von
Amber Jackson
GayRomance
BookRix 2018
Als ich aufwache, merke ich, wie er mich ansieht. Ich stehe darauf, wenn er mich anhimmelt. Mein Unterleib zuckt und ich male mir aus, was da alles in seinem Kopf vor sich geht. Seine Fantasien gefallen mir und es gefällt mir, wenn er rot anläuft. Ich sorge so gern dafür, dass er rot anläuft.
„Träumst du von mir?“, frage ich, schlage die Augen auf, was ihn richtig erschreckt, und als er rot wird, werfe ich mich auf ihn und küsse ihn. Ich kann gar nicht anders.
Sein Herz schlägt wild. Seine blauen, trüben Augen blicken verträumt zu mir hoch. Mir gibt dieser Blick so ein Hochgefühl, dass ich das Training am liebsten schwänzen würde. Ich bin eh besser als die Andern und außerdem nerven mich die Idioten, die Bernard einfach haben gehen lassen. Er hat einen verdammt guten Job gemacht! Diese Bastarde!
Nur weil ich ihn geküsst habe, haben sie seine übereilte Kündigung angenommen. Dabei wäre er geblieben! Hätte ich nicht so lange meine Gefühle verborgen, wäre er geblieben! Jetzt hat er dieses Vorstellungsgespräch in dieser dämlichen Bank. Von mir aus müsste er nicht arbeiten, aber er will davon nichts hören. Meistens will er gar nicht über diesen ganzen Mist mit seiner Karriere sprechen.
Tja, ich habe sie ihm ja auch ruiniert!
„Wir müssen aufstehen, sonst kriegst du vor dem Training kein Frühstück mehr“, lächelt er mit diesen geröteten Wangen und den kleinen Knöpfchenaugen.
„Ich habe ja auch keinen Hunger. Na, höchstens auf dich“, grinse ich und küsse seinen Mund und seinen Hals. Das hier hat mir mein ganzes bisheriges Leben gefehlt. Jemand, mit dem ich aufwachen kann und der mich am Abend erwartet. Jemand wie Bernard.
„Ich habe aber Hunger und ich will mich noch vorbereiten.“
„Für diesen Job?“
„Ja. Und du musst zum Training und dafür brauchst du etwas im Magen!“, klärt er mich auf und schiebt sich unter mir aus dem Bett.
Sein kleiner, softer Körper steht da und ich würde gern mit meinen Fingern über die feinen Haare, von seiner Brust aus, abwärts hinunterfahren. Wie er sich umdreht und seine Brille auf dem Nachttisch sucht, bemerke ich die schiefsitzende Boxershorts, die seine linke Pobacke freigibt. Ein Lachen entweicht mir, weil das so typisch mein Freund ist.
„Sexy!“, necke ich ihn und klatsche meine Hand auf die nackte Haut, nachdem ich aufgestanden bin und mich noch vor ihm ins Bad schleuse.
„Hey. Ich wollte da rein“, mault er und großzügig wie ich bin, öffne ich die Tür, damit wir uns synchron den Rasierschaum ins Gesicht schmieren können.
Wir machen uns also startklar und gehen gemeinsam runter. Ich schnappe mir das Müsli und setze mich zu Bernard, der in sein Schinkenbrot beißt.
„Ich … ich würde gern ein paar Sachen holen. Also wenn ich hier weiterhin übernachte, dann hätte ich gern ein paar Sachen hier“, flüstert er verlegen und mir fällt erst jetzt auf, dass er mal abgesehen von ein paar Klamotten und seinem Laptop nichts hier hat. Dabei wohnt er seit unserem Kuss auf der Pressekonferenz quasi bei mir.
Ich nicke und kippe die Milch über die Haferflocken und Rosinen. „Soll ich dir beim Tragen helfen? Wie du weißt, habe ich ein paar starke Muskeln anzubieten.“
Bernard verzieht seinen süßen Mund. „Nein. Auf den Presseaufstand kann ich verzichten. Die letzten vier Wochen haben mir gereicht und jetzt ist es endlich etwas ruhiger. Wir sollten alles dafür tun, dass es so bleibt. Keine Pärchen-Bilder oder so etwas.“
„Ich hasse diese Parasiten, aber sie werden nicht gehen.“ Es ist besser, ich sage ihm das jetzt. Er muss doch wissen, wie es von jetzt an laufen wird. Nicht, dass ich groß darüber nachgedacht hätte, als ich ihn darein gezogen habe. Bernard sieht mich besorgt an.
