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Der junge Kriegersmann


„Ich bin der König der Könige!“


Umringt von Feinden wirbelte der junge Mann herum und rammte die Klinge seines Kurzschwertes in den Unterleib eines heranstürmenden Angreifers.

„Die größten Krieger der Vergangenheit, des Diesseits und der Zukunft verneigen ihre Häupter und flehen das ich die Ihrigen auf ihren Schulter belasse!“


Mit einem Ruck entriss der Kämpfer seine Klinge den Eingeweiden seines Opfers, während der nächste Gegner schon auf ihn zu hechtete. Mit schnellen Bewegungen drehte er sich erneut, doch kam kurz vor seinem nächsten Gegner zum stehen. Ein stechender Schmerz durchzog seine Wange und er spürte die Wärme seines heißen Blutes, welches begann über seine Wange floss. Nur wenige Schritte entfernt schlug ein Pfeil in einen Baum ein, während an einem Altar ein Priester in schwarzer Kutte weitersprach.

„Unsterblichkeit wurde mir als Kind der Götter zuteil und somit ist es mein angeborenes Recht zu herrschen!“


Rot glänzende Perlen spritzten dem Krieger entgegen als er seine, mit Blut befleckte, Klinge erneut in einen feindlichen Körper fuhr. Ein Angreifer nach dem anderen musste den Stichen seiner Klinge nachgeben und zu Boden gleiten. Seinen Körper zierten immer mehr Spuren von Pfeilen, die ihn nur liebkosten, aber niemals sein Fleisch schmecken konnten.

„Mein ist das Reich und die Macht und die Ewigkeit! Mein Antlitz kann Leidende erretten und Menschen auf ewig verdammen! Mein Name soll auf Ewigkeit besungen werden. MEIN NAME! … URGH!!“


Bevor er den Namen nennen konnte wurde seine Zunge eisern, denn der junge Krieger rammte ihm die Klinge durch den Kiefer, bis hin in sein Gehirn. Ein letzter Pfeil schoss an ihm vorbei, bohrte sich in den erschlafften Körper des Priesters. Am Gürtel des neusten Opfers prangte ein verzierter Dolch, den der Krieger an sich nahm und dem Bogenschützen entgegen schleuderte. Dieser ließ seinen Bogen sinken und versuchte der fliegenden Klinge noch zu entweichen, aber zu spät. Die kurze, aber trotzdem tödliche, Klinge bohrte sich in die Brust des Mannes, der laut aufstöhnte, nach seiner Brust griff und anschließend, wie seine Gefährten vor ihm, zu Boden glitt.
Keuchend und mit unklarem Blick stieß der erschöpfte Kämpfer die Leiche des Priesters von sich.
Er rang nach Luft. Sein Körper bebte noch und sein Sichtfeld verschwamm mit jedem Schlag seines Herzens.
Es dauerte viele Minuten bevor der junge Mann die Situation realisieren konnte.
Soeben hatte er allein eine Gruppe von Königsanhängern getötet. 5 Krieger, ein Priester und der Bogenschütze sind ihm zum Opfer gefallen und das obwohl er nur einen Lendenschurz trug und ein Schwert schwang.
Wie war er nur in diese Situation geraten, fragte er sich und in seinem Geist spielte sich das Szenario seiner Entführung erneut ab.
Er war ein Söldner, der für Geld Handelskarawanen begleitete oder Kammerjäger spielte. Nichts ahnend traf ihn ein kleiner Pfeil am Hals und ihm entschwand sein Bewusstsein. Als er erwachte waren ihm seine Kleidung und seine Waffen genommen und er war an einem Baum gekettet.
Ein Krieger kam zu ihm und zwang ihn auf die Beine, löste ihn vom Baum und begann ihn in Richtung des Lagers zu stoßen.
Noch bevor er den Blicken der anderen Königsanhänger ausgeliefert war stürzte sich der junge Mann auf den Krieger und strangulierte ihn mit seinen Fesseln. Es nötigte ihn viel Kraft ab, diesen kräftigen Mann am Boden zu halten, bis dieser seinen letzten Atem ausgehaucht hatte.
Schnell nahm der Junge die Klinge seines ersten Opfers an sich. Noch bevor er sich wieder vollends erhoben hatte schlug der erste Pfeil in den Boden ein.
Er wurde entdeckt und eine Flucht wäre genauso wahrscheinlich gewesen wie einen Kampf mit dieser Gruppe zu überleben.
Der Kämpfergeist zwang den jungen Mann dazu sich zu wehren und so sprintete er so schnell er konnte seinen Feinden entgegen.
Sein zweites Opfer schwang eine Axt, die der Junge mit seiner gespannten Fessel abwehrte. Nicht nur rettete die Fessel den Kämpfer, sondern durchtrennte der Streich der Axt diese auch noch und ermöglichten dem Krieger einen größeren Bewegungsfreiraum.
Von da an verschwamm die Welt für den Krieger. Er reagierte nicht wissentlich, nur Reflexe und Instinkte trieben ihn in diesem Moment an und sicherten sein Überleben.
Ein Gegner nach dem anderen fiel ihm zu Opfer, bis hin zum Priester und dem talentierten Bogenschützen.
Um sich zu erholen setzte sich der Kämpfer auf die zweite Stufe des kleinen Altars, an dem Königsanhänger immer wieder Menschen opferten und die geraubten Habseligkeiten ihrem Herrscher schickten.
Bald wäre auch er eines dieser armen Opfer geworden, die für einen tyrannischen, nazistischen König ihr Leben lassen mussten.
Feine Linien aus Blut zierten seinen, von einem Schweißfilm überzogenen, Körper, der sich langsam wieder beruhigte.
So saß er noch einige Minuten bevor er nach seinem Hab und Gut suchte und dieses nur einige Meter entfernt in einer Hölzernen Truhe fand, in der auch noch andere Gegenstände lagen.
Das meiste schien nicht von bedeutsamem Wert zu sein. Frauenschuhe, billiger Schmuck, eine kleine Blechtrommel, Eberstoßzähne, Kräuter und vieles Andere fand sich.
Aus Neugierde heraus suchte der Krieger weiter in der Kiste, obwohl er wieder seine gehärtete Lederrüstung trug, sein Schwert und sein Schild bei sich hatte und auch seinen Köcher mit seinem Kurzbogen wieder auf den Rücken geschnallt hatte.
Immer noch von seiner Neugierde getrieben leerte er weiterhin die Truhe und schließlich weiteten sich seine Augen, als er zwei Sachen fand. Zum einen war da ein gut gefüllter Geldbeutel, den er als gut gemeinte Spende freudig annahm. Der Andere Gegenstand war ein funkelnder, hellgrüner Stein, der einen leichten Schein zu besitzen schien.
Interessiert betrachtete er das Juwel und verließ den Ort, an dem er so viel töten musste.
Langsam konnte sich der Söldner orientieren und steuerte die nächste Stadt an. Er würde sie erreichen wenn die Sonne untergeht, so dachte er.
Seine Schritte waren schnell, aber sahen für jemand unbeteiligten nicht Auffällig aus.
Es war das schlauste so schnell wie möglich von toten Königsanhängern weg zu kommen, ohne dabei Aufsehen zu erregen, falls man eine weitere Menschenseele trifft.
So wie er es sich dachte durchschritt er die Stadtmauer bei untergehender Sonne.
Alles in der Stadt schien etwas orange in sich zu tragen.
Der Krieger marschierte mit wachsamem Auge durch die Stadt, bis in die Taverne, die er mit knurrendem Magen und trockener Kehle betrat.
Noch bevor er den Raum richtig betreten konnte lief schon der Wirt aufgeregt auf ihn zu.
„Nein! … Nein Nein Nein! So jemanden wie dich wollen wir hier nicht!“, rief er ihm entgegen.
Die Augen der anwesenden Männer lösten sich von ihren Bierkrügen und Bratkartoffeln und hafteten auf den Neuankömmling.
„Sie meinen mit ´so jemanden´ zahlende Kundschaft?“ fragte er etwas spöttisch als der Wirt vor ihm stoppte und schon nach diesem kurzen Gang erschöpft schien.
„Ich meine solches Kämpferpack, die ihre Werte für Geld verkaufen! VERSCHWINDE!“ rief der gesetztere Wirt mit einem tiefen Brummen in seiner Kehle.
Der Blick des Kämpfers schweifte durch den Raum und sah wie ihn viele kräftige Arbeiter aus ihren Augenwinkeln anfunkelten und bereit waren dem Gastwirt zu helfen, sollte er sich weigern.
„Wenn ihr das Geld nicht braucht, dann eben nicht.“, schnaubte der Kämpfer und wendete sich ab, um die Taverne zu verlassen.
So trat er in die hereingebrochene Nacht hinaus.

Takurosh


In der Hauptstadt Sharank, im Schloss Guldenwing, saß ein Mann auf einem pompös gestalteten Sitz und neben ihm lag eine große Bestie, so groß wie ein Pferd.
Ein Soldat eilte in die Halle, in der dieser Mann mit seinem Tier saß.
Seine Rüstung schepperte laut und von den Wänden hallte der Lärm zurück.
„Sire! Sire wir haben den Kontakt zur Gruppe des Schattenfalken verloren! Sie haben ihren Bericht noch nicht eingereicht, obwohl er die letzten Monate immer pünktlich zur selben Zeit eintraf. Wir gehen vom Schlimmsten aus.“, sagte der Soldat, als er niedergekniet und mit gesenkten Haupt vor dem Mann auf dem pompösen Sitz stand.
Ein leichtes Murren ging von dem Mann aus, der sich in seinem Sitz gerade aufrichtete und somit seinen Körper aus den Schatten des Raumes schob.
Er hatte schwarzes, kurzes Haar und tief blaue Augen, die wie der Ozean so unergründlich schienen. Über seine Schultern legte sich ein schwarzer Umhang. Auch trug er ein schwarzes Hemd, auf dem Verzierungen mit goldenen Fäden gestickt waren.
Mit einem unerfreuten Gesichtsausdruck sah er auf den Soldaten nieder, dessen Herz mehr und mehr zu rasen begann.
Die Bestie zu Seiten des Sires hob ihren Kopf. Es handelte sich um einen gewaltigen Wolf mit silbernem Fell, welches nur durch feine, schwarze Linien unterbrochen wurde, die Muster auf seinem Körper zu bilden schienen.
Das Biest fletschte seine Zähne, die wie weiße Klingen aus seinem Zahnfleisch ragten und einen ausgewachsenen Mann in zwei Hälften trennen könnten.
„Du meinst wirklich den Schattenfalken? Meinen werten Cousin, Clementius Werdin, der als einer der besten Bogenschützen unseres Reiches gehandelt wird? Den ich zu seiner eigenen Sicherheit in ein Gebiet entsandt habe, in dem ihm weder Gefahren durch Menschenhand noch durch Ungetüme der Wildnis drohen sollten?“, fragte der Mann erbost und erhob sich von seinem Sitz. Der furchteinflößende Wolf tat es seinem Herren gleich und erhob sich ebenfalls, um seinem Meister zu folgen, der auf den zitternden Soldaten zuschritt.
„Ich mag dieserlei Scherze nicht!“, knurrte er dem Soldaten entgegen, dem ein kalter Schweißtropfen den Rücken entlanglief.
Man hörte wie ein Schwert aus der Scheide gezogen wurde und der Soldat erstarrte. Sein Leben lief an seinem geistigen Auge vorbei. Seine Eltern, seine Frau, seine beiden Kinder.
Ein Pfeifen ging durch die Luft als das Schwert geschwungen wurde und alle Muskeln des knieenden Mannes verkrampften, doch spürte er keinen Schmerz.
Nach einem Augenblick der Stille wagte er es sein Haupt zu erheben und sah die Schwertschneide hinauf zu der Hand die sie führte.
„Ruf sofort einen Trupp zusammen! Ein Reiter, vier Pikeniere, drei Schwertkämpfer und zwei Bogenschützen. Außerdem möchte ich zwei Jagdhunde in dieser Gruppe wissen. … Sollte wirklich das Schlimmste geschehen sein, dann will ich den Verantwortlichen bald tot vor meinen Füßen sehen!“
Der Soldat rang nach Worten. „J..Ja Sire! Sofort Sire!“, gab er von sich, sprang auf und nach einem kurzen Salut sprintete er aus dem Sahl hinaus.
Der Sire schob sein Schwert wieder in seine Scheide und wandte sich seinem Tier zu.
„Du scheinst Hunger zu verspüren Kashka. … Lass uns jagen gehen.“, meinte er und sprang auf den Rücken des Biestes, welches losstolzierte und seinen Herren aus der Festung brachte, so das sie zusammen die Jagd auf ein Tier beginnen konnten.

