Cover

Mein Tod

Ich sitze in einem kalkweißen Raum.

Lieblose Einrichtung, kalte und unbehagliche Atmosphäre. Die Tulpen auf dem Tischchen neben mir sind der einzige bunte Fläche im ganzen Zimmer.

Meine Familie sitzt um mich herrum. Traurige Gesichter, geschwollene, rote Augen... Fast so... Als ob jemand gestorben wäre.

Zwar habe ich starke Schmerzen möchte mich bemerkbar machen, aber mein Körper rührt sich bis auf einen Muskelzuck in der Hand nicht. Ich bekomme Panik.

Meine Mutter wird auf einmal hektisch und deutet auf meine Hand.

Schon kommt ein Mann herrein, welcher einen weißen Kittel trägt. Er scheint ein Arzt zu sein. Ich denke mir na gut, dann kann ich ihn ja mal fragen was Sache ist. Doch er würdigt mich keines Blickes, sondern spricht zu meiner Familie und versucht meine aufgebrachte Mutter zu beruhigen.

Ich höre momentan nicht gut, sondern gedämpft und leicht verzerrt. Dennoch verstehe ich einige Gesprächsfetzen.

"... hat sich bewegt? ... normal bei Hirntot ... keine Hoffnung... Gedanken machen über Organspende... OP vorbereitet"

Ich verstehe nun überhaupt nichts mehr.

Nehme aber nun wahr, dass ich an verschiedenen Geräten angeschlossen bin. Eins hat einen DIsplay, auf welchem eine gerade und eine geschwungene Linie dargestellt wird... Ich kannte soetwas aus dem Fernsehen. Die eine dürfte die Hirnströme anzeigen, und die andere die Herzfrequenz...

Jetzt macht es einen Sinn! Das Gerede über Hirntot, die Tatsache das ich mich nicht bemerkbar machen kann... Und die Bemerkung über Organspende!

Aber ich bin doch noch hier! Ich lebe!

Meine Angehörigen umarmen mich, und gehen aus dem Raum.

Wieso verlassen sie mich? Bleibt bei mir! Ich habe doch Angst! Lasst mich nicht mit denen alleine!

Nun bin ich alleine mit dem Arzt und den Krankenschwestern. Ich, beziehungsweise mein Körper, werde scheinbar auf die OP vorbereitet...

Ich werde panisch, versuche um mich zu schlagen. Möchte nur noch weg! Ich will nicht wie ein Tier geschlachtet werden ( Eins ist klar: Wenn ich DAS überlebe, werde ich Vegetarier! )! Ich werde in den OP Raum gebracht.

So langsam habe ich keine Hoffnung mehr. Ich bin erschöpft von den ewigen Versuchen mich bemerkbar zu machen, und die Schmerzen machen mir zu schaffen.

Gleich merke ich sowieso nichts mehr. Wenn ich dann gleich die Narkose... Ich denke ich habe ein Problem. Hirntote bekommen keine Narkosen. Das heißt, ich werde alles merken... Bis sie mich ausgeweidet haben.

Der Operateur kommt mit dem nötigen Equipement... Und beugt sich über mich.

Die Schmerzen die ich ab jetzt spüre sind unerträglich. Ich wurde getötet, um das Leben eines anderen zu retten. Und das bei vollem Bewusstsein.

Epilog

Es gibt Berichte von Leuten die entweder aus eigener Kraft kurz vor der Transplantation, auf dem OP Tisch oder noch im "normalen" hirntoten Zustand wieder aufwachen, aber auch von Leuten die wegen den Schmerzen die sie bei der Transplantation verspürten wieder aufwachten. Das zeigt ja, dass der Körper nicht tot ist. Denn etwas, das hoffnungslos tot ist, kann nicht einfach wieder erwachen.

Julia Tavalero ( Hat im übrigen auch ein Buch geschrieben ) war bzw galt 6 Jahre lang als hirntot. Sie wurde vom Pflegepersonal als Gemüse bezeichnet, unmenschlich und grob behandelt. Und bekam ALLES mit!

Diese beiden Punkte haben mich dazu bewegt, eine kleine "Geschichte" zum Thema zu schreiben.

Organspenden - schön und gut, aber dem Spender, der damit ein anderes Leben rettet, sollte doch wenigstens keine Schmerzen spüren?

Ich meine, wer kann das ausschließen?

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 19.12.2013

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /