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1.Kapitel

 

18. 30 Uhr:

Eben habe ich mit meinem kleinen Bruder Max, meinem Vater und unserem Hund die Weiden und die Rinder kontrolliert. Gott sei dank war alles heile, und alle gesund. Ich legte den Stift beiseite und schlug den Block zu, welcher mit allen möglichen Kritzeleien meiner Freundinnen gekennzeichnet war. Ich seufzte. Übermorgen sind endlich, endlich Ferien. Dann nahm ich mir ein weißes Blatt Papier und einen guten Bleistift, und überlegte, was ich zeichnen könnte. Doch bevor mir überhaupt etwas hätte einfallen können, rief meine Mutter mich: "Komm runter, es gibt Abendessen!" Ich legte den Stift auf mein leeres Blatt und lief die schnell die Treppe runter.  Es gab Nudeln, Gott sei Dank mal was Normales. Die Kochexperimente meiner Mutter gelangen nämlich nicht immer, eher gesagt überhaupt niemals. Daraus entstand dann meistens etwas, was niemand mochte, manchmal sogar nicht einmal sie selbst, was sie aber natürlich nicht zugab. Ich setzte mich an den Tisch und füllte mir ziemlich viel auf, ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich so hungrig war. Meine Eltern guckten mich ernst an, und ich dachte erst, es wäre wegen meiner vielen Nudeln, aber er fing dann an zu reden. Also doch was Wichtigeres. "Gina, wir müssen heute Nacht auf eine Versammlung in die Snowdons. Wir wecken dich um zwölf." "Wieso denn?" fragte ich erstaunt. "Ich weiß es nicht, Cavino hat nichts gesagt, nur, dass es sehr wichtig ist." sagte er ernst, und mein kleiner Bruder zuckte nur mit den Schultern. Cavino war unser Anführer, ein sehr weiser, alter Zentaur. In seiner Anwesenheit fühlte man sich wie ein kleines, nichts wissendes Kind. Das war wirklich komisch, normalerweise geht es auf den Versammlung immer um kleinere Kämpfe zwischen zwei Völkern, nichts großes. "Okay." sagte ich leise und machte mich an meine Nudeln. Ich würde ja bald sehen, was so wichtig ist, dass Cavino es nicht sagte. Ich aß den Teller auf und nahm mir noch eine Portion. Als ich auch die aufgegessen hatte, stellte ich den Teller in die Spülmaschine und ging nach oben in mein Zimmer. Dort leerte ich meine Schultasche aus und räumte meine Sachen für den nächsten Tag hinein. Ich hatte unnötigerweise meinen Block mit dem Tagesablauf eingepackt, obwohl ich ja noch nicht fertig war. Also holte ich ihn wieder heraus, nahm einen Stift, schaute nach der Uhrzeit und fing an, meine Hausaufgabe zu beenden. Als ich fertig war, packte ich die Sachen wieder ein und seufzte. In zwei Tagen waren endlich Ferien, lange hielt ich den Schulkram nicht mehr aus. Dann legte ich mir neue Sachen für Morgen ins Bad und ging Duschen. Schnell schäumte ich mich ein und trocknete mich ab. Fertig für morgen legte ich mich ins Bett. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich vergessen, dass ich diese Nacht ja nicht durchschlafen würde. Ich seufzte noch einmal und schlief dann ein.

"Aufstehen!" rief meine Mutter durch die halb geöffnete Tür. "Und nicht wieder einschlafen!" Ich rieb mir die Augen und streckte meine Arme. Dann setzte ich mich auf und holte mir verschlafen einen Pulli aus dem Schrank. Dann ging ich ins Bad, und als ich in den Spiegel schaute, registrierte ich, wie schrecklich ich aussah. Ich wusch nur mein Gesicht, es würde ja eh keiner sehen. Etwas unzufrieden kämmte ich kurz meine Haare und ging runter in die Küche. Ich will nicht heute Nacht noch auf irgendeinen Berg fliegen, ich will wieder ins Bett! Müde setzte ich mich an den Tisch und machte mir einen Kaffee. Der Rest meiner Familie war schon startklar, also beeilte ich mich ein bisschen. Die leere Tasse ließ ich einfach stehen und ich ging mit meiner Familie nach draußen. Lucky, unser niedlicher kleiner Hund wollte mit, aber ich schloss schnell genug die Tür. Er kann ja nicht mitkommen in die Berge. Vor dem Haus verwandelte ich mich und ich spürte, wie Flammen aus meine Körper loderten. Die Flügel auf meinem Rücken verwandelten sich in Federn, die in Flammen aufgingen und sich über meinem Körper verteilten. Mein kleiner Bruder beobachtete mich etwas neidisch, und ich war schon stolz, das ich ein Pegasus war. Je stärker die Flammen wurden, desto mehr fühlte ich, wie Kraft durch meine Adern floss. Nur so fühlte ich mich wirklich wohl. "Gina, du fliegst? Wir werden wohl ein wenig später als du ankommen, du brauchst nicht auf uns zu warten" Ich hob meine Flügel und stieß mich mit Schwung von dem Boden ab. Ich sah, wie kleine Flammen sich von meinem Körper  lösten und die Kraft schwächer wurde, als der harte Wind mir entgegenkam. Als der steile Berg vor mir auftauchte, nahm ich viel Schwung und schoss den Felsen hinauf. Je höher ich kam, desto schreklicher wurde der Wind. Immer kälter und stärker kam er mir entgegen und ich war manchmal sogar kurz davor, das Gleichgewicht zu verlieren. Nach ein paar Minuten merkte ich, wie ich müde wurde, und ich wurde ein wenig langsamer. Als ich vorsichtig hinschaute bemerkte ich, dass das Plateau schon sichtbar wurde. Es lag gut versteckt, fast unerreichbar für Menschen. Nach kurzer Zeit landete ich darauf, und die Flammen loderten wieder heller, der Wind war schwächer hier. Es waren noch nicht viele da, ich war einer der Ersten, auch noch keine anderen Pegasi. Ich hörte etwas im Busch hinter mir knacken und hielt den Atem an. Das Knacken wurde lauter und meine Muskeln spannten sich an, die Flammen bildeten jetzt fast eine Wand um meinen Körper. Ich war hochkonzentriert, kampfbereit. Es sprang aus dem Gebüsch und ich sprang vor Schreck in die Luft. Als ich aber sah, wer es war, tat ich etwas genervt und ging einen Schritt auf sie zu. Die Werwölfin war ziemlich groß und ging mit weichen Bewegungen auf mich zu."Na, du Angsthase?" Oh ja,diese Stimme kam mir bekannt vor. "Hi Keisha! Kannst du das nächste mal bitte probieren, mich nicht so zu erschrecken?" "Ja, sieht aber echt cool aus bei dir.  Ich wär auch gern einer." Ich wusste was sie meinte, das wollten alle. Pegasi sind wohl die seltensten Wesen die noch existierten, aber ich fühlte mich gar nicht so toll. Nach und nach kamen auch andere auf das riesige Plateau, aber eigentlich kannte ich keinen so wirklich. Es waren unglaublich viele auf einem Haufen. "Und wie läufts bei dir so?"fragte die Wölfin mich. "Jo, eigentlich ganz gut. Sind ja bald Ferien." Sie lächelte, und dabei sah man ihre spitzen, scharfen Zähne. Ihr Lächeln wirkte eher wie ein ich will dich gleich fressen-Lächeln aber ich wusste ja, dass sie es nicht so meinte. Von solchen Viechern wollte ich nicht verfolgt werden. Ich blickte zum Abhang und sah, wie meine