Er rannte um sein Leben. Hinter ihm erleuchtete das blau, rote Blinken die klare Nacht. Nach Luft ringend bog er um die Ecke. Immer wieder feuerte er sich leise an. Seine Lunge schmerzte schrecklich. Nur noch ein Stückchen, dann hab ich das geschafft.
Plötzlich bog er rechts ab und hastete in ein Parkhaus. Im Schatten verborgen hörte er wie die Sirenen leiser wurden. Auch wenn nun nichts mehr zu hören war wartete er noch eine Weile. Das Hämmern seines Herzen hatte nachgelassen. Doch er fühlte nichts, wie in Trance wankte er mit zitternden Beinen in Richtung Wald. Durch die Bäume erblickte er die Strahlen der aufgehenden Sonne. Nur noch ein Stückchen weiter, dann war er bei ihr.
Es sah aus, als würde sie schlafen. Vor ihr ließ er sich auf die Knie fallen. Das Gesicht in die Hände vergraben. Er wollte weinen doch es kamen keine Tränen. Sie war meine Geliebte, doch den Tod durch mich hatte sie verdient. Betrogen und gedemütigt wurde ich nur von ihr. Jetzt hat das alles endlich ein Ende!!In einen Müllsack gebettet machte er sich mit ihr auf den Weg. Wie ein kleines Kind hielt er sie in den Armen und trug sie hinunter zum See, küsste sie ein letztes Mal auf ihre toten Lippen und schnürte den Sack nun ganz zu. Eine Weile stand er reglos am Ufer und blickte dem immer kleiner werdenden Müllsack nach. Dieses Bild würde er nie vergessen. Die rötliche Sonne knapp über dem blauen, klaren See, darauf zutreibend seine Geliebte.
Die Stimme von Foster The People riss ihn aus seinen Gedanken. Zurück in sein Auto, auf der Lauer liegend. Vor ihm Schritt ein Mädchen die verlassene Straße entlang. Er drosselte das Tempo seines Wagens und fuhr näher an den Gehweg. Langsam kurbelte er das Fenster hinunter und fragte: „Kann ich Ihnen vielleicht helfen?“ Das Mädchen sah in skeptisch an, dann wurden ihre Züge weicher und antworte: „Wenn Sie ein Handy haben? Ich muss leider noch ein Stück laufen, doch mit Ihrem Handy könnte ich jemand Anrufen.“ „Sie können doch auch bei mir mitfahren…“ die nächsten Worte würden ihr ganz sicher das restliche Misstrauen rauben. Die einstudierte Masche funktionierte immer. „…meine Frau und mein Sohn würden mir ganz sicher die Hölle heiß machen, wenn ich Sie nicht mitnehme.“ Wie erwartet lächelte das Mädchen dankend und öffnete die Beifahrertür. Dummes, dummes Mädchen. Ein kaltes, böses Lächeln stahl sich auf sein Gesicht, so flüchtig, dass sie es nicht bemerkte. Immer bedacht, sich nichts anmerken zulassen, denn er liebte die erschrockenen, ängstlichen Blicke der Mädchen, fuhr er stumm weiter. In Erinnerung schwelgend dachte er an eins seiner Lieblingsopfer und fing unabsichtlich an zu grinsen. Ein hässliches, finsteres, überhaupt nicht gutheißendes Grinsen.
Gelangweilt saß ich auf meinem schäbigen Platz, direkt am Fenster und blickte hinaus. Die grauen Wolken hingen tief über den Himmel. Abgelenkt trommelte leise den Rhythmus eines meiner Lieblingslieder. Den Blick starr nach draußen gerichtet bekam ich gar nicht mit, was die Lehrerin verzweifelt an der Tafel erklären versuchte. Es war der letzte Schultag vor den Osterferien. Die Blicke der Schüler wanderten nun ungeduldig von der großen Wanduhr zu ihren kaum beschriebenen Heften. An Mitschreiben hat dieses Jahr überhaupt niemand gedacht. Es wurden schließlich schon sieben Mädchen tot aufgefunden. Nun beteten die Bewohner unserer Stadt für sie und für die momentan vermisste Laura Wilson. Nur eines war uns unterbewusst klar: In nur zehn Tagen würden es acht Opfer geben. Immer genau dreißig Tage, keine Stunde später. Bei diesen genauen Angaben könnte man meinen, dass der Täter leicht zu schnappen sei. Familienmitglieder der Toten gaben der Polizei die Schuld am Tod ihrer geliebten Tochter. Doch der Mörder war in seinem Werke sehr gut, er suchte immer neue Orte für seine Trophäen. Es gab nur eine einzige Schwachstelle in seinem System er wurde nämlich immer besessener von seiner Tat.
Das Klingeln der Glocke, die das Ende der Woche ankündigte, hörte ich kaum, so versunken war ich. Langsam richtete ich mich auf und ging auf die Tür zu. Der Gang hatte sich schnell geleert, nur noch ein paar Leute standen an ihren Fächern holten die Sache, die sie zum Lernen brauchten heraus, schlugen den Spint geräuschvoll zu und eilten zum Bus. Ich hatte Zeit und so ging ich verträumt die steinerne Treppe hinunter. Ein Mann schoss schnell um die Ecke vor mir, so schnell, dass er mich fast umrannte. Er sah mich mit geweiteten Augen an. Machte dann einen Schritt beiseite und setzte seinen Weg erst langsamer dann wieder schneller fort. Meine Füße bogen automatisch links ab. Da, direkt vor mir, lag sie auf dem marmorierten Boden. Ihr rechter Arm unter dem leicht zur Seite geneigtem Kopf. Die zerzausten blonden Haare darum. Das blaue Kleid, das sie trug, war hauteng doch nicht zu klein. Als wüsste jemand ihre Kleidergröße. An den Füßen trug sie gläserne, blaue hochhackige Schuhe. Auch sie passten perfekt.
Langsam breitete sich unter ihr eine dunkelfarbige Pfütze aus. Mein Gehirn arbeitete auf Hochtouren und dennoch dauerte es eine Weile, bis ich begriff, das dies die tote Laura Wilson ist. Total unter Schock zog ich das Handy aus meiner Hosentasche und wählte mit zitternden Fingern die Nummer der Polizei. Meine Stimme brach öfters, doch die Sätze sprudelten aus mir heraus. Ob das was ich sagte wirklich Sinn machte wusste ich nicht.
Die Polizistin am anderen Ende der Leitung versuchte mich etwas zu beruhigen.
„Also…“ begann ich etwas langsamer und wiederholte wo ich mich befinde und wen ich gefunden hatte. Die freundliche Stimme sagte mir, dass sie jemanden zu mir schicken würde. Ich solle außerdem dort bleiben um meine Aussage aufnehmen zu lassen.
Ich wankte auf zittrigen Beinen zu Wand und ließ mich am rauen Putz hinabgleiten. Verschränkte die Finger vor meinen angewinkelten Knien. Legte meinen schwer wirkenden Kopf auf die Knie. Den Blick angestrengt auf die gegenüberliegende Wand gerichtet. Wie lange ich so dasaß weis ich nicht mehr genau, meine Augen waren trocken auch wenn mir gerade mehr zu weinen war. Als sich eine warme Hand auf meine Schulter legte zuckte ich zusammen. Das nette Gesicht eines Polizisten beugte sich zu mir herunter. Dann lächelte er und setzte sich neben mich. Schweigend sahen wir zu, wie immer mehr Leute eintrafen und sich um das tote Mädchen scharten. Als hätte er die gesamte Zeit über überlegt, was er sagen sollte fragte er sehr sanft und überlegt: „ Kanntest du sie?“ Ich wandte den Kopf zu ihm und sah ihm in die Augen. „Nein, leider nicht besonders. Vielleicht bin ich ihr mal begegnet.“ Damit war das Gespräch anscheinend beendet, denn er richtete seine ganze Aufmerksamkeit auf das Getümmel. Ich sah in noch lange von der Seite an, als auch ich meinen Blick wieder auf die Menschen richtete, fing ich an meine Geschichte zu erzählen. „Ich hatte mir heute mehr Zeit genommen um noch die Schulbücher mitzunehmen. Dann ging ich hier hinunter und ….“ Weiter kam ich nicht mehr. Tränen traten auf meine Wangen. Ein dicker Klos hatte sich in meinem Hals gebildet. Er hörte mir aufmerksam zu doch sein Blick, in dem nun sehr viel Schmerz und Trauer lang, galt immer noch Laura. „Kannten Sie sie?“ wagte ich es zu fragen. Er ließ sich auch dieses Mal etwas Zeit. Mit rauer Stimme sagte er: „Ja.“ Nur ja mehr nicht. Als ich es aufgab und zuließ, dass er wieder in sein Schweigen verfiel. „Sie war meine Nichte. Ein so liebes Mädchen…“ Worte sprudelten nun aus seinem Mund. Ich verstand zwar nicht alles, doch hörte ich geduldig zu. Ihm ging es mit jedem Wort besser. Oh nein jetzt werden seine Augen auch noch ganz feucht. Er blinzelte die Tränen weg, riss sich zusammen. Zückte entschlossen sein Notizblock und schrieb meine Aussage auf.
Er machte Anstalt, als würde er sich erheben, da fiel mir noch etwas ein. "Warum schon heute?.." Ich machte eine Pause. Überlegte kurz "Es sind doch noch zehn Tage, oder?" Er verharrte kurz in der Hocke und machte kurz Anstalt mir zu Antworten, dann entschied er sich anders und stand auf. Um im Getümmel zu verschwinden. Nun saß ich Abseits an die kühle Wand gelehnt, unfähig aufzustehen.
Er konnte das immer kräftiger werdende Gefühl nicht mehr unterdrücken. Wie aufgestautes Wasser bei dem der Damm geplatzt ist überflutete ihn das Gefühl: Immer mehr und öfter zu Morden. Das warme Blut, das in so unschuldigen Adern pochte, wollte er vergießen. Er hasste sich dafür und dennoch versuchte er nicht einmal einen Drang zu unterdrücken. Schon von Anfang an musste er sich einreden er würde unvorsichtiger werden, wenn er zu viele Mädchen auf einmal umbringen würde. Er kann nun mal nicht anders.
Heute Abend würde er wieder Jagen, wie ein Tiger auf der Lauer liegen, dann hervorpirschen und sich die Beute schnappen.
Es wurde nun dunkler. Kalter Wind schlich sich durch seine dünne Jacke. Die nun kaum mehr erkennbaren grünen Blätter der Bäume wiegten sich leicht im Wind. Die Straße auf der er ging wurde nur spärlich beleuchtet. Trotzdem kam es ihm zu hell vor. Gedanken wie Mich könnte jemnd sehen!
schlug er sich gleich aus dem Kopf. Seine Armbanduhr tickte leise. Es war kein einziger Mensch zu sehen. Kein Opfer. Das hieß: Kein Spaß. Seine Laune verschlechterte sich pro Atemzug. Klappern und Schreie drangen gedämpft an seine Ohren. Sein Kopf zuckte unruhig herum. Bei jedem weiteren Geräusch versuchte er es zu orten. Ein etwas kleineres Haus am Ende der Straße erhellte sich plötzlich. Reflexartig duckte er sich hinter dem nächstbesten Gegenstand, während er einen Blick auf das Fenster erhaschte wurde ihm plötzlich bewusst, dass die vorherigen Schreie von dort kommen mussten. Wie ein Kater huschte er, im Dunkeln getarnt, auf das Haus zu. Den Kopf knapp unter dem erleuchteten Raum. Seine Beine schmerzten schon doch er zwang sich durchzuhalten. Weiter in dieser unbequemen Pose zu verharren. Dann ein Türenknallen. Ein Licht auf der Veranda ging an. Er rollte sich Jackie Chan mäßig hinter ein dichtes Gebüsch. Maskuline Schritte entfernten sich.
IT’S SHOW TIME
Klingeln, einfach nur ein Klingeln, wie das eines altes Telefons oder eines Weckers. Dann klickte es und eine mechanische Frauenstimme kündigte dem Anrufer an seine Nachricht auf den Anrufbeantworter zu sprechen. Der Anrufer schrie nur, dass er endlich drangehen sollte. Verschlafen tastete er nach dem vertrauten Gegenstand und drückte mit dem Ringfinger auf die dritte Taste von links. Nuschelte etwas in den Hörer und legte wieder auf.
Total niedergeschlagen vom gestrigen Abend stemmte er sich aus dem Bett. Tappte in die Dusche und ließ sich kaltes Wasser über den Körper laufen. Etwas wacher lief er hinunter und stellte sich eine Tasse mit extra starkem Kaffee hin. Das warme Gebräu ließ sein Gehirn an und wärmte sein Blut, das durch seine total verspannten Beine lief.
Bis zu seiner Arbeit war es nicht weit und dennoch kam ihm der Weg wie ein 1000 Meter Lauf vor. Atemlos ließ er sich auf seinen bequemen Bürostuhl fallen. Kurz darauf kam seine Arbeitskollegin auf ihn zu, in ihrer Hand hielt sie wedelnd eine der braunen Fallmappen. Entnervt stemmte er sich aus seinem Stuhl und folgte ihr zum nächsten Tatort.
Der Wagen bog beinahe lautlos um eine Ecke. Viele Streifenwagen parkten schon dort. Das Blaulicht war abgestellt. Orange-weißes Absperrband war um das gesamte Haus gespannt. Er duckte sich hindurch und hob es an, damit seine Kollegin sich nicht so tief bücken musste. Gentleman like lächelte er sie freundlich an. Vorsichtig traten sie auf die Haustür zu, die angelehnt war. Mit Gummihandschuhen drückte er sie so weit auf, dass sie durchpassten. Ein merkwürdiger Geruch stieg ihm in die Nase. Als würde etwas brennen, dachte er. In einem der Räume weiter hinten befanden sich mehrere Polizisten, Kriminalermittler und Obduzenten. Wuselten, wie Fliegen auf Obst, um das samt rote Sofa herum.
Der Wohnzimmertisch war umgeworfen. Ein Bücherregal stand schief an einer Wand. Glassplitter zierten den gesamten Boden, sodass man aufpassen musste wohin man seine Füße setzen soll. Es glich einem Tanz, wie er vorsichtig durch den Raum schritt. Die Musik dazu war das Schlagen der nahen Kirchturmglocken. Als der letzte Schlag verhallte stand er neben dem Sofa. Die Lippen hatte er zu einem Strich zusammen gepresst er sah auf in seinen Augen befand sich Mitleid und ein Gemisch aus Wut und Trauer. Dann richtete er den Blick wieder auf das Sofa und die Frau, die dort ihren Ruheort gefunden hatte. Er schluckte einmal schwer und versuchte seinem Gesicht den Ausdruck von Gleichgültigkeit zu verleihen, was ihm leider ziemlich misslang.
Diese Tat war einfach nur grausam. Dieses Wort beschrieb das unbeschreiblich Schlimme am Besten. Er konnte sich keinen schlimmeren Tod vorstellen.
Noch mehr Morde. Schon fast wöchentlich wurde ein weiterer Tot gemeldet. Die Bewohner der Stadt hatten inzwischen richtig Angst davor die Zeitung aufzuschlagen oder den Fernseher einzuschalten. So verbrachte auch ich die Abende auf dem Sofa, den Blick zwar auf das Fernsehgerät gerichtet, dennoch starrte ich nur auf mein Spiegelbild, das ich auf der schwarzen Fläche spiegelte. Man kam sich lustlos vor. Ohne diese verlorenen Töchter dieser Stadt, sahen manche Bewohner keinen Grund mehr warum sie weiter leben sollten. Andere zogen aus dieser Stadt, damit sie nicht auch noch einen geliebten Menschen verlieren würde. Lachen oder Freude wurden zu Fremdwörtern, die nur noch in Tagebücher standen.
Somit wurde die Welt grau (zumindest in der Metapher). Sogar das Wetter stimmt sich in unserer bedrückte Stimmung ein.
Regen prasselte an die kalten Scheiben meines Fensters. Ich blickte hinaus auf die verlassene Straße. Das gelbe Licht der Straßenlaterne schien durch den flüssigen Vorhang und erhellte mit einem schimmernden Glanz den schwarzen Asphalt. Ohne wirklich bei Verstand zu sein öffnete ich das Fenster und ließ den leichten Regen auf mein Gesicht prasseln. Vielleicht hatte ich erwartet, dass ich aufwachen würde. Wieder spielende Kinder auf der Straße sehen würde, die in total durchnässten Kleidern durch die Pfützen hüpften. In meinem inneren Auge entstanden Bilder von Freude.
Diese Traurigkeit versetzte meinem Herzen einen Stich.
Ich konnte das nicht länger mit ansehen. Täglich die Tränen.
Etwas warmes rann meine Wange entlang und vermischte sich mit dem kühlen Regen. Salzig tropften die Tränen auf meine Lippen.
Der Regen prasselte auf mein Fensterbrett. Ich sah zu, wie wie die Tropfen in witzigen Sprüngen wieder nach oben hüpften um kurz darauf wieder irdisch zu werden. Ein Lächeln huschte über mein Gesicht. Dann fing ich aus heiterem Himmel an zu kichern. Erst leise dann wurde ich immer Lauter. Mein Lachen schallte durch die ganze Straße und hallte von den Häusern wieder. Das Echo klang beinahe so als würden sie in mein Lachen einstimmen. Doch auch das Echo verklang und alles wurde leise. Diese Stille machte es einfach unerträglich noch länger auf dem nassen Fensterbrett zu sitzen. Tatenlos zusehen. Vor meinen Augen schien sich die Stadt zu verdunkeln. Mein Blick glitt zu Himmel. Fast vollkommene Schwärze hatte diesen bedeckt. Keine hell erleuchteter Mond.
Vor Kälte fing ich an zu zittern und schwang meine Beine wieder ins Zimmer. Schloss das Fenster. Das restliche Wasser tropfte von meinen Kleidern und Haaren und bildete eine kleine Pfütze in meinem Zimmer. Versunken starrte ich auf die Spiegelung meiner Zimmerdecke. Als ich mich davon los riss streifte mein Blick den Spiegel, der an der Wand gegenüber lehnte. Meine kastanienbraunen Haare fielen mir in nassen Strähnen ins Gesicht. Dunkle Streifen waren über meine Wangen verteilt. Die grauen Augen blickten mir kritisch entgegen. Dann verfinsterte sich mein Blick und wurde wieder ganz ernst.
Call it what you want
Call it what you want
I said just call it what you want
Call it what you want
Dröhnte es blechern aus den Lautsprechern des alten Hummers. Die Schreie aus dem Kofferraum wurden durch diese laute Musik gnadenlos übertönt. Er saß am Steuer und grölte den Text des Lieds in ein imaginäres Mikro. Mit dem linken Fuß wippte er im Tackt mit. An roten Ampeln hielt er. Streckte die rechte Hand aus und machte mit der Linken Streichbewegungen einer Gitarre nach. Mit dem Kopf machte er 'Wackel-Dackel'-Bewegungen(Ihr wisst schon diese seltsamen Hündchen, die im Auto so mit dem Kopf wippen) dazu.
You're ducking and moving
Just to hide the bruises from all your enemies
And I'm in the crossfire dodging bullets
From your expectancies, yeah yeah
Die Fahrer anderer Autos sahen ihn verwundert an. Schüttelten missbilligend den Kopf doch achteten nicht auf die immer verzweifelter werdenden Rufe, die gedämpft aus dem Kofferraum kamen
.
We've got nothing to lose
You better run and hide
Yeah you've crossed the line
I've got a knife behind my back (just sayin')
Die Straße wurde immer kurviger und es ging nur noch bergauf.Das letzte Haus ließen sie hinter sich. Nur noch grüne Fläche. Eine Straße. Das Lied endete und auch der Wagen wurde langsamer. Man hörte das Zuschlagen einer Autotüre. Schwere Schritte umrundeten das Auto fast. Hielten am Kofferraum an. Das nicht hörbare Pochen im Innenraum beschleunigte sich schlagartig. Ruckartiges Ein- und Ausatmen drang durch die noch geschlossene Öffnung.
Licht durchflutete den Innenraum. Blinzelnd blickte sie auf. Die Tränen auf ihren Wangen waren schon längst versiegt. Ihre Stimme war ganz heißer, als sie den große dunklen Schatten, der ihr die einzigste Fluchtmöglichkeit versperrte, anflehte sie frei zu lassen.
Ein dunkles Lachen drang aus seiner Kehle. Eiskalt lief es ihr den Rücken herunter. Das Schüttelgefühl konnte sie gerade noch unterdrücken. Alle Fasern ihres Körpers sträubten sich dagegen länger hier zu sitzen. Doch ihr Körper wollte einfach nicht auf ihr Instinkt hören.
Er streckte seine großen kräftigen Hände nach ihr aus. Sie wich vorsichtig zurück. Als ihr Rücken gegen das Eisengitter stieß. Kauerte sie sich dort so klein wie möglich zusammen. In ihrem Innerstem hoffte sie darauf, dass er sie übersehen würde. Natürlich war das unmöglich.
Die Hinterreifen des Autos senkten sich ein bisschen ab, als er in den hinteren Teil des Wagens stieg. Ein grinsen huschte über sein Gesicht. Immer das Selbe. Warum haben diese Mädchen eigentlich immer so viel Angst vor dem Tod?
Die kräftige Hand schloss sich noch fester als erwartet um ihre Handgelenke. Mit dem anderen Arm hob er sie wie ein kleines Kindchen in die Höhe.
Tretend versuchte sie sich von ihm loszumachen. Mit aller Kraft kämpfte sie um die Freiheit ihrer Hände. Doch er drückte sie nur noch stärker an sich.
Sein Duft stieg ihr in die Nase. Mandeln und Wald. Ungewollt hielt sie für einen Moment die Luft an. Ihr Herzschlag beschleunigte sich dadurch nur noch mehr und sie schnappte keuchend nach sauerstoffreicher Luft.
Er spürte, wie ihre Kraft nachließ. Nur noch einzelne, kaum ernst zunehmende Befreiungsaktionen versuchte sie.
Nun hielt auch er sie ein bisschen lockerer in seinen Armen.
Sein T-Shirt klebte total durchnässt an seiner Haut. Die Konturen von durchtrainierten Muskeln wurden sichtbar. Scheinbar mühelos machte er sich nun an den Aufstieg des Berges. Der Himmel verdunkelte sich. Und sogar die letzten Sonnenstrahlen des Tages fielen durch die aufgerissene Wolkendecke. Endlich hatte er die Spitze erreicht.
Die Lagerhalle sah von innen noch viel größer aus, als vorhin angenommen. Er legte mit lautem klacken einen Schalter um. Helles, grell weiß leuchtendes Licht strahlte nun auf den Boden des riesigen Raumes. Blinzelnd blickte er sich suchend um. Große Käfige standen der Reihe nach auf der rechten Seite. Der Rest des Raumes war völlig leer bis auf einen 1,80 langen und ca. 1m breiten Tisch, der in der Mitte des Raumes positioniert war. Weiße Leintücher lagen darauf sorgfältig ausgebreitet.
