Gemütlich ließ Mika sich treiben. Ihm war dabei egal, ob einer der Menschen ihn sah. Links und rechts breiteten sich seine schneeweißen Flügel aus, hielten ihn über der Wasseroberfläche. Über ihm kreisten Wächter. Nur dass sie nicht ihn beschützten, sondern lieber den arrogantesten, versnobtesten und am besten aussehendenst Engel der Welt.
Etwas streifte die Unterseite seiner Schwingen. Unzählige Finger streichelten ihn, zogen leicht an seinen langen, weißen Haaren. Ließ man sie, so konnten die Meerjungfrauen richtig verspielt sein. Allerdings würde der feine Herr diese wundervollen Wesen nie an sich heranlassen. Da er nur eine schwarze Dreiviertelhose trug, konnten sie an seinem Körper nach oben greifen und über seinen flachen Bauch streicheln, in seinen Nabel stupsen und seine Brustwarzen necken, bis sie sich aufstellten. Hell lachend tauchte ein junger Mann neben ihm auf, hauchte einen Kuss auf Mikas Wange und tauchte wieder ab. Selbst als sie ihn versuchten, in die Tiefe zu ziehen, wehrte er sich nicht, ließ es zu. Wasser schlug über ihm zusammen, als sie seine Flügel vorsichtig falteten und ihn zu sich in die Tiefe holten.
Da Mika ein Wasserengel war, hatte er damit keinerlei Probleme, selbst das Atmen bereitete ihm keine Schwierigkeiten. Automatisch passte sein Körper sich den neuen Gegebenheiten an und bildete Kiemen. Auf einmal riss jemand an ihm, zerrte ihn zurück an die Luft. Nasse Federn schleuderten Tropfen in alle Richtungen und jemand schimpfte wie ein Rohrspatz. Unwillig machte Mika sich schwerer. Garantiert wäre er zu dem Vergnügen des speziellen Verwöhnprogramms der Meermänner gekommen. Knapp fünfzig Meter über dem Meer schlug er zu, befreite sich somit und stürzte ab. Die Flügel eng an den Rücken gelegt, fiel er zurück, durchschlug elegant die Wasseroberfläche und verschwand. Weit ließ ihn der Schwung nicht tauchen. Aber die Meerjungfrauen halfen ihm. Kaum streckte er seine Arme aus, wurden diese gepackt. Schwanzflossen pflügten durch das Wasser und brachten sie schnell außer Reichweite. Normale Engel konnten nur bis zu einer bestimmten Tiefe gelangen, danach wurde es für sie zu gefährlich, denn ihre Flügel zogen sie unaufhaltsam zum Meeresboden, wo sie langsam und qualvoll ertranken. Nur er konnte das nicht.
Lachend ließ Mika zu, dass sie ihn herumwirbelten und ihm sein letztes Kleidungsstück klauten. Auf einmal stoppten sie, lösten sich ganz von ihm. Das brachte nur einer zusammen. Seit drei Monaten hing ihm der Kerl an den Fersen dran. Eigentlich gehörte er ja zu diesem versnobten Idioten, aber der schien allmählich langweilig zu werden. Anders konnte er sich nicht erklären, warum er immer die Ehre bekam, dessen Anwesenheit genießen zu müssen.
Etwas schwerfällig schlug er mit seinen Flügeln, sorgte so für Auftrieb. Wer hatte den Vampiren nur die Fähigkeit gegeben, nicht atmen zu müssen? Ein Arm schlang sich um seine Hüfte und ein muskulöser Körper schmiegte sich an seinen Rücken, bremste ihn aus. Frech leckte eine Zunge über seine Wange. Um dem zu entkommen, gab es für Mika nur noch einen Weg.
Ein lauter Pfiff reichte und zwei Wassermänner erfassten sie, brachten ihn nach oben und zwangen gleichzeitig den Vampir dazu, ihn loszulassen. Mit Wucht wurde er in die Luft katapultiert. Flügel ausbreitend, schraubte er sich in die Luft, wich den Wächtern aus und verschwand in den Wolken. Je höher er kam, desto kälter wurde es. Das Wasser auf seinem Körper gefror, bescherte ihm eine zweite Haut aus Eis.
Innerhalb kürzester Zeit erreichte Mika die Küste, landete in einem kleinen Dorf, wo es nur Menschen gab. Normalerweise lebten Engel in den größeren Städten, wo es viele Bewunderer und andere ihrer Art gab, doch Mika bildete eine Ausnahme. Zum einen brauchte er die Nähe zu einem großen Gewässer, zum anderen hasste er den Lärm vieler Menschen. Verschmitzt grinsend warf ihm eine ältere Menschenfrau eine Patchwork-Decke zu, in die er sich hüllen konnte. Bei einem kleinen Obststand wurde ihm ein Apfel hinterhergeworfen, den Mika blind fing, sofort hineinbiss und die Augen vor Genuss verdrehte. Mit süßen Dingen konnte man ihn locken und das wussten auch seine Menschen.
