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Prolog

"Los. Mach schon. Schieß. Dann sind wir beide tot und du gewinnst."

Mit zusammengekniffenen Augen schaute ich am Sitz vor mir vorbei und versuchte auf dem kleinen Bildschirm vorne im Bus irgendetwas außer Farbflecken zu erkennen. 'Toll gemacht.', schimpfte ich innerlich mit mir selbst. 'Hättest deine Brille nicht mit in den Koffer packen sollen.'

Seufzend gab ich auf und ließ mich wieder in meinen Sitz sinken. Ich kannte den Film sowieso in und auswendig, also konnte ich mich auch nur mit dem Ton zufrieden geben. 

"Du siehst genauso wenig wie ich oder?" Meine beste Freundin schaute mich grinsend von der Seite an. 

"Auch die Brille vergessen?", lachte ich und suchte in meinem Rucksack nach meinen Kopfhörern. 

Sie sagte nichts und spielte weiter mit ihrem Handy. 

"Willst du mithören?", murmelte ich während ich versuchte die Knoten aus den Kabeln zu bekommen. 

Als Antwort erhielt ich ein undefinierbares Grummeln also steckte ich sie mir selbst in die Ohren und schaute aus dem Fenster. Wir waren mittlerweile nicht mehr weit von der Jugendherberge entfernt, in der wir die nächste Woche verbringen würden, die Grenzen Deutschlands lagen weit hinter uns, genauso wie die fünfzehn Stunden Fahrt in denen wir uns endlos gelangweilt hatten. Jede neunte Klasse unserer Schule fuhr mit einer anderen nach Südtirol auf Skifreizeit. Beim Gedanken an mich auf Skiern machte ich einen bitteren Gesichtsausdruck ; das konnte heiter werden. Wenn wenigstens annehmbare Jungs mit dabei wären, hätte man es noch so eben aushalten können, doch umgeben von Idioten und Zicken würde die nächste Zeit eine reine Qual werden. 

"Wir sind in einer halben Stunde da!"

Die Stimme meines Klassenlehrers riss mich aus meinen Gedanken und ließ mich aufschauen. Herr Klare stand etwas gebückt am Anfang des Ganges und hielt einen Daumen nach oben. Trotz meiner schlechten Laune lächelte ich. So riesig und tollpatschig er auch war, unser Lehrer hatte etwas an sich was alle mochten. Normalerweise war unsere Klasse als eine der schlimmsten der Schule bekannt, doch als wir ihn als Klassenlehrer bekamen wurden selbst die lautesten unter uns ruhig. Nicht etwa, weil sie von seiner Größe eingeschüchtert waren, sondern weil es einem falsch vorkam etwas zu tun das ihm nicht gefallen würde. 

Plötzlich hielt der Bus ruckartig an und ich hörte einige aggressive Laute aus den hinteren Reihen von jenen, die meinten mit den Köpfen an den anderen sitzen zu kleben und jetzt eine übergezogen bekommen hatten. Herr Klare war aus dem Gleichgewicht geraten und stand mit rudernden Armen im Gang ; er erinnerte mich an eine Gentleman-Windmühle. Es piepte und die gelangweile Stimme des Busfahrers verkündete : "Stau."

 

Kapitel 1 : Die Ankunft

"Endlich.", grummelte ich als Elena sich aus der Menge schob, zwei Koffer in der Hand. Wir waren zu dem Entschluss gekommen das besser nur eine von uns sich vordrängeln sollte, anstelle von beiden. 

"Schieb dir dein endlich sonst wohin", knurrte sie zurück und pfefferte mir meinen Koffer vor die Füße. "Die hätten mich fast umgebracht."

Ich grinste und machte mich auf den Weg zum Eingang der Jugendherberge, die eher einem Hotel glich. 

"Ihr bekommt jetzt alle eure Zimmerschlüssel" Unsere Sportlehrerin wuselte um uns herum und stellte die Gruppen so zusammen, dass sie im Blick hatte wer wo war. 

Ich sah mich grade in der Lobby um als ich angerempelt wurde und mein Handy fallen ließ. Genervt bückte ich mich und drehte mich um, damit ich demjenigen gehörig meine Meinung geigen konnte, der meinte mich anrempeln zu müssen. Ich starrte gegen ein schwarzes Shirt unter dem sich deutlich Muskeln abzeichneten und legte meinen Kopf in den Nacken um hochsehen zu können. Mich starrten zwei unglaublich graue Augen entschuldigend an. Mein Mund, den ich vorsichtshalber geöffnet hatte blieb offen stehen.

"Entschuldigung." 

Ich blinzelte den Jungen vor mir an und versuchte nicht allzu lächerlich auszusehen. Er hatte schwarze Haare, breite Schultern und war locker zwanzig Zentimeter größer als ich. Mein Blick blieb an seinen Augen hängen. 

"S-schon okay.", murmelte ich und machte einen Schritt zurück wobei ich fast über meinen Koffer gestolpert wäre. 

"Gut.", er musterte mich grinsend und bemerkte dann die anderen, die sich in der Lobby tummelten und versuchten ihren Schlüssel zu bekommen. "Heute angekommen hm?"

Ich nickte und versuchte meine Fassung wieder zu gewinnen ; in dem Kaff wo ich lebte hatte ich noch nie so einen Kerl gesehen. "Ja. Bleiben eine Woche. Skifreizeit.", antwortete ich so lässig wie möglich. An dem Grinsen was sich auf seinem Gesicht ausbreitete merkte ich wie kläglich der Versuch sich angehört haben musste. "Das gleiche bei mir. Muss dann auch wieder ehm?" 

Mir fiel ein das ich mich noch nicht vorgestellt hatte und lief hochrot an.

"Ich heiße Robin.", antwortete ich ein wenig zu schnell. 

"Ok. Man sieht sich Robin.", grinste er und lief in Richtung der Treppen. 

"Warte!", rief ich ihm nach. "Wie heißt du?"

"Josh", rief er zurück ohne sich umzudrehen und verschwand um die nächste Ecke. 

Elena, die die ganze Zeit neben mir gestanden hatte, rammte mir grinsend einen Ellenbogen in die Seite. "So kenn ich dich ja gar nicht."

"Wie?", fragte ich verwirrt und schaute sie eine Minute lang an, bis ich begriff das sie mich geschlagen hatte. "Au." 

Sie ignorierte letzteres und schenkte mir ihr breitestes Grinsen. "So schüchtern. Du bist ja hochrot geworden. Der wär doch was für dich."

Entgeistert starrte ich sie an und zog sie von den anderen weg. "Erstens, sei nicht so laut und zweitens, ich kenn ihn doch gar nicht."

"Aber er ist heiß."

"Ja, klar ist er das." Ich merkte wie ich grinsen musste.

"Wie hieß er gleich? Jake?"

"Josh.", flüsterte ich und starrte zu der Ecke hinter der er verschwunden war. 

Elena verschränkte die Arme vor der Brust und schaute mich ernst an. "Sag du mir nochmal das du dich nicht verliebt hast."

"Laber nicht.", murmelte ich und zog sie mit zu Helena und Anne, die schon mit dem Zimmerschlüssel nach uns Ausschau hielten. "Dann mal los.",sagte ich Enthusiastisch als wir begannen die Treppen hochzusteigen.

Fünf Minuten später hätte ich mich für diesen Enthusiasmus ohrfeigen können.

 

 

Endlich in unserem Zimmer angekommen ließ ich mich auf das Bett fallen das an der Wand in der Ecke stand. Ich hatte mir angewöhnt nachts aus dem Bett zu fallen und da ich keine weiteren blauen Flecken haben wollte, war meine Entscheidung leicht gewesen. Ich starrte an die Zimmerdecke und schloss für einen kostbaren Moment meine Augen ; ich hätte innerhalb von Sekunden einschlafen können aber ich wusste das es nicht geht. "Na dann heißt es wohl auspacken."

Ich quälte mich aus dem Bett und öffnete meinen Koffer. Ich gab die passende Nummer ein und wollte die Schnallen hochklappen, doch es gab ein Problem : die Schnallen wollten nicht.

"Elena.", knurrte ich während ich mit all meiner Kraft versuchte den Koffer offen zu bekommen. "Helf mir."

