Kapitel 1 | Emma
Es ist soweit. Nach jahrelangen Bemühungen und harter Arbeit habe ich mein berufliches Ziel erreicht. Mein Blick schweift zur Bühne, wo eine füllige Frau mit schneeweißem Haar und britischem Akzent von meinen Erfolgen in der Marketingbranche berichtet. »Women of the Year« Award; normalerweise wird er Schauspielerinnen, Sängerinnen oder anderen Prominenten verliehen. Ein Grund mehr, mich geehrt zu fühlen.
»Und deshalb bitte ich um riesigen Applaus für die Frau der Stunde. Unsere diesjährige Women of the Year: Emma Reed!«, spricht die Frau in ihrem schwarzen Hosenanzug und beginnt, euphorisch in die Hände zu klatschen. Mit einem strahlenden Lächeln, das locker Julia Roberts Konkurrenz machen könnte, erhebe ich mich in meinem burgunderroten Traumkleid von Valentino.
Mein schwarzes Haar, das mir bis zu zur Brust fällt, ist hochgesteckt und könnte wie bei der Drei-Wetter-Taft Werbung, sogar einem Orkan standhalten. Alles ist perfekt; die Deko, die Gäste und der Award, der die Form von einer gläsernen Aphrodite Statue hat.
Mit straffen Schultern und breitem Grinsen betrete ich die Bühne und gleite elegant zum Rednerpult, der ebenso aus Glas gefertigt ist. Bevor ich allerdings sprechen kann, fangen sämtliche Veranstaltungsgäste an, laut zu lachen.
Völlig verwirrt runzle ich die Stirn, bis ich aus einer Eingebung heraus meinen Blick senke und voller Entsetzen feststellen muss, dass ich nicht mehr im Traum eines Abendkleids bekleidet bin, sondern in meinem Pyjama. Wäre das nicht schon schlimm genug, trage ich aus gerechnet den pinken Betty-Boop Pyjama und die quietschgelben Homer Simpson Pantoffeln. Nicht gerade ein Outfit, mit dem ich Karl Lagerfeld überzeugen könnte, mich zu seiner nächsten Muse zu machen. Den Tränen nahe mache ich kehrt und versuche, zu flüchten. Doch ich wäre nicht ich, wenn ich nicht noch einen drauflegen würde. Drei Stufen. Nur drei verdammte Stufen werden mir zum Verhängnis. Ich stolpere über meine eigenen Füße und falle auf den glatt polierten Parkettboden. Der Aufprall übertönt sogar das schallende Gelächter. Mein ganzer Körper schmerzt, mein Kopf nimmt die Farbe einer überreifen Tomate an und meine Frisur ist eine Katastrophe. Diese doofe Schwarzkopf Werbung! Von wegen, die Frisur hält.
Von der »Women of the Year« werde ich degradiert zu Emma Reed. Keine erfolgreiche Marketingmitarbeiterin, sondern Studentin, die nebenbei bei Starbucks versucht, über die Runden zu kommen. Meine Figur gleicht auch nicht der knallharten Geschäftsfrau, sondern eher Bridget Jones. Ich bin Emma Reed, eine Frau mit Hang zur Dramatik, Schokoladesucht und Tollpatschigkeit des Jahrhunderts.
Mit einem kurzen Schrei öffne ich die Augen und starre an meine Schlafzimmerdecke. Mein Kopf schmerzt und zwingt mich, die Augen erneut zu schließen. Das Gelächter aus meinem Traum hallt noch immer in meinem Schädel.
»Was für ein Alptraum«, stöhne ich und zische laut auf. Ein markerschütternder Schmerz erfüllt meinen Kopf. Ich vergrabe meine Hände in den Haaren und versuche, die Ursache für diese Qualen zu finden. Mein Erinnerungsvermögen lässt allerdings zu wünschen übrig, streikt vehement und mir bleibt nichts anderes übrig, als mir die Schläfen mit kreisenden Bewegungen zu massieren. Wie sich auflösender Nebel kommen die Erinnerungsfetzen zurück. Gestern Abend war ich duschen, wollte früh ins Bett und habe mir mein Outfit für den heutigen Tag zurechtgelegt.
»Oh Gott«, flüstere ich, als ich alle Puzzleteile zusammensetzen konnte. Ich erinnere mich an den überglücklichen Aiden, der seine Doktorarbeit bestanden hat und mit mir feiern gehen wollte. Obwohl ich heftigst protestiert habe, hat mich mein bester Freund schon um den Finger gewickelt.
Das laute Schnarchen meines Katers Sammy riss mich aus meinen Gedanken, bis mir bewusst wird, dass dieser Laut nicht von meiner Katze kommt. Wie in Zeitlupe drehe ich mich um und starre auf einen mir unbekannten Mann.
»Oh Gott«, hauche ich und presse mir vor Entsetzen beide Hände vor den Mund. Das sieht mir gar nicht ähnlich, einfach einen Wildfremden mit nach Hause zu nehmen, doch ein Blick auf sein Gesicht lässt mich meine Vorsätze nochmal überdenken. Seine Gesichtszüge sind markant, dazu hohe Wangenknochen, heller Teint und schwarze Haare, die ihm bis zum Ohr reichen. Er war äußerst attraktiv und sein nackter Oberkörper lässt mir das Wasser im Mund zergehen.
Die Schulklingel der Grundschule, die neben meinem Apartment liegt, erklingt und mein Herz rutscht mir in die Hose. »Verdammt nochmal, ich komme zu spät!«, schreie ich wie von Sinnen, werfe die Decke zu Boden, starr e entsetzt auf meinen splitternackten Körper, ehe ich ins Bad flüchte. Meine Armbanduhr zeigt mir mit drohenden Ziffern, dass es bereits acht Uhr früh ist.
Eigentlich habe ich mir diesen Morgen ganz anders vorgestellt. Ich wollte um halb 7 aufstehen, gemütlich duschen, mich anziehen, frühstücken und mit Elan gemeinsam den Weg ins Büro antreten. Heute ist mein erster Arbeitstag und anstatt fit und munter zu sein, habe ich Augenringe, stinke nach Alkohol und mein Kopf fühlt sich an, als würde mir jemand tausend Nadeln ins Gehirn rammen. Trotz meiner Bemühungen verlasse ich gehetzt meine Wohnung. Der Fremde schnarcht noch immer in meinem Bett vor sich hin, doch in meiner Eile habe ich keine Zeit, mich auch noch mit einem One Night Stand auseinanderzusetzen. Er wird schon selber rausfinden. Mein knallroter VW Beetle blinkt mir einladend entgegen, als ich mit einem Ruck die Tür aufmache und einsteige.
Ich trommle wie wild auf mein Lenkrad und verfluche diesen Morgen. Ich bin schon fünf Minuten zu spät, rase wie eine Irre durch das verschneite New York. Als die Ampel auf Rot schaltet, bremse ich und atme tief durch. Vielleicht wird Mister Coleman wegen meiner Verspätung noch ein Auge zudrücken. Beim Bewerbungsgespräch wirkte er freundlich, höflich und liebenswert. Aber was sollte ich als Ausrede angeben? »Sorry Boss, ich habe mich gestern volllaufen lassen und hatte heißen Sex mit einem Unbekannten«, wird wohl nicht besonders gut ankommen.
Coleman & Sons ist eine der erfolgreichsten Marketingagenturen New York’s. Im Gegensatz zur Konkurrenz ist es ein reines Familienunternehmen. Wie ich durch die Medien erfahren habe, wird Coleman Senior bald in Rente gehen und seinen beiden Söhne Liam und Sean Coleman das Unternehmen über geben. Mit Wehmut stelle ich fest, dass ich ab heute drei Vorgesetzte habe. Mir droht, die Galle hochzukommen. Als wäre ein Boss nicht genug!
Die Ampel leuchtet grün auf. Erleichtert lege ich den Gang ein und trete auf das Gaspedal. Wie aus dem Nichts ertönt ein lauter Knall und ich werde in meinem Auto im Kreis geschleudert. Nachdem mein geliebter VW Beattle zum Stehen kommt, sehe ich fassungslos aus dem Fenster. Ein schwarzer, überaus teurer SUV ist mir in die Beifahrerseite gefahren. Eigentlich sollte ich jetzt verängstigt und geschockt sein. Doch nur ein Gefühl erfüllt meinen Körper: Wut. Rasende, ätzende Wut. Der heutige Morgen könnte glatt in die Geschichte eingehen, als der schlimmste Tag aller Zeiten! Nicht nur, dass ich bis in die Morgenstunden gefeiert, mit einem Fremden geschlafen und dann auch noch verschlafen habe. Ich komme zu spät, sehe trotz Make-Up total verkatert aus und irgendein Vollidiot kann die Farbe Rot nicht von Grün unterscheiden und fährt mir in mein geliebtes Auto.
»Das reicht!«, schnaube ich, schnalle mich ab und reiß e die Autotür auf. Aus dem schicken Wagen steigt ein schlanker, brünetter Mann im grauen Anzug aus und starrt mich entsetzt an.
»Oh mein Gott. Ist alles in Ordnung?«, fragt er sichtlich mitgenommen, doch für mich gibt es kein Halten mehr. Ich explodiere wie ein Vulkan; anstatt Lava kommen mir Schimpfwörter aus dem Mund. Wie von Sinnen renne ich auf ihn zu, baue mich bedrohlich vor ihm auf und funkele ihn böse an. Nun, es sieht wohl eher lustig als bedrohlich aus, denn er ist einen ganzen Kopf größer als ich und sieht verdammt gut aus. Was? Wie bitte? Woher kommen denn diese Gedanken her?
»Sag mal, hast du sie noch alle, du Arsch? Bist du blind oder bist du einfach zum Spaß über Rot gefahren?«, quietsche ich ihn an. Na toll, eigentlich wollte ich gefährlich klingen, doch es klingt wie die Stimme von einem der Teletubbies.
Er runzelt die Stirn und hebt beschwichtigend die Hände. »Hör zu, es tut mir Leid«, rief er mit seiner tiefen, sexy Stimme. Sexy? Was ist denn nur los mit mir? Dieser Arsch hat mich gerammt und ich finde ihn attraktiv und sexy? Ich muss einen Hirnschlag haben, genau das muss es sein! »Alles Okay? Haben Sie sich den Kopf gestoßen? Ich rufe lieber einen Krankenwagen.«
Panik erfüllt mich, als ich auf meine Armbanduhr sehe. »Mist, ich bin schon eine halbe Stunde zu spät wegen dieses Vollidioten«, rede ich mit mir selber. »Hören Sie, ich komme an meinem ersten Arbeitstag schon jetzt viel zu spät. Geben Sie mir einfach ihre Telefonnummer und wir besprechen alles W eitere später.«
»Wie Sie wünschen. S oll ich nicht doch lieber einen Arzt rufen? Sie sehen so fertig aus.« Das brachte das Fass zum Überlaufen.
»Mich interessiert ihre Meinung nicht! G eben sie mir endlich ihre Nummer!«, zischte ich unter zusammengebissenen Zähnen. Mit leicht amüsiertem Blick greift er in sein Jackett und zieht eine Visitenkarte heraus. Wutentbrannt kralle ich mir das Papier, ohne einen Blick darauf zu werfen, und steige in mein verbeultes Auto.
»Mister Coleman, es tut mir so schrecklich leid, dass ich an meinem ersten Tag zu spät komme. Ich hatte einen Autounfall«, wimmere ich meinem Boss entgegen und drückte theatralisch auf die Tränendrüse. Seine Miene wandelte sich augenblicklich von verärgert zu besorgt.
»Miss Reed, geht es Ihnen gut? Wieso sind Sie nicht im Krankenhaus?« Er reagiert genau so, wie ich es erwartet habe.
»Mir ist nichts passiert. Ich kann meinen Dienst antreten, wollte mich nur bei Ihnen persönlich für meine Verspätung entschuldigen.«
Er tätschelt mir väterlich den Rücken. »Danke, mein Kind. Ich bin froh, dass Ihnen nichts weiter passiert ist. Es trifft sich sogar gut, dass Sie in mein Büro gekommen sind. Ich möchte Ihnen gerne meine beiden Söhne vorstellen. Sie werden schon bald meinen Platz einnehmen und das Unternehmen leiten.«
Ich folge diesem fürsorglichen Mann, der mich an meinen verstorbenen Großvater erinnert, durch den Flur zu einer zweiflügeligen Milchglastür. In schwarzen Lettern stehen die Namen von Liam und Sean Coleman neben der Tür . Mit einem Klopfen tritt mein Boss in das Büro und ich folge ihm.
»Guten Morgen. Meine Herren, ich möchte euch unsere neue Praktikantin vorstellen. Emma Reed!«
Völlig entsetzt stelle ich fest, dass der unterste Knopf meiner Seidenbluse offen ist. Schnell knöpfe ich sie zu und hebe den Blick. Da ist wieder das Ohnmachtsgefühl von vorhin und ich glaube, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Vor mir stehen zwei große, attraktive Männer, denen ich schon zuvor begegnet bin. Links mein unbekannter One-Night-Stand und rechts der sexy Arsch, der mir mitten ins Auto geknallt ist. Ich versuche zu lächeln, was mir aber gänzlich misslingt. Na, das kann ja heiter werden!
Das ist doch ein Scherz, oder? Ich meine, gleich wird ein Kamerateam erscheinen und mir beweisen, dass ich bei der »Versteckten Kamera« live auf Sendung bin. Ich warte, doch nichts passiert. Ich schlucke, bin wie gelähmt. Natürlich passiert immer mir so etwas. Dass ich meinen zukünftigen Boss intim kenne und den anderen als Arsch beschimpft habe. Ich schaue drein, als würden Weihnachtsmann und Osterhase gleichzeitig vor mir stehen. Sechs Augenpaare sind auf mich gerichtet und ich versuche, mich zu sammeln. »Freut mich sehr, meine Herren«, quietsche ich, reiche ihnen meine Hand und den Herren der Stunde entlocke ich sogleich ein Schmunzeln. Mister One-Night-Stand lässt nicht lange auf sich warten und ergreift meine Hand.»Sean Coleman. Miss Reed, es ist mir wahrhaftig eine Freude, Sie wiederzusehen. Haben Sie gut geschlafen?«, fragt er ohne jegliche Scham und grinst mich verführerisch an. Genau dieses Grinsen ist mir gestern N acht zum Verhängnis geworden. Ich schlucke, mein Mund ist trocken und meine Zunge klebt an dem Gaumen. Sean Coleman hat eine besondere Wirkung auf mich, der ich mich nicht entziehen kann. Der Blick von Mister und Liam Coleman huscht von Sean zu mir und ich bin kurz davor, zu hyperventilieren. Die müssen ja sonst was denken und sie haben nicht mal Unrecht! »Da-Danke Sir. J a, ich habe sehr gut geschlafen«, stottere ich verlegen. Warum sollte ich lügen? Er war wirklich grandios im Bett.Nun reiche ich seinem Bruder die Hand. »Liam Coleman. Was für eine Überraschung. Wir hatten ja heute schon das Vergnügen«, lächelt er und irgendwie bringt mich dieses Grinsen komplett aus dem Konzept. Seine Hand war rau, aber er drückt meine Hand sanft. Ich schlucke erneut. »Ähm ... ja, stimmt. Es tut mir Leid wegen vorhin. Ich wollte Sie nicht beschimpfen, krieche ich zu Kreuze. Das wird wohl mein erster und letzter Arbeitstag sein. Verabschiede dich von der Marketingbranche, Emma. »Ist schon okay. Schließlich war es ja meine Schuld«, sagt er milde. »Ihr drei kennt euch bereits?«, fragt nun Coleman Senior. Seine Stimme schien nicht mehr so freundlich, eher verärgert. Oh ja, Game Over für Miss Reed.»Vater, ich bin heute Morgen in Miss Reed s Auto gefahren. Wir hatten einen kleinen Unfall«, sagt Liam kurz und knapp. Mein Blick gleitet zu dem Mann neben mir, der mit den Kiefern mahlt und seine Söhne mit Adleraugen beobachtet.»Du bist der armen Miss Reed ins Auto gefahren? Wo hast du denn deine Augen? Warst du allein?« Ob er alleine war? Was ist das denn für eine Frage?»Ja, Vater. Ich war allein.« Sein Augenpaar wandte sich wieder mir zu. »Miss Reed. Sie können nun zu Miss French gehen und sich alles erklären lassen«, meinte Charles Coleman. Mit eingezogenem Kopf verlasse ich das Büro, lehne mich gegen die Tür, nachdem ich sie hinter mir geschlossen habe, und atme erst einmal tief durch. Anscheinend bin ich noch Praktikantin bei Coleman & Sons. Die Frage ist nur, wie lange?
Miss French ist eine schlanke, vollbusige, überaus künstlich wirkende Barbiepuppe. Eine bessere Beschreibung fällt mir einfach nicht ein. Ihr weißblondes Haar fiel ihr bis zu den Hüften, ihr Teint war blassrosa und ihr Körper wohlgeformt. Sie trägt ein knappes Kleid, dass wirklich nicht mehr viel Spielraum für die Fantasie lässt. Miss French kaut an ihrem Kaugummi und erklärt mir halbherzig meinen Arbeitsbereich. Zu meinem Leidwesen bin ich fürs Kaffeekochen, Post sortieren und Abtippen von Briefen verantwortlich. Von einer glänzenden Karriere als Marketingmanager bisher keine Spur. »Rauchst du?«, fragt mich Jazabell. Ja, das ist kein Witz, ihr Name ist wirklich Jazabell. Ihre Eltern mussten sie wohl hassen. »Nein. Hab ich nie.« Sie schnaubte und sah mich missbilligend an. »Das dachte ich mir schon. Du siehst auch nicht so aus, als würdest du rauchen. Nun, trotzdem erkläre ich es dir. Das Rauchen ist nur auf der Dachterrasse gestattet. Jetzt kannst du schon mal in die Büroküche gehen und frischen Kaffee aufsetzen«, schnalzt sie mit der Zunge, kaut frech an ihrem Kaugummi und lässt mich einfach stehen. Wie zum Teufel hat sie es geschafft, Abteilungsleiterin zu werden? Ein Blick auf ihren prallen Hintern, der hin und her wippt, lässt es mich schon erahnen.
