Die Großeltern und ihre Eltern hatten auch schon Fahrräder, aber oft nur eins, wenn sie nicht so reich waren. Das stand meistens im Keller oder im Schuppen und wurde gepflegt. Ein zweites oder drittes Rad konnten sich die einfachen Leute oft nicht leisten. Es fiel ihnen schwer, eine Hälfte ihres Monatslohns, also 60 bis 70 Mark, für ein solches Gefährt auszugeben. Damenräder waren teurer als Herrenräder. Ein zusätzliches Netz am Hinterrad hat verhindert, dass sich der Rock in den Speichen verklemmte. Die Sättel hatten auch eine bessere Federung als die Herrenräder. Die Fahrräder waren damals noch relativ schwer und eher unelegant, da hatte man noch nicht so die Eleganz wie heute. Aber sie erfüllten ihren Zweck: Sie konnten große Lasten tragen und sogar noch eine oder zwei Personen mitnehmen. Das war zwar verboten, aber wenn die Polizei einen nicht gesehen hat, war es egal. Die Räder hatten einen "Einheitslenker", der dafür sorgte, dass man eine gesunde Körperhaltung hatte. Deswegen nannte man ihn "Gesundheitslenker". Die Leute saßen aufrecht und steif auf dem Sattel. Das sah mitunter etwas putzig aus. Die Handbremse bestand aus einem robusten Metallhebel, der unter der rechten Lenkerseite angebracht war. Damit konnte man die Kraft der Finger über ein Gestänge auf einen Gummistempel übertragen und auf den Vorderreifen pressen. Das konnte gefährlich werden, weil das Vorderrad dabei manchmal blockierte. Bergab gab es die meisten Unfälle. Die Fahrer flogen über den Lenker und landeten auf der Straße. Gute Räder hatten allerdings zusätzlich noch eine Rücktrittsbremse. Außerdem hatten die Räder oft eine große, unförmige, eiserne Fahrradlampe, die wie eine Blechbüchse aussah. Später wurde sie hinten rund. Die kleine 6-Volt-Glühbirne, die hinter einer Glasscheibe war, leuchtete, wenn das gerillte Gummi der Antriebswelle des Dynamos durch eine starke Feder an den Reifen des laufenden Vorderrades gepresst wurde.
Wenn es regnete, konnte die Glühbirne oft keinen Strom mehr bekommen, weil das Antriebsrad rutschte. Sie flackerte dann oder erlosch ganz. Im Winter war es besonders schlimm, wenn der Schnee an den Reifen pappte. In der aufgewühlten Kriegszeit haben die Leute ihre teuren Räder kaum noch benutzt. Man hatte einfach andere Sorgen und keine Zeit für Ausflüge. Die Männer waren an der Front, die Frauen hatten keine Zeit. Ihre Räder blieben darum oft jahrelang im Schuppen stehen, bestenfalls mit einer ausrangierten Plane abgedeckt. Die Luft wich nach und nach aus den Schläuchen. Die Wulst-Reifen, auch Decken genannt, knickten ein und klemmten sich zwischen Felgenrand und Fußboden. Sie harrten so ihrem Schicksal, wurden von Staub bedeckt und rosteten vor sich hin. Das Kettenöl und die Schmiere verdickten sich zu einer schmutzigen Kruste. Viele dieser Räder wurden einfach vergessen oder nicht mehr gebraucht, weil ihre Besitzer im Krieg geblieben sind. Aber manche wurden auch wiederentdeckt und sind heute noch in Gebrauch. Einige sieht man heute noch als Oldies, liebevoll um- und aufgerüstet, auf den Straßen.
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Die Kinder der Bergstraße kannten sich alle. Wie in dem Alter üblich, haben sie sich zu lockeren Gruppen zusammen geschlossen. Man musste nur gleiche Interessen haben und sich gut verstehen. So sind sie zusammen zur Schule gegangen und haben auch ihre Freizeit zusammen verbracht. Das Verhältnis zu anderen Gruppen war meistens nicht so gut. Man hat sich geärgert, rumgealbert und manchmal auch gemobbt. Warum das so ist, erklären Psychologen. In der Bergstraße gab es auch zwei Gruppen, von denen wir in dieser Geschichte noch lesen werden. Die Gruppe um Wolle, Kochi, Eka mit Boxer Ulf und Bübi haben schon jene kennengelernt, die die Geschichte von den verbotenen Zwiebeln gelesen haben. Kürzlich ist Heidi zu der Gruppe gestoßen, sie hatte sich bisher noch nicht getraut. In der Wolle-Gruppe hatten nur drei ein Fahrrad. Die Eltern dieser Kinder waren nicht so reich und mussten gut auf ihr Geld achten, um das Nötigste bezahlen zu können. Deshalb waren die Aussichten auf ein eigenes Fahrrad eher schlecht.
In der zweiten Gruppe, der Heini-Gruppe, war das anders. Die Eltern von Heini, Peter1, Peter2, Klaus und Jochen, mussten sich nicht so sehr um ihr Geld kümmern. Klaus und Peter1 hatten sogar brandneue, tolle Räder. Teuer sollen sie gewesen sein, wie sie es oft betonten. Die anderen durften auch mal eine Runde damit drehen, wodurch sie sich wie ein Teil der Gruppe fühlten. Außerdem hatten sie gute Aussichten, demnächst ein eigenes zu bekommen. Die Heini-Gruppe hat die Wolle-Gruppe deshalb oft ein bisschen herablassend gemustert. Im Laufe der Zeit hat sich das dann etwas verändert, weil bei beiden Gruppen weitere Fahrräder dazugekommen sind. Die Heini-Gruppe, die sich ab sofort "Radhelden" nannte, schaute nun auf die Ausstattung und Preise der Räder in der anderen Gruppe, die sich mit nur einer Gegenstimme den Namen "Radkette" zulegte. Wolle hat die Namenswahl begründet und erklärt, dass damit nicht die Fahrradkette gemeint sei, sondern die Gruppe, deren Mitglieder symbolisch wie Kettenglieder zusammen sind. Das fanden alle gut.
Die "Helden" hatten auch bei der Ausstattung der Räder die Nase vorn und haben es der "Rattenkette" ordentlich gezeigt. Peter A hatte die Idee zu dieser Verballhornung, woraufhin alle grinsten. Dann kam Peter 1 auf die Idee, ein Wettrennen zu veranstalten, um es "den Ratten zu zeigen". Das hatte er Heini so zugerufen. Der war sofort begeistert und fühlte sich schon jetzt als Sieger. Schließlich hatten seine Leute die besseren Räder. Alles 28er-Diamant-Sporträder mit schnellen 3er-Gangschaltungen, schmalen Reifen, leichten Rahmen und modernen Al-Schutzblechen.
Die Mitglieder der "Radkette" konnten da mit einem 28er und zwei 26ern, die für die Stadt bzw. für Touren gedacht waren und keine Gangschaltungen hatten, kaum mithalten. Jeweils drei Fahrer sollten das Rennen austragen. Mehr standen den "Radkettlern" ohnehin nicht zur Verfügung. Sie hatten kaum Aussicht auf einen Sieg, wollten aber nicht kneifen. Wolle hat Heinis Streckenvorschlag gut gefunden. Er hatte die Strecke so gewählt, dass ihre Räder im Vorteil waren. Wolle und Heini haben sich dann auf Start, Ziel und Zeit geeinigt. Man wollte sich am Sonntag um 14 Uhr am Ende der Bergstraße treffen. Von dort zweigte ein festgefahrener, leicht ansteigender Feld-, Wald- und Wiesenweg nach Rodeborn ab, einem kleinen Gebirgsdorf, das man nach 5 Kilometern erreichte. Am Ortseingangsschild sollte gewendet werden. Ziel war der Startpunkt. Wolle hat die Fahrzeit überschlagen und kam auf 30 Minuten. Nach dem Startzeichen liefen die Stoppuhren beider Gruppen an. Die "Radkettler" haben sich Mühe gegeben, keine dummen Bemerkungen zu machen, obwohl sie sich schon als Sieger fühlten. Das Rennen endete, wie es vorauszusehen war, mit einer Niederlage der "Radkette". Trotzdem ging bzw. fuhr keiner von ihnen mit hängendem Kopf nach Hause. Sie hatten ihr Bestes gegeben. Die "Radhelden" haben danach das Geschehen auf der Bergstraße dominiert.
