(Mutter zur großen Tochter)
Ich stehe vor der Bilderwand
Denke an das Alte
Das lange schon
Der Welt entschwand
Und ich im Herzen halte
Neben denen, die noch sind
Verstreut in alle Winde
Töchter, Söhne, Enkelkind
Euch alle ich hier finde
Gefolgt von diesem Denken
Will darum auch ich
Ein Bild von uns euch schenken
Akrostichon
Abendstille ist im Haus
Die Kerze wird entzündet
Von ihr geht sanfte Wärme aus
Ein heller Schein verbindet
Näher kommt die schöne Zeit
Tausend Lichter sind bereit
Das Thermometer sinkt nach unten,
von zwölf auf nur drei Grad.
Der raue Wind ist ganz verschwunden,
die Wolken grau und fad.
Dunkel ist es schon im Zimmer,
ab nachmittags um vier.
Zu spüren ist der Weihnachts-Schimmer,
verschlossen nun die Tür.
Man zündet eine Kerze an,
und stellt sie sorgsam hin.
Dann setzt man sich ganz dicht heran,
erzählt der Dinge Sinn.
Die Nacht ist kalt, es pfeift der Wind,
sie schlafen unter Brücken.
Es sind viele, die dort sind,
die eng zusammenrücken.
Das Thermometer wird noch sinken,
die Pappen schützen nicht.
Zwei Alte in die Ecke hinken,
die Kerze spendet Licht.
Die Decke aus der alten Tasche
teilen sich die beiden.
Sie teilen auch die Wodkaflasche
zur Linderung der Leiden.
Sie sprechen über alte Tage,
den Verlust der Ehre,
über diese Kälteplage
und des Lebens Schwere.
Am Morgen wacht der eine auf,
der andere nicht mehr.
Ein Wagen kommt, man hebt ihn auf
und winkt ihm hinterher.
Der kleine Enkel freut sich sehr
auf einen kleinen Teddybär‘.
Auf eine Eisenbahn aus Holz
wäre er gewiss sehr stolz.
Auf ein Ritterschwert mit Schild
war er immer schon ganz wild.
Er spricht zum Opa: "Sage mir,
was wünschst denn Du zum Feste Dir?"
Der alte Mann denkt nach und spricht:
"Ich wünsch mir Nähe, Wärme, Licht,
keinen Hass und keinen Streit,
Harmonie und auch kein Leid."
Er stockt und schaut niemanden an,
wird ganz leise und sagt dann:
"Und etwas Zeit von meinen Kindern
würde meine Sehnsucht lindern."
Der Enkel sieht den Opa an
und kommt ganz dicht an ihn heran:
"Sei bitte doch nicht traurig mehr,
ich schenke dir mein Teddybär."
Sie sitzen alle um den Baum,
und warten auf das Glück.
Man sieht sich ja ansonsten kaum,
zieht gerne sich zurück.
Viel Stress und Hektik sei der Grund,
früher war mehr Zeit:
„Heute geht es eben rund,
es tut uns ja so leid.“
„Alles ist viel schwerer heute,
früher war es leichter.
Es gab mehr Muße für die Leute,
die Arbeit war auch seichter.“
Nun packt man die Geschenke aus,
voll Hast, kein Augenschmaus,
aus Kisten, Schachteln, Tüten auch.
Das ist zum Fest so Brauch.
Die liebevoll verpackten Päckchen
werden schnell zerfetzt.
Im Zimmer bleibt kein leeres Fleckchen,
Knecht Ruprecht wär‘ entsetzt.
Dann zieht man sich in sich zurück,
vermisst das Weihnachtsglück.
Niemand sieht den hellen Schein,
der ist gewiss zu klein.
Als das Tageslicht entschwand
kam die Stille übers Land.
Im warmen Zimmer, baumgeschmückt,
wartet man entzückt.
Weihnachtsklänge, Kerzenlicht,
man schaut sich an, wie lange nicht,
fühlt Wärme und Geborgenheit;
schnell vergeht die Zeit.
Die Kinder warten auf Geschenke,
die Alten wählen sich Getränke,
jemand fängt zu singen an,
ein Lied, das jeder kann.
Endlich ist es nun soweit
und der Gabentisch bereit
mit schönen Dingen, guten Sachen,
die viel Freude machen.
Doch jemand ist nicht so entzückt,
sein Geschenk ihn doch bedrückt.
