Er saß in der Spitze eines riesigem Mammut-Baums und beobachtete, wie sich der Ring aus Feuer, den die Menschen gelegt hatten, durch das dichte Unterholz fraß. Mit seinem Schwanz stützte er sich am Stamm ab und krallte sich mit seinen kleinen Affenfingern im Holz fest.
Er machte keine Anstalten, zu flüchten oder schreiend Schutz zu suchen, wie seine Artgenossen, denn er wusste genau, dass es keinen Ausweg gab. Mit traurigen Augen betrachtete er die knisternden Flammen unter sich und hörte, wie Papageien aufkreischten und das Weite suchten. Die Vögel konnten fortfliegen, er als Affe allerdings war an die Erde gefesselt und konnte allerhöchstens die letzten, kostbaren Sekunden seines Lebens auskosten, indem er hier oben saß und nicht panisch kreischte, wie die Affen unter ihm im Gehölz. War es seine Familie? Er wusste es nicht, und versuchte auch nicht, es zu erkennen. Es würde den Abschied nur schwerer machen.
Der Urwald schien zu ächzen und die züngelnden Flammen leckten gierig an den mächtigen, alten Bäumen, die unter ihrer Last nachgaben. Wie Fackeln stürzten sie zu Boden und begruben alles unter sich, was der Affe sein zu Hause nannte.
Der beißende Rauch, der bis zu ihm in die Krone aufstieg, trieb ihm Tränen in die Augen und voll Zorn betrachtete er die Menschen, die die Verursacher des Unheils waren. Vermutlich würden sie Häuser auf den Gräbern uralter Bäume bauen, die vielleicht schon seit Anbeginn der Zeit dort standen.
Für die Menschen musste das hier ein Spiel sein, ohne Sinn und Zweck, anders konnte sich der Affe so viel Kaltblütigkeit nicht erklären. Seine Krallen bohrten sich tief in die Baumrinde und aus seinem Mund fuhr ein Angstschrei, als die tanzenden Funken an seinem Baum emporstiegen. Seine Augen tränten und der Qualm drang drang mit jedem Atemzug in seine Lunge ein, dass er kaum noch Luft bekam. Mit Würde sterben, das war nicht möglich, es war eine einzige Erniedrigung, ein Zeichen der Macht der Menschen, mit der sie sich schmückten.
Verzweifelt hoffte er darauf, dass es vielleicht doch noch eine Rettung gab, ein Wunder. Doch nichts geschah und der Ring aus Feuer wütete immer noch zwischen den Bäumen. Was hatte er auch erwartet? Hatte er ernsthaft an die Vernunft oder gar an das Mitleid der Menschen geglaubt?
In seinen Augen spiegelte sich das lodernde Feuer wieder, in dem alles verschwand, was ihm vertraut war. Er versuchte, nicht auf die gequälten Schreie der Tiere zu hören, doch sie stachen wie Nadeln in sein Trommelfell.
Der knisternde Ring schloss sich und sein Baum war der einzige, der noch nicht gefallen war. Das Holz knirschte, als sich der gewaltige Stamm zur Seite neigte. Mit einem gewaltigen Krachen fiel der Mammut-Baum in seinen nächsten Nachbarn, einem halb verkohlten Mahagonibaum. Mit jedem Mal gelang mehr Rauch und Qualm in die Lunge des Affens und er wusste, dass er nun der Spielball des grausamen Feuers geworden war.
Standhaft krallte er sich in dem Baumstamm fest, doch mit seinen Hinterbeinen baumelte er frei in der Luft und das Feuer versengte ihm schon den Schwanz. Seine Krallen wurden taub, und der Affe konnte sich nicht länger halten. Er holte ein letztes Mal tief Luft, versuchte den Schmerz zu ignorieren, der sich in seiner Lunge breit machte und dachte: Nun ist es vorbei. Dann ließ er los und fiel in die brennenden Überreste seiner Heimat. Das Feuer empfing ihn mit knisterndem Gejohle und noch bevor er auf dem Boden aufschlug, war er tot.
Nachwort
Noch immer werden viel zu viele Teile des Regenwaldes und Dschungels Brand gerodet, wobei wir unsere eigene “grüne Lunge” und auch den Tierbestand enorm gefährden. Es ist furchtbar, was wir mit unserer Erde anstellen...
Tag der Veröffentlichung: 06.08.2012
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