Das Mädchen in seinen Armen ist nun ganz still geworden. Ihre Augen waren angstvoll geweitet. Ihre Gliedmaßen fingen nun unkontrolliert zu zittern. Er achtete jedoch nicht weiter darauf. Mit großen Schritten durchquerte er den Raum. Blieb vor einem Käfig stehen. Suchte den Schlüssel aus seiner Tasche und schloss auf.
Das laute knallen, mit dem er die Tür wieder schloss, hallte von den kahlen Wänden wieder.
Dann folgte die immer unerträglichere werdende Stille.
Das Klackern ihrer Absätze auf den gefliesten Boden ließ ihn hochfahren. Er sah sich um. Etwas weiter entfernt von ihm unterhielt sich seine Kollegin mit dem Agent. Anscheinend amüsierte sie sich über etwas wovon er keine Ahnung hatte.
Als sie seinem Blick begegnete wurde ihre Miene ernst. Sorgenfalten zeichneten sich auf ihrer Stirn ab. Mit einem 'Es tut mir leid' zückte sie die Handschellen und führte ihn ohne ein weiters Wort ab.
Völlig verwundert starrte er nun schon seit einer ganzen weile auf das ihm vorgezeigte Foto einer Überwachungskamera. Das Bild zeigte eindeutig ihn. In weißer Schrift stand darunter:
03:34 14/08
Die große Schlagzeile der morgendlichen Zeitung ließ die Stadt wieder erblühen. Fast könnte man meinen, dass man ein lautes Aufatmen höre. Der Grund: Es wurde verkündet, das letzten Nachmittag der lang gesuchte Mörder überführt wurde. Anscheinend wurde er unvorsichtiger. Namen und genauere Beschreibung des Geständnisses wurde nicht veröffentlicht.
Ich hörte ein schon fast verfremdetes, ja beinahe vergessenes Geräusch und rannte an mein Fenster um zu sehen, woher es kam. Mein Gesicht hellte auf, als ich sah, dass sich kleine Kinder von dem Eiswagen tümmelten.
Ich blinzelte gegen das strahlende Leuchten der Sonne. Ihre Wärme durchflutete meinen Körper. Sanft wog der Warme Wind die Baumwipfel. Strich mir durchs haar.
Ich trat nun weiter auf meinen Balkon. Streckte die Arme seitlich von mir. Das Gesicht wendete ich der Sonne zu. Jeder einelner Sonnenstrahl erwärmte meine kalte Haut. Lange stand ich so da. Meine Füße protestierten war schon doch darauf achtete ich nicht. Was könnte denn schöner sein, als die Wärme der Sonne, wie sie mich liebkoste?
Ich zuckte von einer Art Trommelschlag zusammen. Dunkle Wolken zogen sich über der noch rosalich verfärbter Himmel.
Sie kommen näher.
Eine Windböe erfasst mich. Sie ist kalt und lässt mich für einen Moment zittern. Der kalte Wind zerrte an meinen Haaren und Kleidern. Umschlang meine Beine.
Er wollte mich vertreiben. Ich bleibe trotzdem stehen. Neue Begeisterung flammte in mir auf.
Ein heller Blitz zuckte über den Himmel. Ich konnte ihn nur aus dem Augenwinkel sehen.
Weitere kleinere unbedeutende Blitzchen zucken in den Wolken nahe dem Horizont.
Ich wartete. Warte auf den Regen. Kein Windhauch rührt sich. Die Stille vor dem Sturm.
Ein weiterer Blitz nun näher als der vorherige gefolgt von einem Donnerschlag.
Ein dicker Tropfen fällt auf mich herab. Trift meine nackte Haut des Arms. Es folgen weitere schwere Tropfen. Wenige. Dann wurden sie kleiner. Fielen aus den Wolken in kleinen Gruppen. Ich spüre das prickeln des Aufschlags der Regentropfen. Sein Gesang mit dem Grollen des Donners vereint. Auf einen Schlag wurde es stärker und stärker sie prasselten auf mich nieder.
Regelmäßig zuckten Blitze über den Himmel. Erhellten den verdunkelten Himmel schlagartig. Hinterließen ein finstere Nichts. Ich stehe mitten drin umschlungen vom Schwarz.
Sonne fiel durch das kleine Fenster ganz weit oben. Das Gitter der Zelle wurde geräuschvoll zurückgeschoben. Ein Mann trat auf die Schwelle und blieb stehen, so als würde er sich nicht hineintrauen. Wortlos wies er ihn an, ihn zu begleiten . Der lange, mit massiven Steinen gemauerter Gang ging er entlang. Bewacht von zwei bewaffneten Polizisten. Der Gang wurde heller. Grelles Licht fiel durch die unzähligen Fenster. Blendete ihn. Türen gingen von allen Seiten in andere Räume. Er wurde durch eine davon gestoßen. Die Wochen positionierten sich vor der Tür.
Ein großer Spiegel war auf der einen Seite der Wand angebracht. Er wusste genau, dass man ihn durch diesen Beobachtet. Drei paar Augen ruhten auf ihm, neugierig was er als nächstes machte. Ruhe bewahren.
Mit seinen Fingern unterdrückte er den Drang, unruhig einen Rhythmus zu klopfen. Sein Herzschlag beschleunigte sich. Langsam konnte er seine Unruhe nicht mehr verbergen. Er tigerte im Raum umher. Setzte sich. Stand wieder auf bewegte sich um den Tisch herum.
Ihm fiel auf, dass er noch nie auf dieser Seite des Tisches saß. Wie schaffen das die Typen, die sonst so auf dieser Seite des Tisches sitzen, so ruhig zu bleiben?! Endlich öffnete sich die stählerne Tür. Seine ehemalige Kollegin und der Boss traten ein.
`Lüg uns nicht an!´völlig außer Kontrolle erhob sich sein ehemaliger Boss. `Tu ich nicht´ versuchte er so ruhig wie möglich hervor zu bringen. Wie schaffen das die Typen, die sonst so auf dieser Seite des Tisches sitzen, so ruhig zu bleiben?! Er war kurz davor auszurasten. Seine Zähne knirschten, als er sich eine bissige Antwort unterdrückte.
Seine Kollegin versuchte den Boss wieder zu beruhigen. Dieser setzte sich wieder. Lange starrten sich Inhaftierte und Boss an. Keiner der Beiden blinzelte. Keiner wollte schwäche zeigen. `Wie können Sie uns den erklären, wie ihr Gesicht auf dieses Bild hier kommt!?!´ fragte die Kollegin mit einen hauch von Sarkasmus. Früher, als sie noch miteinander arbeiteten, als sie noch auf der selben Seite waren, duzten sie sich. `Oder wollen Sie behaupten, dass dies nicht ihr Gesicht ist!´ aus dem Sarkasmus wurde bitterer Zorn.
Weit entfernt hörte ich das Brummen der Autos, die auf einer beinahe endlos langen Straße fuhren. Ich schloss die Augen. Lies das tropfen des Regens mit dem leisen Geräuschen des Abends vermischen. Wie ein Song, drag seine Melodie in mich ein. Ein Gefühl machte sich in mir breit. Ich wollte hier raus. Nicht mehr gefangen sein. In einer Welt. Für die es sich nicht mehr lohnt länger zu leben. Meine Flügel ausbreiten. Davon fliegen. Mit großen Schritten durchquerte ich die Barriere, die nur noch zwischen mir und der Haustür war.
Meine nackten Füße schlugen in einem beschleunigendem Rhythmus auf den Asphalt auf. Spitze Steinchen bohrten sich in meine Haut. Es tat zwar weh. Doch ich rannte nur noch umso schneller. Gehetzt von der Angst, hier nie mehr weg zu kommen. Von der Bedrängnis, die in meiner Brust anschwoll. Das aufgestaute Wasser spritzte auf mein Schienbein hinterließ dort braune Spritzer.
Meine Kleidung klebte wie eine zweite Haut an mir. Plötzlich nahm ich ein Licht hinter mir wahr. Es kam langsam näher. Begleitet von einem tiefen Dröhnen.
Ohne länger nachzudenken. Rannte ich nur noch schneller. Mir ging langsam die Puste aus. Mein Herz hämmerte gegen die Rippen, so als wollte es entspringen. Ich rang mit jedem Atemzug verzweifelter nach Luft. Meine Beine schmerzten. Sie wollten nachgeben. Mich nun im Stich lassen.
Das Auto hätte mich auf jedem Fall einfach einholen können. Doch es blieb genau so schnell wie ich. In meinem Totenwinkel. Ich versuchte zwar einen Blick auf es zu erhaschen als ich um eine Kurve rannte. Das Licht warf direkt vor meine Füße meinen eigenen langgezogenen Schatten. Ich sah, wie ich meine Füße hob und senkte. Wie das Wasser spritzte. Erbärmlich sah sogar mein nur schwarzer Schatten aus, wie er verzweifelt um sein Leben rannte. Mir blieb nicht mehr viel Zeit. Bald würde mir mein Körper ein Strich durch die Rechnung machen.
Die plötzliche Stille brachte mich zum Stehen. Ich spürte das pochen meines Blutes im Kopf. Mir kam es vor als würde er gleich platzen. Als ich mich wieder einigermaßen beruhigt hatte drehte ich mich langsam, beinahe zeitlupen-mäßig um. In etwa 20 Metern Entfernung stand ein großes, schwarzes Auto. Die Scheinwerfer waren immer noch auf mich gerichtet. Der Motor des Wagens war eindeutig aus. Ich versuchte eine Gestalt, die hinter dem Lenkrad sitzt auszumachen. Mehrmals blinzelte ich gegen das Licht an. Doch das einzigste, was ich sah war ein leerer Sitz. Obwohl ich ganz genau wusste, dass ich das nicht tun sollte. Bewegte ich mich vorsichtig um den Wagen herum.
Ihm stellten sich die Nackenhaare auf, als er all die toten Mädchen vor sich ausgebreitet auf dem Tisch liegen sah. Der Boss hatte ihm Laura Wilson's Bild vor die Nase geschoben. Ihre leblosen, blauen Augen starrten ihn durchschauend an.
'Warum haben Sie ihre eigenen Familienmitglieder umgebracht? Was hat das arme Mädchen Ihnen getan?' fragte die Kollegin. Mit bohrenden Blick sah sie ihm direkt in die Augen. Er wurde auf seinem Stuhl immer kleiner.
'Mark!' sagte sie drohend und fügte ein freundliches und drängendes 'Bitte' hinzu.
'Ich habe euch doch schon so oft gesagt, dass ICH sie NICHT ermordet habe!' '!Mark! Jetzt hör endlich auf mit deinen Lügen. Wir haben hier ein Beweisfoto, auf dem ganz sicher DU zu sehen bist.!' Hätte man vorhin gemeint, dass in ihrer Stimme keinerlei Freundlichkeit mehr sei, so hatte man sich geirrt.
Langezeit Schwiegen alle. Er war es, der dann schließlich das Schweigen brach. Ganz leise. Kaum verständlich. Sagte er nur ein Wort. Nur einen Namen. Dieses ausgesprochene Wort ließ nun endgültig alle Zurückhaltung der Cops zu Grunde gehen.
Die Wagentür stand weit geöffnet, so als wäre jemand fluchtartig daraus geflohen. Ich dreht mich langsam um die eigene Achse. Alle Sinne waren auf Hochspannung gestellt. Ein knacken links von mir ließ mich zusammenfahren. Sofort drehte ich mich in diese Richtung. Doch es war schon zu spät.