Yashir


Auf der Bestie ritt der Sire durch ein kleines Dorf, bevor er den Wald erreichte, in dem er zu jagen pflegte. Alle Dorfbewohner gingen ihm aus dem Weg und wagten es nicht überhaupt zu ihm aufzublicken.
Nur ein junger Mann, an die 18 Jahre alt, sah sich den Mann auf dem Tier an.
Plötzlich drückte jemand seinen Kopf nach unten.
Es war seine Kindheitsfreundin, die ihn finster ansah und ihre Hand an seinem Hinterkopf behielt.
Flüsternd sprach sie zu ihm: „Bist du verrückt Yashir? Das ist der Sire Takurosh auf seinem Ashkari-Wolf, Kashka. … Wenn er schlecht gelaunt wäre würdest du, anstatt eines Hirsches, seine heutige Trophäe werden.“
Ihre Worte waren mahnend, aber liebevoll gemeint und Yashir verstand es, doch wogten in ihm die jugendliche Ungeduld und der Drang sich von Unterdrückung zu befreien.
Er erhob sein Haupt, trotz des Widerstandes seiner Freundin, doch da war der Sire auf seinem Reittier bereits nur ein Schatten am Horizont geworden.
„Was sollte das Kara? … Hätte er versucht mir etwas zu tun hätte ich ihn auf den Boden geschickt und er hätte mir einen Posten in seiner Leibgarde angeboten.“, maulte der junge Mann.
Kara, wie das Mädchen hieß, schnaufte nur genervt und sagte: „Du bist ein guter Kämpfer Yashir, das gebe ich neidlos zu, aber du hattest bislang auch keine Herausforderungen. Ungeübte Bauern und angetrunkene Soldaten sind kein Standard, an dem man einen wahren Kämpfer messen kann.“
Er wendete ihr empört den Rücken zu.
„Ich hätte ihn trotzdem besiegt!“, wiederholte er sich.
„Vielleicht hättest du ihn besiegt, aber vielleicht auch nicht. … Vielleicht hätte er dir aus Anerkennung einen Posten am Hofe angeboten, vielleicht hätte dich auch einen Kopf kürzer machen lassen, da du seinen Stolz verletzt hast. … Ich will nur nicht das dir etwas passiert Yashir!“, belehrte sie ihren Freund, der ihr weiterhin die kalte Schulter zeigte.
„Okay okay. … Hör auf mich zu bemuttern Kara. Ich bin kein kleines Kind mehr. … Morgen will ich mein Leben als Abenteurer beginnen, da kannst du mich auch nicht mehr bemuttern.“
Als er diese Worte sprach und sich zu ihr umwendete, sah er, wie sie trauernd zur Seite sah und eine einsame Träne über ihre Wange lief.
Er legte sacht seine Arme um sie und drückte sie an seine Brust.
„Ich werde wiederkommen Kara. Wir werden uns sicher wiedersehen. … Trotzdem muss ich reisen, die Welt sehen und erleben. Ich kann einfach nicht weiter hier bleiben und wie ein einfacher Bauer mich in mein Leben fügen.“
Seine Worte sollten seine Kindheitsfreundin beschwichtigen, doch das Gegenteil war der Fall.
sie stieß ihn von sich. Zu der einzelnen Träne gesellten sich nun Flüsse dieser salzigen Flüssigkeit. Ihre Wangen waren mit einem starken Rotschimmer geschmückt und sie schrie ihm zornig entgegen: „Du Idiot! Mach doch was du willst! Ich werde nicht versauern und auf dich warten! Verschwinde!“
Geschockt und sprachlos ließ sie ihn zurück, als sie davonlief.
Nach einiger Zeit fasste sich der junge Yashir und ging in seine Behausung, um sich auf seine Reise vorzubereiten.
Bald schon würde es nur noch ihn geben und niemanden sonst, auf den er sich verlassen könnte.

Eronidas


Außerhalb der Stadt Ignir hatte sich der Krieger ein kleines Lager aufgebaut.
Eine Lederplane, provisorisch zwischen zwei Bäumen gespannt, nur wenige Zentimeter über den Boden, bildete sein Zelt.
Lodernde Flammen eines kleinen Feuers schenkten dem Wanderer Wärme und Schutz vor den Wesen der Nacht und ebenfalls konnte er auf diesem Feuer seinen dürftigen Proviant verarbeiten.
Es war bei Weiten kein schmackhaftes Mahl und der Kämpfer hätte sich gerne etwas anderes die Kehle hinuntergleiten lassen, doch musste er mit dem zufrieden sein was er besaß.
Plötzlich hallte das Geräusch knackenden Geästs durch die Dunkelheit und gerade als ein Schatten aus der Nacht ans Feuer trat, hatte der Eindringling bereits die Klinge eines Schwertes an seiner Kehle.
„Ruhig Blut junger Kriegersmann. … Ich bin nicht hier, um dir etwas zu Leide zu tun. … Ich bin nur ein alter Mann, der sich gerne an deinem Feuer etwas ausruhen möchte.“, gab der Fremde von sich und schob die Klinge von seinem Hals weg, doch der Krieger ließ diese sofort wieder zurückwandern.
„Es ist eine wahre Seltenheit einen alten Herren, wie ihr es seid, um solch späte Stunde hier anzutreffen, vor allem wenn nur wenige Minuten Fußmarsch entfernt die Sicherheit einer Stadt auf euch warten würde. … Man kann sogar die Laternen der Nachtwache schimmern sehen. … Sagt also an! Wer seid ihr und was wollt ihr?“, stellte der Krieger fest und musterte den alten Mann mit seinem langen grauen Bart.
„Ein schlauer Bursche bist du, aber lass mich wenigstens setzen. Meine alten Knochen schmerzen mir vom vielen Laufen. Ich muss mich etwas ausruhen.“, erwiderte der Grauhaarige.
Widerwillig zog der Jüngere von beiden seine Klinge ein und schob sie zurück in die Schwertscheide, aber seine Hand ruhte weiterhin am Griff seiner Waffe.
„Nun erzähl alter Mann! Ich möchte deine Geschichte erfahren!“, wurde gefordert und so fügte sich der alte Mann.
„Mein Name ist Trevwood. Johnston Trevwood, um genau zu sein. Einst gehörte mein Geschlecht zu den angesehensten Familien im ganzen Land, doch fielen wir beim König in Ungnade. … Ich erinnere mich noch genau. Ich war damals ein junger Mann, etwa dein Alter. Meine Hochzeit mit der Liebe meines Lebens stand kurz bevor und zum Fest meldeten sich sogar der König und seine rechte Hand an. … Es war eine große Ehre für mich und meine Familie.
Zwei Tage vor den Festivitäten traf der Sire Takurosh mit seinem Ashkari-Wolf und einigen Soldaten ein. Er entschuldigte sich für die Unannehmlichkeiten und ließ den König entschuldigen. Es wurde gesagt, dass er wichtige Angelegenheiten zu erledigen hat, aber die besten Grüße an Braut und Bräutigam entsendet. … Sogar ein Geschenk wurde und entgegen gebracht. Zwei wunderschöne Pferde. Eines so schwarz wie die finsterste Nacht und das andere so weiß wie der frischeste Schnee auf den höchsten Gipfeln der Berge. …. Sie waren ein wunderbarer Anblick, aber an den nächsten zwei Tagen entglitt mir alles meiner Kontrolle.
Die Soldaten, die der Sire mit sich gebracht hatte, tranken viel Wein und begannen meine Mägde zu belästigen. Auch ging hin und wieder etwas zu Bruch.
Trotz dessen versuchte ich mich auf die Hochzeit zu konzentrieren, doch dann geschah es.
Als ich eines Nachts durch ein ungutes Gefühl aus dem Schlaf gerissen wurde und mich dieses Gefühl antrieb zu meiner Geliebten zu eilen, fand ich den Sire vor.
Er war über meine zukünftige Braut gebeugt, deren Nachtgewand kaum noch in einem Stück vorhanden war.
Seine Hand glitt über ihren Körper über stellen, die ich mir nie gewagt hatte anzufassen, ehe sie nicht meine angetraute Ehefrau gewesen wäre.
Dann erblickte ich aber das Fürchterlichste. Blut! Die Stofffetzen um ihre Lenden waren mit Blut gesprenkelt und der Sire schob seine Lanze zurück in seine Beinkleider.
Nie werde ich den Gesichtsausdruck meiner liebsten vergessen, als sie unter ihm lag, die Augen gerötet von den Tränen, die sie in dieser Nacht vergossen hat.
Ohne weiter nachzudenken ergriff ich den Kerzenständer zu meiner Rechten und stürmte auf die Bestie in Menschengestallt zu, doch wehrte er mich ab, stieß mich zu Boden.
Als mein Haupt den harten Stein küsste schweifte mein Bewusstsein ab in die kalte Umarmung des Nichts.
Später erwachte ich in Lumpen gekleidet und gefesselt. Neben mir stehend erblickte ich den Sire, dessen Blick geradeaus gerichtet war.
Genau auf das brennende Inferno, dass früher ein Mal das Anwesen meiner Familie gewesen war.
Klar konnte ich die Schreie der Mägde und Diener hören, das verzweifelte Wieren der Pferde, doch am eindringlichsten hörte ich die Rufe meiner Geliebten Familie.
Meine Mutter, mein Vater, meine Geschwister….und meine Braut.
Vielleicht spielte mir der Wahnsinn einen Streich, aber ich war mir sicher meine Geliebte in einem Fenster erblickt zu haben, umschlossen von den verzerrenden Flammen.
Ich wollte aufspringen. Diesem Monster das Leben nehmen. Ich war gefesselt, aber fest entschlossen ihn zu Tode zu beißen wenn ich es müsste, doch konnte ich meine Beine nicht nutzen.
Tiefe Schnittwunden machten es mir unmöglich mich zu erheben und dieses Monster sah auf mich herab, als wäre ich ihm etwas schuldig.
Ich solle dankbar sein, dass er mich von dieser Last erlöst hätte. Dass er schon bessere Straßendirnen im Bett hatte als meine Braut. … Zum Abschluss sprach er noch sein finales Urteil, dass meinem Haus, dessen einziger Überlebender ich nun war, jeglicher Besitz und alle Titel aberkannt wird und ich nie wieder eine Stadt des Königreiches betreten darf und sollte ich mich widersetzen so habe auch ich mein Leben verwirkt.“, so beendete der Mann seine Geschichte, während der ihm Tränen in heißen Tropfen über die Wangen liefen und zu Boden fielen.
Stille zog ein und beschämt sah der Krieger zu Boden, bis er etwas aus seiner Tasche zog und dem alten Mann entgegen streckte.
„Hier! Iss! Es ist zwar nur ein Stück Dörrfleisch, aber wenn du Hunger hast ist es wie ein Mahl für Könige.“, gab der Kämpfer von sich.
Mit einem dankbaren Lächeln nahm der Trevwood das Dörrfleisch an sich und biss herzhaft hinein.
„Nun kennst du meine Geschichte. Wie lautet die deinige?“, fragte er zwischen zwei Bissen.
Wieder zog ein Moment der Stille ein und man hörte nur das leise Knistern des Holzes im Feuer.
Nachdem ein weiterer Ast in die Flammen geworfen wurde, begann der junge Mann zu sprechen.
„Man nennt mich Eronidas. … Eronidas, der Wolf aus Mihengarde.“, leitete er seine Geschichte ein, wurde aber kurz unterbrochen.
„Mihengarde? Das Land in das die Ashkari-Wölfe gehen, wenn sie sterben? Das Land, in dem sie ihre Wolfsgestallt ablegen und als große Krieger weiterleben? …“, fragte der alte Mann und aß die letzten Bissen des Fleisches.
„Genau. Es wird gesagt: Wenn ein Ashkari-Wolf stirbt, dann wandert seine Seele nach Mihengarde und dort würde er in Menschengestallt als großer Krieger fortleben können. … Mir wird nachgesagt, dass ich eine Ashkari-Seele bin, die aus Mihengarde verstoßen wurde. Auch wenn manche sagen, dass ich geflohen sein soll. … Die Gerüchte besagen, dass ich nun als Strafe hier mein Dasein fristen muss, aber es sind nur Gerüchte.“, erzählte er weiter.
„Was ist die Wahrheit? Erzähl es mir Ashkari-Seele.“, scherzte der frühere Adlige.
Diese Anmerkung bedachte der Krieger mit einem finsteren Blick, der sich aber kurz darauf erweichte.
„Die Wahrheit? ….“, fragte er erneut und holte Luft, um seine Geschichte zu erzählen.

Takurosh


In der Stadt Sharank und insbesondere im Schloss Guldenwing war es totenstill. Nirgends brannte mehr ein Licht, außer in den Gemächern des Sires Takurosh.
Dieser saß in einem prunkvollen Sessel an einem Kamin. Neben ihm lag sein Ashkari-Wolf, Kakshka, welcher seine Zähne auf dem Oberschenkelknochen eines kräftigen Hirsches wetzte.
Ein lautes Knacken durchzogen den Raum als der mächtige Kiefer des Tieres den Knochen zerbersten lies.
Der Adlige Mann starrte in das Feuer. Sein Gesicht von jeglicher Mimik beraubt.
Lange starrte er so in die Flammen, bis er zu seinem Begleiter sah, der das Knochenmark aus den zerbrochenen Überresten leckte.
„Sollte es wirklich geschehen sein? Sollte mein Cousin wirklich verstorben sein? Von einem Vagabunden niedergemetzelt und im Dreck liegen gelassen? … Glaubst du, dass dies wirklich geschehen sein könnte Kashka?“, fragte er das Tier, welches sein Haupt erhob und seinen Herren betrachtete.
Kashka besaß zwei unterschiedliche Augenfarben. Sein linkes Auge war so blau wie Eis, doch sein rechtes Auge war so grün wie eine saftige Frühlingswiese.
Diese Augen fixierten den Sire, als er weiter zu seinem getreusten Begleiter sprach.
„Wenn es wirklich geschehen ist, so erwartet den Täter ein Leben voll Qualen! … Du und ich, Kashka! Wir werden diese Person finden und ihr die gerechte Strafe zukommen lassen!“, sprach er mit bebender Stimme, während sich seine Finger in die Armlehnen seines Sessels gruben.
Kashka ließ den Blick sinken, stupste die verkrampften Hände seines Meisters mit seiner feuchten Nase an und erhob sich, um sich auf dem Bärenfell neben dem Bett des Sires nieder zu lassen.
Takurosh schnaufte wütend, aber er schien sich zu beruhigen.
Sein Körper war wieder völlig entspannt, als er sich aus seinem Sitz erhob und zu seinem Bett stolzierte.
„Du hast Recht Kashka. Ich sollte mir keine Gedanken machen. … Ihm wird schon nichts passiert sein und wenn doch …. So werde ich mein Schwert wieder im Blut meiner Feinde baden dürfen.“
Ein finsteres und unheilvolles Lachen entrann der Kehle des Sires, der immer noch lachte, als er bereits in seinem Bett lag.
Erst als er seine Augen schloss beruhigte er sich und beendete sein Gelächter.

