Cover


Ich stand vor der Kirche, die ich mit meiner Klasse besuchen sollte und auf einmal war alles wieder da. Seit Jahren machte ich um jedes Gotteshaus einen großen Bogen und jetzt sollte ich es betreten. Ich schaute nach oben und sah die großen Bleiglasfenster und fühlte mich wieder sieben Jahre jünger. Damals. war ich kurz nach meinem sechsten Geburtstag zum erst mal durch die große hölzerne Tür in die Kapelle Santa Maria in einem kleinen italienischen Dorf getreten. Nonne Giulietta drückte mir die Hand, und gab mir einen kleinen Schups durch die Tür. Ich stand wie verloren in der Dunkelheit, meine Augen mussten sich erst an dann schummrige Licht gewöhnen. >>Ciao Bella, du bist neu. Komm du kannst dich im Gottesdienst neben mich setzten<< sagte eine etwas älterer Junge mit dunklen lockigen Haaren. >> Grazie << Ich war über die Freundlichkeit des Jungen sehr erfreut. Endlich mal wurde ich wo herzlich aufgenommen. Aber ich hatte mich zu früh gefreut. Wir waren noch nicht an der ersten Bankreihe angekommen da spürte ich den ersten Ellenbogen in meinen Rippen und der Alptraum fing an. Ein Alptraum der fast ein Jahr dauern sollt und mich Nachts immer mal wieder besuchte.
>>Fee... Was ist? Kommst du in die Kirche oder willst du dir hier den Arsch ab frieren?<< Meine Freundin Cora rief mich aus meinem Tagtraum zurück. Ich nickte nur und hatte immer noch ein Problem wie ich in die Kirche kommen sollte. >>Lieber Vater im Himmel, lang hab ich nicht mehr mit dir geredet. Bitte hilf mir diesen Schritt zugehen.<< Ich schloss die Augen und machten den ersten Schritt. Ich hatte es überlebt und die nächsten Schritte waren schon einfacherer. Meine Klasse stand um das Taufbecken und der Pfarrer erzählte etwas über die Tradition der Taufe. Ich stellte mich zu ihnen und versuchte ihnen zu lauschen. Plötzlich bekam ich einen Spritzer Wasser ab und meine Gedanken schweiften wieder in die Vergangenheit.
Es war mein zweiter oder dritter Tag im Heim, der Morgengottesdienst war gerade zu Ende und der Pfarrer verließ die Kirche über einen Seiteneingang. Ich versuchte mich davon zustellen, doch Marek entdeckte mich und zog mich an meinen Haaren zum Taufbecken. Erste Tränen rannten mit über das Gesicht und das Bild verschomm in den Tränen. >>So jetzt heißen wir dich willkommen<<. Starke Arme packten mich und plötzlich befand ich mich direkt über dem Taufbecken. Und gleich darauf in ihm. Die Jungs drückte mich unter Wasser und die Angst stieg in mir auf. Meine Familie war im kühlen Nase gestorben und sollte ich ihnen nun folgen? Langsam wurde es schwarz vor meine Augen...
Auf einmal kam ich hart auf den Boden auf. Ich hustete und spuckte und noch immer wollte die Luft nicht in meine Lungen strömen. Alle Knochen taten mir weh und ich war klatsch nass. Ich merkte wie mir langsam die Kälte den Körper hoch kroch, hörte das Blut in meinen Ohren rauschen und das Rasseln meiner Lunge.
>> So nun gehen wir weiter in den Kirchenchor<< erklärte gerade der Führer als ich mit meinen Gedanken in der Gegenwart an kam. Im vorderen Teil sollten wir alle auf den harten Holzbänken Platz nehmen. Ich schaute nach oben an die Decke und hatte sofort das Gefühl, das mich die Decke erdrückt oder erschlagen wird. Es gab Zeiten, da liebe ich Kirchen und alte Gebäude und fand die Architektur erstaunlich. Das war vor der Zeit im Heim Santa Maria gewesen. Meine große Schwester wollte später Architektur studieren und meine Mommi war berufsmäßig oft in solchen Gebäuden unterwegs gewesen. Sie arbeitete als Kunsthistorikerin. Ich kennen die verschiedensten Formen der Säulen und Bögen. Es war nun so Länge her, dass ich sie zuletzt darüber erzählt gehört habe, aber ihre Worte klangen heute noch immer in meinen Ohren.
Plötzlich blieb mir die Luft weg und ich merkte wie mir der kalte Schweiß den Rücken hinab lief. Die Welt drehte sich vor meinen Augen und fokosirte sich langsam auf die Beichtstühle.
Ich atmete nur noch stoßweise.
Meine Hände verkrampften sich zu Fäusten.
Angst und Übelkeit stieg in mir auf und ich dachte es schnürt mir die Kehle ab.
All die versträngten Erinnerung von damals kamen wieder hoch.

Die Schreie, die Schmerzen, die Angst und die Trauer.

>>Feenodora ... was ist los, Pass doch bitte auf!<< schimpfte mein Lehrer. Mir wurde es endgültig zu viel. Es schien mir so als bricht die Welt über mir zusammen und ich wollte nichts mehr sehen, hören und vor allem nicht an die Vergangenheit erinnert werden. >>Ich muss hier raus<< brachte ich nur noch hervor und rannte schon aus der Kirche.
Der Weg bis zum schweren Kirchentor und bis an die frische Luft erschien mir wie eine Ewigkeit und immer wieder hörte ich die Schreie in meinen Ohren. Meine Schreie.
Die Tür fiel zu und ich kauerte mich auf die Treppen. Der kalte Wind der durch meine Haar fuhr und es zerzauste kühlte meine Gedanken ab und ich beruhigte mich langsam. Die Vergangenheit hohlte mich immer seltener ein, aber diesmal war es umso härter gewesen. Als schien wieder so real und echt wie vor vielen vielen Jahren.
Ich hatte mich mit Maria verabredet. Sie war meine Freundin geworden. Wir wollten uns nach der Schule vor der Kapelle treffen und gemeinsam spazieren gehen. Maria war schon elf und lebte seit fast drei Jahren hier. Maria hatte mir geholfen mich etwas zurecht zu finden und war in gewisser Weise zu meiner Schwester geworden. Manchmal beschützte sich mich sogar vor den Großen. Als sie damals nicht zur vereinbarten Zeit kam setzte ich mich wie jetzt auf die Stufen und wartete. Plötzlich hörte und sah ich Marke mit seine Gang kommen. Angst stieg in mir auf. Sie sahen so aus als ob sie Lust auf Streit hätten. Schnell öffnete ich die Holztür zur Kapelle und trat ein. Ich schaute mir eine Bild an als ich von draußen ihre Stimmen hörten. Sie kamen näher und schon öffneten sie die Tür. Ich schaffte es gerade noch mich in den Beichtstuhl zu retten als sie die Kirche betraten und war somit unsichtbar. >> Man Anton, Spinnst du jetzt vollkommen ... Was wollen wir jetzt machen. Die schmeißen dich raus und du kommst bestimmt in den Jugendknast.<< hörte ich Marke fluchen und machte instinktiv einen Schritt zurück.
Plötzlich trat ich auf etwas weiches. Langsam drehte ich mich um.... Mir stockte der Atem und ich hatte keine Stimme um zu schreien. Ich spürte wie sich mein Puls beschleunigte und ich wie gefroren da stand. Erst nach einigen Augenblicken kam ich durch ein lautes Geräusch in die Realität zurück. Es war mein eigener Schrei. Maria lag im Beichtstuhl und ihre toten Augen schauten mich an. Ihr Kopf war merkwürdig verdreht und mir war sofort klar, dass sie nie wieder mit mir spielen würde.

>> Feenodora. Kannst du mir bitte dein Verhalten erklären. << mein Klassenlehrer und meine beste Freundin standen vor mir und schauten mich fragend an. In diesem Moment fasste ich einen Entschluss. Ich wollte endlich meine Geschichte erzählen dürfen und das Leid mit jemanden teilen können. Ich hatte diese Höhle überlebt und mit meiner Adoptivfamilie eine wunderbare Grundlage für ein mein weiteres Leben gefunden. Ich wollte für Maria mit leben und mich stark machen, dass es anderen Heimkindern besser geht. >> Ja ... << und ich erzählte meine Geschichte zum ersten mal.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 11.10.2012

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /