Cover

Einführung

doch gleichzeitig existiert ein Teil von mir als Emulation in meiner irdischen Vergangenheit und schreibt diese Zeilen. Andere Ich-Teile, Ichtis leben in anderen physischen und emulierten Zeiten und Orten; manche nicht einmal in diesem Kosmos. Aber durch den von Wurmlöchern durchzogenen und vernetzten Superraum sind wir alle verbunden …

 

S.: Vom Moment unserer Geburt, ja unserer Zeugung an sterben wir. Die Zeit ist wie ein Raubtier, das sich heimlich an ihr Opfer heranschleicht. Man kann versuchen, es mit Hilfe von Medizin und technischen Hilfsmitteln auf Distanz zu halten. Aber man ist nicht in der Lage, ihm auf Dauer zu entkommen. Irgendwann kommt es zu Konfrontation und dann ist man erledigt.

P.: Wir alle sind sterblich. Das ist eine der Wahrheiten, eine der Bedingungen unserer Existenz.

S.: Es ist eine schreckliche Wahrheit, eine abscheuliche Wahrheit. Aber ich habe eine neue Wahrheit gefunden, in der es den Tod als Naturkonstante nicht mehr gibt. In der die Zeit keine Bedeutung mehr hat. In der Unsterblichkeit hat das Raubtier seine Zähne verloren. In ihr gibt es weder Tod noch Leid.

P.: Es kommt nicht darauf an, wie viele Jahre man gelebt hat. Wichtiger ist, wie man sein Leben verbrachte. Vielleicht ist die Zeit statt eines Raubtiers vielmehr ein Gefährte, der uns begleitet, uns daran erinnert, alle Augenblicke unseres Lebens zu genießen und zu schätzen, weil sie sich nie wiederholen. Schließlich sind wir alle sterblich.

 

(aus Star Trek VII "Treffen der Generationen")

 

Und dann? Was passiert dann – nach dem Tod? Licht aus? Nicht-Existenz? Anti-Existenz? Gehen wir dorthin, wo wir vor unserer Geburt waren, bzw. werden wir zu dem, was wir davor waren? Wer oder was ist das? „Unsterblichkeit“ berührt natürlich die Frage nach dem Woher und Wohin. Woher kommen wir vor unserer Geburt, wohin gehen wir nach dem Tod? Was sind wir? Was ist unsere Existenz? Haben wir nur eine, wenn wir leben? Was passiert mit unserer Persönlichkeit nach dem Tod? Haben wir bereits eine vor unserer Geburt? Gibt es die Seele? Was ist Leben? Was ist Identität, was Bewusstsein? Und es stellt sich die Frage, was Zeit ist, wenn wir unendlich lange leben.

Einst war ich ein Mensch

 

Auch wenn es schon lange her ist – die Verschmelzung von Milchstraße und Andromedagalaxie ist gegenwärtig fast abgeschlossen – kann ich mich noch gut an diese Zeit erinnern. Auch deshalb, weil ein Teil von mir gerade seine Existenz wieder als Mensch verbringt. Nostalgie, Sie verstehen schon. Ich war Koch, arbeitete dann in einer Tankstelle, danach schrieb ich Bücher. Nach dem „Ereignis“ begaben wir uns, also ich, meine Frau und unsre Kinder, in den Weltraum, zuerst als Touristen, dann als Terraformer, Sternentechniker und schließlich als Kosmogoniker. Zunächst waren wir physisch getrennte Individuen, doch mit fortschreitender Entwicklung der GNR-Technologien verschmolzen wir immer mehr bis wir EINS wurden.