Nachdem weder sie, noch alle anderen aus meinem Zimmer meinen Koffer aufmachen konnten, taperte ich nach draußen auf den Flur und machte mich auf die Suche nach Frau Schüler, unserer Sportlehrerin. Als ich um die Ecke kam sah ich sie grade aus einem anderen Zimmer kommen. "Frau Schüler?"

"Robin?", entgegnete sie freundlich und kam auf mich zu. 

"Nun ja.. mein Koffer geht nicht auf und ich habe keine Ahnung wie..", druckste ich herum und starrte auf den Boden. 

"Zimmer?"

"61"

Mit Frau Schüler im Schlepptau maschierte ich wieder in mein Zimmer und wieß auf den widerspenstigen Koffer, der so geschlossen wie eh und je in der Mitte des Zimmers stand.

Nach weiteren zehn Minuten und der Hilfe eines weiteren Lehrers hatte ich endlich meinen Koffer offen und meine Sachen im Zimmer verteilt. 

Ich zog meine Hausschuhe an, in Form von zwei plüschigen weißen Hunden die so kitschig aussahen das selbst Prinzessin Lillifee schlecht geworden wäre, aber sie waren bequem. Mir fiel ein das ich Lily noch nicht von meiner neusten Entdeckung berichtet hatte, also zog ich mir schnell eine Jogginghose und einen Hoodie an und schlich in meinen Hundeschuhen durch den Flur. Ich hopste die Treppen hinunter, schwang mich um die Ecke und knallte in etwas hartes. "Verdammt", murmelte ich und hielt mir die Stirn. 

"Robin."

Mir lief es heiß und kalt den Rücken herunter als ich die schon bekannte tiefe Stimme hörte. "Josh?"

"Schicke Schuhe.", grinste er und schaute runter. 

Innerlich verfluchte ich mich für meine Dummheit nicht besser auszusehen.

"Ja, ich weiß, muss dann auch wieder", stotterte ich und lief weiter ohne mich nochmal umzusehen. Sobald ich in der Lobby war blieb ich stehen. "Verdammte Scheiße", fluchte ich und schlug mir die flache Hand gegen die Stirn.

"Das hab ich jetzt aber nicht gehört."

Die belustigte Stimme von Herr Vogt, dem Sportlehrer der Jungs ließ mich erstarren. 

"Entschuldigung.", stammelte ich und drehte mich schnell um.

"Schon okay ich muss auch weiter." Er war schon an mir vorbeigegangen als ich ihn noch : "Hübsche Schuhe", murmeln hörte.

 

Kapitel 2 : Alte und Neue Gesichter

"So ihr lieben, ich habe eine kurze Ansage zu machen.", verkündete die Sportlehrerin der anderen Klasse. "Morgen werden wir das erste mal ins Tal fahren und sehen, wie ihr euch auf Skiern verhaltet. Wenn wir wieder zurück kommen werdet ihr eine Stunde Zeit haben euch frisch zu machen, dann gibt es Abendessen, pünktlich um sechs. Danach habt ihr eine weitere halbe Stunde Zeit und dann kommt ihr bitte in die Aufenthaltsräume für das Abendprogramm. Alles klar soweit?"

Ich löffelte meinen Pudding vor mich hin und hörte nur mit einem halben Ohr zu. Ich musste mich nur an Elena halten und alles würde seinen Lauf nehmen.

"Und wir werden euch am Ende des Tages in Gruppen einteilen entsprechend eurer Leistungen.", fügte sie noch hinzu.

Ich verdrehte die Augen und schaute durch den Saal ; meine Klassenkameraden schienen genauso begeistert zu sein wie ich. Mein Blick wanderte weiter zur Glastür durch die wir gekommen waren. Eine andere Klasse dränge sich in Richtung des anderen Speisesaals ; ich sah ein ziemlich großes Mädchen mit braunen lockigen Haaren vorbeihuschen, die neugierig zu uns schaute und irgendjemanden zu suchen schien. Als unsere Blicke sich trafen grinste sie triumphierend. Ich verstand die Welt nicht mehr, ich kannte sie nicht mal. Plötzlich schob sich Josh von hinten an ihr vorbei, packte sie augenrollend am Arm und zog sie mit sich. 

"Wer war denn das?", murmelte Elena entgeistert und starrte zur Tür. "Der hat eine Freundin?"

Ich zuckte mit den Schultern und blinzelte ein paar Mal ; mich hatte es nicht zu interessieren was er mit irgendjemandem hatte. "Ich weiß nicht."

"Frag ihn doch.", forderte sie mich auf. 

"Du hast sie nicht mehr alle.", fauchte ich zurück und knallte meinen Löffel auf den Tisch. "Ich habe keinen Hunger mehr, wenn mich jemand sucht, ich bin duschen."

Genervt stürmte ich aus dem Saal und die Treppe hoch. Genau in dem Moment öffneten sich unten die Türen der Lobby und eine weitere Klasse strömte ins Hotel ; es war nur nicht irgendeine Klasse. Der Englisch Leistungskurs unserer Schule war wohl nachgefahren. Neugierig blieb ich auf der untersten Treppenstufe stehen und suchte die Menge nach bekannten Gesichter ab ; ich wurde tatsächlich fündig. Ein großer, breiter Junge bahnte sich einen Weg zu mir durch und schloss mich in die Arme. Ich hätte ja irgendwas gesagt aber er drückte mich so fest das mir fast die Luft wegblieb. "Hey", presste ich mit Mühe hervor.

"Hey Kleine", grinste Jack und stellte mich wieder auf die Füße. "Bin jetzt auch da."

Ich wollte grade erwidern wie sehr mir das entgegenkam, als der zweite Speisesaal geöffnet wurde und die Schüler sich Richtung Treppe bewegten ; ich bemerkte wie die meisten Mädchen große Augen bekamen und grinste innerlich. Komischerweise fiel mir direkt wieder das große Mädchen ins Auge, das etwas abseits lief. Sie musterte Jack bis sie meinen Blick bemerkte und hastig wegschaute. Als hinter ihr Josh auftauchte und Richtung Treppe steuerte wurde ich plötzlich hektisch. Ich fuhr mir hastig durch die Haare und lehnte mich dann gegen die Wand um so lässig wie möglich auszusehen. 

"Robin", begrüßte mich grinsend Josh im Vorbeigehen und verlangsamte seinen Schritt etwas. 

"Josh", versuchte ich in genau dem beiläufigen Ton zu sagen, doch ich spürte wie mir das Blut ins Gesicht schoss. 

Aus dem Augenwinkel sah ich wie Jack's Blick mit hochgezogenen Augenbrauen von Josh zu mir und wieder zurück wanderte. Als Josh verschwunden war drehte ich mich wieder zu ihm. "Was?", fauchte ich. 

"Nichts." Er grinste und hob beschwichtigend die Hände. "Du scheinst ihn interessant zu finden."

"Ach was." murmelte ich und suchte nach einer passenden Ablenkung ; und da stand sie. 

"Du scheinst da auch eine Verehrerin zu haben", bemerkte ich trocken und nickte unauffällig in die Richtung des Mädchens, das ihn immer noch anstarrte. 

Jack drehte sich um und musterte sie grinsend. "Nicht schlecht."

Ich rollte die Augen ; er mochte zwar wie ein Bruder sein aber manchmal gingen mir seine Mädchengeschichten echt auf den Keks. 

"Ich bin müde.", lächelte ich. "Wir sehen uns morgen?" Ohne eine Antwort abzuwarten huschte ich die Treppen nach oben, hastete zu unserem Zimmer, knallte die Tür hinter mir zu und schloss sie ab. Das war mir für diesen Tag genug Aufregung. Resigniert nahm ich die nötigen Sachen und stieg ging ins Badezimmer.

 

Ich genoss die warmen Wasserstrahlen und schloss für einen Moment meine Augen ; genau das brauchte ich nach so einem Tag. Draußen hörte ich wie die Tür geöffnet wurde und ein paar Leute die sich murmelnd unterhielten. Ich entspannte mich ein wenig ; es waren sowieso nur meine Freundinnen die sich entschlossen hatten auch ins Zimmer zu gehen.

"Geh raus.", brüllte Elena genervt und ich hielt verdutzt inne. Mit wem sprach sie - 

"Aber warum denn?", man hörte das Grinsen in der arroganten männlichen Stimme förmich heraus. Moment, ich kannte diese Stimme. 

"Simon?! Geh aus dem Zimmer raus!", rief ich durch die geschlossene Tür.

"Weil alles was du hier drin machen kannst, Robin beim duschen zuhören ist.", erwiderte Elena genervt und und ich hörte wie sich sich demonstrativ vor die Badezimmertür stellte. Ich nahm das als mein Zeichen, sprang aus der Dusche und versuchte mich so schnell wie möglich anzuziehen. 

"Vielleicht will ich ja Robin beim duschen zuhören.", lachte Simon jetzt, trotzdem hörte ich die schweren Schritte unser Zimmer verlassen. Erleichtert atmete ich auf und betrat unser Zimmer. Elena, Anne und Helena kugelten sich auf dem Bett vor Lachen. "Das kann auch nur dir passieren, Robin.", lachte letztere und kämmte sich ihre langen blonden Haare. Genervt ließ ich mich auf mein Bett fallen und schaute auf mein blinkendes Handy. Elena folge meinem Blick und grinste. "Hat grad jemand angerufen. Irgendein Mädchen."

Verwirrt schüttelte ich den Kopf und legte es wieder weg, es war wohl nichts alzu wichtiges gewesen. 

"Haben wir heute Abendprogramm?", fragte ich gelangweilt und zog mir wieder meine Hundehausschuhe an. 

Kapitel 3 : Der Unbekannte

"I DON'T CARE, I LOVE IT!"

Ich richtete mich kerzengrade im Bett auf und erholte mich von dem Schock, den ich soeben erlitten hatte. Irgendein Idiot, wahrscheinlich Elena, hatte meinen Handywecker, den ich so vorsorglich ausgestellt hatte, wieder angemacht. 

Genervt drückte ich auf dem Display rum bis es mir zu viel wurde und ich einfach den Akku heraus riss.

"Elena!", brüllte ich und beobachtete mit Genugtuung wie sie mit den Armen rudernd aus dem Bett fiel. "Was fällt dir ein an mein Handy zu gehen?!"

Ihre genuschelte Antwort konnte ich nicht verstehen also packte ich einfach genervt meine Anziehsachen und verschwand ins Badezimmer. 

 

Punkt sieben, hatten sich alle Schüler in unserem Speisesaal versammelt und warteten geduldig darauf, das es essen geben würde. Ich hörte unserer Sportlehrerin wieder einmal nicht zu und starrte zur Glastür in der Hoffnung das sich die andere Klasse auch gleich zum Frühstück begeben würde. Grade als ich mich enttäuscht wieder meinem Müsli zuwenden wollte, erschienen die ersten Schüler auf der Treppe und unter ihnen auch Josh. Er trug eine schwarze Jogginghose und einen dunkelgrauen Hoodie

"Der Kerl da. Der heiße mit den schwarzen Haaren", flüsterte Elena meinen anderen Mitbewohnerinnen zu. 

Ich drehte ruckartig meinen Kopf zu ihnen. "Was?"

"Auf den steht sie", kicherte Elena und Anne und Helena nickten annerkennend. 

"Ich versteh dich da voll und ganz Robin.", fing Anne an zu plappern und vergaß das sie ihren Ellbogen in ihre Müslischale gesetzt hatte. "Ich sehe alleine an seinem Gesichtsausdruck, das er richtig cool ist und -"

Ich blendete den Rest des Gespräches aus und starrte auf den Tisch vor mir. Was war denn mit mir los? Ich kannte ihn nicht mal. Ich wusste nur seinen Namen und das er verdammt gut aussah. 

 

Nachdem wir uns alle umgezogen hatten, standen wir dick eingemummelt unten vor dem Hotel und versuchten auf unseren neuen Skischuhen zu laufen. Ich verlor drei Mal das Gleichgewicht und wäre beinahe gestürzt, doch ich fand immer rechtzeitig irgendeinen Rucksack an den ich mich klammern konnte, zum Pech desses Besitzers, der anstelle von mir im Schnee landete. Endlich bei meiner Gruppe angekommen schaute ich mich erst einmal um. Um zum Skigebiet zu kommen, war eine kurze Fahrt mit dem Bus nötig. 

"Es wird eine schöne, entspannte Fahrt zum Berg. Im Bus wird nicht gedrängelt oder geschubst ist das klar?", rief uns Herr Vogt auf dem Weg zur Bushaltestelle in Erinnerung. "Wer nicht rein kann, nimmt den nächsten."

"Woher zur Hölle soll man dann wissen wo man aussteigen muss?", beschwerte sich Elena leise und wurde prompt vom Lehrer unterbrochen. "Elena, wenn es bei dir der Fall sein sollte, was ich nicht glaube, wirst du nicht so blind sein einen riesigen Berg zu übersehen." 

"Aber..", erwiderte Elena genervt. "Hier sind überall Berge."

"Ja, das weiß ich." Die Stimme von ihm klang genervt wie eh und je. "Aber nicht alle haben einen riesigen Torbogen vor dem Eingang auf dem 'Willkommen im Bruchtal' steht."

Den Rest des Weges setzten wir schweigend fort und warteten geduldig auf den Bus.

 

Ich meinte mich zu erinnern gehört zu haben, dass die Fahrt 'schön' und 'entspannend' ablaufen würde. Ich muss mich wohl verhört haben. Die folgenden fünfzehn Minuten versuchte ich einfach nur zwischen den wogenden Menschenmassen nicht zerquetscht zu werden. Zwei Mal traf mich beinahe ein Skihelm am Kopf und gefühlte Hundertmal rammte mir jemand seinen Ellbogen in den Bauch. 

Zu allem Überfluss wurde ich die ganze Fahrt von jemandem angestarrt, der wie viele andere auch seine Skibrille schon aufgesetzt und den Schal tief ins Gesicht gezogen hatte. Ich versuchte nicht alzu nervös zu wirken, trotzdem machte mich dieser ausdruckslose Blick irre. Endlich am Berg angekommen, erwartete mich der nächste Schock. 

"Wir werden euch jetzt in Partner aufteilen ; immer ein erfahrener Skifahrer und ein Anfänger. Durch eure Anmeldungen wissen wir glücklicherweise ja, wer von euch welcher Gruppe angehört. Da alle Leute so laut redeten das ich fast nicht verstand welche beiden Leute aufgerufen wurden, stand ich einfach schüchtern an der Seite und sah, wie immer mehr Leute in Richtung des Skiliftes verschwanden. Ich bemerkte, dass es meistens immer ein Junge und ein Mädchen waren.

Plötzlich sah ich den Typen aus dem Bus auf mich zukommen und bekam große Augen. Das konnte doch nicht wahr sein. 

"Bist du Robin?", fragte eine gedämpfte Stimme. 

"Ja. Und wie heißt du?", fragte ich verwirrt.

"Nicht Robin. Komm , wir müssen los." Bevor ich antworten konnte maschierte er schon los und ließ mir nichts anderes übrig, als hinter ihm herzulaufen wie ein treudoofer Hund.

 

Kapitel 4 : Aber ich mag ihn nicht

"Du..solltest vielleicht wissen das ich Höhenangst habe.", murmelte ich leise als ich mit meinem neuen Partner in der Reihe stand. Er brummte als Zeichen das er mich verstanden hatte. 

"Kannst du mir deinen Namen sagen? Ich würd mich besser fühlen und wir könnten vielleicht reden?", fragte ich langsam und rutschte auf meinen Skiern ein Stück nach vorne. Vor uns standen nur noch zwei Paare. 

Wieder nur ein Brummen. Ich deutete es als ein Nein und seufzte leise, weshalb er mich von der Seite her ansah und musterte. 

"Könntest du aufhören mich anzustarren als sei ich ein Monster oder sowas?", grummelte ich genervt und er drehte seinen Kopf wieder weg. Nur noch ein Paar vor uns.

"Kannst du eigentlich auch was sagen?" Ich konnte die Wut in meiner Stimme nicht mehr unterdrücken. 

Ruckartig wendete er sich wieder mir zu und atmete tief ein und aus. "Klar."

"Warum tust du es dann nicht?" 

Wir standen jetzt ganz vorne in der Reihe und schlitterten bis zur Markierung.

"Beine etwas beugen.", wies er mich knapp an. "Stöcke in die rechte Hand, mit der anderen vorne an den Sitz fassen wenn der Lift kommt."

Überrascht von den plötzlichen Worten starrte ich ihn an, bis ich den Lift näherkommen sah und hastig das tat, was er mir befohlen hatte. 

Wir ließen und in den wackligen Lift fallen und mein Partner klappte das Gitter runter. Ich versuchte krampfhaft nach oben zu schauen und nicht nach unten, wo mich sicherlich der Tod erwarten würde, sollte ich es wagen mich zu bewegen.

Der Typ neben mir schien mein Unbehagen zu bemerken, denn er zog sich den Schal vom Gesicht und klappte die Brille hoch, damit ich ihm endlich ins Gesicht sehen konnte. Er sah nicht schlecht aus, braune Haare und ebenso braune Augen, die nicht unfreundlich , aber auch nicht freundlich aussahen. "Jackson."

Ich war so beschäftigt damit gewesen mein Gegenüber zu mustern, dass ich ganz die Höhe vergaß, in der wir uns befanden. 

"Dich hab ich doch schonmal gesehen.", platzte es aus mir heraus und direkt wurde ich rot. 

"Das gleiche kann ich von dir behaupten.", erwiderte er lässig und lehnte sich ein Stück zurück. Mir fiel auf wie groß und breit er war.

"Ja, im Bus oder wie?", fragte ich schüchtern nach. 

"Nein, auch in der Herberge."

Daher kannte ich ihn also. Innerlich schlug ich mir die Hand vor die Stirn, bis ich bemerkte was die Worte bedeuteten die er soeben von sich gegeben hatte. 

"Wieso bin ich dir aufgefallen?" Ich hoffte meine Stimme würde nicht so aufgeregt klingen, wie ich war. Von der anderen Klasse wusste nur einer meinen Namen und Jackson hatte mich selbstverständlich mit ihm angesprochen also -

"Von einem Kumpel", antwortete er nüchtern. 

"Wem genau?" Jetzt hatte sogar ich gemerkt wie aufdringlich ich klang. Beschämt schaute ich nach unten und bereute es sofort ; der Abstand zum Boden hatte sich ständig vergrößert, verdammt. 

"Ich merke grade was er meinte." Täuschte ich mich oder grinste Jackson wirklich ein bisschen? 

"Was meinte wer?", fragte ich kleinlaut.

"Mein bester Freund meinte - oh wir sind da. Pass auf ich klapp das Gitter hoch. Steig erst aus wenn wir wirklich oben sind. Hab keine Lust dich aus dem Netz fischen zu müssen."

Sicher oben auf dem Berg angekommen, schaute ich mir die vielen Leute an die an uns vorbei rasten, schneller als ich je sein werde.

"Jackson..", fing ich langsam an und merkte wie meine Stimme zitterte. 

Ich zuckte leicht zusammen als ich seine Hand auf meiner Schulter spürte. "Kein Problem halt dich einfach an mich und mach das, was ich tue ja? Ich pass auf das nichts passiert."

Die Abfahrt glich einer Qual, und wie durch ein Wunder schaffte ich es mit Jacksons Hilfe sicher unten anzukommen.

"Nie, nie, nie wieder.", keuchte ich atemlos und schaute Jackson von der Seite her an. 

"Schätzchen, das musst du noch eine ganze Woche aushalten.", grinste dieser und schaute über meine Schulter hinweg auf irgendwas. Ich drehte mich automatisch um und traute meinen Augen kaum : 

Elena kam auf mich zugelaufen, einen Kerl hinter sich herschleifend. "Was..?", setzte ich an doch Elena blieb grinsend vor mir stehen und strahlte förmlich. "Rate mal wer mein Partner ist!" Erst jetzt schien sie Jackson neben mir bemerkt zu haben und setzte sofort ihre coole Maske auf. "Und du bist?", fragte sie gelangweilt. 

"Geht dich nichts an.", erwiderte er in dem selben Ton und verschränkte die Arme vor seiner breiten Brust. Sie starrten sich emotionslos an. Bevor die Sache eskalieren konnte räusperte ich mich kurz. 

"Elena, Jackson.", stellte ich sie knapp einander vor und sie schnaubten gleichzeitig. Ich zog die Augenbrauchen hoch und sah wie sie beide ernsthaft versuchten ein Grinsen zu unterdrücken. Ich hatte da so ein Gefühl das ich endlich jemanden kannte der Elena im Punkte Schlagfertigkeit ebenbürtig war. Nun setzte auch Elenas Partner seinen Helm ab und ich blickte in Joshs graue Augen die belustigt die beiden streitenden neben uns beobachteten. "Reg dich ab Jackson, lass und was Essen gehen, es ist beinah mittags.", grinste er und warf mir einen kurzen Blick zu. "Wollt ihr beiden mitkommen?"

"Klar", erwiderte ich. "Never.", antworteten Elena und Jackson im Chor. Ich sah wie Josh genervt Jackson am Arm packte und ihn mit sich in Richtung Almhütte zog. Ich schaute ihnen kurz nach und wirbelte dann zu Elena herum, die sich schon geduckt hielt da sie wusste was sie erwarten würde. "Wie konntest du - ich - mir fehlen die Worte - das war fast ein Date!", brauste ich auf.

"Ich mag ihn aber nicht.", flüsterte sie leise.

"Wen?"

"Jackson oder wie er heißt. Josh ist richtig in Ordnung.", antwortete sie lächelnd.

"Jackson ist auch in Ordnung. Und versuch mich nicht anzulügen, ich hab in deinem Blick gesehen das du ihn magst."

Elena hatte den Mund schon geöffnet als eine Stimme ihr das Wort abschnitt. 

"Und er mag sie auch, so wie ich ihn kenne."

Wir drehten uns um und starrten ungläublich das große Mädchen an, das mir in der Lobby schon aufgefallen war. 

"Woher willst du das wissen?", fragte Elena kalt und musterte sie. 

"Vielleicht weil das meine besten Freunde sind.", schoss sie zurück und verschränkte die Arme genauso wie Jackson es getan hatte. 

"Beste Freunde?" Ich atmete erleichtert aus. Also nicht seine Freundin.

"Ich bin Carina.", lächelte sie mich freundlich an. "Wollen wir essen gehen und dann reden wir weiter?"

 

 

Kapitel 5 : Das war Jack

"Du hast mich angeschaut und gegrinst. Woher wusstest du das ich es bin?", fragte ich sie lachend und schaute Carina von der Seite an, die sich grinsend eine Pommes in den Mund steckte. 

"Naja, er hatte was von süß, klein und rotblond gesagt.", erklärte sie. "So viele sitzen ansonsten nicht da rum."

Meine Wangen die sowieso schon rot waren wurden noch röter als ich auf den Tisch schaute und nochmal innerlich zusammenfasste was sie mir eben berichtet hatte. Josh hatte sie mit in sein Zimmer gezogen und berichtet er wie ein kleines Mädchen reingerannt war. Carina hatte sich die Geschichte still angehört und nichts besonderes entdeckt. Was sollte daran so schlimm sein? Sie versprach ihm jedoch mal einen Blick auf mich zu werfen, damit sie ihm ihre Meinung ihr bezüglich sagen konnte.

"Was hast du ihm denn gesagt?", fragte Elena und starrte an die gegenüberliegende Wand. Seit dem Zusammentreffen mit Jackson war sie nachdenklich geworden. "Ich hoffe nur das aller Beste.", setzte sie drohend hinzu.

Carina zuckte mit den Schultern. "Naja, ich hab gesagt das sie ganz süß ist und er sich mal mit Robin unterhalten sollte, wenn er sie süß findet."

"Echt?" Ich konnte spüren wie sich ein riesen Grinsen auf meinem Gesicht ausbreitete. 

"Ja, echt.", widerholte sie lächelnd. "So wie ich das mitbekommen habe, hatte er das ja vor. Bis dir deine Freundin hier einen sauberen Strich durch die Rechnung gemacht hat."

"Danke Elena." Den Blick den ich ihr zuwarf triefte vor Sarkasmus.

"Ich mag ihn halt nicht.", widerholte Elena die Worte die sie schon zuvor rausgepresst hatte. 

"Was hast du denn gegen ihn?", fragte ich verwirrt. "Zu mir war er nett."

Carina lachte auf und als sie den fragenden Blick von uns beiden sah, lachte sie noch lauter und stieß ihre Cola Dose um, die auf der Skihose eines anderen Jungen landete.

"Jackson und nett.", kicherte sie und versuchte sich einzubekommen. "Nie zu einer Fremden."

"Aber warum war er denn dann nett zu mir?"

"Ich weiß nicht.", antwortete sie wahrheitsgemäß. "Vielleicht weil du Josh aufgefallen bist und Jackson es sich nicht leisten kann dich beim Skifahren verecken zu lassen."

Betreten schaute ich auf den Boden. "Achso"

"Der Jackson den Elena kennengelernt hat, ist der normale.", klärte sie uns auf. "Keine Sorge, er ist nicht so wie er immer tut."

Elena schaubte laut was Carina dazu brachte ihr einen warnenden Blick zuzuwerfen. "Du musst ihn auch nicht mögen. Halt dich dann einfach von ihm fern."

Elena widerrum schwieg und stocherte in ihren Pommes herum.

"Wieder zu Josh und dir.", murmelte Carina genervt und wante sich an mich. "Hast du nicht Lust dich mal mit ihm zu treffen?"

"Klar.", antwortete ich zu schnell.

"Dann sieh zu das du ihm oft über den Weg läufst, am besten wenn niemand in der Nähe ist."

Ich nickte und zuckte zusammen, als Jack von hinten über meine Schulter griff und sich ein Stück Pizza nahm. "Ich darf doch oder?", grinste er und ich rollte genervt die Augen. "Kann dich ja nicht daran hindern. Wie viel hast du gehört?" 

"Genug", lachte er und strubbelte Elena durch die Haare, die genervt knurrte und seine Hand wegschob. "Da hat sich jemand ganz schön verknallt."

"Nie.", brummte Elena und machte sich auf den Weg nach draußen. "Bis nachher."

Jack ließ sich auf seinen Platz fallen und musterte Carina und mich kurz. 

"Katharina?", fragte er vorsichtshalber nach.

"Carina."

"Ah, dachte ich's mir doch.", grinste er und schaute sie durchdringend an, sodas sie unruhig auf der Bank hin und her rutschte.

"Du bist also eine Freundin von dem Kerl den Robin so toll findet?", fragte er interessiert nach. 

"Beste Freundin.", murmelte sie. 

"Mag er sie auch? Weil, ich hab keine Lust, dass es in einem Drama endet."

"Also bemerkt hat er sie aufjedenfall." Sie zuckte mit den Schultern und versuchte sich zu sammeln. "Darf ich fragen wer du bist?"

"Oh wie unhöflich von mir", grinste er charmant und hielt ihr seine behandschuhte Hand hin. "Jack."

"Carina", wiederholte sie während sie seine Hand kurz ergriff und wendete sich dann wieder der Pommes zu. "Und Jack, woher kennt ihr beiden euch?"

"Gehen auf dieselbe Schule." Er zwinkerte mir zu. "Sie saß beim Football Training meines Teams auf der Tribüne und irgendwann haben wir angefangen uns mit ihr zu unterhalten. Jetzt ist sie sowas wie unsere kleine Schwester." Er betonte das Wort klein so extrem das ich entrüstet schnaubte. "Jaja.", grummelte ich.

"Du spielst Football?", fragte Carina interessiert und schaute ihn an. 

"Ja.", erwiderte er lässig und grinste schief. 

"Nach deiner Statur zu urteilen bist du entweder Tight End oder Corner Back. ", meinte sie daraufhin und grinste unschuldig. Jack war für einen Moment aus dem Konzept gebracht. "Du kennst dich damit aus?"

"Ach", winkte sie grinsend ab und trank einen Schluck aus ihrer halbleeren Cola Dose. "Ich schau mir manchmal ein Spiel an."

Unser Gegenüber schaute sie einen Moment lang fasziniert an bevor er sich wieder fasste. "Tight End ist korrekt."

Ich schob ihr unauffällig mein Handy auf den Schoß, auf das ich schnell etwas getippt hatte. Sie warf unauffällig einen kurzen Blick drauf und nickte unmerklich, zum Zeichen das sie verstanden hatte.

"Spielst du lieber als H-Back oder Offensive Lineman in der I-Formation?", lächelte sie zuckersüß.

Nun war es ganz um Jack's Beherrschung geschehen. "Als ob du nur manchmal ein Spiel anschaust. Du verarscht mich doch." Er grinste breit. 

"Nein", lachte sie. "Also?"

"Lieber Offensive Lineman. Sag mal, was sagt dein Freund dazu, das du dich sogut mit Football auskennst?" Er schaute ihr direkt in die Augen und sie starrte wie hypnotisiert zurück. "Welcher Freund?", fragte sie verwirrt. 

Jack verkniff sich ein Grinsen bevor er aufstand und sich noch ein Stück Pizza griff. "Wer hat was von einem Freund gesagt. Robin, können wir heute Abend reden?", fragte er.

"Klar, um 9 in meinem Zimmer." Ich lächelte und winkte ihm zum Abschied. 

Carina schüttelte sich kurz und blinzelte ein paar mal. "Was war das denn?"

"Das war Jack.", lachte ich. "Und dich hat's erwischt."

 

Draußen wartete Jackson schon auf mich.

"Ach du kommst auch mal.", bemerkte er und fuhr Richtung Lift. Ich grummelte etwas unverständliches und folgte ihm um einiges uneleganter. In der Schlange lächelte ich ihn von der Seite an. 

"Was?", brummte er.

"Nichts.", antwortete ich schnell. "Tut mir leid wegen Elena."

"Deine Freundin da?" Er schaubte. "Bleib mir bloß weg mir der."

"Was hast du gegen sie?" Ich wollte wirklich wissen was die beiden dazu bewegte sich so zu hassen.

"Es ist nun mal so. Und jetzt sei leise."

"Jawohl sir.", grummelte ich und wollte schon losfahren als er mich am Arm festhielt und die Augen rollte. "Kannst du bitte aufhören die ganze Zeit zu versuchen dich umzubringen?"

 

Ich fiel erschöpft auf mein Bett und blieb bewegungslos liegen. Der erste Tag hatte mich so geschafft wir lange keiner davor. Elena kam ins Zimmer und schmiss sich mit dem Gesicht auf ihr Bett. "Was ist das hier für eine Scheiße.", murrte sie in die Kissen.

Genau in dem Moment platzten Helena und Anne heran. "Ratet was passiert ist!", lachten sie und warfen sich auf ihre Betten. 

"Was denn?", fragte ich müde und rieb mir die Augen.

"Herr Vogt hat die andere Klasse - die mit dem Kerl den du magst Robin - gebeten bei unserem Abendprogramm mitzumachen und sie hat zugestimmt!"

Mein Magen verformte sich zu einem Knoten als ich an die ganzen albernen Spielchen dachte, die wir zusammen durchziehen mussten. 

"Toll.", murmelte ich und lächelte, um ihre Begeisterung nicht zu zerstören. "Was steht heute an?"

"Wir bekommen einen Jungen aufs Zimmer verteilt und müssen ihn in ein Mädchen verwandeln.", grinste Helena.

Jetzt hatte sich auch Elena aufgerichtet und schaute interessiert zu uns rüber. "Wen haben wir bekommen." 

Grade als sie antworten wollte, klopfte es an der Tür und sie öffnete sich langsam.

 

Kapitel 6 : Lass das

"Nein."

Jackson starrte geschockt in unser Zimmer und sah erst Elena und dann mich und die anderen beiden Mädchen an, denen die Begeisterung immer noch ins Gesicht geschrieben stand. 

Elena drehte sich schnaubend zu mir um. "Warum er?"

"Tja meinst du ich bin begeistert davon?", knurrte Jackson und ließ sich auf mein Bett fallen. Ich rollte genervt die Augen ; das hieß also noch mehr Aufregung. 

Anne und Helena hatten sich breit grinsend neben Jackson gestellt und kicherten. Elena warf ihnen von der Seite einen scharfen Blick zu und schätzte die Situation ab. Dann griff sie ohne Umschweife in ihren Koffer, zog ein Schminktäschchen heraus und verschwand im Badezimmer. "Jackson. Hierhin.", rief sie kurz angebunden. 

Jackson jedoch sah nicht wirklich ein auf ein kleines Mädchen zu hören und blieb einfach liegen. "Zwing mich doch dazu.", meinte er uninteressiert und schaute an die Decke. 

"Bitte.", rief sie gleichgültig. "Das lass dich von den beiden anderen mit juckendem billigen Make Up verunstalten. Ist nicht mein Problem wenn du das vorziehst."

Jackson warf den beiden kichernden Mädchen einen Blick zu. Man könnte förmlich sehen wie er gegen den Drang ankämpfte Elenas Befehl zu folgen, doch schlussendlich gab er nach und verschwand ebenfalls im Badezimmer. Enttäuscht schauten Anne und Helena die Tür an, die genau in dem Moment abgeschlossen wurde. Gleichzeitig klopfte es an unsere Tür und Jack steckte seinen Kopf durch den Türspalt. "Robin? Wir wollten reden, erinnerst du dich?"

"Klar." Ich lächelte. "Komm rein."

An meine Mitbewohnerinnen gewandt fügte ich hinzu : "Könnt ihr uns bitte einen Moment allein lassen? Ich glaub nicht das er will das alle mithören."

Die beiden nickten zustimmend. 

 

"Du magst sie?" Mein Ton klang ungläubig, fast schon ironisch. So wie ich Jack kannte, konnte er sich gar nicht verlieben. Er fand Mädchen solange hübsch bis er sie ins Bett bekam und danach waren sie wie Luft. "Warum sie?"

Er schaute schüchtern auf meine Bettdecke. "Ich weiß nicht. Irgendwas geht von ihr aus und - Moment hörst du das?"

Ich lauschte angestrengt und hörte sogar was er gemeint hatte. 

"Lass das sein.", brummte eine tiefe Stimme aus dem Badezimmer. Man hörte wie etwas auf den Boden fiel und ein genervtes Stöhnen,was eindeutig von Elena stammte.

Jack schaute mich fragend an. 

"Elena schminkt den Kerl den sie hasst.", klärte ich ihn kurz auf. 

"Arme Sau.. Hört sich für mich aber anders an."

Ich starrte ihn einen Moment lang an, bis ich erkannte worauf er hinaus wollte. "Du denkst die beiden haben grade - nein Schwachsinn, unmöglich.", wimmelte ich ab und grinste. 

In dem Moment öffnete sich die Tür zum dritten Mal an diesem Abend. 

Ich hielt die Luft an als ich Josh im Türrahmen stehen sah ; er trug dunkle Jeans und ein enges Shirt. Seine Haare waren verstrubbelt wie immer, aber sahen trotzdem perfekt aus. Er ließ seinen Blick auf mir und Jack ruhen. 

"Stör ich?" Sein Ton war emotionslos. 

"Nein.", antwortete Jack an meiner Stelle und stand auf. "Ich wollte sowieso grade gehen."

Mit den Worten quetschte er sich durch die Tür und war verschwunden. 

Ich schaute Josh an und wünschte mir würde etwas Cooles zum erwidern einfallen.

"Ehm was machst du hier?", murmelte ich nervös und fasste mir unwirkürlich an die Kehle. Das machte ich immer wenn ich nervös wurde. "Also nicht das ich mich nicht freuen würde das du da bist aber ich hab dich nicht erwartet ansonsten hätt ich ehm.. aufgeräumt."

Ein kleines Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus. "Eigentlich wollte ich dich fragen ob du Lust hast mit mir was anderes zu machen als dieses Jungs verkleiden Ding?"

In mir machte mein Herz einen Hüpfer und blieb dann stehen. "Klar.", stotterte ich und wurde direkt wieder rot. "Aber ehm ist das überhaupt erlaubt?"

Er verdrehte kurz die Augen und grinste. "Wahrscheinlich nicht, aber ist auch egal. Also hast du Lust?"

Ich nickte schnell bevor meine Stimme wieder versagte. "Lass mich eben noch was drüberziehen ja?"

Ich fischte meinen schwarzen Oversize Hoodie aus dem Koffer und zog ihn mir über das dünne Top. In Socken, Hoodie und Shorts folgte ich Josh in den Flur. "Wohin willst du denn?", fragte ich neugierig. 

"In unser Zimmer am besten." 

Ich lief neben ihm die Treppen herunter und musste an Elena denken die mir mal gesagt hatte : Geh nie mit einem Jungen auf sein Zimmer, er will nur das eine.

Ich schüttelte grinsend den Kopf und knallte fast in Josh, der vor einer Tür stehen geblieben war und sie aufschloss. 

"Geh rein." Er lachte leise und trat einen Schritt zur Seite. Ich betrat das Zimmer und schaute mich staunend um. Das Zimmer war nicht aufgeräumt aber auch nicht unordentlich, außerdem standen drei Betten im Raum verteilt. Josh lief gradewegs auf das am Fenster zu und ließ sich drauf fallen.

Er klopfte grinsend auf den Platz neben sich. Schüchtern setzte ich mich im Schneidersitz ihm gegenüber und schaute ihn an. 

Er musterte mich kurz und lehnte sich dann gegen die Wand. "Du hast also Carina kennengelernt?"

"Ja." Ich lächelte. "Sie ist echt nett, ich mag sie."

Er grinste. "Wie siehts mit Jackson aus?"

Ich dachte kurz nach. "Er ist auch in Ordnung obwohl er und Elena sich nicht ausstehen können."

Er grinste und schüttelte den Kopf. "Ich hab da was anderes im Gefühl. Bei anderen die er nicht mag lässt er es einfach gut sein aber über sie regt er sich den ganzen Tag lang auf."

Ich kicherte. "Ja, das macht Elena auch."

 

Wir redeten seit gefühlten Stunden und ich fühlte mich immer wohler in seiner Gegenwart. Er sah nicht nur gut aus, er war auch noch lustig und charmant. Ich war unbewusst immer näher zu ihm gerückt, sodass ich die Beine über seinen Schoß gelegt hatte und sich unsere Schultern berührten. Ich ertappte mich immer wieder dabei wie ich an seinen Lippen hing wenn er etwas erzählte. 

Nach einer Weile schwiegen wir uns an, da keiner mehr ein Thema wusste über das wir reden konnten. Josh schaute mich nachdenklich an und plötzlich spürte ich seine Hand in meinem Nacken die mich sanft zu ihm zog. Ich beugte mich erwartungsvoll zu ihm und wollte grade meine Augen schließen als die Zimmertür aufflog und eine schwer atmende Carina ins Zimmer gestürzt kam. 

Josh und ich schreckten auseinander und starrten sie an ; Josh genervt, ich geschockt. 

Sie musterte uns beide kurz und lachte dann leise. "So ist das also. Naja, ihr müsst das sehen kommt mit."

 

"Oh mein Gott.", murmelte ich und starrte auf die Parade als Mädchen verkleideter Jungs. "Die tun mir so leid."

Carina grinste und winkte jemanden über meine Schulter heran. Als Josh sich umdrehte lachte er laut los und brachte so den Neuankömmling zum knurren. 

Vor uns stand Jackson. Nur das Jackson nicht mehr wie Jackson aussah, sondern wie der Transen Jackson. 

Seine kurzen braunen Haare waren zu zwei kleinen Zöpfchen geflochten die an der Seite abstanden. Er hatte neben Eyeliner auch blauen Lidschatten sowie Lippenstift aufgetragen bekommen. Auf seinen Wangen fand sich ein Hauch pinker Rouge. 

Elena hatte ihm anscheinend ihr pinkes Oversize Unicorn Shirt gegeben, das seinen muskulösen Bauch freiließ und sich über seinen breiten Oberkörper spannte. Zusätzlich trug er kurze Leggins, ein paar rose Hausschuhe die wie Boots aussahen und um alles abzurunden baumelte an seinem Arm die glitzernde Handtasche, die Elena zu Partys gerne mitnahm. Ich konnte mich nicht mehr halten und fing ebenfalls am zu lachen.

"Lacht ruhig." Sein Ton war so befrohlich das wir schlagartig ruhig wurden. "Aber die da" Er wies hinter sich zu der Ecke in der meine restlichen Mitbewohnerinneren mit Elena standen und kicherten. "Sollte besser aufhören sich zu freuen. Das bekommt sie alles zurück."

 

Kapitel 7 : Ja, oh.

Nachdem wir alle wieder auf unsere Zimmer verschwunden waren lag ich im Bett, starrte an die Decke und ließ den Abend nochmal in mir ablaufen. Er hatte wirklich versucht mich zu küssen. Ich musste grinsen und kam mir im nächsten Moment unendlich kindisch vor. 

"Was grinst du so?" Plötzlich stand Elena neben mir und ließ sich auf mein Bett fallen. "Wegen nichts.", log ich und seufzte leise. Vielleicht hatte ich mir alles auch nur eingebildet. 

"Laber nicht. Wegen Josh oder? Helena und Anne meinten das du mit ihm weggegangen bist.", kam sie auch schon gleich zur Sache.

Ich ließ mir lange Zeit um zu antworten. "Ja."

Elena knuffte mich in die Schulter. "Nur ja? Los, erzähl mir alles."

Seufzend gab ich nach und erzählte ihr die ganze Geschichte. Als ich zu der Stelle mit dem beinahe Kuss kam, grinste sie breit. 

"Was hatte ich dir gesagt? Er mag dich doch."

Ich murmelte ich irgendwas unverständliches. "Jaja. Wie liefs mit Jackson? Er sah ja nicht grade begeistert aus von seinem neuen Look."

Plötzlich erröterte sie bis zum Ansatz ihrer vollen blonden Haare. 

"Was?", ich schaute sie verwirrt an.

"Nichts." Sie fuhr sich durch die Haare und schielte zum Badezimmer. Mir fiel wieder ein was Jack mir am Abend erzählt hatte und bekam große Augen. "Ihr habt doch nicht ernsthaft -"

Sie schnitt mir das Wort ab indem sie einfach aufstand und sich wieder in ihr Bett legte. "Gute Nacht Robin."

 

 

Am nächsten Morgen beim Frühstück starrte ich müde auf meinen Quark und rieb mir die Augen. Selbst in sowas wie Ferien musste man um sieben Uhr raus. 

"So", flötete unsere Sportlehrerin. "Wir haben uns gedacht, das wir die Gruppenbildungen dieses Jahr komplett weglassen."

Ich horchte interessiert auf und merkte wie meine Mitschüler es mir gleichtaten. 

"Die Partner die ihr gestern zugewiesen bekommen habt, werdet ihr die komplette Woche behalten. Die andere Klasse hat sich freundlicherweise bereit erklärt, ihr Programm mit unserem zu verbinden. Außerdem habt ihr so mehr Freiraun und jeder kann so fahren, wie er es braucht. Folgendes solltet ihr jedoch beachten -"

Während sie weiter redete schaltete ich ab und lehnte mich auf meinem Stuhl nach hinten. Das hieß für mich konkret das ich mehr Zeit mit Jackson als mit meinen Freundinnen verbringen würde. 

Ich bemerkte wie Elena mich von der Seite anstarrte. "Können wir nicht Partner tauschen?"

Ich starrte sie verwundert an und suchte nach einem Zeichen von Verlegenheut in ihrem Gesicht, doch sie hatte ihr Pokerface aufgesetzt. 

"Ich dachte du magst Jackson nicht?", fragte ich vorsichtig. 

"Tu ich auch nicht.", antwortete sie zu schnell. "Aber dir würde es doch sicher gefallen wenn du mit Josh zusammen fahren könntest oder?"

"Ja schon.", gab ich zu. "Aber seit wann steckst du für mich zurück?" Wenn Elena das äußerst selten mal tat, sprang immer etwas für sie raus. 

"Mein Gott ich wollte nur nett sein.", knurrte sie und starrte mich sauer an. 

"Weiß ich zu schätzen", versuchte ich sie zu besänftigen und bemerkte wie wir schon Blicke zugeworfen bekamen. 

"Aber ich glaube nicht das Jackson darüber so glücklich wäre."

"Dann halt nicht.", sie zuckte mit den Schultern und stand auf.

 

 

Ich saß schweigend neben Jackson im Lift und versuchte, genau wie gestern nicht nach unten zu schauen. 

"Und, von dem Make-over schon erholt?", versuchte ich ein Gespräch ans laufen zu bringen und schaute ihn von der Seite her an. Er drehte nur genervt den Kopf in die andere Richtung und ich seufzte. "Hör mal ich kann auch nichts dafür das ihr beiden euch hasst aber - "

"Sie ist einfach so... ich weiß auch nicht.", platzte es aus ihm heraus. Er klappte seine Skibrille hoch und sah mich wütend an ; ich konnte förmlich sehen wie seine Augen Funken sprühten. 

"Was?"

"Von ihr geht so etwas aus was mich sie hassen lässt, ich weiß es nun mal nicht.", knurrte er. "Lass mich mit der einfach in Ruhe."

"Sag mal" Ich war neugierig geworden. "Was habt ihr im Badezimmer gemacht?"

Er sah mich emotionslos an, doch ich merkte wie sein Mundwinkel leicht zuckte. "Sie hat mich verunstaltet was denn sonst?"

"Nichts nichts.", murmelte ich und wandte meinen Blick ab um mein Grinsen zu unterdrücken. Da hatten die beiden ernsthaft im Badezimmer - 

"Wir sind da.", unterbrach Jackson meine Gedanken und klappte den Bügel hoch. 

"Bereit?"

"Niemals.", knurrte ich resigniert, setzte mich dann aber doch in Bewegung und folgte ihm den Berg herunter. 

 

"Wie liefs mit Jackson?", fragte Carina Elena fröhlich, ließ ihr Tablett neben meins knallen und setzte sich auf die Bank. Ich warf ihr einen scharfen Blick zu ; das Thema provozierte sie nur. Überraschenderweise ignorierte Elena sie nur und schaute auf ihre Spaghetti. 

"Was meinst du damit?", fragte ich das große Mädchen und versuchte meine Spaghetti ordentlich aufzuwickeln. 

"Ich meine damit das unsere Elena hier gestern mächtig Spaß gehabt haben muss.", flötete Angesprochene und grinste breit. 

Mein Blick schnellte zu meiner Freundin, die Carina mit einem Todesblick bedachte. 

"Ich weiß nicht wovon du redest."

Carina verdrehte theatralisch die Augen und beugte sich zu mir rüber. "Ich bin gestern nochmal ins Zimmer der Jungs gehuscht um mich zu entschuldigen und da hab ich zufällig gehört wie Jackson zu Josh meinte 'die Kleine ist eine Bombe so wie die im Badezimmer abgegangen ist, ich will nicht wissen was passiert wäre wenn wir alleine im Zimmer gewesen wären.' "

"Elena", quietschte ich und schaute sie mit großen Augen an, doch die schaute ungewöhnlich nachdenklich für ihre Verhältnisse, beinahe traurig.

"Er redet nicht von mir Robin, das muss jemand anderes gewesen sein."

Meine jahrelange Freundschaft mit Elena hatte mich gelehrt ihre Gefühle erkennen zu können und grade war sie eindeutig verletzt. 

Carina hielt erschrocken die Luft an. "Oh ."

"Ja, oh.", stimmte Elena zu, schnappte sich ihr Tablett und stolzierte aus dem Raum nach draußen in den Schnee.

"Tut mir leid übrigens, das ich dir das gestern so versaut hab.", sagte sie nach einer Weile. 

"Schon okay." Ich lächelte. 

"Also, so wie ihr da saßt war es ziemlich eindeutig aber erzähl mir trotzdem alles."

Ich seufzte und erzählte zum zweiten Mal was gestern Abend abgelaufen war. Carina jedoch schien die Sache mit mir und Josh komplett vergessen zu haben. Sie starrte verträumt in die Luft. 

"Carina. Hey, Carina!" Ich schnippste mit meinen Fingern vor ihrem Gesicht rum. "Erde an Carina."

Sie blinzelte mich erschrocken an und grinste dann breit. "Er mag mich."

Ich atmete tief durch und wandte mich wieder meinem Essen zu. "Scheint so."

"Er ist so toll", schwärmte sie und vergaß weiter zu essen. "Meine Freundin hat ihn als Partner bekommen, aber wir wollen bald tauschen. Dann kann ich den ganzen Tag mit ihm verbringen."

Ich lachte leise. "Ich könnte das nicht."

"Stimmt.", flüsterte sie geschockt. "Worüber soll ich denn dann reden?"

"Football.", schlug ich hilfsbereit vor.

Sie zog einen Schmollmund. "Aber davon versteh ich nichts."

"Dann lass ihn reden und lächel einfach nett. Vergess nur nicht teilweise Ja oder Toll zu antworten" Ich grinste und stellte meinen leeren Teller auf mein Tablett. "Ich sollte wieder gehen oder mein Partner explodiert noch."

 

Kapitel 8 : Sie hat meinen Zettel

Nach einem weiteren anstrengenden Nachmittag, vollgepackt mit Schnee und schmerzhaften Stürzen, saß ich abends mit meinen Freundinnen am Tisch und wartete auf das Abendessen. "Was gibt es denn?", fragte ich gähnend und lehnte mich auf meinem Stuhl zurück. 

"Spätzle", klärte Helena mich auf und schaute auf den weit entfernten Plan. "Mit, Frikadellen glaube ich, wenn ich das richtig erkenne."

Das hörte sich definitiv nicht nach einem Essen an, das den Nachmittag wieder gutmachen konnte. "Nachtisch?"

"Obstpudding."

Ich stöhnte frustriert auf und ließ meinen Kopf auf die Tischplatte knallen. "Hört sich ja super an.", murrte ich in die Tischdecke. 

Elena schlug mir leicht auf den Arm. "Setz dich mal wieder normal hin, die schauen uns alle schon komisch an."

Genervt richtete ich mich auf und sah meine beste Freundin an. "Ist meine Stirn jetzt rot?"

"Nicht röter als sonst", beschwichtigte mich Anne und schnüffelte herum. "Ich glaub das Essen kommt gleich. 

Ich war sowieso am verhungern, ich würde beinahe alles essen um satt zu werden. 

"Robin?"

Ich zuckte wieder einmal zusammen. "Jack wie zur Hölle schaffst du es immer aus dem Nichts aufzutauchen obwohl du so ein Elefant bist.", fluchte ich und sah ihn wütend an. 

Er grinste nur und hielt mir einen Zettel hin. "Der kommt von deinem Verehrer."

Mein Herz machte einen Hüpfer als ich den Zettel entgegen nahm und ihn in meine Tasche gleiten ließ. "Danke.", wollte ich schon sagen, doch er hielt mir noch einen Zettel hin. "Geb den bitte Carina."

Etwas überrascht nahm ich ihm ihn ab und ohne ein Wort verschwand er wieder. 

Als ob sie sich abgesprochen hatten platzen alle sofort los. 

"Du hast einen Verehrer?", rief Helena erfreut. 

"Zeig mir den Zettel!", rief Anne gleichzeitig und Elena fügte hinzu : "Zeig mir Carinas Zettel."

Bevor ich auch nur reagieren konnte, hatte sie mir beide Zettel abgenommen. Meine blonde Freundin entfaltete den ersten, kleineren Zettel. 

"Mitternacht in meinem Zimmer, wir sind alleine. Josh", las sie stirnrunzelnd vor. 

Anne und Helena quietschten auf. "Du musst da hin gehen!", strahlte Helena.

"Robin, nein, sieh mich an.", befahl Elena und musterte mein Gesicht. Ich wusste genau das sie meine Gedanken lesen konnte. "Du weißt genau was der vorhat. Du gehst da nicht hin!"

Ich war wie vor den Kopf gestoßen. "Warum bitte hm? Vielleicht will ich das ja. Und du bist leise nach gestern ja?!", fauchte ich. 

Elena klappte den Mund zu und presste ihre Lippen aufeinander. "Ich-", fing sie an doch dann sah sie jemanden und verstummte erneut. 

Immer noch wütend drehte ich mich um und sah Jackson mit langen Schritten auf uns zulaufen. Bei seinem Anblick wurde mir schlagartig bewusst wie viel Angst er mir machte wenn er wütend war. Ohne ein Wort packte er Elena am Oberarm und zog sie mit sich nach draußen. 

Ich saß, genau wie alle anderen, stumm auf meinem Platz und schaute den beiden hinterher. "Was war das?", flüsterte Anne und ich zuckte die Schultern. "Keine Ahnung aber sie hat meinen Zettel."

 

Vorsichtig schloss ich die Tür hinter mir und schlich auf Zehenspitzen durch den stockdunkelen Flur. Als ich die Treppe runterlief, kam es mir vor als wenn jede Stufe extra laut knarren würde. Nach einer gefühlten halben Stunde, stand ich vor Joshs Zimmer und atmete tief durch. Ich strich mir zitternd meine Haare aus dem Gesicht und versuchte mich so groß wie möglich zu machen. Langsam hob ich die Hand und klopfte leise an. Innerhalb von Sekunden klickte das Schloss und die Tür öffnete sich langsam. 

"Robin.", grinste Josh und trat zur Seite um mich reinzulassen. "Ich schließe daraus das dieser Freund dir den Zettel gebracht hat?"

Ich nickte schüchtern und schob mich in den Raum, den ich zu meinem Erstaunen leer auffand. "Wo sind alle anderen?", fragte ich verwundert und ließ mich auf sein Bett fallen. 

"Beschäftigt.", grinste er. "Jackson ist irgendwie mit einem Mädchen weg."

"Elena?", fragte ich interessiert nach. 

"Ich glaube nicht." Seine Stimme versteckte die Lüge nicht grade gut. 

"Ah.", machte ich trotzdem und rutschte auf den Boden, auf dem ich mich ausstreckte und an die Decke schaute. Er legte sich neben mich und starrte ebenfalls an die Decke.

"Warum wolltest du eigentlich das ich herkomme?", flüsterte ich leise und drehte den Kopf so zu ihm, dass ich ihm ins Gesicht schauen konnte. Er tat es mir gleich und grinste leicht. "Ist es denn schlimm?"

"Nein, sicher nicht.", murmelte ich und spürte wie ich rot wurde.  

"Gut", antwortete er und zwinkerte kurz. "Weißt du, ich hatte vor dir noch was zu sagen."

Ich hielt die Luft an und machte große Augen. Hoffentlich nichts ganz so schlimmes. "Dann schieß los.", antwortete ich schüchtern.

Bevor er antworten konnte flog die Tür auf und eine dunkle schwer atmende Gestalt quetschte sich durch den Türrahmen ; hinter ihm schob sich ein viel kleinerer, zierlicher Schatten hinein. Josh und ich hielten beide die Luft an, und ich war mir sicher das wir den gleichen Gedanken hatten : zum Glück ist es dunkel.

Innerhalb von Sekunden flog der kleinere Schatten gegen den großen und sie taumelten zusammen in eins der Betten. Mittlerweile hallte nicht mehr nur schwerer Atem durch das Zimmer sondern auch leises Knurren und Stöhnen. 

Ich warf Josh neben mir einen alamierten Blick zu, doch er grinste nur. "Jackson.", flüsterte er mir kaum hörbar zu. 

"Ich weiß, aber wer noch?", flüsterte ich genauso leise zurück und er zuckte nur die Schultern. 

"Hey Jackson, willst du mir sagen wer diesmal auf deine Show angesprungen ist?", lachte er aufeinmal und ich erschrack wegen der plötzlichen Lautstärke. Ich hörte Jackson erstickt fluchen und plötzlich ging das Licht an. 

Jackson lag auf seinem Bett und auf ihm saß niemand anderes als meine beste Freundin. 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 15.06.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Ich widme dieses Buch allen Leuten, die mich so akzeptieren und lieben wie ich bin und ganz besonders dir, Diego.

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