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Prolog


Er dachte das Ende wäre jetzt gekommen. Dachte, sein Leben wäre vorbei. Denn schon seit über zwei Jahren saß er im Gefängis, wegen Drogenhandels, Überfällen und schwerer Körperverletzung. Er musste noch weitere drei Jahre sitzen. Er wusste nicht, ob er es so lange aushalten würde. Er war gerade mal einundzwanzig Jahre alt, kam mit neunzehn Jahren ins Gefängis. Seit seinem vierzehnten Lebensjahr nahm er Drogen zu sich, klaute und beraubte fremde Leute auf der Straße. Verprügelte seinen Vater, der mit schweren Verletzungen im Krankenhaus lag- im Koma. Als er auf ihn einschlug, stand er unter Drogen, wusste nicht, was er tat. Aber es tat ihm nicht Leid. Im Gegenteil, er war erleichtert, das er seinem Vater zeigte, das er kein schwacher Mann war. Jahrelang wurde er selbst geschlagen, sogar missbraucht. Musste alles über sich ergehen lassen. Durfte nicht zur Polizei gehen, denn sein Vater hatte ihm mit dem Tod gedroht. Er rutschte immer tiefer in das schwarze Loch, kam nicht mehr hinaus. Dann machte noch seine langjährige Freundin mit ihm Schluss, wegen seinem Verhalten, seinem Tun. Die Schule hatte er abgebrochen, fand sie nicht wichtig. Er wusste, wenn er aus dem Gefänigs rauskam, hatter nichts. Kein Geld, um sich zu versorgen. Keine Wohnung, um in einem weichen Bett zu schlafen. Keinen Job, damit er sich dies alles leisten konnte. Er würde mit nichts dastehen. Er würde am Anfang stehen...

1. Kapitel


Seit mehr als vier Stunden saß er auf seinem Metallbett, in seiner Einzelzelle und starrte auf einen unbestimmten Punkt an der Wand. Kontakte wollte er nicht knüpfen. Fand schäbig, was die Insassen für Taten begangen hatten. Obwohl er selbst nicht besser war. Er fand es widerwertig, wenn manche darüber pralten, wenn sie einen ins Koma katapulltiert hatten. Das Essen, das ihm gebracht wurde, rührte er nicht an. Nicht mal einen Blick schweifte zu dem Tablett. Er wusste sowieso, was darauf lag. Eine Scheibe trockenes Brot und ein Glas schmutziges Wasser. Seit zwei Tagen aß und trank er nichts mehr. Denn er musste sich ständig übergeben, wegen des Wassers. Sicher, er hatte Hunger, doch lieber verhungerte er, als noch krank zu werden. In der Zeit, seit er im Gefängnis saß, besuchte ihn niemand. Nichtmal seine Freunde. Das waren die Leute, mit denen er zusammen hang, die er so bezeichnete. Doch er wurde eines besseren gelehrt. Wusste, das er ihnen egal war. Er war nicht wichtig. Niemand machte sich die Mühe, nach ihm zu sehen. Schauen, wie es ihm die letzten zwei Jahre ergangen war.
Plötzlich stand ein muffiger, molliger Polizist vor seiner Zelle und schaute ihn kühl an. "Du hast besuch!" Träge und verwirrt schaute er auf, direkt in das Gesicht des herzlosen Polizisten. "Wer will mich besuchen?" Er war neugirig, wer sich die Mühe machte, einen unwichtigen jungen Mann, der alles im Leben falsch gemacht hatte, zu besuchen. "Ein Weib sitzt in einem Raum und verlang nach dir. Beweg dich jetzt, schon schmeiß ich sie raus!" Widerwillig stand er auf und lief auf das Gitter zu, das ihn und den Polizisten trennte. Mürrisch schloß der dicke Mann das Gitter auf und griff nach seinen Handschellen. Keine Minute, nachdem er aus seiner Zelle trat, bekam er die Handschellen umgelegt. Der Polizist zog sie so fest, das sich das Metall in seine Handgelenke beißte. Desinteressiert folgte er dem bullig ausehenden Mann zu dem Raum in starrte die ganze Zeit auf den Boden. Schon die ganze Zeit, überlegte er, wer ihn wohl besuchen käme.
Der Raum wurde nur durch eine alte Lampe beleuchtet, die über dem Tisch hing. Der Raum war kühl und leer, bis auf den Tisch und zwei Stühle. Der eine war besetzt. Er schaute sich die Frau an, die darauf saß. Sie hatte langes braunes Haar. Ihre Augen hatten ein strahlendes grün. Auf den ersten Blick sah sie schlank und einfach nur hüpsch aus. Wer war diese wunderschöne Frau, die ihn besuchte?
Als sie ihn ansah, setzte sich ein leiches Lächeln auf ihre Lippen und sie stand vom Stuhl auf. Der Polizist löste die Handschellen und verließ den Raum. So waren Beide alleine und schweigten sich an. "Wer bist du?" Er startete das Gespräch und erhoffte sich dadurch auch Klarheit. Sie schmunzelte und setzte sich wieder hin. "Mich wundert es nicht, das du mich nicht mehr erkennst. Schließlich haben wir uns seit zehn Jahren nicht mehr gesehen." Er ließ sich langsam auf den Stuhl nieder und zog seine Stirn in Falten. "Ich bin Any. Wir waren früher die besten Freunde. Aber dann sind wir, das heißt meine Eltern und ich, umgezogen udn so verloren wir uns aus den Augen." Sie sah ihm in die Augen. Er überlegte fieberhaft, ob er sich an sie erinnern konnte, doch es war wie eine Lücke in seinem Leben. "Es tut mir Leid, Any aber ich glaube du musst mir etwas auf die Sprünge helfen." Sie nickte leicht. "Früher hattest du immer Angst, wenn du Ketten gehört hast und hattest schlimme Albträume." Er sah sie etwas geschockt an. Keiner wusste davon- außer seine beste Freundin. Und aufeinmal fiel es ihm wie die Schuppen von den Augen. "ANY!" Er sprang auf, stürmte auf sie zu und zog sie in seine Arme. Sie fing an zu Lachen und erwiederte seine enge Umarmung. Er lockerte seinen Griff, lies sie jedoch nicht los. "Wie hast du mich gefunden?" Sie lächelte ihn lieb an. "Über dich wurde im Fernsehen gesprochen und du kamst mir bekannt vor, als ich das Bild gesehen habe. Und dann fiel es mir wieder ein und ich habe sofort nach dir gesucht." Er lächelte sie herzlich an. "Ich bin so froh dich wieder zu sehen. Was hast du die Jahre über gemacht?" Sie setzten sich wieder und