Es ist ein kleines Bild, nicht mehr,
betrübt kommts ihm daher.
Ein alter Mensch, auf einem Wagen,
wird gezogen ohne Fragen,
von einer Frau, die noch sehr jung,
und ihrem Kind voll Schwung.
Leise wird es in der Runde,
der Schenker stach in eine Wunde.
Man singt die nächste Weihnachtsweise
nachdenklich und leise.
Das warme Haus liegt nun verlassen
Der Kerzenrauch schwebt noch im Haar
Die Kinder keine Hand erfassen
Sie wollen sich nicht führen lassen
Es tobt sich wunderbar
Es knirscht der Schnee bei jedem Schritt
Der die dunkle Nacht erhellt
Mond und Sterne helfen mit
Mühsam geht es Tritt um Tritt
Durch der Berge Welt
Von Weitem sieht man nun ein Licht
Die Waldkapelle ist bereit
Schön geschmückt und dennoch schlicht
Die Glocken tuen ihre Pflicht
Es ist Weihnachtszeit
wir wünschen euch zum Weihnachtsfeste
von allem Schönen nur das Beste:
Gesundheit, Frohsinn und viel Freude
an allen Tagen - nicht nur heute,
keinen Kummer, keine Sorgen,
keinen Zwang, sich Geld zu borgen,
ein warmes Haus und gute Speisen,
ab und zu auch mal verreisen,
ein Leben ohne Zank und Streit
und Liebe bis zur Ewigkeit.
Wir wünschen Kraft und Zuversicht
und wünschen uns: vergesst uns nicht.
Ein Weihnachtsbaum liegt auf der Wiese,
Ringsum Häuser im Karree
Es rüttelt ihn die steife Brise
Am Morgen ohne Schnee
Ausgedient und abgeschmückt
Die müden Zweige hängen
Was die Menschen nicht bedrückt
Nach ihren frommen Sängen
Er liegt seit einer Woche schon
Traurig und verlassen
Dem Weihnachtsfeste wie zum Hohn
Er kann sein Los nicht fassen
Die alte Frau im Erdgeschoss
Schaut sinnend auf dem Baum
Sie denkt an ihren großen Spross
Groß ist der Zwischenraum
Ihr zieht ganz gern an Haar und Zopf
und auch an großen Nasen,
leckt den Pudding aus dem Topf
und streichelt gerne Hasen.
Ihr müsst noch nichts im Hause machen,
zum Essen nur erscheinen,
danach könnt ihr im Garten lachen
im Gras und unter Bäumen.
Ihr schaut auch gern in dunkle Ecken
und stellt euch dort Gespenster vor.
Ihr spielt die Helden oder Recken
und mauschelt gern im Moor.
Spielzeug habt ihr jede Menge
in großen Schränken, die zu klein.
In den Kisten herrscht Gedränge,
es passt nichts mehr hinein.
Ihr tanzt fröhlich und verwegen,
ausgelassen, ziemlich laut
und seid nach einem Sommerregen,
nass bis auf die Haut.
Zu schnell vergeht die Kinderzeit,
so eilig wie ein Jahr verfließt.
Mit Fröhlichkeit und Heiterkeit
noch keine Sorge sprießt.
Und wenn der Wind da draußen ruht,
im wolkenlosen Mondeslicht,
dann schläft es sich besonders gut
nach einem Nacht-Gedicht:
„Seht doch mal, die Märchenbrücke! *
Wie von Sternen angestrahlt
hat der Mond durch eine Lücke
sie silbern angemalt.
Sie führt zu einem fernen Ort,
wo die blaue Blume blüht.
Ein Ungeheuer ist schon dort,
was euch im Wege steht.
Es ist das böse „Dicke Ende“!
Das Ungetüm hat Pratzenhände,
hat spitze Stacheln auf der Haut
und brüllt erschreckend laut.
Nur wer Mut hat, kann es zähmen,
am Ende kann es sich benehmen.
Ein gutes Herz hat das gemacht -
und damit ‚Gute Nacht!“.
* Nach „Die Silberne Brücke“, Kinderbuch von Herta Vogel-Voll, 1951,
Texte: Wolf Rebelow
Bildmaterialien: pixabay.com
Cover: Wolf Rebelow
Tag der Veröffentlichung: 03.12.2024
Alle Rechte vorbehalten