Cover

Prolog




Alexandra (Spitzname Alex) hat seit sie ein kleines Kind war einen winzigen Defekt. Sie redet nur mit Leuten die sie auch gut kannte. Ihre Eltern, ihre besten Freunde, ihre Onkel, Tanten... Oh! Und noch jemand. Christoph. Ihr Cousin. Er ist 16 und damit genauso alt wie sie. Obwohl Alexandra in Boston wohnt und Christoph, oder besser gesagt Chris, in Miami wohnt, sind sie bessere Freunde als man es sich vorstellen kann. Alexandra ist beinahe wunschlos glücklich... Wenn da nicht dieser Unfall gewesen wäre...

Schmerzende Trauer




Alexandra
Die Beerdigung war genau so wie ich es mir vorgestellt habe. Am Morgen hatte mich meine Tante abgeholt und mit dahin genommen. Es war die Beerdigung meiner Eltern gewesen. Sie arbeitete im selben Gebäude, also fuhren sie immer zusammen zur Arbeit. Es war Dezember und die Autobahn war sehr rutschig an dem Tag. Mein Vater kam ins schleudern und fuhr unbeabsichtigt gegen ein anderes Auto. Da der Teil der Autobahn an einer Klippe gebaut wurde, sah es sehr schlecht für sie aus. Sie sind die Klippe herunter gestürzt, ebenso wie der andere Wagen. Dort war nur ein Mann drinnen der weder verheiratet war noch Kinder hatte, aber seine Eltern waren tief erschüttert als sie die Nachricht hörten er sei bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Ich selber versank in sehr tiefer Trauer, und da ich nun ohne Eltern war, musste ich bald zu meiner Tante ziehen und dort zur Schule gehen. Tante Katharina, genannt Kathy ist ganz in Ordnung. Sie hat auch einen Sohn in meinem Alter und sie wollten dafür sorgen, dass ich in seine Klasse komme. Ich kannte ihn schon und verstand mich mit ihm wirklich sehr gut. Er könnte mein bester Freund sein wenn wir uns nur nicht so selten sehen würden.
Ich war gerade dabei mein Computer auseinander zu bauen weil er auch mit durfte, da klingelte es schon an der Tür. Ich hatte meine beste Freundin gebeten mir dabei zu helfen alles zusammen zu packen. Corinna. Sie ging auch mit mir zur Schule und saß direkt neben mir. Sie konnte mich immer noch am besten verstehen, weil ihr Vater vor einigen Jahren verstorben war. Er hatte Krebs und es wurde erst erkannt als es schon zu spät war. Ich ging nach unten zur Tür, aber sie war es nicht.
„Hallo, Alexandra. Ich wollte nur fragen ob mit dir ach alles in Ordnung ist.“ Das war unsere Nachbarin. Margret. Sie war sehr freundlich zu mir und ich mochte sie gerne.
„Ich hab ihnen doch gesagt sie sollen mich Alex nennen.“, gab ich zurück und bat sie herein.
„Nein danke, ich wollte nicht lange bleiben. Ich wollte dir nur etwas zu Essen anbieten. Du musst doch sicher Hunger haben, ich hab dir etwas mitgebracht.“
„Oh, vielen Dank. Ich hab wirklich Hunger, aber kommen sie doch ruhig ein wenig herein. Ich habe noch genug Zeit.“
„Nein, nein. Ich danke dir wirklich sehr für das Angebot, aber nein danke. Iss du das hier auf und dann packst du weiter. Es ist nicht so das ich dich loswerden möchte, es ist nur... wenn du schneller bei deiner Tante bist, dann kommst du besser darüber hinweg. Ich möchte das es dir gut geht.“
Sie gab mir eine Schüssel von der ein sehr leckerer Geruch kam. Ein Auflauf.
„Die Schüssel kannst du mir später wiederbringen. Ich bin im Garten.“, meinte sie. „Ich hoffe es wird dir sehr gut gehen bei deiner Tante, obwohl ich bezweifle das es dir dort besser geht als vor dem Unfall hier.“ Sie tätschelte mir die Wange und lächelte mich an. „Okay, Alex. Jetzt muss ich wieder gehen.“
„Okay. Danke für das Essen.“
„Das habe ich doch gerne gemacht.“
Damit ging sie wieder rüber. Ich schloss hinter mir die Tür, ging in die Küche, nahm mir etwas von dem Auflauf auf einen Teller und begann zu Essen. Die Frau war wirklich sehr liebenswürdig. Es war mein Lieblingsauflauf. Wenn man mal bedachte das ich 16 war, war es schon ein wenig armselig das ich immer noch nicht richtig kochen konnte. Ich hatte auch nicht genug Geld um mir etwas zu bestellen. Aber Margret lud mich Abend immer zu sich zum Essen ein. Sie und ihr Mann Ludwig hatten keine Kinder und mochten mich sehr. Ich mochte sie auch sehr, aber ich wusste sie wollen, dass ich zu meiner Tante ging, damit ich bei meiner Familie sein konnte, nicht damit ich den Tot meiner Eltern besser verkraften konnte. Im Moment war dir Küche mir der liebste Ort im Haus. Hier waren meine Eltern und ich oft zusammen und haben viel geredet. Aber zu gleich war die Küche für mich auch der schlimmste Ort im Haus, weil hier so viele Erinnerungen waren. Wir waren eine so glückliche Familie, dass ihr Tot mir für sehr lange Zeit das Lächeln aus dem Gesicht stahl. Ich wusste ich würde Wochen, wenn nicht sogar Monate lang nicht lächeln. Nur gezwungen, aber selbst das wird kein Lächeln sein.
Mein Cousin, der Sohn meiner Tante, hieß Christoph, genannt Chris. Meine Tante konnte wunderbar kochen und ich wette sie würde mir sicher gerne zeigen wie das ging.
Als ich mit Essen fertig war, spülte ich den Teller ab, tat den Rest vom Auflauf in eine andere Schüssel und spülte die von Margret ebenfalls ab. Als ich fertig war brachte ich sie zu ihr rüber, machte ich mich wieder daran meinen Computer abzubauen und ging in mein Zimmer. Meine Kleidung bis auf das was ich am nächsten Morgen anzog, war schon gepackt. Es war Sonntag, also war Morgen auch gleichzeitig der erste Schultag in der neuen Schule, während mein Onkel bei meiner Tante meinen Computer aufbaute und meinem Koffer in mein neues Zimmer brachte. Ich hatte dort schon lange ein Zimmer, aber wir hätten nie gedacht, dass ich dort mal wohnen würde. Ich seufzte und stellte mir vor wie die Fahrt sein würde. Um 2 Uhr würde mich meine Tante abholen und spätestens um 7 Uhr morgens wären wir dann da. Ich konnte mir sehr gut vorstellen wie ich im Auto schlafen würde. Kathy würde mich nicht wecken und mein Onkel Theo würde mich dann ins Bett tragen. Das kannte ich nämlich schon. Kurz nachdem der PC abgebaut war, klingelte es wieder an der Haustür. Ich ging kurz runter und nahm meine Freundin in Empfang.
„Hi, Alex.“, meinte sie.
„Hallo, Corinna. Komm rein.“, gab ich zurück und hielt ihr dir Tür weiter auf.
Sie trat ein und ging mit mir hoch in mein Zimmer, wo wir schweigend die Sachen zusammen packten. Ich nahm die Poster von meiner Wand und sie sammelte meine gesammelten Sachen ein, wo ich ihr etwas später bei half. Kathy und Theo würden dafür sorgen, dass das Haus verkauft werden würde. Das Geld davon würden sie an ein Extra-Konto anlegen und es mir geben wenn ich alt genug war, damit ich mir ein eigenes Haus oder eine Wohnung kaufen konnte.
„Kannst du mich eigentlich besuchen?“, fragte Corinna kurz bevor sie wieder ging.
„Ich weiß es nicht. Der Zug kostet viel Geld und die Ferien sind noch lange hin. Die Fahrt dauert auch lange.“, gab ich entschuldigend zurück. „Ich wünschte ich würde hier bleiben.“
„Ich auch. Aber Vielleicht kann ich ja mal dich besuchen. In den Ferien.“
„Das wäre wirklich super.“
„Ich schickte dir ein Brief und informiere dich sobald es geht.“
Ich nickte und wir nahmen uns nochmal in die Arme.
„Ich hoffe wir sehen uns bald wieder.“, meinte sie.
„Hm-mh.“, stimmte ich zu und verdrängte ein paar Tränen.
„Und wehe dein Cousin passt nicht genug auf dich auf. Dann bekommt er es mit mir zu tun.“
Ich lachte ein wenig, was mir nicht so richtig gelingen wollte, und ließ sie wieder los.
„Bis dann.“, verabschiedete sie sich schließlich, „Auf das wir uns irgendwann wiedersehen.“
„Auf das wir uns wiedersehen.“, stimmte ich zu und winkte ihr zum Abschied als sie ging.
Sie winkte auch zurück, war aber leider wieder viel zu schnell wieder weg. Von meinem Schulkameraden hatte ich mich letzten Freitag verabschiedet. Auch von meinen Lehrern hatte ich mich verabschiedet. Ich ging wieder ins Haus und warf mich auf die Couch. Ich würde alles in und an diesem Haus vermissen. Ich vergoss keine Tränen, aber irgendwann würde ich weinen. Zum ersten mal seit ich denken konnte. Ich hab nie geweint. Jedenfalls, soweit ich mich entsinnen konnte. Ich beschloss wieder nach oben in mein Zimmer zu gehen, mein Wecker zu stellen und mich hin zulegen bis meine Tante mich abholte. Der Wecker brachte sowieso nichts, das wusste ich. Wie ich es mir schon gedacht hatte, wachte ich eine Minute vor dem Wecker auf. Ich setzte mich auf die Bett kante und wartete darauf das er klingelte. Fünf, vier, drei, zwei, eins. Er klingelte und ich brachte ihn mit einem einfachen Knopfdruck zum schweigen. Ich ging ins Bad, nahm eine Dusche und zog mich um. Das zuletzt getragene packte ich kurz zu den anderen Kleidungsstücken die ich nach der Beerdigung getragen hatte, da ich nie gelernt hatte wie man wie sie wäscht. Ich hatte zwar im Haushalt geholfen, aber das bestand nur aus Fenster putzen, Boden wischen, Theke wischen, spülen und Tisch abräumen. Meine Mutter machte immer den Rest, wie Wäsche waschen, Geräte putzen, Couch sauber machen, Schränke abwischen, Staub wischen, aufräumen und Essen kochen. Mein Vater kümmerte sich immer um den Garten. Rasen mähen, Hecken schneiden, Unkraut jäten, wenn meine Mutter das mal nicht machte da es ja ihr Beet war, Rasen sprenkeln und Gartenmöbel sauber halten, sowie die Gartenmöbel und den Zaun streichen wenn es nötig war.
Als ich die Sachen die ich mitnahm nach unten gebracht hatte, klingelte es auch schon an der Tür. Natürlich war es Kathy, denn wer würde um diese Uhrzeit denn ungebeten an der Tür klingeln?
„Hallo, meine Kleine.“, begrüßte sie mich und umarmte mich herzlich. Sie war vor kurzem 36 geworden und sehr schlank für eine Mutter.
„Hallo, Kathy.“, gab ich zurück und löste mich langsam wieder von ihr.
„Hast du alles zusammen gepackt?“
Ich nickte und deutete in den Flur. Es war nicht wirklich viel. Ein Koffer, meine Schultasche, der Computer und drei Kisten mit gesammeltem Kram und Poster. Wir brauchten nicht lange um sie in den Wagen zu räumen und wenig später saß ich schon auf den Beifahrersitz und fuhr mit ihr los.
„Es ist ungewohnt das du so still bist.“, meinte Kathy wenig später.
„Ich weiß nicht was ich sagen könnte.“, gab ich zurück.
Sie sah kurz zu mir und sah wieder auf die Straße. Sie fuhr einen Ferrari und wusste damit umzugehen. Wir schwiegen den Rest der Fahrt und ich schlief wenig später ein. Mein Traum war immer der Selbe. Ich wache auf, ziehe mich an, gehe nach unten und treffe auf meine Eltern. Dann frühstücke ich, gehe zur Schule und komme später wieder Heim. Dort treffe ich aber nicht wie geplant wieder auf meine Eltern sondern auf zwei Polizisten die auf mich warteten. Sie fragen ob ich Alexandra sei und ob ich dort wohnen würde. Nachdem ich beides bejaht hatte, erklärten sie mir das meine Eltern umgekommen waren und wie es zu dem Unfall kam. Aber ich weinte nicht wie sie es wohl gedacht hatten. Ich verlor nur mein Lächeln, den Glanz aus den Augen und die Lebensfreude. Dann nickte ich traurig und ging ins Haus. Kaum das die Tür zugefallen war, wachte ich aus dem Traum auf.

Neue Schule




Ich war in dem Bett das in meinem Zimmer bei Kathy und Theo stand. Man hatte mir meinen Wecker auf den Nachtisch gestellt, und es war gerade 7:10 Uhr geworden. Ich kam zu spät zur Schule. Ich brummte müde vor mich hin und stand auf um mich anzuziehen. Im Flur traf ich auf Kathy die wohlauf mich wartete.
„Guten morgen.“, meinte sie, „Ich bringe dich auf dem Weg zur Arbeit zur Schule. Du musst die den Weg gut merken wenn du ihn allein gehen willst. Nach der Schule kannst du ja mit Christoph nach hause kommen, okay?“
Ich nickte, nahm meine Schultasche und ging mit ihr zum Auto. Es dauerte nicht mal fünf Minuten, da waren wir auch schon da.
„Geh zuerst ins Sekretariat und dann in die Klasse.“, meinte Kathy bevor ich ausstieg.
„Geht klar.“, gab ich zurück und ging in das riesige Gebäude.
Es war sehr groß. Vier Stockwerke mit Klassen, einer Cafeteria und einigen Nebenräumen. Das Sekretariat war zum Glück einfach zu finden. Es war bereits Stunde, weshalb ich niemandem auf dem Flur begegnete. Die Sekretärin erklärte mir sehr lange was ich bedenken musste und wo ich was finden konnte. Als sie fertig war, war es ein wenig schwer die Klasse zu finden, aber das schaffte ich wenigstens in fünf Minuten. Ich klopfte an und wurde herein gebeten. Kaum war ich drinnen, sah ich auch schon Chris der mich anlächelte als er mich sah. Ich war froh, dass der Platz neben ihm frei war. Er saß weit hinten, in der vorletzten Reihe um genau zu sein.
„Oh, hallo. Du musst sicher die neue sein.“, meinte der Lehrer, „Ich bin Mr Johnson. Nimm ruhig Platz wo du möchtest.“
Chris deutete auf dem Platz neben sich, also musste ich gar nicht lange überlegen und setzte mich zu ihm.
„Guten morgen.“, meinte er.
Ich nickte zustimmend. Die Schüler sahen mich alle an als wäre ich aus einem anderen Land. Auch der Schüler auf der anderen Seit von Chris sah mich an. Aber die vorderste Reihe in der Klasse, die sah nach vorn. Zum Glück.