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Manchmal kam Tante Else zu Besuch zu Wolles Eltern. Eigentlich war sie keine Tante im familiären Sinne, sondern eine langjährig treue Familienbekannte. Wolle und seine Schwester Rosa nannten sie nur so. Sie wohnte allein in einer geräumigen Wohnung in der Beletage, mit schönen antiken Möbeln, vielen Büchern, Teppichen und schweren Vorhängen. Auf den Arm- und Kopflehnen ihrer zwei wuchtigen Sessel lagen zum Schutz selbst gehäkelte weiße Deckchen mit Bommeln. Tante Else richtete sie stets mit einem Handgriff aus, sobald sie vorbeikam. Die Tante war schon sehr alt, klein, schlank und ging auch in ihrer Wohnung am Stock. Ihre Augen glänzten und blickten interessiert umher. Tante Else war nicht nur eine kluge Frau, deren Rat gern gehört wurde. Und sie hatte einfach dieses gewisse Etwas, das einen geheimnisvollen Eindruck machte. Sie trug nur schwarze Sachen, eine schwarze Handtasche und immer einen schwarzen Hut, dessen schwarzer Halbschleier ihre Stirn bis zu den dunklen Augenbrauen bedeckte. Trotz ihres Alters und ihrer Gebrechlichkeit war Else geistig sehr rege. Sie konnte verschiedene Krankheiten durch Besprechen heilen und aus Karten die Zukunft voraussagen. Dabei hatte ihre Stimme immer einen geheimnisvollen Klang. Man hörte ihr auch gern zu, weil alles, was sie sagte, einen tieferen Sinn hatte. Ihre Meinung war sehr gefragt.
Außerdem konnte sie Träume nicht nur deuten, sondern auch voraussagen. Als Wolle vor Jahren eine Warze am Ringfinger bekam, hat sie nur kurz darüber gestrichen und ihm versichert, dass die ganz schnell weg ist. Und das war dann auch so. Der Junge hatte sich schon Sorgen gemacht, nie heiraten zu können, weil der Ehering so ein Hindernis garantiert nicht überwinden konnte. Er hatte das schon mal mit einem anderen Ring probiert und dachte, dass es später vielleicht nur bis zu einer Verlobung reichen würde, weil der linke Ringfinger ja in Ordnung war. Tante Else hat ihn von dieser Sorge befreit. Sie war eine tolle Frau, auch wenn die Kinder ihr manchmal unterstellten, sie sei eine Hexe. Sie hatten damals schon so einen Verdacht, als das schreckliche Malheur mit dem Festbraten passiert ist. Rosa sollte den Bratentopf im Keller kühlstellen. Auf der dunklen Treppe ist er ihr vor Schreck aus der Hand gerutscht, weil Wolle sich als Gespenst verkleidet hatte. Der Braten war dahin. Tante Else hat das Festessen dann irgendwie gerettet, das war wie Zauberei. Wolle hat dann nie wieder Streich gespielt und war der Tante sehr dankbar für den Traum, den sie ihm wahrscheinlich nur geschenkt hat, damit es nicht noch schlimmer kommt. Seitdem kümmert sich der Junge rührend um die alte Dame und klingelt oft an ihrer Tür. Er hat schnell kapiert, was zu tun ist, und hat ihr geholfen, wo er konnte. Bei seinen Besuchen hat er Tante Else auch von der "Radkette", den "Radhelden" und dem Wettrennen erzählt, das die "Radkettler" verloren haben. Sie fand die "Helden" nicht so toll, die ihren Namen nicht verdient hatten. Sie konnte Wolle trösten, weil seine Eltern ihm noch kein Fahrrad geschenkt hatten.
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Im Verlaufe der nächsten Zeit erfüllten sich so manche Wünsche in beiden Gruppen. Die betreffenden Eltern hatten es nicht schwer, Geschenke zu finden, weil doch jedes Rad verbessert werden kann. Im Gegenteil, sie mussten den Eifer ihrer Sprösslinge sogar bremsen, was besonders bei den Eltern der "Radkettler" der Fall war. Die Fahrradgeschäfte boten neben neuen und gebrauchten Rädern auch eine unübersehbare Menge an Zubehörteilen an. In beiden Gruppen hatten jetzt fast alle ihr eigenes Fahrrad. Ausgerechnet Wolle blieb übrig und musste noch fast ein halbes Jahr bis Weihnachten warten. Wenn sich die anderen am Wochenende zu einer gemeinsamen Radfahrt trafen, nutzte er auch schonmal die Zeit, um zu Hause oder bei Tante Else etwas zu tun. An diesem Sonntag hatte er ihr versprochen, ein paar abgelöste Tapetenstücke wieder anzuleimen. Als er damit fertig war, wollte er sich verabschieden. Er wurde aber durch die alte Dame festgehalten, weil sie ihm im Keller noch etwas zeigen wollte.