Mitten im Ort war sein Zuhause. Getönte Fenster verwehrten den Blick in die große Villa mit dem Wirrwarr von Gängen, in denen sich nur sein menschlicher Butler zurecht fand. Selbst Mika verlief sich regelmäßig und er lebte schon über zweihundert Jahre darin. Von alleine öffneten sich die Tore und ein Mann im Frack verbeugte sich elegant, reichte ihm eine neue Hose. Geschickt tauschte Mika die Decke gegen die Hose aus.
Maunzend marschierte eine schwarze Katze mit hoch erhobenem Schwanz an ihnen vorbei ins Freie. Kopfschüttelnd sah Mika nach vorne und entdeckte ein weißes Kaninchen, welches mitten im Flur saß und keinen Millimeter wich, als er darauf zulief. Kopf schieflegend, ging Mika in die Hocke, starrte das Tier an und erklärte trocken: „Mittlerweile hab ich keinerlei Privatleben mehr ... und deswegen alle Zeit der Welt, und das ist eine Menge, dir deins zur Hölle zu machen, also hau jetzt lieber ab.“
„Warum drohst du armen, kleinen, unschuldigen Hopplern?“ Tief durchatmend und sich zur Ruhe zwingend, erhob Mika sich, strich eine weiße Strähne hinter sein Ohr und versuchte seine Stimme zu kontrollieren: „Für dich gilt auch: ich habe kein Privatleben und deswegen alle Zeit der Welt, deins zur Hölle zu machen, also halt jetzt lieber die Klappe.“ Beinahe konnte man das Eis in seiner Stimme klirren hören, schließlich war dieser Mann der Grund für das Fehlen eines Privatlebens, da er ihn verfolgte und stalkte.
„Sei doch nicht so, Kleiner. Zum einen kannst du das gar nicht, schließlich bin ich knapp eintausend Jahre älter, arbeite für einen Erzengel und liebe es, dein Privatleben zu sabotieren. Was willst du dagegen tun?“ Zähneknirschend schubste Mika den schwarzhaarigen Irokesenträger aus dem Weg, fragte sich ein weiteres Mal im Stillen, wie ein uralter Vampir es nur schaffte, sich so modern zu kleiden und zu geben, dass man gar nicht erraten konnte, wie lange er schon existierte. Zudem fand Mika, dass der Irokese nicht zu dem weißen Anzug mit der roten Krawatte passte. Wie auch immer der Idiot es geschafft hatte, sich umzuziehen und so schnell bei ihm aufzutauchen.
Nur dass auf dem Stadtplatz die nächste Katastrophe wartete. Die roten Flügel weit gespreizt, die Arme vor seiner nackten Brust verschränkt, rund um sich herum seine Wächter. Locker in die Knie gehend, katapultierte Mika sich in die Höhe, machte einen perfekten Senkrechtstart. Innerhalb von Sekunden verschwand er über dem Meer, sauste dicht über dem Wasser entlang und wich den Engeln aus, welche nach ihm griffen. Anscheinend hatte der Mistkerl seinen Boss auch mit auf ihn angesetzt, weil er alleine viel zu schwach war, um ihn alleine zu fangen.
Am liebsten wäre Mika ans andere Ende der Welt geflohen, nur um seine Ruhe zu haben, doch sie würden ihn finden. Fürs Erste würde er aber nur seine Gabe freisetzen und eine Runde Vögel abschießen spielen. Aprupt stoppte er, blieb senkrecht über dem Wasser stehen. Nur ganz leichte Flügelschläge reichten aus, um ihn in dieser Position zu halten. Es war eine Kunst, die selbst nur ganz wenige der Ältesten beherrschten. Augenschließend konzentrierte Mika sich auf das glasklare Wasser unter ihm, bildete noch nicht sichtbare Kugeln. Gleichzeitig spürte er, wie ihn die Wächter einkreisten. Als sie alle um ihn herum waren, schossen die Bälle regelrecht in die Höhe und erwischten jeden der Engel, sodass sie abstürzten.
Zufrieden machte Mika sich auf den Weg, ignorierte die strampelnden Männer im Meer. Noch war das Wasser unter seinem Befehl und ließ sie nicht los. Aber er hatte nur knapp zwölf Kilometer Vorsprung und die wollten genutzt werden. Blitzschnell entfernte er sich von ihnen, orientierte sich an der Sonne.