„Ich zeige dir nach der Stunde die Schule.“, meinte Chris bevor der Lehrer mit dem Unterricht fort fuhr.
Die Stunde verfolgte ich eigentlich sehr aufmerksam, aber ich konnte nicht sehr viel behalten. Erdkunde. Eigentlich war ich sehr gut in der Schule, aber der Tot meiner Eltern nahm mich ziemlich mit. Nach dem klingeln dauerte es nicht lange bis einige Schüler um meinen Platz herum standen.
„Hallo.“, meinte einer von ihnen, „Ich bin Julian. Wie heißt du?“ Er reichte mir die Hand und ich ergriff sie zögernd.
Chris antwortete zum Glück für mich.
„Das ist Alexandra.“, meinte er zu dem anderen.
„Und woher weißt du das?“
„Sie ist meine Cousine.“
„Deine Cousine.“ Er blinzelte ein wenig. „Ach so. Alexandra, ja? Schöner Name. Und wo kommst du her?“
Ich hatte es zur Angewohnheit gemacht stumm zu sein wenn andere die ich nicht kannte mit mir reden wollten, daher konnte ich nicht antworten. Ich öffnete den Mund ein Stück, aber kein Ton kam raus. Dann verzog ich das Gesicht und wandte mich ab.
„Sie kommt aus Boston.“, antwortete Chris für mich.
„Kann sie nicht reden?“
„Oh doch, sie ist sogar sehr gut darin etwas auszusprechen wobei ich sehr lange brauchen würde und sie sprich im allgemeinen auch sehr schnell, aber wenn sie mit jemanden reden möchte den sie nicht kennt, streikt ihr Mundwerk. Dann ist sie stumm. Als hätte man den Ton am Fernseher abgestellt.“
„Stumm, also. Und warum ist sie hier? Ich meine, in Boston ist es doch sicher viel besser als hier.“
Das wollte ich nicht hören, also stand ich auf und verließ die Klasse. Chris folgte mir schnell. Die anderen Schüler sahen mir hinterher.
„Was ist?“, wollte er wissen.
„Ich möchte es nicht hören.“, gab ich zurück und er führte mich an die frische Luft. „Ich mag es nicht hören.“
„Ich wollte es gar nicht sagen. Nur wenn du zugestimmt hättest.“
Ich nickte. „Es macht mir nichts aus wenn du es jemanden erzählst, aber ich möchte dann nicht dabei sein.“
„Kein Problem.“
„Soll ich dir jetzt die Schule zeigen?“
„Ja, bitte.“
Damit gingen wir wieder rein und er zeigte mir wo ich was finden konnte. Es wunderte mich, dass wir es schafften alles ab zu klappern bevor es klingelte und wir zurück in die Klasse gingen. Wieder sahen mich die Schüler an als wäre ich aus einem anderen Land. Sogar die aus der ersten Reihe starrten mir hinterher. Nur einer nicht. Dieser sah mich nur an als ich vor der ersten Reihe im Blickfeld war. Als wolle er nicht nach hinten sehen.
„Geht es dir jetzt eigentlich besser?“, wollte Chris wissen.
„Naja... Es geht.“, gab ich etwas leise zurück und setzte mich.
„Und was passiert mit dem Haus?“
„Kathy sagte sie und Theo wollen sich darum kümmern, dass es verkauft wird. Das Geld legen sie an einem Extra-Konto an und geben es mir wenn ich alt genug bin.“
„Was ist mit deinen Freunden?“
„Nun... äh... Also Corinna wollte mir ein Brief schreiben und mich informieren ob sie mich in den Freien besuchen kann oder nicht.“
„Und du hoffst, dass sie dich besuchen kann?“
„Oh, ja. Und wie. Sie ist meine beste Freundin und versteht mich von meinen anderen Freunden am besten.“
„Ich schätze mal der Abschied fiel dir dann nicht so leicht, oder?“
„Nein. Der fiel mir am schwersten. Naja, schwerer war es ja zur Beerdigung zu gehen, aber Abschied nehmen war nie so meine Stärke.“
Der Lehrer kam in die Klasse und begann direkt den Unterricht. Chris sagte mir er heiße Mr Baxter. Mathematik. Darin war ich am besten, aber auch hier konnte ich nicht viel behalten. Die Fachbegriffe die ich kannte, sagten mir nichts mehr, dennoch konnte ich die Aufgaben schnell und einfach fertig stellen. Chris war kurz nach mir fertig.
