Wort über die Lippen brachte meinte ich, im selben monotonen Tonfall: „Hilfe, die ihr mir alle nicht geben könnt, selbst du nicht Alice. Es tut mir leid.“ Sie sah mich geschockt an und hatte ihre Gefühle, durchtränkt von Trauer, nicht mehr im Griff. Sie wechselten so schnell, dass mein Kopf noch mehr hämmerte als vorher. „Wann…?“, fragte Alice leise und ich meinte: „Morgen Nacht… Ich komme wieder, sobald ich mich wieder im Griff hab… oder zumindest weis was ich machen will…“ Ich hatte das Gefühl förmlich zu sehen wie mein Engel auseinander brach. Sie stolperte vorwärts, direkt in meine Arme. Ich wusste nicht wie ich es schaffen würde, so sehr liebte ich sie… Aber es musste sein, ansonsten würde ich ihr vielleicht nie mehr in die Augen schauen können. Ich nahm all ihre traurigen Gefühle in mich auf und ersetze sie durch meine, für Alice tröstende, Liebe. Sie vergrub ihren Kopf an meiner Schulter und ich schlang meine Arme um sie. Mein Kopf pochte zwar noch, aber das war mir momentan ziemlich egal und auch das Feuer in meiner Kehle wurde ignoriert.

Kapitel 3: Keine Luft zum Atmen



Etwas später ging unten die Tür auf und ein von all dem nichtsahnender Carlisle betrat das Haus. Alice und ich sahen uns an. Ich liess sie los und sie fragte mich: „Kommst du auch gleich nach?“ Ich nickte nur und sie verschwand aus der Tür um nach Unten zu gehen, nach Unten zu Carlisle… vor diesem Gespräch hatte ich Angst… was würde passieren, würde ich austicken?? Ich wusste es nicht, noch nicht. Es war ein komisches Gefühl, ich hatte mich noch nie im Leben so schwach und ausgeliefert gefühlt wie in diesem Moment. Und ich hasste es. Trotzdem, ich konnte nicht ewig hier oben bleiben. Also erhob ich mich auch und ging nach Unten, an Esme und Carlisle vorbei ins Wohnzimmer wo Rose, Alice, Edward, Bella und Emmett schon sassen. Renesmee spielte in einer Ecke. Doch anstatt mich zu ihnen zu setzen, stellte ich mich in den Schatten des Bücherregals und verharrte in der Haltung eines Soldaten: Brust raus, Bauch rein, Blick starr nach vorne gerichtet, Hände hinter dem Rücken. Ich versuchte die Gefühle der Andern aus meinem Kopf zu vertreiben, ohne Erfolg. Carlisle und Esme kamen dazu und setzten sich auf die freie Couch. Ich hob meinen Blick ohne mich zu bewegen. Wie eine Statue stand ich da und sah jetzt zu den Andern. Rose und Emmett sassen Händchenhaltend auf dem einen Sofa, neben ihnen Alice. Sie sah zu mir und ich schlug meinen Blick wieder nieder und sah auf den Boden. „Was ist los?“, fragte Carlisle der sichtlich verwirrt war. Anscheinend verwirrte ihn die angespannte Stimmung. Es war Edward der das Wort ergriff: „Vorhin in der Schule ging der Feueralarm los. Alice, Emmett, Rosalie und Jasper hatten gerade Chemie.“ Rosalie fuhr fort: „Der Lehrer war so erschrocken, dass er sich in die Hand schnitt…“ Ich hörte wie Alice nach Luft schnappte um zu reden doch sie hätte alles eh nur schön geredet… und das wollte ich nicht... „Ich bin ausgerastet und wollte ihn anfallen“, meinte ich mit einer Kälte in meiner Stimme, die Alice erschaudern liess. Carlisle drehte sich in Vampirgeschwindigkeit zu mir um und fragte: „Hast du…?“ Ich sah hoch, denn man sieht seinem „Vorgesetzten“ in die Augen wenn er spricht. Raus brachte ich aber kein Wort. Innerlich verurteilte ich mich, wie schwach ich eigentlich war. Ein richtiger Soldat antwortet wenn sein Vorgesetzter ihn etwas fragt!