Familie hochkam. Das Plateau war beinahe voll, so etwas hatte ich noch nie gesehen, obwohl ich schon so oft hier war. Keisha verschwand und ich ließ meinen Blick über die Menge streifen und sah, dass sogar die Zwerge und Kobolde gekommen waren. Die Zwerge lebten meist allein und abgeschieden von dem Rest der Welt tief in ihren Minen. Dort gruben sie nach Erzen und Gold. Sie sind extrem eingebildet und werden schnell eifersüchtig. Außerdem meiden sie andere Völker und Menschen, wenn sie gekommen waren, musste es wirklich etwas wichtiges sein, was Cavino da berichten wollte. Die Kobolde sind fiese, ekelhaft aussehende Viecher, die es witzig finden Menschen und andere Völker zu Verärgern und Krieg zwischen ihnen anzuzetteln. Sie verstecken sich meist gut und werden nicht gern gesehen. Ich sah auch nur zwei dieser merkwürdigen Gestalten. Ansonsten waren die Üblichen da: Pegasi, Einhörner, Zentauren, Greife, Vampire, Werwölfe und viele andere. Die Werwölfe hielten sich allerdings weit entfernt von den Vampiren auf, die beiden Völker hatten schon seit Jahrtausenden Krieg, der vermutlich nie enden wird. Dort stand auch meine Familie und zuletzt trat Cavino auf einen großen Thron aus Stein, welcher vor einem riesigen, uralten Baum stand. Glücklich sah er nicht aus, total fertig und es lag auch etwas trauriges in seinem Blick. Er begrüßte uns mit einem leichten Nicken und fing an zu sprechen:" Ich habe diese Versammlung einberufen, da es sehr schlimme Nachrichten gibt. Einige von euch erinnern sich vermutlich an den großen Krieg, der vor Jahren geherrscht hat. Wir haben den Teufel besiegt, aber seine Kräfte kehren zurück." Er atmete tief ein und tänzelte herum. Die Menge wurde unruhig, und allen war klar, wieso. Während er das gesagt hatte, wuchsen die Flammen um mich und es sah aus, als würden die Pegasi in einem Meer aus Flammen schwimmen. Mein Vater hat mir vom Teufel erzählt, dem Herrscher über die Hölle, dort wo die wirklich bösen Monster leben. Er hatte auch gesagt, dass es vor langer Zeit einen großen Krieg zwischen den Wesen und dem Teufel gegeben hat. Die Wesen haben gesiegt, aber es wurden viele Opfer gebracht. Es war schrecklich. Cavino atmete tief aus und sprach:"Wir haben ihn besiegt, ja, aber viel verloren. Er bildet Engel und baut eine Armee auf, wir müssen dasselbe tun. Er ist stärker als wir, seine Armee umfasst jetzt schon Tausende von Kriegern und Monstern. Wer mit mir kämpft, in dem bevorstehenden Krieg, der möge die Hand heben." Alle Anführer der verschiedenen Völker hoben langsam die Hände, aber Cavino blickte dennoch unzufrieden. Ich folgte seinem Blick und sah, dass er ins nichts starrte. Ich guckte genauer hin und entdeckte, dass dort plötzlich einfach Vampire auftauchten. Ich erschrak ein wenig, sie guckten finster auf die Menge herunter und nahmen schließlich die Werwölfe ins Visier. Sie standen einfach mit ihren finsteren Mienen dort, und Wut kam in mir hoch, ich hasste sie. "Wir werden nicht mit den Werwölfen kämpfen. Wir unterstützen den Krieg nicht." Cavino schaute den etwas gruseligen Vampir kalt an, blieb aber ruhig. "Gut.", sagte er, "niemand nährt sich den Vampiren, sie werden von nun an als Feinde betrachtet." Die Vampire streiften uns noch mit einem bösen Blick, der einem wirklich Angst einjagen konnte, und waren dann nicht mehr sichtbar-oder schon weg. Vampire sind hinterhältige, böse Wesen, die Blut trinken und Mord lieben. Ihr Vorteil ist, dass sie sich jederzeit unsichtbar machen können. Damit waren sie im Kampf gegen die Werwölfe echt im Vorteil-mit ihnen ist ein Volk starker, unbarmherziger Krieger unser neuer Feind geworden. Ich seufzte, die nächste Zeit wird wohl schwierig