Der Bürokomplex ist überschaubar. Die ersten vier Etagen fallen in den Bereich des Sicherheitsdienstes. In den nächsten fünf Stockwerken befindet sich die Buchhaltungs-, Rechts- und Personalabteilung. Die letzten acht Geschosse sind den aktiven Mitarbeiter vorbehalten, die mit den direkten Kundenaufträgen beschäftigt sind. Den ganzen Vormittag habe ich Flyer sortiert, Kaffee gekocht und Bestellungen fürs Mittagessen aufgenommen. Mein Kopf brummt, ich bin todmüde und sterbe vor Hunger. Liam und Sean sind mir seit unserer peinlichen Vorstellungsrunde nicht mehr über den Weg gelaufen und ich danke Gott auf Knien dafür. Ich lehne in der Büroküche lässig an der Arbeitsplatte und warte darauf, dass es endlich 13 Uhr wird und ich Mittagspause machen kann. Pünktlich auf die Minute läutet auch schon mein Handy. »Hey Pricipessa«, begrüßt mich ein überschwänglicher Aiden am Telefon und ich wollte ihn am liebsten durch Telefon ziehen und erwürgen. Von einem Kater keine Spur.»Spar dir dein Pricipessa, du elender Mistkerl!«, zische ich und stoße mich mit Schwung von der Küche ab. »Wegen dir habe ich verschlafen und bin neben einem fremden Mann aufgewacht!« Er lacht. »Ach komm schon. Ich habe dir zwar die ersten zwei Shots aufgezwungen, aber restlichen hast du freiwillig getrunken und dich nicht beschwert.« »Das stimmt doch gar nicht!« »Und wie das stimmt! Nach deinem zehnten Shot hast du noch geschrien, und ich zitiere: Scheiß auf die Arbeit als Praktikantin, ich werde einfach Backgroundtänzerin! Und dann hast du wild und sexy getanzt. Mann, war ich stolz auf mein Mädchen.« Mit der flachen Hand klatsche ich mir auf die Stirn. Wie peinlich ist das denn? »Außerdem war der Typ heiß! Schade, dass er nicht auf Männer steht, sonst hätte ich ihn mir sicher geschnappt«, schwärmt er. »Naja, so toll war er auch nicht«, versuche ich abzulenken, doch der Gedanke an Sean Coleman, der jeden Zentimeter meines Körpers geküsst hatte, ließ mir die Schamesröte ins Gesicht schieß en.»Ich kenne dich, Baby, und ich weiß, wenn du lügst. Gib‘s zu, er war der Hammer im Bett oder?« Ich kann mir sein breites Grinsen regelrecht vorstellen. »Okay, er war heiß und der Sex göttlich, aber er ist auch mein Boss«, beichte ich und kneife die Augen zusammen. Die Tatsache, dass ich mit meinem zukünftigen Boss geschlafen habe, liegt mir schwer im Magen. Ich habe mir diesen ersten Arbeitstag ganz anders vorgestellt, wollte alle aus den Socken hauen und ihnen zeigen, dass ich was auf den Kasten habe und genau in diese Firma passe. Doch ich habe mich vor den Chef s wie Steve Urkel auf LSD verhalten. »Mister Göttlich ist dein Boss?«, fragt Aiden und ich kann seine Verwunderung deutlich heraushören. »Ja, Aiden. Mister Göttlich ist mein neuer Boss« Ein Räuspern hinter mir lässt mich vor Schreck zusammenzucken. Wie von der Tarantel gestochen drehe mich um. Vor mir steht Sean Coleman in seiner ganzen Herrlichkeit und grinst mich frech an. War ja klar.
»Emma? Emma, bist du noch da?«, ruft Aiden verunsichert durch das Handy. Sean Coleman lehnt lässig mit verschränkten Armen an der Küchentheke und mustert mich mit Adleraugen. Sein Blick verrät mir sofort, dass er an letzte Nacht denkt. Er schmunzelt über meine Sprachlosigkeit und reibt sich amüsiert das Kinn.»Ähm, Aiden, ich ruf dich zurück.« Ohne auf eine Antwort zu warten, tippe auf den roten Hörer meines Smartphones. »Mister Coleman. Hallo«, sage ich schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit. Seine Haare sind wild verwuschelt, doch es wirkt nicht ungepflegt, sondern perfekt in Szene gesetzt. Sie sind etwas länger, reichen ihm bis zum Ohr und die Farbe ist pechschwarz. Sein dunkelblauer Anzug mit hellblauen Nadelstreifen passt ihm wie eine zweite Haut, seine Krawatte war ebenfalls hellblau und er sah gar nicht nach dem Typen aus, den ich gestern in der Bar kennengelernt habe. Gestern war sein Outfit leger und sexy. Ich schlucke und werde augenblicklich nervös, als ich an unseren Sex denke. Er war leidenschaftlich und hemmungslos. Normalerweise bin ich eher der Beziehungstyp, doch Sean kitzelte gestern die Femme fatale aus mir heraus, von der ich nicht einmal wusste, dass sie in mir existiert. Okay, ich habe ihn nackt gesehen, doch das ist nicht allein der Grund meiner Nervosität. Ich hoffe und bete, dass er von meinem Gespräch mit Aiden nichts mitbekommen hat. »Mister Göttlich also, hmm...«, sagt er und ich kneife die Augen fest zusammen, als hätte mir jemand einen Hammer an den Kopf geschlagen. Mist verdammter! Verlegen zucke ich mit den Achseln. Er stößt sich von der Arbeitsplatte ab und geht ein Stück auf mich zu. Instinktiv weiche ich zurück. Doch ihn lässt das kalt. »Hören Sie, Mister Coleman« »Sean.« »Was?«, frage ich verwundert. »Nennen Sie mich Sean«, raunt er und mein Herz setzt einen Schlag aus. Seine Stimme ist rau und trieft nur so vor Sex. Oh ja Sex, schreit mein Unterbewusstsein und ich schüttle verärgert den Kopf. Was ist denn mit mir los? Wir sind doch nicht auf der Highschool, sondern im Büro der erfolgreichsten Marketingagentur New Yorks. Diese Tatsache ernüchtert mich und endlich bin ich wieder ganz bei Verstand. »Nein, ich möchte Sie nicht beim Vornamen nennen. Sie sind mein Boss.« Ich trete so lange zurück, bis ich die kalte Wand im Rücken spüre. Sean gleicht einem Panter, der seine Beute ins Visier nimmt, um dann zuzuschlagen. Mir gefällt diese Situation ganz und gar nicht.»Wieso willst du mich nicht mit dem Vornamen ansprechen? Gestern Nacht hat es dich auch nicht gestört, meinen Namen zu schreien, als du gekommen bist«, schmunzelt er und steht nun direkt vor mir. Mein Gesicht nimmt die Farbe einer roten Ampel an und am liebsten würde ich im Erdboden versinken. »Da wusste ich auch nicht, dass Sie mein zukünftiger Boss sind.« »Auch wenn ich dein Boss bin, können wir zusammen viel Spaß haben. Du bist sehr interessant und sexy, wenn du so tust, als würdest du mich nicht wollen.« Mein Puls rast, doch ich lasse mich nicht aus dem Konzept bringen. Naja, ich versuche es zumindest. »Ich will Sie aber nicht.«»Dein Körper sagt mir etwas anderes«, raunt er mir i ns Ohr. Ich schließe die Augen und ein wohliger Schauer erfüllt meinen Körper. Halt! Sitz! Böse Emma knurrt mein Unterbewusstsein und ich öffne meine Lieder. Er sieht mir fest in die Augen, beugt sich ein wenig vor, stemmt beide Handflächen neben meinem Kopf ab und nähert sich langsam meinem Gesicht. Sein Blick ist dunkel und sexy und sein Mund einen Spalt weit geöffnet. Unbewusst lecke ich mir über die trockenen Lippen und kaue auf meiner Unterlippe. Sofort denke ich an das Buch 50 Shades of Grey, das ich vor Kurzem gelesen habe, und höre augenblicklich mit dem Lippenspiel auf. Nicht dass Sean auf die Idee kommt, einen auf Christian Grey zu machen und mich zu versohlen. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass mich dieser Mann kalt lässt. Auch nur an letzte Nacht zu denken, lässt meinen Puls in die Höhe schießen. Doch so eine bin ich nicht, wollte ich nie sein. Ich will nicht nach Jahren harter Arbeit, mir anhören müssen, dass ich mich nur hochgeschlafen habe. »Nein, Mister Coleman. I ch möchte keinen Spaß mit Ihnen. Letzte Nacht war ein One-Night-Stand, und wie der Name schon sagt, es war nur eine Nacht. Am besten ist, wir vergessen es und arbeiten professionell weiter.« Ohne auf meine Worte zu hören, kommt er mir immer näher. Ich kann seinen heißen Atem auf meinen Lippen spüren und mein Brustkorb hebt und senkt sich schnell. »Nicht«, hauche ich, lege meine linke Handfläche auf seine Brust und versuche, ihn von mir zu schieben, doch er rührt sich kein Stück. Meine Zwickmühle wird immer schlimmer und mir gehen die Argumente aus. Als er die Augen schließt, bekomme ich Panik und verpasse ihm, ohne Kontrolle über mein Handeln zu haben, eine schallende Ohrfeige.
»Du hast ihm echt eine geknallt?«, schrie Aiden auf. Vor Scham vergrabe ich mein Gesicht in die Hände und wimmere. Seit einer Stunde sitzen wir in meiner Wohnung und unterhalten uns über letzte Nacht und meinen ersten Arbeitstag. Er setzt sich neben mich und greift nach meinen Händen, um mich mit seinen braunen Augen zu fixieren. »Erzähl schon Emma. Was ist passiert?« »Im einen Moment habe ich noch mit dir telefoniert und im nächsten steht er vor mir und will mich küssen.« Er nickt. »Was ist nach der Ohrfeige passiert? Wie hat er darauf reagiert?«, fragt er und streicht mir mitfühlend über den Oberarm. »Ich habe mich entschuldigt, von ihm entfernt und bin mit hochrotem Kopf und ohne ein Wort in die Cafeteria geflüchtet. Danach habe ich ihn nicht mehr gesehen.« Aiden seufzt laut auf. »Ach Mensch, Principessa. Zuerst hast du gar nichts mit Männern am Hut, und wenn du endlich mal aus dir herausgehst, ist dein erster One-Night-Stand gleich dein Chef«, schüttelt er den Kopf. »Ich weiß, Aiden. Was soll ich denn jetzt tun? Soll ich kündigen, bevor es die Runde macht?« Mir war nach W einen zumute, denn ich, mag diesen Job. Er ist jedenfalls besser als meine Arbeit bei Starbucks und die Bezahlung ebenso. Denn im Gegensatz zur Kaffeekette habe ich bei Coleman & Sons die Möglichkeit aufzusteigen. »Nein auf keinen Fall. Außer dir gefällt die Arbeit nicht?« »Doch! Es gefällt mir sehr. Er gleicht zwar eher einem Kellner Job, aber ich kann nicht erwarten, dass sie mich gleich zur Marketingmanagerin ernennen.« »Stimmt, du hast Recht. Warte einfach mal ab. Vielleicht ist ihm diese Abfuhr sowieso peinlich und er wird nie wieder ein Wort darüber verlieren.« Ich kenne Sean nicht, doch ich kann es jetzt auch nicht wieder ungeschehen machen. Es ist außerdem seine eigene Schuld, schließlich wollte er mich ohne meine Erlaubnis küssen. Wolltest du es wirklich nicht zulassen?, fragt mein Unterbewusstsein und ich roll e genervt mit den Augen. Natürlich wollte ich ihn küssen. Er sieht aus wie ein griechischer Halbgott. Ach, zum Teufel mit den Männern! »Komm, Aiden, lass uns was vom Chinesen bestellen und einen Film ansehen. Ich habe genug für heute von Sean Coleman!« Aiden springt euphorisch auf und klatscht in die Hände. »Ich weiß genau was dich auf andere Gedanken bringt«, sagt er rennt zu meiner Wohnwand und nimmt eine DVD heraus.»Magic Mike?« »Ja, genau! Halbnackte Männer, die sich die Kleidung vom Leib reißen, lassen dich einfach alles vergessen«, zwinkert er mir zu und legt die Disk in den Player. Ich atme tief ein und versuche, meinen Boss aus meinen Gedanken zu verdrängen. Doch das erweist sich als weitaus schwieriger, als ich es mir vorgestellt hatte – trotz oder gerade wegen der halbnackten Männer.