, hallte die Stimme meines Vaters durch meinen Kopf. Mein Vater war in jeder Hinsicht anders gewesen als Carlisle, aber ich hatte ihn gemocht… respektiert. Carlisle sah wieder zu den Andern und fragte: „Hat er…?“. Esme schüttelte den Kopf: „Emmett und Rosalie waren zur Stelle.“ Ich senkte meinen Blick wieder. „Nun…“, begann Carlisle erneut, „Es ist normal, dass du ihn anfallen wolltest Jasper, ich denke Jeder von uns hätte das getan, du bist einfach noch nicht so lange Vegetarier wie wir… Ich denke es wäre das Beste wenn du erst mal zu Hause bleibst…“ Ich sah auf und meinte: „Nein, ich verreise Morgen Nacht“. Alle ausser Alice sahen wie von Wespen gestochen zu mir, ich spürte ihre Blicke sogar ohne aufzusehen. Ach ja, das war es was ich an meinem Vater vorzog. Carlisle war immer so verständnisvoll. Für meinen Geschmack viel zu tolerant. Ich hörte wie Esme Luft holte, meine Sinne waren geschärft wie auf der Jagd, es war Esme, ich erkannte es sofort. „Wieso?“, fragte Esme und ich meinte: „Ich muss mit Peter reden… dringend.“ Alice sah auf ihre Hände und ich hätte auch ohne meine Gabe gewusst, wie weh es ihr tat. Trotzdem, ich sah auf. Es fühlte sich falsch an einfach vor mich hinzustarren. Carlisle nickte und legte einen Arm um Esme die schluchzte. Sie hatte wohl Angst, dass ‚ihr Sohn‘ nicht zurückkehren würde. Ich wollte weder ihr noch Alice wehtun, doch es ging nicht anders… Peter war der einzige der mir noch helfen konnte. Er war der Einzige der mir helfen konnte, da er dasselbe auch einmal gespürt hatte. Dieses Brennen, das nicht aufhört zu lodern und die Kopfschmerzen, die einem das Hirn zermalmen. Peter hatte all dies auch Gespürt, doch ich weiss nicht wie er es losgeworden ist. Und dies musste ich rausfinden. Ich drehte mich um und ging zur Tür raus, nicht länger konnte ich es aushalten wie Esme schluchzte. Ich liebte sie nicht so fest wie Alice, aber es tat weh sie so zu sehen. Dass ich wie ein Schwamm ihre Gefühle in mich aufsaugte machte das Ganze auch nicht gerade besser. Angespannt ging ich nach oben und öffnete das Fenster, da ich das Gefühl hatte zu ersticken, obwohl ich ja keine Luft brauchte. Als das Gefühl nicht besser wurde, stellte ich mich ans Fenster und stützte die Hände auf das Fensterbrett. Ich hörte wie die Tür aufging sah mich jedoch nicht um. Wenig später spürte ich einen Windhauch und kurz darauf eine Hand auf meiner Schulter. Ich wusste, dass es Alice war; ihre Gefühle konnte man einfach nicht verwechseln. „Was tust du da Jazz?“, fragte Alice und ich meinte: „Ich brauche frische Luft.“ Dann drehte ich mich um und sie nahm mein Gesicht in beide Hände. „Jasper, ein Vampir muss nicht atmen“, sagte sie sanft und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. „Ich weiss…“, flüsterte ich und legte meine Hand über ihre. Alice küsste mich kurz und verschwand dann im Bad. Kurze Zeit später hörte ich das Geräusch von fliessendem Wasser; anscheinend duschte sie. Ich ging in den Kleiderschrank und zog die Jeans und das Hemd aus. Dort warf alles in den Korb mit „alten“ Kleidern und holte neue Sachen hervor. Ich schlüpfte in die Trainingshose und das T-Shirt. Von denen gab es viele hier im Schrank, weil ich sie praktisch nie Trug. Nur wenn ich mit Alice allein war, trug ich kurzärmelige Shirts. Sie kannte meinen Narben fast besser als ich und obwohl es mir unangenehm war wenn ich in den Spiegel sah, war es für mich nicht so schlimm die Narben in ihrer alleinigen Gegenwart zu zeigen. Ich nahm mir ein Buch und legte mich damit aufs Bett. Das Lesen sollte mich ablenken, tat es aber nicht im Geringsten.

Kapitel 4: Lügen



Als ich knapp eine Viertelstunde später wütend das Buch zuklappte, war ich immer noch gleich weit: Mein Kopf pochte, meine Kehle brannte und ich konnte mich einfach nicht konzentrieren. In diesem Moment ging die Badezimmertür auf und Alice trat heraus. Ihre Haare waren noch feucht und sie trug eines dieser Dessous, die sie so liebte. Es war schwarz und mit Spitzen verziert. Sie wirkte darin auf mich wie ein tödlicher Engel. Es schien als schwebe sie, als sie auf mich zu kam und sich elegant auf die Bettkante setzte. Ich legte das Buch auf den Nachttisch und spürte wie sich die Matratze leicht absenkte. Dann spürte ich auch schon wie sich ein kleiner und so zerbrechlich wirkender Körper an mich kuschelte. Eigentlich wäre es gar nicht nötig gewesen aber ich musste mich versichern, dass Alice sich da wirklich an mich kuschelte und es keine Einbildung war. Doch, da lag sie; sah mit ihren goldenen Augen zu mir auf und atmete gleichmässig. Ich sah in ihre Augen und hätte darin versinken können. Alice lächelte mich an und hob ihren Kopf. Ihr Gesicht näherte sich meinem, bis unsere Lippen sich trafen. Normalerweise war Alice zu küssen und sie zu liebkosen das Schönste der Welt für mich, doch heute fühlte es sich falsch an. Als würde ich sie verraten. Alice schien es zu bemerken und löste ihre Lippen wieder von meinen. „Ich liebe dich, egal was du tust. Das darfst du nie vergessen“, sagte sie und legte ihre weiche Hand an meine Wange. Ich nahm sie in meine und drückte ihr einen sanften Kuss auf die Handfläche. Alice lächelte wieder und legte ihren Kopf auf meine Brust. Sie zog die Beine an und kuschelte sich an mich. Ach, wie gerne ich doch mit ihr über all das gesprochen hätte… Wie gerne ich ihr erzählt hätte, wie sehr meine Kehle brannte und mein Kopf pochte und dass es einfach nicht zu vertreiben war. Wie gerne hätte ich ihr erklärt wieso ich unbedingt mit Peter reden musste… Aber ich tat es nicht. Nein, ich legte einen Arm um sie und zog sie schützend etwas näher zu mir. Klar, ich sprach es nicht aus aber jede Bewegung von mir war eine Lüge. Es war als lüge ich ihr Mitten ins Gesicht. Ich spürte wie mein Körper ihre Nähe in sich aufsaugte. Ihre Wärme hatte etwas Beruhigendes. Obwohl wir Vampire auf die Menschen kalt wirkten, waren wir es für Unseresgleichen nicht. Denn unsere Körpertemperatur war gleich, wie zwischen zwei Menschen. Und momentan strahlte Alice eine solche Wärme aus, dass es mich unheimlich beruhigte. Wie eine Person die einen Winter lang auf der Suche nach Geborgenheit und Wärme war und endlich ein Feuer fand. Es war genau das was ich jetzt brauchte: ihre Nähe. Meine Hand glitt gedankenverloren durch ihr Haar, was Alice ein leichtes Schnurren