Tante Else warf sich ein Tuch über, nahm ihren Stock und den Schlüsselbund und sagte zu Wolle, er solle ihr folgen. Dann zog sie die Wohnungstür hinter sich ins Schloss und ging ganz langsam die knarrende Treppe zum Keller hinunter. Dabei stützte sie sich links auf den Stock und rechts auf das Geländer. Wolle sprang vorneweg, nahm zwei Stufen auf einmal. Auf jedem Treppenabsatz blieb er stehen und schaute kurz zurück, ob die Tante ihm folgte. Jedes Mal lächelte sie und sagte: "Ja, ich komme. Es geht nur nicht mehr so schnell."
Im Keller war es stockdunkel, nur eine 25-Watt-Birne beleuchtete die Umgebung. Die Augen mussten sich erst an die Dunkelheit gewöhnen. Die Tante suchte den richtigen Schlüsselbund heraus, der rasselte. Die Kellertür war mit einem alten Vorhängeschloss gesichert, das sich aber leicht öffnen ließ. Sie betraten einen Vorraum, von dem aus noch ein größerer Raum abging. Überall standen leere Regale an den Wänden. "Früher standen hier die Einweckgläser. Damals wurde fast die gesamte Gartenernte für den Winter eingekocht", erzählte die Tante und fügte hinzu: "Ich brauche das für mich allein nicht mehr." Wolle nickte. Er wusste, dass ihr Mann nicht mehr da war.
Außer den leeren Regalen standen da unten noch ein paar alte Stühle, ein Wäschekorb und ein paar Kartons. Ganz hinten, in der dunkelsten Ecke des zweiten Raumes, stand etwas an der Wand, was Wolle nicht deuten konnte, weil eine Wolldecke darüber lag. Die Tante ging darauf zu und bat den Jungen, die verstaubte Decke vorsichtig abzunehmen. Was dann im Halbdunkel zum Vorschein kam, ließ dem Jungen den Atem stocken. Die Tante freute sich, dass ihr die Überraschung gelungen war und sagte: "Das ist ein Geschenk für dich, weil du mir bisher sehr geholfen hast und es hoffentlich weiter tust. Du bist mir eine große Hilfe." Sie umarmte ihn. An der Kellerwand stand ein altes, verstaubtes und verrostetes Fahrrad, ein 28er-Herrenrad mit Gesundheitslenker ohne Griffe, kaputte Lampe und platte Reifen. Die Kette war aus den Zähnen geglitten und lag zum Teil auf dem Boden. Bei der Klingel fehlte das Oberteil. Wolle zog die Klemme des Gepäckträgers nach oben und ließ sie wieder fallen. Es schepperte. Seine anfängliche Euphorie hatte etwas nachgelassen. Die Tante sah es und tröstete ihn: "Das Rad gehörte meinem Mann Erich. Es steht seit vielen Jahren hier rum und ist nutzlos. Etwas Arbeit steckt schon noch drin. Du musst das Rad entstauben, entrosten und danach sparsam hiermit einreiben." Sie holte aus ihrer Schürzentasche ein Fläschchen Lack-Auffrischer hervor, gab es dem Jungen und fuhr fort: "Die Mühe wird sich lohnen. Du schaffst das und eines Tages werden dich alle um dein Rad beneiden." Wolle vertraute ihr, weil er sie kannte und auch deshalb, weil er ihr verstecktes Lächeln sah, das sie schon oft aufgesetzt hatte, wenn sie jemanden überraschen wollte oder wenn sie etwas im Schilde führte. Der Junge steckte die Flasche ein, legte die staubige Decke zusammen, bedankte sich herzlich bei der alten Dame und hängte sich das Rad mit einem Schwung über die Schulter. Die kurze Strecke bis nach Hause würde er mit Leichtigkeit bewältigen. Die Tante begleitete ihn noch bis vor das Haus und blickte ihm nach.