werden. Cavino sprach weiter: "Alle Erwachsenen kündigen ihren Job und alle über 15 Jährigen trainieren von nun an jeden Tag und werden von ihren Schulen abgemeldet. Dazu erhalten alle betroffenen einen Brief, in dem Weiteres geklärt wird. Kennt jemand ein Wesen, das heute nicht anwesend war, möge er ihm dies bitte weiterleiten. Seid gewarnt und achtet auf euch - die Bösen sind in der Nähe, sie werden bald angreifen. Wir mussten außerdem zwei Tode erleiden." seine Stimme senkte sich. "Ein großer Krieger und seinen Sohn. Achtet gut auf euch, die Versammlung ist beendet." Ich atmete seufzte, von nun an ist die ganze Welt in einem Krieg. Die Menschen werden nichts merken, während woanders Leute sterben. Dieser Gedanke jagte mir Angst ein und ich fühlte mich plötzlich ziemlich verloren auf dem fast leeren Platz. Schnell trabte ich zu meiner Familie und sagte ihnen, dass ich jetzt losfliegen würde. Ich galoppierte also auf den Abhang zu und schlug einmal kräftig mit den Flügeln. Die Flammen flackerten gegen den Wind und wurden langsam kleiner, ich war extrem müde. Ich flog die Bergwand ziemlich steil hinab, und mir fiel auf, dass ich innerhalb weniger Millisekunden auf den nackten Fels unter mir prallen würde, würde ich nicht schnell etwas unternehmen. Mit einer starken Drehung wandte ich mich von dem Fels ab und meine Muskeln entspannten sich wieder, als ich ruhig den Berg runterflog. Nach etwa einer halben Stunde kam ich ziemlich entkräftet am Fuß des Berges an. Der Wind war mir genau entgegengekommen und hatte mich ziemlich beim Fliegen behindert. Die Flammen waren fast erloschen, ich glühte nur noch. Ich flog dich über die Baumwipfel, Richtung Haus. Unter mir waren die Weiden unserer Rinder und ich landete schließlich direkt vor unserer Haustür. Seufzend und total müde verwandelte ich mich und ging durch die offene Tür ins Haus. Oh, das gibt mal wieder Ärger, ich hatte vergessen abzuschließen, toll. "Was wäre, wenn jemand hier gewesen wäre und geklaut hätte!" "Was sollen wir dann denn machen?" Nerv. Ich schloss die Tür, zog mir die Schuhe aus und ging noch einmal ins Bad um mich zu waschen. Den Pulli warf ich einfach wieder zurück in den Schrank, ich war einfach zu müde um ihn noch in die Wäsche zu bringen.

Mit dem Weckerklingeln wachte ich auf und ging etwas müde ins Bad. Ich zog mir Jeans und T-Shirt an und wusch mein Gesicht, dann ging ich nach unten in die Küche. Ich machte Kaffee und steckte einen Toast in den Toaster. Während der Kaffeelief, stellte ich Teller auf den Tisch und mir viel wieder die Versammlung ein. Ein Krieg stand uns bevor und bei dem Gedanken, wie ich ein Schwert in der Handhielte und jemanden umbrachte, fröstelte ich ein wenig. Ich verscheuchte ihn und trank schnell meinen Kaffee, als ich auf die Uhr schaute. Schon viertel nach sieben! Ich stopfte den Toast förmlich in mich hinein und schminkte mich im Eiltempo. Ich packte eine Flasche Apfelsaft in meine neue Tasche, ich hatte sie zum Geburtstag bekommen. Mit halb angezogenen Schuhen rannte ich aus der Tür und verwandelte mich. Ich durfte nicht zu spät kommen, nicht bei dieser Lehrerin! Denn wenn man das tat, musste man nachsitzen, ohne Ausnahme. Als ich aus dem Wald auf die Straße lief, verwandelte ich mich zurück und lief, obwohl ich schon keuchte, bis zum Klassenraum. Laufen bin ich nicht gewöhnt, ich machte sowiesokaum Sport, vielleicht sollte ich mal damit anfangen. Völlig außer Atem saß ichdann auf meinem Stuhl, und die Lehrerin war noch nicht da. Schön, umsonstgeschwitzt. Ich begrüßte meine Freundinnen und Nina setzte sich neben mich. Wirholten beide unsere Sachen raus, und fingen dann an zu quatschen. Bald waren ja