Cover

Wer

Handelnde:

 

Marc (Provinz) (früher Bundeswehr Kampftaucher)

Maika (Provinz) (Sportlerin und Trainerin)

Tim (Provinz) (Motorradfahrer und Milas Exfreund)

Mara (Berlin) (früher Provinz) (Studierende, Abenteurerin)

Alex (Berlin) (Verehrer und guter Freund von Mara)

Ronja (Berlin) (früher Bukarest) (Callcenter-Agent)

(Maras Lebensgefährtin)

Lisha - Geheimnisvolle, die Schöne, die Warmherzige -

(Provinz) (früher Khartum, Sudan)

Binta (Provinz) (Tochter von Lisha)

Fatmata - Enthaltsame, (sich) Entwöhnende -

(Provinz) (früher Freetown, Sierra Leone)

Faith (Provinz) (Tochter von Fatmata)

Wladimir (Düsseldorf) (früher Russland)

Im Büro eines provinziellen Sportvereins

„Zwanzigtausend Euro Spende?“, brummte Marc, während der Scanner, mit dem er die Eingangspost des Sportvereins digitalisierte, wie ein Kätzchen vor sich hin schnurrte. Nach dem Scannen fummelte er die Papierbogen einen nach dem anderen in den Locher, der vor ihm auf dem Schreibtisch stand, um sie danach in einem Leitzordner abzulegen. Für all die Anderen, die hier auch ehrenamtlich halfen, war es auch ein Vorteil, dass Marc die Post digital bearbeitete, weil sie so auch aus ihrem Homeoffice ebenfalls Zugriff auf den gesamten Schriftverkehr hatten.
„Echt? So eine große Spende, das ist ja unglaublich“ antwortete ihm seine Freundin Maika und fügte noch hinzu, dass ihr das fast etwas komisch vorkäme. „Wo kommt das Geld denn überhaupt her?“
„Es ist ja gar kein Geld, sondern ein Urlaubsgutschein“, sagte Marc, stand halb auf und streckte Maika mit einem knisternden Rascheln eine Faltbroschüre über eine Reihe Leitzordner hinweg zu deren Arbeitsplatz hinüber. Die Ordner waren so angeordnet, dass sie die Arbeitsflächen der gegenüberliegend aufgestellten Schreibtische voneinander trennten und Marc, der immer genau wusste, wo welcher Ordner vor ihm stand, jeden von ihnen zügig erreichen konnte. Erst wenn die Ordner voll genug waren, wanderten sie dann ins Archiv. Aber außer zur Ablage wurden sie wegen Marcs sorgfältiger Digitalisierung, bis auf die Sachen, die zum Steuerberater weitergegeben werden mussten, eigentlich eh nicht mehr in Papierform gebraucht. „Schau mal, das war auch noch dabei. Aus dem Anschreiben geht schon hervor, dass es sich um ein Resort, also um eine schöne Ferienanlage handeln muss und ich weiß sogar, wo das ist“, sagte Marc.
„Wow, auf den ersten Blick sieht das wirklich traumhaft aus“, sagte Maika und schnaufte kurz, nachdem sie sich mit einer Hand auf der Lehne ihres Rollstuhls hochgestemmt hatte, um mit ihrer anderen Hand über den Leitzordnern nach Marcs Post greifen zu können. „Wie? Du kennst Ada Bojana?“ fragte sie Marc erstaunt. „Das ist am Mittelmeer, oder?“
„Ja, klar ist das am Mittelmeer. Das Gebiet liegt in Montenegro, etwas südlich der Bucht von Kotor. Ada Bojana befindet sich auf einer kleinen Insel und die Resorts dort sind bei Menschen, die es lieben, die Natur splitternackt zu genießen sehr bekannt. Dort ist nämlich das weltweit größte FKK-Gebiet, es verfügt sogar noch über echte Traumstrände“, antwortete Maikas Freund ihr. „Wir, also meine Kameradinnen und Kameraden von der Bundeswehr und ich waren dort früher oft über die Wochenenden. Das war in der Zeit, in der wir in Kuçova im Landesinneren von Albanien, den Aufbau einer neuen Luftwaffenbasis für die NATO vorbereiteten. Schon damals sah es dort wie im Bilderbuch aus. Grüne Resorts, umflossen von türkisfarbenem Wasser und umrahmt von hellem Sandstrand. Der Sand ist dort zwar nicht ganz so weiß wie der an den Stränden der Südsee, aber auch nicht so golden wie am bulgarischen Goldstrand. Die Strände der kleinen Insel wirken zwar auch weißlich, aber in der Sonne strahlen sie mit einem Hauch eines goldenen Schimmers. In der grellen Mittagssonne ist das Weiß jedoch trotz allem hell genug, um noch einen Teil der Hitze reflektieren zu können. Deshalb wird der Sand dort auch nicht ganz so heiß wie in anderen Gegenden, die ähnlich sonnig sind. Obwohl die Sonne dort extrem viel Kraft hat, verbrennt man sich des hellen Sandes wegen nicht mal um die Mittagszeit die nackten Füße."
„Verbrannte Füße?“, bemerkte Maika mit einem sarkastischen Schmunzeln. „Ich würde das ja nicht spüren, aber haben will ich die trotzdem nicht. Die Bilder sehen übrigens genau so aus wie du es gerade beschrieben hast, echt heiß! Alles andere wäre gelogen“, antwortete Maika in einem Ton, als würde sie am liebsten gleich davon stürmen, um mit Marc ihre Koffer zu packen, aber dann stutzte sie und ihre Stimme brach.
„Denkst du gerade an Mila?“, fragte Marc seine Freundin fürsorglich.
„Albanien sagtest du? Ja klar erinnert mich das an Mila. Was meinst du Marc, ob Mila vielleicht irgendetwas mit dieser mysteriösen Spende zu tun hat?“, aber kaum nach dem sie diese Worte gesprochen hatte, schniefte sie traurig und griff nach einem Tempo.
„Ich musste gerade an Alena denken?“, sagte Marc und stand auf.
„Ja, an Alena muss ich auch oft denken. Aber egal, so schlimm wie das auch alles war, es ist vorbei. Als Trost bleibt uns wenigstens die Gewissheit, dass wir wissen, dass das jetzt alles vorbei ist“, antwortete Maika und stopfte das Tempo, in das sie gerade ihre Nase geschnäuzt hatte, unter ihr Sitzkissen.
„Hoffentlich“, sagte Marc, mit einem leicht zweifelnden, etwas besorgt klingenden Unterton in seiner Stimme so, dass Maika seine Zweifel unmöglich überhört haben konnte. Aber dann fügte in einem ganz anderen Tonfall noch hinzu, „Aber gerade wegen Mila sollten wir auch nirgends schlafenden Hunde wecken.“ Das sagte er mit einem schrägen Grinsen und ging um die beiden Schreibtische herum. Kurz darauf kam Marc so hinter Maika an, dass er ihr von hinten seine Hände auf ihre vom vielen Sport gut trainierten Schultern legen konnte. Gleich nachdem er hinter Maikas Rollstuhl angekommen war, begann er damit seiner Freundin zärtlich den Nacken zu massieren, während Maikas wunderschönen Haare über Marc‘ sie zärtlich berührenden Hände wallten. Marc hat recht, dachte Maika und schüttelte das Vergangene, ohne dabei leichtsinnig oder unvorsichtig zu werden, so gut es ging ab wieder ab.