Als ich die Bar betrat, drang mir sofort der Geruch von Bier und Zigaretten in die Nase. Erschöpft vom langen Arbeitstag zog mich in eine abgelegene Nische zurück und bestellte mir einen doppelten Whiskey. »Bitteschön mein Hübscher«, sagte die durchtrainierte Blondine und zwinkerte mir zu. Ihr rechter Arm war komplett tätowiert, nicht eine unbeschriebene Fläche war zu sehen. Sie war sexy und ihr lüsterner Blick weckte sofort mein Interesse. Doch noch bevor ich auf ihren Flirt eingehen konnte, machte sie kehrt und verschwand hinter der Bar. Ich stützte die Ellbogen auf dem Holztisch ab und nahm, das Glas mit beiden Händen umfassend, einen großen Schluck. Was für ein Tag! Ein Meeting nach dem anderen und dazu noch die Vorbereitungen für die Übernahme der Firma. In Gedanken versunken nippte ich an meinem Drink, bis ein herzhaftes Lachen meine Aufmerksamkeit erregte. Ich entdeckte eine junge Frau mit Kurven an den richtigen Stellen und langem braunen Haar, die vor der Theke stand. Sie trug eine enge Jeans, die ihren knackigen Arsch betonte, dazu ein schlichtes, rotes Shirt.Ihr Freund versuchte ihr einen Shot anzudrehen, doch sie lehnte vehement ab. Es war witzig, die beiden beim Streiten zu beobachten. Schließlich gab sie nach und kippte den ersten Shot in ihren Rachen. Zuerst dachte ich, dass der Mann an ihrer Seite ihr fester Freund war, doch als er mich interessiert musterte, ahnte ich sofort, dass er vom anderen Ufer war.Ein Lächeln umspielte meinen Mund, nicht etwa, weil mir der Mann gefiel, sondern weil ich so die Möglichkeit hatte, diese hinreißende Frau näher kennenzulernen. Je mehr Drinks sie zu sich nahm, desto lockerer wurde sie; tanzte, lachte und wirbelte herum. Ich konnte einfach nicht anders, als mir meinen Drink zu schnappen und auf sie zuzugehen. Diese Frau hatte so eine natürliche Ausstrahlung und ein so herzhaftes Lachen, dass ich meinen Blick nicht abwenden konnte. Komisch, da mich solche Frauen bisher nie besonders interessiert hatten. »Hallo. Darf ich mich zu euch gesellen?« Die beiden sahen mich zuerst überrascht an, nickten dann aber. »Mein Name ist Sean. Und dein Name ist?«, wandte ich mich dem Objekt meiner Begierde zu. Sie kicherte und ihre Wangen erröteten. Ob aus Verlegenheit oder wegen des Alkohols wusste ich nicht. »Hey. Mein Name ist Emma. Es freut mich, dich kennenzulernen«»Das Vergnügen ist ganz meinerseits«, raunte ich, nahm ihre ausgestreckte Hand und führt ihren Handrücken an meine Lippen. Dieser Handkuss war vielleicht zu dick aufgetragen, doch ich wollte ihrem Freund unmissverständlich demonstrieren, dass ich nur an Emma interessiert war. Komischerweise fühlte ich mich in ihrer Nähe sofort wohl, musste nicht den Unnahbaren spielen. Wir tranken, lachten, unterhielten uns völlig ungezwungen. Auch ihr Freund Aiden wusste, wann es Zeit war, uns alleine zu lassen. Und so kam es, wie es immer kommt: Wir landeten in ihrer Wohnung.»Nett hast du es hier«, log ich. Dabei hatte ich mich gar nicht umgesehen, meine Augen waren viel zu sehr auf Emma fixiert und auf ihren ansehnlichen Körper.»Danke. Möchtest du einen Kaffee? Zum Ausnüchtern hilft er uns sicher«, lachte sie und ging durch den Rundbogen zwischen Wohnzimmer und Küche. Ich folgte ihr unauffällig, doch nur, um sie bei den Schultern zu packen und ungestüm gegen die Wand zu drücken.Zuerst war sie erschrocken, aber ihr Blick verriet, dass sie genauso scharf auf mich war, wie ich auf sie. Ihr Augenpaar huschte von meinen Augen zu meinem Mund und sie leckte sich unbewusst die Lippen. Da konnte ich mich nicht mehr zurückhalten, senkte den Kopf und küsste sie. Leidenschaftlich. Augenblicklich schlang Emma die Arme um meinen Nacken und erwiderte den Kuss. Als ich mit meiner Zunge über ihre Lippen glitt, gewährte sie mir sofort Einlass und ein Stöhnen entfuhr ihr. Ich lächelte gegen ihren Mund, vergrub meine Hände in ihren Haaren, presste meinen Körper gegen ihren. Obwohl ihr Körperbau fülliger war als bei meinen üblichen Sexpartnerinnen, war es eine angenehme Ausnahme. Meine Hand verließ ihr Haar und fuhr die Konturen ihres Körpers nach. Mann war diese Frau heiß!Meine Lippen wanderten von ihrem Mund zu ihrer Halskuhle. Sie duftete nach süßlichem Shampoo und ihrem betörenden Eigengeruch.Ihre Hände glitten unter mein Shirt, fuhren meinen Rücken hinauf. Emmas Fingernägel krallten sich in mein Fleisch und ich war versucht, sie hier an der Wand zu nehmen.»Schlafzimmer?«, fragte ich vorsichtshalber. Sie nickte, löste sich von mir und zog mich hinter sich her in ihr Zimmer. Küssend fielen wir auf ihr Bett, dass ein Quietschen von sich gab und ich liebkoste erneut ihren Körper. Mit den Kleidern fielen sämtliche Hemmungen. Ich wollte sie, vielleicht mehr als jemals eine Frau zuvor, und eine Gänsehaut erfasste mich, jedes Mal, wenn sie mein erhitztes Fleisch küsste.Entgegen meiner Erwartungen war sie keineswegs schüchtern oder zurückhaltend. Sie sagte geradeaus, wo ich sie berühren sollte und glich eher einer Wildkatze als diesem scheuen Reh, für das ich sie anfangs hielt. Es folgte eine lange, schweißtreibende Nacht.
Das Knallen einer Haustür ließ mich die Augen öffnen. Verwirrt hob ich den Kopf und sah mich um. Ich lag in einem fremden Bett und musste angestrengt nachdenken, was gestern passiert war. Wie auflösender Nebel kamen die Erinnerungen. Die Bar, Emma, die Drinks, unsere Küsse und dieser verdammt heiße Sex.Ich musste schmunzeln, als ich an ihr lächelndes Gesicht dachte, bis mir das Knallen einfiel, das mich geweckt hatte. Stöhnend warf ich die Bettdecke zur Seite, schwang meine Beine aus dem Bett und sah mich um. Das Zimmer war gemütlich und schlicht eingerichtet. Man erkannte die Liebe zum Detail. Die Farbe Blau dominierte ihre Einrichtung. Überall entdeckte ich Bilderrahmen mit Fotos von Emma mit Familie und Freunden. »Emma?«, rief ich schließlich, zog mich an und ging ins Wohnzimmer. Gestern war ich viel zu abgelenkt gewesen, um mich richtig umzusehen. Wie das Schlafzimmer war auch dieser Raum hell und geschmackvoll eingerichtet. Als ich nochmal nach ihr rufen wollte, entdeckte ich neben der Kaffeemaschine einen Zettel.Guten Morgen. Ich muss leider zur Arbeit und habe verschlafen, deshalb musste ich los. Sei mir nicht böse. Gestern Nacht war toll. Danke.Grinsend reibe ich mir das Kinn. Die Nacht war in der Tat wahnsinnig erfüllend gewesen. Nur der Gedanke daran verschaffte mir eine Morgenlatte der Extraklasse. Diese Frau muss ich wieder haben.
Wer hätte gedacht, dass ich nach dieser heißen Nacht und einem guten Morgen jetzt mit schmerzender Wange dastehe - und das erste Mal nicht kriege, was ich will?Ich versuche immer noch, zu begreifen, was gerade passiert ist. Ich hätte ja mit allem gerechnet, aber niemals mit solch einer Ohrfeige. Dabei war ich mir so sicher, dass sie diesen Kuss genauso wollte wie ich. Die Art, wie sie auf mich reagierte, ihre geröteten Wangen, ihr schneller Atem und ihre geweiteten Augen.Gestern Nacht lechzte sie noch nach meinen Berührungen und genoss es sichtlich. Wieso jetzt diese Abfuhr? In all den Jahren hatte mich eine Frau nie abgewiesen, doch Emma Reed scheint die erste Ausnahme zu sein.Ich, Sean Coleman, habe eine Abfuhr bekommen! Das ist bis jetzt noch nie passiert. Es ist sozusagen ein ungeschriebenes Gesetz, das sie meinem Charme verfallen. Die Frauen liegen mir zu Füßen und ich liebe es. Beziehungen sind nichts für mich. Zwangloser Sex ist da eher mein Ding. Niemals wollte ich zweimal mit derselben Frau ins Bett. Doch wieso ist das bei Emma Reed plötzlich anders? Wieso macht mich ihre Abweisung so rasend? Dabei passt sie eigentlich so gar nicht in mein Beuteschema. Anders als meine vorherigen Gespielinnen mit Modelmaßen ist sie kurvig, laut und konnte mehr Alkohol vertragen als ich. Ich hatte noch nie mit einer fülligen Frau geschlafen - und es gefiel mir. Bisher war ich immer unsicher, ob ich die Size Zero Häschen so hart rannehmen konnte, wie ich es mir wünschte, ohne dass ihre dünnen Knochen brachen.Die letzte Nacht soll kein einmaliges Ereignis sein. Ich will sie. Nochmal. Ihre Lippen schmecken, ihre weiche Haut berühren und mich in ihr verlieren.»Warte mal, was?« Meine Gedankengänge gefallen mir ganz und gar nicht. Wieso bringt mich diese Frau dazu, all meine Vorsätze über Bord zu werfen? Ich bin kein Mann, der einer Frau hinterher rennt wie ein Dackel.Ich bin Sean Coleman, Gottes Geschenk an die Frauenwelt. Und nicht ein romantischer Pantoffelheld. Keine kann mich ändern. Ich bin und bleibe ein Playboy.Eigentlich sollte ich sauer sein, immerhin hat sie mir eine Ohrfeige verpasst, doch ich bin es nicht. Im Gegenteil. Ich fühle mich gut und viel interessanter, meine Spiellaune ist geweckt. Ich will diese Frau noch einmal; natürlich nur um sicher zu sein, dass meine Gedanken Unfug sind und sie nichts weiter als eine weitere Bettgespielin ist.