schauten sich lächelnd an. "Ich habe mein Studium in Wissenschaft abgeschlossen und nehme mir gerade eine Pause. Dich brauch ich ja nicht fragen." Er schüttelte den Kopf und sah auf den Tisch. Er hatte ein mulmiges Gefühl, weil er ihr nie von den Misshandlungen erzählt hatte. Weil er sie immer belogen hatte, wenn er mal ein Feilchen, oder gestauchte Rippen hatte. "Any, ich.. ich muss dir etwas beichten!" Any sah ihn aufmerksam an. "Ich.. ich wurde früher von meinem Vater geschlagen und missbraucht.. Ich musste dich belügen, wenn ich wieder eine Verletzung hatte. Mein Vater hatte mir nähmlich mit den Tod gedroht, sollte das jemals jemand erfahren. Ich hatte damals zu viel Angst vor meinem Vater. Es tut mir so Leid!" Er spürte die heißen Tränen, die ihm in die Augen stiegen und versuchte sie zu ignorieren. Any sah ihn geschockt an. "Mein Gott, wieso hast du niemals etwas erzählt? Du hättest dich mir anvertrauen können. Wir hätten beide etwas dagegen tun können!" Er sah sie traurig an. "Es hatte Angefangen und kurze Zeit später bist du umgezogen. Wie hätten wir da etwas tun können? Bitte verzeih mir, das ich dich belogen habe!" Sie lächelte ihn leicht an, stand auf und kniete sich vor ihn hin. Sachte legte sie ihm eine Hand auf den Oberschenkel und sah ihn lieb an. Seine Hand legte sich wie automatisch auf die ihre. "Ist schon gut. Das ist ja jetzt schon Jahre her, deswegen verzeih ich dir. Aber du hättest es mir ruhig sagen können." Er nickte und schlang seine Arme um ihren Körper. Es fühlte sich gut an, mit jemanden Vertrauten zu reden. "Versprich mir eins Chase. Bitte verheimliche mir nichts mehr. Ich komme dich jeden Tag, wenn nicht jeden zweiten Tag besuchen." Er strahlte sie an und versprach es ihr. "Hast du einen Freund? Erzähl mal etwas von dir? Wie ist es dir in den letzten Jahren so ergangen?" Sie lachte über seine vielen Fragen. "Nein, zur Zeit habe ich keinen Freund. Mein Ex hat letzten Monat mit mir Schluss gemacht." "Das tut mir Leid." Sie lächelte ihm aufmunternd zu. "Es war nicht die Welt. Naja, ich habe die ganzen Jahre immer an dich gedacht. Habe mir einen Kopf gemacht, wie es dir wohl gehen würde. Meine Eltern sind eigentlich nur umgezogen, weil sie nicht wollten, das ich weiter mit dir befreundet bin." Sie schaute betrübt auf den Boden. Als er ihren Kopf hob, floßen ihr vereinzelt Tränen über die Wange. Sachte wischte er sie ihr weg und lächelte sie an. "Wieso denn? Sie mochten mich doch." Sie zuckte die Schultern, sonst erwiederte sie nichts darauf. "Sagmal, wie konntest du eigentlich so tief sinken?" Sein Lächeln verschwand von seinen Lippen und er schaute betroffen weg. "Ich will noch nicht darüber reden. Irgentwann erzähl ich dir die ganze Geschichte, nur nicht jetzt. Und vorallem nicht hier." Sie nickte ihm verständlich zu. "Wie lange musst du noch hier bleiben?" Mit seiner rechten hand zeigte er eine drei. "Drei Jahre noch. Vielleicht komm ich ein Jahr früher raus, wegen guter Führung." Sie strich ihm über die Wange. Gerade als sie erneut zum reden ansetzen wollte, ging die schwere Tür auf und der Polizist stand da. "Die Zeit ist um, gehen Sie wieder! Wer will schon mit solch einem Abschaum reden?!" Er grinste Chase fies an. "Zufällig war er früher mein bester Freund, und ich lasse mir bestimmt nicht verbieten, mit wem ich reden möchte!" Sie nahm ihre Tasche und wendete sich wieder an Chase. "Morgen komme ich wieder, versprochen!" Mit einem Kuss auf der Wange und einem Lächeln auf den Lippen verließ sie das Zimmer und verschwand. Der Polizist legte Chase die Handschellen wieder an und zerrte ihn in seine Zelle zurück. Als das Gitter wieder zu war, und der Polizist weg ging, setzte er sich auf sein unbequemes Bett und schaute Glücklich an die Wand. Morgen würde sie wieder kommen, dachte er. Seine beste Freundin hatte ihn gefunden. Und sie fand ihn nicht abstoßend, hatte ihn sogar vor dem Polizisten in Schutz genommen. Wenn auch auf einem großen Umweg.

Impressum

Texte: Der Inhalt des Buches ist allein von mir
Bildmaterialien: google.de
Tag der Veröffentlichung: 20.09.2012

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