Er hasst es, wenn ich mich aufrege und er ist auch kein Fan meiner schlechten Manieren, die immer mal wieder durchkommen. Auch wenn wir beide nicht mit dem goldenen Löffel im Mund geboren worden wurden, so haben seine Eltern sich ein Bein für ihn ausgerissen und ihn ziemlich gut erzogen. Ich habe sie bis jetzt erst einmal getroffen – na, seine Mutter. Sein Vater ist vor sieben Monaten verstorben, aber Bernard hat mir alle Fotos von ihm gezeigt, die er finden konnte. Es war nicht schwer zu erraten, dass sie ziemlich eng miteinander waren. Die Beziehung zwischen mir und meinem Vater war definitiv anders. Ich hätte meinen Vater am liebsten getötet, doch stattdessen bin ich vor ihm und meiner Mutter geflohen. Im Fußball habe ich meine Rettung gefunden und Julien konnte ich auch retten. Julien, mein Bruder, der mich seit vier Wochen nicht ein einziges Mal angerufen hat.
Dieser untreue Arsch!
Ich würde ihm gern eine verpassen! Nie hätte ich gedacht, dass er mich hängen lässt, weil ich mich verliebe.
„Pass auf, dass du deinen Löffel nicht durchbeißt“, kichert Bernard mit dieser süßen Art und streicht sich über die Kaffeeflecken, die er plötzlich auf seinem Hemd entdeckt. „Gott! Ich bin heute verflucht. Das Vorstellungsgespräch wird doch die absolute Katastrophe. Ich hasse so etwas. Man sitzt da und stammelt oder man schmeißt den Kaffee um.“
Er macht sich echt einen Kopf. Doch ich will nicht, dass er sich solche Sorgen macht. Es bringt nichts, sich auf all das Schlechte zu konzentrieren. Man muss das Tor im Auge behalten und den perfekten Schuss im Kopf haben, wenn man punkten will. Er muss an seiner mentalen Einstellung unbedingt arbeiten und wenn das von mir kommt, will das schon etwas heißen, denn ich hasse diesen Psychokram.
„Ich geh mich umziehen und du musst los. David fährt dich!“, sagt er und läuft fast gegen die Küchentür, als er nach oben eilen will.
Ich schüttle den Kopf, esse mein Müsli und gehe raus zu meinem Fahrer slash Bodyguard. Wegen dem Presserummel musste es sein. Sonst habe ich auf so etwas verzichtet. Ich konnte immer selbst auf mich aufpassen und natürlich kann ich das immer noch, aber David ist ok. Er hält die Klappe und er macht seinen Job. Mehr soll er auch nicht tun. Mein Manager, mein Agent und mein Freund wissen mich damit bei ihm in Sicherheit und sind damit glücklich. Es ist nicht ganz mein Ding, aber Bernard kann ich nichts abschlagen. Ich schulde ihm etwas. Ob mein Agent und mein Manager glücklich sind, ist mir eigentlich egal, aber mein Bodyguard macht ihren Job leichter. Schließlich ist mein Management bereits voll auf damit beschäftigt, mich mit meinem neuen Image zu vermarkten, wobei sie damit einfach nur das Etikett "Gay" meinen. Im Fußball ist das nicht ganz so gern gesehen, wie in anderen Bereichen und dass das mein neues Markenzeichen ist, begeistert mich nun auch nicht gerade.
*
Im Stadion treffe ich Neko, der zwar noch rumzickt, aber wieder mit mir redet.
„Na, ausgeschlafen?“, fragt er und zwinkert mir zu, als wüsste er, was ich mit Bernard getrieben habe. Wenn er es früher gemacht hat, war das etwas Anderes. Es gab niemanden. Diese Anzüglichkeiten missfallen mir nun eher, denn über meinen Freund sprechen wir nicht. Also brumme ich ein 'Einigermaßen' zurück und frage ihn, wie es ihm geht.
Neko grinst. „Gut, und Malia geht es auch gut. Sie will, dass du und das Mathegenie zu uns zum Essen kommen. Samstag. Nur wir vier!“
Ich schüttle den Kopf.
„Du schuldest mir was, Jean. Also enttäuscht du meine Frau gefälligst nicht!“
Wirklich!? Ich schulde ihm etwas!? Ok, ich habe geflunkert, was die Frauen in meinem Leben und meinen Geschmack angeht.
„Na gut, sollte Bernard mit euch essen wollen, kommen wir. Ich glaube allerdings nicht, dass er Lust auf noch mehr Trubel hat.“
Neko lacht. „Ach, er hat keine Lust dazu? Frag ihn! Ich wette, er kommt gern zu uns. Er hat bessere Manieren als du.“
Neko kann mich! Bernard hat genauso wenig Lust auf diese öffentliche Pärchennummer wie ich – darauf wette ich.
Mein Kumpel lädt uns doch nur ein, um uns mal zu zweit zu erleben und das kann nur krampfig werden. Mann! Ich bin gern mit Bernard zusammen, aber es ist besser, wenn es nur wir zwei sind. Ihn zu teilen, ist nicht mein Ding und uns als Paar bewerten zu lassen noch weniger.