Ich betrete Liams und mein Büro. Ohne auf meinen Bruder zu achten, stelle ich mich vor das Panoramafenster und starre auf die Skyline von New York. Endlich bin ich wieder Herr meiner Gedanken und Gefühle. Emma Reed ist nur eine Untergebene. Eine Praktikantin, die mit Sicherheit nicht viel auf dem Kasten hat. Vielleicht werde ich ja krank und deshalb spielen meine Gedanken verrückt. Es kann nur daran liegen. Plötzlich tippt jemand meine Schulter an. Ich drehe mich um und sehe meinem Bruder direkt in die Augen. Er ist zwar nur zwei Jahre älter als ich, doch immer die Autoritätsperson schlechthin.Was mir an Verantwortung mangelt, mache ich mit meiner Kreativität wett. Genauso, nur umgekehrt, war es mit Liam; wir sind ein eingespieltes Team. Schon von Kindesbeinen an. »Sean, ich rede mit dir, hörst du mir denn gar nicht zu?«»Entschuldige. Was hast du gesagt?«, frage ich.»Morgen früh habe ich ein Meeting veranlasst. Reebok sucht eine Marketingagentur für eine neue Sportkollektion. Ich ...« Er verstummt, hebt die Hand und deutet mit dem Zeigefinger auf meine Wange. »Ist das ein Handabdruck?«Beschämt schlage ich seine Hand weg und mahle mit dem Kiefer. »Das geht dich nichts an«, knurre ich. Doch Liam wäre nicht Liam, wenn er locker lassen würde. Er greift nach meiner Schulter, dreht mich so, damit ich ihn wieder ansehe, und fragt erneut.»Ja, okay. Die Neue hat mir eine geknallt«, gebe ich zu und bereue es sofort, als ein breites Grinsen sich in seinem Gesicht ausbreitet. »Das ist ein Scherz oder?« Ich schüttle den Kopf. Er prustet los und hielt sich den Bauch. Genervt presse ich die Lippen zu einer Linie zusammen. Hätte ich doch bloß den Mund gehalten! »Also diese Emma Reed gefällt mir. Sie sieht nicht nur gut aus, sondern ist die erste Frau, die deinem Charme widerstehen kann.« Wenn er nur wüsste! »Du findest, dass sie gut aussieht?«»Ja klar. Sie ist natürlich hübsch, nicht gekünstelt und temperamentvoll noch dazu. Immerhin hat sie mich heute früh als Arsch beschimpft. Aber so einer schönen Frau kann man nicht böse sein«, lacht er.Wieso geht es mir durch den Strich, dass er sie attraktiv findet? Er ist mein Bruder, es kann mir doch egal sein, dass er die neue Praktikantin scharf findet. Ich schüttle kaum merklich den Kopf. Was ist denn heute mit mir los? Der Alkohol von gestern Nacht scheint mir zu Kopf gestiegen zu sein.»Und wieso hat sie dir eine verpasst?«, wollte er dann wissen. »Weil ich sie küssen wollte.«Liams Miene wird ernst, sein Lachen ist verflogen. Er umrundet den Tisch und setzt sich in seinen Chefsessel. Ich tat es ihm gleich und nahm selber Platz.»Hör zu, Sean. Gott bewahre, falls ich mich je in dein Liebesleben einmischen will, aber du solltest deinen Sexualtrieb zügeln. Besonders hier im Büro. Du weißt ja, was damals mit Jazabell passiert ist.«Ich schlucke. Daran will ich nun wirklich nicht denken. »Hör zu Liam. Danke für deinen Rat, aber ich bitte dich, misch dich nicht in meine Angelegenheiten ein.«Mein Bruder nickt, da er weiß, dass es nichts bringt, mit mir zu diskutieren. Denn ich habe immer das letzte Wort. »Okay, ich hoffe, du weißt, was du da tust.«»Ja, Brüderchen. Ich weiß, ganz genau, was ich tue!« Das Spiel hat bereits begonnen.
Zwar nicht ganz ausgeschlafen, aber trotzdem fit verlasse ich meine Wohnung. Die eisige Kälte weht mir ins Gesicht und ich schlinge die Arme fröstelnd um mich. Noch zwei Wochen bis Weihnachten. Nicht dass ich es feiern würde, aber Aiden und ich haben da diese Tradition ... Uns in einer Bar volllaufen lassen. Weder er noch ich haben eine ernste Beziehung, also auch keinen, mit dem wir die Feiertage verbringen könnten. Meine Eltern sind wie jedes Jahr über Weihnachten und Neujahr in Barbados. Früher bin ich mit ihnen mitgeflogen, doch als ich 18 war und meinen Eltern beim Knutschen zusehen musste, war es vorbei mit der Urlaubsidylle. Schon immer wollte ich eine Beziehung führen, wie die meiner Eltern. Sie sind über 30 Jahre verheiratet und lieben sich noch immer, als wären sie frischverliebte Teenager. Obwohl ich immer vor ihnen die Augen verdrehe, wünsche ich mir auch solch einen Partner an meiner Seite. Garagen sind so selten aufzufinden wie Diamanten, und wenn man eine ergattert, kostet sie mehr als meine Wohnung. Also stapfe ich durch den Schnee, biege um die Straßenecke und sehe seufzend auf meinen roten VW Beatle, dessen Dach von Neuschnee bedeckt wurde. Gestern konnte ich durch den Stress in der Arbeit und wegen Gott Coleman das Ausmaß des Unfalls nicht begutachten. Die Beifahrerseite war verbeult, der Lack an manchen Stellen abgekratzt und der rechte Seitenspiegel hängt nur an einem Draht herab. Ich muss nachher unbedingt Liam Coleman wegen des Unfalls und der erforderlichen Reparaturmaßnahmen sprechen. Pünktlich auf die Minute betrete ich meinen Arbeitsplatz, eine kleine Nische im hinteren Teil des Büros. Drei Mal drei Meter, ein Tisch, ein unbequemer Sessel und nicht mal Platz für eine Pflanze, nicht dass ich einen grünen Daumen hätte. Pflanzen hassen mich, ehrlich. Kaum kaufe ich eine, bekommt sie Panik und fällt in sich zusammen. Als wäre ich Freddy Krüger und würde mit einem Heckenscherenhandschuh auf die Pflanzenwelt losgehen. Mir steht ein einfacher PC zum Abtippen von Briefen zur Verfügung. Ich stehe auf, gehe in die Büroküche und setze frischen Kaffee auf, da dies mein einziger Arbeitsbereich zu sein scheint. Nachdenklich drehe ich mich um und starre auf die Wand - genau an die Stelle, wo mich Sean beinahe geküsste hätte. Unbewusst lecke ich mir die Unterlippe. Wäre er nicht mein Chef und ich nicht seine Praktikantin.Dann würde ich mich nicht mehr gegen seine Annäherungen wehren. »Guten Morgen«, begrüßt mich eine freundliche Stimme. Ich drehe mich um und sehe eine wunderschöne, dunkelhaarige Latina vor mir. Zwar bin ich nicht vom anderen Ufer, aber diese Frau war ja megamäßig heiß. Lange Beine, schlanke Figur, für die ich persönlich einen Mord begehen würde, einen gebräunten Teint und ein hübsches Gesicht.»Guten Morgen«, antworte ich. Sie kommt auf mich zu und reicht mir ihre Hand. »Du musst sicher Emma Reed, die Neue sein. Ich bin Nia. Nia Sanchez« Lächelnd ergreife ich ihre Hand. Sie wirkt nett - viel zu nett! Solche Schönheiten sind doch eingebildet und kalt, da muss es doch einen Haken geben. »Es freut mich, dich kennenzulernen«»Danke, gleichfalls. Wie ich sehe, hast du schon Kaffee gemacht. Danke, das war bis jetzt meine Aufgabe. Und wie gefällt es dir hier?« »Naja, ich kann es dir nicht so genau sagen. Gestern bin ich den Bossen vorgestellt worden, habe Kaffe gekocht und Mittagessen geholt«, erkläre ich mit einem Schulterzucken.Nia lacht. »Oh ja, das ist am Anfang immer so. Aber Zähne zusammenbeißen, mit der Zeit kommen schon die wichtigeren Aufgaben. Sind denn auch alle nett zu dir?«»Um ehrlich zu sein, bist du die Erste, die mich seit der Anweisung von Miss French angesprochen hat.« Sie lächelt milde, nimmt sich eine Tasse, schenkt sich Kaffee ein und lehnt sich gegen die Arbeitsplatte. »Oh, okay, verstehe. Du brauchst nicht nervös zu sein, alle sind hier freundlich, wenn man sie mal näher kennt.« Nach einem Schluck zieht sie an ihrem Armband und hebt die Brauen. »Oh, ich komme zu spät! Ich bin in der Personalabteilung im fünften Stock. Komm mich mal besuchen, wenn es nicht so stressig ist, ja?«Ich öffne den Mund, um ihr zu antworten, als eine aufgebrachte Miss French eilt in das Zimmer. »Da sind Sie ja! Sie müssen im Besprechungsraum Zwei die Getränke nachfüllen und frischen Kaffee bringen, in 10 Minuten beginnt ein wichtiges Meeting!«, zischt sie, als sie mich mit Nia sieht. »Und außerdem ist Tratschen während der Arbeit ungern gesehen.« Sie rümpft die Nase, verschränkt die Arme vor ihren falschen Brüsten. Und ich weiß genau, dass sie falsch sind.»Ach, halt doch die Klappe, Frnech, du quatschst doch die ganze Zeit und tust nichts Sinnvolles! Außerdem hast du es nur deinen Schenkeln zu verdanken, dass du Abteilungsleiterin bist«, sagt Nia, stößt sich von der Küche ab und stellt sich genau vor sie. Nia ist einen Kopf größer als Jazabell, ihre bernsteinbraunen Augen bohren sich in das kalte Blau von Miss French. Sie schnaubt und verlässt fluchtartig den Raum. Nia dreht sich grinsend um und zwinkert mir zu, ehe sie sich selbst auf den Weg zu ihrem Arbeitsplatz macht. Ich beiße mir auf die Lippe, um nicht laut loszulachen.