Es muss etwa in den 70ern gewesen sein, als das „Ereignis“ eintrat, das ziemlich viel veränderte. Danach gab es keinen Unterschied mehr zwischen „Natürlichem“ und „Künstlichem“. Es wurde bedeutungslos. Mit meinem damaligen fleischlichen Körper hätte ich, wenn alles gut gegangen wäre, nur etwa 100 bis 120 Jahre alt werden können. Besser wurde es mit den Stammzellen, Prothesen und Implantaten. Doch richtig ging die Post erst ab mit den Nanomaschinen. Sie reparieren, erneuern, schneiden, flicken. Wie Enzyme, nur besser. Sie heilen und verjüngen. Sie schützen vor Krankheiten, Giften, Schäden. Krebs gibt es nicht mehr. Tod gibt es nicht mehr. Die auf Nanoroboter beruhende Medizin schafft nicht bloß den idealen Menschen; mit ihr sind wir zu weit mehr möglich: In Wirklichkeit sind wir dazu fähig, unsere Körper so zu manipulieren wie wir Maschinen konstruieren. Der Unterschied zwischen uns und den Robotern ist verschwunden.

Auch wenn ich bereits mehrere Gigajahre hinter mir habe, muss ich mich kneifen, wenn ich mir vorstelle, dass ich gut 10^34 Jahre alt werden könnte – wenn die Protonen zerfallen. Falls aber Dyson recht behalten sollte und sie stabil sind... dann kommt es nur noch auf die Mindestmasse der Schwarzen Löcher an. Dyson hat übrigens Recht behalten: die Protonen sind stabil. Jetzt müssen wir unsere GUT-Modelle wieder modifizieren ...

 

Das offene Universum

Unter den Annahmen, dass uns die relevanten physikalischen Gesetze bekannt und zeitlich invariant sind, verläuft die natürliche Entwicklung des offenen Universums wie folgt:

Innerhalb von 10^14 Jahren werden aus den gelben und roten, massearmen Hauptreihensternen durch Kontraktion und Abkühlung erst Weiße, dann Rote und letztlich Schwarze Zwerge. Sterne mit größerer Masse werden schneller zu Weißen Zwergen, Neutronensternen oder Schwarzen Löchern. Parallel dazu werden sich die Planeten in weniger als 10^15 Jahren von ihren Sternen abkoppeln, soweit sie stellare Katastrophen [zum Beispiel Supernovae] überstehen. Innerhalb von 10^18 - 10^19 Jahren werden sich 90 - 99% der Sterne durch gegenseitige Schwerkrafteinflüsse von den Galaxien abkoppeln, während ihre Zentralregionen in Schwarze Löcher kollabieren. Wie schnell der Kollaps vor sich geht, hängt von Aufbau und Zusammensetzung der Kernregion ab. Es ist mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit aber auch möglich, dass Planeten in ihre Sterne fallen, da ihr Bahnimpuls wegen der Abstrahlung von Gravitationswellen abnimmt. Sollte zum Beispiel die Erde immer noch an die Sonne gekoppelt sein, während diese der Galaxis entkommt, wird die Erde nach 10^20 Jahren mit ihr zusammenfallen. Die Sternenbahnen in einer Galaxie werden ebenfalls durch Gravitationsbremsstrahlung zerfallen. Jedoch sollte die stellare Abkopplung mit 10^19 Jahren dominieren, das heißt der Effekt der dynamischen Auflösung dominiert die Gravitationsbremsstrahlung; vergleichbares gilt für die Planeten.

Als nächstes markantes Ereignis zerfallen die Schwarzen Löcher durch den “Hawking-Prozess”, der für Schwarze Löcher mit 1 Sonnenmasse 10^64 Jahre und für galaktische Schwarze Löcher mit ca. 10^9 Sonnenmassen 10^100 Jahre dauert. Am Ende wird jedes Schwarze Loch für einen Moment sehr hell. Das kalte expandierende Universum wird für sehr lange Zeit durch sporadische “Feuerwerke” erhellt werden. Planeten u.ä. werden bis auf 0 K auskühlen und sich durch quantenmechanische Tunnelprozesse verflüssigen, die Atomanordnung wird variieren, indem sie Energiebarrieren durchtunnelt.

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Texte: Thomas Ahrendt
Lektorat: Thomas Ahrendt
Tag der Veröffentlichung: 27.06.2016
ISBN: 978-3-7396-6229-9

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Der Zukunft gewidmet. Möge sie unsere Hoffnungen und Wünsche noch übertreffen.

Nächste Seite
Seite 1 /