„Du bist ja schon fertig.“, wunderte er sich.
Ich nickte. „Ist doch ganz einfach.“
Er blinzelte mich verwirrt an und zuckte dann mit den Schultern.
„Sag mal.“, begann ich etwas später, „Warum starren mich alle so an?“
„Du bist sehr schön. Und du bist neu. Zwei Dinge die dich interessant machen. Das reicht um die erste Reihe Neugierig zu machen. Bei der ersten Sache werden viele Neugierig, aber die erste Reihe nie. Bei der zweiten Sache werden sie es aber schon, nur einer nicht. Der wartet erst auf die dritte Sache. Und die gibt es eigentlich schon. Warum du hier bist. Das wissen bis jetzt nur du und ich.“
„Also werden die Leute hier beachtet, je nach dem wie interessant sie sind?“
„Genau. Wenn ich ehrlich sein soll, bei dir gibt es sogar noch etwas Viertes. Du bist anderen gegenüber stumm.“
„Da kann ich doch nichts für.“
„Und du hast eine schöne Stimme.“
„So interessant bin ich auch wieder nicht.“
„Und ob. Julian ist eigentlich nicht der Typ der einfach so drauf los plaudert.“
„Und?“
„Bei dir hat er es getan. Es gibt sogar eine sechste Sache die dich interessant macht.“
„Noch mehr?“
„Du bist aus Boston.“
„Ja und?“
„Warum ja und? Boston ist Weltweit bekannt.“
„Ach, und Miami nicht?“
„Doch schon, aber Boston ist viel berühmter als Miami. Außerdem ist es in der Nähe von New York.“
„New York ist sehr groß. Aber es hat nichts mit Boston zu tun. Außerdem sind die Straßen in New York auch viel zu voll, als das es wirklich so interessant sein könnte. Und es stinkt nach Abgasen.“
„Du warst schon in New York? Also richtig dort nicht nur durch gefahren?“
„Natürlich war ich schon in New York. Überall Stau auf den Straßen, auch wenn es dunkel ist. Und ein Taxi zu kriegen ist auch nicht so leicht, aber die bringen da auch nicht sehr viel weil die auch im Stau festsitzen. Da fahre ich lieber mit dem Zug.“
„Nummer sieben.“
Ich seufzte, faltete die Hände auf dem Tisch und legte meinen Kopf darauf
„Nummer acht.“
„Was ist denn die acht?“
„Nun, dein Verhalten ist anders als das von uns.“
„Mein Verhalten? Aber das hier machen doch alle, oder nicht?“
„Nein.“
Ich murmelte aufgebracht etwas Unverständliches vor mich her und wartete auf das Klingeln. Chris lachte ein wenig darüber das ich so aufgebracht war
„Also wen du mit den acht Dingen ein Problem hast, kann ich dir leider nicht helfen.“
„Eine Welt ohne Probleme sollte erst mal erfunden werden.“
„Neun.“
„Hä. Warum sind es jetzt neun?“
„Scheinbar bist du sehr schlau.“
„Aha. Schlau gleich interessant, richtig? Ich wusste gar nicht das man gleich schlau wird nur weil man weiß das die Welt immer Probleme hat.“
„Wird man auch nicht, aber... Du warst vor mir mit den Aufgaben fertig und ich bin schon einer der besten aus der Klasse.“
Ich blinzelte ihn an und sah mich um. Die anderen arbeiteten alle noch, nur die erste Reihe war nun fertig.