Auf einer Insel, wo nur ein kleiner Stamm Ureinwohner lebte. Sie waren natürliche Erdkinder, die letzten ihrer Art und gegenüber Fremden sehr misstrauisch. Er kannte sie auch nur, weil er vor Jahrhunderten ein kleines Kind gerettet hatte, das von einer Klippe gefallen war. So etwas wurde nicht vergessen. Fließend setzten seine Füße auf dem warmen Sand auf und er lief direkt los, direkt in das Dickicht hinein. Kreischend schwangen sich Affen über ihm durch die Kronen der Bäume, Papageien krächzten und Schlangen bannten sich ihren Weg über den Boden. Von oben fiel eine herab, landete auf ihm, wickelte sich sofort um seinen Hals und züngelte in sein Ohr. Über den Kopf der gelben Python streichend, schritt Mika in das Dorf. Einfache Weidenhütten und nackte Menschen erwarteten ihn. Wie immer hatten sie schon vorher gewusst, dass er kam.
Vor Freude quietschend, rannte eine ganze Schar Kinder auf ihn zu. Manche von ihnen trugen schon jetzt die traditionellen Tätowierungen. Fröhlich tanzten sie um ihn herum und ein Jugendlicher nahm ihm die Schlange ab. Frech zupfte jemand an seinen Federn. Aus den Augenwinkeln nahm Mika wahr, wie mehrere Männer und Frauen verschwanden. Sie würden einen Schutzschild erschaffen, durch den selbst der mächtigste Erzengel keinen Weg fand. Stürme würden aufziehen und alles von der Insel fernhalten, was nicht dort sein durfte. Sie wussten, dass jemand hinter ihm her war. Wortlos wurde ihm ein Stück selbstgebackenes Brot gereicht. Dankbar neigte er seinen Kopf. Direkt hinter ihn machte sich eine Frau bequem, begann seine Haare zu kleinen Zöpfen zu flechten, wurde schnell von zwei jungen Mädchen unterstützt. Am Ende jeden einzelnen Zopfes banden sie einen dünnen Pflanzenstrang, machten eine hübsche Schleife. Schon vor Jahrzehnten hatte Mika aufgegeben, ihnen diese Beschäftigung zu verbieten. Müde von der langen Zeit ohne Schlaf rollte er sich ein und schlief ein. Es war nur ein Mythos, dass Engel nicht schlafen mussten. Sie brauchten nur bedeutend weniger Schlaf als Menschen.
Sie hatten ein großes Pflanzenblatt über ihm ausgebreitet, damit der starke Regen ihn nicht weckte. Sie selber hatten sich entweder in ihre Hütten oder den Wald zurückgezogen und sie würden erst wieder hervorkommen, wenn der Monsun vorbei war. Was auf dieser Insel ein paar Tage dauern konnte. Gähnend schälte er sich hervor, spürte sofort, wie der Regen ihm allen Dreck vom Körper wusch. Hätte er gekonnt, wäre ihm ein Schnurren entkommen. Allerdings musste er allmählich zurück, nicht dass der Vampir noch einen Weg fand, die Insel aufzustöbern. Er wollte seine Freunde nicht in Schwierigkeiten bringen. Auch wenn diese ihn am liebsten bei sich behalten wollten und sich sicher waren, ihn beschützen zu können.
Denn obwohl er so alt war, hatte Mika ein kleines Problem: er war ein devoter Engel. Sehr selten kam das vor und meist überlebten sie nicht lange, wurden einfach zwischen den anderen Engeln und ihren Intrigen zerrieben. Einzig seiner Intelligenz hatte er zu verdanken, dass sein Leben so lange währte. Dies und die Tatsache, dass er sich von seiner eigenen Art und Vampiren fern hielt. Vermutlich war damit endgültig Schluss.
Schwermütig seufzend erhob er sich in die Luft, war wenige Stunden später in seinem Haus. Allerdings wurde er nicht von seinem Butler empfangen, was Mika misstrauisch machte. Einem Instinkt nachgehend, schlich er in sein Wohnzimmer. Kerzengerade und mit steinernem Gesicht, saß der Gesuchte auf einem Stuhl. Jedes einzelne der grauen Haare lag an seinem Platz und der Anzug zeigte keinerlei Falte. Direkt vor dem Mensch hatten sich der Vampir und der Engel aufgebaut.
„Ich weiß nicht, wo mein Herr hinfliegt, wenn er sich verstecken möchte. Hoffentlich an einem Ort, wo er sicher vor Ihnen ist.“
Vom Boden nahm Mika eine seiner schwarzen Katzen auf, streichelte sie und mischte sich in das Verhör ein: „Warum sollte ich jemanden verraten, wo ich bin? Sie können mit der Information nichts anfangen, da keiner den Ort kennt.“ Und das würde definitiv so bleiben. Mit einer Kopfbewegung bedeutete Mika seinem Butler, den Raum zu verlassen.