Mit einem Rollwägelchen voll Mineralwasser, Orangensaft und einer Kanne frischem Kaffee begebe ich mich gut gelaunt in das Besprechungszimmer. Liam sitzt alleine am Kopfende des Tisches und ist vertieft in ein Buch.Er ist so konzentriert, dass er mich nicht einmal bemerkt. Genau neben seinem Stuhl ist eine Kommode, auf der die Getränke aufgereiht werden sollen. Als ich beginne, die Glasflaschen an ihren Platz zu stellen, erspähe ich den Titel des Buches.Shakespeare’s Macbeth; mein Lieblingsbuch. Seit ich es auf der High School gelesen habe, bin ich großer Shakespeare Fan. Gebannt starre ich auf den alten Umschlag des Buches, als ein Klirren mich aus meiner Trance holt. Ich habe eine Flasche so fest gegen ein Glas gestellt, dass sie beinahe zerbrochen wäre.Liam hebt den Kopf und sieht in meine Richtung.»Entschuldigung, Sir, ich wollte sie nicht unterbrechen«, winsle ich. Gestern bin ich schon zu oft ins Fettnäpfchen getreten. Er schenkt mir ein strahlendes Lächeln und ich laufe sofort rot an. Halt, wieso denn? Er hat doch nur das schönste Lächeln, das ich je gesehen habe? Verwirrt über meine Gedanken drehe ich ihm den Rücken zu und mache weiter mit meiner Arbeit. »Miss Reed. Nein, es ist sogar gut, dass sie mich unterbrochen haben, sonst würde ich noch bis zur Mittagszeit lesen.« Ich drehe mich wieder in seine Richtung und lächle. Liam steht auf und kommt auf mich zu. Oh Gott, nicht schon wieder ein Flirtversuch von einem Coleman! »Ich wollte sowieso heute mit Ihnen sprechen. Wegen des Unfalls. Ich habe mit meiner Versicherung gesprochen und selbstverständlich komme ich für alle Kosten der Reparatur auf.«»Danke, Sir, das ist sehr freundlich von Ihnen. Mein armes Auto hat es wirklich schlimm erwischt.« Dass ich mir eine Reparatur unmöglich selbst leisten kann, verschweige ich. Niemals würde ich zugeben, dass ich so arm wie eine Kirchenmaus bin und diesen Job dringend brauche. Ich senke meinen Blick, beschämt, auf das Geld seiner Versicherung angewiesen zu sein, und starre auf meine Füße. »Gefällt es Ihnen hier?« Seine Stimme ist sanft und weich. Ich hebe den Kopf und sehe ihm in die Augen. Seine Augen sind blau; während Seans jedoch mehr ins Eisblaue gehen, besitzen Liams einen türkisen Hauch. Sein Gesicht hat feine und doch männliche Züge, der Ansatz eines Drei Tage Barts ist zu erkennen und macht ihn höllisch sexy. Heilige Scheiße! Was haben diese Colemanmänner an sich, dass sie so unwiderstehlich sind? Er grinst neckisch, als er mein Starren bemerkt. Ich schüttle den Kopf und räuspere mich. »Danke, Sir. Es ist erst mein zweiter Arbeitstag, aber ich fühle mich sehr wohl in dieser Firma«, antworte ich sachlich. »Es freut mich, dass sie Gefallen an uns gefunden haben«, zwinkert er mir zu, setzt sich daraufhin wieder auf seinen Stuhl. Hat er mir gerade zugezwinkert? Verwundert erledige ich meine Aufgabe, stelle Gläser auf dem Tisch bereit und jeweils eine Saftflasche. Als ich gerade nach den Kaffeetassen greife, kommt ein gut gelaunter Sean Coleman in das Zimmer und nimmt Liam gegenüber Platz. Ich begrüße ihn flüchtig, während ich Liam eine Tasse Kaffee einschenke.»Sorry, Brüderchen. Ich war noch reiten, deshalb die Verspätung«, grinst er frech. »Ach ja? Wen denn? Die Blondine von voriger Woche?«, lacht Liam. Ich versuche ihr Gespräch zu ignorieren, aber es fällt mir schwer. Mit Tasse und Untertasse stelle ich mich neben Liam und will ihm den Kaffee auf den Tisch stellen. »Nein, Liam. Ich bin auf den Geschmack von brünetten Schönheiten, mit Kurven an den richtigen Stellen gekommen«, sagt er und ich spitze die Ohren. Unsicher sehe ich in seine blauen Augen und weiß sofort, dass ich gemeint bin. Während er mit seinem Bruder spricht, wirft er mir einen vielsagenden Blick zu. Ich zucke zusammen. Meine Hand zittert, und ehe ich es verhindern kann, verschütte ich das brennend heiße Getränk auf Liam Colemans Hose und Hemd. Oh Erboden, tu dich auf!
Ich tauche in die Welt von William Shakespeare ein und befinde mich im alten Schottland des 11. Jahrhunderts. Vor mir sehe ich, wie drei Hexen Macbeth und Banquo, zwei Feldherren des schottischen Königs, eine glänzende Zukunft prophezeien. Macbeth soll sogar bald König werden. Jedoch kann eine Prophezeiung immer aus verschiedenen Perspektiven anders gedeutet werden. Macbeth ist von Sein und Schein beeinflusst und so geblendet, dass er sogar über Leichen geht, um an sein Ziel zu kommen. Mein Lieblingswerk von Shakespeare, da es zeigt, wie oft die Menschen nur das sehen, was sie wollen.Das Klirren von Glas holt mich aus der Vergangenheit zurück in die Gegenwart. Ich hebe den Blick und sehe Emma Reed, die gerade dabei ist, die Erfrischungen bereitzustellen. »Entschuldigung, Sir, ich wollte sie nicht unterbrechen«, sagt sie ein wenig verlegen. Mir gefällt ihre schüchterne Art. Sie ist generell anders als die Mitarbeiterinnen hier. Ich antworte ehrlich, dass ich sie sowieso aufsuchen wollte, um die Versicherungsfragen bezüglich des Unfalls zu klären.»Danke, Sir, das ist sehr freundlich von Ihnen. Mein armes Auto hat es wirklich schlimm erwischt.« Ich bemerke sofort Wehmut in ihrer Stimme und meine Schuldgefühle verstärken sich. Auch wenn sie mich am Tag des Unfalls beschimpft hatte, war ihr der Schock sichtlich ins Gesicht geschrieben gewesen.»Gefällt es Ihnen hier?«, frage ich und wechsle das Thema. Ihr Blick wird durchdringender. Sie mustert mein Gesicht genauestens und ich würde lügen, wenn ich sage, dass es mir nicht gefällt. Um genau zu sein, kann ich, seit sie mich auf offener Straße angeschrien hat, nicht aufhören, an sie zu denken. Anders als die anderen Frauen, die sich für mich interessieren, macht sie mir nichts vor, sondern ist sie selbst. Ich bemerke, wie sich ihre Atmung aufgrund meiner Frage beschleunigt und dass sie offensichtlich auf mich reagiert. Es ist schon sehr lange her, dass ich eine Frau berührt habe, doch Emmas Nähe treibt mich schier in den Wahnsinn. Am liebsten würde ich ihre weiche Wange streicheln, bevor ich ihre Lippen mit meinen bedecke. Ich würde ihren prallen Po anheben und sie hier auf diesem Tisch lieben, nach allen Regeln der Kunst. Innerlich schüttle ich den Kopf über meine lüsternen Gedanken.Diese Frau hat etwas an sich, was mir die Sinne vernebelt. Vielleicht ist es ihr Geruch nach diesem süßlichen Parfüm. Von außen wirke ich vielleicht meist gefasst und cool, in meinem Innern tobt jedoch ein Kampf von Lust gegen Vernunft. Ich will diese Frau. Nicht nur fürs Bett. Ich will sie besser kennenlernen, auch wenn ich mir geschworen habe, nie wieder eine Frau an mich ran zu lassen. Emma ist anders, besonders.»Danke, Sir. Es ist erst mein zweiter Arbeitstag, aber ich fühle mich sehr wohl in dieser Firma«, antwortet sie schließlich und ich muss überlegen, was ich sie überhaupt gefragt habe. »Es freut mich, dass sie Gefallen an uns gefunden haben«, zwinkere ich ihr zu und setze mich. Ich weiß, dass meine Wortwahl zweideutig ist, doch ich bin gerade in Spiellaune und genieße es sie zum erröten zu bringen. Sean kommt wie immer zu spät, setzt sich lässig mir gegenüber und erzählt etwas vom Reiten. Ja genau! Als ob mein Bruder den Rücken eines Pferdes besteigen würde. Natürlich weiß ich, dass er das anzüglich meint, und frage auch gleich, wen er geritten hat, da ich von seinem Faible für dürre Blondinen weiß.»Nein, Liam. Ich bin auf den Geschmack von brünetten Schönheiten, mit kurven an den richtigen Stellen gekommen.