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Kann das Liebe sein?

Warum kann er mich nicht lieben? Mich so lieben wie ich ihn liebe?

Warum bedeute ich ihm so wenig das es mir körperliche Schmerzen verursacht wenn sein Teilnahmsloser Bick mich nur streift?

 

Ich bin ein Opfer und liebe meinen Feind.

Bin ich krank? Bin ich verrückt? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur das trotz aller Verachtung seinerseits, mein Herz nur für ihn schlägt und ich ohne zu zögern mein Leben für ihn geben würde.

 

Er schlägt mich. Er demütigt mich. Doch trotz aller Narben die schon von ihm habe, kann ich nicht von ihm lassen.

Warum komme ich immer wieder hier her und lasse mich von ihm beherrschen?

Meine Schmerzen, sind meine Lust und jeder Orgasmus von ihm ist mein eigener. Mit jedem mal steigert er sich und lässt mich in den Himmel fliegen, nur um danach um so härter in die Hölle abzustürzen.

Ich sollte ihn hassen, ihn vefluchen, mich wehren oder wenigstens um Gnade flehen. Doch kein Wort kommt über meine Lippen. Stattdessen stöhne ich vor Lust, wenn der nächste Schlag mich trifft. Blut fließt und schon wieder bin ich einem Orgasmus nah.

Was passiert mit mir? Warum hat er solche Macht über mich? Werde ich jemals wieder den Weg zurück finden oder bleibe ich für immer in diesem Altraum von Lust, Schmerz und Dominanz gefangen?

Wie konnte es nur passieren das er mir diese Fesslen anlegen konnte und ich erst gemerkt habe als es schon zu spät war?

 

Sein Kuss ist zärtlich und als er das Blut von meinen Striemen am Rücken leckt, bekomme ich eine Gänsehaut und kann ein Lustvolles Schaudern nicht unterdrücken.

Meine Kehle ist heiser vom Schreien und mein Atem ist abgehackt. Meine Arme über dem Kopf in den Handschellen von denen das Blut von meinen Handgelenken in roten Rinnsalen meinen Armen in verschlungenen Mustern runterläuft sind verkrampft und ohne Gefühl.

Ich weiß nicht wie lange ich heute schon hier bin. Sind es Stunden oder schon Tage? Ich habe jedes Zeitgefühl verloren. Was wird es mich kosten? Endlich meine Freiheit oder doch der Tod?

Jetzt höre ich das erneute Zischen der Peitsche und wappne meinen Körper gegen den kommenden Schlag. Spanne mich an und heiße ihn willkommen.

Ja - diese Lust. Ja - diese Esxtase. Ja - ich will mehr. Ja - meine Erlösung steht kurz bevor.

Schmerz. Gib mir noch mehr Schmerz. Ich brauche ihn in diesem Moment wie die Luft zum atmen. Lass mich noch einmal fliegen. Und er tut mir den Gefallen.

 

Dieser Höhepunkt überftrifft alles bisher dagewesene und wird sich nicht mehr steigern lassen. Das sagt mir mein ureigener Instinkt und er weiß es auch. Ich sehe es an seinem Gesicht es macht mir Angst.

Ich hätte keinen Grund mehr herzukommen. Keinen Grund mehr ihn zu besuchen. Doch ich kann nicht mehr ohne ihn sein.

Schon seine gefährliche Präsenz, seine gewaltätige Aura vernebelt mein Gehirn und lässt mich willenlos werden.

Er hat mir gezeigt wie der Schmerz zur Lust wird, wie er zur Droge wird und mich zittern lässt wie ein Junki auf Entzug wenn ich nicht zu ihm kommen darf.

 

Ich liebe ihn und doch bin ich nur ein normaler bezahlter Lustknabe für ihn und sein Terminkalender ist oft so voll das er mich nur mit Mühe einmal die Woche dazwischen quetscht.

Für heute ist er fertig mit mir und wann ich ihn das nächste mal besuchen darf weiß ich noch nicht.

Er legt die vereinbarten 200 € auf den Tisch, löst meine Fesseln und geht dann aus dem Raum. Wortlos wie immer. Ich höre seine Stimme nur wenn er mich anruft und zu sich bittet.

Mein gutes Ich betet und hofft das dies unser letzten Treffen war, denn wenn diese Beziehung weitergeht werde ich daran zerbrechen. Doch meine schlechte Seite die überwiegt will das es weitergeht, kann die nächste Begegnung kaum erwarten.

Ich bin hin und hergerissen. Wenn er mich doch nur lieben würde, dann könnte ich alles ertragen.

So werde ich wieder jeden Tag auf einen Anruf von ihm warten und langsam sterben wenn er sich nicht melden sollte.

Was soll ich nur tun? Warum kann ich das nicht beenden?

Warum kann er mich nicht so lieben wie ich ihn?

 

 

Regenbogen

"David - verdammt komm endlich zu Dir", jemand rüttelt mich sehr unsanft und ich spüre jeden Knochen.

Die Stimme ist verärgert und klingt aber auch besorgt.

Wieder das rütteln und nun ein leichtes Brennen im Gesicht. Ich reiße die Augen auf und starre in die vom Ober Macho unser Schule. Ausgerechnet Heiko. Aber warum liege ich auf dem Flur vor dem Kunstraum und warum kniet Heiko über mir und hat mir eine Ohrfeige verpasst?

"Mann hast Du mir einen Schrecken eingejagd. Einfach umzukippen. Machst Du das öfter?"

Natürlich mache ich das nicht. Ist das erste mal das mir so was passiert. Na ja das zweite mal. Vielleicht auch das dritte oder vierte mal. Aber nicht oft, ich schwöre es. Nur so ein mal alle vier bis sechs Wochen.

Die Ärzte wissen nicht warum das so ist. Meine Mum hat mich schon zu ix Spezialisten geschleift aber keiner konnte herausfinden warum ich von einem Moment auf den anderen einfach umfalle und dann ca. eine Minute oder auch länger weggetreten bin. 

Er erhebt sich und streckt mir seine Hand entgegen um mir auf zu helfen. Nur zögerlich lege ich meine Fingerspitzen auf seine Handfläche. Doch er packt meine Hand und zieht mich mit einem kräftigen Ruck auf die Füße.

Durch den Schwung und durch die Nachwirkung meiner kleinen Ohnmacht taumle ich ein wenig und meine Beine wollen mich nicht so richtig tragen. Schnell umfasst Heiko meine Hüften und stützt mich. Ein Stromstoß schießt durch meinen gesamten Körper und Hitze breitet sich an den Stellen aus wo wir uns berühren.

Irgendwie sind unsere Blicke ineinander verhackt und können sich nicht lösen. Ein dezentes Räuspern holt mich in die Gegenwart zurück und über seiner Schulter sehe ich seine obligatorischen Begleiter.

Ronny und Marcel feixen nur Sascha schaut mich grimmig an und hat die Arme vor der Brust verschränkt.

 

Mein Gesicht wird heiß und hektisch trete ich einen Schritt zurück.

Stammelnd bedanke ich mich bei Heiko und trete Fluchtartig meinen Abgang an. Das war eindeutig nicht mein Tag heute.

Erst hatte ich den Mathetest komplett verhauen, dann mir mein schönes neues weißes das T-Shirt mit dem coolen Bart Simson Aufdruck beim Mittag mit Tomatensoße vollgekleckert und nun fiel ich noch ausgerechnet Heiko vor die Füße. Schit, und ich mußte noch mindetens zwei Stunden überstehen, ehe mich der Schulschluss für heute retten würde. Wovon ich eine mit Heiko im selben Raum verbringen musste.

Leider tat sich trotz inbrünstigem Beten kein Loch auf in das ich mich verkriechen konnte. Also hieß die Parole <Augen zu und durch> und oh Wunder ich überstand diese Prüfung meiner Nerven mit Bravur und durfte für heute nach Hause gehen.

Das Schicksal nicht herausfordernd ergriff ich diese Chance und machte mich so schnell wie es ging vom Acker.

 

Zu Hause verkroch ich mich in meinem Zimmer. Ich hatte keine Lust auf Smal Talk mit meinen Eltern sondern wollte einfach meine Ruhe. Doch spätestens zum Abendbrot würde ich meine Höhle verlassen und meiner Mutter beichten müssen, das ich schon wieder eine Ohnmacht hatte.

Die Reaktion kannte ich schon zur Genüge und es gruselte mich jedesmal davor. Panik, Panik und noch mal Panik mit unzähligen Arzt Besuchen. Ich schüttelte mich bei der Gewissheit, das mir wieder Literweise Blut abgenommen und ich haufenweise irgendwelchen Tests unterzogen wurde.

Mütter sind halt leicht paranoid wenn es um ihre *Babys* geht. Ich frage mich wirklich ernsthaft ob es je eine vernünftige Diagnose für mich gibt oder ob es für immer ein Rätsel bleibt, warum ich manchmal einfach umfalle.

 

Wie erwartet ist meine Mutter total ausgeflippt und will mich jetzt ernsthaft einweisen lassen. In eine Spezialklinik für Neurologische Erkrankungen. Wie sich das schon anhört und ich wüßte nicht was das bringen sollte.

Seit meinem zehnten Lebensjahr, als diese unsälige Geschichte angefangen hat, habe ich mehr Klinken von innen gesehen als manche in ihrem ganzen Leben.

Jetzt bin ich achtzehn und habe echt keinen Bock mehr auf diesen ganzen Scheiß. Ich kann damit Leben, ist zwar nervig weil es von mir nicht kontrolliert werden kann aber ich habe die Hoffnung das es von allein wieder weg geht. So plötzlich wie es angefangen hat, von heute auf morgen Puff und mein Leben wäre endlich wieder normal. Ich besitzte eine To do Liste für diesen Fall und unter Punkt zwei gleich nach dem Jumping Sprung steht das ich Heiko auf seinen Knackarsch hauen werde und ihm ins Gesicht sage, das ich ihn geil finde und total auf ihn stehe. Wenn er mich nach dieser Aktion killt, sterbe ich wenigstens als glücklicher Mensch. 

 

Leider hat mein ganzer lautstarker Protest und mein anschließender Wutanfall inklusive Vernichtung von Alkohohl in rauen Mengen absolut nichts gebracht. Fazit - lege Dich nie mit Deiner Mutter an - Du unterliegst garantiert und diese Niederlage hat einen sehr bitteren Geschmack.

Also stehe ich jetzt hier im Fojer dieser teuren Klinik am Empfang und warte das ich ein Zimmer zugewiesen bekomme. Nach gefühlten 5 Stunden ist es soweit und ich folge einer Schwester durch unzählige Gange, Trepp auf und Trepp ab, bis sie vor einer Tür stehen bleibt und mich sehr unsanft reinschubst. Also wirklich, wenn die hier ihre Patienten so behandeln dann Gute Nacht. Da kommt man sich wie in einem schlechten Horror Film vor und mir graust jetzt schon davor, was die alles mit mir anstellen wollen.

 

Tja liebe Leute, was soll ich sagen. Das Leben ist grausam und mit solch einer Diagnose habe ich nie gerechnet. Hirntumor, inoperabel - ich werde sterben!

Nach zahlreichen Computerscanns mit den neuesten Geräten habe sie den Übeltäter endlich gefunden. Da er durch die Jahre gewachsen ist kann man ihn endlich sehen, auch wenn er sehr versteckt liegt. Leider an einer so wichtigen Stelle das man ihn nicht operativ entfernen kann ohne mich zum schweren Pflegefall zu machen. Ich sage euch, das sind glänzende Aussichten und ich bin gerade am durchdrehen.

Wir sitzen im Besprechungsimmer des Arztes der meinen Eltern und mir gerade die frohe Botschaft überbracht hat. Meine Mutter hat einen Heulkrampf, mein Vater ist zur Salzsäule erstarrt und weiß wie ein Laken und meine Wenigkeit hat einen Lachflash. Ich kann einfach nicht aufhören allen anderen schauen mich an als wäre ich irre geworden. Na ja, bin ich ja eigentlich auch. Ich bin erleichtert das das Rätsel meiner Krankheit endlich gelöst ist aber gleichzeitig habe ich schreckliche Angst und bin plötzlich hoffnungslos. Das Lachen verwandelt sich in schluchzen und ich breche zusammen. Mein Vater kann mich gerade noch festhalten bevor ich stürze. Der Arzt ist auch aufgesprungen und schreit nach einer Schwester. Man spritzt mir was zur Beruhigung und ich werde von einem Pfleger auf mein Zimmer geführt.

 

Als ich wieder erwache, liege ich in meinem Bett und es ist schon dunkel draußen. Ein kleines Nachtlicht brennt und beleuchtet nur bedingt den Raum. Mein Vater steht am Fenster und schaut in die Nacht hinaus und meine Mutter schläft sehr unbequem auf einem Stuhl an meinem Bett. Ich muss irgendein Geräusch gemacht haben, denn mein Dad dreht sich um und ich zucke erschrocken zusammen. Der Kummer hat ihn um Jahre altern lassen und seine Augen sind ganz rot vom weinen.

Langsam kommt er zum Bett und setzt sich vorsichtig zu mir, hebt dann eine Hand um mir durch die Haare zu wuscheln wie er es immer tut doch mitten in der Bewegung lässt er den Arm kraftlos fallen.

Als er meine Hand in seine nimmt, bin ich auf das schlimmste gefasst. Er räuspert sich und öffnet den Mund. Schließt ihn wieder und räuspert erneut. Nach mehrmaligem Schlucken kommt es dann leise und krazig "Der Arzt schlägt vor so schnell wie möglich mit der Chemotherapie und der Bestrahlung zu beginnen. Die Heilungs Chancen stehen fünfzig zu fünfzig." Er kann mir nicht ins Gesicht sehen, also steht es schlimmer als fifty fifty. Da habe ich wohl die geilste Arschkarte gezogen.

 

Die fogenden Monate sind hart und gehen an die Substanz. Mir geht es dreckig und das im wahrsten Sinne des Wortes. Ich muss kotzen und das meine ich nicht bildlich gesprochen, sondern so richtig. Durch die Medikamente und die Bestrahlungen habe ich meinen Appetit verloren. Wenn ich dann doch mal was esse, kommt es gleich wieder raus. Ich sehe aus wie ein Gespenst, nur noch Haut und Knochen.

Meine Haare die ich bisher Schulterlang trug, sind nun Raspelkurz und diese Frisur lässt mich noch kranker aussehen als ich schon bin.

In der Schule hat es sich natürlich wie ein Lauffeuer herumgesprochen das ich krank bin und plötzlich stand ich allein auf weiter Flur. Sogar mein bester Kumpel Martin hat mich im Stich gelassen, schließlich will sich der Gute nicht anstecken wie er mir im Streit an den Kopf geknallt hat. Ich bin frustriert und würde am liebsten nur schreien. Hilft aber nicht, ich habs probiert. Also gehe ich hocherhobenen Hauptes durch die Flure und nehme am Unterricht teil so gut es geht und lasse alles an mir abprallen auch wenn es weh tut.

 

Einen Lichblick habe ich in dieser ganzen Scheiße und der heißt Sascha. Ehemals bester Freund und Busenkumpel meines Scharms Heiko.

Seltsamerweise hat er sich an meine Fersen geheftet und ist mein ständiger Begleiter geworden. Zuerst war ich erstaunt, dann wütend und jetzt bin ich einfach nur froh das er für mich da ist. Meine Launen mit stoischer Ruhe erträgt und mich dann mit irgendeinem dummen Spruch zum Lachen bringt. Mir Mut macht, wenn ich alles hinschmeißen will und er gibt mir Kraft durchzuhalten. Wann habe ich mich in ihn verliebt? Ich weiß es nicht mehr, er hat sich einfach still und leise in mein Herz geschlichen und sich erfolgreich eingenistet, hinterlistiger Drecksack.

Mein Dad ist ausgerastet. Krank und Schwul geht gar nicht. Schwul war ich zwar schon vorher aber noch nicht geoutet und als er uns beim Knutschen erwischt hat, dachte ich er killt Sascha.

Da der häusliche Segen durch meine Krankheit immer mehr in Schieflage geriet, hat unsere Aktion das Faß zum überlaufen gebracht. Meine Eltern akzepieren mein Schwulsein nicht und dulden Sascha nur in meiner Nähe weil sie sehen das es mir mit ihm besser geht als ohne ihn.

 

Ich musste heute wieder Blut abzapfen lassen. Eigentlich müsste ich schon komplett leer sein, doch die Krankenschwester kennt kein Erbarmen und quetscht mir doch noch gefühlte ein oder zwei Literchen raus. Beachtliche Leistung wie ich finde und muss kichern, worauf sie mich mürrisch anblickt und endlich die Kompresse an meinem Arm löst. Gott welche Erleichterung, ich dachte schon der stirbt gleich ab.

Dann noch den Hundertmillionsten Computerscann hinter mich bringen, dann kann ich endlich nach Hause hoffe ich, den ich bin echt geschafft und an meinen Grenzen.

Wir sitzen dann doch länger im Warteraum und warten auf das Ergebins der Untersuchung. Sascha hält meine Hand, streichelt sie und lächelt mir aufmunternt zu. Bevor ich mich aber rüberbeugen kann um mir einen Kuss zu stehlen, werden wir aber ins Besprechungszimmer des Arztes gerufen. Sascha darf nicht mit. Verdammte Idioten sehen sie denn nicht, das ich gerade jetzt seine Stütze brauche? Anscheinend nicht und es hilft weder Wut noch flehen, da bleiben meine Eltern stur.

Also sehe ich hilflos zu, wie sich die Tür zwischen uns schließt. Das es Symbolik hat, begreife ich erst später.

Die Nachricht schlägt ein wie eine Bombe und wir stehen unter Schock. Alle Quälereien und Schmerzen umsonst, der Tumor ist gewachsen und hat gestreut. Nur noch ein paar Monate gibt mir der Arzt wenns hoch kommt vielleicht ein Jahr. Meine Mutter bricht zusammen, mein Vater schreit den Arzt an und ich? Ich bin seltsam ruhig und gelassen. Alle Anspannung fällt von mir ab und ich fühle mich plötzlich frei.

 

Durch den Lärm hat Sascha mitbekommen das es schlimm um mich steht. Plötzlich steht er in der Tür. Die Zeit bleibt stehen und wir schauen uns in die Augen. Seine komplette Haltung ändert sich schlagartig. Er strahlt mit einem mal eine Ruhe und inneren Frieden aus, was mir die Tränen in die Augen treibt. Wir verstehen uns ohne Worte und ich kann sehen das er eine Entscheidung getroffen hat.

Die Heimfahrt verläuft in eisigem Schweigen. Meine Mutter ist völlig apathisch und mein Vater würde im Moment am liebsten die ganze Welt zerstören. Ich hoffe nur, das nach unserem Vorhaben sich die beiden zusammen raufen, einander trösten und gemeinsam über das Schicksal triumphieren.

Sascha besorgt heimlich Alkohol, ich habe noch die starken Medikamente. Es wird schnell gehen und wir planen alles sehr genau, nichts wird dem Zufall überlassen.

Als alles geregelt ist und wir unsere Abschiedsbriefe deponiert haben, setzen wir uns ins Auto und fahren los. Seine Eltern sind arbeiten, mein Vater auch und meine Mutter schläft. Ruhig gestellt mit Schlaftabletten die der Arzt ihr am Tag der Hiobsbotschaft verschrieben hat.

 

Wir fahren drei Stunden lang bis in die Berge und suchen uns nach einem kurzen Spaziergang ein schönes Plätzchen auf einer Blumenwiese. Es ist warm, die Sonne scheint und die Vögel zwitschern. Wir breiten die mitgebrachte Decke aus und machen es uns gemütlich.

Wir liegen ganz dicht zusammen, umarmen und küssen uns. Nach und nach setzt die Wirkung der Medikamente zusammen mit dem Alkohol ein und ich werde schläfrig. Sascha liegt auf dem Rücken, ich kuschle mich an ihn und er hält mich sicher im Arm. Ich bin glücklich und schlafe entspannt mit den beruhigenden Lauten der Natur ein.

Es ist ein schöner Tag zum sterben und wir gehen gemeinsam uns an den Händen haltend mit einem Lächeln über den Regenbogen.

 

Eine zweite Chance

 Wie tief kann ein Mensch sinken bevor er daran zerbricht?

Sehr tief, denn ich bin ganz unten angekommen, schlimmer geht nicht mehr. Außer der Tod vielleicht.

Ich heiße Markus, bin 35 Jahre und Obdachlos. Wie das gekommen ist? Ganz einfach - Job weg, dann habe ich mit dem Trinken angefangen und meinen Frust an meinem Freund ausgelassen bis der das Handtuch geschmissen und mich verlassen hat. Danach bin ich richtig versumpft, habe keine Miete mehr gezahlt und wurde schließlich zwangsgeräumt. Jetzt lebe ich seit zwei Jahren auf der Straße und habe mit meinem Leben abgeschlossen.

Vegetiere eigentlich nur noch vor mich hin und bete jeden Tag das mich jemand erlöst. Doch das Schiksal hat mir heute dermaßen eine reingehauen, das ich meinem erbärmlichen Dasein selbst ein Ende setzen werde.

 

 Heute habe ich Brian gesehen, meinen Ex wie er lachend und Händchen haltend mit einem anderen durch die Stadt spaziert ist. Mein Sunnyboy, in den ich mich damals Hals über Kopf verliebt habe und dem immer noch mein Herz gehört. Er sah so verdammt gut und glücklich aus. Mir wurde von einem Moment auf den anderen der Boden unter den Füßen weggezogen. Ich habe mich in der Hausecke in der ich saß noch kleiner gemacht und meine schäbige Kappe tief ins Gesicht gezogen. Aus den Augenwinkeln habe ich beobachtet wie sie in einiger Entfernung an mir vorbei schlendern, sich zärtlich Küssen während mir die Tränen über die Wangen laufen. Ich stecke mir schnell die Faust in den Mund um das Schluzen zu stoppen das aus meiner Kehle will.

Da er nur auf seinen Lover fixiert ist, glaube ich nicht das er den dreckigen Penner in den zerlumpten Klamotten überhaupt bemerkt geschweige denn erkannt hat und das ist auch gut so, denn ich hätte mich in Grund und Boden geschämt. Ich der immer so penibel auf Äußerlichkeiten geachtet hat, stinkt schlimmer als ein totes Tier. Die Sachen abgetragen, schmutzig und kapput. Die Haare lang und stränig, außerdem noch einen ungepflegten Bart. Ja ich bin eine wandelne Vogelscheuche, doch bis jetzt war mir das total egal. Den ich hause ab und zu unter einer Brücke und nicht im fünf Sterne Hotel. 

Doch nachdem ich aber gesehen habe wie glücklich und zufrieden Brian wirkte, werde ich endlich einen Schlußstrich ziehen und die Welt von meiner Anwesenheit befreien. Mein Herz ist entgültig gebrochen und liegt blutend zu meinen Füßen im Dreck.

 

 

 Als es dunkel wird, raffe ich mich auf und komme torkelnt auf die Beine. Die letzte Flasche Schnaps mit einem kläglichen Rest baumelt zwischen meinen Fingern. Langsam und mich der Hauswand abstützend mache ich mich auf den Weg zum Fluß. Mein Rucksack, der nur noch einen Riemen hat hängt über meiner linken Schulter. Ich werde nachher noch ein paar Steine reinpacken damit ich garanitert schnell untergehe, denn auf einen langsamen qualvollen Erstickungstod habe ich keinen Bock. Ich will ein schnelles Ende haben.

Nun stehe ich hier am Ufer des Rhein, trinke den letzten Schluck und schmeiße die Flasche an den Pfeiler der Brücke. Das klirrende Geräusch des berstenden Glasen dringt nur undeutlich in mein benebeltes Hirn. Ich schwanke hin und her, versuche mich zu bücken um einige Steine aufzuklauben doch ich verliere das Gleichgewicht und falle mit dem Gesicht zuerst in den Dreck. Rolle durch die Neigung ins Wasser und werde augenblicklich von der Strömung erfasst. Ich bin mit der festen Absicht zum Fluß gegangen um zu sterben, doch jetzt wo es soweit ist habe ich Panik und kämpfe verzweifelt um jeden Atemzug. Doch die Kälte und meine schwindenen Kräfte lassen mich verzweifeln. Letztendlich kann ich nicht mehr und gebe auf.

 

Als ich wieder zu mir komme, liege ich in einem schmalen Bett. Ich blinzele, kneife die Augen zu und reiße sie dann wieder auf. Ich atme, also lebe ich noch. Die Erkenntnis das ich nicht Tod bin trifft mich wie ein Hammerschlag. Ich rolle mich wie ein Baby zusammen und fange an zu heulen. Das Schiksal hat mir eine zweite Chance gegeben und ich werde sie verdammt nochmal nutzen.

Die Chance heißt übrigens Norbert und ist etwas älter als ich. Er wohnt und arbeitet auf einem Lastenschiff das den Rhein hoch und runter fährt um Ladung zu transportieren.

Wenn Norbert in der BDSM-Szene unterwegs wäre, dann würde man ihn respektvoll einen Dom nennen. Er ist hart aber gerecht und es fiel mir relativ leicht mich ihm unterzuordnen, obwohl der Anfang unserer Beziehung mehr als hart war. Von heute auf morgen vom Alkohol weg zu kommen hat mich alle Kraft gekostet, doch Norbert hatte kein Erbarmen und musste mich mehr als einmal disziplinieren, weil ich mir heimlich Schnaps besorgt habe. Inzwischen sind anderthalb Jahre vergangen und ich bin trocken. Ich lebe und arbeite mit Norbert zusammen auf dem Schiff und danke jeden Tag dem Schiksal für mein neues Leben.

Doch an jeden zwanzigsten im Monat probe ich eine Rebellion, die Norbert ohne Gnade niederschlägt und mir mit allen Mitteln zeigt wie sehr er mich liebt und unsere Erfüllung ist der Himmel auf Erden.

Ich bin verdammt glücklich mit diesem Mann und werde alles tun, damit er es niemals bereut mich damals aus dem Fluß gefischt zu haben.

Engel der Nacht

 Bald mein Engel, bald bist du mein.

Ich sehe dich dort oben auf der Bühne stehen. Der Scheinwerfer ist nur auf dich gerichtet und du singst von Liebe, Verzweiflung, Einsamkeit und Tod. Nur ich kann dich verstehen und fühlen wie du. Deine rauchige Stimme beschert mir eine Gänsehaut und dein schönes Engelsgleiches Gesicht umrahmt von dunklen Locken ist verzerrt von tiefem Schmerz. Tränen laufen dir über die Wangen und lassen mich erschauern.

Bald mein Herz, bald werden wir vereint sein und niemand wird uns je wieder trennen.

 

Es ist alles vorbereitet mein Liebling. Ich habe dich Monatelang beobachtet und alles im Internet verfolgt. Jede noch so kleine Kleinigkeit gesammelt und bin zu jedem Konzert gefahren. Du hast mir eine Autogramm gegeben und mir dabei tief in die Augen geschaut. Ich habe gleich gewußt das du nur für mich bestimmt bist und ich dich besitzen muss. Niemand anders darf dich haben, du bis mein!

 

Wie ich sie hasse diese Massen, die sich deine Fans nennen. Sie begrabschen dich, wollen Fotos mit dir und noch schlimmer. Sex. Du lächelst brav in die Kameras und lässt dich auf ihre Angebote ein. Nach jedem Konzert schleppst du ein anderes Groupie ab und ich sterbe jedes mal. Meine Wut ist grenzenlos, doch ich beherrsche mich, denn ich weiß das meine Geduld bald belohnt wird, denn Du mein Engel gehörst nur mir!

Den Keller meines Hauses habe ich komplett umgebaut. Ein Raum nur für dich, damit du dich wohlfühlst und nie wieder andere Menschen sehen musst, die dich bedrängen und ausnutzen wollen. Ich werde dich für immer vor solchen Einflüssen beschützen und verspeche dir mich gut um dich zu kümmern. Du sollst nur mich lieben!

 

Ein anderer Raum wird unserer Lust dienen. Ich werde dir mit sanfter Gewalt beibringen mir zu gehorchen und zu dienen. Du wirst lernen den Schmerz zu lieben den ich dir zufüge und um mehr betteln bis du mir ganz verfallen bist und dein ganzes sein sich nur um mich dreht. Erst dann wirst du perfekt und bereit für meine Sammlung sein.

Du wirst staunen mein Schatz wie viele hübsche Jungs ich schon mein eigen nenne. Alle perfekt in Schönheit und Gestalt. Alle haben sie mich geliebt und angebetet als ich mit ihrer Erziehung fertig war und bald wirst du ein Teil davon sein. Ich bin ein guter Präparator, ein Meister meines Faches. Du wirst noch schöner sein als jetzt und niemals altern mein Herz. Ich kann dich jeden Tag ansehen, dein süßes Lächeln den vertäumten laziven Blick und deine reine Haut, so zart wie Porzellan. Ein Spotlight wird dich wunderbar in Szene setzen, niemand anders wird dich zu sehen bekommen nur ich. Du gehörst nur mir mein Schöner und das erfüllt mich mich tiefster Befriedigung.

 

Oh ja mein Engel - allein die Gewissheit das heute der Tag ist ab dem du mir gehörst entzündet eine Euphorie in mir die einem Orgasmus gleicht. Ich liebe dich mein Herz und bald ist es soweit.

Du wirst nun das letzte mal vor Publikum stehen und dich feiern lassen, doch danach bist du mein für ewig.

Mein Engel der Nacht - mein große Liebe.

Bis ich ein neues Opfer finde.

 

Alles ist besser als der Tod

 Ich hasse sie! Ich hasse sie alle! Was habe ich ihnen getan? Warum lässt man mich nicht in Ruhe?

Ich will doch nur ein ruhiges und normales Leben wie jeder andere auch.

 Ich heiße Tobias und bin 18 Jahre alt.

 

An meine Kindheit kann ich mich nicht erinnern, ich weiß nicht ob ich überhaupt eine hatte. Meine erste Erinnerung fängt mit sechs Jahren an als ich in ein Heim kam. Hinter vorgehaltener Hand tuschelten alle Erwachsenen was von Gewalt, Verwahrlosung und Mißbrauch. Ich verstand es nicht und auch heute kommt mir alles nur wie ein Traum vor.

Ich blieb 2 Jahre in dem ersten Heim, danach kam ich in eine Pflegefamilie. Ich verstand mich auf Anhieb mit Christian dem leiblichen Sohn der Familie sehr gut. Ich fühlte mich wohl und zum ersten mal in meinem Leben geliebt. Doch leider hielt das nicht an. Nach knapp 3 Jahren änderte sich das Verhalten von Christian mir gegenüber schlagartig. Plötzlich war er immer angespannt und gereizt in meiner Nähe. Wollte auch keinen Körperlichen Kontakt mehr, schreckte regelrecht davor zurück und verbot mir den Zugang zu seinem Zimmer. Davor hatten wir fast jede freie Minute miteinander verbracht. Haben geredet, gelacht, haben Spiele gezockt und sind zusammengekuschelt eingeschlafen. Wir haben zusammen viel Blödsinn mit seinen Freunden angestellt und ich dachte das Leben kann nichht schöner sein.

Doch von heute auf morgen war alles vorbei und ich wußte nicht mal wieso. Ich musste meine Sachen packen und wieder in ein Heim. Meine Welt war zusammen gebrochen und keiner gab mir eine Erklärung.

 

Als ich 14 war und mittlerweile in der dritten Pflegefamilie steckte traf ich Christian zufällig vor einem Laden in der Fußgängerzone, wir sind praktisch mit Schwung zusamemen gerasselt als er mit etlichen Tüten beladen aus einem Geschäft kam. Ich freute mich so ihn zu sehen und strahlte ihn an, wollte ihn umarmen und sagen das er mir sehr gefehlt hat doch er sah mich mit einem so feindseligen Blick an das mein Blut gefror.

"Bleib mir ja vom Leib du Mißgeburt!" zischte er böse. Ich konnte nur fassungslos den Kopf schütteln und ein "Warum?" flüstern. "Weil du Schuld bist das ich Männer begehre!" fauchte er mir ins Gesicht. "Bevor du zu uns gekommen bist wollte ich immer nur Mädchen doch du hast mich verhext. Plötzlich wollte ich nur dich und du hast es zugelassen das ich dich anfasse. Ich habe mich vor mich selbst geekelt, konnte aber meine Finger nicht von dir lassen und du mit deinem bettelnden Blicken hast  mit verrückt gemacht. Irgendwann konnte ich nicht mehr und habe meiner Mutter alles erzählt und sie sagte das was ich eigentlich schon wußte. DU. BIST. SCHULD. Du hast mich verführt, mich vom rechten Weg abgebracht! Teufelfsbrut!" Mittlerweile hatte er die Tüten fallen lassen und mich am Kragen gepackt. Sein sonst so hübsches Gesicht war eine Fratze den Zorns und er spieh mir seine Abscheu ins Gesicht. Dann schubste er mich so stark zurück das ich hinfiel. Mit Genugtung sah er mich an und im selbstgefälligem Ton sagte er "Ja, genau da gehörst du hin. In den Dreck. Komm mir bloß nie wieder unter die Augen - Abschaum." Spuckte vor mir aus, griff sich seine Tüten und ging davon. Ich blieb verstört und zitternd zurück. Tränen liefen über mein Gesicht aber niemenden kümmerte mein Unglück. Im Gegenteil, die Passanten die alles mitbekommen haben sahen mich an als wäre ich ein ekliges Insekt und beschimpften mich. Ich rappelte mich hoch und wollte mich verteidigen, doch keiner wollte mir zuhören, im Gegenteil die Leute kamen drohend immer näher und ein Junge warf sogar einen Stein nach mir und schrie immer wieder "Haub ab du dreckige Schwuchtel!" Ich bekam Angst und lief so schnell ich konnte zu meinem damaligen Zuhause, die Treppe hoch und verkroch mich unter mein Bett. Als Abends die Pflegeeltern von der Arbeit kamen wußte schon die ganze Nachbarschft was passiert war, den wir wohnten in einer Kleinstadt und jeder kannte jeden. Ich durfte mich nicht mal erklären sondern sollte sofort meine Sachen packen. Dann wurde ich ins Auto geschubst und mein Pflegevater mit dem ich bis dahin sehr gut ausgekommen war und der mich des öffteren liebevoll Sohn nannte fuhr mit mir in die nächst größere Stadt und lieferte mich mit den harten Worten er dulde keinen Sodomiten im Haus beim nächsten Kinderheim ab.

 

Es half kein Betteln und kein Flehen, denn ich war mir keiner Schuld bewußt. Ich hatte nichts getan und verstand die Reaktionen der Erwachsenen nicht. Ja, ich war ein hübscher Junge. Mein Spiegelbild zeigte mir jeden morgen ein ovales weiches Gesicht mit hohen Wangenknochen das von braunen Locken umrahmt wurde und meine Augen strahlen in einem so hellen braun das sie golden wirken. Ich habe eine Stupsnase und volle Lippen die gern andere Jungs küssen. Ja, ich mochte es gern Jungs zu küssen und liebte es mich von ihnen anzufassen zu lassen. Doch bin ich deshalb eine Mißgeburt und von Teufel besessen? Ein Dämon der der brave Bürger verführt? Scheinbar schon denn mein Leben in diesem Heim war die Hölle und es wurde mit allen Mitteln versucht meine sogenannte Krankheit zu heilen.

Jetzt stehe ich hier mit meinem Koffer auf der Brücke und starre ins Wasser. Es ist schwarz und durch die vielen Strudel scheint es regelrecht zu brodeln. Genau das richtige Höllentor für einen Sünder wie mich.

Heute ist mein Geburtstag. Ich bin 18 Jahre geworden und man hat mich vor die Tür gesetzt wie einen Hund den keiner mehr haben will. Ich sei jetzt volljährig sagte die Mutter Oberin des katohlischen Erziehungsheimes wo ich die letzen vier Jahre verbracht habe in säuerlichen Ton und bedachte mich mit einem Blick als wäre ich widerlicher Schleim zu ihren Füßen."Wir haben bei Gott alles versucht dich von deinem liederlichen Verhalten abzubringen, doch du bist unbelehrbar und wirst dafür in der Hölle schmoren. Pack deine Sachen und geh jetzt, du bist hier nicht länger erwünscht."

 

Je länger ich das schäumende und brodelnde Wasser ansehe um so freier fühle ich mich. Es lockt mich mit Vergebung für meine Sünde das ich Männer liebe und verspricht mir Erlösung von dieser so feindseligen Welt. Wie ich über das Geländer gekommen weiß ich nicht. Doch ich brauche nur noch einen kleinen Schritt zu tun, dann wäre ich frei. Es ist mir in diesem Moment egal das Selbstmord eine Sünde ist, doch so will ich nicht länger weiterleben. Von allen gehasst und beschimpft nur weil ich anders bin und doch nichts dafür kann. Ich wurde so geboren, bin genauso ein fühlendes Lebewesen wie alle anderen, das nur ein Platz für sich im Leben sucht und einen Menschen der mich liebt so wie ich bin.

Nur noch einen Schritt bis zur Freiheit und doch zögere ich. Meine Verzweiflung darüber das ich nicht loslassen kann überwältigt mich und ich strauchle. Gerade als meine Füße abrutschen werde ich gepackt und und starke Arme umschließen meinen Oberkörper. Eine tiefe Stimme fragt leise in mein Ohr was so schlimm sei das ich mein kostbares Leben wegwerfen will. Es ist ein ruhiger fast hypnotischer Ton der mich erdet und mir alle Angst nimmt. Ich erzähle der Stimme was mich bedrückt und warum es besser ist das ich sterbe doch, alles was ich ernte ist ein ungläubiges Schnauben. Dann lösen sich die Arme von mir und ich werde aufgefordert mich vorsichtig umzudrehen, was ich auch tue. In der einbrechenden Dämmerung kann ich einen beindruckenden großen Mann erkennen mit einem kantigen Gesicht und kurzen Haaren. Wir starren uns an und er reicht mir seine Hand. Zaghaft lege ich meine schmale Hand seine große Pranke und dann hilft er mir über das Geländer zurück auf den Bürgersteig zu klettern. Doch er läßt mich wieder Erwarten nicht los sondern zieht mich im Gegenteil an seine Brust, umschließt mich mit seinen starken Armen und legt seinen Kopf auf meinen Scheitel. Ich fühle mich zum ersten mal sicher und geborgen. Ich umschlinge den breiten Rücken und kralle mich schluchzend in seinen Pullover fest. "Ach Junge" raunt er" nur weil du Schwul bist geht nicht gleich die Welt unter" und lacht leise. Das Geräusch verursacht mir eine Gänsehaut und ich kuschele mich tiefer in diese tröstende Umarmung. "Ich mache dir ein Angebot. Wie heißt du eigentlich?" Ich sagte es ihm und er stellte sich als Lukas vor. 29 Jahre und von Beruf Schreiner. "Was hälst du davon erst mal mit zu mir zu kommen bis du dir was eigenes aufgebaut hast?" schlug Lukas vor und ich konnte ihn nur ungläubig anstarren.

"Jetzt schau nicht so" lachte und gab mir einen zarten Kuss auf die Lippen "Ich geb dir die Chance was aus deinem Leben zu machen, du musst sie nur ergreifen." Er sah mich erwartungsvoll und zwinkerte mir da zu. Staunend erwiderte ich seinen Blick und fragte dann zögernd ob es ihm wirklich nichts ausmache das ich schwul bin. "Junge, wenn ich wirklich was gegen Schwule hätte wäre ich ja gegen mich selbst" grinste breit und gab mir noch einen Kuss. Ein Stein fiel vom Herzen und so sagte ich freudig zu.

 

Er nahm meinen Koffer der irgendwie verloren neben dem Geländer der Brücke stand und führten mich zu einem Kleinlaster der mit laufenendem Motor am Rand stand. Bugsierte mich auf den Beifahrersitz und stellte den Koffer hinten auf die Ladefläche. Als wie uns angeschnallt haben lächelt er zu mir rüber und brummt mit seiner wundervollen tiefen Stimme "Es wird alles gut Tobias, vertrau mir und lass dir helfen."

Ich konnte nur unter Tränen nicken und zurück lächeln. Eine tiefe Ruhe breitete sich in meinem Herzen aus und zum ersten mal in meinem Leben hatte ich keine Zweifel und keine Ängste sondern freute mich auf die Zukunft und hoffte mit Schmetterlingen im Bauch das ich sie an der Seite dieses wundervollen Mannes erleben durfte.

Wie elend das Schicksal auch sein mag, es gibt immer einen Weg und alles ist besser als der Tod. Man darf nur nie die Hoffnung auf ein besseres Leben verlieren, helfende Hände mit Macht ergreifen und nicht aus falschem Stolz zur Seite schlagen.

 

Neues Glück?

 Dunkelheit umgibt mich, nur der silberne Schein des Modes beleuchtet meinen Weg.

Die Blätter der Bäume flüstern leise und Grillen zirpen ihre ganz eigene Melodie. In der Ferne kann ich die Frösche Quaken hören.

Dies ist meine liebste Zeit des Tages. Keine Verpflichtungen oder Erwartungen, sondern nur ich und diese wundervollen Gerüche nach Holz, Wiesenkräutern und die klare Luft der Nacht. Ich kann endlich abschalten und meine Gedanken laufen lassen.

Ich kenne den Weg zum See im Schlaf, denn ich laufe ihn fast täglich.

 

Aber heute will sich die Ruhe, die ich so ersehne und brauche einfach nicht einstellen.

Mein liebster wird heiraten. Er hat es mir nicht mal selbst gesagt, sondern ich habe es aus der Zeitung erfahren.

Es hat mich alle Kraft gekostet die ich aufbringen konnte damit mir niemand den Schock und die Verzweiflung ansieht. Eigentlich war es mir von Anfang an klar das er nicht offen zu mir stehen kann und er seine Pflicht gegenüber seiner Familie erfüllen muss, doch dieser Vertrauensbruch hat alle meine Hofnungen die ich doch insgeheim hegte mit einem Schlage zu nichte gemacht.

Jetzt verstehe ich auch warum er mir seit Tagen aus dem Weg gegangen ist und sich eher kühl mir gegenüber verhalten hat wenn wir uns doch über den Weg gelaufen sind. Unsere heimlichen Treffen die immer so voller Glück und Erfüllung waren verschob er plötzlich unter fadenscheinigen Ausreden.

 

Ich höre ein schluchzen und bleibe stehen. Da, wieder. Bis mir auffällt das es mein eigenes ist und mir ungehemmt Tränen über die Wangen laufen vergeht ein langer Moment.

Verstört und ungläubig starre ich auf meine nassen Finger mit denen ich mir über das Gesicht gefahren bin.

Den Kopf den den Nacken gelegt, überlege ich verwirrt wie das passieren konnte. Ich bin als harter und kalter Kerl verschrien, der keine Emotionen kennt. Habe nie irgentwelche Gefühle zugelassen und immer alles aus der Distanz beobachtet und analysiert. Doch irgentwie muss er es geschafft habe meine Mauern zu überwinden ohne das ich es gemerkt habe. Seine ruhige Art hat mir von Anfang an gefallen und sein Witz hat mich geerdet wenn ich  mal wieder zu ernst und in mich gekehrt war. Er hat mir Stück für Stück beigebracht das das Leben auch schön sein kann und nicht nur aus Trister Arbeit besteht. Sein scharfer Verstand und seine schnelle Auffassungsgabe haben mich oft in Erstaunen und noch öfter in Erregung versetzt.

Gott, ich liebe ihn so. Ja, jetzt gestehe ich es mir ein. Ich liebe ihn so sehr, das es mein Herz zerreist.

 

Mittlerweile habe ich den See erreicht und gehe wie immer bis zum Ende des Steges der ein ziemliches Stück hineinreicht. Ich ziehe mir die Schuhe und Socken aus, kremple die Hosenbeine hoch und lasse mich nieder. Die Beine baumeln im kühlen Nass.

Tief atment versuche ich mich zu beruhigen und zu meiner alten Fassung zurück zu kehren, doch es will mir nicht gelingen. Die Risse und Löcher in meiner inneren Mauer werden viel Zeit brauchen um sie zu kitten.

Ob ich je wieder einem Mann so vertrauen kann das er einen Platz in meinem Herzen und meinem Leben  beanspruchen kann wage ich zu bezweifeln. Da ist mir die Einsamkeit und Gefühllosigkeit allemal lieber als dieser Schmerz der in meiner Brust tobt und mir den Atem raubt.

Meine Sicht verschwimmt schon wieder und ich bin wütend auf mich, das ich dieses dumme Organ nicht unter eisener Kontrolle bekomme, sondern es dumpf und traurig einen hoplrigen Rythmus schlägt.

Plötzlich vibriert der Steg unter mir und ich höre leise Schritte. Fahrig und voller Hast wische ich mir über die Augen und trockne meine Wangen. Niemand soll mich so sehen. Ich setze meine Maske auf und sperre alle Emotionen in den tiefsten Keller meiner Seele mit dem festen Vorsatz sie dort verotten zu lassen.

Den Rücken gerade, den Blick geradeaus und äußerlich gefaßt erwarte ich den Störenfried.

 

Der Wind bringt mir einen feinen Duft. Würzig und verlockend. Es riecht nach Kiefernharz und Sonnenschein. Er dringt in jede meiner Poren und erfüllt mich mit einer Kraft die meine aufgewühlte Seele sofort beruhigt.

Ein warmer Körper lässt sich neben mir nieder, ein starker Arm legt sich um meine Schultern und zieht mich an sich. Er strahlt soviel Hitze aus, das er mich nicht nur von außen sondern auch von innen wärmt.

Ich habe ihn schon an seinen Schritten erkannt, meinen besten Freund seit Kindertagen und festen Begleiter in meinem Leben. Ich drehe den Kopf und schaue dir in die Augen. Du lächelst mich voller Mitgefühl an und streichelst über meine Wange und plötzlich bricht der Damm. Alle meine Mauern fallen in sich zusammen und ich lasse mich in deine starken Arme fallen, lasse alle angestauten Gefühle raus und nässe dich mit meine Tränen vollkommen ein.

Nach gefühlten Stunden liege ich erschöpft auf deinen Schoß und du streichts mir immer wieder durchs Haar.

Du flüsterst mir liebevolle Worte zu und ich erkenne mit einem mal das ich die ganzen Jahre über blind gewesen bin und mein Glück schon so lange in greifbarer Nähe, ich aber nur zu dumm war um es zu sehen. Ich rappele mich auf und schaue staunend in deine glitzenden Augen. Du verstehst mich wie immer auch ohne Worte und nickst einfach nur.

Ich kuschele mich an dich und du küsst zärtlich meine Stirn. Ich bin zu Hause angekommen und will nie mehr woanders sein.

 

 

 

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Tag der Veröffentlichung: 03.07.2014

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