4. Auflage
Deutsche Erstveröffentlichung Januar 2015
Verlag:
BookRix
Implerstraße 24
81371 München
Deutschland
Text: Birgit Gruber
Bildmaterialien: shutterstock.com:
©Marc Venema, ©dinawinner
©LeManna, ©Manuel J. Sachse, ©Artiste2d3d
elements.envato.com: ©PixelSquid360, ©cynoclub
Cover: Anne Gebhardt Design
Lektorat: Christine Föllmer-Maier
Alle Rechte vorbehalten.
Dies ist ein Roman. Die Namen der behandelten Personen sind frei erfunden. Eventuelle Ähnlichkeiten mit real existierenden (lebenden oder toten) Personen wären reiner Zufall.
18. Oktober 1843 – Die Nacht war dunkel und wolkenverhangen. Langsam stieg Nebel aus den Wiesen empor. Die gespenstische Ruhe wurde durch lautes Gebrüll unterbrochen. Johann rannte, so schnell er konnte. Seine Lungen brannten wie Feuer und doch hastete er weiter. Er lief um sein Leben. Da vorne war endlich der ersehnte Wald. Hier konnten ihn seine Verfolger nicht mehr so leicht ausmachen. Nur noch ein kleines Stück. Als er die ersten Bäume erreichte und die Wiesen hinter sich ließ, wagte er einen kurzen Blick über die Schulter. Da hinten kamen sie bereits. Das Licht der Fackeln war in der Dunkelheit unübersehbar. Es waren vielleicht zwanzig Männer. Sie riefen nach ihm.
»Johann, bleib stehen. Im Namen der Ehre von Ludowika von Wendekamp!«
»Wenn wir Euch erwischen, wird es Euch schlecht ergehen!«
»Johann …«
Johann verstand nur Bruchteile, aber er wusste auch so, was sie wollten. Dabei war nichts geschehen. Er liebte seine junge Herrin, die Tochter des Baron Heinrich von Wendekamp. Das stimmte. Aber er würde es niemals wagen, ihre Ehre zu beschmutzen. Er war ein guter Diener und er wusste, dass seine Liebe nie erwidert werden würde. Und selbst wenn doch, der Standesunterschied war viel zu groß. Johann schüttelte den Kopf, dann rannte er in den Wald hinein. Im Schutz der Bäume fühlte er sich gleich wohler. Aber die Nacht war dunkel. Nicht einmal der Mond war zu sehen. Wie sollte er sich hier zurechtfinden und seine Verfolger abschütteln? Es half nichts. Er musste weiter. Er hörte sie bereits näherkommen. Johann lief ziellos zwischen den Bäumen hindurch, in der Hoffnung, einen Steinhaufen oder ein anderes notdürftiges Versteck zu finden. Er machte sich nichts vor. Ohne eine Fackel im dunklen Wald würden ihn seine Verfolger schnell einholen. Äste knackten unter seinen Füßen. Zum Glück hatte es die letzten Tage nicht geregnet, sonst wäre er unter Umständen auch noch auf dem matschigen Boden ausgerutscht. Ein tiefhängender Ast schlug ihm ins Gesicht, aber er merkte es kaum. Auch die Kratzer, die er sich immer wieder durch herabhängende Zweige zuzog, machten ihm nichts aus. Er lief einfach weiter, ohne ein Ziel vor Augen.
»Johann! Feigling! Zeigt Euch!«
»Ich kann ihn nirgends sehen, wisst Ihr, wo er entlanggelaufen ist?«
»Wir erwischen ihn, verlasst Euch darauf!«
Die Stimmen wurden lauter. Johann warf einen Blick über die Schulter, da passierte es. Er fiel. Ein umgestürzter Baum lag direkt vor ihm. Er hatte ihn nicht bemerkt. Sein Hemd riss auf. Aber das interessierte ihn nicht. Er wollte aufstehen und weiterrennen, doch sein Knöchel knickte ein. Er konnte kaum aufrecht stehen.
»Johann, ergebt Euch!«
Er holte tief Luft und biss die Zähne zusammen. Dann rannte er weiter. Bei jedem Schritt hatte er das Gefühl, ein Messer würde sich in seine Fußsohle bohren. Wild blickte er um sich. Wo sollte er hin? Da drüben! War das möglich? Ein Lichtschein! Er rannte darauf zu. Tatsächlich. Eine Wiese. Es war die, die zum Anwesen der Wendekamps gehörte. Das Licht kam vom Gutshaus. Er zögerte. Sollte er hinüberlaufen? Das käme einem Selbstmord gleich, oder?
»Johann?«
»Johann! Bleibt endlich stehen. Es hat doch keinen Zweck!«
Er hatte keine Wahl. Er nahm seine letzten Kräfte zusammen und lief zum beleuchteten Haus hinüber. Hoffentlich waren die anderen noch im Wald und entdeckten ihn nicht. Auf der offenen Fläche wäre es keine Kunst, ihn auszumachen. Zumal sich jetzt der Mond zwischen den Wolken zeigte und ein fahles Licht auf die Wiesen und Wälder warf. Dann kam ihm ein neuer Gedanke. Was sollte er machen, wenn das Gutshaus bewacht war? Und wo wollte er sich dort überhaupt verstecken? Aber ein anderer Ausweg kam ihm auf die Schnelle nicht in den Sinn. Als er näherkam, atmete er erleichtert auf. Noch einmal hatte er Glück. Das Haus lag friedlich und verlassen vor ihm. Er rannte mit letzten Kräften in den Keller und lehnte sich völlig atemlos gegen die Tür.
Er wusste nicht, wie lange er so dastand. Erst als er die Stimmen der Männer vernahm, kam wieder Leben in ihn. Er musste sich verstecken! Aber wo? Fieberhaft überlegte er. Dann kam ihm die rettende Idee. Die Kammer neben Ludowikas Zimmer. Dort würde ihn niemand vermuten, zumal sie nur ausgediente Möbelstücke enthielt. Vorsichtig lugte er durch den Türspalt zur Küche. Er musste nur noch ungesehen in die Kammer gelangen.
Als er die Tür der kleinen Kammer hinter sich schloss, atmete er erleichtert auf. Er ließ sich auf den alten, mit Spinnweben behangenen Stuhl fallen. Sein Fuß schmerzte unerträglich. Leise zog er seinen Schuh aus. Der Knöchel war beträchtlich geschwollen und bereits blau verfärbt. Aber was war schon ein schmerzender Fuß im Gegensatz zu einer Horde wutschäumender Männer, die ihn lynchen wollten? Kurz darauf fiel Johann in einen traumlosen Schlaf.
Als Johann die Augen öffnete, konnte er es nicht glauben. Die Kammertür war durch eine Steinmauer ersetzt worden. Er war, ohne es bemerkt zu haben, eingemauert worden.
Die Reifen quietschten, dann folgte ein leichtes Rumsen, und das Auto kam zum Stehen.
»Wer um Himmels willen hat denn genau da einen Wasserhydranten hingestellt?« Elisabeth von Wendekamp drückte erst ihre Nase gegen die Windschutzscheibe, dann schüttelte sie unwillig den Kopf und rückte ihre Brille zurecht.