Der Schatten


Während jedermann schlief huschte dennoch ein Schatten zwischen den Häuserwänden umher. Bestrebt bahnte sich die Gestalt ihren Weg durch die Finsternis in Richtung des Schlosses, in dem vor wenigen Minuten auch der letzte Mensch seinen Schlaf gefunden hatte.
Vereinzelt flackerte eine Laterne und eine einsame Wache zog ihre Runden. Mit halb geschlossenen Augen stolperten die Soldaten ihre Routen entlang.
Leise wie eine Katze bewegte sich die Schatten weiter durch die, Sicherheit gebende, Dunkelheit.
Schlängelte sich an jeder Gefahr, die von den Wächtern ausging, vorbei, bis in das Schloss Guldenwing.
Die Schritte der einzelnen Soldaten auf ihren Patrouillen hallten leise durch die, ansonsten leeren, Gänge, aber der schlanke Schatten war weiterhin lautlos.
Das Ziel: Die Gemächer des Sires Takurosh.
Am Ziel angekommen öffnete sich die Tür so leise, als würde sie sich von Geisterhand öffnen und der lautlose Schatten schlüpfte in den Raum, der nur leicht durch das glimmende Feuerholz im Kamin erhellt wurde.
Ein normaler Mensch hätte sich kaum frei bewegen können, ohne an einen Stuhl oder einen Schemel anzuecken, aber wie eine Katze konnte die schleichende Gestallt weiterhin unbemerkt vordringen.
Kurz blitze eine Klinge in der Dunkelheit auf und nährte sich dem Sire, um diesen sein Leben zu rauben, doch auf ein Mal blitzen viele kleine, weiße Klingen am Bettende auf.
Ein grimmiges Knurren erfüllte den Raum und kurz darauf hörte man wie Holz zerbarst.
„WER DA!?“, schrie der Sire auf, rollte sich aus dem Bett und suchte in der Dunkelheit nach seiner Klinge oder irgendetwas, mit dem er sich verteidigen könnte.
Laute Schritte und metallenes Klirren drang durch die Tür.
Die Wachen haben den Lärm aus dem Zimmer ihres Herren gehört und stürmten nun herbei, so schnell es ihre Füße ihnen erlaubten.
Der nächtliche Attentäter kämpfte in der Finsternis mit dem Ungetüm, welches seinem Herren so eben das Leben rettete.
Mit grazilen Bewegungen wich die Schattengestalt den Fängen des Wolfes aus, der bei jedem erneuten Satz weitere Stücke des Mobiliars zerstörte und in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt war.
Bald sah sich der Attentäter in die Ecke getrieben und sah die Bestie zähnefletschend ihre Beute betrachtend, doch gab es einen Ausweg.
Mit einem wagemutigen Sprung durch eines der Fenster des Raumes rettete sich der Angreifer vor den Fängen des Ashkari, doch stürzte er ungeschützt auf das Vordach, welches er hinab schlitterte und dabei einige Dachziegel mit sich riss.
Am Ende des Vordaches wartete erneut ein Sturz, direkt durch das hölzerne Dach des Pferdestalls.
Die Tiere, die zu dieser Zeit auch ihre Nachtruhe vollzogen, erschraken und Wierten wild durcheinander.
Auf ein Mal brach eines mit seinen Hufen die Stalltür auf, auf seinem Rücken den angeschlagenen Angreifer, der sich nur mit Müh und Not auf dem Reittier halten konnte.
Dem einen Pferd folgten einige andere, die Verwirrung stifteten.
Die Soldaten, welche aus dem Schloss bereits auf den Hof gefunden haben, wurden von den, wild gewordenen, Tieren zu Boden gerissen oder in ihrem Weg behindert, so dass der Angreifer auf seinem Tier davonreiten konnte.

3 Tage


Es vergingen drei Tage seit dem Tag, an dem Eronidas eine Gruppe Königsanhänger tötete und es waren drei Nächte seit dem Attentat auf Sir Takurosh vergangen.
Yashir, der nahe von Schloss Guldenwing aufgewachsen war, war nun schon 3 Tage auf Wanderschaft.
Die Suchgruppe, die Takurosh ausgeschickt hatte, um seinen Cousin zu finden, befand sich bereits wieder auf dem Rückweg.
Eronidas hatte sich von dem alten Mann getrennt, nachdem sie noch einen Tag gemeinsam durch die Länder streiften.
Der Assassine konnte fliehen und sich in Sicherheit bringen, kämpfte aber noch mit den Verletzungen aus der missglückten Mordnacht.

Eronidas


„Habt ihr das schon gehört? Sir Takurosh wurde vor drei Tagen des Nachts angegriffen und fast ermordet! Nur sein Ashkari-Wolf, Kashka, rettete ihm das Leben. … Nun ist ein Kopfgeld auf den Täter ausgesetzt. … Laut den Berichten muss die Person schwere Prellungen erlitten haben und wahrscheinlich auch Knochenbrüche. Außerdem soll Kashka den Angreifer tiefe Kratzwunden am linken Oberarm zugeführt haben.“, sprach ein Dorfbewohner lauthals zu einer Gruppe von Personen, die sich auf dem Marktplatz um ihn scharrten.
Eronidas, der gerade neue Vorräte für sich kaufte, vernahm seine Worte, aber kümmerte sich nicht weiter darum.
„Was kümmert mich dieser Takurosh? … Überall schleichen seine gedungenen Schergen umher, die ihn für genügend Gold sofort verraten würden.“, murmelte er als er der alten Verkäuferin ihr Geld für die Waren überreichte.
„Hüte deine Zunge junger Bursche. Wenn dich einer seiner Anhänger hört wirst du schneller ausgeliefert und in den Kerker gesteckt als dir lieb ist.“, ermahnte ihn die alte Frau und lächelte ihn dabei an.
Er beugte sich zu ihr und flüsterte ihr ins Ohr: „Wenn ich für jeden Königsanhänger, der mich ausliefern wollte und daran scheiterte, eine Kerbe in mein Schwert schlagen würde, dann müsste ich schon mein zweites Schwert anfangen.“
Sein Grinsen war selbstischer und brachte auch die alte Dame dazu breit zu grinsen.
„Gib trotzdem Acht auf dich junger Kriegersmann!“, mahnte sie erneut.
Eronidas nickte nur, verstaute die erworbenen Waren und begab sich in Richtung Dorfausgang.
Ihm war nicht danach in diesem Dorf zu nächtigen.
Die Dorfbewohner schienen zwar aller sehr nett, jedoch auch sehr leichtgläubig und dem entsprechend königsfürchtig zu sein.
Deswegen lagerte Eronidas etwas entfernt an einem kleinen See. Dort fand er eine kleine Höhle, die er sich mit etwas Holz und Stroh wohnlich einrichtete und so ein kleines Lager erbaute.
Die meisten seiner Habe trug Eronidas bei sich, doch hatte er unter anderem bereits die Lederplane, die ihm meist als Zelt diente, in seinem Lager zurückgelassen.
Sofort wanderte seine Hand an den Griff seines Schwertes, als er auf seiner Plane schwarze Stofffetzen vorfand, die einst Kleidung waren, aber nur noch schwer als solche zu gebrauchen waren.
Nachdem sein Blick die Höhle genauestens untersucht hatte und er seine neuen Errungenschaften abgelegt hatte, inspizierte er nun auch das Areal um sein Versteck herum.
Langsam wurde der Wald durch den Schimmer der untergehenden Sonne in einen warmen Orangeton getaucht.
Vorsichtig und so lautlos wie möglich schritt Eronidas voran, bis er das Plätschern von Wasser vernahm und in die Richtung der Geräuschquelle voranschlich.
Was er erblickte ließ seinen Atem für einen Moment stocken und seine Hand glitt von seinem Schwertgriff hinunter.
In dem See, der nahe der Höhle lag, stand eine Frau mit langem schwarzem Haar.
Ihre Haut war dunkler als die einer gewöhnlichen Frau aus diesen Landen.
Fasziniert wie Wassertropfen sich auf der Haut dieser unbekannten Schönheit sammelten und als kleine Flüsse ihren wohl geformten Körper entlang flossen, verlor Eronidas jegliches Gefühl für das Hier und Jetzt.
Die Sonne tauchte den See in eine Ansammlung flüssigen Goldes, in welchem diese Nixe nun ihre Wasserspiele vollführte.
Bald aber musste sich der Krieger wieder fangen und aus seinen Tagträumen erwachen.
Er fasste sich, räusperte und rief mit erhabener Stimme: „He! Wer da!?“
Die badende Frau störte sich nicht im Geringsten an seinem Ausruf und ließ ihre Hände über ihren Körper gleiten, bevor sie ihre Blöße so gut es ging verdeckte und sich zu dem jungen Mann umdrehte.
„Ich wusste gar nicht, dass es in diesen Ländern Sitte ist Frauen beim Baden zuzusehen.“, rief sie zu dem jungen Mann hinüber mit einem spitzfindigen Unterton in ihrer Stimme.
Von der Reaktion der Schönheit überrascht antwortete er: „Normaler Weise baden unsere Frauen auch nicht in Seen, sondern in Bädern.“
Beide warfen sich gegenseitig finstere Blicke zu, aber keiner sprach etwas.
Dieser Moment der Stille verführte den Krieger dazu, die Badenixe erneut genauer zu betrachten.
Ihm fiel es schwer seine Blicke nicht zu lange auf einer Körperregion verweilen zu lassen, was jedoch sehr reizvoll für ihn war.
„Ich hoffe du hast ein gutes Gedächtnis, denn noch ein Mal wirst du so einen Körper nicht sehen Freundchen!“, fauchte sie ihn an, als sie seine Blicke bemerkte, die über ihren Körper wanderten.
Trotz alledem blieb sie weiterhin im Wasser stehen, welches ihr nur bis zur Hüfte reichte, mit ihren Armen vor ihren Brüsten verschränkt.
Die Schamesröte stieg dem Kämpfer ins Gesicht und sein Herz begann schneller zu schlagen.
Dieses Gefühl hatte etwas für sich. Es erinnerte ihn an das Gefühl eines anstehenden Kampfes gegen einen ebenbürtigen Gegner.
In Gedanken versuchte er einen Konter auf ihre Worte zu finden, doch dann wurde er von dem Körper der Fremden erneut abgelenkt.
Dieses Mal jedoch war es nicht das Interesse an ihrem Körper, wie es zwischen Mann und Frau gegeben ist. Dieses Mal war es das Interesse eines Kriegers, der seinen Gegner auf mögliche Verletzungen untersuchte.
Hierbei fielen ihm Zahlreiche Blutergüsse an Unterarmen und Schultern auf. Besonders hervor stachen jedoch drei rote Linien, die an ihrem linken Oberarm prangerten.
Er bemerkte wie sie die ganze Zeit versuchte diese Wunde mit ihrer Hand zu verdecken, jedoch war ihre zarte Hand nicht groß genug, um dieses Zeichen eines Kampfes voll zu verdecken.
Ohne sich weiter um die letzte Bemerkung ihrerseits zu bemühen sprach Eronidas wieder mit gebieterischer und männlicher Stimme: „Es scheint als hättest du vor einiger Zeit mit einem Wolf getanzt, Gnädigste. … Lass mich eine Vermutung anstellen. Es geschah eines Nachts vor, sagen wir, drei Tagen und es war ein Ashkari-Wolf. … UND … Dies ist nur eine vage Vermutung meinerseits. … Der Wolf trägt den Namen Kashka und der Name seines Herren lautet Takurosh!? … RICHTIG!?“
Eronidas konnte klar erkennen, wie sich die Augen der Frau weiteten und die Farbe aus ihrem Gesicht wich.
Voller Schreck tauchte sie ins Wasser ein, welches langsam begann dunkel zu werden, je weiter die Sonne sich der Nacht geschlagen gab.
Nun reichte ihr das Wasser nicht mehr bis zur Taille sondern bis zum Kinn.
„Was wäre wenn? … Willst du mich deinem Meister ausliefern? … Versuch es nur und ich schneide dir die Kehle durch!“, drohte sie ihm.
Sie wirkte in diesem Moment wie eine Katze, die von einem Hund in die Ecke getrieben wurde und nun versucht mit ihren Krallen sich den Scharfen Fängen des Jägers zu erwehren.
Eronidas konnte sich einem siegreichen Lächeln nicht verweigern, aber er wendete sich von ihr ab, damit sie an seinem Lächeln nicht noch weiteren Anstoß findet ihm zu drohen.
„Wenn ich dich ausliefern würde, sofern ich das überhaupt wöllte, würde mein Kopf sicherlich nur kurz nach deinem auf dem Hof von Takurosh herum rollen und ein Spielball für seinen Ashkari darstellen und ehrlich gesagt: Mir gefällt mein Kopf doch dort wo er sich gerade befindet. Auf meinen Schultern!“, gab er beschwichtigend von sich.
„Du wirst also auch gesucht? … Weshalb?“, fragte sie mit einem zurückhaltenden und femininen Ton, den Eronidas in dieser Situation kaum erwartet hatte.
„Ich habe das Pech von Zeit zu Zeit in Gruppen dieser Königsanhänger zu laufen, die es anscheinend sehr unterhaltsam erachten mich töten zu wollen. …. Bislang hat es noch keiner geschafft.“, erläuterte er ihr.
Als erneut das Geräusch von plätscherndem Wasser zu hören war, drehte der Krieger seinen Kopf etwas und sah im Augenwinkel, wie die Frau anmutig durch das Wasser auf ihn zu glitt.
Kurz bevor ihr Körper die Wasseroberfläche durchbrechen würde hielt sie inne.
„Kannst du mir meine Kleidung holen? Ich habe sie nur wenige Meter entfernt in einer Höhle abgelegt, in der ein Wanderer seine Sachen vergessen hatte.“, bat sie ihn.
Zusätzlich merkte sie auch noch an: „Ich würde mir meine Kleidung auch selbst holen, jedoch verbietet es mir mein Schamgefühl vor einem fremden Mann nackt durch das Geäst zu springen. … Schließlich bin ich kein Reh das den Jäger anregen will es zu erlegen.“
Dieser Vergleich brachte Eronidas zum lächeln und er sprach: „Ihr seid gewiss kein Reh. Sofern ich es mir anmaßen kann euch mit einem Tier zu vergleichen so scheint ihr mir eher ein Luchs zu sein.“
Mit langsamen Schritten brach Eronidas auf zu der Höhle und sprach in einem neckenden Tonfall: „So zieht der Jägersmann nun von dannen, um dem Luchs seinen Pelz zu holen.“
Während der junge Mann zwischen den Bäumen des Waldes in Richtung der Höhle stapfte, sah die Dame, welche noch im Wasser kniete, ihm mit einem finsteren Blick nach.