entlockte. Ich musste lächeln, da sie sich wie ein kleines Kätzchen an mich kuschelte und sich dabei zusammenrollte. Wie ein kleines Kätzchen, dass sich an ein Monster kuschelt und nicht ahnt, dass es von diesem Monster getötet werden könnte. Ich verwarf den Gedanken, da ich genau wusste, dass Alice solche Gedanken hassen würde, wenn sie sie hören könnte. Aber das konnte sie nicht, sie war ja nicht Edward. Und obwohl ihre Visionen ihr schon viel verrieten, alles konnte sie nie wissen und das war auch gut so. Denn man konnte auch zu viel wissen.
Ich lehnte meinen Kopf gegen die Wand. Er pochte immer noch, jedoch tat Alices Nähe mir gut. Es hatte etwas Tröstendes an sich, wie sie so unbekümmert war und mir vertraute. Und all das, obwohl ich so viel falsch gemacht hatte seit ich sie kannte. Ich kann Vergangenes nicht rückgängig machen, auch wenn ich es noch so sehr will… ich kann es nur besser machen, das war mir klar. Aber selbst dabei versagte ich. Alice war da ganz anderer Meinung, jedoch viel es mir oft schwer ihr Glauben zu schenken wenn sie mir wiedersprach und sagte, dass ich es schaffen würde. Ich beugte meinen Kopf hinunter und küsste sie kurz auf ihr Haar. Dann liess ich meinen Kopf wieder gegen die Wand sinken und strich erneut gedankenverloren durch ihre Haare. Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, in der wir einfach so da lagen. Jedoch durchbrach die glockenhelle, reine Stimme meines Engels die Stille der Nacht, als sie leise nach meinem Namen fragte: „Jasper?“. Ich erwachte aus meiner Starre und sah zu ihr runter. „Ja mein Engel?“, sagte ich noch etwas gedankenverloren, da ich noch nicht wieder ganz „wach“ war. „Wie lange wirst du wegbleiben?“, fragte sie mit brüchiger Stimme und begann kleine Muster auf meinen Bauch zu malen. „Ich weiss es nicht… Es hängt alles davon ab wie schnell ich Peter finde…“, sagte ich und wusste, dass es gelogen war. Ich wusste genau wo Peter war und in länger als einen Tag würde die Reise garantiert nicht dauern. Es hing nicht davon ab, sondern eigentlich davon, ob Aro mich wieder gehen lassen würde, vorausgesetzt er entdeckte mich. Alice sagte gedankenverloren: „Rufst du mich an?“ Sie klang wie ein kleines Mädchen, das vor einem grossen Abschied stand. Ich fuhr mit meiner Fingerspitze ihren Hals entlang und flüsterte: „Wenn du es wünschst, werde ich dich anrufen.“ Alice schien zufrieden und malte eine Weile einfach das Muster weiter. Doch dann begann sie nochmal: „Jazz?“ Ich sah wieder zu ihr und machte: „Hm…?“ – „Ich wünsche, dass du anrufst“, sagte sie und ich musste lächeln. Manchmal schien sie wirklich wie ein kleines Kind, dass ihre Eltern verloren hat und sich jetzt an ihr Kuscheltier, mit anderen Worten ich