„Hey, was hast du denn vor?“, quiekte Maika einen Moment später neckisch auf und gab Marc damit zu verstehen, dass sie auch nichts dagegen hätte, sich aus gegebenem Anlass von ihm vernaschen zu lassen. „Du bist wohl auch der Meinung, dass wir gleich hier schon mal ein bisschen damit anfangen sollten, FKK zu üben.“
„Aber bevor wir mit der Büroarbeit für heute aufhören und zusammen hinüber zur Vereinssauna gehen“, sagte Marc, „sollten wir noch kurz bei Mara in Berlin anrufen. Vielleicht hat sie ja etwas Neues von Mila gehört oder sogar ebenfalls genauso überraschend wie wir auch geheimnisvolle Post aus Albanien bekommen."
„Hey Moment mal, wie kommen wir denn eigentlich darauf, dass der Brief aus Albanien abgeschickt worden ist? In dem Anschreiben stand doch gar kein Absender?“, fragte Marc kurz stirnrunzelnd und lachte dann, noch bevor Maika etwas dazu sagen konnte, laut schallend auf. „Na klar, die Briefmarke!“ Einen Augenblick später nahm er widerwillig seine Hände von Maikas wundervollem Körper und griff schnell zu seinem Handy. „Oh, Ronja, … Hi! Ich hoffe, dass es Mara und dir noch gut geht bei den Preußen. Aber das ist nicht der Grund meines Anrufes. Eigentlich wollte ich Mara sprechen. Ist sie da?“

 

Wasserballabteilung eines Sportvereins in Köln

„Komm Süße, eine Runde packen wir noch“ tönte Wladimir, räumte das Tablett der Studierenden, die in der Kölner Altstadt kellnerte, komplett ab und stellte die Gläser auf den Tisch. An dem Tisch saßen außer ihm noch seine Sportsfreunde, die sich nach dem schwer errungenen Sieges des heutigen Tages gemeinsam mit ihm in einer Kölschkneipe betranken. Kurz darauf hallten erst ein dumpfes Klatschen, gefolgt von einem hellen Klatschen durch den von vielen Stimmen erfüllten Gastraum.
„Hey Wladimir, diese Ohrfeige hast du dir redlich verdient“, lallte einen Augenblick später einer von Wladimirs‘ Saufkumpanen und blies dem Russen den Rauch seiner Zigarette hämisch in sein Gesicht. Dabei lehnte er sich über den Tisch und hieb Wladimir roh auf die Schulter seines linken Armes, mit dem er die Bedienung kurz vorher auf deren Po geklatscht hatte.
„Ihr seid Spielverderber und keine Freunde“, schrie Wladimir, stand auf und trottete zur Kasse, der verrauchten Spelunke. Es war eine der wenigen Kneipen in Köln, in denen es zwar kein Essen gab, aber man dort im Gastraum immer noch rauchen durfte.
„Zahlen!“, schrie er die junge Frau, die er vorher belästigt hatte, an und knallte ihr begleitet von feindseligen Blicken einen Fünfziger auf die Theke.
Danach torkelte er missgelaunt nach Hause und genehmigte sich alleine noch einen Wodka-Orange, mit viel zu viel Vodka. „Immer nur Wiederholungen für das viele Geld, das einem die GEZ von Gesetzes wegen abknöpfen darf“, nuschelte er frustriert vor sich hin und schaltete seinen Fernseher, den er kurz vorher lustlos eingeschaltet hatte, auf Netflix um. Während er den Alkohol in sich hineinschüttete, wanderte seine Hand immer wieder erfolglos zu seiner Brusttasche, in der sich bis vor Kurzem immer seine Zigaretten befunden hatten. Sport und rauchen, das verträgt sich nicht, aber die verdammte Sucht, dachte er frustriert.

Flughafen Podgorica, Montenegro

„War das ein toller Flug!“, schwärmte Mara, die mit Ronja und Alex aus Berlin angereist war. Nachdem sie das gesagt hatte, war sie ihren alten Freundinnen und Freunden vom Sportverein voll Freude nacheinander herzlich um den Hals gefallen und hatte jeden von ihnen ganz doll gedrückt.
„Freut ihr euch auch schon auf unseren gemeinsamen Badespaß und die herrliche Balkansonne“, sagte Mara zu den beiden Kleinen, die sich mit ihren zwölf und dreizehn Jahren alles andere als klein fühlen wollten. „Wow, ihr seid ja richtig lang geworden“ ergänzte sie mit einem herzlichen Lachen und begrüßte auch Fatmata und Lisha, die beiden Mütter der zwei jungen Damen. Bita und Faith, die einzigen Kleinen in der bunten Truppe, fühlten sich nach Maras herzlicher Begrüßung fast wie richtige Erwachsene in die Gemeinschaft der Großen integriert und waren mächtig stolz darauf, dass sie von Mara für voll genommen wurden.
Alex, Tim, Maika, Fatmata, Binta und Faith hatten sich blitzschnell um alle Koffer gekümmert und dafür gesorgt, dass alle genau das vom Band bekommen hatten, was zu jedem von ihnen gehörte. Kurz darauf saßen sie alle verteilt auf zwei Taxis in den Autos, die sie vom Flughafen zum Resort fuhren.

„Ist es noch weit bis zum Meer?“, fragte Binta ihre Mutter Lisha. Aber bevor, die ihr antworten konnte, platzte schon Faith, die Tochter von Fatmata, damit heraus, dass sie die Fahrt auf ihrem Handy mit Google-Maps mitverfolge und es nur noch 83 km Autofahrt bis zur FKK-Insel seien. Kurz darauf ergänzte Faith noch, dass sie ihr Ziel, wenn nicht noch etwas Unvorhergesehenes dazwischen kam, in weniger als eineinhalb Stunden erreichen könnten.

 

***

 
„Was für eine Scheiße“ brummelte Wladimir, der fast zur gleichen Zeit wie die Truppe des provinziellen Sportvereins in Podgorica gelandet war. Er hatte noch immer einen dicken Kopf vom Vorabend und sich obendrein im Flieger mal wieder übergeben müssen. Der klapprige Bus, in dem er dann endlich nach einigem Suchen saß, rüttelte ihn bei jedem neuen Schlagloch, das sich auf der holprigen Straße fand, immer wieder aus seinem leichten Schlaf. Es war ein wirklich marodes Vehikel, in dem er saß und es kurvte grunzend und knarzend, so lahm wie sich ein alter Maulesel beim mühsamen Überschreiten ausgewaschener Eselsstufen vorwärts arbeitete durch die Serpentinen und schüttelte ihn fortwährend kräftig durch. Das alte Gefährt war ihm schon vor dem Einsteigen zuwider gewesen, aber es schien ihm die einzige Möglichkeit gewesen zu sein, ohne auch noch einen Aufpreis bezahlen zu müssen beizeiten in sein Bett zu kommen. Wie immer dachte Wladimir, die Discounter versprechen Kaviar und wenn sie einen in ihren Klauen haben, wird man mit trockenem Brot und schalem Wasser abgespeist. Aber das war ja immer so im Leben, dachte er schon wieder voll frustriert. Genau das Gleiche wie mit den Frauen, die wollen auch alle nur mein Bestes. Mein Geld, genau das wollen sie, sie wollen nur mein Geld. Wladimir sinnierte so vertieft weiter, dass er weder das im Licht des Vollmondes silbrig glitzernde Meer noch den schönen Sternenhimmel am wolkenlosen Himmel über sich wahrnahm. Während er unlustig vor sich hin döste, fuhr sein Bus einige Zeit später, es war schon kurz nach Mitternacht, über einen staubigen Küstenpfad und schaukelte gemächlich auf das schöne Resort zu. Erst als sich die Türen zischend öffneten und die Türblätter von außen federnd mit lautem Krachen gegen die Karosserie unter seinem Fenster schlugen, merkte er, dass er sein Feriendomizil erreicht hatte. „Jetzt brauche ich zuerst einen doppelten Wodka“, sagte er zu sich selbst, schnappte sich seinen Rollkoffer und stürmte zur Rezeption, wo er beim Einchecken erfuhr, dass die Bar um 24:00 geschlossen worden war, dass sich in seinem Zimmer aber eine Minibar befände, aus der er sich gegen Gebühr auch nach Mitternacht nach Herzenslust bedienen dürfe. „Ein Frust, nach dem anderen, das war einfach mal wieder ein Scheißtag“, blaffte er die Frau an der Rezeption an und stapfte ohne ihr eine gute Nacht zu wünschen einfach davon.

Katerfrühstück

Der Frühstücksraum des Resorts glich einem luxuriösen Wintergarten. Durch die aufgeschobene Fensterfront fächelte eine kühle Brise vom Meer herein, die das romantische Brausen der Brandung mit sich in den feudal hergerichteten Raum trug. Als Wladimir, kurz vor neun Uhr in der Früh, in den Raum eintrat, um sein Frühstück zu sich zu nehmen, sah er zunächst nur die vielen kleinen, liebevoll gedeckten Tische, die alle blitzsauber waren, weil die meisten Gäste noch schliefen. Sein Blick konzentrierte sich nämlich sofort auf den Brunch. „Lecker“, murmelte der Russe und nahm sich den größten Teller, den er finden konnte. „Scheiße!“, schrie er auf dem Weg zu einem der kleinen Tische halblaut, als einige der Köstlichkeiten von seinem Teller auf den wasserblauen Teppich fielen, weil er sich diesen zu voll geladen hatte. Auf Kaffee hatte er verzichtet und sich stattdessen für den Sekt entschieden, der in einem silbernen Kübel, umflossen von Eiswasser in dem Eiswürfelecken klirrten, als er die Flasche herausnahm, für die Gäste bereitstand. Zum Glück gab es für Leute wie ihn, die es am Vorabend nicht mehr an die Bar geschafft hatten, außer den albernen Sektflöten auch große Wassergläser, in die man sich gleich mehr von dem Sekt einschenken konnte. Erst als er schon saß, fiel ihm dann aber doch noch ein großer Tisch für zehn Personen auf, der zwar aufgeräumt aussah, aber an dem offensichtlich schon bevor er kam, eine Reisegruppe ihr Frühstück vor ihm beendet hatte. Im selben Moment sah er dann aber noch einen Schatten auf die Tür zur Poolterrasse zu huschen. „Wow, eine schwarze Schokoschnitte“, japste Wladimir und heftete seinen Blick an Lishas süßen Po, der nur von einem weißen Bikinistring umhüllt war. Die Teenagerin, die ihre schwarze Mutter hinter sich herzog und es offensichtlich sehr eilig hatte nach draußen zum Pool zukommen, beachtete er zunächst überhaupt nicht. Erst als ihm der alberne Ball, den die Kleine immer wieder in die Luft warf, um ihn danach wieder aufzufangen, auffiel, hatte er ganz spontan eine Idee für einen dummen Spruch, mit dem er die beiden dann auch gleich anquatschte. „Ein Ball mit einem Glöckchen drin?“, schrie er verächtlich lachend durch den Speisesaal. „Dafür bist du doch schon viel zu alt.“, aber weder die Mutter noch ihr Kind beachteten ihn und verschwanden wortlos nach draußen. Aus dem Pool drang ein zunehmend lauter werdendes Platschen und Jauchzen durch die offene Tür herein. „Plantschen, Badespaß, wie bäh ist das denn“, nuschelte Wladimir schon wieder frustriert vor sich hin. Dann aß er noch ein paar Happen von dem Speck, den er vorher in die aufgestochenen Dotter seiner Spiegeleier getaucht hatte und schüttete den Sekt aus dem großen Wasserglas auf Ex hinterher. Während die viele Kohlensäure noch in ihm rumorte, stand er dann schneller als er das vorgehabt hatte auf, rülpste und ging. Den restlichen Berg der vielen unangetasteten leckeren Speisen, die er sich noch unnötig auf seinen Teller geladen hatte, ließ er einfach stehen. „So ein beschissener Morgen“, sagte er halblaut, kein Wunder, dass einem hier der Appetit vergeht.

Im Pool

Lisha und Binta waren die letzten der großen Sportgemeinschaft, die sich heute im Pool zu ihrem ersten Spiel einfanden. Das Spiel, das sie statt dem sonst üblichen Frühsport immer dann gerne zusammen spielten, wenn sie einen Pool zur Verfügung hatten, war eine Art Wasserball. Der Pool in der Anlage war sogar viel größer als der viel kleinere Tauchsportpool, den sie sich bei sich Zuhause auf dem Gelände des Sportvereins zusammen mit den Rettungsschwimmern des DLRG‘ teilen mussten, die dort auch immer trainierten. „Ohh, ich muss nochmal schnell rauf zu unserem Zimmer, rief Binta“ kurz bevor Mara anspielen wollte. „Ich hab mein Kopfband vergessen, bin aber gleich wieder zurück“
„Lass dir Zeit, Binta“ rief ihr Mara nach. „Wir wollten uns doch eh erst nur zur Gaudi ein bisschen warm spielen, noch ein paar Minuten locker im herrlichen Wasser zu plantschen, um den schönen Urlaub genießen, kann nicht schaden.“


***


„Wie soll ich denn hier trainieren, mit dem ganzen blöden Volk im Wasser?“, fragte sich Wladimir als er zum Pool kam. Mürrisch sah er, dass das Wasser von dem Badespaß der bunten Truppe wie siedendes Wasser brodelte und im wahrsten Sinn des Wortes, angeheizt von deren Freude fast kochte. Kurz bevor er sich umdrehen und weggehen wollte, um der Bar einen frühen Besuch abzustatten, hielt er dann plötzlich inne. Gerade noch rechtzeitig glaubte er den Schatten seiner Schokoperle wieder entdeckt zu haben, die offensichtlich die ganze Zeit abgetaucht über den Grund des Beckens tauchte. Er trat näher, ganz nah bis an den Beckenrand und runzelte die Stirn. „Wieso sieht die denn plötzlich wie ein Fisch aus?“, fragte sich der Russe selbst und wollte gerade herausfinden, was das für Flossen waren, mit denen sie ihren Oberkörper so flink wie ein Hai durch das tiefe Wasser steuerte. Aber dann fiel ihm Maikas silberner Rollstuhl neben dem einen Leiterchen auf und lenkte ihn von Neuem ab. „Oje, soviel habe ich heute doch noch gar nicht getrunken“ sprach er wie in Trance zu sich selbst, nachdem er sich die Badenden genauer angesehen hatte. Zuerst dachte er das, was er hier sah, seien Halluzinationen. Alle im Becken trugen die gleichen Kopfbänder, deren Regenbogenfarben in der Morgensonne wie bunte Schmetterlinge über dem glitzernden Wasser des Pools hin und her zuckten. Dann sah er, dass es sogar zwei Schokoperlen im Becken gab und dass eine von den beiden, nämlich, die, die jetzt senkrecht vom Grund hinauf durch die Wasseroberfläche hindurch schoss, wirklich nur noch zwei Stummelflossen statt normaler Arme an ihren Schultern hatte. Aber bevor er vor Schreck laut aufschreien konnte, spürte er einen Schubs in seinem Rücken, der ihn so aus dem Gleichgewicht brachte, dass er vornüber völlig perplex in den Pool purzelte.