Louisa lehnte sich seufzend auf dem Beifahrersitz zurück. »Alles in Ordnung?«, fragte sie und schielte zu ihrer Oma hinüber, die gerade den Schlüssel aus dem Zündschloss zog.
»Warum denn nicht, bitte schön?«, kam prompt die fassungslose Antwort. »Ich bin vielleicht nicht mehr die Jüngste, aber ich fahre noch immer wie der Teufel.«
Wie recht sie damit hatte. Elisabeth von Wendekamp war zweiundsiebzig, trug gerne flippige Klamotten und war ziemlich rüstig für ihr Alter.
Bis zu ihrem achtzehnten Geburtstag kannte Louisa ihre Oma nur von den seltenen Erzählungen ihrer Eltern, denen immer der Hinweis folgte, dass sie sich von »dieser unmöglichen Frau« ja fernhalten sollte. Kontakt war strengstens untersagt. Louisas Vater stöhnte immer bei dem Gedanken an seine Schwiegermutter und murmelte nur stets: »Alt und durchgeknallt.« Damit war das Thema dann auch schon für ihn beendet. Bereits vor Louisas Geburt hatten ihre Eltern jeglichen Kontakt zu Elisabeth abgebrochen, denn in ihren Augen war diese Frau eine Zumutung und sie schämten sich für sie. Warum, hatte Louisa nie genau erfahren. Wahrscheinlich lag es daran, dass ihre Oma einfach Spaß am Leben hatte, ganz im Gegensatz zu ihren Eltern.
Bei dem Gedanken an ihre Eltern verdrehte Louisa die Augen.
Sie waren schlichtweg spießige Nörgler. Das Glas war nach ihrer Meinung halb leer statt halb voll, und dementsprechend hatte auch Louisas Kindheit ausgesehen. Sie hatte als Einzige noch mit siebzehn Jahren um neun Uhr abends zu Hause sein müssen. Ein Freund war sowieso tabu gewesen, und egal wie sie sich anstrengte, ihre Eltern hatten immer etwas an ihr auszusetzen gehabt.
Sie war froh gewesen, als sie endlich achtzehn geworden war und ausziehen konnte. Kurz danach hatte sie sich auf die Suche nach Elisabeth gemacht. Schon immer war sie auf ihre Oma neugierig gewesen und auf den wenigen Fotos sah sie ziemlich sympathisch aus. Außerdem hatten ihre Eltern stets beteuert, dass die Flausen, die Louisa im Kopf hätte, den Genen ihrer Großmutter zuzuschreiben wären.
Ihre Oma wohnte seit einigen Jahren in Leipzig. Dort hatte sie sich ein Penthaus nahe der Innenstadt gekauft.
Die beiden verstanden sich auf Anhieb, und Louisa fand, dass ihre Oma eigentlich ganz normal war. Na gut, andere Omas in dem Alter fuhren nicht unbedingt einen Porsche und sie zogen sich auch keine hautengen Hosen in knallbunten Farben an oder vertrieben sich die Zeit mit Judo und Bungee-Jumping. Doch genau deshalb liebte sie ihre Oma. Mit ihr gab es immer etwas zum Lachen, und sie genoss es, Zeit mit ihr zu verbringen.
Es war überhaupt die bisher schönste Zeit ihres Lebens. Endlich konnte sie für sich selbst entscheiden und musste niemandem Rechenschaft ablegen. Natürlich war es nicht einfach. Um ihr Studium und die Miete für die kleine Wohnung in Augsburg finanzieren zu können, jobbte sie als Servicekraft in einem Café und als Aushilfe in einem Blumenladen. Aber sie hatte Spaß, und dank Elisabeth erhielt ihr Konto wie durch Zauberhand auch hin und wieder eine kleine Aufbesserung, obwohl Louisa das eigentlich gar nicht recht war.
Inzwischen hatte Louisa ihr Studium erfolgreich beendet und war nun Lehrerin für Sport und Biologie. Mit Ende zwanzig hatte sie allerdings noch immer keine feste Anstellung gefunden. Zwar rief ständig alle Welt, dass das Schulwesen mehr Lehrer bräuchte, aber trotzdem waren sie und viele andere ihres Studienjahrgangs arbeitslos. Ihre Eltern schrieben diesen Umstand natürlich sofort dem Umgang mit Elisabeth zu. »Das ist der schlechte Einfluss deiner Großmutter. Wer braucht denn eine Lehrerin für Sport? Wir haben dich ja gewarnt. Aber du hast nicht gehört. Was soll dabei schon rauskommen!«, hatte ihre Mutter am Telefon gemeint, nachdem sie sich einmal wieder über ihre aktuelle Arbeitssituation erkundigt hatte.
Seit Louisas Eltern wussten, dass sie mit Elisabeth in Kontakt stand, hatte sich das Verhältnis zwischen ihnen zusätzlich verschlechtert. Sie telefonierten kaum, und Louisa fiel auch immer eine neue Ausrede ein, warum sie wieder einmal nicht am Sonntag zum Mittagessen kommen konnte. Sie liebte ihre Oma und würde es ihren Eltern nie verzeihen, dass sie so viele Jahre auf sie hatte verzichten müssen. Außerdem war es typisch für ihre Eltern, die meinten, dass an allem, was in Louisas Leben nicht so lief, wie es sollte, nun ihre Oma schuld war. Auf diese Unterhaltungen konnte sie gerne verzichten. Viel lieber ging sie stattdessen mit Elisabeth eislaufen oder in den Zoo.
»Oh je!« Louisa stöhnte. »Da hast du aber Glück gehabt, dass der Hydrant recht stabil ist. Eine Wasserfontäne hätte uns gerade noch gefehlt.«
»Übertreib mal nicht. So ein kleiner Rumser!«
Elisabeth warf einen kurzen Blick in den Rückspiegel, zupfte ihre Haare zurecht und stieg aus.
»Du hast bestimmt eine Delle in deiner Stoßstange, oder? Was das kostet bei einem Porsche!« Louisa zog die Stirn kraus.
»Ach, mach dir darüber mal keine Gedanken. Du bist schon wie deine Mutter!«, rügte Elisabeth ihre Enkeltochter. »Wozu soll denn Geld gut sein, wenn man es nicht ausgeben darf? Komm schon. Jetzt sieh dir lieber das Prachtstück hier vor uns an. Deswegen sind wir doch da, oder? Bist du denn gar nicht neugierig?«, drängte sie und ging bereits einige Schritte voraus.
Louisa schaute an ihrer Oma vorbei zu dem schönen alten Gutshaus. Das war es also. Na, dann los.
»Ich kann es nicht glauben, dass dieses Haus wirklich deinem Großvater gehört hat. So ein Lump! Dreiundzwanzig Jahre war ich mit ihm verheiratet, bevor wir uns haben scheiden lassen! Und nie hat er ein Wort über das Anwesen verloren«, rief Elisabeth über ihre Schulter zurück und schüttelte weiter ungläubig den Kopf. »Und das Beste daran ist, wenn wir zwei nicht zueinandergefunden hätten, würde ich nicht mal jetzt was davon wissen.«
»Ach komm. Wer weiß, was er sich dabei gedacht hat. Ich kannte Lorenz doch nicht einmal.«
Louisa nahm ihre Großmutter liebevoll in den Arm. Sie war etwas größer als Elisabeth, hatte braune, lange Haare mit leichten Naturlocken, die ihrer Oma nun an der Nase kitzelten.