Ferien und sie würde für vier Wochen nach Spanien fahren! Sie war meine besteFreundin und ich gönnte es ihr, aber trotzdem so neidisch. Wir würden einfachzu Hause bleiben und mit den Kühen Spaß haben. Plötzlich guckte meine Freundin etwas verstört auf die Tür, und es wurde still in der Klasse. Ein fremder Junge betrat die Klasse und alle starrten ihn verstört an. Mit einer Mischung aus Neugier und Abscheu boeobachteten sie, wie er vor der Tafel stand, mit unserer Lehrerin neben ihn. Ich fand ihn einfach nur perfekt schön, obwohl ich sein Gesicht noch nicht einmal ganz sehen konnte, seine Augen wurden von langen, schwarzen Haaren verdeckt. Das T-Shirt was er an hatte kam mir sofort bekannt vor. Ich hatte dasselbe und er hörte anscheinend die gleiche Musik wie ich, ich war so glücklich. Ich betrachtete ihn weiter und entd selbe und das Zeichen darauf kannte ich so gut, ich habe es mir schon oft angeguckt. Es war das Zeichen einer meiner Lieblingsbands, keiner, den ich kannte hörte diese Musik. An seinem Handgelenk waren ein paar Armbänder, die ich aber nicht genau erkennen konnte. Dann riss ich meinen Blick von ihm, denn Frau Bilker fing an zu sprechen. "Das ist Lukas. Er wird nach den Ferien in unsere Klasse kommen und guckt den letzten Tag jetzt bei unserem Unterricht zu. Guten Morgen, steht auf!". Die ganze Klasse stand auf und sagte in einem müden Ton Guten Morgen. "Schön, dann setzt euch wieder. Lukas, du setzt dich neben Gina dort ist noch ein Platz frei." Mit gesenkte Kopf ging er durch die Sitzreihen, er merkte, dass alle ihn anstarrten. Ich wandte meinen Blick ab. Er ließ sich auf den Stuhl neben mir fallen und die Lehrerin begann mit dem ganz normalen Unterricht, auch wenn es der letzte Schultag war. Ich ließ sie reden und beobachtete Lukas dabei, wie er begann in seinen Block zu malen. Aus ein paar Strichen wurde langsam ein Berg, der mir sofort bekannt vorkam. Es war der, auf dem die Versammlungen stattfanden und ich erkannte sogar das Plateau, an dem Cavino wohnte. Das war wirklich merkwürdig, nur die Wesen wussten von diesem Plateau, es lag viel zu gut versteckt. Und Lukas war garantiert keiner von uns, auch wenn ich spürte, dass er nicht ganz normal war. Ich beobachtete ihn weiter beim zeichnen, bis er fertig war und den Stift auf seinen Tisch fallen ließ. . Es klingelte und ich zuckte kurz zusammen, dann drehte ich  mich zu meiner Freundin. "Der ist irgendwie komisch." sagte Nina und ich folgte ihrem Blick. Lukas saß da einfach auf seinem Stuhl mit Kopfhörern, seinem Handy und hörte Musik. Er war völlig alleine, machte aber keine Anstalten zu den anderen Jungen unserer Klasse zu gehen. "Wir kennen ihn ja nicht, aber er hört auch Black Veil Brides!" Ich strahlte sie an, aber sie schüttelte nur den Kopf. "Wie kann man so schreckliche Musik hören?" "Du hast sie dir noch nie angehört!" protestierte ich. "Oh doch und es ist schrecklich!" "Aber noch nie richtig!" "Zwei Töne reichen mir." Das war eine Diskussion die wir so oft führten und sie endete immer gleich, das letzte Wort hatte immer Nina. Naja, ich hasste ihre Musik genauso sehr wie sie meine. "Ich bin jetzt schon total müde und das war erst die erste Stunde!" klagte sie als es klingelte. Ich seufzte und schob meinen Stuhl wieder an den Tisch. Wir sind wahrscheinlich die einzige Klasse, die am letzen Schultag noch normalen Matheunterricht macht. Lukas saß einfach unbeweglich weiter an seinem Tisch und wirkte, als wäre er total abwesend in einer anderen Welt. Als ich nach der Schule endlich nach Hause konnte, fing es auf meinem Weg auch noch an zu regnen. Völlig durchnässt kam ich an und sah sofort den Brief, der neben der Tür lag.         