„Schön, dass du uns nach vier Tagen Abstinenz wieder mit deiner Anwesenheit beehrst. Du hast Kian viele Sorgen bereitet. Man lässt seinen Gefährten nicht so einfach zurück.“ Sich seine Nasenwurzel massierend, versuchte Mika den Erzengel zu ignorieren. So einen Kerl konnte man einfach nicht mögen. Wenigstens hatte er nun einen Namen zu dem Gesicht, was ihn seit Monaten terrorisierte.
„Lässt du uns bitte alleine, Calliel. Mein Kleiner wird in deiner Anwesenheit nur noch bockiger werden. Obwohl er es selber nicht wahrhaben will, so sieht er in dir Konkurrenz, da wir ungebunden sind, was ich aber bald zu ändern gedenke.“ Verblüfft erstarrte Mika, als der Engel tatsächlich verschwand. Fest umschlangen ihn muskulöse Arme, hinderten ihn so gleich daran, abzuhauen.
„Such dir lieber wen anders. Als Volltreffer kann man mich nämlich wirklich nicht bezeichnen. Eher als die größte Niete, welche du hättest ziehen können. Würdest du mir jetzt bitte mein Privatleben wieder lassen und dich verdünnisieren?“ Abwehrend verschränkte Mika die Arme, wich bis zur Wand zurück und brachte Abstand zwischen sie.
„Pech für dich, dass ich dich für die beste Partie halte und du mein Gefährte bist. Aber ich verstehe schon, dass dein unterwürfiges Wesen dich von einer Bindung abhält. Was schlecht ist, denn du hast zu lange auf eigene Faust überlebt. Darum muss ich so hartnäckig bleiben, sonst würdest du dich immer mehr sperren, bis ich keinerlei Chance mehr habe.“ Natürlich schreckte Mika davor zurück, sich an jemanden anders zu binden. Automatisch würde er diesem hörig sein, dazu gehörte viel Vertrauen und das hatte er nicht. Eindeutig nicht. Nicht zu so einem nervigen Vampir, der ihn aus roten Augen interessiert musterte.
„Was momentan das Problem mit dir ist: du gibst mir nicht einmal eine Chance. Wie soll ich dich für mich gewinnen, wenn du eine meterhohe Wand um dich herum aufbaust, die einfach keine Risse zeigen will?“ Unterschwellig breitete sich ein Geruch im Raum aus, lullte Mika ein. Auf einmal knickten seine Beine ein und er rutschte auf den Boden. Schwach schlugen seine Instinkte Alarm.
Zärtlich streichelte ihn der Vampir an der Wange, glitt tiefer zu seinem Hals, neigte leicht seinen Kopf und biss zu. Wenige Schlücke trank Kian, löste sich danach und biss sich ins eigene Handgelenk, presste es auf Mikas Mund und befahl ihm leise: „Trink.“ Sich nicht wehren könnend, schluckte er das süß schmeckende Blut, bis Kian ihm seinen Arm entzog, darüber leckte und damit die Verletzung heilte. Langsam lichtete sich der Nebel und Mika begriff, was da gerade passiert war. Blutaustausch war der erste Schritt zu einem Seelenbund, nicht mehr rückgängig zu machen. Von nun an war er auf die Nähe des Vampirs angewiesen und dieser auf ihn, denn ab diesen Moment vertrug er kein anderes Blut mehr.
„Tut mir leid, Wassermaus. Aber irgendwie muss ich dich dazu bringen, dass du freiwillig meine Nähe suchst und dich langsam daran gewöhnst. Übrigens: schicke Frisur.“ Verwirrt fasste Mika sich an den Kopf, spürte die Zöpfe und musste lächeln. Natürlich hatte keiner sie geöffnet. Sie würden für einige Zeit drin bleiben und danach hatte er einen Lockenkopf.
Sachte griff Kian nach einem Zopf, betrachtete ihn neugierig und wirkte, als wäre ihm ein Licht aufgegangen: „Wie hast du das Vertrauen der Erdkinder gewinnen können?“ Unbestimmt zuckte Mika mit den Schultern. Wacklig rappelte er sich auf. Nach dieser Sache brauchte er neue Energie und die fand er nur im Meer oder wenn er schlief. Aber in Anwesenheit Kians funktionierte nur Ersteres. Wirklich sicher war sein Stand nicht. Sofort fasste Kian ihn am Arm, stützte ihn.
„Schlaf. Der erste Austausch ist immer kräftezerrend für den devoten Part einer solchen Partnerschaft.“ Vorsichtig faltete Kian die weißen Flügel, hob Mika auf seine Arme und trug ihn zielsicher durch die Gänge, um ihn schlussendlich in einem großen Bett abzulegen, in welchem Mika noch nie drin gelegen hatte. Er bevorzugte eine Hängematte unter dem Dach.
Stöhnend hob Mika seinen Hintern von der Matratze hoch, presste sein Gesicht in das Kissen. Etwas streichelte seine Wirbelsäule entlang, berührte immer wieder seinen Nacken, seine Flügelansätze und den Anfang seiner Poritze, versetzte ihn in einen Rauschzustand. Schwer presste sich ein fester Körper an seinen Rücken, rieb sich wie eine rollige Katze an Mika. Automatisch wurde Mika richtig anschmiegsam, winselte sogar leise, versuchte noch mehr Kontakt einzuheimsen. Verspielt knabberten Zähne an seinem Ohr, warme Luft wurde ihm hineingepustet.
„Guten Morgen, Wassermaus. Wir sollten aufhören, ansonsten kann ich für nichts garantieren, und dafür ist es eindeutig noch zu früh.“ Etwas Verstand kehrte in Mikas Kopf zurück und dieser gab Kian recht. So weit sollten sie nicht gehen und er wollte diesen Bund doch gar nicht. Aber sein Körper war ein Verräter, denn er sehnte sich nach Berührungen dieser Art und wollte viel mehr. Am besten den Vampir tief in sich, dessen Zähne dabei seine Haut durchbrechend, ihn vollständig in Besitz nehmend. Dies zeigte ihm, dass er ab jetzt eine schwere Zeit vor sich hatte. Bis zur endgültigen Bindung würden sein Kopf und sein Körper um die Vorherrschaft kämpfen, auch wenn der Sieger schon feststand. Tag für Tag würde die Sehnsucht größer werden, eine Trennung war so gut wie nicht möglich und auch kein Spaß mit den Meermännern. Treue war für einen unterwürfigen Engel das Wichtigste.
Schwerfällig rollte er sich aus dem Bett, schüttelte seine Schwingen etwas, ließ sie auf dem Boden schleifen, weil ihn so kurz nach dem Schlafen einfach die Kraft fehlte, sie anzuheben. Verwirrt blieb er direkt vor der Tür stehen. Wo in seinem Haus befand er sich überhaupt? Nichts kam ihm so wirklich bekannt vor. Lachend griff Kian nach seiner Hand, brachte ihn sicher bis zur Küche, wo sein Butler schon eifrig ein süßes Frühstück herrichtete. Schokoladenerdbeeren. Das war das Einzige, was Mika davon wirklich interessierte. Vom Rest wollte er gar nichts, nur diese Früchte mit der wundervollen Umhüllung waren von Belang. Sich die Schüssel schnappend, nahm er die Beine in die Hand und verschwand, bevor ihm jemand etwas wegnehmen konnte. Obwohl der Vampir keine Konkurrenz war, da dieser keinerlei Nahrung brauchte, schaltete er auf Fresssucht um.
Auf einem Felsen vor der Küste fand er seinen Platz. Erdbeere für Erdbeere verschwanden in seinem Mund. Da er die Augen geschlossen hatte, machte er einen erschrockenen Senkrechtstart, als ihn nasse und kalte Finger am Unterschenkel berührten, verlor dabei seinen kostbaren Schatz. Glücklicherweise reagierte Kian genau richtig und rettete die Erdbeeren. Grummelnd kehrte Mika in seine ursprüngliche Position zurück, klaute sich sein Frühstück zurück.
„Zuckersüchtige Wassermaus. Hättest du keinen Engelsstoffwechsel, wärest du vermutlich schon im Besitz eines kleinen Bäuchleins. Wobei ich selbst das richtig knuffig finden würde und dir den ganzen Tag das Bäuchlein küssen würde. Was ich natürlich auch so machen werde.“ Kichernd versuchte Mika seinen Bauch zu schützen, als Lippen sich darauf legen wollten. Noch war er nicht fertig mit Essen, also wollte er jetzt seine Ruhe. Eiskalt trat er zu und katapultierte den Vampir einige Meter zurück. Fauchend beugte er sich über seine Schüssel, nahm sich eine weitere Beere und lutschte daran.
Nachdem er alle verdrückt hatte, war er voll und fühlte sich kugelrund. Nach hinten umfallend, landete er auf dem Wasser, ließ die Schüssel auf dem Stein zurück. Komplett entspannt ließ er sich treiben, ignorierte Kian, der seinen Namen wieder und wieder hauchte, wohl etwas Aufmerksamkeit haben wollte In seinem Kopf tauchte das Bild einer maunzenden Katze mit Vampirzähnen auf und ungewollt musste er kichern. Genau solche Zähne berührten seine Flügelansätze, ritzten die Haut dazwischen leicht an, verirrten sich schnell tiefer. Unbewusst hüllte Mika sich in Wasser, schützte sich so vor fremden Blicken.