 

***

 

„Binta! Nein! …“ schrie Fatmata entsetzt als sie sah, dass die Freundin ihrer Tochter, einen wildfremden Mann zu ihnen ins Becken geschubst hatte.
„Warum nein, Mama?“ mischte Faith sich ein und sagte „Wenn er gaffen kann, muss er auch mitspielen wollen, sonst ist er ein Spielverderber.“
„Wie gaffen? …", fragte Lisha und rief Binta mit einem strengen Ton, der keine Widerrede duldete, zu sich.
„Alles ok?“, fragte Marc, der sein Kopfband über seinen Augen trug, den Fremden, zu dem er im selben Moment wie Alex und Tim mit wenigen kräftigen Zügen hingeschwommen war, um den kleinen Zwischenfall als einen nicht böse gemeinten Mädchenstreich herunterzuspielen.
„Ok? Sie sind ja wirklich lustig … eigentlich wollte ich nur ein bisschen trainieren. Aber sie waren ja schon vor mir da“ stammelte Wladimir und starrte dem Muskelprotz, denn als solchen nahm er Marc wahr, auf dessen albernes Stirnband, dessen Sinn er nicht verstehen konnte.
„Das trifft sich gut, wir wollten auch gerade mit unserem Training anfangen, genauer gesagt mit einem Spiel. Das Spiel, das wir spielen wollen, trainiert sogar noch mehr Muskelgruppen als das öde Bahnen ziehen auf Zeit. Außerdem ist es kurzweiliger und macht dazu noch sehr viel Spaß“ sagte Marc freundlich, mit einladender Stimme zu dem Fremden.
„Ein Spiel?“, fragte Wladimir zweifelnd.
„Ja, es ist eine Art Wasserball“ wir spielen es mit Augenbinden, dass alle mit ähnlichen Chancen mitspielen können.
„Mit Augenbinden?“, fragte Wladimir verstört. „Ich versteh’ nicht, wie eine ohne Arme, nur weil sie ’ne Augenbinde trägt, plötzlich einen Ball fangen können sollte?“
„Wollen wir wetten, dass du Probleme damit bekommen wirst, Fatmatas‘ Kopfbälle zu halten“, sagte Marc und streckte dem Fremden freundlich seine rechte nasse Hand hin. „Ich heiße Marc.“
„Wladimir!“, sagte der Russe und schlug laut hörbar ein, während er sich dachte, „Vielleicht doch kein so ein Scheißtag wie gestern.“

Nach dem dritten Seitenwechsel hörte er dann plötzlich ein Geräusch, das im ersten Moment wie ein sehr harter Aufschlag klang, der von der gegnerischen Mannschaft ausgeführt wurde. Im selben Moment wurde ihm bewusst, dass es gar kein Aufschlag sein konnte, weil sich der Ball noch im Spiel befand. Das Klingeln des Glöckchens verhallte in Bruchteilen von Sekunden und verwandelte sich urplötzlich in ein unheilvolles Zischen, das die Flugbahn des Balls ankündigte, der unerwartet wie eine Granate auf ihn zu schoss. Wladimir fiel nichts Besseres ein, als sich wegzuducken und für einen Moment unter die sichere Wasseroberfläche abzutauchen. Marc, der sich auf ihn verlassen hatte, verlor deshalb aber seine Deckung. Das konnte Wladimir in diesem Moment aber schon deshalb nicht realisieren, weil er Probleme damit hatte, sich blind die Position aller Mitspieler seiner Mannschaft zu merken. Nur deshalb erwischte der Ball den Fatmata in das Spielfeld der gegnerischen Mannschaft herüber geköpft hatte Marc mit voller Wucht am Kopf und riss diesem nicht nur seine Augenbinde vom Kopf. Als Wladimir wieder auftauchte, bemerkte er sofort, dass das Spiel unterbrochen worden war und sich ein kleiner Tumult entwickelt hatte.
„Was ist denn passiert?“, rief der Russe und riss sich seine Augenbinde vom Kopf.
„Fatmata hat Marc voll abgeschossen, weil er deinetwegen seine Deckung verloren hat“ keifte Binta Wladimir an, die sich wegen des Zwischenfalls auch ihre Augenbinde vom Kopf gerissen hatte. Wladimier war zwar geblendet vom grellen Licht der Sonne, aber er konnte trotzdem schemenhaft sehen, dass der Hühne, Marc, plötzlich wie ein Monster aussah. Da wo Wladimir Marcs Augen erwartete hatte, war nämlich nur vernarbtes Gewebe zu sehen aus dem silberne Metallstifte heraus ragten.
„Hier Marc, deine Epithese“, sagte Alex, der im selben Moment vor Marc aus dem Wasser herausschoss.
„Danke“, sagte Marc und klippste sich sein Silikongesicht wieder mit einem leisen Klacken auf die Magnete, die offensichtlich nicht stark genug für ein solches Wassersporttraining waren.
„Ich kann nicht mehr …“, keuchte Wladimir drei Stunden später und schleppte sich mit letzter Kraft zu dem Leiterchen, neben dem noch immer Maikas Rollstuhl stand. Die Sonne blendete ihn plötzlich so grell, dass er sich jetzt selbst fast so blind wie Marc fühlte, nachdem er sich seine Augenbinde endlich wieder abnehmen durfte. Alles war auf einmal so gleißend hell, dass er jetzt auch ohne das bunte Kopfband, das er während des kompletten Trainings bis auf den Zwischenfall mit Fatmatas Kopfball tapfer getragen hatte, fast nichts mehr sehen konnte.
„Doch schon wieder ein weiterer beschissener Tag“, brummte er und gab sich alle Mühe damit sich so hilflos wie er sich in diesem Moment fühlte, wenigstens nicht auch noch vor anderen zu blamieren.

 

Am Strand

„Hey, nicht so wild, das ist doch kein Strandsegler“, rief Maika, die von ihren Freunden wie in einem römischen Streitwagen mit einem Affenzahn über den Sand gezogen und geschoben wurde. Sie waren alle splitternackt in Richtung Brandung unterwegs und Maika saß in einem Baderolli der mit großen Ballonrädern ausgestattet war. Die Sonne stach mit gleißend grellem Strahlen auf die badelustige Gruppe nieder, die ihre Sachen einfach in den Sand fallen ließen, um sich sofort in die schäumenden Wellen zu werfen. Die Abkühlung tat allen gut und sie jauchzten und kreischten vor Vergnügen bis sie zu frieren begannen und sich danach sehnten es sich auf ihren Decken oder direkt im feinen Sand gemütlich zu machen.
„Dieser Wladimir kommt mir irgendwie komisch vor“, sagte Mara, während sie Ronja liebevoll deren Rücken eincremte.
„Ja, er hätte sich bei Marc entschuldigen müssen. Anstand hat er auf jeden Fall nicht. Ein Russe halt …“, warf Maika dazu ein. Ihr Kopf lag auf Marcs Bauch und sie reckte dabei auf dem Rücken liegend ihre Arme so weit nach hinten, bis sie den heißen Sand erreicht hatten.
„Schön siehst du aus“, sagte Marc, dessen Hand dabei den Ansatz von Maikas Busen umrundete und fügte noch an, dass er keine Entschuldigung dafür erwarte, weil es eben nur ein Spiel gewesen sei. Darüber hinaus müsse man Wladmir zugutehalten, dass er keine damit Übung hatte, sich so wie sie das Spiel spielten, so gut wie wir anderen Mitspieler orientieren zu können. Deshalb müssen man auch besonders würdigen, dass er überhaupt mitgespielt hatte.
„Außerdem war es ja auch ich und nicht er gewesen, die Marc abgeschossen hat“, bemerkte Fatmata und sagte noch, „er kommt mir irgendwie einsam, nein nicht einsam, eher einzelgängerisch als einsam vor. Vielleicht wirkt er nur deshalb komisch, weil er keine guten Freunde hat. Ich glaube, er ist als Single hier.“
„Der ist nicht nett, Binta hat mir erzählt wie blöd er sie und Lisha wegen unseres Balles angelabert hat“, blaffte Faith dazwischen, drehte sich im weichen Sand auf den Bauch und stemmte sich mit ihren Ellenbogen so auf, dass sie jeden, der sich an dem Gespräch beteiligte, besser sehen konnte.
„Ach, das war nur ein dummer Spruch. Männer halt …“, sagte Fatmata und fuhr fort, „Spruch hin oder her … Ich finde ihn gar nicht so übel und sportlich ist er auch.“
„Ja klar, voll der faire Sportler …", zischte Faith und schnitt dazu eine Grimasse.
„Wo ist der eigentlich hin nach dem Spiel?“, fragte Lisha, drehte ihren Kopf in Fatmatas Richtung und fragte, „sieht er gut aus?“
„Mama!“, schrie Binta entsetzt und setzte sich ruckartig auf. „Der Typ ist ein Macho, der keinen Respekt vor Frauen hat. Was spielt es da noch für eine Rolle, wie er aussieht?“
„Komm her Süße und lass dich nicht immer so schnell von Vorurteilen leiten“, sagte Lisha und breitet einladend ihre Arme aus.
„Nein Mama, ich brauch jetzt erstmal wieder eine Abkühlung“, sagte Binta bockig zu ihrer Mutter und danach ganz knapp zu Faith, „Kommst du mit ins Wasser?“