Auf dem Umschlag stand in einer wunderschönen Schreibschrift meine Name, ich setzte mich an den Küchentisch und öffnete den Brief. Eine Briefmarke war nicht darauf gewesen, aber ich sah, dass er von Cavino war. Der Brief bestand nur aus zwei oder drei Sätzen, ich sollte diese Nacht auf den Berg zu Cavino kommen, und ich sollte mein Schwert mitbringen. Ich schob ihn zurück in seinen Umschlag und legte ihn in meinem Zimmer auf den Schreibtisch. Ich ließ mich auf mein Bett fallen und überlegte ob ich wirklich zu ihm kommen sollte, meine Eltern fänden es wahrscheinlich nicht so toll und es ist in den Bergen nicht warm Nachts. Allerdings war es eine Anweisung von Cavino und ich wollte wissen, wofür ich mein Schwert brauche. In der Schublade unter meinem Bett lag das Schwert und ich nahm es heraus, auf ihm hatte sich eine dicke Staubschicht gebildet. Es wurde in den letzten Jahren ziemlich von mir vernachlässigt, aber ich brauchte es ja auch nicht. Es ist ewig her, das ich das letzte Mal mit ihm gekämpft habe. Ich hatte dieses Schwert nur, weil Cavino es mir geschenkt hat, wie jedem anderen Wesen auch. Es war also nichts besonderes und ich verstand nicht wieso ich es Cavino bringen sollte, es ist ziemlich unwahrscheinlich das ich kämpfen muss. Ich wischte den Staub ab und sah es mir genauer an. Es war wirklich nichts besonderes, nicht einmal verziert, einfach nur grauer Stahl. Ich legte es neben mich auf das Bett und ging nach unten um mir einen Kaffee zu machen und etwas zu essen.

Ich hatte meinen Eltern nichts von Cavinos Brief gesagt, aber ich musste aufpassen dass ich sie nicht aufwecke wenn ich aus dem Haus gehe. Es war kurz nach eins und ich stand auf, zog mir etwas an und nahm meinen Rucksack mit, den ich schon abends fertig gemacht hatte. Ich wusste, dass der Flug hoch in die Berge anstrengend ist und hab mir deswegen eine Flasche Wasser und ein paar Sandwitches eingepackt. Ganz langsam betrat ich die Treppe und das Holz knackte leise. Noch vorsichtiger ging ich weiter hinunter bis ich mir endlich die Schuhe anziehen konnte und aus der Haustür trat. Die Luft war noch warm und es wehte ein leichter Wind, perfekt zum fliegen. Dann verwandelte ich mich schnell und flog sofort los, damit ich nicht zu spät wiederkomme und meine Eltern es nicht bemerken. Ich flog gegen den Wind steil an der Felswand hoch, mit so hoher Geschwindigkeit, dass ich Felsen und Bäume neben mir nicht mehr erkennen konnte. Es dauerte etwa eine Stunde und ich war außer Atem, also landete ich auf einem kleinen Felsvorsprung und verwandelte mich zurück um etwas zu essen. Ich setzte mich auf die kalte Steinkante und blickte nach unten. In der Ferne konnte man die hellen Lichter unserer kleinen Stadt sehen und drum herum waren nur Wiesen und Felsen, auf denen die vielen Schafe weideten. Ich lebte wirklich in der reinen Wildnis aber es gefiel mir so, ich fand es schön hier und ich werde wahrscheinlich niemals freiwillig hier wegziehen. Ich stand wieder auf und flog weiter. Nach etwa einer weiteren Stunde fliegen sah ich das Plateau. Mittlerweile war alles bedeckt von Nebel und ich landete auf dem schwarzen Stein. Ich konnte niemanden sehen und verwandelte mich erst einmal zurück zum Menschen. Das Schwert hing an meiner Seite und schlug beim gehen an meine Beine, was nervig war denn ich benutzte es ja eigentlich nie. Plötzlich sah ich vor mir die Schatten von zwei Menschen, und ich ging auf sie zu, den einen erkannte ich als Cavino und auch der andere kam mir bekannt vor, aber ich brauchte ein bisschen um ihn einzuordnen.