Abrupt löste sich Kian von ihm, brachte Abstand zwischen sie, atmete selber schwer. Deutlich zeichnete sich eine Beule in dessen Anzugshose ab. Sich aufrichtend, bildete Mika eine Plattform unter seinen Füßen, von der aus er einen Senkrechtstart hinlegen konnte. Am liebsten wäre er zu seinen Freunden auf die Insel, doch mit Kian im Schlepptau war das keine gute Idee. Zwar hatte das hochkonzentrierte Gift ihrer Pfeile vermutlich keinen tötlichen Effekt auf Vampire, aber es könnte unangenehm sein, und sein Wesen wehrte sich dagegen, seinen Gefährten in Gefahr zu bringen. Darum flog er zu seinem Dorf zurück, hockte sich auf die steinerne Treppe davor und wartete einfach nur, bis ein nasser Mann die Straße hochschlenderte, sich neben ihn setzte und schweigend eine Zigarette anzündete. So verharrten sie, bis die Sonne den Horizont erreichte. Während des Untergangs rutschte Mika vorsichtig näher an den anderen, schmiegte sich an dessen Seite. Selbst die warnende Stimme in seinem Kopf verhielt sich still und protestierte nicht. So schnell hatten sie also die nächste Stufe der Bindung erreicht. Von so einem rasanten Verlauf hatte Mika noch nie etwas gehört, aber vielleicht lag es auch daran, dass Kian schon so lange um ihn herum scharwenzelt war und somit schon eine Abhängigkeit geschaffen hatte.
Während die Sterne über ihnen strahlten, kuschelten sie einfach nur. Ein angenehmes Schweigen hatte sich zwischen ihnen ausgebreitet, was keiner von ihnen durchbrechen wollte. Regelmäßig hauchte Kian einen Kuss auf die Haare, berührte die bloße Haut am Rücken und glitt auch wie zufällig tiefer, ging aber nie zu weit.
Drei Wochen waren seit diesem einen Tag vergangen und allmählich hatte Mika das Gefühl, durchzudrehen, wenn Kian nicht endlich mehr machte als nur so harmlose Berührungen. So oft wie dieser ihn heiß gemacht und danach Abstand genommen hatte, um sie wieder abkühlen zu lassen, ohne das mehr passierte. Frustriert stampfte Mika durch das Dorf, raufte sich die Haare und fluchte in allen möglichen Sprachen, die er im Laufe der Zeit gelernt hatte. Im Moment war Kian mit seinem Chef unterwegs und Mika platzte beinahe vor Eifersucht, denn auch der Erzengel hatte keinen Partner und war damit ein potenzieller Konkurrent. Dass er auch noch verdammt gut aussah und mächtig war, schürte dieses Gefühl zusätzlich. Auf sich selbst wütend, dass er immer noch vor dem letzten Schritt zurückschreckte, spannte er seine Flügel weit auf und schoss in den Himmel, ließ lauter belustigte Menschen zurück. Jeder wusste Bescheid und sie alle amüsierten sich über das Katz und Maus Spiel.
Ohne seine Geschwindigkeit zu drosseln, raste er auf die Wasseroberfläche zu, durchbrach sie und tauchte ab. Zwar würde das einige blaue Flecken geben, doch es interessierte ihn nicht. Nach einigen hundert Metern änderte er seine Richtung, stieg in den Himmel auf und machte dasselbe noch mal, versuchte gewaltsam seine Gefühle wegzuspülen.
Als er zurück an Land kam, wartete ein besorgter Kian schon auf ihn. Wortlos marschierte Mika an ihm vorbei, denn seine Eifersucht brannte lichterloh in ihm, gaukelte ihm Bilder davon vor, wie Calliel und Kian eng umschlungen auf einem Bett lagen und sich berührten, sich liebten. Irgendwie war ihm klar, dass er überreagierte, doch er konnte nicht anders, konnte diese Gedanken nicht stoppen und der Vernunft zuhören, die ihm mitteilen wollte, dass Kian immer noch für den Engel arbeitete und seinen Job nicht so einfach ganz aufgeben konnte. Verträge banden ihn an Calliel. Alles sprang ihm aus dem Weg, sodass er schnell bei seiner Villa ankam, in die Küche stürmte und sich mit einer riesigen Packung Schokoladeneis auf den Weg unters Dach machte. Einladend wartete seine vernachlässigte Hängematte auf ihn. Decken luden dazu ein, sich darunter zu verkriechen und die ganze gemeine Welt auszublenden. Zur Eifersucht gesellte sich Verzweiflung, trieb ihn regelrecht zurück hinter seine Wand, die Kian eigentlich Stein für Stein abgerissen hatte.