kuschelte und es nie mehr loslassen wollte. Obwohl ich ja eigentlich alles andere als ein Kuscheltier bin… Meinen Kopf lehnte ich wieder gegen die Wand und setzte meine Tätigkeit, ihr durch die Haare zu streichen, fort. Sie waren inzwischen trocken und standen in alle Himmelsrichtungen ab. Mein Blick glitt über ihren kleinen Körper. Die weisse Haut schimmerte durch den fast transparenten Stoff ihres Dessous und man konnte ganz klar die wunderschönen Formen ihres Körpers erkennen, die sich leicht durch den Stoff hindurch abzeichneten. Der schwarze Stoff bildete einen hervorragenden Kontrast zu ihrer schneeweissen Haut und ich war mir sicher, dass viele Männer jetzt über sie hergefallen wären. Doch ich brauchte das nicht zu tun, denn ich würde die Ewigkeit mit ihr verbringen dürfen. Vorausgesetzt ich würde den Besuch bei Aro überleben. Und dies hoffte ich sehr, denn ich machte mir Sorgen um sie. Was würde passieren, wenn ich nicht zurückkommen würde? Wenn ich sie nicht mehr beschützen kann… Würde Aro sie holen? Würde sie wegrennen? Oder bei den Cullens bleiben? Würde sie es je erfahren? Oder würde sie einfach denken ich hätte sie verlassen?
All diese Fragen würden sich für mich nie klären, denn damit diese überhaupt entstehen konnten musste ich tot sein… und dann würde mich dies wohl kaum mehr interessieren. Auch diese Gedanken verdrängte ich. Ich mochte jetzt nicht darüber nachdenken, nicht jetzt. Ich lauschte den gleichmässigen Atemzügen von Alice die immer noch sanft und anscheinend unbewusst mit dem Finger Muster auf meinen Bauch zeichnete. Ihr Kopf, den sie auf meine Brust gelegt hatte, war etwas herunter gerutscht, ihre Beine angezogen. Wie ein eingerolltes Kätzchen lag sie da und dachte nach. Jedenfalls schien es so als würde sie nachdenken. Auf ihrer Stirn hatte sich eine kleine Falte gebildet, die sich immer zeigte wenn sie angestrengt nachdachte. Ich fuhr sanft mit meinem Finger darüber und lauschte ins Haus hinein. Carlisle und Esme waren noch Unten und unterhielten sich gedämpft. Aus Emmetts und Roses Zimmer konnte ich die üblichen Geräusche hören, die zwei waren echt unermüdlich. Ich liebte Alice mehr als mein ganzes Dasein. Und sie würde immer zu mir halten, das wusste ich seit heute definitiv. Aber deswegen war es auch nicht nötig in jeder freien Minute rumzumachen oder mit ihr im Zimmer zu verschwinden… „Jazz?“, hörte ich jetzt ganz leise ihre wunderschöne Stimme flüstern. „Ja?“, meinte ich und mein Blick senkte sich wieder auf sie hinunter. Alice hatte ihren Kopf gehoben und sah jetzt direkt in meine Augen. Ihre Augen, wie flüssiges Gold, sahen im Moment ernst aus und leicht verängstigt. „Du bringst dich doch nicht in Gefahr oder?“, fragte sie leise und sah mich an. Ich schüttelte nur den Kopf. Noch eine Lüge... Das konnte nicht so weiter gehen, was für ein Monster musste ich sein, dass so ein liebenswertes Geschöpf anlog…