« Verwundert beobachte ich, dass sein Blick dunkel wird und er offensichtlich auf Emma anspielt. Ist zwischen den beiden doch mehr vorgefallen, als er mir weißmachen wollte? Ich dachte, sie hat ihm eine geknallt? Wieso flirtet er dann immer noch mit ihr? Und wieso zum Teufel stört mich die Tatsache, Emma an Seans Seite zu sehen?Bevor ich nach einer Antwort auf meine Fragen suchen kann, werde ich von einem heftigen Schmerz heimgesucht. Meine Oberschenkel brennen wie Feuer. Entsetzt sehe ich auf meinen Schoß. Emma hat die Tasse fallen lassen und meine Hose saugt sich voll Kaffee.»Oh mein Gott! Mister Coleman, es tut mir so leid«, haucht Emma mit hochrotem Kopf, schnappt sich ein Geschirrtuch von dem Rollwagen und geht neben mir auf die Knie. Ohne Vorwarnung beginnt sie, meinen Schoß trocken zu tupfen und bewegt sich nah auf der verbotenen Zone zu. Für einen Moment vergesse ich den Schmerz, fixiere ihre Hand und fühle die blanke Erregung in mir aufsteigen. Sie hier neben mir, auf den Knien und meinen Körper berühren zu sehen, lässt mich die Luft scharf einziehen. Diese Frau macht mich wahnsinnig! Aber auf eine heiße Art und Weise. Am liebsten würde ich sie bitten, nie wieder damit aufzuhören, doch ich spüre Seans Blicke auf mir. Ich räuspere mich und Emma hält inne.Als Emma klar wird, was sie da gerade tut, lässt sie das Tuch fallen und verlässt fluchtartig das Zimmer. Sean sieht ihr belustigt nach, ehe er sich mir zuwendet. »Diese Frau ist der Hammer, oder?« Ich schnaube lächelnd, greife nach dem Geschirrtuch und versuche, mein Hemd und meine Hose zu trocknen. »Emma ist wohl eher ein ganzer Werkzeugkasten.«
Auf das Meeting kann ich mich gar nicht richtig konzentrieren und muss dauernd an Emma denken. Sie muss sich schrecklich fühlen, nach diesem Abgang. Nachdem endlich die letzten Worte gefallen sind, erhebe ich mich, sage Sean Bescheid, dass ich für heute Schluss mache, und verlasse den Besprechungsraum. Mein Ziel ist, klar, die Kaffeeküche. Ich spähe hinein, doch Emma ist nicht aufzufinden. Ich versuche es in ihrer Arbeitsnische, auch nicht.Mit gerunzelter Stirn gehe ich die gesamte Etage ab, weit und breit keine Spur von Emma. Endlich sehe ich Jazzy und Hoffnung keimt auf. »Miss French. Wissen Sie, wo ich Miss Reed finden kann?« Sie schnalzt genervt mit der Zunge. Oh Mann, wie ich diese Frau verabscheue. »Ich sah, wie sie aus dem Besprechungsraum gestürmt ist, und sie sagte mir, dass ihr schlecht ist und sie aufs Klo muss.«»Geht es ihr gut? Haben Sie nach ihr gesehen?«, frage ich besorgt. Sie zuckt nur unbeteiligt mit den Achseln. »Nö, wieso sollte ich?« Genervt werfe ich die Hände in die Luft und lasse sie stehen. Oft habe ich mich gefragt, ob sie nur das dumme Blondchen spielt oder wirklich so hohl ist.
Vor der Damentoilette bleibe ich stehen, atme tief durch, öffne die Tür einen Spalt weit und spähe hinein. Keiner da, was vielleicht auch daran liegen könnte, dass längst Mittagspause war. Gerade, als ich die Tür wieder schließen will, höre ich ein Schluchzen. Dann ein Schniefen. Da drinnen ist jemand und weint. Ohne zu überlegen, gehe ich hinein. Von den fünf Damentoiletten ist nur eine versperrt. Langsam nähere ich mich der Tür. »Emma? Bist du das?« »Liam?« Ich bleibe abrupt stehen. Das war das erste Mal, dass sie meinen Vornamen benutzt hat. »Ja, ich bin es. Was ist denn los?« Ich höre, wie sie die den Riegel zur Seite schiebt und die Tür öffnet. Vor mir steht eine völlig aufgelöste junge Frau. Ihre Augen sind geschwollen vom Weinen und ihr Körper zittert noch vom Schluchzen. Doch sie versucht verbissen, die Taffe zu spielen. »Emma. Wieso weinst du?«»Es tut mir so schrecklich leid, dass ich Kaffee auf Ihrem Anzug verschüttet habe. Das war wirklich keine Absicht. Bitte feuern Sie mich nicht!«, fleht sie. Ich hebe irritiert die Brauen. Ich hatte ja keine Ahnung, dass solch ein kleines Missgeschick sie dermaßen aus der Bahn wirft. Ich greife nach ihrer Hand und drücke sie sanft, versuche ihr so, Halt zu geben. »Herrgott Emma. Ich würde dich nie für so etwas kündigen. Es ist schon vergessen. Außerdem habe ich diesen Anzug sowieso nie gemocht«, versuche ich, zu scherzen. Sie lächelt gequält, hält den Kopf jedoch noch immer gesenkt. Ich greife mit Daumen und Zeigefinger nach ihrem Kinn, hebe es an und zwinge sie somit, mich anzusehen. Ihre Augen haben denselben Braunton wie der meiner Mutter. Das ist mir bis jetzt nie aufgefallen. Vielleicht ist auch das der Grund, wieso ich mich zu ihr hingezogen fühle. Weil ihre Augen warm und freundlich sind. »Emma. So etwas kann jedem passieren. Ich bin dir nicht böse. Und jetzt lächle. Das ist ein Befehl vom Boss!« Ich versuche, streng zu klingen. Sie lächelt mich an und ich tue es ihr gleich.Meine Finger berühren noch immer ihr Kinn und ich bin versucht, ihr Gesicht in beide Hände zu nehmen und sie zu küssen. Doch ich gehe einen Schritt zurück, versuche Abstand zwischen uns zu bringen. Sie ist immerhin Praktikantin meiner Firma und wir sollten es bei einer Arbeitsbeziehung belassen. »So, und nun möchte ich, dass du dir deine Tasche und deinen Mantel schnappst. Wir beide machen für heute Feierabend, und nachdem ich mich umgezogen habe, fahren wir in die Werkstatt.«Sie nickt nur und verlässt den Raum. Ich sehe ihr noch einen Moment nach, bevor ich mich selbst in mein Büro begebe. Tief in mir hoffe ich, dass ich nicht schwach werde, meine Prinzipien über Bord werfe und bei dieser faszinierenden, Frau die Beherrschung verliere, die mich so liebevoll Arsch genannt hat.
Mit hochrotem Kopf verlasse ich die Damentoilette. Was zum Teufel war das gerade? Wieso ist er so nett zu mir? Und wieso hat die Tatsache, dass er meine Hand gehalten hat, meinen Puls zum Rasen gebracht?
Mein Peinlichkeitslevel ist für heute eindeutig überschritten und mit einem Mal war ich froh, früher nach Hause gehen zu können. Ich korrigiere: Zuerst muss ich mit meinem Boss in die Werkstatt fahren und erst danach kann ich mich in meiner Wohnung verkriechen. Mit einem Kopfschütteln denke ich an mein Dilemma.
Ich habe meinem Boss heißen Kaffee über die Beine geschüttet. Noch immer könnte ich im Erdboden versinken, wenn ich nur an daran denke. Okay, dass ich Kaffee verschüttet habe, kann ja passieren. Aber dass ich auf Knien seinen Schoß abtrockne und mich gefährlich nah seinem Schritt nähere, war doch unangebracht. Toll gemacht Emma! Dieser Moment landet definitiv in den TOP Drei in der Kategorie »Emmas peinlichste Auftritte«.
Doch das war nicht das Schlimmste. Sean Coleman hat es sich anscheinend zur Lebensaufgabe gemacht, mich anzuflirten. Eigentlich sollte ich mich geschmeichelt fühlen, immerhin sieht er rattenscharf aus und er ist unglaublich verführerisch, aber ich tue es nicht. Eben genau, weil er so gut aussieht. Was findet er an mir? Er kann jeden Giselle Bündchen Verschnitt haben. Warum ist er gerade an mir interessiert? Dass es nur am Sex liegt, kann ich mir nicht vorstellen, denn so gut bin ich darin nun auch nicht. Um genau zu sein, war er mein zweiter Sexpartner, also kann man sagen, dass ich zum Thema Sex noch grün hinter den Ohren bin. Einen Mann wie Sean Coleman wird das also nicht umhauen.
Ich betrete die Garderobe, schnappe mir meinen Mantel und hole meine Tasche von meinem Arbeitsplatz. »Wo wollen Sie denn hin Miss Reed?«, höre ich eine tiefe Stimme hinter mir. Mist, kann er mich nicht einfach in Ruhe lassen? Ich nehme einen tiefen Atemzug und drehe mich um.
Er steht in meiner Büronische, sieht mich schmunzelnd an und hat die Arme vor der Brust verschränkt. Als er mir jedoch ins Gesicht sieht, wird seine Miene ernst. Er macht einen Schritt auf mich zu und kommt mir gefährlich nah - zu nah! »Emma, hast du etwa geweint?«, fragt er sichtlich besorgt.
Oh nein, ich habe vergessen, dass mein Make-up verlaufen ist! Sofort wische ich unter meinen Augen her, obwohl es natürlich schon längst zu spät ist. »Ähm ... Ich ... Wissen Sie ...« Ich zucke mit den Schultern, weiß nicht, was ich sagen soll.
»Miss Reed, sind Sie soweit?«, höre ich Liam Coleman hinter mir und war noch nie so froh, unterbrochen zu werden. Sean dreht sich um und sieht auf seinen Bruder, der schon seinen schwarzen Mantel, einen grauen Schal und Mütze trägt. Er runzelt die Stirn. »Wo wollt ihr zwei denn hin?«, fragt Sean.