»Nein, nein! Bitte versteh mich nicht falsch! Ich gönne dir diese Erbschaft von Herzen.« Elisabeth schob ihre Enkelin sanft von sich und rieb sich über den Nasenrücken. »Ich kann es nur nicht fassen, dass er mich so hintergangen hat. Da lebt man so viele Jahre nebeneinanderher und kennt den anderen überhaupt nicht. Das habe ich einfach nicht erwartet.«
»Hat er nicht einmal eine Andeutung gemacht?«
»Na ja, wenn ich genau überlege … Vielleicht ein oder zwei Mal. Der Name ›von Wendekamp‹ war früher ja schon ein Begriff und ich wusste auch, dass die Familie gut betucht war. Aber das war vor dem Krieg. Ich bin immer davon ausgegangen, dass das Anwesen zerstört oder enteignet wurde.«
»Im Brief des Notars steht eindeutig, dass es Lorenz gehörte.«
»Ja, und nun dir! Komm, schauen wir uns ein bisschen um.« Elisabeth von Wendekamp zog ihre Enkelin neugierig am Arm. »Wo hast du denn den Plan vom Notar? Zeig doch mal her.« Nach einem kurzen Blick auf den Lageplan deutete sie auf das deutlich zu hohe Gras, hinter dem das Gutshaus stand.
»Das da muss der Teich sein. Allerdings scheint mir nicht mehr viel davon übrig zu sein. Links und rechts müsste ein Weg zum Haus führen. Den rechten Weg sind wir ja hergefahren. Aber einen zweiten Weg kann ich nicht sehen. Du?«
Elisabeth schielte über ihre Brille und begutachtete das Gestrüpp. Sie zuckte mit den Schultern. »Na, was soll’s. Schauen wir uns erst einmal das Gutshaus an.«
Louisa schluckte. Ihr sollte, sofern sie wollte, das wirklich alles gehören?
Der Notar hatte ihr vor zwei Wochen einen Brief geschickt, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass ihr Großvater sie als Alleinerbin für das Anwesen der von Wendekamps eingesetzt hatte. Elisabeth war aus allen Wolken gefallen, als sie ihr davon erzählt hatte. Und kurz waren beide überzeugt gewesen, dass es sich um einen dieser Abzocker-Briefe handeln musste, in denen einem eine Erbschaft versprochen wurde, man aber erst einmal eine gewisse Summe bezahlen sollte, um die sie antreten zu können. Hatte man den Betrag bezahlt, war von einer Erbschaft keine Rede mehr.
Der Notar aber hatte Louisa am Telefon versichert, dass es sich hier um das Testament ihres Großvaters, Lorenz von Wendekamp, handelte, der vor zwei Monaten verstorben war. Und da er geschieden gewesen war und nur ein Kind hatte, Louisas Mutter Gundula, die zu ihm ebenfalls jeglichen Kontakt abgebrochen hatte, hatte er sein gesamtes Erbe seiner einzigen Enkelin Louisa hinterlassen. Der Notar hatte ihr vorgeschlagen, herzukommen und sich das Anwesen anzuschauen. Danach könnte sie immer noch entscheiden, ob sie die Erbschaft annehmen wollte oder nicht.
So machten sich Louisa und Elisabeth auf den Weg, um sich das »Erbe« genauer anzusehen. Im Notariat übergab ihr die nette Sekretärin den Haustürschlüssel, einen Auszug des Grundbuchamts sowie einen Lageplan und schickte sie nach Niederrosenholz, einem kleinen Ort bei Leipzig.
Nun waren sie da. Louisa konnte es kaum fassen.
»Ist es nicht komisch, dass du jetzt ausgerechnet in Leipzig wohnst?«, murmelte Louisa. »Also praktisch gleich um die Ecke?«
»Manchmal gibt es eben seltsame Zufälle im Leben«, stimmte Elisabeth zu. »Durch Leo habe ich diese Stadt lieben gelernt. Und bin geblieben. Aber das Kapitel ist inzwischen auch vorbei.«
»Leo? Ich dachte, du hättest hier eine Zeit lang mit Roland verbracht.«
»Leo, Roland. Da gab es so einige.« Elisabeth grinste.
»Wolltest du denn nie mehr heiraten?«
Louisa war immer wieder verwundert, wie locker ihre Oma das Leben doch nahm. Ihre Eltern waren da aus ganz anderem Holz.
»Warum sollte ich?«
Elisabeth wirkte fast etwas empört. »Ich beschloss, mein Leben nach der Ehe mit deinem Großvater zu genießen. Und ein ›von‹ im Namen hat auch Vorteile. Glaub’s mir.« Sie zwinkerte ihrer Enkelin spitzbübisch zu.
Dann wandten die beiden Frauen ihre Aufmerksamkeit wieder dem Gutshaus zu. Es war wunderschön. Zumindest musste es das einmal gewesen sein!
Es war ein Sandsteinhaus. Genau die Art, von der Louisa immer geträumt hatte. Das Haus an sich war mehr breit als lang. Es glich der Bauart eines Schlosses. Der Haupteingang befand sich in der Mitte. Fünf großzügige und flache Stufen führten zur Haustür hinauf. Die Tür bestand aus zwei Holzflügeln mit schmiedeeisernem Handzug. Man konnte noch erkennen, dass sie einmal grüngrau gewesen war. Die Farbe hatte aber im Lauf der Jahre Risse bekommen und blätterte ab. Dennoch, für derart antike Haustüren bezahlte man heute einen horrenden Preis. Denn »alt« war wieder »in«!
Über dem Eingang befand sich ein großer Erker mit einem Balkon und einem uralten Steingeländer. Es sah für Louisas Geschmack nicht gerade stabil aus, denn es fehlten bereits einige Steine, die herausgebrochen waren, und der Handlauf war fast überhaupt nicht mehr vorhanden. Louisa hätte es nicht gewundert, wenn einer dieser Pfeiler demnächst herunterfallen würde.
Die mit Sandsteinen eingerahmten Fenster waren groß. Leider waren die meisten eingeschlagen, manche auch mit Brettern vernagelt. Das Dach bestand aus alten, brüchigen Ziegeln, die mit Sicherheit den Regen nicht mehr vollständig abhalten konnten.
»Hast du den Schlüssel?«
Louisa blieb stehen und kramte in ihrer Handtasche. Wie immer war sie viel zu groß. Es war jede Menge Platz für jede Menge Zeug. Aber wenn man etwas suchte, fand man nichts.
»Was ist denn nun?«
Elisabeth stand schon am Eingang und wackelte ungeduldig am Handzug des Türblatts. Sie war wie immer voller Tatendrang. Eine gesunde Portion Neugier konnte sie allerdings nicht leugnen. Schließlich hatte sie erst jetzt von der Existenz dieses Anwesens erfahren.