Takurosh


Erneut saß Sir Takurosh auf seinem Thron und neben ihm lag wie immer sein treues Reittier und Leibwächter.
Sein finsterer Blick verlor sich in der Leere des Raumes, bis ein Soldat mit eiligem Schritt durch die Tür brach und zu seinem Herren eilte.
Wenige Meter vor dem Thron sank der Soldat auf seine Knie und blieb in dieser unterwürfigen Haltung.
„Herr!“, begann er zu Takurosh zu sprechen, der ihn mit Argusaugen beobachtete.
„Herr! … Ich gehöre dem Erkundungstrupp an, der Information zu Meister Werdin suchen sollte.“
Seine Stimme klang weinerlich und ängstlich und seine Haltung drückte das Selbe aus.
Unterwürfig, mit dem Gesicht fast auf dem Boden, hockte der Soldat zitternd vor seinem Sire.
Angstschweiß rann ihm über das Gesicht.
„Sprich! … Spanne mich nicht weiter auf die Folter!“, schnaubte Takurosh erbost und stampfte mit seinem Fuß auf, so dass der dumpfe Hall des Aufschlags durch die leere Halle schwang.
„Herr…“, begann der ängstliche Mann erneut.
„Wir fanden euren Cousin Herr. …. Wir fanden ihn … tot.“
Takurosh schoss aus seinem Thron hervor, Kashka brüllte erbost auf und ließ den Boden unter ihm erbeben.
Der Soldat, dem die Farben vor seinen Augen zu verschwimmen schienen, verkrampfte seinen Körper.
Eine Klinge wurde gezogen und kurz darauf spürte der Soldat wie Kälte seinen Körper durchdrang. Die Klinge Takuroshs durchbohrte die Schulter des Soldaten, dessen warmes Blut die klinge hinab rann und unter ihm zu einem blutroten See wurde.
In diesem See aus seinem eigenen Blut hockend, wagte der Soldat es kaum sich zu regen, noch etwas zu sagen, doch wusste er, dass Takurosh auch sein Schweigen bestrafen würde.
„Herr…“, seine Schmerzen nahmen ihm für einen Moment die Luft zum sprechen, als Takurosh die Klinge aus seinem Fleisch heraus riss.
„Herr! … Wir fanden einen Eintrag in dem Tagebuch eures Cousins. …. Meister Werdin schrieb: Wir haben ihn! Den Bastard aus dem Wolfsleib! Die Frucht einer Bestie! Der erklärte Feind unseres geliebten Königs! … Das Wesen, das im Mund des Pöbels als ´ Eronidas, der Wolf aus Mihengarde´ genannt wird, ist uns in die Falle gegangen und wir werden es in wenigen Stunden opfern. … Wie solch ein Wesen, welches sich so einfach überwältigen ließ, unserem erhabenen Regenten nur so viele Probleme bereiten konnte und so viele unserer Brüder töten konnte, ist mir unergründlich. … Nachdem der Priester sein Ritual vollzogen hat und der finale Stoß ausgeführt werden muss ….“, der Soldat unterbrach und fiel zu Boden. Der Blutverlust schwächte seinen Körper stark.
„Den finalen Stoß …. Werde ich ausüben! … Und ich werde diesem Geschöpf lachend ins Gesicht spucken, bevor ich ihm den Kopf abtrenne!“
Das Licht vor den Augen des Soldaten verdunkelte sich, Kälte umfing seinen Körper.
Bevor er sich komplett der Kälte und Dunkelheit hingab erinnerte er sich an seine Kindheit. Wie sorglos er damals herumtollte und mit seinen Freunden Ritter spielte.
Immer wollte er Ritter werden und einen glorreichen Tod sterben.
Nun wurde ihm nicht ein Mal ein normaler Tod im Alter gestattet.
Er musste auf einen Weg sterben, um den ihn niemanden beneiden würde.
Vom eigenen Herren dahin geschlachtet und sicherlich würde bald die Bestie, Kaksha, auf seinen abgenagten Knochen herum kauen.
Das letzte was der Soldat wahrnahm war wie Takurosh seinen Fuß erhob und ihn mit voller Kraft auf den Schädel des Soldaten niedersausen ließ.
Ein widerliches Geräusch, als würde man in tiefen Schlamm treten, durchzog die Halle.
Nachdem das Geräusch verhallte erhob der Sire seinen Stiefel, der von der Hirnmasse des unschuldigen Soldaten besudelt war, schüttelte die Reste ab und begab sich zu seinem Thron zurück.
Während er sich auf diesen fallen ließ, sprang Kashka neben dem Thron auf, zu der, nun kaum erkennbaren, Masse und begann genüsslich sein Mahl zu genießen.
„Das darf nicht wahr sein!“, flüsterte Takurosh. Seine Arme auf seine Oberschenkel gestützte, vergrub er seine Hände in seinen Haaren.
Der Wahnsinn stand ihm ins Gesicht geschrieben.
„WACHEN!“, bellte er laut und kurz darauf flogen die Türen am Ende der Halle auf und zwei Wachen sprinteten herbei.
Sie fielen neben dem leblosen Fleischklumpen, an dem sich der Ashkari verging, auf die Knie und verneigten sich.
„Sire!?“, sagten beide simultan.
„Brennt das Dorf östlich von hier nieder. Das durch das ich reite, wenn ich zur Jagd gehe.“, befahl er in einem gelassenen Tonfall und schmiegte sich an die Lehne seines Thrones.
Vom wahnsinnigen Blick, den er wenige Sekunden zuvor noch besaß, war nichts mehr zu sehen.
Mehr als das sogar. Sein Gesicht schien jegliche Mimik abzulehnen.
„Aber S..“, wollte einer der Soldaten beginnen, doch in diesem Moment stieß der Mann im Thron erneut mit seinem Stiefel auf den Boden.
„Das war keine Bitte sondern ein Befehl!“, schrie er und eine Pulsierende Vene erschien an seiner Schläfe. Das ausdrucklose Gesicht von zuvor wich einem Gesichtsausdruck, der aus Wut und Hass bestand und vielen gestandenen Männern die Knie weich werden lassen hätte.
Beide Wachen verneigten sich tiefer und erwiderten, erneut simultan: „Jawohl Sire!“
Kurz darauf sprangen sie auf und rannten aus der Halle.
„Das wirst du mir büßten du elende Bestie. …. Wolf aus Mihengarde!“, flüsterte der dunkle Sir .
Wie auf ein Stichwort hin unterbrach Kashka sein Mahl, erhob sein Haupt und ließ ein lautes Heulen erklingen, welches durch das gesamte Schloss hallte.
Keine Stunde später stiegen gewaltige Rauchschwaden nur wenig entfernt vom Schloss Guldenwing gen Himmel und ließen den Sir wissen, dass sein Befehl ausgeführt wurde.

Yashir


Der Blick des jungen Abenteurers flog von einer Seite zur anderen und suchte nach möglichen Gefahren, doch dann griff er behände zu.
Schnell steckte er zwei Laibe Brot in sein Hemd und umschloss sie.
Erneut schwang sein Kopf umher und er erstarrte, als er drei Wachen erblickte, von denen eine seinen Zeigefinger auf den Jungen gerichtet hatte.
„Stehenbleiben, im Namen eurer Majestät!“, rief eine Wache und alle drei setzten sich in Bewegung.
„Verdammt!“, murmelte der Junge und umklammerte seine Brust, dass die Laibe nicht herausfallen würden.
Sofort begann er zu rennen, denn die Wache kam näher.
So schnell ihn seine Beine tragen lief er den Verfolgern davon.
Erst als alles ruhig um ihn herum war blieb der Dieb stehen und schnappte nach Luft.
So schnell und so weit war er zuvor noch nie gelaufen, wobei ihn vor allem sein Hunger das Laufen erschwert hatte.
„Yashir du Idiot! …. Kara wusste es die ganze Zeit! … Was … Was machst du hier nur? … Du bist kein Abenteurer. Nur ein Schäbiger Dieb! … Verdammt!“, keuchte er, bis Luft wieder seine Lungen ausfüllte.
Yashirs Kleidung hatte etwas gelitten. Sie war eingerissen und hatte bereits einige Löcher, obwohl er nur wenige Tage auf Wanderschaft war.
Auch waren seine Ersparnisse bereits dahin, weswegen er zu einem Dieb werden musste, denn seine Jagdkünste waren nicht so ausgereift, wie er es sich gedachte hatte.
Jedes noch so dumme Tier des Waldes hörte ihn schon von Weiten heranpirschen und konnte er einen Pfeil schießen, so blieb dieser in einem Baum stecken oder verfehlte sein Ziel bei weiten.
Nur noch drei intakte Pfeile und zwei leicht ramponierte füllten seinen Köcher, in dem einst vierundzwanzig der bestmöglichsten Pfeile Platz fanden. Auch seine Pfeiltasche an seinem Gürtel, in der er zusätzliche Pfeile mit sich trug, war bereits leer.
Seine Dolchscheide war leer, den dazugehörigen Dolch verlor er bei der Flucht vor einem Rudel Wölfe, dass ihn eines nachts angegriffen hatte.
Das Einzige was noch völlig intakt zu sein schien war sein Bogen, dessen Sehne noch fest gespannt war und dessen Holz kaum Nutzungsspuren aufwies.
„Wenn ich so weiter mache werden die Soldaten des Königs bald ein Kopfgeld auf mich aufsetzen. Ab da ist es nicht mehr allzu weit zum Galgen. … Womit habe ich das nur verdient?“, fragte er sich und war kurz davor seine Männlichkeit aufzugeben und weinend auf die Knie zu fallen, doch dies konnte er sich nicht erlauben.
Selbst wenn er sterben würde, weinend würde er nicht zu Grunde gehen.
Er motivierte sich selbst, indem er sich einredete, dass von nun an alles nur besser werden könne und die Laibe Brot, die er aus seinem Hemd zog, taten ihr übriges.
Ein breites Grinsen bedeckte sein Gesicht.
„Wenigstens etwas Annehmbares zu essen für Heute. Ich bin es leid ständig Pilze und Beeren runter würgen zu müssen.“
Somit suchte sich der junge Abenteurer bzw. Dieb nach einer Lichtung, die seinen Ansprüchen entsprach und setzte sich ins Gras.
Dort begann er genüsslich die Laibe Brot zu verschlingen.

Die Assasine & Eronidas


Es wurde Morgen und die junge Frau, die sich die Höhle mit Eronidas geteilt hatte, schlief noch.
Der junge Krieger hatte bereits die Höhle verlassen.
Die Nacht hatten beide an einem kleinen Feuer verbracht und sich gegenseitig angeschwiegen. Der Kämpfer hatte ungefragt seine Nahrung mit der jungen Frau geteilt, die ihn immer wieder finster angefunkelte hatte.
Schließlich war sie wenige Meter entfernt von ihm eingeschlafen, während er wie ein Soldat auf seinem Wachposten gewirkt hatte.
Er hatte an der Felsenwand gelehnt gestanden und hielt seine Hand an seinem Schwertgriff, allzeit bereit aufzuspringen, sollte etwas geschehen.
Die Assassine erwachte und ließ ihren Blick durch die Höhle schweifen. Eronidas war fort, aber seine Lederplane war noch da.
Diese Plane lag wie eine Decke auf der jungen Frau, obwohl sie sich nicht erinnern konnte die ledrige Hülle genommen zu haben.
Allmählich fand sie die Energie unter dieser Decke hervor zu kommen und die ersten Schritte an diesem Tag zu tätigen.
Sie sah sich erneut aufmerksam um, während sie an den Höhlenausgang ging und den neuen Tag begrüßte.
Ihr Plan war es die Plane zusammen zu falten und anschließend ihres Weges zu gehen, doch als sie die Plane gerade verstaut hatte, hörte sie Schritte.
Als sie sich umwendete erblickte sie Eronidas, der einen Kleiderstapel bei sich trug, auf dem ein Dolch lag.
Sie erhob sich und sah ihn mit kalten Augen an, aber er schenkte ihr ein leichtes Lächeln.
„Ist etwas?“, fragte sie schließlich mit genervten Unterton in ihrer Stimme.
Prompt antwortete der junge Mann und hielt ihr den Kleiderstapel entgegen.
„Hier! Für dich. … Ich war in der Stadt und habe dir neue Kleidung beschafft und eine Waffe.“, meinte er.
Sie sah ihn kurz verdutzt an, doch dann flammte Zorn in ihren Augen auf. „Wieso kaufst du mir sowas? Willst du, dass ich dir etwas schulde? Ich bin nicht diese Art von Frau!“
Wütend stampfte sie bereits auf ihn zu, doch zeigte er durch seine Körpersprache, dass sie ihn doch anhören müsse.
„Nein nein! So ist das nicht! … Deine Kleidung ist kaum noch als Kleidung zu werten. Außerdem ist es dieselbe Kleidung, die der Assassine trug, der Takurosh angegriffen hat. Da wäre es klug die Kleidung auch zu wechseln. … Und der Dolch? … Du bist unbewaffnet und ich dachte ein feiner Dolch passt zu einer Assassinen. … Tut mir leid, sollte ich dich verärgert haben.“, beteuerte er.
Ihr Blick wollte nicht erweichen, als sie ihm die Kleidung und den Dolch aus den Händen riss.
„Raus!“, befahl sie und wendete sich ab.
Etwas verwirrt wendete auch Eronidas sich ab und verließ die Höhle.
Einige Augenblicke vergingen bis die Assassine in ihrer neuen Kleidung ans Tageslicht trat.
Die Kleidung war in beige gehalten. Ihr bauchfreies Oberteil besaß lange Puffärmel, während ihr Rock eingeschnitten war, um Beinfreiheit zu garantieren.
„Sieht sehr schön aus.“, meinte Eronidas mit einem leichten Rotschimmer auf seinen Wangen.
„Schleimer!“, schnaufte die Assassine ihm entgegen, während sie den Dolch an einem Gürtel befestigte.
Kurz schwiegen beide einander an, bis sie sagte „Gut! …. Dann werde ich gehen. Wir werden uns wohl nie wiedersehen.“
Und mit diesen Worten lief sie an dem Kämpfer vorbei.
Ohne weitere Worte ging sie weiter, doch dann flüster sie schon fast noch ein „Danke für die Hilfe, das Essen, die Kleidung und den Dolch. … Eronidas.“
Ohne ein Wort der Erwiderung lächelte Eronidas und ließ die Unbekannte ziehen.
Erst als sie schon einige Minuten im Dickicht des Waldes verschwunden war fiel ihm ein, dass er sie nach ihrem Namen hätte fragen sollen.

Takurosh


Die Wachen des Schlosses Guldewing liefen ihre bekannten Runden und alle trugen sie Tücher als Atemschutz vor ihren Mündern, denn immer noch schwebte der Gestank, der von dem niedergebrannten Dorf und dessen Einwohnern stammte, durch die Luft.
Der Herr des Schlosses entzog sich diesen Gerüchen und wanderte in den Tiefen der Katakomben von Schloss Guldenwing umher.
Ihm folgend trabte sein Ashkari-Wolf, der seine Nase gesenkt hielt.
Das Pärchen betrat einen spärlich ausgeleuchteten Raum, in dem sich viele Käfige befanden.
Im ersten Moment erahnte man eine Art Gefängnis, jedoch waren keine Kriminellen in diesen Zellen zu erblicken.
Zwar handelte es sich um menschliche Gestalten, jedoch glichen sie auch Tieren.
Dem, erneut in schwarz gekleideten, Herrscher lief ein kränklich dürrer und buckliger Mann entgegen, der sich zur Begrüßung leicht verneigte.
„Meister Takurosh. Ich hatte sie heute gar nicht hier erwartet. … Wir haben kürzlich einige Durchbrüche gehabt. Ich hoffe sie werden zufrieden sein.“, presste die blasse Gestalt zwischen ihren schlechten, gelblichen Zähnen hervor.
Takurosh sah den buckligen Mann nicht an, sondern lief weiter durch die Halle.
Einzelne Wesen krochen an die Gitterstäbe ihrer Käfige, um die gebieterische Person näher zu betrachten.
Andere Wesen verkrochen sich in die Schatten und begannen zu brüllen und zu fauchen. Jedoch verstummten sie sofort nachdem Kashka seinerseits brüllte und die Macht seiner Stimme die Luft in der Halle zum Vibrieren brachte.
Nur vom Ende der Halle erklang weiterhin Gebrüll, das dem des Ashkari-Wolfes ebenbürtig schien.
Der Bückling, sein Herr und dessen Begleittier blieben vor einer großen Pforte stehen, hinter der die Ursache für das Gebrüll zu liegen schien.
Der Mann ging an das große Tor und schloss einen Riegel auf, so dass sich ein Sichtspalt öffnete.
Takurosh trat näher heran und ließ seinen Blick durch das schlecht beleuchtete Zimmer gleiten.
Er erblickte einen haarigen, gestreiften Schwanz, der im Schatten verschwand.
Nur einen Wimpernschlag später schlugen Klauen an den Sichtspalt und versuchten durch diesen Spalt den Sire zu erreichen.
Kashka sträubte sein Fell und fletschte die Zähne, während Takurosh finster zu lächeln begann.
„Verzeihung!“, begann der Bückling zu sprechen. „Dieses Wesen ist sehr aggressiv, aber auch sehr stark und flink. … Sobald wir sein ungestümes Wesen gebändigt haben können wir das Experiment wohl als Erfolg bezeichnen.“
Der Mann rieb sich froh die Hände und begann zu kichern.
Takurosh wendete sich von ihm ab und schritt in Richtung einer eisernen Tür.
„In die Arena mit ihm!“, befahl er und entriegelte das Schloss der Tür, während seine eine Hand seinen Schwertknauf umklammerte.
„W .. Wie? … So … Sofort Sire!“, stotterte der Mann und gab ein Handzeichen an einen Kumpanen, der im Dunkel des Raumes wartete.
Ein Knarren und Rattern erfüllte die Halle und irgendwo öffnete sich ein Tor.

Eronidas


Eronidas, der Krieger der eine Ashkari-Seele beherbergen soll, lief gemächlich am Rande einer Straße entlang und betrachtete seinen geschmälerten Geldbeutel, den er in seiner Hand hielt.
„Kaum zu glauben wie dick der Sack vor kurzem noch war.“, stellte er mit Bedauern fest und schritt weiter voran.
Nun würde er in den nächsten Tagen einen neuen Job benötigen oder seine Mahlzeiten würden von leckerem Fleisch auf Wurzeln und Beeren umschlagen.
Gerade versuchte er zu kalkulieren, wann er wohl die nächste größere Stadt erreichen könnte, als er einen lauten Schrei hörte.
Ohne groß weiter nachzudenken beschleunigte Eronidas seinen Schritt und begann zu rennen.
Seine Schwertscheide schlug bei seinem Sprint hart an sein Bein, was er jedoch ignorierte.
Bald schon erblickte er die Quelle des Schreis.
Eine Frau, welche einen Esel vor einer kleinen Karre gespannt bei sich hatte, wurde von einer Gruppe Wölfen angefallen.
Jedoch waren es keine normalen Wölfe. Es schien sich um eine Gruppe von jungen Ashkari-Wölfen zu handeln. Drei an der Zahl.
Jeder von ihnen reichte mit der Schulter fast an die Brust von Eronidas heran, was sie wesentlich größer als einen durchschnittlichen Wolf machte.
Der Esel, welcher schon einige schwere Wunden erlitten hatte, schrie wild umher und die Frau, welche von zwei der drei Angreifern hin und her gehetzt wurde, stimmte mit dem Esel in ein grausam klingendes Duett ein.
Noch im Lauf zückte Eronidas seine Klinge, rammte aber einem Wolf seine Schulter in die Seite, der gerade auf die wehrlose Frau zusprang.
Schützend baute sich der Krieger vor der zitternden Dame auf und sagte in möglichst ruhigen Ton: „Keine Angst! Ich beschütze Sie!“
Der Wolf, der von dem Krieger soeben an seinem Angriff gehindert wurde, fletschte die Zähne und knurrte wild, nur um dem Kämpfer an die Kehle zu springen.
Schützend hielt dieser seine Klinge vor sich, in die sich der Wolf verbiss.
Die Klinge schnitt ihm die Winkel seines Maules ein, aber er biss weiterhin wild auf dem Stahl herum.
Der zweite Wolf war im Inbegriff die Frau nun auch anzugreifen als Eronidas den ersten Wolf von sich stieß und diesem dabei das Maul und die rechte Seite des Gesichtes aufschnitt.
Jaulend wich der Wolf zu Boden und rieb die frische Wunde mit seiner Pfote.
Man sah wie seine Zunge aus der neuen Öffnung heraus hing und Blut sich am Boden sammelte.
Mit einem schnellen und geschickten Schwerstreich trennte Eronidas dem Wolf, der sich mit der Frau beschäftigte, die Sehnen am linken Bein auf, so dass dieser das Gleichgewicht verlor und zu Boden glitt.
Noch bevor sich der Wolf sammeln und verteidigen konnte trieb ihm der Krieger die klinge durch die Kehle.
So waren es ein angegriffener Wolf mit heraushängender Zunge und ein weiterer, der immer noch mit dem dahinsterbenden Esel spielte.
Der Ashkari mit der klaffenden Wunde sprang vom Wahnsinn und Schmerz übermannt auf den Kämpfer zu und riss diesen zu Boden.
Eronidas entglitt seine Klinge und mit großem Kraftaufwand hielt er nun die scharfen Zähne des Wolfes von seiner Kehle fern.
Keuchend kämpfte der Krieger um sein überleben, bis sein Torso von einer warmen Flüssigkeit benetzt wurde und der Druck, den der angeschlagene Wolf ausgeübt hatte, nachließ.
Letztendlich kollabierte das Biest über ihm und begrub den Mann unter sich.
Mit etwas Kraftaufwand schob er das Wesen von sich herunter und sichtete schnell die Situation.
Die Frau, welche er versuchte zu beschützen, kauerte am Straßenrand an einem Baum und die Klinge von Eronidas steckte im Angreifer.
Zwar verstand der Krieger nicht, wie es dazu kam, jedoch hatte er auch gerade nicht die Zeit viel zu überlegen.
Er entriss dem Fleisch des toten Wolfes seine Klinge und sprintete auf den letzten verbliebenen Wolf zu, der den Esel nun bereits getötet hatte.
Mit Schaum vor den Fängen, die er zähnefletschend präsentierte, wartete er auf den blutbenetzten Krieger.
Fast zeitgleich sprinteten beide aufeinander zu, wichen den Angriffen des gegenüber aus, bis Eronidas dem Ashkari eine Schnittwunde am linken Auge zufügen konnte.
Blut trat hervor und der Wolf jaulte laut auf.
Mit einem verzweifelten Satz sprang er auf Eronidas zu, der es schaffte auszuweichen.
Einen weiteren Angriff erwartend wendete sich der Krieger flink um, jedoch erblickte er nur noch die Schwanzspitze des Wolfes, der im Dickicht des Waldes verschwand.

Yashir


In einer Stadt saß Yashir neben einer Anschlagtafel. Sein Kinn lag auf seiner Brust und seine Atmung war flach. Er schlief da, bis ein kräftiger Soldat an die Tafel trat und sein Werk mit einem Hammer und einem Nagel an die hölzerne Wand schlug.
Der erschöpfte Junge schreckte auf und erhob seinen Blick zu dem Soldaten, der finster auf ihn herabblickte, sich dann aber erneut seiner Arbeit zuwendete und mit einigen Schlägen den Nagel komplett ins Holz trieb.
Mit einem verächtlichen Schnaufen und einem erneuten, flüchtigen, Blick auf Yashir, wendete sich der Soldat ab und stapfte davon.
Der müde Junge erhob sich und sah sich den Aushang an, in der Hoffnung eine bezahlte Arbeit zu finden.
Als er den Aushang las weiteten sich seine Pupillen. Sein Herz begann zu rasen und seine Hände begannen zu zittern und ballten sich zu Fäusten.
„Ist das ein Witz?“, murmelte er zu sich.
Mit Wahnsinn in seinen Augen wirbelte der junge Mann herum.
Seine Zähne rieben aufeinander als sein Blick den Soldaten, der eben dieses Plakat an die Tafel geschlagen hatte, suchten.
„IST DAS EIN VERDAMMTER WITZ!?“, brüllte er über den Platz.
Der Soldat blieb stehen, wendete sich um und platzierte seine Hand bereits an seinen Schwertgriff.
„Krakeel hier nicht so rum Bürschchen.“, mahnte er ihn und plusterte sich zu maximaler Größe auf, welche schon vorher überdurchschnittlich war.
Den aufgebrachten Jungen hielt die Statur des Mannes nicht ab auf ihn zu zu sprinten, ihn an seinem Kragen zu packen.
Wütend fauchte er ihn an: „Was soll das? Sir Takurosh hat mein gesamtes Dorf niedergebrannt, weil er über irgendetwas erbost war und nun sucht er willige Idioten, die seinen Dreck wegräumen? … DAS KANN NICHT WAHR SEIN VERDAMMT!“
Der Mann, dessen Geduld nicht sehr strapazierfähig zu sein schien, umklammerte den Hals des Jungen und hob ihn an, so dass die Füße des von Yashir jede Verbindung zum Boden verließen.
Nach Luft ringend, krächzte der junge Bogenschütze, brachte jedoch kein Wort hervor.
„Ich sehe das als Angriff gegen Angehörige der königlichen Armee! Du bist festgenommen du Knilch!“, brummte der Soldat und erhöhte den Druck auf den Hals von Yashir, der nur einen Wimpernschlag später das Bewusstsein verlor.