»Wir hatten ja gestern einen Unfall und müssen nun zur Werkstatt, um die Sache mit der Versicherung zu klären«
»Ach ja, stimmt.« Sean nickt und wendet sich mir wieder zu. Seine Augen fixieren meine und ich glaube, so etwas wie Bedauern darin zu sehen. Ich verwerfe diesen unsinnigen Gedanken aber schnell wieder. »Schönen Feierabend wünsche ich, Miss Reed«, sagt er kühl, dreht sich um und verschwindet aus meinem Sichtfeld. Erleichtert atme ich aus. Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass ich ihn angehalten habe.
»Wollen wir?«, fragt Liam erneut und schenkt mir ein freundliches Lächeln. Ich nicke und gehe voraus in die Tiefgarage.
Wir gehen schweigend nebeneinander, jeder mit seinen Gedanken für sich. Meine drehen sich natürlich um die Coleman Brüder. Mein Leben war bis jetzt immer gut verlaufen, auch wenn ich von Glück reden konnte, durch meine Tollpatschigkeit nicht wieder einen Gips tragen zu müssen. Aiden sagt immer, dass man mein Leben gut verfilmen könnte. Mit dem Titel »Vergessen sie Bridget Jones, Emma Reed ist noch schlimmer«. Mit Männern habe ich bis jetzt eher wenig am Hut gehabt. Ein paar Flirts waren zwar schon dabei, aber nichts Ernstes. Jedenfalls bis Bradley Aaronson in mein Leben getreten ist - er war mein erster Freund, mein erstes Mal und meine erste Enttäuschung. Und nun sind Liam und Sean aufgetaucht und mein Leben steht Kopf. Nicht nur, dass sie beide attraktiv und reich sind, nein, sie müssen auch meine Chefs sein. Das Leben ist vieles, aber nicht fair.
Wir betreten die Tiefgarage, ich fische meine Autoschlüssel aus der Tasche und drücke den Knopf zum Entriegeln.
»Verdammt, das sieht echt schlimm aus«, reißt mich Liam aus meinen Gedanken. Er geht vor meinem VW-Beatle in die Hocke und sieht sich den Schaden genau an. Auf seiner Stirn bilden sich tiefe Falten und er mahlt mit dem Kiefer. Ich weiß, dass er sich Vorwürfe macht, bis mir der Grund für den Unfall wieder einfällt.
»Wieso sind Sie überhaupt über Rot gefahren?«, frage ich vorsichtig. Liam erhebt sich langsam, weicht meinem Blick aus. Er wirkt hin- und hergerissen, als müsse er abwägen, ob er mir die Wahrheit sagen sollte oder nicht.
»Ich hatte an diesem Morgen höllische Kopfschmerzen. Und als sie immer schlimmer wurden, habe ich wohl nicht mehr auf die Straße geachtet. Es tut mir so leid, Emma. Ich hätte dich töten können.« Seine Stimme zittert und er ballt die Hände zu Fäusten. Das war das erste Mal, dass er mich direkt mit meinem Vornamen angesprochen hat. Aus seinem Mund klingt mein Name so fremd, so schön. Dabei hasse ich meinen Namen.
»Es ist schon okay. Zum Glück ist mir und dir nichts passiert.«
Liam geht auf mich zu, bleibt direkt vor mir stehen. Oh nein. Sein Duft, eine Mischung aus Rasierwasser und Moschus, dringt in meine Nase und ich kann nicht anders, als diesen Geruch heimlich tief einzuatmen. »Ich finde, wir sollten uns außerhalb der Firma duzen. Immerhin werden wir mit der Zeit gemeinsam arbeiten, da können wir uns auch besser kennenlernen.«
Er reicht mir seine Hand. Ich ergreife sie und auf einmal spüre ich ein Kribbeln, das mir bis zu den Zehen dringt. Seine Hand ist rau und warm. »Hi. Liam Coleman. Bürohengst bei Tag, Superheld bei Nacht. Freut mich dich kennenzulernen«
Ich lache laut auf und werfe den Kopf in den Nacken. Damit habe ich jetzt nicht gerechnet. »Hey Liam. Mein Name ist Emma Reed. Deine Praktikantin bei Tag und gewöhnliche Frau bei Nacht.«
Er lächelt, sieht mir tief in die Augen und drückt sanft meine Hand. Ich schlucke und mir wird heiß. »Dein Lachen klingt schön, Emma.«
»Dankeschön.«
Er geht zur Beifahrertür, doch bevor er den Griff in die Hand nimmt, sieht er mich an. »Und Emma?«
»Ja?«
»Du bist alles, aber ganz sicher nicht gewöhnlich.«
Bevor ich jedoch antworten kann, öffnet er die Tür und steigt in mein Auto ein. Verlegen tue ich es ihm gleich, steige ein und starte den Wagen. Nachdem ich die Tiefgarage verlassen habe, erklärt Liam mir den Weg zu seinem Apartment. Die Geschäfte und Gebäude werden immer exklusiver und mit einem Mal wird mir wieder klar, wer neben mir sitzt. Baldiger Geschäftsführer von einem der TOP Marketingagenturen der Welt.
Ich lache in mich hinein. Es ist wirklich bizarr, wie sich mein Leben in so kurzer Zeit geändert hat. Gestern war ich noch eine Mitarbeiterin bei Starbucks und heute eine Praktikantin in einem Topunternehmen. »Hier rechts rein in die Tiefgarage.«
Ich tue, wie mir befohlen. Er reicht mir aus seiner Brieftasche eine Karte, die ich in den Schlitz bei der Rampe einstecke. Die Rampe öffnet sich und ich parke in die mir gewiesene Lücke.
Liam steigt aus, während ich im Auto sitzen bleibe. Er umrundet den Wagen und klopft an mein Fenster. Ich lasse die Scheibe runtergleiten und sehe ihn fragend an.
»Willst du denn nicht mit rein kommen?«, fragt er ein wenig verwundert. Ich hebe die Brauen. Das ist sicher keine gute Idee. Ich bin eine wandelnde Katastrophe auf zwei Beinen. Bei meinem Glück werde ich seine Wohnung sicher in kürzester Zeit in Brand stecken.
»Nein, ich glaube, es ist besser, wenn ich hier auf dich warte«, sage ich kurz und knapp.
»Nun, ich will ja nicht unhöflich sein, aber du solltest vielleicht dein Gesicht waschen, bevor wir weiterfahren.«
Da fällt mir wieder ein, dass ich mir vor wenigen Minuten noch die Seele aus dem Leib geheult habe und mein Make-up im Eimer ist. »Oh, das hab ich total vergessen.«
Im Verhältnis zu meiner kleinen Zweizimmerwohnung war seine Wohnung riesig. Im Wohnzimmer hätte ich ohne Schwierigkeiten mein komplettes Mobiliar unterbringen können. Die Einrichtung war modern, aber gemütlich und lichtdurchflutet. Ich stand im Wohnzimmer neben dem offenen Kamin und sah aus dem Fenster. Die Aussicht war herrlich. Man konnte direkt auf den Hudson River und die Skyline New Yorks sehen.
»Möchtest du etwas trinken?« Ich drehe mich zu Liam um, der seinen Mantel ausgezogen hat und im Anzug vor mir steht. Ich schüttle den Kopf und sehe auf seine Hose, der braune Fleck lässt mich wieder erröten und an mein Missgeschick vorhin denken. »Kann ich gleich dein Bad benutzen oder willst du vorher duschen?«
»Das Gästebad ist gleich hier.« Er deutet mit dem Finger auf eine Tür. »Meins ist direkt neben meinem Schlafzimmer. Ich werde mich schnell unter die Dusche schmeißen« Ja klar, natürlich hat er mehrere Badezimmer. Immerhin ist er wohlhabender als ich.
Das Badezimmer war, wie schon der Rest der Wohnung, hell eingerichtet und wirkte gemütlich und geschmackvoll zugleich. Neidisch blicke ich auf die freistehende Badewanne in der Mitte des Raums. Solch ein Luxus ist mir leider nicht vergönnt.
Nachdem ich mich frisch gemacht habe, verlasse ich das Zimmer. Liam war nicht mehr zu sehen, deshalb sehe ich mich ein wenig um. Als ich so durch den Flur schlendere und die Kunstwerke an der Wand betrachte, wird meine Aufmerksamkeit auf die halboffene Tür gelenkt. Langsam nähere ich mich ihr und sehe in Liams Schlafzimmer. Die Wände sind in einem Cremeton gestrichen und das Kingsize Bett war aus edlem Nussholz gezimmert.
Plötzlich wird mir die Sicht versperrt, denn Liam geht nur mit einem Handtuch um die Hüften zu seinem Kleiderschrank und stöbert darin nach etwas zum Anziehen. Ich habe perfekte Sicht auf seinen Körper, und was ich sehe, lässt mir die Kinnlade runterfallen. Wie gebannt starre ich auf seinen muskulösen Körper. Dieser ist mit einer Schicht von Wassertropfen überzogen.
Mit jeder Bewegung spannen sich seine Muskelstränge an und ab. Er dreht sich um, so kann ich seine Vorderansicht genießen. Seine Bauchmuskeln waren trainiert, genauso wie der Rest seines Körpers. Breite Schultern, strammer Bizeps und sehnige Unterarme, an denen Adern hervortreten. Mir wird augenblicklich heiß, als ich mir vorstelle, wie es sich wohl anfühlen muss, seine Haut zu berühren.
Ich beiße mir auf die Unterlippe und atme schneller. Dieser Mann kann wahrhaftig einem Unterwäschemodel Konkurrenz machen. Gerade als er sich ein Hemd überstreifen will, läutet mein Handy und es kommt, wie es kommen muss. Er sieht auf und entdeckt mich, wie ich lüstern und neugierig an meiner Lippe kaue und seinen nackten Oberkörper heimlich anbete. Gütiger Gott im Himmel, wieso hasst du mich so?
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x eure April
Tag der Veröffentlichung: 21.03.2015
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