»Moment! Taschentücher, Kamm, Wimperntusche, OB, Kaugummi. Ah, ich glaube, ich hab‘ ihn ge…«
Louisa konnte den Satz nicht mehr beenden, denn genau in diesem Moment gab das Türblatt nach, an dem Elisabeth gerüttelt hatte. Es fiel krachend nach innen, und eine riesige Staubwolke hüllte sie vollkommen ein.
»Elisabeth? Ist dir etwas passiert?«
Louisa rannte die Stufen hinauf. Als sie bei der Tür ankam, legte sich der Nebel langsam. Ihre Großmutter stand regungslos und mit geschlossenen Augen vor ihr.
»Elisabeth? Sag doch was!«
Langsam öffnete sie ihre Lider. Sie war von Kopf bis Fuß schneeweiß, nur die Augen stachen hervor, weil sie diese ja reflexartig zusammengekniffen hatte.
Louisa begann zu kichern. Dann lachte sie schallend.
»Du siehst aus wie ein Gespenst. Die ›weiße Frau‹ oder was es so gibt.«
»Hatschi!«
»Gesundheit! Ich hoffe, du bist ein liebes Gespenst. Denn nur die dürfen meine Haustür eintreten, weil sie es nicht erwarten können. Dabei fällt mir ein, gehen Geister nicht durch Türen hindurch?«
»Ja, ja. Wer den Schaden hat …«
Elisabeth schüttelte sich und wirbelte dabei nochmals eine Staubwolke auf. Nachdem Louisa sich beruhigt hatte, half sie ihrer Großmutter, sich grob vom Schmutz zu befreien. Dann kicherte sie wieder und machte eine tiefe Verbeugung.
»Nach Ihnen, Madam! Wenn Sie schon nicht auf den Schlüssel warten können – ich habe Zeit.«
Elisabeth straffte die Schultern und ging voraus.
Als Erstes betraten sie ein feudales Foyer. Rechts davon lag ein großer Raum, der anscheinend einmal als Speisezimmer genutzt worden war. Ein riesiger Tisch stand in der Mitte. Über ihm hing ein großer Kronleuchter, der mit Spinnweben überzogen war. An den Fenstern hingen schwere, dunkelblaue Samtvorhänge. Eine Tür dahinter führte in die Küche. Louisa lugte hinein und hielt den Atem an. Die Küche war ein Traum. Es war zwar, ebenso wie im Esszimmer, alles mit einer dicken Staubschicht überzogen und mit Spinnweben behangen, aber würde man hier einmal sauber machen, hätte man eine unglaublich schöne antike Küche. Genauso, wie sie in den Wohn-Zeitschriften immer abgebildet waren. Solche, die sich, außer den wahrlich Reichen, keiner leisten konnte. Es gab einen alten Kochherd mit gusseiserner Herdplatte, eine ebenfalls gusseiserne Spüle mit Keramikbeschichtung, einen großen hölzernen Tisch samt Stühlen und einen Küchenschrank mit Milchglas-Einsätzen. Im Regal standen sogar noch alte Porzellan-Dosen. Eine schmale Tür neben der Anrichte verbarg eine kleine Abstellkammer. Aus welcher Zeit die Einrichtung wohl stammte? Louisa sah die Küche bereits vor sich. Ein neues Fenster mit Fensterkreuz. Dazu ein paar gelbe Vorhänge. Auf dem Tisch ein frischer Blumenstrauß. Hier würde das Kochen sicher Spaß machen.
»Also, das Esszimmer ist ja nicht so mein Geschmack, aber die Küche ist nicht schlecht«, sagte Elisabeth, als hätte sie Louisas Gedanken erraten.
»Genau dasselbe habe ich auch gerade gedacht. Es fehlt aber noch eine Tür von hier aus in einen kleinen Kräutergarten. Das wäre perfekt.«
»Na, Kochen ist ja nicht so meins. Aber rein optisch macht sich die Küche sich bestimmt gut. Komm, lass uns die anderen Räume anschauen.«
Louisa und ihre Oma gingen zurück ins Foyer und betraten den linken Hausflügel. Es handelte sich eindeutig um das Wohnzimmer, den Salon – oder wie immer man es nennen wollte. Der Raum war riesengroß mit acht Fenstern sowie einer zweiflügeligen Glastür, die auf eine ansehnliche Terrasse führen sollte. Leider war sie mit zwei überkreuzten Brettern vernagelt worden.
»Wow! Hier könnte man eine Hochzeit mit mindestens hundert Leuten feiern und ohne Probleme noch tanzen.«
Louisa war von der Größe des Raums überwältigt. An einer der Wände befand sich ein ansehnliches Bücherregal, das sogar etliche Bücher enthielt. Davor stand ein uralter Ohrensessel, dessen Farbe durch den vielen Staub nicht mehr erkennbar war. Außerdem gab es eine alte Vitrine, einen Sekretär und ein Sofa, oder besser gesagt eine Chaiselongue im gleichen Staubgrau des Sessels. Ähnlich wie im Speisezimmer zierte ein Kronleuchter die Decke, und an den Fenstern hingen ebenso schwere Samtvorhänge, diesmal aber in Dunkelgrün.
Einen angrenzenden Raum wie im rechten Flügel gab es nicht. Deshalb gingen die beiden wieder ins Foyer. Gegenüber dem Haupteingang führte eine großzügige Treppe nach oben. Neben dem Treppenaufgang befanden sich zwei weitere Türen.
»Aha, die Toilette! Ich habe mich schon gefragt, wo die denn ist.«
»Willst du sie gleich ausprobieren?«
Louisa lachte.
»Du wieder. Aber in so einem großen Haus muss es schließlich auch gewisse Örtlichkeiten geben.«
Die Toilette war nicht mehr im besten Zustand. Louisa war froh, dass sie nicht das dringende Bedürfnis verspürte, sie benutzen zu müssen. Der Raum war hellblau gefliest und bestand lediglich aus einer Kloschüssel und einem Waschbecken. Ein kleines Fenster zeigte in den Garten hinaus.
»Und was versteckt sich hinter der anderen Tür?«
Neugierig öffnete Elisabeth sie. Die Treppen führten eindeutig in den Keller. Louisa schaute ihrer Großmutter über die Schulter. »Ich würde sagen, wir sehen uns erst einmal oben um. Da unten sieht es recht dunkel aus.«
»Ich hoffe, die Treppe hält.«
Skeptisch blickte Elisabeth die Holztreppe hinauf, dann setzte sie vorsichtig einen Fuß darauf. Ein leichtes Knarren war zu hören, aber das Holz hielt. Im oberen Stock führte ein langer Flur in verschiedene Zimmer. Sie waren fast alle ähnlich groß und besaßen entweder Fenster nach vorne oder hinten hinaus. Es waren insgesamt fünf Räume. Zu einem gehörte der Balkon, den Louisa bereits von außen betrachtet hatte. Durch den Erker war er größer als die restlichen Räume und auch heller, weil die Balkontür aus zwei Glasflügeln bestand. Als Louisa hinausschaute, bestätigten sich ihre Bedenken. Von hier aus sah das Geländer noch brüchiger aus als von unten. Außerdem befand sich neben dem Treppenaufgang ein Badezimmer im oberen Stock. Es war grün gefliest, aber die Fliesen waren bereits überall abgesplittert. Die Einrichtung bestand aus einer Badewanne mit Füßen, einer uralten Kloschüssel und einem Waschbecken, das aus der Wand gerissen am Boden lag.
Links des Balkonzimmers konnte man vom Flur aus eine schmale Tür erkennen, die aber irgendwann einmal zugemauert worden war. Bestimmt, um den Raum zu vergrößern, überlegte sie.
»Mich würde ja interessieren, wer hier einmal gelebt hat. Wem hat das herrliche Balkonzimmer wohl gehört? Schade, dass Wände nicht reden können.« Louisa seufzte.
»Ja, die könnten uns bestimmt viel erzählen. Besonders, wenn man bedenkt, wie alt das Haus ist.«
»Und warum wurde es scheinbar so lange nicht bewohnt? Es ist so ein tolles Haus. Eine Schande, es leer stehen zu lassen.«
Elisabeth grinste. »Das zumindest kannst du ja jetzt ändern.«
Louisa schüttelte den Kopf. »Schön wär’s. Aber schau dich doch um. Wer hier wohnen will, muss erst einmal alles renovieren. Wie soll ich das machen? Ich bin eine arbeitslose Lehrerin, die sich zurzeit als Aushilfslehrerin und mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält. Außerdem habe ich von so etwas überhaupt keine Ahnung. Tapezieren und Streichen, das kann ich. Aber damit ist es in dem Haus nicht getan.«
»Ich bin ja auch noch da und könnte mir durchaus vorstellen, hier ein paar Euro zu investieren. Du musst dich ja nicht sofort entscheiden. Jetzt schauen wir uns erstmal den Keller und den Garten an.«
»Also, um ehrlich zu sein, bin ich auf den Keller im Moment gar nicht so scharf. Wenn man die Spinnweben hier oben schon sieht, wie ist es dann dort unten? Du kennst mich doch, mit Spinnen habe ich es nicht so. Mir ist eine Katze oder ein Hund lieber.«
»Gut, dann gehen wir in den Garten.«
Der »Garten« war ein Park. Wie viel Grundstücksfläche zum Anwesen gehörte, wusste Louisa nicht, aber es war eindeutig mehr, als das Auge sehen konnte. Links vom Haus erstreckte sich eine riesige Blumenwiese, die an ein Waldstück grenzte. Rechts vom Haus stand eine alte Scheune, und hinter dem Haus befand sich eine alte Steinterrasse, von der drei Stufen in den Park führten. Hier wuchsen abwechselnd große Bäume und buschige Hecken. Sie waren kreisförmig angeordnet, und in der Mitte stand ein alter Springbrunnen, mit der Statue eines lockigen kleinen Knaben, der anscheinend in früheren Zeiten einmal fröhlich in den Brunnen gepullert hatte. Vier Steinbänke waren rundherum angeordnet und luden zum Verweilen ein. Die Terrasse war wie ein »L« angelegt. Sie begann an der linken Hausseite bei den Türen, die zum Salon führten, und zog sich bis fast über die ganze Rückseite des Hauses. Dabei war sie nicht gerade schmal. Wenn Louisa schätzen müsste, würde sie meinen, dass die Terrasse gute sechs Meter breit war. Neben den Steintreppen wucherte hohes Unkraut, ab und zu ragten wilde Rosen heraus. Und auch hier konnte Louisa schon den fertigen Garten vor sich sehen. Statt des Unkrauts müssten hier Farne, Lavendel und Rosen angepflanzt und die Hecken rund um den Brunnen ordentlich gestutzt werden. Die ausgetretenen Steinplatten sollten vielleicht neu angeordnet und zerbrochene Platten ersetzt werden. Dazu weiße Gartenmöbel, die zum Sitzen einluden, und hier und da eine Kübelpflanze, blauer Himmel und Sonnenschein … Sie hatte eindeutig zu viel Fantasie. Zumindest für jemanden, der nicht in der finanziellen Lage war, es tatsächlich umzusetzen. Das stimmte Louisa ein wenig traurig.
»An was denkst du? Du siehst so niedergeschlagen aus. Gefällt es dir nicht? Ich finde es traumhaft schön. Sicher, es müsste viel gemacht werden. Aber ich glaube, hier zu wohnen, da kann man sich tatsächlich wie eine ›von‹ fühlen. Es ist, als wäre die Zeit stehengeblieben.«
Louisa lachte. »Ja, ich warte fast darauf, dass eine hübsche Frau im Ballkleid um die Ecke kommt.«
»Genau das meine ich. Wenn du hier dann mal wohnst, müssen wir unbedingt eine Party in historischen Gewändern feiern. Das wird toll werden.«
»Elisabeth, ich habe es dir doch schon gesagt. Selbst wenn ich wollte, ich habe nicht die finanziellen Mittel!« Louisa schnaufte. Es war typisch für ihre Großmutter, diesen Einwand einfach zu überhören. Sicher, für Elisabeth war das auch kein Problem. Schließlich war sie eine reiche Frau. Sie hatte nach der Scheidung von ihrem Großvater eine beträchtliche Summe erhalten und diese gewinnbringend an der Börse vermehrt. Einer ihrer Lebensabschnittspartner war ihr Anlageberater gewesen. Um in Elisabeths Gunst zu stehen, hatte er sich sehr viel Mühe gegeben, ihr Geld bestmöglich anzulegen, das hatte ihr Elisabeth einmal augenzwinkernd erzählt. »Und überhaupt, das Haus ist viel zu groß für eine Person, und um allein den Garten in Schuss zu halten, würde ich einen Gärtner brauchen. Entweder man zieht hier als Großfamilie ein oder man braucht Personal, um das alles zu bewirtschaften.«
Elisabeth runzelte die Stirn. »Ein wenig groß ist es schon. Zugegeben. Aber den Garten kann man durchaus in den Griff bekommen. Du kaufst dir so einen Rasenmähertraktor und fährst ein paar Mal hin und her. Die Büsche gehören geschnitten. Ein paar Blumen. Fertig. Die Wiese kannst du bestimmt von irgendeinem Bauern abmähen lassen.«
»Ich weiß nicht. Bei dir hört sich immer alles so einfach an.«
»Wenn man etwas unbedingt will, dann bekommt man es auch. Glaub einer alten Frau! So, willst du nun noch den Keller anschauen, oder statten wir Dr. Hausner einen Besuch ab? Ich bin schon ganz gespannt auf den lieben Herrn Notar. Hast du eine Ahnung, wie alt er ist?«
Louisa lachte. »Nein, das weiß ich leider nicht. Aber seine Stimme am Telefon war sehr nett.«
»Dann werden wir das jetzt herausfinden.«
»Und die Haustür? Wir können sie doch nicht so liegen lassen. So kann ja jeder einfach reingehen. Wir müssen zumindest versuchen, sie wieder aufzustellen.«
Elisabeth runzelte die Stirn und sah an sich hinunter. Na ja, ihre weiße Hose war inzwischen grau, dafür besaß das schwarze T-Shirt jetzt weiße Flecken. Das Ergebnis ihres Versuchs, die Haustür zu öffnen. Viel schlimmer konnte ihr Outfit nicht mehr verdrecken.