Die Assassine


Der weibliche Assassin trat aus einem Haus heraus. Und murmelte missmutig „Wo ist Igorio nur?“, vor sich hin.
Nachdem sie sich von Eronidas getrennte hatte lief sie schneller als gewöhnlich zur nächsten Stadt.
Sie konnte selbst nicht verstehen wieso sie so schnell von diesem Mann fort kommen wollte, der ihr so viel Freundlichkeit entgegen gebracht hatte, aber darüber konnte sie auch später nachdenken.
Zu dieser Zeit war ihr Hauptziel Igorio Smiffin, der auch der ´Schlossmeister ohne Schloss´ genannt wurde.
Etwas erbost über die Abwesenheit des gesuchten Mannes lief sie durch die Gassen.
Nachdem sie ihn nicht fand sprach sie einen Mann an, der gerade zwei Holzlatten auf seiner Schulter transportierte.
„Entschuldigen Sie. Ich suche Igorio Smiffin. Er müsste hier leben. Wo ist er denn?“, fragte sie möglichst freundlich.
„Der alte Schlossmeister?“, begann der Mann zu antworten.
„Der wurde vor ein paar Tage eingesperrt. Erst sagte sie, dass es nur für eine kurze Untersuchung sei, doch er wurde anscheinend immer noch nicht raus gelassen.“, erläuterte er weiterhin.
Die Frau legte ihre Stirn in Falten und durchdachte sich eine weitere Frage.
„Was wird ihm angelastet und wo befindet er sich jetzt? Ich muss dringend mit ihm reden.“, sprach sie und sah den Mann flehend an.
Kurz löste er seinen Blick von der Dame und sah in den blauen Himmel, doch dann wendete er sich der Frau wieder zu und sagte: „Sir Takurosh wurde, laut einiger Gerüchte, angegriffen. Da der Alte sich mit dem Schloss Guldenwing auskennt wird vermutet, dass er ein Komplize ist. … Momentan müsste er im westlichen Wachturm gefangen gehalten werden. Im Keller des Turmes befindet sich nämlich das Gefängnis für mögliche Attentatskomplizen.“
Kurz nickte die Assassine, dann lächelte sie den Mann an.
„Danke für Ihre Hilfe. Ich muss jetzt los.“, waren ihre letzten Worte bevor sie los lief, direkt in Richtung des westlichen Wachturmes.
Auf ihren Weg dorthin bemerkte sie ein wildes Raunen und erblickte einen Soldaten, der einen jungen Mann am Hals gepackt hatte.
Kurz darauf schien der Junge sein Bewusstsein zu verlieren und wurde von dem Soldaten ebenfalls in Richtung des Wachturmes geschliffen.
„Was für Tiere beschäftigen die hier denn nur als Soldaten?“, fragte sie sich selbst und lief nun langsamer in Richtung des Turmes.
Wenige Augenblicke nachdem der Soldat sein Opfer in den Turm gebracht hatte, postierte sich die junge Frau an der Eingangstür und versuchte zu verstehen, was im Vorzimmer gesprochen wurde.
Die tiefe brummende Stimme des Soldaten, den sie bereits kannte, vibrierte durch die Tür und war für sie gut hörbar.
Auch die zweite Stimme, welche hoch und heiser klang, war sehr gut zu vernehmen.
„Was ist das für ein Junge den du da anschleppst Bram? Der gehört hier nicht her!“, fauchte der Soldat mit der hohen Stimme.
„Der Bursche hat mich angegriffen. Stecken wir ihn einfach eine Woche bei Brot und Wasser in eine Zelle, dann wird sein Gemüht sicher abgekühlt sein.“, erwiderte der Soldat mit der bärigen Stimme.
Dem zweiten Soldaten missfiel die Situation eindeutig, denn er sprach: „Und wer bezahlt mir das? Das Brot, das Wasser und den Platz den der Typ wegnimmt? Hä? Du kümmerst dich um sowas sie Bram!“
Es erstaunte die Assassine, wie der zweite Soldat mit dem hochgewachsenen Kumpanen sprach und noch erstaunter war sie über die eingeschüchterte Stimme des Soldaten.
„Tut mir Leid Leps. Du kannst doch als Ausgleich den Bogen des Jungen nehmen. Der sieht noch sehr gut in Schuss aus und ist sicher auch einiges wert.“, versuchte sich der Riese aus der Misere zu ziehen.
Danach war es Still.
Das Gespräch schien beendet.
Als laute Schritte zu vernehmen waren wich die junge Frau von der Tür zurück und lehnte sich etwas entfernt an eine Mauer.
Der riesige Soldat trat hinaus ans Tageslicht und stapfte mit einem griesgrämigen Gesichtsausdruck durch die Gassen.
Etwas Zeit ließ die Meuchelmörderin verstreichen bevor sie ihre Kleidung zurecht zog und den Wachturm betrat.
Der Soldat mit der hohen Stimme kippelte auf einem Holzstuhl, die Stiefel auf einen Tisch und den Bogen in seiner Hand, welchen er fasziniert betrachtete.
Als er jedoch die junge Frau erblickte ließ er den Bogen unbedacht auf den Tisch fallen und sprang auf.
„Ah! Junge Dame. Wie kann ich ihnen weiterhelfen? Hat jemand ihren Schmuck entwendet? Ist ihr Hündchen weggelaufen? Suchen sie einen Ort zum … Schlafen?“ fragte er und ging auf sie zu.
Er war eine hagere Gestalt, mit einer schmalen und krummen Hakennase, blasser Haut, abstehenden Ohren und seichten schwarzen Haaren, die in fettigen Strähnen auf seiner Stirn lagen.
Sein Anblick ließ der Frau eine Gänsehaut den Rücken hinab gleiten und wie er nach dem Ort zum Schlafen fragte bereitete ihr Übelkeit.
Sie riss sich zusammen, um möglichst freundlich zu klingen, als sie fragte: „Nein mein Herr. Ich suche nur meinen Bruder und hörte, dass er hierher gebracht worden sei. … Kann ich zu ihm?“
Das schmierige Grinsen, dass der Soldat aufgesetzt hatte wurde breiter.
„Natürlich, natürlich meine Schönheit.“, sagte er und legte seine Hand um ihre Hüfte, um sie nah an sich heran zu ziehen.
In ihr wallte der Drang auf ihm ihr Messer zwischen die Rippen zu rammen, doch musste sie den Drang ignorieren.
„Der Kleine hat uns Ärger bereitet. … Aber natürlich könnten wir darüber hinwegsehen, wenn du etwas lieb zu mir bist.“, meinte er und sein Gesicht nährte sich dem ihrem.
Jetzt sah sie auch die gelben ungepflegten Zähne, die in dem Mund des Soldaten dahin faulten.
Sie legte ihren Zeigefinger sacht auf seine Lippen und hielt ihn auf Distanz.
„Herr. So eine Art Frau bin ich doch nicht, aber ihr gefallt mir dennoch sehr. Die Sorge um meinen armen verwirrten Bruder lenkt mich jedoch so sehr ab, dass ich mich gar nicht auf euch konzentrieren kann. Lasst mich doch kurz zu meinen Bruder, dass ich wenigstens mit ihm sprechen kann und ihm seine Vergehen verständlich machen kann.“, bat sie den Soldaten.
Die unansehnliche Gestalt löste ihren Griff und stieß wütend Luft aus.
„Okay!“, knurrte er.
„Geht runter. Euer Bruder liegt in Zelle drei. Geht aber nicht weiter! In Zelle 10 sitzt ein Magier, der euren Kopf explodieren lassen kann, sobald ihr ihm zu nahe kommt.“, erklärte der Soldat und ging zurück zu seinem Tisch.
Die Assassine bedankte sich mit einem Lächeln und lief flink zu dem Gang, der zum Kerker führen soll.

Yashir


Langsam erwachte der junge Mann aus seiner Bewusstlosigkeit und fand sich im fahlen Licht eines Kerkers wieder.
„Wie… Wo bin ich?“, fragte er sich, während er sich durch die Haare fuhr und sich erhob.
Der kurze Sauerstoffmangel bereitete ihm nun starke Kopfschmerzen und Schwindelgefühle, weswegen es ihm nicht möglich war aufzustehen.
Er schnaufte durch und legte sich mit dem Rücken flach auf den kalten Kerkerboden.
Mit tiefen Atemzügen füllte er seine Lungen wieder mit reichlich Sauerstoff, doch wurden seine pochenden Schmerzen nicht besser.
Als er neben dem Pochen in seinem Kopf nun auch noch schnelle Schritte vernahm, dachte er im ersten Moment, dass ihm seine Sinne einen Strich spielen, doch als die Schritte verklangen und jemand plötzlich nach ihm rief, blickte er auf.
„Junge! … Hey Junge!“, rief die Stimme.
Vorsichtig richtete sich der Junge auf und sah zu den Gitterstäben herüber, an denen eine junge Frau stand und ihn ansah.
„Wer bist du? … Bin ich tot und du bist der Engel, der mich holen soll?“, fragte er, immer noch geistig umnachtet von dem Sauerstoffmangel.
„Such dir jemanden in deiner Liga!“, fauchte die Frau und rammte wütend einen Schlüssel ins Schloss, um dieses zu öffnen.
Noch bevor Yashir reagieren konnte stürmte die Frau in die Zelle und packte den jungen Mann am Arm, um ihn rabiat auf seine Beine zu zerren.
Yashir zog mit einem Zischen Luft ein, als ein stechender Schmerz durch seinen Kopf schoss.
„Sei ein Mann und hab dich nicht so!“, schnauzte die Frau und zog Yashir hinter sich her.
„Du wirst mir helfen jemanden zu befreien!“, erklärte sie, während sie durch den spärlich beleuchteten Kerker eilten.
„Hier würdest du für eine Woche bei Wasser und Brot dahin vegetieren, wenn du nicht vorher an einer Lungenentzündung dahin siechst.“, meinte sie weiter und sprach anschließend: „Darum hilfst du mir jetzt und wir fliehen mit meinem Bekannten aus der Stadt. Verstanden?“
Yashir war sich nicht sicher, ob er es wirklich verstand, was gerade vor sich ging, aber die Ausstrahlung der Frau brachte ihn dazu automatisch zu bejahen.
Plötzlich stoppte die Frau und Yashir wäre zu Boden geglitten, wenn sie nicht noch seinen Arm gepackt halten würde.
Beide standen vor einer Zelle mit feuchten Wänden.
In Mitten dieser unmenschlichen Zelle saß ein, in eine Decke eingewickelter, Mann mit einem Turban auf dem Kopf, einem langen weißen Bart und dazu passenden buschigen Augenbrauen.
„Igorio!“, rief die Frau und in ihrer Stimme klang Sorge mit.
Zögerlich, fast schon in Zeitlupe, hob der alte Greis sein Haupt und blickte zu den beiden hinüber.
„Tia?“, hauchte der alte Mann und begann daraufhin an stark zu husten.
„Ja Igorio! Ich bin es! Tia! Ich hol dich hier raus und der Junge hier wird uns dabei helfen!“, erklärte sie dem alten Mann und öffnete dabei seine Zellentür.
Sie zerrte den Jungen in die Zelle hinein und zog ihn runter, bis er, mit dem Rücken zu dem alten Mann gekehrt, auf dem Boden kniete.
Das ganze auf und ab schmerzte Yashir sehr, denn weiterhin plagten ihn die Kopfschmerzen.
Ohne etwas zu sagen, so dass er sich vorbereiten konnte, zog Tia den alten Mann auf Yashirs Rücken, der beinahe nachgegeben hätte.
„Ich sagte du sollst dich nicht wie ein kleines Kind benehmen! Zeig das du ein Mann bist!“, fauchte sie ihn erneut an und half ihm auf die Beine.
„Folge mir und bleib nicht stehen, egal was ist!“, befahl Tia und lief los.
Yashir, der mit den Schmerzen in seinem Kopf und den Schwindelgefühlen kämpfte, trug den alten Mann huckepack durch den Kerker, immer der jungen Frau folgend.
Als Yashir den Aufstieg in das Vorzimmer der Wache bewältigt hatte und somit den Kerker hinter sich gelassen hatte, trat er in eine Blutlache, die von dem hageren Soldaten ausging.
Tia rieb gerade das Blut von ihrem Dolch an dessen Kleidung ab und deutete gebieterisch auf die hölzerne Tür, die nach Draußen führen würde.
Schnell ergriff sie den Bogen, der auf dem Boden lag und sprintete Yashir hinterher, der bereits auf die Straße hinaus gelaufen war.
„Hier lang!“, sagte sie und sprintete an Yashir vorbei, der auf wackeligen Beinen zu folgen versuchte.
Als sie merkte, dass er Probleme hatte mit ihr Schritt zu halten drosselte sie ihre Geschwindigkeit und lief auf der gleichen Höhe wie ihr unfreiwilliger Gehilfe.
„Du musst nur noch wenige Minuten durchhalten! Du schaffst das schon!“, versuchte sie zu motivieren. Ob diese Motivation nun für Yashir oder den alten Mann gedacht war, war ihm nicht ganz klar, jedoch fühlte er sich dennoch beflügelt und seine Schritte wurden etwas schneller, was ein kurzes Lächeln auf seine und die Lippen der Assassine zauberte.