Kapitel 5: Buchstaben



Meine Gedanken wurden von dem Wecker der auf dem Nachttisch stand unterbrochen. Er begann zu piepsen. Alice seufzte und klammerte sich an mich, als wollte sie nicht gehen. Ich schaltete ihn aus und sah zu ihr. „Ich muss nicht zur Schule, ich kann hier bleiben“, flüsterte sie doch ich schüttelte den Kopf. „Nein, fahr nur. Ich komm schon zurecht“, meinte ich obwohl ich sie am Liebsten hier behalten hätte. Denn wann ich sie wieder in den Armen halten würde, stand in den Sternen. Vielleicht auch nie… Ich verdrängte die Gedanken daran. Sie nickte und stand, schweren Herzens wie ich bemerkte, auf und ging ins Bad. Sie föhnte sich die Haare glatt und verschwand dann im Kleiderschrank um sich anzuziehen. Zehn Minuten später rauschte sie in blauen Röhrenjeans und einem weissen Kaschmirpullover an mir vorbei zurück ins Bad wo sie sich schminkte. Dann kam sie wieder raus und zog ihre blauen Keilabsatzschuhe an. Sie packte ihre Schulsachen zusammen und kam dann noch mal zu mir. Alice nahm meine Hand und zog mich hoch. Dann küsste sie mich sanft und ziemlich langsam auf die Wange und flüsterte: „Ich bin so schnell wie möglich zurück, pass auf dich auf.“ Und dann verschwand mein Engel aus dem Zimmer und nahm all das Licht, welches mich die letzten Stunden erhellt hatte, mit sich. Ich ging ins Bad und duschte erst mal. Das kalte Wasser tat gut, es schärfte meine Sinne die in den letzten Stunden irgendwie benebelt waren… doch die Kopfschmerzen und das Brennen in meiner Kehle blieben. Ich zog mich an, Alice hatte mir etwas rausgelegt. Wie immer, als wäre alles noch beim alten. Als würde ich gleich durch diese Tür spazieren und mit ihr zur Schule fahren. Doch das würde ich heute nicht tun können. Seufzend betrachtete ich mein kurz mein Spiegelbild und fuhr mir durch die Haare. Dann schnappte ich mir mein Buch und verschwand nach unten. Esme hantierte in der Küche, wahrscheinlich kochte sie wieder. Seid es Renesmee gab, kochte sie andauernd um neue Rezepte auszuprobieren, es machte ihr sogar Spass. Ich setzte mich auf die Couch und sah nach draussen. Es regnete in Strömen… irgendwie passte der Regen zu meiner Stimmung. Das brennen in meiner Kehle hatte nicht nachgelassen und ich konnte mich einfach nicht ablenken… Ich musste andauernd an Alice denken. Obwohl sie es zu verstecken versuchte hatte ich bemerkt, dass sie enttäuscht war. Enttäuscht von mir, weil ich es einfach nicht auf die Reihe kriegte. Sogar Bella, die noch fast eine Neugeborene war, hatte sich besser im Griff als ich. Irgendwie klappte das bei mir einfach nicht… In dem Moment kam Esme ins Zimmer und setzte sich zu mir. „Jasper? Ist alles in Ordnung mit dir?“, fragte sie einfühlsam. Sie war wirklich wie eine Mutter, führsorglich und liebevoll. Ich klappte das Buch zusammen und sagte: „Esme, um mich musst du dir keine Sorgen machen.“ Mir war natürlich klar, dass ich ihr das nicht ausreden konnte. Esme sah mich besorgt an und fragte: „Was hast du vor?“ Davor hatte ich Angst gehabt… Ich hasse es sie an zu lügen. Aber es ging nicht anders… Ich stützte meinen Kopf in die Hände und meinte: „Ich brauche Hilfe von Peter, ich werde ihn suchen… Aber ich weiss nicht wo er ist…“ Da war sie, die Lüge… Ich war froh, dass Esme nichts bemerkte. Mithilfe meiner Gabe beruhigte ich sie und sie stand auf. Auf dem Weg zur Küche drehte sie sich nochmal um und meinte: „Jasper, du brauchst das nicht immer zu tun. Das macht dich irgendwann noch kaputt!“ Ich lächelte leicht und murmelte: „Für irgendetwas habe ich sie ja“. Esme verschwand in der Küche und ich klappte mein Buch wieder auf. Normalerweise war es mir ein leichtes, mich nur auf die Buchstaben zu konzentrieren; mich total im Buch zu verlieren. Doch dieses Mal klappte es nicht. Ich wusste nicht ob es daran lag, dass mein Kopf schmerzte, daran dass meine Kehle brannte oder ob es an dem nagenden Gefühl der Minderwertigkeit lag, dass mich seit dem Ausraster andauernd quälte. Ich war froh, dass ich derjenige mit der Gabe war Gefühle zu erkennen. Wenn ich daran dachte, dass jemand wusste wie ich mich gerade fühlte… es bereitete mir noch mehr Kopfweh. Es reichte ja schon, dass einer unserer Familie die ganze Zeit in den Köpfen der andern rumschnüffelte. Okey, das war vielleicht etwas übertrieben gesagt, Edward gab sich ja echt Mühe. Ich verwarf die Gedanken daran und wollte weiterlesen. Doch ich kam kaum eine halbe Seite weit. Dann stach mir ein Wort in die Augen: Gefahr. Und schon schweiften meine Gedanken wieder von den Buchstaben ab. Gefahr, das traf es wohl. Ich würde mich ziemlich in Gefahr begeben, wenn ich mich nach Volterra wagte, aber ich sorgte mich nicht um mich. Okey, ich musste zugeben, wenn ich noch in der Armee wäre würde ich mindestens ein halbes Dutzend Vampire mitnehmen, als Unterstützung. Aber ich würde niemandem, nicht mal dem manchmal ach so nervigen Gedankenleser. Nein, ich würde niemanden meiner Familie in den Tod ziehen, nur schon aus Prinzip nicht. Ausserdem waren sie Alice alle viel zu wichtig um sie umzubringen. Nun, man konnte es nicht ändern und ich wollte es auch nicht ändern. Ich senkte meinen Blick wieder auf das Buch und es gelang mir endlich mich eine Zeit lang darauf zu konzentrieren.