»Okay, wir lehnen sie so gut wie möglich davor. Aber sollte Herr Dr. Hausner einen Schreck bekommen, weil ich wie ein Bauarbeiter aussehe, ist das deine Schuld.«
»Du hinterlässt bestimmt wie immer nur den besten Eindruck. Davon bin ich überzeugt.« Louisa meinte es vollkommen ernst, auch wenn sie dabei lachte. Elisabeth gehörte zu den Wenigen, die selbst im Kartoffelsack den Eindruck vermittelten, als wären sie die Queen. Keiner wagte es, ihr eine Bitte abzuschlagen oder gar zu widersprechen. Abgesehen natürlich von ihren Eltern.
Das Notariat befand sich im ersten Stock eines neu renovierten Hauses in der Leipziger Innenstadt. Die Räume waren alle mit Parkett ausgelegt und, wie früher üblich, ziemlich hoch. Es gab einen kleinen Warteraum, der dank einer großen Yucca-Palme und der weiß gestrichenen Wände sehr freundlich wirkte. Auch eine Espressomaschine stand für die Wartenden bereit. Louisa hatte sich gerade für einen Caffè Crema entschieden, da teilte ihnen die Sekretärin mit, dass der Notar nun Zeit für sie hätte.
Herr Dr. Hausner sah überraschenderweise genau so aus, wie Louisa ihn sich bei ihrem Telefonat vorgestellt hatte. Er war schätzungsweise Anfang bis Mitte sechzig, groß, hatte graumeliertes Haar und war Louisa auf Anhieb sympathisch.
»Hallo. Ich bin Dr. Hausner, und Sie müssen Louisa Brückner sein. Es freut mich, dass ich Sie endlich persönlich kennenlerne.«
Der Notar reichte ihr freundlich die Hand. Dann blickte er zu Elisabeth hinüber, die sofort instinktiv ihr Haar zurechtrückte.
»Und mit wem habe ich noch das Vergnügen?«
»Das ist meine Großmutter, Elisabeth von Wendekamp.«
»Es freut mich. Sehr sogar.« Er lächelte Elisabeth an und schüttelte auch ihr die Hand. »Elisabeth von Wendekamp. Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie die ehemalige Frau des Verstorbenen waren? Lorenz hat mir schon viel von Ihnen erzählt.«
Elisabeth schnappte nach Luft. »Um Gottes willen. Vergessen Sie alles, was er gesagt hat! Lorenz und ich hatten besonders in den letzten Jahren sehr unterschiedliche Ansichten über das Leben.«
»Keine Sorge. Ich versichere Ihnen, er hat nur bestens von Ihnen gesprochen.«
»Na, wenn das mal stimmt.«
Dr. Hausner und Elisabeth lächelten sich an.
Louisa räusperte sich und hielt dem Notar die Schlüssel unter die Nase.
»Vielen Dank für den Schlüssel. Aber den werden weder Sie noch ich in Kürze brauchen.«
Der Notar blinzelte kurz, dann wandte er sich wieder Louisa zu. »Wie soll ich das verstehen? Bitte setzen Sie sich doch.«
Er deutete auf zwei Stühle gegenüber seines antiken Schreibtisches.
»Nun, wir haben das Haus und Grundstück besichtigt. Leider klemmte das Türschloss, und nach einigem Rütteln hatten wir auf einmal die komplette Tür samt Verankerung in der Hand – oder besser gesagt vor uns liegen.« Na ja, ganz so war es nicht gewesen, aber sie konnte dem Notar ja schlecht sagen, dass Elisabeths Neugier sie schlichtweg dazu trieb, Türen auszureißen.
Erschrocken schaute Dr. Hausner die beiden Frauen an. An Elisabeth blieb sein Blick hängen, die sich verlegen im Raum umsah. Jetzt erst schien dem Notar ihre etwas verdreckte Erscheinung aufzufallen.
»Um Gottes willen. Ich hoffe, Ihnen ist nichts passiert?!«
Unweigerlich strich sich Elisabeth ihr T-Shirt glatt. »Nein, nein, uns geht es gut.«
»Ich verstehe das gar nicht. Als ich das letzte Mal dort war, schien noch alles in bester Ordnung zu sein. Sie müssen wissen, dass ich oder einer meiner Mitarbeiter jeden Monat dort nach dem Rechten schauen. Es gibt ja leider immer wieder Vandalen oder Obdachlose, die sich so ein leerstehendes Gebäude suchen, um dort ihr Unwesen zu treiben. Aber glücklicherweise ist es in all den Jahren nur ein einziges Mal vorgekommen, dass einige Scheiben eingeworfen und ein Waschbecken aus der Verankerung gerissen worden waren. Sie haben die vernagelten Fenster ja bestimmt gesehen.«
Mit einem Mal saß Elisabeth kerzengerade da. »Wie meinen Sie das, in all den Jahren?« Heißt das, Sie verwalten das Anwesen schon länger? Ich bin davon ausgegangen, dass Sie nur die Erbschaft regeln.«
»Oh nein, Lorenz und ich, wir sind alte Studienfreunde gewesen. Das Anwesen, das ihre Enkelin erben wird, verwalte ich bereits seit mehreren Jahren. Wussten Sie das nicht?«
»Nein.« Das war für Elisabeth erst einmal zu viel. Sie lehnte sich wieder zurück und versank in Gedanken. Wie konnte sie in der gesamten Zeit ihrer Ehe nie auch nur ein Wort davon erfahren haben?
Dr. Hausner wandte sich wieder an Louisa. »Sie konnten sich jetzt einen kleinen Eindruck verschaffen. Haben Sie sich bereits entschieden, ob Sie die Erbschaft antreten möchten?«
»Ja. Ich meine: Nein. Also, ich meine, dass ich mich noch nicht entschieden habe. Wissen Sie, die Vorstellung, das alles würde mir gehören, ist sehr verlockend. Aber ich habe leider nicht das nötige Kleingeld, um es wieder herrichten zu können.«
Der Notar nickte verständnisvoll. »Das ist in der Tat ein nicht unerheblicher Grund. Aber zu dem Erbe gehört neben dem Anwesen auch eine Geldsumme in Höhe von … lassen Sie mich kurz nachschauen …« Er blätterte in den Papieren, die vor ihm auf dem Schreibtisch lagen. »Da haben wir es ja. In der Höhe von hundertfünfzigtausend Euro. Sicher, diese Summe wird für die Renovierungsarbeiten nicht ausreichen. Es ist aber, wie ich denke, ein Anfang. Und das Anwesen ist auch mit keinerlei Schulden behaftet. Ich kann mir vorstellen, wenn Sie die Bank um einen Kredit bitten, sollte das kein Problem sein. Es sei denn, Sie wären arbeitslos.«
Louisas Hoffnungen schwanden so schnell, wie sie gekommen waren. »Leider trifft genau das im Moment zu.«
»Tja, dann …« Herr Dr. Hausner schaute Louisa mitfühlend an. »Überlegen Sie es sich trotzdem noch einmal. Oder täusche ich mich, dass Sie die Erbschaft grundsätzlich gerne annehmen würden? Vielleicht gibt es ja eine andere Möglichkeit, an die Sie bisher nicht gedacht haben.«
»Das kann ich mir zwar nicht vorstellen, aber ich werde darüber schlafen.« Seufzend erhob sie sich. »Vielen Dank für Ihre Zeit. Ich melde mich in den nächsten Tagen bei Ihnen.«
Weil Elisabeth weiterhin nachdenklich auf dem Stuhl saß und keinerlei Regung zeigte, stupste Louisa sie kurz an. Endlich kam wieder Leben in sie.