Eronidas


Schnaufend stand der Krieger auf der verstummten Straße, auf der vor kurzem noch wild gekämpft wurde. Sein Blick war auf den Wald fixiert, in dem der letzte Wolf vor kurzem verschwunden war.
Als er Schritte hinter sich hörte schleuderte sein Körper herum und schwang sein Schwert.
Nur wenige Zentimeter trennten die Spitze der Klinge von der Nase der fahrenden Händlerin.
Ihre Augen waren verquollen und rot, genau wie ihre Nase.
„Sie sind es.“, stöhnte Eronidas erleichtert und ließ seine Klinge sinken.
„Da … Danke. … Wieso hast du mir geholfen? Das ist nicht sehr üblich für einen Söldner.“, meinte die Dame mit zögerlicher Stimme.
Eronidas, der seine Klinge in die Schwertscheide schob, lachte lauthals.
„Haha! Sieht man mir das Söldnerdasein so stark an? … Ja ich bin eine Art Söldner, trotzdem werde ich einer Frau in Not immer zur Hilfe eilen. Egal ob es mir einen Nutzen bringt oder nicht.“, erklärte er mit einem Lächeln auf den Lippen.
Sie wendete sich ab und sah sich zu ihren Karren hinüber, vor dem der Leichnam des Esels langsam die Straße mit Blut überspülte.
„Wie soll ich nur meinen Karren in die nächste Stadt bringen?“, fragte sie sich selbst und faltete ihre Hände, wie zu einem Gebet, vor ihrer Brust.
Eronidas stapfte mit festem Schritt an dem zierlichen Geschöpf vorbei zu dem hölzernen Wagen und löste das tote Tier von diesem.
Als er das Tier vollständig vom Wagen gelöst hatte, hob er die Vorderseite des Karrens an und prüfte dabei das Gewicht des gesamten Objektes.
Schließlich rief er der Frau zu: „Ich kann den Wagen eine Weile ziehen. Wir werden nur länger brauchen als mit einem Esel, aber kurz nach Sonnenuntergang sollten wir dann die nächste Stadt erreicht haben.“
Mit, vor Hoffnung, strahlenden Augen entfaltete die Frau ihre Hände und lief flink zu Eronidas hinüber und fiel ihm um den Hals.
„Oh danke!“, rief sie freudig.
„Ich weiß gar nicht womit ich so viel Hilfe verdient habe.“
Eronidas lächelte nur und nahm sich des Karren an.

Takurosh


Eine kleine leere Halle. Nur die Fackeln an den Wänden und erleuchteten den Raum.
Plötzlich öffnete sich auf einer Seite eine eiserne Tür und Sir Takurosh betrat den Raum.
Hinter ihm sah man noch Kashka, welcher missmutig seinem Meister nachsah und sich auf den Boden legte.
Für seine Statur war die Tür nicht ausgerichtet und so musste er warten.
Takurosh trat in die Mitte der Halle und ließ seinen Blick die Mauern entlang gleiten, während er mit seiner einen Hand seinen Schwertknauf fest umklammert hielt.
Erhobenen Hauptes und mit seiner gebieterischen Haltung wirkte er wie ein König, den nichts erschüttern kann, doch als sich am hinteren Ende der Halle langsam ein Falltor öffnete, schleuderte er seinen Kopf herum.
Seine Gelassenheit wich einer Anspannung wie jeder Krieger sie vor einem Kampf empfand.
Langsam ließ Takurosh sein Schwert aus der Scheide gleiten, während er seinen Blick nicht von der Dunkelheit abwendete, die bis vor kurzem noch von dem Falltor zurückgehalten wurde.
Das Falltor war noch nicht einmal halb geöffnet, als ein Schatten aus der Finsternis hervor schoss, direkt auf den Mann zu.
Ein Klirren und Kratzen erfüllte den Raum, gefolgt von einem grimmigen Knurren.
Takurosh lag auf dem Boden, mit seinem Gesicht zur Decke gerichtet.
Sein Schwert hielt er nur wenige Zentimeter von seinem Körper entfernt und drängte mit all seiner Kraft seinen Feind zurück.
Über ihm lag die Bestie, die ihn angefallen hat.
Ein Wesen, weder Mensch noch Tier.
Es hatte Ähnlichkeiten mit einem Tiger. Fell überzog seinen Körper und ein Schwanz ragte aus seinem Steiß. Spitze Ohren prangerten auf seinem Kopf und scharfe Zähne wurden beim Knurren gefletscht.
Rasiermesserscharfe Klauen, hart wie Stahl, Kratzen auf der Schwertklinge von Takurosh, während das Biest mit monströser Gewallt versuchte seinem Opfer die Klauen in den Leib zu rammen.
Trotz der vielen Merkmale eines Tieres war der Körper menschlich aufgebaut.
Arme und Beine waren nicht die eines Tigers, aber auch nicht menschlich.
Dieses Wesen trug Kleidung. Dreckige Lumpen, teils zerfetzt und durchlöchert, aber der Stoff bedeckte den Körper, wie er es bei einem Menschen auch tun würde.
Speichel tropfte aus dem Maul des Wesens und benetzte den Boden neben Takuroshs Kopf.
Dieser zog seine Beine an sich heran, platzierte seine Füße auf dem Torso des Angreifers und drückte ihn von sich.
Er legte so viel Kraft hinein, dass sein Gegenüber mehrere Meter durch den Raum schwebte, bis er sich wenige Meter von Takurosh entfernt erhob.
Ein grimmiges Fauchen brachte die Kreatur ihrer menschlichen Beute entgegen und begann durch den Raum zu sprinten.
Die Bewegungen waren so geschickt, geschwind und wendig ausgeführt, dass ein normaler Mensch Probleme damit gehabt hätte ihnen zu folgen, doch Takurosh ließ sich nicht so leicht in die Irre führen.
Dieser setzte eine, fast schon gelangweilte, Miene auf und erhob sich.
Ohne seinem Feind weitere Beachtung zuteilwerden zu lassen klopfte er sich den Staub aus seiner vornehmen Kleidung und nahm wieder Kampfhaltung ein.
Durch die schnellen Bewegungen des Tieres konnte es in einem Moment vor Takurosh sein und im nächsten schon hinter ihm, um über ihn her zufallen.
Gelassen wich Takurosh aus und ließ die Kreatur nur um eine Haaresbreite an ihm vorbeihechten.
Nun begann Takurosh seine persönliche Jagd.
Kaum war die Kreatur vor seinen Füßen gelandet stieß er mit seinem Schwert vor und versuchte das Biest zu durchbohren.
Geschickt wich das Tier aus und sprang dem Herrscher erneut entgegen.
Dieser parierte die Klauen mit seiner Klinge und erneut durchzog das klirrende und kratzende Geräusch die Halle.
Beide stießen sich von einander ab und ließen kurz Ruhe einkehren.
Die katzenähnlichen Augen des Tigermenschen und die Augen von Takurosh hafteten jeweils auf ihrem Gegenüber.
Wieder fletschte die Kreatur ihre Zähne und der Sabber lief seine Schnauze herab.
Simultan sprangen beide einander entgegen und kurz war ein dumpfes Geräusch zu hören.
Danach verstummte alles.
Takurosh und das Biest standen sich gegenüber.
Die Schwertschneide berührte schon fast die Nasenspitze von Takurosch.
Die Klinge selbst befand sich zwischen den Kauwerkzeugen der Kreatur, die wild auf dem Stahl mahlten.
In dieser Position verharrten die beiden Kontrahenten.
Takursoh, der seinerseits versuchte seine Klinge weiter in das Maul des Tieres zu schieben.
Die Bestie, die versuchte ihre scharfen Zähne in Takurosh zu schlagen.
Keiner der beiden sah nur im Entferntesten danach aus zurück zu weichen, doch plötzlich geschah es.
Die Klinge zerbarst unter der Kraft des Kiefers.
Die Splitter, die sich in das Zahnfleisch und Maul der Kreatur bohrten schienen diese nicht zu stören, denn sie konnte nun schon fast ihre Beute schmecken.
Doch kurz bevor die weißen Dolche sich in Takuroshs Fleisch bohren konnten rief dieser: „Virak!“
Die Bestie riss ihren Kopf in die Höhe und ließ das Blut, welches aus den Wunden am und im Maul floss, durch die Luft fliegen.
Takuroshs linke Hand, welche auf dem unteren Torso der Bestie ruhte, begann glühte.
Ohne Vorwarnung Riss der Rücken des Wesens auf. Genau gegenüber der Stelle an der Takuroshs Hand anlag.
Blut schoss aus der Wunde und eine leuchtende Klinge stach hervor.
Das Biest riss sich von seiner Beute und der leuchtenden Klinge los und rannte, nun deutlich langsamer, zurück in die Dunkelheit, aus der die Kreatur kurz zuvor hervorgekommen war.
Während das Falltor sich schloss hörte man nur ein Wimmern aus der Dunkelheit hervordringen.
Kein Brüllen oder Knurren würde mehr so schnell von diesem Wesen zu hören sein.
Mit einem zufriedenen Lächeln wendete sich der Herrscher ab und ging durch die Tür, welche für ihn erneut geöffnet wurde.

Eronidas


Schweigend zog der Krieger das hölzerne Konstrukt hinter sich her, während die Frau hinter dem Wagen lief und so gut es ging schob, um dem Helfer seine Arbeit so leicht wie möglich zu gestalten.
Wie vorausgesagt trafen sie nur kurze Zeit nach Anbruch der Nacht in der Stadt ein.
Mit letzter Kraft zog Eronidas den Karren zu einem großen Anwesen, dass alle anderen Grundstücke der Stadt bei weiten übertraf.
„Hier ist gut. Lass den Wagen einfach hier stehen.“, meinte die Frau und trat hinter dem Wagen hervor.
Mit Schweißperlen auf der Stirn und am Rande seiner Kräfte setzte Eronidas den Wagen ab.
„Wo sind wir hier? Kennst du die Leute die hier wohnen?“, fragte der müde Kämpfer, doch sollte sich diese Frage von selbst klären, als zwei Männer in Dienstkleidung aus dem großen Haus gestürmt kamen.
„Junge Dame! Ihr seid zurück!“, rief einer der beiden aus und kurz darauf reihten sich die beiden Diener vor der Frau auf und verneigten sich.
„Junge Dame?“, fragte Eronidas und rieb sich den Schweiß von der Stirn.
Die Frau sah zu dem Krieger hinüber und schenkte ihm ein Lächeln. Nur kurz danach wendete sie sich den Dienern zu und gab ihnen Befehle.
„Richtet ein Zimmer für unseren Gast her! Bereitet ein Bad für ihn vor! Bringt den Karren weg! Beeilung!“, sagte sie in einem strengen Ton.
Beide Diener salutierten und preschten los, um die erteilten Aufgaben zu lösen.
Die Dame schenkte Eronidas, der den Dienern mit einem verdutzten Blick nachsah, erneut ein Lächeln und gab ihm ein Zeichen, dass er ihr folgen solle.
Etwas verwirrt folgte der Krieger der Frau in das große Anwesen.
Zusammen betraten sie eine riesige Eingangshalle.
Eine große Treppe eröffnete den Weg in das erste Obergeschoss des Gebäudes.
Überall fanden sich Ornamente, Teppiche, Vorhänge und teure Vasen.
Die Besitzer dieses Anwesens waren sicher sehr wohlhabend.
„Geh bitte den rechten Gang entlang, dann den ersten Gang links bis zur letzten Tür. Dort befindet sich der Badezimmer. Nimm dir so viel Zeit, wie du benötigst. Entspanne dich und fühl dich ganz wie zuhause, schließlich verdanke ich dir so einiges.“, meinte die Dame und ging langsam zur Treppe.
Immer noch abgelenkt von dem ganzen Luxus, der sich um den Krieger herum stapelte, reagierte er erst als die Frau schon die ersten Stufen erklommen hatte.
„Danke. Ich hoffe ich falle euch nicht zur Last.“, gab er von sich und erntete dafür ein sanftes Lächeln.
Eronidas wartete bis die Frau im Obergeschoss verschwunden war, bevor er aufbrach, um das Badezimmer aufzusuchen.
Die Flure auf dem Weg dorthin waren mit wertvoll aussehenden Gemälden behangen.
Immer noch erstaunte es den Krieger, welch Reichtum diese Händlerin besaß.
Er hatte es ihr nicht angesehen, als er sie mit ihrem Karren und dem Esel vorfand.
Nie hätte der Kämpfer erwartet, dass ihn der Weg zum Badezimmer so viel Zeit rauben würde, aber letztendlich kam er an einer Doppeltür an.
Erst klopfte er und wartete, ob eine Reaktion auf sein Klopfen zu vernehmen sei.
Da eine Reaktion aus blieb öffnete er die Tür und betrat den Raum.
Anders als er erwartet hatte, war hier keine Badewanne zu finden oder wenigstens ein großer Waschzuber.
Nur ein Regal mit vielen kleinen Körben war zu sehen und ein Stapel von Tüchern.
Erst jetzt fiel Eronidas eine weitere Tür auf.
Eine Schiebetür aus dünnem Holz, mit beschlagenen Fenstern ausgestattet teilte einen weiteren Raum ab.
Neugierig, aber mit Vorsicht, schob Eronidas diese Tür auf und erstarrte.
Vor ihm war ein dampfender Teich zu sehen, von großen Steinen umrandet und der Boden bestand aus Holzleisten.
Nun glaubte Eronidas zu verstehen.
Er legte seine abgewetzte Rüstung ab, genauso wie seine Waffen.
Als er nun sein Adamskostüm trug, griff er nach einem Tuch und bedeckte damit seine Blöße, um den Raum mit dem Teich zu betreten.
Kurz darauf konnte der Krieger im angenehm warmen Wasser seine müden Glieder entspannen.