Wir gehen durch die unteren Gänge und ich nehme meine Sporttasche von der Schulter, als ich durch die Tür gehe. Alle sehen mich an, so wie die letzten vier Wochen, als ich in die Umkleidekabine komme. Es ist besser geworden, aber einige Spieler ziehen sich jetzt wesentlich schneller um und natürlich ist das Duschen nachdem Training für viele der Jungs in meiner Gegenwart nicht mehr möglich. Ehrlich! Als würde ich sie anspringen, oder wäre scharf auf jeden Arsch. Ein paar von ihnen sind echte Idioten.
Ich bin froh, als ich mit dem Team auf dem Rasen stehe und wir einfach das tun, was wir am besten können. Egal, wie mein Leben läuft, mit dem Ball auf dem Rasen ist alles ok. Das war für mich schon immer so. Die Welt könnte untergehen, doch solange ich den Ball ins Tor hämmern kann, ist alles gut. Meine Mutter rastet aus und ich dribble das Ding über den Rasen. Mein Vater schlägt zu und ich feuere das Ding rein. Es gab immer den einen Ort, wo ich funktioniert habe und all das Chaos zur Ruhe gekommen ist.
Na, Bernard hat mich da vielleicht etwas rausgebracht, bevor wir zusammengekommen sind. Auch auf dem Platz ist er mir unter die Haut gegangen und jetzt ist er mein Grund, das Ende des Trainings nicht mehr zu verabscheuen.
Unfassbar, dass er ab heute ganz und gar bei mir wohnen wird.
Seine Sachen werden in meinem Haus sein. Er wird jeden Abend da sein. Das alles fühlt sich ziemlich krass an, auch wenn wir noch keinen wirklichen Plan für die Zukunft haben. Mein Herz rast ein wenig.
„Was ist? Versuchen wir eine kleine Angriffsreihe?“, fragt Arthur und klopft mir auf die Schulter.
Ich nicke und winke Neko zu uns. Bernard und meine Beziehung haben jetzt erst mal nicht in meinem Kopf rumzuspuken. Es geht ums nächste Spiel und wir alle hängen uns rein. Ich spiele ab. Arthur, Neko, ich spielen uns die Pässe zu und dann hämmert mein Kumpel das Ding rein. Sein Schuss ist etwas schwächer seit seiner Verletzung, aber seine Technik macht das weg. Unser Co-Trainer Louis bellt uns einige Befehle zu und ich bin ausgepowert, als ich zurück in die Umkleide komme. Ich setze mich, trinke was und verschnaufe einen Moment.
„Na, genießt du die Aussicht?“, fragt Herald aus der Verteidigung halb scherzhaft, halb angreifend.
Mein Kiefer knackt. Ich bin wirklich schnell dabei, mich in eine Schlägerei verwickeln zu lassen. Einige der Spieler sorgen allerdings auch dafür, dass es nicht so weit kommt. Neko ist einer von ihnen.
„Als ob jemand auf deinen traurigen Arsch starren würde?“, erwidert er, als er gerade aus der Dusch kommt. Einige der Jungs lachen laut.
„Ach, meinst du?“, zickt Herald rum.
Hoppla, er klingt ja richtig eingeschnappt!
„Na. Ich habe ihn schon gesehen und ich bin mir ziemlich sicher, dass an dir nichts Sehenswertes dran ist.“
Herald schnaubt und schnappt sich seine Sachen. Ich springe als Letzter unter die Dusche. Die Anderen wissen das zu schätzen und mir ist es ehrlich gesagt gleich. Draußen wartet Neko und begleitet mich zum Parkplatz.
Es ist jetzt Nachmittag und ich freue mich auf mein Zuhause. Die Fahrt dauert mir viel zu lange. Mein Freund sitzt im Wohnzimmer zwischen einer Reihe von Kartons, Taschen und Koffern. Ok, sein Zeug ist also hier!
Jede Menge Zeug!
„Ist das alles deins?“, frage ich und offenbar ist es nicht die richtige Frage oder ich frage mal wieder auf die falsche Art und Weise. Bernard schaut mit diesem Dackelblick zu mir auf und mir fällt nichts Besseres ein, als ein energisches 'Was!?' rauszuhauen.
„Schon gut! Ich hätte vielleicht nicht so viel herbringen sollen!“, wispert mein Freund.
Mist! Er kann sehen, dass mich seine Sachen hier nicht begeistern. Mann! Ich will kein Arsch sein, aber ich lebe schon lange allein – nicht, dass ich das perfekt fand. Es fühlt sich gerade nur sehr, sehr ernst an und das ist es ja auch. Ich möchte doch auch, dass es etwas Ernstes ist. Noch vor dem Kuss hatte ich diesen Wunsch, also setze ich mir ein Lächeln auf.
„Unsinn! Wir sollten all deine Sachen herschaffen. Du wohnst schließlich hier und deine Bude in der Stadt ist doch Geldverschwendung. Außerdem ist sie in etwa so groß wie ein Schuhkarton.“
„Vor zwei Sekunden haben dich meine ach so vielen Sachen noch geschockt“, grinst
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Tag der Veröffentlichung: 27.04.2018
ISBN: 978-3-7438-6689-8
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