'Sie wollen uns doch nicht allen Ernstes erzählen, dass Ihr...' Der Boss holte tief Luft. Ihm schienen diese Worte nur äußerst schwer über die Lippen zukommen '...Sie meinen im Ernst, dass ihr...' schwer schluckend unterbrach er sich erneut. Nun ergriff die Kollegin das Wort 'Sie wollen uns weis machen, dass ihr toter Bruder diese Morde begannen hat?!!' Sie wirkte zwar gefasster. Doch man konnte die Verachtung in ihrer Stimme deutlich wahrnehmen. Er schlug die Lider nieder. Blickte erneut auf die Bilder. Sah von einem zum anderen. Schüttelte das langsam den Kopf. Mehrmals bewegten sich sein Mund. Formte Worte. Lautlos. 'Eine andere Erklärung gibt es nicht' flüsterte er, als er seine Stimme wiederfand.
Das war nun schon fast zu einfach.
Das Adrenalin der Jagd pumpte immernoch durch seinen Körper. Durch langsames Ein- und Ausatmen versuchte er diesen Kick zu beruhigen. Seine Leder behandschuhte Hand war immernoch auf ihren Mund gepresst. Röchelnd versuchte sie frische Luft einzuatmen. Stieß erneut einen durch die Hand gedämpften schrei aus. 'Halt endlich deine Klappe!' flüsterte er bedrohlich in ihr Ohr Seine Lippen streiften dabei ihre Haut. Angewidert drehte sie ihren Kopf weg. Unsanft packten sie nun zwei starke Hände und zwangen sie dazu ihm in die Augen zu blicken. Augen, die sie kannte. Nun aber war all das Gute, all die Gefühle, verschwunden. Hass und Kälte strahlten die eisblauen Augen nun aus.
Erschrocken versuchte ich mich von ihm los zu machen. Mit letzter Kraft befreite ich mich beinahe aus seinem festen Griff. Mein Arm wurde unter dieser Belastung ganz taub. Ich versuchte die Durchblutung zu fördern, indem ich die Finger öffnete und wieder zu Fäusten ballte. All meine Wut legte ich in den Blick, als ich wieder aufsah. Keine Reaktion.
Es kam mir vor, als würde er mich das erste Mal sehen.
Anscheinend schien mein Körper die Überraschung endlich überwunden zu haben. Denn plötzlich machte sich Angst in mir breit. Sie kroch heran wie Schatten bei Nacht. Erst langsam. Dann rast sie auf mich zu. Sie umschlang mich. Zerrte mich in die Dunkelheit hinein. Ich suchte nach einem 'Schalter' um sie zu vertreiben.
Meine Glieder zitterten. Nicht vor Kälte. Auch wenn der Wind unangenehm kühl durch die nasse Kleidung drang. Ich schloss die Augen und stieß ein Stoßgebet zum Himmel. Hoffentlich hörte es ein Engel dort oben. Legt seine goldene Harfe beiseite und hilft mir hier unten auf dieser gottverlassenen Welt.
Ich wurde unsanft aus meinen Gedanken gerissen. Denn ein Schrei zerriss die Stille der Dämmerung. Grelles Licht kam hinter einem zugezogenen Vorhang zum Vorschein. Menschen bewegten sich auf das Fenster zu, um zu sehen, woher dieser Schrei kam. Ich selbst wunderte mich auch.
Ich begriff erst, als ich wieder die raue, unangenehme, bedrohliche Stimme hörte. Dieses Mal war sie weniger gelassen. Dafür drängend. Der Griff um meinen Arm verstärkte sich plötzlich. Ich hörte das ratschende Geräusch von beiseite schiebenden Vorhängen. Danach das quietschen eines alten Fensters, das geöffnet wurde.
Innerlich hoffte ich darauf, dass sie uns sahen. Begriffen, was hier vor sich ging. Einschreiten würden. Doch ich hörte nur eine leise weibliche Stimme, die zu ihrem männlichen Partner sagte, er solle wieder ins Bett gehen. Er habe nur geträumt.
Mir kullerten Tränen über die Wangen. Meine letzte Hoffnung war hiermit verloren.
Ein lautes Ausatmen entdrang seinem Mund. Das andauernde Frag-Antwort Spielchen ging ihm langsam auf den Wecker. Er verkniff sich eine weitere bissige Bemerkung. Tippte ungeduldig mit den Fingern auf sein Bein. Schloss die Augen und atmete mehrmals ganz tief durch. Er wollte einen klaren Kopf bekommen. Doch in diesem stickigen Raum drang nur noch mehr Staub in die Luftröhre. Er hustete. Versuchte seinen Fehler wieder zu korrigieren. Holte erneut etwas vorsichtiger Luft. Unterdrückte ein weiterer Hustenanfall.
Sein Gehirn ratterte. Würde dies hier ein Comic sein würde man auf dem Bild Qualmwolken aus seinem Kopf steigen sehen. Dieses Bild schoss ihm gerade durch den Kopf und ein grinsen huschte über sein Gesicht. Leider bemerkte er es zu spät. Und nun musste er erneut Frage-Antwort standhalten.
Seine Aufmerksamkeit galt nun schon seit einiger Weile einem etwas größerem Staubkörnchen. Dem er gespannt zusah, wie es immer wieder absackte und wieder ein wenig aufstieg.
Das laute Zuknallen der stählernen Türe ließ ihn zusammenfahren. Er saß alleine in diesem Raum. Seine Gedanken kreisten immer noch um all die Fragen. Es schien so als würden sie noch in der Luft hängen. Seine Gedanken schweiften zu all den Morden. Und je öfter er daran dachte, desto mehr bestätigte sich sein Verdacht. Eine andere Erklärung gibt es einfach nicht. Auf eine andere Art und Weise konnte sein Gesicht nicht auf diesem Überwachungskamerabild gekommen sein.
Im Geiste stellte er sich eine dieser weißen Pinnwände vor. Hob seinen imaginären Stift und trug auf die Zeitleiste alle die ihm bekannten Morde.
Seine Arbeit wurde durch das klirren von einem dicken Schlüsselbund unterbrochen. Er hörte, wie einer der Schlüssel in das Schloss geschoben wurde. Das Zurückspringen des Bolzens klang in diesem leeren Raum, wie ein Schuss aus einer Pistole.
Ein dunkelhäutiger, breit gebauter Mann trat hinein. Kam mit schweren Schritten auf ihn zu. Bei dem Aufsetzten seiner Füße bebte der Boden. Die Schritte verklangen direkt hinter ihm. Kräftige Hände drückten seinen Oberkörper gegen die Tischplatte. Er spürte, wie ihm die eiskalten Handschellen fest um die Handgelenke gezurrt wurden.
Schwungvoll wurde er wieder aufgerichtet.Und ein kräftiger Druck zwischen seinen Schulterblättern zwang ihn zur Bewegung.
Meine Knöchel traten weiß hervor, als ich zum X. Mal versuchte an den Gittern des Käfigs zu rütteln. Meine Kehle war rau von dem verzweifelten Hilferufen.
Als ich nun endlich Ruhe ließ. Hörte ich das kaum wahrnehmbare Schluchzen, das von der anderen Seite des Raumes leise herüberdrang. Mein Gruß war kaum mehr als ein Flüstern und klang furchtbar heißer. Das Wimmern endete augenblicklich. Ich hielt den Atem an um auch die nur gehauchte Antwort zu verstehen.
Doch mein Warten dauerte an. Das summen des Notausgangsschild war unerträglich laut. Das Ticken einer Bahnhofs Uhr drang an mein Ohr. Ich hörte, wie zwei Zeiger beinahe gleichzeitig vorrückten. Einer der Zeiger rastete für einen Moment ein und setzte dadurch einen Dritten in Bewegung.
Egal wie sehr ich meine Augen anstrengte konnte ich trotzdem nur sagen, dass vor Kurzem eine volle Uhrzeit war.
Meine immer noch nackten Füße frierten und ich erhob mich um sie zu vertreten. Als ich mich Richtung Wand bewegte spürte ich, wie ein kalter Windzug durch das wahrscheinlich schon ältere Bauwerk drang.
Erschrocken fuhr ich herum, als ich eine Stimmer hörte. Sie war schwach doch trotzdem gut verständlich. Sie fragte mich nach meinem Namen. Ich war erst so verblüfft, dass es eine Weile dauerte, bis die Zahnräder in meinem Gehirn zu rattern begannen.
'Gwen'
Er spürte das sanfte Prickeln des Nieselregens auf seinen Armen, auf seinem Nacken. Die orangene Bekleidung, in die er gesteckt wurde, ließ ihn aussehen, wie die anderen neunundzwanzig Häftlinge. Auch diese trugen um ihre Handgelenke dicke Eisenketten. 'Nur für die Fahr' meinte der Polizist, der sie ihm angelegt hatte.
Er blickte hinab auf die schwarzen Treter, auch die wurden ihm verpasst, versuchte, die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken.
Das tuckernde Brummen eines Busses ließ ihn aufsehen. Ein gewöhnlicher Weißer, währen da nicht die verstärkten Gittern an den Fenstern. Die Türe öffnete. 'Steigt ein Ladys und genießt die Fahrt.' sagte der Busfahrer und grinste, sodass man seine gelbbraunen Zähne sah. Griff nach einer Zigarre und wartete ungeduldig, bis alle dreißig Passagiere eingestiegen waren.
Die zwei Begleiter Cops platzierten die Inhaftierten. Fast jeder bekam eine eigene Bank.
Als sich ein dürrer Schwarzer neben ihn setzen wollte kann einer der Cops auf ihn zu. Ohne zu zögern schlug er den Schwarzen mit seinem Knüppel. Protestierend erhob sich Mark. Doch auch der zweite Cop kam auf sie zu. Packte ihn und drückte ihn zurück in den Sitz.
Die Fahrt über starrte er wie gebannt aus dem Fenster. Verfolgte mit den Augen die vorbeifahrenden Autos. Wie frei sie doch waren, wurde ihm auf einmal bewusst.
Mir presste der Aufschlag all die Luft aus meinen Lungen.
Ich lag auf dem Boden meines Käfigs. In der Türe hatte sich mein Kidnapper aufgebaut. Das Licht hinter ihm ließ ihn mächtig wirken, wie er seinen Schatten auf mich war. Ich war nur ein kleines Häufchen Elend, das am Boden kauerte. Total verängstigt hinauf sah. Und nicht wahrhaben wollte, dass das alles gerade geschieht.
Er bückte sich hinunter. Ging in die Hocke. Beugte sich vor um dem Mädchen, dass verängstigt auf dem Boden kauerte, näher zu sein. Es überkam ihn die Lust, ihr warmes Blut über seine Hände laufen zu sehen. Er freute sich auf den starren Blick, wie diese großen grauen Augen zuletzt sein Gesicht sehen würden.
Drohend und lüstern glitzerten seine Augen. Trotz der Dunkelheit in dieser Halle konnte man jede einzelne Gefühlsregung an ihm wahrnehmen.
Er schloss die Augen. Kehrte in sich.
Die weiße Rose war für die Andere bestimmt. Sie bekam auch noch eine. Sie soll als letztes Symbol unserer Liebe stehen.
Somit erhob er sich wieder. Blickte noch ein letztes Mal zurück auf das Mädchen, dass sich inzwischen schon erhoben und auf die noch immer offen stehende Käfigtür zu sprintete.
Er lächelte und schlug diese direkt vor ihrer Nase zu. Als sie dagegen knallte hatte er sich bereits dem dicken Schloss auf der rechten Seite zu schaffen gemacht.
Frustriert hämmerte ich mit der Faust auf das Gitter ein. Hätte ich lieber bleiben lassen sollen, wurde mir bewusst, als ich den ziehenden Schmerz, der mit den ganzen Arm hinauf fuhr, spürte.
Ich hoffte, dass meine Augen nur so vor Wut funken sprühten, da ich meine feurige Wut gegen seinen mir zugewandten Rücken schleuderte.
Als ich mich endlich so gut, wie in einem vier auf vier Meter großen Käfig möglich ist, versuchte ich all seine Schritte zu beachten. Verfolgte jede kleinste Bewegung.
Wie er sich mit einem leicht humpelnden Gang Richtung Tisch bewegte. Dahinter befanden sich, wie ich jetzt erst entdeckte, kirschholzene Schränke. Einer davon wurde mit ein klein wenig Anwendung von Gewalt geöffnet.
Gespannt hielt ich den Atem an. Und erschrak, als ich unzählige weiße Rosen erblickte, die meisten davon waren mit etwas dunklem, das mich im ersten Moment an Schokoladetropfen erinnerte, bedeckt. Voller Entsetzten stellte ich fest, das die rot-bräunlich schimmernden Schlieren nichts anderes als getrocknetes Blut waren.
Er zog einer der wenigen weißen Rosen hervor. Sog ihren Duft in seine Nase.
Als er die Rose sinken ließ stand er noch einige Zeit lang unbewegt mit gläsernem Blick auf den Tisch gerichtet da.
Seine Muskeln um die Mundwinkel begannen zu zucken.
Er hob das linke Bein ein bisschen an. Setzte es dann ganz vorsichtig vor sich auf den Boden. Es folgten rund zwanzig dieser großen Schritte, wobei sich sein Gang beschleunigte. Bei den letzten Schritten, die ihn noch von dem Käfig des anderen Mädchens trennten, hastete er richtig darauf zu.
Mit zitternden Fingern erklomm er die Schlüssel, an seinem Gürtel. Ungeduldig stieß er die Türe auf, sodass sie gegen die Gitter Dahinter knallte. Ein lautes Dooonng hallte durch den großen Raum.
Lilanes Licht drang durch die verstaubten Fenster über dem Tor, dies verlieh der Szene, wie er das Mädchen grob am Oberarm packte und sie unter gewaltigem Protest durch die eiserne Barriere, die sie normalerweise vor ihm schützte, gezerrt wurde, einen Effect, wie er normalerweise nur in Horrorfilmen zu sehen ist.
Das unregelmäßige lila-pinke Aufhellen und wieder im Dunkeln zu versinken des Raumes kam einem vor wie eine Sehstörung. Die Personen des Schauspiels bewegten sich ruckartig. Wie ein schlechter Animation-Film bei dem der Künstler zu faul war jede kleinste Bewegungsänderung zu zeichnen.
Meine Lider schlossen und öffneten sich andauernd. Ich war näher herangetreten. Wollte nichts des Geschehens verpassen.
Als ich wieder in einer längeren Dunkelphase das Geräusch von dem Reißen eines Stoffes wahrnahm. Drehte ich mich beschämt um. Weitere reißende Geräusche ertönten. Begleitet der verzweifelten Schreie, die immer lauter 'Nein' rufen.
Als ein weiterer Blitz die Dunkelheit zerschnitt, drehte ich mich erschrocken um. Erhaschte einen Blick auf das fast nackte Mädchen, das auf dem Tisch lag. Ihre Hand umklammerte den Stil einer weißen Rose, so fest, dass die Knöchel ihrer Hand weiß hervortraten, wie eine Sticknadel, die sie gleich jemandem in Auge rammen wollte.
Ich drückte ihr ganz fest die Daumen, dass ihr Versuch gelingen würde.
Er sah, wie sich der Körper der Kleinen entspannte. Aus dem Augenwinkel nahm er wahr, wie sich das andere Mädchen wieder ihnen zu gewannt hatte.
Plötzlich geschah alles so schnell. Ich sah ein Aufblitzen in einer seiner Hände.
Mein viel zu schriller Schrei schien ein endloses Echo zu haben. Durch das erneute unerwartete Aufhellen des Raumes konnte ich genau sehen, dass ich mich vorhin geirrt hatte. In seiner starken Hand ruhte nicht unter einem starken Griff das vermutete Messer.
Meine Augen weiteten sich, als ich sah, dass der kalte Lauf der silber glänzenden Pistole direkt auf das arme Mädchen gerichtet war.
Vor Schreck versteifte sich ihr Körper. Unbewusst hielt ich den Atem an. Mir kam es vor, als würde die Zeit still stehen. Das vorhin so laute, gleichmäßige Ticken der Uhr schien sich unendlich in die Länge zu ziehen. Als ich dann das durch Mark und Bein gehende TICK hörte. Wurde meinen Augen plötzlich das Lich gestohlen.
In völlige Dunkelheit getaucht ließ er die Waffe, in seiner Hand entlang ihres Körpers in Richtung Schulter gleiten. In seinem Zeigefinger zuckte es. Er schloss die Augen., fühlte den Rückschlag, als die Kugel den Lauf verließ. Dann hörte er den leisen Aufschlag. Das Durchdringen der haut ließ ihn innerlich zu befriedigen. Sein Aufatmen ging in einem Trommelfell zerreisenden Schrei gnadenlos unter.
Er sah, wie ihre Augen feucht wurden. Eine Träne kullerte aus ihrem Augenwinkel auf die Schläfe und verschwand in in dem hellen Haar.
Warmes, rot glänzendes Blut sicherte aus der Einschussstelle. Ihr Atem ging flacher. Doch sie lebte noch.
Zu einem grimmigen Lächeln verzogen sich seine Lippen, als er ihr die Spielregeln ins Ohr flüsterte.
'Also Kleine du hast jetzt etwa noch zwei Stunden Zeit zu leben. Hast du verstanden?' Als sie ihn nur verständnislos Ansah rief er nun laut und drängend. 'Hast du Verstanden?!?' Ein kaum merkliches Nicken war die Antwort.
Blut lief ihren Arm entlang, hinterließ dunkle Spuren. Erreichte die Hand und tränkte das Weiß der Rose in ein Rot.
Er schritt währenddessen auf das Tor zu. Öffnete es weit. Seine Geste, die er machte, sah einem altmodischem Hereinbitten gleich. Doch seine geöffnete Hand wies nach draußen in die Freiheit.
Ohne lange zu überlegen erhob sich das Mädchen vom Tisch, durch den Kraftaufwand sprudelte ein Schwall roter Flüssigkeit aus ihrer Verletzung. Ihre Beine aber trugen sie in die Freiheit. In den Regen.
Er lauschte dem Platschen ihrer Füße, wie sie auf den Asphalt hämmerten, nach. Als er einen Blick auf die Uhr an seinem Handgelenk warf.
Holte er einmal tief Luft und sprintete bei einem imaginären Startschuss los.
Sein Atem ging gleichmäßig. Die er erreichte in kurzer Zeit das Ende des asphaltierten Platzes.
Ein Ast knackte unter seinem Fuß, als er den ersten Schritt in den kleinen Wald setzte.
Helles Licht flammte auf, heller als all die Blitze davor. Nun konnte ich durch das geöffnete Tor auch das grollen des Donners hören. es klang sehr laut, worauf ich schloss, dass das Gewitter direkt über uns ist. Ich sah, wie der nächste Blitz, nicht weit von mir entfernt, einschlägt. Vorhin, als der Mörder mit der Jagd begann konnte ich nur allein durch die Geräusche erahnen, was er tat. Auf der eben noch so weißen Tischdecke konnte man deutlich große Flecken des Blutes sehen. Auf dem Boden daneben lag die weiße Rose. Deren Stiel war in der Mitte zerbrochen. Ein paar der Blütenblätter hatten sich bei dem Fall wohl gelöst und hatten sich auf dem Boden verteilt.
Mein Blick wanderte von dem offenen Tor zu der Türe meines Käfigs. Mein Herzschlag beschleunigte sich etwas, als ich die vor kälte erstarrten Finger durch die Stäbe schob. Als ich endlich mit den Fingerspitzen das kalte, massive Eisen des Schlosses berührte. Fing mein Herz an in einem unregelmäßigen Rhythmus zu klopfen. Ich spürte genau als mir das Blut in den Kopf schoss, nicht vor Aufregung wie normalerweise.
Meine Hand begann unerträglich zu pochen, als ich sie noch weiter durch die Gitterstäbe zwängte. Die Fingernägel wurden bläulich. Ich spürte meine Hand kaum noch doch ich drückte sie weiter nach vorn. Irritiert hob ich den Kopf, als ich das kurze Erleuchten wahrnahm. Gelbes Licht. Von einem vorüberfahrenden Auto.
Ich wägte kurz meine Möglichkeiten ab.
Könnte mich der Mörder noch hören? Würde der Wagen vielleicht die Fenster geöffnet haben? Ein Versuch kann doch nichts kosten, oder?
Ich wurde unsicher. Und noch bevor ich mich wirklich vollkommen entschieden hatte. Rief ich nach Hilfe. So laut ich konnte.
Vollgepumpt mit Adrenalin rannte er durch den Wald. Achtete nicht auf die Äste, die ihm ins Gesicht schellten. Achte nicht auf die Wurzeln auf dem Boden, die ihn nicht selten zu Fall gebracht hatten. Er jagte.
Witterte die Spuren.
Pritschte hervor.
Der aufspritzende Schlamm hatte seine Hose bis zu den Knien vollständigt ertränkt. Sein Herz hämmerte in dem Rhythmus seiner Schritte. Mit langen Atemzügen zog er die abgekühlte Nachtluft in seine Lungen.
Seine Augen waren wie die einer Katze. Er konnte in der Dunkelheit sogar die dunklen Spuren an den Bäumen erkennen, an denen sich das verletzte Mädchen abgestützt hatte.
In grausame Gedanken versunken schreckte er auf. Vor sich hörte er das nahe platschen nackter Füße auf den schlammigen Boden. Er verlangsamte seine Schritte. Er hörte den röchelnden Atem. Das Mädchen vor sich schien anscheinend nicht mehr lange durch halten zu können.
Er lief nun langsam auf sie zu. Auf ein Häufchen Elend, dass sich mit den Armen an einem Ast eines Baumes klammerte. Ihre Beine schienen ihr Gewicht nicht mehr stand zu halten. Schnaufen. Er trat direkt vor sie. Hob ihren Kopf an. Und blickte in die beinahe toten Augen. Die ihn ohne irgendeine Gefühlsregung ansahen. Sie hatte mit ihrem Leben schon abgeschlossen. Aufgegeben.
Er war ihr so nahe. Und hatte nicht mit der Kraft gerechnet, mit der sie ihm den Ast, an dem sie sich vorhin festgehalten hatte, ins Gesicht schellen ließ.
Für einen Moment wurde seien Blick dunkel. Sein Kopf schüttelte die Betäubung beiseite.
Wieder voll in seinem Element. Holte er die Verfolgung erneut auf.
Sein Atem ging nun röchelnder. Er war sich nicht einmal mehr sicher ob er noch der Richtigen Spur folgte.
Die Wut hatte seinen Jagdinstinkt übertrumpft. Sich von Wut leiten zu lassen ging für gewöhnlich nicht gut aus.
Als er hinaus aus dem Schatten der Bäume trat. Blendeten ihn zuerst der Schein der Straßenlaternen.
Eine breite Straße, zweispurig. Es überkam ihm langsam Zweifel, ob er noch weiter Jagen sollte. Hier in der Stadt war es schwierig unerkannt zu bleiben.
Und trotz Zweifel trat er auf die Straße. In den nun ungehinderten Regen.
Doch all seine Zweifel wurden erst beiseite geschoben, als er erkannte, dass nicht fern einer Straßenlaterne der schon fast weggewaschene, blutige Handabdruck prangte.
Nun durfte er keine Zeit verlieren. Wenn das Mädchen zu nahe der Häuser kam konnte sie um Hilfe rufen. Und das wollte er mit allen Mitteln verhindern.
Er sah, wie eine weibliche Gestalt über den großen Parkplatz hetzte. In gebückter Haltung. Doch plötzlich war der huschende Schatten nicht mehr zu sehen. Die Panik hatte ihn schon beinahe gepackt. Hatte ihm noch mehr Schweiß auf die Haut getrieben. Auf dem harten, kiesigen, asphaltierten Boden des Parkplatzes zeichnete sich eine dunkle Silhouette ab. Wie ein Embryo hatte sie sich zusammen gekrümmt. Der Brustkorb hob und senkte sich. Ein zitterndes Ein- und Ausatmen war schon von weitem zu hören. Der Aufschrei vor Schmerzen war kaum wahrnehmbar. Das Mädchen kauerte sich auf dem Boden zusammen. Hob mit letzter Kraft die Hände hoch um sich vor ihm zu wehren.
Direkt vor ihr ging er in die Hocke. Strich ihr eine widerspenstige Haarsträhne aus dem Gesicht. Bei jedem weiterem Ausatmen sprudelte ein bisschen Blut aus ihrem Mund. Hinterließ dunkle tropfen auf ihren vollen Lippen, die nach Luft ringend weit aufgerissen waren. Ihr Körper erbebte als sie ein gewaltiger Hustenanfall schüttelte. Blut spritzte in einem Hauchfeinem Schwall, so wie ein feiner Nieselregen, in die Höhe.
Immer mehr Blut sammelte sich in ihren Lungen an. Füllte diese auf. Mit einem erstickenden Laut hörte die Atmung vollends auf.
Reglos hockte er daneben und sah dem Geschehen vollkommen tatenlos zu.
Ihre Augen blinzelten gegen die aufsteigenden Tränen an. Sie konnte nur sehen, wie sich auf seinem Gesicht Zufriedenheit breit machte. Mit Abscheu in Gedanken endete ihr leben.
Er erhob sich erst wieder, als er sich ganz sicher war, dass sie tot war.
Gut geschlagen Mädchen. Hat aber nicht gereicht. Gestorben bist du. Vor Anstrengung. Einfach aufgeben. Du hast nicht nur dich aufgegeben sondern auch die ganze Welt. Mich. Du hast uns aufgegeben. Nichts warst du wert! NUTZLOS!!
Seiner Wut ließ er erst freien Lauf, als er sich wieder in sicherem Territorium befand. Sein Wutschrei klang tief und enthielt alle Art Enttäuschung.
Das grelle Neonlicht ging völlig unerwartet an. Blinzelnd versuchte er seine Augen an die ungewohnte Helligkeit zu gewöhnen. Seine Sicht, die er gerade errang, wurde von einem Mann versperrt. Peinlich genau war seine Krawatte gebunden, die wie auch der Anzug schwarz war. Sein dunkel graues Hemd verlieh ihm den Eindruck, als würde er auf eine Beerdigung gehen. Doch total unpassend war die dunkle Sonnenbrille, die auf seiner großen Nase hockte. Mit nur wenigen strengen Worten forderte er ihn auf, sich zu erheben. Die Türe seiner Zelle wurde auf einen Wink des Mannes geöffnet.
Er wurde einen langen Korridor entlang geführt. Die helle, grobe Steinmauer schien unendlich lang zu sein. Zu seiner Rechten befanden sich weitere Zellen. Die meisten der Inhaftierten traten an das Gitter und grinsten ihn bösartig an. Gaben dumme Sprüche von sich. Doch er ignorierte die einfach. Ging stur gerade aus. Bewusst, dass ihm viele neugierige Blicke nachgeworfen wurden, die sich zusammen mit dem drohenden, aufmerksammen, befehlenden Blick des Agents zu einem gar nicht guten Gefühl mischten.
Wie in einem Labyrinth war dieses Gefängnis ausgestattet. Viele verzweigte Gänge, die oftmals endlos schienen. Anfangs hatte er noch versucht sich den Weg zu merken, doch nach der zweiunddreißigsten Abzweigung kam er durcheinander. Und ließ es bleiben.
Schon eine geraume Weile befanden sich die Beiden im Labyrinth der Gänge. Ihm kam es so vor, als hätten sie schon mehr als drei Ehrenrunden im gesamten Gebäude gedreht. Seine Füße fühlten sich taub an. Sein rechter Schenkel schmerzte. Ein Krampf. Offenes Gelände wurde durch die selten vorhandenen Fenster sichtbar. Und er konnte es fast nicht glauben, als sie durch eine der Türen traten, die an die frische Luft führte. Der kleine grüne Garten schien hier überhaupt nicht hinzupassen. Bunte Blumen waren sauber in die dunkle Erde eingepflanzt. Kein einziges braunen Blatt war zu sehen. Sie ließen aber auch die grüne Fläche hinter sich. Steuerten auf den gegenüberliegenden Gebäudeteil zu.
Als er an einer, mit Eisen verstärkten, Türe ankam. Trat der 'Man in Black' beiseite um die Türe zu öffnen. Der Mann hatte ihm für einen Moment den Rücken zugedreht.
Sein Gehirn ratterte und er wagte es schon beinahe zu flüchten, als ihn eine grobe Hand an dem Oberarm packte. Sie duldete keinen Widerstand. Als die Türe endlich mit einem zischenden Laut aufging, erwartete ihn dort ein weiterer schwarz gekleideter Mann, doch anders als sein Kollege hatte dieser ein weiß schwarz gestreiftes Hemd an. Sein Jackett hing locker auf dem Stuhl, auf dem er saß. Neugierig beäugte dieser ihn. Trat auf ihn zu und streckte ihm geschäftsmäßig die Hand hin. Als er misstrauisch einschlug, begann der Mann sich vorzustellen. Agent Corbés, stellte sich als viel zu ernster Mensch heraus. Ohne weitere aufmunterte oder einschüchternde Worte legte dieser los.
Er wurde zu einem Stuhl geführt. Kaum hatte er sich gesetzt. Wurde er mit Fragen bombadiert.
'Sie sind doch ein ehrlicher Mensch, oder irre ich mich?' fragte der Agent und sah ihn durchdringend an.
'Nein. Sie haben recht.'
'Und warum... um Himmelswillen.... LÜGEN Sie mich dann an?' Corbés' Stimme wurde immer lauter, bis sie zu einem Schreien anschwoll.
'Ich lüge Sie nicht an' erwiderte er und versuchte so glaubwürdig wie möglich zu klingen
'Ach ja?!' An den Schläfen des Agents sah man, wie die Adern leicht hervortraten.
Ruhig bleiben, ermahnte er sich im Stillen
'SIE behaupten also, dass sie am 14. August nicht..auch nur in der Nähe der Park Straße waren?'
'Ja genau das will ich'
Der Agent verschluckte sich an seinem Siegesgrinsen, das sich vorhin auf sein Gesicht gestohlen hatte. Und die Wut schien wieder die Oberhand zu haben.
Wie bei PingPong wurde der Ball hin und her gespielt
Dieses Spiel wurde plötzlich von einer körperlosen Stimme aus den Lautsprechern unterbrochen. Corbés verließ darauf hin kurz den Raum. Als er zurück kam hielt der Agent eine weiter braune Mappe in seinen Händen. Seine an den Schläfen ergrauten Haare waren nicht mehr ordentlich glatt gestrichen, sie standen in die verschiedensten Richtungen. Von seinem Mund war nur noch ein dunkler Strich zu sehen. Auch seine Augen hatte er zusammengekniffen. Doch trotz ziehmlich lächerlich wirkenden Aussehen konnte man schon fast spüren, dass etwas nicht stimmte.
'Was ist los?' fragte Mark daraufhin sanft
'Was LOS ist! DAS wissen Sie doch ganz genau. Sie mieses Schwein!'
Ahnungslos und auch ein bisschen unschuldig sah er zum Agent auf. Dieser hatte sich mit den Armen auf den Tisch gestützt. Sein vor Zorn verzerrtes Gesicht war nur noch ein paar Zoll von seinem entfernt. Abscheu war in seinem Blick nicht minder vorhanden.
'Wer ist es?'
'Wer ist was?'
'Ihr verdammter Komplize! WEr ist er?'
'Es ist also ein weiters Mädchen verschwunden?' schlussfolgerte er. Ohne es verhindern zu können breitete sich auf seinem Gesicht ein kleines Grinsen aus.
'Dir wird das Lachen bald schon vergehen!'
Dass er nicht auf seine Frage eingegangen ist bewies, dass er recht hatte.
Ein Brüllen, wie das eines wilden Tieres erklang. Wurde vom Wind in die Lagerhalle getragen.
Nur solch ein Tier dürfte es hier nicht geben. Nicht hier bei mir. Und doch ist es da. Jagd. Und Tötet.
Ein weiteres Opfer kam ihm vor die Schnauze und hatte wieder einmal nicht den starken Klauen des Todes widerstanden.
Unschuldiges Blut wurde vergossen.
Hatte den Boden getränkt.
Unschuldiges Blut klebt an seinen Händen, die nur den Tot brachten.
Ein Brüllen, dass mich nun endlich weckte. Ich bin nun endlich seit langer langer Zeit wirklich wach.
Erwacht aus einem schrecklichen Traum, der zur Realität wurde.
Mein Schockzustand hatte sich in unglaubliche und greifbare Angst gewandelt. Meine Glieder fingen unkontrolliert an zu zittern. Ich sank an den Gitterstäben hinab, da meine Beine meinem Gewicht nicht mehr stand halten konnten. Tränen stiegen in meinen Augen auf. Mit dem T-Shirt wischte ich sie verstohlen beiseite. Um Schwäche zu zeigen war es nun wirklich der schlechteste Moment.
Mein Herz setzte einen Schlag aus, als ich Schritte näher kommen hörte. Schwere Schritte. Zufriedene Schritte.
Auf allen Vieren kroch ich in die dunkelste Ecke meines Käfigs. Mehr schleifend, als krabbelnd. Mit nahe an den Körper gezogenen Beine saß ich dort. Die Augen wachsam auf das Dunkel gerichtet.
Ein knirschen des Kieses ertönte.
Eine drückende Stille breitete sich aus. Ich wagte es nicht mal zu atmen. Meine Muskeln hatten sich angespannt. Wachsam drehte ich den Kopf in die Richtung, in der ich ihn vermutete. Versuchte in der endlosen Dunkelheit etwas aus zu machen.
Ein greller Blitz zuckte über den Horizont, heller, als die vielen anderen davor. Erschrocken fuhr ich zusammen. Doch nicht wegen dem Blitz. Nein! fast direkt vor mir stand eine dunkle Gestalt. Mein erster Reflex war nach hinten zu fliehen. Mein Rücken aber stieß nur gegen die massiven Stangen. Schnell gruben sich meine Zähnen in die Lippe um den Schmerzensschrei zu ersticken.
Ich hörte das rascheln des Jeansstoffes. Dann erklang ein heller Ton. Metallisch. Mir stellten sich alle Härchen auf. Ruckartig atmete ich ein und aus. Mein Puls schoss in die Höhe und hinterließ hinter der Schädeldecke ein dumpfes Pochen.
Ein Lachen ertönte. Zu meiner Verwunderung schwang keinerlei Bedrohung darin. Es klang sogar freundlich, ja beinahe schon väterlich.