An der Bar

„Endlich mal offen?“, sagte Wladimir zu der jungen Frau mit den schönen langen schwarzen Haaren, die um diese Zeit selten Gäste mit harten Sachen oder mit alkoholischen Cocktails versorgen musste.
„Von zwölf Uhr Mittags bis vierundzwanzig Uhr in der Nacht ist die Bar geöffnet, das sind zwölf Stunden. Was möchten sie denn gerne trinken?“, fragte sie mit einem kühl, aber freundlich wirkenden Lächeln den frühen Gast und ließ dabei ihr Handy dezent unter dem Bartisch verschwinden.
„Wirklich zwölf Stunden? Was du nicht sagst. Hast du O-Saft und Wodka da?“, brummte Wladimir mit seinem dumpf klingenden russischen Bass etwas mürrisch.
„Wodka-Orange, aber gerne“, sagte die junge Frau und bückte sich zu dem Kühlschrank, der unter der Theke untergebracht war, hinunter, um den Glaskrug mit dem frisch gepressten Orangensaft für ihren Gast heraufzuholen.
„Mehr Wodka … !“ blaffte der Russe und wippte mit Faust und Daumen nach unten, bis das große schlanke Glas fast halb mit dem hochprozentigen Schnaps gefüllt war. Dabei starrte er der Frau, die oben nur ein weites, etwas tiefer ausgeschnittenes schwarzes Tanktop mit einem V-förmigen Ausschnitt zu einer engen, sehr kurzen weißen Hotpants trug, völlig ungeniert weiter auf ihr De­kolle­té. Er hatte ihr schon kurz vorher da, als sie sich hatte bücken müssen, um den gekühlten Orangensaft, für ihn heraufzuholen, völlig ungehobelt und absolut frech in ihren Ausschnitt gestiert.
„Stopp, nicht zu viel Saft, mach noch Eis rein, dann ist gut“, sagte er gelangweilt und lümmelte sich so hin, dass klar war, dass er jetzt mit Konversation unterhalten werden wollte.
„Für dich auch!“, sagte er, als sie ihm sein Glas hinstellte. Es schien seine Art zu sein, sich nicht ordentlich für etwas zu bedanken, wenn er es nicht für nötig befand, sich etwas mehr anzustrengen.
„Ich darf nicht, aber trinke gerne einen Espresso mit ihnen“, sagte die Schwarzhaarige, die schöne große dunkle Augen hatte, brav zu ihrem frühen Gast. Einen kurzen Moment später griff dieser dann wortlos nach seinem Glas, das er daraufhin mit dem ersten Zug gleich halb leer trank.
„Kaffee ist auch nix für Leute, die noch zu jung zum Alkohol trinken sind“, sagte er, wischte sich mit seinem haarigen Unterarm seinen Mund ab und schob seiner Gesprächspartnerin sein leeres Glas wieder hin, „… Füll nochmal auf.“
„Alkohol erlaubt uns unser Glaube nicht“, sagte die Cocktailmixerin und bückte sich erneut nach dem Orangensaft.
„Ach ’ne, aber freizügig mit den Titten schaukeln ist erlaubt?“, lachte der Russe auf. Dazu hatte er auch noch seinen rechten Arm ausgestreckt und der Hotelangestellten mit seinem Zeigefinger genau in deren Ausschnitt hinein zwischen ihre kleinen Brüste gedeutet. Die beiden Brüste der nach vorne geneigten Frau hingen zwar gut einsehbar von oben noch unten nackt in dem leichten Shirt herunter, aber gerade das sah auch sehr natürlich aus.
„Aber ja, warum soll das denn verboten sein? Hier gehen ja mittlerweile auch die meisten der jungen Einheimischen, also auch die aus unserer früher unvorstellbar konservativ geprägten Gesellschaft, so wie Gott unsere Körper geschaffen hat, nackt zum Baden. Gerade in einer Umgebung, in der sich außerhalb der Gebäude eh alles nackt abspielt, sollte, so dachte ich, dieser Einblick, nicht wirklich die Gäste irritieren, oder?" Während sie das sagte, deutete sie sich jetzt selbst, mit ihrem eigenen Zeigefinger vorne auf ihr Shirt auf die Stelle, unter der ihr Busen jetzt wieder vom Stoff bedeckt war. „Oder halten Sie das für unmoralisch?“, sagte die Frau und schob ihm seinen nächsten Drink über den Tisch. „Ich hoffe es ist genug Wodka drin, wenn sie noch einen weiteren Schuss dazu haben wollen, ist das kein Problem."
„Danke“, sagte der Russe auf einmal viel freundlicher als vorher. Irgendwie fing er sich langsam doch an, wohl zu fühlen. Das lag vielleicht daran, weil man ihn hier so nahm, wie er war, oder es lag daran, dass der Alkohol langsam wirkte. Der stimmte ihn immer sanftmütig, außer er fühlte sich gereizt, dann schlug er auch gerne mal schneller als nötig mit seinen Fäusten zu. Vor allem dann, wenn er genug getrunken hatte, war das halt manchmal dann so.
„Bitte, sehr gerne. Meine Frage möchten sie lieber nicht beantworten, oder?“, sagte die Barmixerin höflich und nippte an ihrer winzigen Espressotasse, die sehr dickwandig war und massiv aussah.
„Pah Moral, die stecken euch doch nur alle in Burkas, dass die Männer nicht sehen können, was ihr zu bieten habt“, sagte Wladimir und trank wieder einen großen Schluck. "Viel zu verstecken hast du ja eh nicht“, schob er dann noch hinterher und feixte dazu so, als hätte er seiner Gesprächspartnerin gerade ein schönes Kompliment gemacht.
„Oh, das tut mir leid, ich wollte auf keinen Fall ihre Augen beleidigen“, antwortete sie ihm völlig gelassen, nahm sein leeres Glas und bückte sich wieder, genauso wie die beiden vorausgegangenen Male auch das dritte Mal nach dem Orangensaft.
„Danke“, sagte Wladimir jetzt noch weicher, „Ach was, ist doch auch Geschmackssache, ich wollte dich ja auch nicht beleidigen und du kannst ja auch nichts dafür, dass du nur so kleine Titten abbekommen hast.“
„Ich bin auch nicht traurig darüber oder gar unzufrieden, weil mir mein Mann ganz oft zu verstehen gibt, wie sehr er mich so mag wie ich bin“, sagte sie zu ihrem Gast. Im selben Moment, in dem sie das sagte, schob sie ihm mit einem ehrlichen, gelösten Lächeln, das etwas verträumt wirkte, einen weiteren Cocktail über die Theke.
„Du bist schon verheiratet?“, fragte Wladimir so, dass die Dunkelhaarige, die offensichtlich viel jünger aussah als sie tatsächlich war, eine gewisse Enttäuschung aus der Mimik auf seinem Gesicht erkennen konnte.
„Ja, aber erst seit etwas mehr als zwei Jahren, ich wollte bevor ich Kinder bekommen wollte, erst noch mein Bachelor Studium beenden“, erzählte sie Wladimir weiter, um ihn, der offensichtlich menschliche Nähe suchte, nicht noch mehr zu frustrieren.
„Was hast du denn studiert? Etwas Nützliches kann es ja nicht gewesen sein, wenn du hier noch an der Bar malochen musst“, sagte er mit einem mitleidigen Unterton in seiner Stimme und merkte, dass er langsam müde wurde.
„Mir hat mein Psychologiestudium viel Spaß, aber auch viel Arbeit gemacht und nützlich ist es vor allem dann, wenn man mal unglücklich ist, in gewissen Grenzen kann man sich dann sogar auch selbst besser helfen. Zum Beispiel, als ich von meinen Eltern Abschied nehmen musste, das ist mir nicht leicht gefallen, aber ich habe es mittlerweile geschafft mein Gleichgewicht wiederzufinden. Möchten sie noch einen weiteren Cocktail?“, fragte die Frau mit dem glücklichen Händchen für schwierige Gäste und griff nach dem leeren Glas.
„Psychologin? Als Barmixerin verdienst du doch hier nix …?“, sagte Wladimir, stand auf und kratzte sich träge am Hinterkopf. „Nein danke, jetzt keinen Drink mehr … Ich mache jetzt Mittagsschlaf.“
„Ich mache, das ja nicht nur wegen des Geldes, sondern weil ich meine Gäste kennenlernen will und das geht nur, wenn ich mit ihnen rede“, sagte die Schwarzhaarige und lächelte den Russen entspannt an.
„Deine Gäste?“, fragte der Russe stirnrunzelnd.
„Ja, ich habe von meinen Eltern leider viel zu früh, aber das ist nun mal so, dieses Resort geerbt. Mein Mann ist gelernter Koch, er hat früher in den besten Hotels gekocht und heute kocht er für unsere kleine Tochter, unsere Gäste und mich. Wir sind beide sehr glücklich darüber, dass wir hier so zusammen leben und arbeiten können, so können wir auch beide die Entwicklung unserer Tochter miterleben und sie gemeinsam fördern und erziehen. Das Leben kann echt schön sein, aber man muss eben was daraus machen. Schlafen Sie gut, die schönsten Plätze zum Dösen finden sie hier links um die Ecke. Die Sonnenterrasse ist natürlich auch Textil frei, aber dort ist es nicht so laut wie am Pool“, sagte die Hotelbetreiberin zu ihrem Gast und schenkte ihm noch ein Lächeln.

Im Wasser

„Komm Binta jetzt entspann dich doch einfach in den schönen Wellen und lass dich wiegen“, sagte Faith zu ihrer Freundin.
„Ach, Faith, das sagst du so einfach. Das ist nicht so einfach mit einer blinden Mutter, die immer meint, sich alles nur gefallen lassen zu müssen. Ich kann doch auch nichts dafür, dass sie nichts sehen kann. Aber das ist ja noch nicht das Schlimmste. Das Schlimmste ist, dass sie meint, dass ich mich auch so seicht verhalten soll, wie sie es immer tut, wenn andere blöd zu uns werden. Ich habe einfach keinen Bock drauf, dass ich mich nicht wehren soll, wenn jemand, der so wie dieser schmierige Russe drauf ist, seine Grenzen nicht einhalten will.“
„Hey komm …“, sagte Faith, Fatmata ist genauso, sie fühlen sich eben als Menschen zweiter Klasse. Sei doch froh, dass du mehr Glück gehabt hast als deine Mutter und wenigstens dein eines deiner beiden Augen noch rechtzeitig gerettet werden konnte.“
„Klar bin ich froh, dass ich noch sehen kann“ gab Binta ihrer Freundin zur Antwort und sagte, "ich bin mit meinem einen Glasauge ja auch nicht wirklich eingeschränkt, aber genau das ist eben das Problem, das Lisha nicht verstehen will. Schau mal, Mara hatte als Kind auch ein bilaterales Retinoblastom, aber die ist, obwohl sie sogar schon als kleines Mädchen ebenfalls völlig erblindet ist, auch nicht so einfältig wie unsere beiden Mütter drauf.
„Siehst du“, sagte Faith, das ist ja genau das, was ich dir sagen will, es liegt nämlich gar nicht an der Beeinträchtigung, sondern daran, wie wir als Betroffene damit umgehen. Es liegt nur am Selbstbewusstsein, das sagen Maika und Marc ja auch immer.
„Du hast nur gut reden, weil du nicht selbst betroffen bist. Du hast ja selbst auch nichts, genauso wenig wie Alex und Tim, die sind ja auch normal“, blaftte Binta ihre Freundin an.
„Ja, das stimmt, ich hab selbst auch nichts. Aber egal wo ich mit meiner armlosen Mutter aufschlage, bin ich auch immer gleich mit abgestempelt, sagte Faith und sprach gleich nach einer großen Welle weiter. „Außerdem hast du eben noch gesagt, dass du dich selbst ja auch als Normale siehst. Ist es nicht so, dass wir von Leuten, die uns nicht kennen, alle zuerst mit in den gleichen Sack gestopft werden?“ Alex und Tim bekommen die gleichen schrägen Blicke wie wir zugeworfen, wenn sie mit uns wo zusammen gesehen werden, deshalb müssen wir uns ja selbstbewusst unserer Haut wehren und gemeinsam gegen Vorurteile und Ausgrenzung kämpfen.
„Hm …, kann ja sein, dass du recht hast“, sagte Binta. „Wer zuerst bei den anderen zurück am Strand ist, hat gewonnen!“, sagte sie blubbernd, weil sie, bevor sie den Satz fertig gesprochen hatte, schon mit ihrem Kopf unter Wasser war und so schnell sie konnte losschwamm.

Auf der Sonnenterrasse

„Der jungen Schlampe, mit den behinderten Titten, geht es viel besser als mir“, sagte Wladimir zu sich selbst, als er die Sonnenterrasse betrat und eine der vielen Liegen, die größtenteils unter im Halbschatten unter Strohschirmen aufgestellt auf Gäste warteten. Die hängt gemütlich an ihrer Bar herum und hat nicht mehr zu tun als Leuten, die wie ich malochen müssen, ihr sauer verdientes Geld aus deren Taschen zu ziehen.
„Hey, ist das hier nicht auch ein textilfreier Bereich?“, rief ihm eine ältere Dame freundlich zu, die gerade ihre Zigarette in einem Aschenbecher ausdrückte, der neben ihrer Liege auf einem kleinen Tisch stand.
„Willst wohl bisschen gaffen Schnecke?“, rief er der Frau zu, die sich daraufhin wortlos umdrehte und streifte sich seine Badehose ab. „Ich hab nichts zu verbergen“, sagte er erwartungsvoll und gab sich frustriert als er merkte, dass sie die Unterhaltung mit ihm schon wieder eingestellt hatte, bevor sie richtig begonnen hatte. Der Rauch, der zu ihm herüberzog, machte ihm Lust auf eine Zigarette, aber dass er die Alte jetzt nicht mehr erfolgreich um eine Kippe anbetteln brauchte, war selbst Wladimir klar. Kurz darauf döste er auch ein. Es war aber kein richtiger Schlaf. Er musste immer wieder an die Reisegruppe denken, die sich mit drei Krüppeln vergnügte. Eigentlich alles richtig nette junge Leute dachte er, sogar die Krüppel waren nett zu mir, die nicht mal neidisch auf mich, obwohl ich selbst kein Gebrechen habe, waren die einfach so nett wie zu den anderen Normalen zu mir. Dann kam ihm eine Idee. Vielleicht sollte er es einfach auch so wie die Kleintittige es mit ihm an der Bar gemacht hatte, mit ihnen probieren. Die hatte ihm ja auch nur Freundlichkeit vorgespielt, weil sie etwas von ihm wollte. Das Dumme war nur, dass er wegen des blöden Kopfbandes, zu dem sie ihn als Preis für das Mitspielen gezwungen hatten, von den Normalen unter ihnen so gut wie überhaupt nichts wusste. Aber diese Mara, er versuchte sich an sie zu erinnern, möglicherweise hatte sie schulterlange blonde Haare, die wäre genau die Richtige für ihn. Er hatte noch ihre Stimme im Ohr, die so energiegeladen und sympathisch war, dass er sie am liebsten gleich abgeschleppt hätte. Aber so sehr er sich bemühte, konnte er sich er an eine schemenhafte Silhouette erinnern, weil die Sonne ihn schneeblind gemacht hatte und als er wieder normal sehen konnte, waren sie ihm schon davongelaufen gewesen. Die machen auch nur auf sozial und sind genauso egoistisch wie alle anderen Menschen auch, sonst hätten sie ja auf ihn gewartet und ihn auch mit zum Baden an den Strand genommen.
„Einen schönen Tag noch für sie“, rief Wladimir um eine nette Sprachmelodie bemüht der älteren Dame zu, nachdem er sich entschlossen hatte, die Sonnenterrasse zu verlassen und lieber noch ein bisschen in seinem Zimmer zu verschwinden.
„Danke“, antwortete die Frau überrascht, die sich gerade ihre Zigarette am Ausdrücken war, als Wladimir zu ihr vor einiger Zeit auf die Terrasse dazu gekommen war.
„Verzeihen Sie mir bitte, dass ich mich zunächst im Ton vergriffen hatte, das war nicht böse gemeint“, sagte Wladimir mit einer für ihn selten sympathischen Sprachmelodie.
„Schon gut, ich sah ja, dass sie direkt von der Bar kamen, an der sie sich zu früher Stunde vielleicht etwas zu lange aufgehalten hatten“, schmunzelte die Frau und griff nach ihrem Zigarettenpäckchen. „Möchten sie auch eine?“
„Oh wie liebenswürdig, aber danke nein. Ich bin Leistungssportler“, sagte er schnell, winkte ihr freundlich und verschwand mit seiner Badehose in seiner Hand durch die Tür ins Wohngebäude.
„Oh, würde es ihnen etwas ausmachen im Gebäude ihre Badehose zu tragen?“, hörte er kurz darauf wieder die freundlich kühle Stimme der Hotelbesitzerin.
„Oh Verzeihung, ja natürlich“, sagte er schnell und schlüpfte durch die Tür, durch die er gerade gekommen war, zurück auf die Sonnenterrasse, um sich so wie sich das gehörte, vor dem Betreten des Gebäudes wenigstens mit Badesachen zu bekleiden. Dabei dachte er sich: Oje, da schaukelt sie zahlenden Gästen wie mir ihre Stummeltitten nackt vor der Nase herum und furzt mich dann noch dumm an, nur weil ich ihr mal einen ordentlichen Männerschwanz gezeigt habe. Alles Neid. Jetzt wird es echt Zeit, dass ich in meinem Zimmer etwas zocke, um mich abzureagieren, dachte er und stürmte auf die Treppe zu.

 

In der Sauna

„Wow, so ein ganzer Tag im Wasser, zuerst das Spiel im Pool, dann die salzige Brandung und fast die ganze Zeit in der prallen Sonne, das schlaucht zwar, aber es tat auch richtig gut“, sagte Mara.
„Da ist so ein Saunagang zum Abschluss, vor dem Abendessen genau richtig zur Entspannung“, sagte Marc, klickte sich seine Silikonepithese von den Magneten, die ihm Bundeswehrchirurgen nach seiner Verwundung in seinen Schädelknochen verankert hatten und reichte seine künstliche Gesichtspartie Maika. Maika wickelte ihm den Frottee Schal, den sie ihm extra für das Saunieren genäht hatte, locker um seinen Kopf, so konnte er gut atmen und der heiße Dampf kam nicht in direkten Kontakt mit den Schleimhäuten, die wegen seines weggeschossenen Nasenbeins sonst offen gelegen hätten. Mara, Lisha und Binta verstauten ihre fünf Glasaugen in drei kleinen Döschen und griffen zu denselben regenbogenfarbenen Kopfbändern, die sie auch schon während ihres Wasserballspiels getragen hatten.
Kurz darauf, machte Mara den ersten Aufguss. Noch bevor das Zischen verklungen war, atmeten alle genussvoll durch. Bis Tim etwas leicht irritiert in die Dampfschwaden fragte.
„Habt ihr etwa plötzlich auch Probleme mit dem heißen Dampf?“, fragte er, der die drei Sportsfreundinnen zu Hause im Sportverein immer nur ohne Kopfbinden in der Sauna angetroffen hatte.
„Mit dem Dampf nicht“, antwortete ihm Lisha, aber mit den Blicken fremder Leute, denen wir vielleicht erklären müssten, warum unsere Prothesen, aus dem gleichen Grund wie Halskettchen, vor dem Saunagang besser auch ablegen sollten. Außerdem wollen wir auch niemand erschrecken, bei euch ist das was anderes, vor euch haben ja keinen Grund etwas zu verbergen, solange wir unter uns sind.
„Dann brauchen wir noch mehr Dampf“, sagte Fatmata und griff mit ihren Zehen geschickt nach der Holzkelle und dem Bottich und fügte mit einem schelmischen Grinsen hinzu, „anders kann ich nämlich nichts vor Blicken verbergen."
Maika kuschelte sich an Marc und keiner störte sich daran, dass sie in der Sauna am liebsten quer auf seinem Schoß saß. Dabei schlang sie ihre Arme immer um seinen Hals, weil sie so bequemer, als die anderen, die mit einem Handtuch auf den Holzbohlen weilten, sitzen konnte.

Im Darknet

„Rauschgift, Waffen, Spiele, Medikamente, Killer, …“, dröhnte es aus dem Lautsprecher von Wladimirs Notebook, auf dem er einen Tor-Browser gestartet hatte.
„Ja, Spiele, sowas brauche ich jetzt“, schrie er auf und tippte mit zittrigen Händen Luhansk ein.
„Russisches Roulette, das klingt spannend, ja!“, schrie er einen Augenblick später schon wieder begeistert auf.
„In Level 1 musst du möglichst viele Nazis mit einer russischen Offizierspistole erwischen“, tönte es blechern aus dem Lautsprecher, und Wladimir murmelte frustriert, „mit einer Pistole, wie langweilig“, vor sich hin. Aber dann sah er ein rotes Fenster aufblinken.
„Direkt zu Level 6, oder willst du nicht gleich mit westlichen Waffen auf Frauen aus der Ukraine schießen?“, tönte es wieder aus dem Lautsprecher. Wow, genau so etwas habe ich gesucht, dachte sich Wladimir. Ohne zu zögern gab er seine Handynummer, seinen Namen sowie seine Kreditkartennummer ein und dachte sich dabei: Ist ja klar, die guten Spiele sind ja immer teuer. Aber kurz darauf stürzte sein PC ab. Schnell einen Neustart, dachte sich Wladimir, es ist bald Zeit für das Abendessen.
„Dein Computer wurde gehackt. Du darfst ihn erst wieder benutzen, wenn das Lösegeld vollständig von deiner Kreditkarte zu uns umgebucht wurde. Keine Polizei, sonst bist du tot.
„Alles Verbrecher, schrie Wladimir wie von Sinnen und trat seinen Notebook so heftig vom Tisch, dass er an der Wand seines Zimmers begleitet von einem kreischenden Knarzen zerschellte.
„Das wird mir die blonde Schlampe gleich nach dem Abendessen büßen müssen“, schließlich will ich auch mal Spaß“, brummte er Zähne knirschend vor sich hin. Aber erst mal schön nett sein, die Belohnung hole ich mir später.