Es war Lukas, aber ich war nicht sehr überrascht, denn ich wusste ja, dass er was mit diesem Berg hier zu tun hatte. Als ich bei ihnen war begrüßte Cavino mich zuerst fröhlich, und ich ignorierte Lukas' Blicke, er nickte mir nur kurz zu. Ich folgte den beiden einfach, als sie auf eine Tür direkt im Fels zugingen. "Komm herein und setz dich." bot Cavino mir an und hielt die Tür zu der Höhle auf.Ich ging also hinein und ich kam mir ziemlich komisch vor, einfach so in die Wohnung von jemandem fast Fremden zu stürzen. Mitten im Raum stand ein Sofa mit ein paar Sesseln drum herum und ich setzte mich in einen, Cavino und Lukas auch. Wir saßen hier wie bei einer Betriebsversammlung und es herrschte ein komische Stimmung, ich fühlte mich ziemlich fremd und wollte nicht die Stille brechen.Die Wohnung war von gedämmten, warmen Licht gefüllt und in die Steinwände waren Ablagen gehämmert, die von Cavino anscheinend als Regale benutzt wurden. Beide sahen sie mich direkt an und ich fühlte mich unwohl und fremd, hielt ihren Blicken aber stand. Cavino ergriff das Wort und richtete sich an mich. "Es ist gut, dass du gekommen bist und ich muss dich etwas ziemlich wichtiges fragen. Du kannst dein Schwert ruhig ablegen." Das tat ich sofort, meine Hüfte schmerzte von dem ungewohnten Gewicht. "Gut. Wir haben ein Problem, und zwar können wir uns keinen Krieg leisten, stehen aber kurz vor einem. Ohne Unterstützung könnten wir nicht gewinnen, wir hätten keine Chance, deswegen möchte ich, dass du mit Lukas Hilfe suchst." "Wo denn?" "Ihr müsst nach England, in Leeds wartet ein Bekannter von mir auf euch. Am besten zu Fuß, oder du fliegst, und seid schnell." Ich fühlte mich total überrannt, so etwas hatte ich nicht erwartet, vor allem nicht, dass wir gleich in ein anderes Land müssen. Vor allem ohne richtige Verkehrsmittel. Mit dem Flugzeug oder Zug wären wir ziemlich schnell da und es gäbe überhaupt keine Probleme. "Was ist so schwierig daran, zu fahren?" Besorgt sah er mich an: "Ihr werdet zu schnell gefunden. Ich gebe euch aber genug Geld und auf euren Konten ist auch genug, dann könnt ihr in Hotels übernachten. Ihr müsst morgen früh los, und ihr solltet dann am Abend darauf in Leeds sein, trefft ihn im "Leeds Marriot Hotel". Ich sah, dass er eine Antwort von mir erwartete und ich zögerte nicht lange und nickte einfach. "Ich mach mit." Für einen kurzen Moment wirkte er erleichtert, und er blickte mich dankend an. "Das ist gut. Darf ich dein Schwert kurz nehmen?" Ich nickte wieder. Er legte mein Schwert auf seine offenen Handflächen und Lukas legte seins darauf. Das war die erste Bewegung die er gemacht hatte, seit wir hier saßen. Cavino schloss die Augen und es war, als würde ein kurzes Leuchten durch unsere Schwerter gehen. Es erinnerte mich an das Leuchten der Sonne, so hell war es und strahlte über die Klingen, und ihm folgte ein kleiner Funken. Mein Herzschlag wurde schneller, so etwas hatte ich noch nie gesehen. Dieser Funken sprang von meinem Schwert auf Lukas' und verschwand. Dort, wo er aufgekommen war entstanden Rillen, die kleine Vögelchen bildeten und so real wirkten, dass es aussah als würden sie fliegen. Ich war überwältigt von der Stärke und dem Glück, das diese kleinen Tierchen ausstrahlten und plötzlich war alles vorbei. Cavino öffnete seine blauen Augen und wirkte vollkommen abwesend. Der Abdruck der Vögel war noch immer auf unseren Schwertern und als Lukas seins nahm, hielt ich bald auch meins vorsichtig in der Hand. Meine Hand streifte den kleinen Vogel und ich fuhr mit meinem Finger über geschwungen Linien nach, es war ein Kolibri. Ich hatte diese Tiere noch nie in echt gesehen aber mit ihrem