Verblüffen machte sich in mir breit. Als er auch noch mit einer herzerwärmenden Stimme zu sprechen anfing. ‚Hey Kleine‘ . Meine Augen suchten automatisch nach dem dazugehörigen Gesicht. Ich wollte wissen, ob sich ein hämisches Lächeln darauf ausgebreitet hatte. Wurde aber nicht mit der gütigen Erhellung der Erde belohnt.
So starrte ich weiterhin auf das Schwarz. Direkt vor mir.
‚Ist dir nicht kalt?‘ Wieder diese Wärme in dieser tiefen Stimme! Wie konnte ein Mensch nur so sein! Wie konnte er so eiskalt sein! So… so ohne das kleinste Anzeichen eines guten Gewissens! So falsch!
‚Na komm schon.‘ Das klang schon eher nach ihm, zwar war immer noch dieses Mitleid darin, das mich zur Weißglut trieb, doch auch dieses drohende Knurren. ‚Du brauchst doch keine Angst vor mir zu haben.‘
Ich hätte beinahe laut losgelacht. Ha! Das H hing schon in der Luft, als mir einfiel, dass dies hier eine wirklich ernste Situation war. ‚Ich solle keine Angst vor ihm haben‘.. Nein! Er hatte ja nur gerade ein Mädchen vor meinen Augen angeschossen. Und da er ohne sie wieder gekommen war, ließ diese offensichtliche Tatsache vermuten, dass das arme Mädchen nun irgendwo lag, ihr Körper reglos auf dem Boden.
Laura Wilson schoss es mir durch den Kopf. Wie sie da lag. Auf dem kalten stein Boden. Diese leblosen Augen, wie sie in die Ferne gestarrt hatten. Ihr schönes, zerzaustes Haar, wie es ihr Gesicht umrahmt hatte. Diese perfekt passende Kleidung. Mit aller Kraft versuchte ich dieses Bild wieder zu vertreiben.
‚Hey Kleine‘ Riss mich diese furchtbare Stimme aus meinen Gedanken.
Mein Lippen zitterten, als ich Wörter formte. ‚Nennen Sie mich nicht immer Kleine‘. Ich wunderte mich woher ich den Mut aufbrachte so frech zu sein. Ich war ja schließlich die Beute.
Lachen. Glucksendes Lachen. Fröhliches Lachen. Giggeln.
Warum lacht er?
‚Weißt du…‘ er schien nach den richtigen Worten zu suchen ‚..du erinnerst mich an sie.‘
Wieder ein Pause. Obwohl mein innerer Drang mich zwang zu Fragen ‚ ‚an wen denn?‘, brachte ich keinen einzigen Laut zu stande. War auch gar nicht mehr nötig. Denn von selbst fuhr er nun fort.
‚Weißt du… ich hatte einmal eine Tochter.‘ seine Stimme wurde nun rauer. ‚Was ist mit ihr passiert?‘ fragte ich so vorsichtig wie nur möglich. Doch in dem Moment, indem ich noch sprach, fühlte es sich falsch an ihn zu fragen. Er könnte sich provoziert fühlen. Aggressiv werden. Mir wehtun.
Ich drückte meine Schultern so fest wie möglich gegen die Gitter hinter mir. Zog die Bein noch näher an meinen Körper.
Ängstlich wartete ich auf die Reaktion. Bereitete mich seelisch auf das Schlimmste vor. Versuchte es zumindest.
Verwundert ließ mich ein Schluchzer aufhorchen.
Weinte er nun? Was macht man den wenn der Killer, der es auf einen abgesehen hatte, anfing zu weinen?
‚Genommen wurde sie‘
Aus seinen schweißnassen Händen glitt, nun die Eisenstange, mit der er dem Mädchen angst einjagen wollte. Kläppernd fiel diese zu Boden. Traf auf den Beton, gab ein lautes metallisches Geräusch von sich. Durch die Kraft wurde die Stange wieder in die erhoben und krachte erneut zu Boden. Das Selbe klirren, nur etwas leiser.
Es dauerte eine Weile, bis sich sein Herz von dem Lärm erholt hatte und wieder gleichmäßig weiterschlug.
Ein weit entferntes, oder auch nur sehr leises Ausatmen war zu hören. Anscheinend hatte nicht nur er sich fürchterlich erschrocken.
Diese Klirren hatte ihn aus seine Erinnerungen gerissen.
Sein kleines Mädchen. Sein Sonnenschein. Sein Leben.
Wie sie ihn immer mit ihren blauen Augen angesehen hatte, ihren nachtklaren großen blauen Augen.
Ihr Lächeln, wie es sein Herz zum Schmelzen gebracht hatte. Es war albern, doch ihr Lächeln hatte ihn zum Lachen gebracht. Er vermisste den Klang ihrer Stimme. Die glockenhelle melodische Stimme. Ihre Stubsnase, übersäht mit Sommersprossen. Ihr braunes Haar, das in der Sonne rötlich leuchtete. Er vermisste sie.
Diese schleichenden Gedanken stürzten sich immer in sein Bewusstsein.
Gute Gedanken. Die fröhlichen Erinnerungen. Das Gute an ihr.
Er kniff die Augen zusammen. Versuchte die aufsteigenden Tränen zusammen mit den Schuldgefühlen zurückzudrängen.
Schuld. Er dürfte dieses Gefühl nicht einmal haben. Er dürfte es, wenn er an sie denkt, nicht fühlen. Das Richtige hatte er damals getan. Damals vor vielen vielen Jahren.
Ein zögerliches ‚Ist alles Ok?‘ drang an sein Ohr.
Und für einen Moment war sie wieder da. Sie tauchte einfach vor seinem Auge auf. Das gleichmäßige Quietschen der Schaukel wirkte so real. Ihr Lächelndes Gesicht. Ihre fröhlichen Augen. Wie sie ihn liebevoll ansah. Mit einem elegant wirkendem Sprung stieß sie sich von der Schaukel ab. Flog für einen Moment durch die Luft. Und landete Katzengleich wieder auf den Füßen. Mit kleinen Schritten näherte sie sich ihm. Sie sprach zu ihm. Flüsterte ihm etwas ins Ohr. Es kitzelte, wenn ihre Lippen ausversehen ihr Ohr streiften. Nun trat sie einen Schritt zurück und blickte hoffnungsvoll zu ihm auf. Er stimmte ihrer Frage positiv zu.
Ihr lächeln vertiefte sich und sie drehte sich um. Wollte den gewundenen Weg entlang gehen.
Ihr Rücken verschwamm mit der Umgebung. Das Bild wurde dunkler.
‚Sind Sie sich sicher, dass alles in Ordnung ist?‘ fragte ihn eine fremdwirkende Stimme. Eine ängstliche Stimme. Dieser Jemand sorgte sich doch tatsächlich um ihn.
Er lächelte. Dann fiel ihm anscheinend ein, dass das Mädchen ihn in der Dunkelheit nicht sehen konnte. Also lachte er laut. Kein warmes Lachen, dass das Herz erwärmte. Nein! Ein eiskaltes, abscheuliches Lachen.
‚Was interessiert dich das denn?‘ knurrte er böse in Richtung des Mädchens. Für einen Moment hatte er mit einer schlagfertigen Antwort gerechnet. Irgendetwas beleidigendes. Dieses Schweigen gefiel ihm nicht. Er empfand es als bedrückend. ‚Wie heißt du Kleine?‘ er versuchte seine Stimme nett klingen zu lassen. Dies misslang im allerdings ziehmlich.
‚Gwenevere‘ kam die abwesend klingende Antwort. Bevor er irgendein Kompliment zu ihrem Namen machen konnte oder so. Fuhr sie unbeirrt fort. ‚Ihre Tochter.. was geschah damals?‘
Man konnte an ihrer Stimme erkennen, dass je länger sie sprach, desto mehr ihr Mut versagte.
‚Es geschah vor sieben Jahren…‘
Er wusste eigentlich nicht einmal warum er ihr so etwas anvertraute. Er wusste nur, dass ihm das etwas von der Last, die schon seit langem auf seinen Schultern trug, genommen wurde.
Während die Worte nur so aus seinem Mund sprudelten, kamen auch die verdrängten Erinnerungen zurück.
‘Weißt du eigentlich was du mir vorwirfst?‘
schrie die Stimme seiner Frau ihn erneut an. ‚Ist es wahr oder nicht!‘ wollte er damals wissen.
‚Was hast du eigentlich von mir erwartet?‘ schrie sie mir entgegen.
Als er erzählte kam die Wut zurück. Er wollte sich erneut rächen, dafür, dass er 8 Jahre lang belogen wurde.
Mit der geballten Faust hieb er auf die massiven Gitterstäbe ein. Tränen traten ihm in die Augenwinkel, nicht, da der Schmerz des Schlags so schmerzte, er bedauerte sich selbt. Er hatte damals all die Zeit geglaubt, dass sein Sonnenschein, sein Herz, sein Leben von ihm diese blauen, blauen Augen hatte.
Belogen wurde er. Ja belogen. Er hasste sich dafür, dass er es nicht gemerkt hatte. Doch der Hass auf seine Frau war um einiges Größer und übermannte ihn damals.
‚Es war Frühling und der Boden des Waldes war noch mit halb aufgetautem Schnee bedeckt. Die Wanderschuhe, die wir beide trugen, hinterließen Spuren im feuchten Matsch. Unsere…. (Entschuldige).. IHRE Tochter war zu Hause geblieben.
Das war meine Erste und, wie es damals auf mich wirkte, auch einzige Chance, ihr endlich meine Meinung zu sagen. Was für ein erbärmliches Miststück sie sei. Was sie mir angetan hatte. .´ seine Stimme wurde nun aggressiver ‚.. und weißt du, was sie dazu meinte?‘ Er ließ eine kleine Pause um einen verrückten Lacher auszustoßen, der unweigerlich an den Joker aus dem Batman Film erinnerte.
‚.. Sie kam auf mich zu legte ihre Hände auf meine Schultern und sagte, dass ich überreagieren würde, dass das alles nicht so schlimm sei, wie ich es ausmalten würde. Sie behauptete ich sei verrückt! Verstehst du denn nicht, wie mich das verletzt hatte!‘ Er räusperte sich, sein Flashback der gefühlten Wut klang langsam ab. ‚ Ich war damals natürlich wütend auf sie. Eigentlich war ich wütet auf die ganze Welt. Ich hielt es nicht mehr länger in ihrer Nähe aus. Und bevor ich wusste, was geschah.‘ Zum wiederholten Mal machte er eine längere Pause. So, als würden ihn die aufsteigenden Erinnerungen seelisch befriedigen. ‚ Stieß ich sie so heftig wie möglich zu Boden. Mein Angriff schien sie vollkommen zu überraschen. Ihre weit aufgerissenen Augen sahen zu mir auf. Als sie dann aus einer Art Schockzustand erwachte fing sie an sich zu wehren. Gebissen, gekratzt und geschrien hatte sie. Ich griff nach einem dickeren Ast, unweit von mir entfern. Rammte ihr diesen in die Rippen.‘
Er hörte kaum, wie das Mädchen im Käfig angstvoll die Luft einsog, so, als würde er ihr ihren Mord erzählen.
‚Ihr lauter Schrei hallte durch den Wald. Und ihr flehen wurde eindringlicher.‘ Ein Lächeln umspielte seine Lippen. ‚Sie sagte, dass ich aufhören sollte, meinte, sie hätte genug Bestrafung bekommen.‘ Ein trockener Lacher durchzog die Lagerhalle. ‚Nein. Sagte ich damals, ich bestimme, wann du genug gelitten hast. Du sollst so viel Schmerz verspüren, wie ich… Unzählige Male hieb ich auf ihren am Boden liegenden, halb mit Schlamm bedeckten Körper ein. Ich stieß den Stock immer fester in ihren Körper, immer energischer. Sie hatte schon aufgehört zu atmen und trotzdem schlug ich weiter zu.'