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Ausgerechnet jetzt traf Wolle auf die "Radhelden". Sie versperrten mit ihren Fahrrädern den Fußweg genau dort, wo er durch musste. Er zögerte kurz, wollte die Straßenseite wechseln, entschied sich dann aber anders. Tatsächlich machten ihm die "Helden" erst ein wenig Platz und lachten sich dann schlapp. Peter A. war wieder der Wortführer: "Nein, schau mal! So ein schönes und gepflegtes Fahrrad haben wir gar nicht!", spottete er lauthals und tat so, als müsse er sich vor Lachen den Bauch halten. Die anderen stimmten nach und nach in das schallende Gelächter ein und gaben hämisch ihren Senf dazu. Jeder machte sich über ein anderes Teil lustig. "Pass auf, die Kette klemmt", "Mach die Lampe aus, dein Dynamo glüht", "Fahr nicht so schnell", waren noch die harmlosesten Kommentare. Heini entdeckte die zusammengefaltete Schutzdecke auf dem Gepäckträger. Wolle hatte sie noch nicht ausgeschüttelt. Das wollte er später machen, wo es niemanden stören würde. Der Chef der "Radhelden" bemerkte nun auch, dass sie völlig verstaubt war, verzog das Gesicht und stellte sich so, dass der Wind in Wolles Richtung blies. Dann begann er, unter dem Jubel der anderen, die Decke kräftig auszuschütteln. Eine mächtige graue Wolke zog auf Wolle zu. Doch plötzlich drehte der Wind und blies den Radhelden an. Er staubte sie regelrecht ab. Wolle glaubte eine dunkle Gestalt weit hinter sich gesehen zu haben. Vielleicht hatte er sich geirrt. Er legte die Decke wieder auf den rostigen Gepäckträger und fuhr mit seinem Fahrrad nach Hause, die schimpfenden und hustenden "Helden" hinter sich lassend.
Natürlich machte die Nachricht vom Geschenk der Tante schnell die Runde. Wolles Eltern wussten es schon, weil sie es mit der alten Dame so abgesprochen hatten. Die anderen Kinder der "Radkette" standen bereits am nächsten Tag mit Putzlappen, Sandpapier und Drahtbürsten vor der Tür. Einer brachte sogar einen Satz Werkzeuge und Flickzeug mit. Sie waren alle da, um zu helfen. Am Ende ihres ersten gemeinsamen "Arbeitstages" sah das Rad schon ganz manierlich aus. Nach dem dritten Tag konnte Wolle mit seinen Freunden die ersten Runden drehen. Sie fuhren dabei auch zur Tante, die sich riesig freute. Sie gab dem Jungen eine neue Fahrradlampe, eine Luftpumpe und eine Klingel mit.
In der Folgezeit pflegte der Junge sein Fahrrad gewissenhaft und vergaß auch nicht, seiner Tante weiterhin zu helfen. Sie revanchierte sich, indem sie ihm weitere Fahrradteile schenkte. Die Eltern stockten sein Taschengeld auf, damit er sich selbst etwas kaufen konnte. Die "Fahrradhelden", die sich anfangs noch über ihn lustig machten, hielten sich mit ihren dummen Sprüchen immer mehr zurück, als sie sahen, wie sich das alte Rad nach und nach in ein Schmuckstück verwandelte. Der alte Gesundheitslenker wurde durch einen modernen Vorbaulenker ersetzt, die alte Stempelbremse durch zwei Felgenbremsen. Zwei Rückspiegel ermöglichten den Blick nach hinten. Auch einen Fahrradständer konnte Wolle anschrauben. Woher die Tante die Teile für eine 6-Gang-Nabenschaltung hatte, blieb ihr Geheimnis. Auch die "Helden" hatten keine, sondern mussten sich mit 3-Gang-Schaltungen begnügen. Ein hinterhältiger Vorschlag für ein Rennen kam von ihnen nicht mehr. Aus dem alten Presto-Chrom-Rad von 1932 war wieder ein moderner Flitzer geworden.
E N D E
Texte: Wolf Rebelow
Bildmaterialien: pixabay.com
Cover: Wolf Rebelow
Korrektorat: KI mit Deepl Write, nochmal nachbearbeitet
Tag der Veröffentlichung: 15.03.2025
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