„Wassermaus?“ Leise hallte die Stimme durch den Raum mit den schrägen Wänden und der ureigene Duft von Kian breitete sich aus, gemischt mit einem Hauch Blut. Alleine das reichte aus, um Mika noch mehr in seine Eifersucht zu treiben. Verzweifelt versuchte sein Verstand ihm klar zu machen, dass es eine logische Erklärung dafür geben musste, doch die Stimme wurde einfach unterdrückt von seinen Gefühlen.
„Maus, beruhige dich. Das Blut ist von einem Verräter und ich hatte nichts mit meinem Chef, könnte ich auch niemals, denn du bist mein ein und alles, der Mittelpunkt meines Lebens, für den ich ohne mit der Wimper zu zucken sterben würde. Glaube mir bitte!“ Durchdringend und hartnäckig versuchte Kian, die Mauer mit Worten zu durchbrechen, stöhnte gereizt auf, als er merkte, dass es keinerlei Wirkung zeigte.
Kurz herrschte Ruhe und Mika war sich sicher, dass der Andere schon aufgegeben hatte, als er plötzlich gepackt wurde, ihm das Eis weggenommen und er auf den Rücken gedreht wurde.
Fast strafend biss Kian in den flachen Bauch, durchdrang die Haut und hinterließ einen blutenden Abdruck. Verwirrung breitete sich in Mika aus. Bisher hatte der Vampir alle Wunden immer gleich geheilt. Sacht ritzte dieser weiter Haut an, auf seinem Weg nach unten. Wie erstarrt ließ Mika zu, dass ihm die Hose genommen wurde und ein warmer Mund ihn umschloss. Überforderung löste die Eifersucht ab. Auch wenn sein Körper sich genau danach sehnte, so hatte er nicht damit gerechnet, dass es auf einmal passierte.
Kian schluckte ihn ganz und brachte damit Mika wieder zu sich zurück, vertrieb alles, bis auf die Lust aus dem Körper des Engels. Gekonnt leckte der Vampir an dem Glied, strich mit der Zunge über die Spitze, stoppte immer dann, wenn Mika glaubte zu platzen. Jammernd bettelte der Engel um mehr, wollte endlich abheben und fliegen, nicht diese süße Folter erleben. Erneut stand er kurz vor einem Höhepunkt, als Kian von ihm abließ, zärtlich die Hände aus seinen Haaren entfernte und nach oben kam, um seine Lippen auf ihr Gegenstück zu pressen, gierig Mikas Mund zu plündern. Schwer atmend brachte er wenige Millimeter Abstand zwischen ihre Lippen, hauchte: „Bett, nicht dieses Ding. Jetzt sofort, keine Widerworte.“ Anscheinend hatte der Vampir die Fähigkeit, in ganzen Sätzen zu sprechen, eingebüßt und er hatte auch vergessen zu erwähnen, wie sie bis zu einem Bett kommen sollten. Mikas Beine würden ihn definitiv nicht mehr tragen, dazu waren sie viel zu wackelig. Zudem wollte er seinen Klammergriff um Kians Nacken nicht lösen.
Hungrig küsste er seinen Gefährten, beschloss in seinem umnebelten Gehirn, dass die Worte nicht wichtig waren. Egal wo, Hauptsache sie vollendeten endlich den Bund und keiner, vor allem nicht so dumme, viel zu schöne Engel, konnten ihm den Vampir mehr wegnehmen. Keiner sollte zwischen sie kommen. Kian gehörte ihm! Alleine ihm, mit Haut und Haaren und allem, was sonst noch dran hing!
Arme und Beine um ihn schlingend, merkte Mika, dass er selber zwar nackt war, aber der Andere noch immer seinen Anzug trug, und das war so absolut nicht akzeptabel. Flink begann er das Jackett aufzuknöpfen, machte direkt weiter mit dem Hemd. Ehrfürchtig strich er durch die leichte Brustbehaarung, zupfte daran und beugte sich vor und ließ seine Zunge über die Brustwarzen gleiten, die sich sofort zu harten Knubbeln zusammenzogen.