Kapitel 6: Nessie riecht echt lecker



Ich hörte wie das Auto vor der Tür hielt. War es schon so spät? Ich sah auf die grosse Uhr im Wohnzimmer und musste feststellen, dass sie nicht zu früh waren. Ich spielte eine Sekunde lang mit dem Gedanken raus zu gehen, verwarf ihn dann aber und las weiter. Ich hörte Autotüren zuschlagen und dann Schritte. Ich zählte, zwei fehlten. Mh… ich hörte die tänzelnden Schritte von Alice, die ebenso leichten, wenn auch nicht so tänzelnden Schritte von Bella und die Absätze von Rosalies High-Heels. Das musste bedeuten, dass Em und Ed nicht da waren. Ziemlich komisch… Dass sie sich getrauten mich mit den drei Girls alleine zu lassen… Ich hatte keine Zeit weiter nachzudenken, denn jemand nahm mir mein Buch weg. Ich sah direkt in die schönen Augen meiner Partnerin, die mich zweifelnd ansah und meinte: „Jasper! Du sollst nicht so viel nachdenken!“ Ich lächelte leicht und fragte: „Was soll ich denn sonst tun?“ Alice setzte sich auf meinen Schoss und meinte: „Zum Beispiel lesen. Du hast nur zwei Seiten gelesen, ich bin informiert!“ Ich lächelte und sah zu Rose und Bella. Rose sah mich kurz verachtend an, sie war immer noch wütend auf mich. Bella hatte gerade Renesmee in die Arme geschlossen und ich spürte, dass sie Angst um ihre Tochter hatte. Es war schon komisch… Sie war mehrere Hundert Jahre jünger als Ich, aber sie war es, die Angst hatte um ihre Tochter. Und das nur weil ich alter Vampir nicht beherrschen konnte…. Ich sollte echt aufhören darüber nachzudenken. Sonst bemerkte es noch einer. Erst jetzt bemerkte ich es, zu spät. Edward hatte den Raum betreten und musterte mich. Bitte er stand nicht zu lange hier. Wenn er etwas von meinem Plan mitgekriegt hatte war ich geliefert. Ich sah zu Alice, die jetzt zwischen mir und Edward hin und her sah. Ihr Blick verharrte bei mir und sie fragte: „Jasper, was hat er gelesen?“ Dieser Gedankenschnüffler würde mir noch alles versauen! Ich meinte nur monoton und ohne jegliche Emotionen zu zeigen: „Nichts der Rede wertes, er hat nur gelesen, dass ich dachte dass Nessie ziemlich lecker riecht…“. Das reichte, jetzt war Edward wirklich geschockt und ich sah aus dem Augenwinkel wie Bella erstarrte. Alice gleich mit. Letztere erhob sich jetzt von meinem Schoss, griff nach meiner Hand und meinte: „Lass uns spazieren gehen.“ Ich nickte nur, liess das Buch liegen und erhob mich. Alice war schon zur Tür raus und ich folgte ihr. Ich würde diese paar Stunden die mir noch blieben vor meiner Abreise dafür sorgen, dass Alice bei mir war. Schliesslich konnte es das letzte Mal für lange Zeit sein, dass ich ihre Hand hielt.


Fortsetzung folgt...


Impressum

Tag der Veröffentlichung: 26.11.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Wie immer mal wieder meinen Fans und allen die die Serie lesen. Danke für die Geduld die ihr immer mit mir habt! Natürlich auch Stephanie Meyer, die die Grundlage für meine Bücher geliefert hat. *ACHTUNG SPOLIER zu Breaking Dawn part 2* Und hier ganz speziell all den Kinobesuchern denen in Breaking Dawn Teil zwei fast das Herz stehen blieb, als Jasper plötzlich kopflos war. Ich liebe euch <3

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