schillernden Gefieder waren sie wirklich schön, wie ein Regenbogen. Wir saßen einige Zeit nur da und ich wusste nicht was Cavino gemacht hatte, aber es war etwas Gutes. "Komm übermorgen mit deinen Sachen um sechs hier hin, dann geht ihr los." sagte Cavino noch zum Abschluss mit schwacher Stimme. Etwas verunsichert stand ich auf, murmelte einen leisen Abschied und verließ die Höhle. Draußen atmete ich tief die kühle Nachtluft ein und ich wusste, dass ich gerade eine ziemlich große Entscheidung getroffen habe, ohne wirklich darüber nachzudenken. Ich kannte Lukas nicht, kein bisschen, und ich hoffte dass alles funktioniert aber ich hatte kein gutes Gefühl. Cavino hat kaum etwas gesagt, noch nicht einmal den Namen seines "Bekannten" und er sagte, wir würden zu schnell gefunden werden, wenn wir so lange öffentlich herum laufen. Ich hatte wirklich Angst vor dem. Ich blickte hoch in den Himmel und breitete meine Flügel aus. Die Luft am Berg war jetzt fast still und ich fühlte mich so leicht wie lange nicht mehr. Am Horizont färbte sich der tiefschwarze Himmel schon grau und es waren keine Wolken zu sehen. Ich flog dicht über den Tannenspitzen und berührte sie fast, dieses Gefühl war das Schönste was ich bis jetzt erlebt habe und ich würde es für nichts hergeben. Es war wie eine Befreiung von allen Gedanken und man nahm nur noch die Umwelt wahr, man vergaß sich selbst. Ich flog in den Wald und zwischen den dichten Bäumen umher, so schnell, dass ich sie fast streifte aber es machte Spaß, also setzte ich alle meine Kraft ein und wurde immer schneller. Als ich dann aus dem Wald heraus kam war ich vollkommen außer Atem und erschöpft landete ich vor unserem Haus. Endlich wieder in meinem Zimmer zog ich mich schnell aus, ging noch kurz einmal ins Badezimmer und wollte schlafen, aber ich konnte es nicht. Es war schon zu spät zum schlafen, nach zwölf ging das bei mir nicht mehr und so blieb ich wach und starrte die Decke an. Mein Zimmer hatte Holzwände, und als ich klein war habe ich in den Maserungen des Holzes kleine Ungeheuer gesehen, die aus ehemaligen Astlöchern in der Decke waren. Es hingen immer noch diese kleinen Leuchtsterne daran, die bestimmt jedes Kleinkind mal hatte. Beim Anblick dieser Sternchen schlief ich doch irgendwann ein.

Ohne etwas geträumt zu haben, an das ich mich erinnern konnte wachte ich am nächsten Morgen auf, überhaupt nicht ausgeschlafen. Um Zehn konnte ich mich dann endlich dazu überwinden aus meinem warmen Bett zu kriechen und mir in der Küche einen Kaffe zu machen. Meine Eltern waren arbeiten, das wusste ich, und mein Bruder schlief wahrscheinlich noch. Nach dem Kaffee fühlte ich mich gleich viel besser und ich konnte mich zwingen zu duschen. Unter der Dusche dachte ich nach, was ich immer unter dem warmen Wasser tat. Mir vielen Geschichten ein, die man aufschreiben könnte und Dinge, die ich sofort wieder vergaß, als ich mich aus meinen Gedanken riss. Die Müdigkeit war so stark, dass ich fast wieder einschlief, aber ich setzte mich an meinen Schreibtisch und überlegte was ich für morgen mitnehmen sollte. Es musste alles in meinen Rucksack passen und es wurde echt eng mit dem Platz, das sah ich schon vorher. Ich stopfte alle meine Klamotten darein und ich wusste nicht, was ich mit meinem Schwert machen sollte, ich kann es mir ja nicht einfach umbinden während wir durch eine Stadt oder so gehen, das kommt ein bisschen komisch, glaube ich.

                 

Impressum

Bildmaterialien: Coverbild: de.hdscreen.me
Tag der Veröffentlichung: 22.12.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Danke Svenja und Lotti für die Ideen :*

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