»Was ist mit dem restlichen Vermögen meines Ex-Mannes passiert? Ich weiß, dass Hundertfünfzigtausend nicht annähernd seinen finanziellen Möglichkeiten entsprachen.«
»Darüber kann ich Ihnen leider keine Auskünfte geben. Ich kann nur so viel verraten, dass er vor seinem Tod einige Spenden und Schenkungen veranlasst hat.«
Elisabeth runzelte die Stirn. Geld zu spenden und zu verschenken passte gar nicht zu dem Lorenz von Wendekamp, den sie gekannt hatte. »Danke für die Auskunft, und vergessen Sie nicht, die Tür reparieren zu lassen.« Ermahnend hob sie den Zeigefinger.
»Ich werde mich sofort darum kümmern«, versprach Dr. Hausner und blinzelte Elisabeth zu. »Und ich würde mich freuen, Sie wiederzusehen, Frau von Wendekamp.«
Louisa fuhr ihre Großmutter nach Hause. Unterwegs hielten sie kurz an, um sich Sandwiches als Mittagessen mitzunehmen. Auf der Dachterrasse des Penthauses genehmigten sich die beiden dann noch einen Cappuccino, nachdem Elisabeth die dreckigen Klamotten gegen ihre lila Lieblingsleggings und ein weißes Long-Shirt getauscht hatte. Natürlich dazu passend trug sie nun ein lila Haarband, das ihre grau-weißen Haare fast leuchten ließ. In ihrem etwas grellen Outfit konnte man kaum glauben, dass sie inzwischen zweiundsiebzig Jahre alt war.
»Ich denke, du solltest die Erbschaft annehmen. Was hast du schon zu verlieren? Wenn du dir die Renovierung nicht leisten kannst, dann lass es erst einmal so stehen. Soviel wir erfahren haben, steht es schon länger leer. Was machen da ein paar Jahre aus? Außerdem würde ich dich unterstützen. Das weißt du, aber davon willst du ja nichts wissen. Du bist genauso stur wie deine Mutter.«
Louisa verdrehte die Augen. Vergleiche dieser Art waren für sie ein rotes Tuch. Sie wollte auf keinen Fall so werden wie ihre Mutter. Niemals!
»Weiß Gundula überhaupt schon von der Erbschaft?«
Louisa schüttelte den Kopf. Das war ihr nächstes Problem. Wie sollte sie ihren Eltern beibringen, dass sie von ihrem Großvater so ein gigantisches Grundstück samt Gutshaus geerbt hatte? Schließlich hätte es doch eigentlich ihrer Mutter zugestanden. Sie hatte noch nie ein besonders gutes Verhältnis zu ihren Eltern, und seit ihrem Kontakt zu Elisabeth hatte sich der Umgang weiterhin verschlechtert. Würde das Antreten der Erbschaft den endgültigen Bruch ihrer Beziehung bedeuten? Wundern würde es sie nicht. Schließlich hatte ihre Mutter den Kontakt zu ihren eigenen Eltern abgebrochen, aus welchen Gründen auch immer. Bis heute hatte Louisa nie gewagt, konkret danach zu fragen, weder ihre Eltern noch Elisabeth.
»Warum hat Mama eigentlich keine Verbindung mehr zu dir?«, brach es nun endlich aus ihr heraus.
Elisabeth von Wendekamp machte ein ernstes Gesicht. Sie rührte schweigsam in ihrer Kaffeetasse. Louisa wartete gespannt. Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, bis sie endlich etwas sagte.
»So genau weiß ich das ehrlich gesagt auch nicht«, begann Elisabeth vage. »Wir hatten ursprünglich ein ganz gutes Verhältnis zueinander. Bis deine Mutter dann deinen Vater Dieter kennengelernt hat. Ich weiß nicht, ob es an ihm lag oder daran, dass dein Großvater und ich uns fast zur gleichen Zeit getrennt hatten. Auf jeden Fall hat Gundula deinen Vater gleich nach unserer Scheidung geheiratet, und kaum ein Jahr später wurdest du geboren. Deine Taufe war das letzte Mal, dass wir miteinander gesprochen haben. Bereits nach der Hochzeit hat Gundula sich kaum noch gemeldet. Als du dann auf der Welt warst, zog sie sich ganz zurück.« Elisabeth fuhr sich müde über die Augen. »Ich habe mich selbst tausendmal gefragt, warum. Vielleicht hat sie es nicht verkraftet, dass ich noch einmal neu angefangen habe, weggezogen bin und mich mit anderen Männern traf. Dein Großvater war schließlich auf und davon nach England, Amerika, was weiß ich wohin überall. Der räumliche Abstand tat mir gut. Das Haus mit den vielen Erinnerungen an deinen Großvater und deine Mutter, die beide aus meinem Leben verschwunden waren, machte mich damals einfach nur traurig. Ich fühlte mich einsam. Also habe ich es verkauft.«
Louisa stand auf und umarmte Elisabeth. »Reden wir lieber von etwas Schönerem«, sagte sie. »Wie gefällt dir zum Beispiel Dr. Hausner? Ich hatte den Eindruck, dass da eine gewisse Anziehung zwischen euch bestanden hat. Er wollte deine Hand ja gar nicht mehr loslassen.« Beide lachten.
»Ich gebe zu, er hat etwas. Vielleicht werde ich mich demnächst einmal von ihm beraten lassen. Schließlich muss ich irgendwann ein Testament machen.«
»Sag doch sowas nicht.«
Elisabeth winkte ab. »Keine Angst. So schnell habe ich nicht vor, den Löffel abzugeben. Aber eine Beratung bei Herrn Hausner könnte interessant werden. Nicht zuletzt, um ein bisschen Recherche über meinen Ex-Gatten zu betreiben. Mich wurmt es immer noch, dass ich von nichts eine Ahnung hatte, und außerdem bin ich neugierig, warum das Haus so lange leer stand. Er hätte es doch auch verkaufen können.«
»Ich habe keine Ahnung, bin mir aber sicher, dass du es schon herausfinden wirst.«
»Darauf kannst du Gift nehmen!« Elisabeth lachte und prostete Louisa mit ihrer Kaffeetasse zu. »Und jetzt noch mal zu dir. Du kannst jederzeit hier wohnen, wenn du das Haus doch renovieren willst. Vielleicht findest du ja hier eine Stelle als Lehrerin? Und wenn nicht, kellnern kannst du in Leipzig ebenso. Wenn ich so darüber nachdenke, ist deine berufliche Situation eigentlich für einen Ortswechsel ideal. Und das mit der Finanzierung bekommen wir schon irgendwie hin. Wenn alle Stricke reißen, dann verkaufst du das Anwesen. Hör auf deine alte Großmutter und sag dem Hausner, dass du die Erbschaft antrittst.«
»Ich werde es mir überlegen. Jetzt muss ich aber los. Um acht muss ich im Pino’s sein und Pizzas servieren.« Louisa schaute auf ihre Armbanduhr und stöhnte. »Hoffentlich gerate ich in keinen Stau. Dann komme ich auf alle Fälle zu spät.«
Als Louisa in der Nacht völlig erschöpft die Wohnungstür in Augsburg aufschloss, konnte sie ihre Augen kaum mehr aufhalten. Was für ein langer Tag das doch gewesen war.
Die Autobahn war zum Glück frei gewesen, dennoch lagen vier Stunden Fahrt hinter ihr und sie kam überpünktlich bei Pino’s an. Bis um ein Uhr das Lokal geschlossen worden war, war es wie immer freitagabends im Pino’s rund gegangen. Eigentlich hätte sie sich heute gerne freigenommen, aber es hatte sich so kurzfristig kein Ersatz gefunden. Außerdem brauchte sie das Geld. Schließlich musste sie ja ihren Unterhalt bestreiten und die Miete bezahlen. Aus diesem Grund hatte sie sich auch, nach ihrem Auszug von zu Hause, für eine WG entschieden. Damals hatte Sandra durch einen Aushang am Schwarzen Brett in der Bibliothek eine Mitmieterin gesucht und Louisa hatte sich auf Anhieb mit ihr verstanden. So teilten sie sich nun schon seit über zehn Jahren eine schnuckelige Drei-Zimmer-Wohnung in der Altstadt. Sandra arbeitete in einem Blumenladen und war erst vor ein paar Monaten zur Filialleiterin bei dem ›Blumenladen an der Ecke‹ aufgestiegen. Dank ihrer Freundin konnte Louisa dort ab und zu aushelfen, wenn Not am Mann war. Der Nebenjob machte ihr Spaß und die zusätzlichen Einnahmen taten ihrem Geldbeutel ebenfalls gut. Sandra war ihre beste Freundin geworden und die zwei hatten in den vergangenen Jahren schon so manchen Liebeskummer miteinander bei einem Glas Wein durchgestanden. Bisher war aber für keine von beiden der Richtige dabei gewesen.
Louisa hängte ihre Jacke an die Garderobe. Ihr Magen knurrte. Seit dem Sandwich am Mittag hatte sie keine Zeit mehr gefunden, selbst etwas zu essen. Doch jetzt war sie dazu zu müde. Sie wollte nur noch schnell Zähne putzen und ins Bett.
Mit einschläfernden kreisenden Bewegungen und den Mund voll Zahnpastaschaum dachte sie über das Gutshaus nach, als sich plötzlich die Badezimmertür öffnete und Sandra eng umschlungen mit einem gutgebauten Kerl, den Louisa nicht kannte, hereinstolperte. Beide splitterfasernackt! Zuerst bemerkte keiner der zwei, dass sie wie angewurzelt vorm Waschbecken stand. Dann stieß Sandra einen kleinen Schrei aus, schob den Adonis beiseite und griff nach dem erstbesten Handtuch, um es sich umzuwickeln.
»Louisa! Ich dachte, du kommst erst morgen wieder!«, quietschte sie.
»Dasch has du dann aba falsch vestandn«, nuschelte sie und starrte dabei weiterhin Sandras Freund ungeniert an. Er war mittelgroß, hatte einen Waschbrettbauch und war eindeutig gerade in Stimmung für etwas »Spaß«. Das war unübersehbar. Der Adonis schaute verdutzt, und erst als Sandra ihm ein Handtuch zuwarf, bemerkte er, dass er sich nackt und in voller Männlichkeit präsentierte. Louisa lief augenblicklich dunkelrot an. Doch sie konnte ihren Blick noch immer nicht abwenden. Sie fühlte sich wie ein Reh, das von Scheinwerferlicht geblendet wurde, und stand nur da und glotzte.
»Dir läuft Schaum aus dem Mund«, wies Sandra sie freundlich darauf hin, während sich der Adonis das Handtuch um seine Hüften schlang. Endlich begriff Louisa, wo sie da gerade ausgiebig hingestarrt hatte. Wie peinlich! Das war gar nicht ihre Art. Und dann lief ihr doch tatsächlich der Zahnpastaspeichel aus den Mundwinkeln! Blitzschnell spuckte sie das Zeug aus, spülte nach, verschwand in ihrem Zimmer und ließ sich stöhnend auf ihr Bett fallen.
Was war da eben passiert? Sie war im Moment eindeutig überfordert. Die Jobs als Bedienung und im Blumenladen, dazwischen immer Unterricht in verschiedenen Schulen und Klassen, ständig neue Gesichter und Charaktere und jetzt auch noch diese Erbschaft in Leipzig. Über vier Stunden Fahrtzeit. Ihr Kopf schwirrte, dann war sie eingeschlafen.
Am nächsten Morgen traute sich Louisa kaum aus dem Zimmer. Wie peinlich das doch gestern Nacht gewesen war. Sie öffnete die Tür einen Spalt und schielte vorsichtig in den Flur. Erst nachdem sie sicher war, dass sie niemandem begegnen würde, huschte sie ins Bad und verschloss schnell die Tür. Auf dem Rückweg in ihr Zimmer hatte sie leider nicht so viel Glück. Sie lief direkt in Sandras Arme.
»Guten Morgen! Na, besser gesagt Mittag, du Langschläferin«, begrüßte Sandra ihre Mitbewohnerin lächelnd. Misstrauisch begutachtete Louisa ihre Freundin und lugte dann verlegen an ihr vorbei. War der Adonis noch da? Wie sollte sie ihm nur gegenübertreten? Sandra lachte.
»Keine Sorge. Julius ist schon weg.«
Erleichtert atmete Louisa aus. »Es tut mir ja so leid! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich war so müde und ich habe überhaupt nicht damit gerechnet, dass du da sein könntest.«
»Ach, lass gut sein.« Sandra legte freundschaftlich einen Arm um sie. »Ich fand’s lustig.«
»Ob Julius das auch so sieht?«
»Er wird es überleben. Jedenfalls ist er nicht abgehauen. Er war die ganze Nacht hier und ist erst vor einer halben Stunde gegangen.«
Verträumt strich Sandra mit einem Finger über die Tischplatte.
»Dieser Blick! Den kenne ich doch. Sag mir bitte nicht, dass es was Ernstes ist«, fragte sie alarmiert.
»Louisa, Louisa, ich bin
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Birgit Gruber - Deutsche Erstveröffentlichung Januar 2015 - 4. Auflage - www.birgitgruber.de
Bildmaterialien: shutterstock.com: ©Marc Venema, ©dinawinner ©LeManna, ©Manuel J. Sachse, ©Artiste2d3d elements.envato.com: ©PixelSquid360, ©cynoclub
Cover: Anne Gebhardt Design
Lektorat: Christine Föllmer-Maier
Tag der Veröffentlichung: 12.04.2023
ISBN: 978-3-7554-3863-2
Alle Rechte vorbehalten