Beim Abendessen

„Was für ein toller Tag“, sagte Wladimir zu den Sporttreibenden aus der Provinz und genoss die Anerkennung, die er erfahren hatte, in vollen Zügen, weil er spürte, dass die Gruppe ihn ohne Scheu, so wie er war, akzeptierte. So einfach ging das also, dachte er bei sich. Zu dumm, dass die flotte Blonde und die auf den ersten Blick noch komplett und normal aussehende Schokoschnitte beide Blindschleichen waren. So wie der Muskelprotz, alle komplett das Licht aus, nur dass sie es mit ihren gläsernen Augen und der Schminke besser vertuschten, als der Mann. Klar, Frauen eben. Die osteuropäische Lesbe, die immer an Mara hing, war zwar auch eine Blindschleiche, aber die sah mit ihren weiß vernarbten Augäpfeln ja noch grässlicher aus. Die hatte zwar auch Schminke aufgelegt, aber sich nicht mal um ordentliche Augen gekümmert. Da blieb eben nur noch eine übrig. Deshalb kuschelte Wladimir sich dann eben doch vorsichtig bei Fatmata an. Fatmata, die sich ihm gegenüber für ihn überraschend unbeschwert und offen zeigte, schmiegte sich seine Offerte erwidernd an seine Seite an und sagte „Wie wär’s denn nach dem Abendessen mit einem Badespaß zu zweit?“ Während des Essens schlang Wladimir seine Arme ganz vorsichtig um Fatmata, spielte glaubwürdig, so wie er es bei der alten Dame schon erfolgreich ausprobiert hatte, den Bekehrten, drückte sie liebevoll und kuschelte sich wie ein frisch verliebter Schuljunge verträumt an ihre Hüften.

Badelust zu Zweit

„Das Meer sieht von Deinem Zimmer noch schöner als von meinem aus, obwohl wir alle den gleichen Meerblick haben, sagte Fatmata nachdenklich, während Wladimir schon lauwarmes Wasser in seine übergroße Badewanne prasseln ließ.
„Fatmata hatte einen wahren Prachtkörper, aber sie sah ihm sein Mitleid an, das sie mehr schmerzte als ihre fehlenden Arme.
„Du musst mich einfach so annehmen wie ich bin, so mache ich es auch und es funktioniert besser als Du Dir das vorstellen kannst. Nur, weil ich meine Arme verloren habe, die mir Kindersoldaten, als ich noch ein kleines Mädchen war, während des Bürgerkrieges und wegen dem Geld für die Blutdiamanten in meinem Heimatland mit Macheten abgehackt haben, bin ich kein traurigerer Mensch als du. Mara, Ronja, Lisha und Marc sind nur deshalb auf den ersten Blick besser als ich dran, weil man ihnen nicht schon von Weitem ansieht, dass sie behindert sind, sie sind halt nur blind. Aber egal, ich wollte mich auch so wie ich bin noch nie verstecken. Mir tut nur Mitleid noch weh, alles andere ist vorbei und so wie es ist für mich voll ok." sagte Fatmata zu dem jetzt etwas verklemmt wirkenden Russen, der sie noch vor wenigen Minuten so selbstherrlich angemacht hatte.
„So und jetzt machst Du Dich einfach mal schön locker und setzt Dich da auf den Rand der Badewanne“, sagte sie danach mit ihrer weich klingenden Stimme zu Wladimir. Dann setzte sie sich vor ihm auf ihren runden Po und gab ihm mit ihrer Ferse einen sanften Schubs auf seinen muskulösen Bauch.
„Aaahh …“, stöhnte Wladimir auf, als er ihre weichen Zehen spürte, die sich unter seine Badehose schoben und ihn sowohl an seinem pochenden Glied, als auch an seinen Eiern so stimulierten, wie er es vorher noch mit keiner anderen Frau erlebt hatte.
„Und jetzt Du bei mir“, sagte Fatmata, drückte ihm ihren String, der schon von ihrer Feuchte durchweicht war, auf seinen Mund und fing an, ihr Becken über seinem Gesicht kreisen zu lassen.
„Ohh Fatmata … stöhnte Wladimir, während seine Hände nach oben zuckten und Fatmata nur schweigsam mit dem Kopf schüttelte und dazu mit den Zähnen klapperte.
„Wie, ich soll auch ganz ohne Hände …?“, fragte Wladimir etwas hilflos und schaffte es dann schneller als gedacht Fatmata mit seinem Mund splitternackt auszuziehen.

In der Nacht

Fatmata war in dieser Nacht noch viel länger als Wladimir wach und es beunruhigte sie, dass er im Schlaf sprach, sich wand und sogar aufbäumte und schrie, aber dann überwältigte sie irgendwann doch auch ihr Schlaf.
„Sie schläft“, flüsterte Wladimir zu sich selbst und stand leise auf. In den Taschen seiner Jeans hatte er zwei Paar Handschellen und zwei schwarze Seidentücher versteckt und dachte, dass er für das, was er jetzt mit Fatmata vorhatte, wie viele Male zuvor auch gut ausgerüstet sei. Eine Schusswaffe, wie in den Computerspielen, die er so liebte, hätte er auch dann nicht verwendet, wenn er im Flugzeug einen Revolver hätte mitnehmen dürfen. Ja einen schönen Revolver, mit dem man russisches Roulette mit den Frauen spielen konnte bis das Spiel zu Ende war, aber das war zu laut, da war der Seidenschal viel besser. Der eine für die Augen und der andere für den Hals, so machte er das immer. Aber dann wurde er zornig auf sich selbst.
„Ich hätte doch die Blonde nehmen sollen, ich Dummkopf“, sagte er leise, während er auf die Handschellen starrte, die er vom fahlen Mondlicht beleuchtet in seinen Händen hielt. „Oder die schwarze Blindschleiche, selbst mit der wäre es besser gegangen als mit meiner Krüppelin.“

Am Morgen

 
„Wie bitte Herr Kommissar, sie wollen uns allen Ernstes verkaufen, dass es weder Spuren noch Hinweise auf den Mörder oder die Mörder gibt? Schließlich haben die Täter, in der Nacht versucht, unsere beiden Freunde zu töten. Das ist ein Kapitalverbrechen“, fuhr Marc ganz außer sich den albanischen Ermittler an.
„Nein, das nicht, aber wir wissen, wer Fatmata töten wollte“, antwortete der Kommissar ihm emotionslos.
„Wie, sie kann wieder sprechen?“, brauste Marc unbeherrscht auf, „dann verlange ich, dass sie uns sofort zu ihr bringen.“
„Das wird nicht nötig sein, sie wird in zehn Minuten den Umständen entsprechend wohlauf mit einer Funkstreife hier eintreffen“, sagte der Polizist. „Die Identität des Mannes, den sie unter dem Namen Wladimir kannten, kennen wir noch nicht, aber wir konnten die Festplatte seines Notebooks entschlüsseln. Es besteht kein Zweifel daran, dass er ein Psychopath war, der schon unzählige Verbrechen begangen hatte. Fatmata hatte einfach nur Glück, dass der Täter mit einem Kopfschuss getötet wurde, bevor er ihr Leid antun konnte.“
„Aber wer hat ihn denn erschossen? Was ist mit dem Motiv?“ hakte Marc nach.
„Auf seinem Notebook haben wir einen Hinweis gefunden, dass er im Darknet mit falschen Freunden russisches Roulette gespielt haben soll, mehr kann ich ihnen nicht dazu sagen. Da Fatmata von den Schützen verschont, ja sogar eher gerettet wurde und der gefährliche Psychopath tot ist, werden wir auch die Ermittlungen nicht mehr weiterführen“sagte der Polizist, legte seine Hand zum Gruß an seine Mütze und empfahl sich.
„Hey Marc, dort vorne kommt der Wagen mit Fatmata!“, riefen, Binta und Faith im Chor und spurteten Hand in Hand los, weil sie die ersten sein wollten, die Fatmata begrüßen durften.

Rückblick

Schattenglut-Trilogie:

 

- Sonne Mond und Sterne           (Prolog)

- Schwarzwasserdusche              (Teil 1)

- Schattenwelt                             (Teil 2)

- Himmelfahrt - Kurzgeschichte  (Teil 3)

- Russisches Roulette                  (Epilog)

 

Schattenglut-Reihe:

- Himmelfahrt - Das Buch    (Fortsetzung)

 

 

 

Impressum

Texte: ©Lisa Mondschein
Cover: ©Fizzy Lemon
Tag der Veröffentlichung: 20.09.2022

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle, die ich mit meiner manchmal etwas tolpatschigen Kreativität irgendwann einmal frustriert habe ...

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