Der schwarze Mantel


Eine Gruppe von königlichen Soldaten, die einen Mann in einer schwarzen Kutte eskortierten, näherte sich einer alten Ruine. Einst musste dies eine mächtige Burg gewesen sein, jetzt jedoch war sie nicht viel mehr als eine Ansammlung von Geröll.
Die Gruppe schritt durch die frühere Festung, während die Sonne hinter den nahegelegenen Bergen verschwand.
Durch die zerstörten Mauern hindurch beobachtete ein einsamer Hirsch mit seinen schwarzen Augen die Prozession.
Je weiter die Soldaten und der Mann in schwarz voranschritten, desto besser konnte man erkennen was früher ein Mal an diesem Ort erbaut worden war.
Als der Tag der Nacht schon gewichen war, kamen sie an einem Eingang an der völlig unbeschadet schien.
Ein Eingang führte zu den Kellergewölben der einstigen Festung. Er war immer noch verschlossen durch eine Tür aus massivem Holz.
Der Mann im Mantel zog einen Schlüssel hervor, öffnete die Tür und betrat das Gewölbe.
Seine Begleiter mussten vor der Tür in der Kälte der Nacht verharren.
Zwei Fackeln prangerten an den Wänden und eine davon löste der Mann aus ihrer Halterung.
Mit der Lichtquelle in seiner Hand stieg er die steinernen Treppen hinab.
Mit jedem Schritt erschien es ihm als würde die Kälte mehr und mehr Besitz von ihm ergreifen und er Hüllte sich weiter in seinen Mantel ein.
Minutenlang waren nur seine Schritt zu hören, die von den eisigen Wänden zurückgeworfen wurden und einem das Gefühl gaben als würde eine Armee marschieren.
Nach dem langen Abstieg kam der Mann, welcher nur noch aus seinem Mantel bestehen zu schien, in dem Gewölbe an.
Mit flinken Schritten bewegte er sich durch eine Halle.
Links und Rechts verliefen steinerne Säulen, die mit Ornamente von jagenden Wölfen verziert waren.
Was hinter den Säulen lag konnte das Licht der Fackel nicht erreichen und so blieb es im unkenntlichen Dunkel verborgen.
Die Schritte des Mantelmannes wurden schneller als erneut ein hölzernes Tor aus der Dunkelheit hinaus und mitten in sein Blickfeld hinein trat.
Ohne zu zögern, mit dem vollen Schwung seiner Bewegung, stieß er die Torflügel auf und trat in einen Raum, der von einigen Fackeln erleuchtet war. Vier Säulen waren symmetrisch im Raum verteilt, aber sie waren glatt und ornamentfrei.
Im Gegensatz zu den Säulen spiegelten die wänden Geschichten von alten Helden wieder. Genau gegenüber der Eingangspforte kniete ein Mann.
Er trug nur eine zerfetzte Hose. Seine Füße so wie sein Oberkörper waren frei von jedweder Kleidung.
Seine Arme hatte er über seinen Kopf erhoben, eiserne Ketten zwangen ihn zu dieser Pose.
Wie tot hing er da, das Kinn auf seine Brust niedergesunken und das Gesicht von langen ungepflegten Haaren verdeckt.
Mit den bekannten schnellen Schritten eilte der vermummte Mann hinüber und kniete sich vor dem Gefangenen hin.
„Ich grüße Euch!“, murmelte er in seinen Mantel hinein und war nicht Willens seinen Mantel auch nur einen Zentimeter zu lockern.
Als der Gefangene stark ausatmete bildete sich eine neblig weiße Rauchschwade vor seinem Gesicht und stieg empor.
„Ist es schon wieder drei Wochen her?“, fragte der Gefangene mit seiner trockenen Kehle.
Der Mann im Mantel nickte eilig und zog unter seinem Mantel ein Laib hartes Brot hervor und einen Wasserschlauch.
Beide Utensilien legte der vermummte Mann eilig vor die Knie des Gefangenen und zog seine Hände sofort wieder in die Wärme seines Mantels zurück.
„Ist dir Kalt?“, fragte der angekettete Mann, ließ seinen Kopf aber weiterhin auf seiner Brust ruhen.
Etwas zögernd bestätigte sein Gegenüber erneut mit einem Nicken.
Kurz zog Stille in den Raum ein und man hörte nur ein leises Rascheln, welches durch das Zittern des, in den Mantel verkrochenen, Mannes entstand.
Ein verächtliches Lachen entglitt der trockenen Kehle des Insassen.
„Ist dir etwa kalt? Ist unser Volk etwa die Kälte nicht mehr gewohnt? … Wie enttäuschend!“, spottete er.
Man sah es kaum, aber vor Zorn spannte der Mann im Mantel all seine Muskeln an.
Er wollte nicht in dieses Spiel einsteigen, egal wie sehr ihn der Gefangene auch herausfordern würde.
„Verschwinde! Du hast deinen Dienst erfüllt. … Sag deinem Herren und dem König, dass ich weiterhin hier bin und der Tag meiner Befreiung immer näher rückt. … Bald schon werde ich, frei sein und nach Blut trachten!“, drohte er und kicherte in sich hinein.
Zitternd, durch Kälte und nun in Furcht versetzt, erhob sich der Mann in schwarz und bewegte sich flink zur Pforte.
„Nimm dich in Acht! … Ich werde auch dich besuchen!“, rief er dem Mann nach, noch kurz bevor dieser die Pforte schloss.
Vor Angst schwer atmend stemmte der Mann seine Hände gegen das hölzerne Tor.
Er zitterte, sein Puls raste.
Kleine Nebelschwaden stiegen aus seinem Mantel hervor.
Immer noch hörte er den Gefangenen lachen.
Nach wenigen Sekunden der Erholung zog er seinen Mantel fest um sich und verschwand aus dem Gemäuer so schnell es ihm möglich war.

Yashir


Es kam ihm wie Stunden vor, doch in Wahrheit war es gerade einmal eine Stunde, die Yashir und seine weibliche Begleitung gerannt sind, während der junge Mann weiterhin Igorio auf seinem Rücken trug.
Yashirs Benommenheit war mit der Zeit abgeflacht.
Ohne die stechenden Schmerzen in seinem Kopf fielen ihm seine Schritte auch viel leichter, doch langsam stieß er an seine körperlichen Grenzen.
„Können…..Können wir eine Pause machen? … Bitte!?“, keuchte er.
Seine Beine wurden mit jedem Schritt schwerer und bald war sein flinker Gang nichts weiter als ein müdes und ungelenkes Traben geworden.
Tia sah ihn scharf aus den Augenwinkeln an. Musterte seinen Körper und den alten Mann auf seinem Rücken, dann blieb sie plötzlich stehen.
Bevor der junge Mann ihr Anhalten realisieren konnte war er noch einige Schritte gelaufen.
Mitten in einem Wald, den weder Yashir noch Tia jemals gesehen haben, standen sie nun und sahen sich fragend an.
Der alte Mann stöhnte auf, als er von Yashirs Rücken herunter glitt und schließlich in gekrümmter Haltung hinter ihm stand.
„Ich danke euch.“, begann er zu sprechen, musste aber anschließend stark husten.
„Geht…Geht es euch gut?“, fragte Yashir , leichte Sorge schwang in seiner Stimme mit.
Tia fuhr ihn für seine Frage scharf an „Natürlich nicht! Siehst du das denn nicht? Los, such nach was Essbarem. Ich kümmer mich um Igorio.“
Yashir sah finster zu ihr hinüber, aber der Blick der jungen Assassine schüchterte ihn so sehr ein, dass sich seine Gesichtszüge wieder entspannten und er langsam lostrabte.
Leise flüsterte er zu sich selbst: „Blah blah blah … Wieso darf sie mich überhaupt so rumkommandieren?“
Tia, die sich zu Igorio gebeugt hatte, hob ihr Haupt, was Yashir aus seinem Augenwinkel bemerkte.
Urplötzlich verspürte er das Gefühl seinen Gang zu beschleunigen.
So aufmerksam wie er in seinem momentanen nur sein konnte lief Yashir durch den Wald und suchte nach etwas Essbaren.
Bald stieß er auf eine kleine Quelle, an der auch essbare Beeren wuchsen.
Aus seiner Gürteltasche zog er zwei lederne Beutel.
Einen befüllte er mit Beeren und band diesen anschließend an seinen Gürtel.
Den zweiten Beutel füllte er mit Wasser und lief vorsichtig zurück zu dem Ort, an dem er Tia und Igorio zurückgelassen hatte.
„Hätte ich einen Trinkschlau wäre das hier viel einfacher.“, meckerte er auf seinem Weg zurück.
Als er ankam hatte die Frau schon eine Feuerstelle hergerichtet und aus Ästen und Blättern etwas errichtet, das einem Unterstand ähnelte.
„Da bist du ja endlich!“, waren ihre ersten Worte als sie Yashir aus dem Unterholz stapfen sah.
Er sagte nichts, sondern sah nur betroffen zu Boden.
Schnell bewegte sie sich auf ihn zu, stoppte vor ihm und ließ ihren Blick musternd über seine Ausbeute schweifen.
„Das ist alles?“, bemerkte sie in einem abwertenden Tonfall.
Yashir erwiderte wie ein bockiges Kind „Ja! Wenn du mehr willst dann kümmer dich selbst!“
Von dem aggressiven Unterton etwas verunsichert schwieg Tia kurz, bis das laute Husten von Igorio ihre volle Aufmerksamkeit erforderte.
Sofort schleuderte sie herum und sprintete zu dem alten Mann.
Neben ihm kniend hielt sie seine Hand und sah ihn besorgt in die Augen.
Yashir bemerkte, wie sehr sich der alte Mann bemühte nicht zu schwach und krank auf die Assassine zu wirken.
Langsam ging er zu den Beiden hinüber und kniete sich zu dem alten Mann, um ihm etwas Wasser und einige Beeren anzubieten.
Mit einem schwachen Lächeln nahm der alte Mann die Gaben entgegen und klopfte dem Jungen anschließend anerkennend auf die Schulter.
Ein leises Rascheln unterbrach die Szenerie.
Der junge Abenteurer und seine weibliche Begleitung schleuderten ihre Häupter herum und erblickten fast zeitgleich eine einsame Hirschkuh.
Ohne große Umschweife hechtete Tia zu Yashirs Bogen, den sie ihm noch nicht zurückgegeben hatte, nahm einen Pfeil zur Hand und schoss.
Der Pfeil schoss durch den Wald, nur knapp an Bäumen vorbei, genau in den Hals der Hirschkuh, die markerschütternd heulte und zu Boden ging.
Mit flinken Bewegungen näherte sich die Frau der Beute und löschte ihre letzten Lebenslichter mit ihrem aus.
Yashir war beeindruck von dieser Treffsicherheit.
„Komm endlich her und hilf mir!“, rief sie ihm zu.
Er schreckte zusammen, aber als ihn der alte Mann anstieß und anschließend anlächelte, fing sich Yashir, erhob sich und lief zu Tia hinüber, um ihr mit der Hirschkuh zu helfen.
Während beide an der Hirschkuh arbeiteten schwiegen sie, bis Yashir schließlich das Wort ergriff.
„Du bist eine sehr gute Schützin oder war das nur Glück? …“, fragte er sie.
Erst schien sie ihn zu ignorieren, dann sagte sie jedoch, ohne ihn dabei anzusehen „Es war kein Glück. Ich muss treffsicher sein. Wenn ich meinen Feind nicht zuerst treffe, dann trifft er mich und das kann Tod bedeuten.“
Ihre Erläuterungen leuchteten ihm ein.
Er fragte sie nun, ob sie ihm zeigen könnte so zu schießen.
Sie nickte nur und arbeitete weiter an der Hirschkuh.
Yashir tat es ihr gleich und schnitt das Fleisch aus der Beute heraus, während er froh grinste.

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Texte: Alle Rechte liegen beim Autoren
Bildmaterialien: Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Kuraiko & Reika
Tag der Veröffentlichung: 12.01.2013

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