Er holte tief Luft und erzählte weiter. ‚Die noch fernen Sirenen der Polizei rissen mich aus meiner Wut. Ich flüchtete aus dem Wald. So schnell ich konnte. Damals verspürte ich noch diese Schuld, etwas getan zu haben, für das ich mich immer hassen werde. Etwas unverzeihliches. Ohne auf den Weg zu achten rannte ich um mein Leben. Direkt vor einen Polizeiwagen, der gerade noch so eine Vollbremsung hinlegen konnte. Die Stoßstange des Wagens berührte beinahe meine Schienbeine. Schnell erholten sich die darinsitzenden Polizisten von dem Schock und öffneten die Türen. Stiegen aus und kamen mit schussbereiten Waffen auf mich zu. Schnell hob ich meine Hände und zeigte ihnen meine leeren Handflächen. Nur waren diese nicht ganz leer. Eine Schicht aus dunkelroter geronnener Flüssigkeit war über meine Hände gezogen. Meine Jacke hatte auch hier und da ein paar unschöne Spritzer.
Als mir klar wurde, dass ich nun lebenslänglich Inhaftiert werden würde. Drehte ich mich ruckartig um und rannte davon.'
Mit der Zunge fuhr er sich über die Lippen und befeuchtete diese um weiter zu reden.
‚Schüsse hinter mir kündigten mir an, dass sie die Erlaubnis zu Schießen bekommen hatten.
Meine Beine trugen mich so schnell wie sie konnten. Doch das Geläute der Sirenen wollte einfach nicht ferner werden. Ich versuchte sie durch schnelle Richtungsänderungen abzuschütteln. Wählte die engen Gassen in der Hoffnung, die Wagen würden nicht hindurch passen.
Der Himmel verdunkelte sich nur rascher und in dem fahlen Licht der Straßenlaternen konnte ich die Kontur eines Parkhauses ausmachen.
So plötzlich, wie ich konnte bog ich rechts ab. Hinter einem der vielen Pfeilern versteckte ich mich. Wartete darauf, dass sich das blau-rote Blinken zusammen mit den Lärm entfernte.Ich verharrte noch eine Weile um ganz sicher zu gehen, dass sich die Polizei entfernt hatte. Erst dann trat ich aus dem Schatten hervor. Machtvoll fühlte es sich an die Polizei abgehängt zu haben. Ein Gefühl, so als könntest du die ganze Welt bezwingen. Mit jedem Aufnehmen und immer siegen.
Ein Gefühl wie ich mir die Unsterblichkeit vorstellte.‘ Ein triumphierendes Lächeln breitete sich bei diesen Worten auf seinem Gesicht aus. Er spürte das Echo dieses Gefühls in ihm aufsteigen, schwächer als damals, aber dennoch stark genug um sich davon leiten zu lassen.
Ein Aufblitzen seiner Zähne trieb mir automatisch eine Gänsehaut auf den Rücken. Eine Eiseskälte umfing meinen Körper, ließ mich zittern. Verzweifelt versuchte ich meinen Körper wieder unter Kontrolle zu bekommen, doch meine Hände wollten einfach nicht aufhören zu beben.
Trotz Zittern in der Stimme fragte ich weiter. Ich wurde immer neugieriger auf seine Geschichte. Obwohl diese grausam war. ‚Ihre Tochter. Sie war also nicht von Ihnen?.‘ Es klang nicht wie eine Frage sondern eher wie eine Feststellung. Wenn ich mich nicht irre schwang sogar eine Kleinlichkeit von Unterstellung darin. Schnell brach ich ab doch ich wollte immer noch wissen, was mit ihr passiert war. ‚Was ist mit ihr passiert?‘ vollendete ich meine Fragerei.
Genauso wie ich mir Zeit gelassen hatte ließ auch er sich mit der Antwort ewig Zeit. Ich wurde unruhig in meinem Käfig, wollte mich bewegen, die Beklommenheit abschütteln.
Als ich schon dachte, dass er mich überhaupt nicht gehört hatte, begann der tiefe melodische Ton seiner Stimme die Lagerhalle zu erfüllen. Nicht nur seine Stimme wirkte auf mich plötzlich Fesseln, sondern auch das was er mir sagte interessierte mich brennend.
‚Es war ein kühler Tag, dennoch ließ sich die Sonne immer wieder blicken. Isabella wollte unbedingt hinaus. Sie liebte die kleinen roten Schaukeln, sie meinte, sie fühle sich dann so als könne sie fliegen. Ihre Hand in meiner fühlte sich so vertraut, so warm an. Ungeduldig drängte sie mich sie stärker an zu schucken. Sie mochte es, wenn sie mit einem Mal viel höher hinauf aufsteigt. Ich drückte mit meinem gesamten Gewicht gegen die kleine Sitzplatte. Das vergnügte Lächeln Isabellas erfüllte mein Herz mit Wärme, es ließ es dahin schmelzen.
Da ich außer Puste war hörte ich mit dem Anschucken auf. Sie verzog das Gesicht, doch ich war zu müde. Ich fühlte mich alt, schwach. Mühsam setzte ich mich auf den Boden. Nicht nahe bei den Schaukeln, doch auch nicht zu weit entfernt. Ich sah das Strahlen in ihren Augen. In den wunderschönen saphirblauen Augen. Nur für einen Moment zuckte ein Bild auf, legte sich über Isabellas Gesicht. Ihre Züge wurden zu zwei strichen. Die pausigen Backen wurden von einer dicken dunklen Linie etwas strammer gemacht. Die Nase hatte eine irgendwie unpassende Form. Doch dann erkannte ich, dass sie nun spitzer wirkte. Auch die Augen wurden kleiner und das Strahlen wurde von einer weiseren Ausdrucksart verdeckt. Ich blinzelte und die überschüssigen Linien verschwanden. Nur das Erschrecken blieb zurück auf meinem Gesicht.‘
Eine Gänsehaut hatte sich über meinen Körper gelegt. Ich fror. Verkrampft streckte ich die steifen Beine aus. Wackelte mit den Füßen forderte die Durchblutung. Dann zog ich die Beine wieder an meinen Körper, die vor kälte klammen Hände legte ich an den Bauch. Die wohlige Wärme durflutete mich.
‚Das extrem laute quietschen der Schaukel ließ mich aufblicken. Ich bekam gerade noch mit, wie sich das kleine Mädchen abstieß und sanft zur Erde segelte. Ich hätte schwören können, dass dabei Flügel aufgeblitzt hätten. Mit einer unnachahmlichen Geschmeidigkeit bewegte sie sich auf mich zu. Die Hände hielt sie geöffnet. Ich begann mich nun auch auf sie zu zubewegen. Doch mir fielen die Schritte schwer. Es kam mir vor, als würde ich zusätzliches Gewicht an den Füßen haben, das mich hinderte. Ihre dürren Arme umschlossen meinen Körper. Ihr kleiner Kopf legte sich an meine Brust. Ich wusste, sie würde meinen Herzschlag hören. Wir standen so eine Zeit lang zusammen. Dann bewegte sich ihr Kopf. Sie blickte auf zu mir. Und sah mir fest in die Augen.'
Ein lauter Seufzer drang aus seinem Mund. Seine Traurigkeit hing bedrückend in der Halle.
‚Ich wusste, dass es so weit sein sollte. Ich wusste, dass sie mich nun fragen würde. Und weißt du, ich hatte richtig Angst davor. Ich wollte nicht, dass sie davon erfuhr. Doch ich wollte sie auch nicht mehr länger ansehen. Ich ertrug es nicht mehr. All diese Ähnlichkeiten. All diese Feinheiten die sie und mich unterschieden. Die sie nicht mehr zu dem Meinen machte. All diese Dinge, die mich immer wieder daran erinnern mussten...‘ seine Stimme hatte einen flehlichen Ton angenommen. Und wäre er nicht mein Kidnapper und ich nicht sein nächstes Opfer, würde ich ihm vielleicht Mitleid schenken.Doch in meinem Herzen blieb ich kalt.
‚Sie war doch noch so jung. Doch ich konnte nicht anders. Ich wollte, nein ich konnte nicht so mit ihr weiter leben.
Ich hätte ihr Tag für Tag in die Augen sehen müssen. Tag für Tag wieder und wieder begreifen müssen, dass sie nicht meines ist.
Ich konnte das einfach nicht mehr.
Verstehst du?‘
Nein, ich verstand nicht. Ich sah vor mir nur das Monster, das seine Frau ermordet hatte … und mich nun anfleht zu begreifen, dass er seine Tochter nur aus reiner Liebe getötet hatte.
Nein. Dieses Mistschwein sollte in der Hölle schmoren.
So etwas tut man einem kleinen Mädchen nicht an!
Doch sagen tue ich nichts. Wie versteinert saß ich da auf den eiskalten Boden. Starrte zu ihm hinauf und lauschte weiter seiner grausamen Geschichte.
‚In der darauf folgenden Nacht, schlich ich leise zu ihrem Zimmer. Die Tür stand einen Spalt breit offen. Und so sah ich das friedlich daliegende Mädchen.
Ich wollte, dass sie keinen Schmerz verspürt. Ich wollte, dass sie einfach weiter schläft, für immer.
Doch als ich um ihr Bettchen geschlichen war. Schlug sie ihre großen Augen auf und sah mich erwartungsvoll an. Sie fragte, ob wir verreisen würden. Ich verneinte. Sie fragte, ob Mammie da sei. Ich verneinte. Sie wollte wissen, was ich sonst um diese Uhrzeit an ihrem Bettchen mache. Ich sagte, ich sehe ihr so gerne beim Schlafen zu. Sie nickte und schloss friedlich ihre Augen.
Ich wartete, bis ihr Atem wieder gleichmäßig ging. In einem kleinen Behälter hatte ich ein paar Tropfen Sarin. Vorsichtig öffnete ich das kühl gelagerte Fläschchen. Hielt es ihr vorsichtig unter die Nase.
Zuerst passierte gar nichts. Doch dann fing plötzlich ihre Nase an zu laufen. Erschrocken schlug sie die Augen auf. Ihre Pupillen waren ganz klein zusammengezogen, was für die Dunkelheit äußerst ungewöhnlich war. Sie rieb mit ihren Händen über die Augen, blinzelte mehrmals. Dann fing sie an nach Luft zu ringen. So als würde sie ersticken. Ihre Glieder fingen an zu zucken. Sie krallte mit den Fingern in die Decke, so als hätte sie enorme schmerzen.‘
Ich konnte nicht länger zuhören. Wie konnte jemand nur so grausam sein. Einfach da stehen und zu sehen, wie ein Kind stirbt. Wer ist nur so?
Mir kullerten Tränen die Wange hinab, als er ungehindert fortfuhr
‚Ich versuchte sie fest zu halten und merkte, dass ihr Körper klatschnass war. Schweiß bedeckte nun auch ihr Gesicht.
Ein Würgelaut ertönte. Und sie erbrach sich im Bett.
Plötzlich hörte sie auf zu Atmen. Ihre Augen weiteten sich ein letztes Mal und blieben weit offen stehen.‘
Texte: Von mir :D. DIe Songtexte sind aus dem Internet.
Bildmaterialien: Von mir sehr mühevoll bearbeitet
Tag der Veröffentlichung: 03.03.2012
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