„Mika“, erstickt versuchte Kian ihn davon abzuhalten, vermutlich immer noch auf seine sinnlose Idee mit dem Bett beharren wollend. Dabei war doch der Boden genauso gut, da war ein weicher, flauschiger Teppich und da der weiß war, würden danach auch keine Flecken sichtbar sein. Darum schubste er den Vampir auch zurück, bis dieser auf dem Rücken lag. Von alleine breiteten sich seine Flügel weit aus, während er sich auf den Hüften niederließ, den Größeren festnagelte. In ihm brannte ein Feuer, dass gelöscht werden wollte, am besten auf der Stelle. Besitzergreifend ließ er seine Hände über den Körper wandern, in seinem Kopf nur ein Gedanke: „Meins!“
Aus dem angeschmolzenen Eis holte er sich einen Strang Wasser, fesselte die Arme Kians über dessen Kopf, denn ihn störten die Befreiungsversuche. Auf gar keinen Fall würden sie das hier unterbrechen, um ein Bett aufzusuchen. Innerhalb der nächsten zehn Sekunden war auch die Hose weg, Unterwäsche existierte nicht, wie Mika mit einem wohlwollenden Schnurren feststellte. So gehörte sich das eindeutig. Keine weiteren Gedanken verschwendend, kramte er eine Dose Feuchtigkeitscreme unter einem Kissen in der Nähe hervor. Weil er den Kokosgeruch von dieser liebte, hatte sein Butler sie überall versteckt. Gierig rieb er damit die Erektion ein, brachte sie in die richtige Position und ließ sich darauf nieder. Zentimeter für Zentimeter nahm er sie auf, den Kopf in den Nacken geworfen und ein lautes Stöhnen ausstoßend, machte er keine Pause. Am Rande spürte er einen Schmerz, der aber in der Lust unterging. Kian komplett in sich, machte Mika eine Pause, stützte sich mit den Händen auf dessen Brust ab und versuchte Luft in seine Lungen zu bekommen. Lange konnte er nicht innehalten, jeder Nerv von ihm schrie danach, sich zu bewegen. Am Anfang noch langsam, wurde er rasch schneller, spießte sich selber wieder und wieder auf. Unbewusst veränderte er seinen Winkel und hob ab, als Kian einen Punkt traf, der die Lava in seinen Adern noch heißer fließen ließ. Schubweiße ergoss er sich auf den muskulösen Bauch unter sich, riss den Vampir mit sich mit.
Aber es reichte nicht. Wie im Fieber bewegte er sich weiter, löste gleichzeitig die Fesseln. Sofort wurde er herumgewirbelt und Kian ragte über ihm auf, immer noch tief in ihm vergraben. Keiner von ihnen verlor seine Härte.
„Du gehörst mir! Mir ganz alleine!“ Unnachgiebig stieß Kian bei jedem Wort zu, lag mit seinem ganzen Gewicht auf dem Engel, reizte den einen Punkt mehr als nur zielsicher.
Ein letzter Kick fehlte noch. Verzweifelt wimmernd bog Mika sich nach oben. Unerträgliche Hitze herrschte in ihm, wollte ausbrechen, aber es ging einfach nicht, obwohl er sich fühlte, als würde er gleich platzen.
Zähne bohrten sich in seinen Hals und der Vampir saugte an seinem Hals. Von diesem Punkt aus breitete sich die Explosion aus. Tiefe Kratzer auf dem Rücken seines Gefährten hinterlassend, kam Mika ein weiteres Mal. Gleichzeitig spürte er, wie tief in ihm Kian kam, ihn ausfüllte und auf eine seltsame Art und Weiße noch mehr als den Seinen markierte.
Zufrieden schnurrend ließ Mika jeden Muskel locker. Zwar fühlte er sich verschwitzt und klebrig, aber für eine Dusche war er zu erschöpft. Zudem war das Gewicht auf ihm viel zu angenehm, auch wenn sich Kian aus ihm zurückgezogen hatte.
„Also, meine Wassermaus … wenn es immer so endet, kannst du gerne öfters eifersüchtig sein. Du bist übrigens richtig niedlich, wenn du zickst und widerspenstig bist. Aber jetzt müssen wir unter die Dusche … beide. Zudem wartet dein Butler darauf, hier drinnen alles zu reinigen. Der arme Kerl hüpft da draußen von einem Bein aufs andere.“ Murrend war Mika sich sicher, dass er für so einen Spaß nicht eifersüchtig zu sein brauchte, den würde er öfters haben wollen, ohne vorher solche Gefühle haben zu müssen. Zudem gehörte ihm der Vampir nun endgültig und konnte ihn gar nicht mehr betrügen. Statt diese Tatsache auszusprechen, ließ er sich hochheben und zu einem kleinen Duschbad tragen, beschloss dabei, den nächsten Sex zu haben, sobald seine Beine nicht mehr so wackelig waren, und da würde ihm das Wasser eindeutig helfen. Ab heute wollte er jeden Tag Sex und Küsse und Kian! Egal ob dieser wollte oder nicht. Aber der sich erneut bildenden Erektion, die sich an seinen Hintern schmiegte, würde es da wohl keine Widerworte geben, und das war gut so!
Und wenn sie nicht gestorben sind ... kuscheln sie noch heute nackt :)
Texte: Josephine Wenig
Bildmaterialien: Rigor Mortis
Lektorat: Seth Ratio
Tag der Veröffentlichung: 22.05.2015
Alle Rechte vorbehalten