„Die Erste Reihe sind alle Schlauköpfe. Sie sind die Lieblinge der Lehrer. Naja, eigentlich bin ich auch einer, aber ich wollte nicht in der ersten Reihe sitzen. Irgendein Lehrer meinte mal ich soll einfach nach vorne gesetzt werden, da ist aber zum Glück nie passiert.“
„Zum Glück?“
„Ich mag es nicht so nahe an einem Lehrer zu sitzen. Da kann man sich nicht richtig entspannen.“
„Ist mir nie aufgefallen. Mein Platz war auch in der ersten Reihe, aber... Ich hatte keine Probleme damit mich zu entspannen.“
„Also langsam wirst du mir unheimlich obwohl ich dich jetzt schon so lange kenne.“
„Ich verstehe nicht was du meinst. Ich hab mich nicht wirklich verändert seit der Beerdigung. Ich lächle nur nicht mehr, das ist eigentlich alles.“
„Und du lachst auch nicht mehr. Heute hättet du mindestens schon viermal lachen müssen. Du bist immerhin Alex. Du hast immer etwas zu lachen. Dann frag ich warum du lachst und sobald du es mir gezeigt hast, muss ich auch lachen. Das war schon immer so.“
„Lass mich bitte erst über meine Eltern hinweg kommen. Ich bin nur nicht wirklich in Stimmung zu lächeln oder zu lachen.“
„Wirklich schade.“
„Finde ich auch.“
Er schien zu überlegen. Als es zur Pause klingelte, dauerte es wieder nur Sekunden bis einige Schüler wieder bei mir waren. Darunter waren wieder Julian und einer aus der ersten Reihe. Ich sah sie an und wartete. Julian legte den Kopf ein wenig schräg.
„Was machst du da?“, wollte er wissen.
Ich kräuselte die Lippen.
„Ich kann es dir nicht sagen.“, meinte Chris. Dann tippte er mir an die Schultern. „Schreib es doch einfach auf.“
Ich nickte und holte mein Block heraus. Dann schrieb ich auf das ich das immer machte wenn mir langweilig war. Ich fand, dass es entspannend wirkte.
„Ach so.“
Chris warf ein Blick auf das Geschriebene. „Zehn.“
Ich schnaubte darauf nur und zog die Brauen zusammen. Er zerwuselte mir das Haar und ich boxte ihm auf die Schulter. Dann versuchte ich mein Haar halbwegs wieder glatt zu bekommen.
„Wie ist es eigentlich in Boston?“
Ich schrieb, dass es sehr groß dort ist und die Straßen waren nicht so voll wie die in New York. Es war dort auch wärmer und der Park war sehr schön anzusehen. Dort war ich gerne hingegangen.
„New York?“
Chris grinste mich von der Seite an als ich das Gesicht angewidert verzog. Dann schrieb ich das New York nicht so toll war wie ich mir früher immer gedacht hatte. Das es dort nach Abgasen stank und die Straßen immer voll waren. Dort herrschte irgendwo immer Stau.
„Also wenn du reden würdest, wäre es viel einfacher.“, meinte ein anderer.
„Sie würde ja gerne reden, aber es ist wie eine Blockade das ihr Mundwerk sich weigert mit anderen, also Leuten die sich nicht kennt, zu reden.“, gab Chris zurück.
Ich nickte zustimmend.
„Was meinst du eigentlich mit Zehn?“
„Ich hab nur die Dinge gezählt die sie interessant machen.“
„Und die wären?“
„Sie ist sehr schön, sie ist neu, schlau, sie hat eine wirklich schöne Stimme, der Grund warum sie hier ist, das sie aus Boston kommt, das sie schon in New York war, ihre Schrift, ihr Verhalten und das sie anderen gegenüber stumm ist, auch wenn sie es nicht möchte.“
Julian blinzelte mich an. „Bei den meisten Dingen kann ich zustimmen. Was die Stimme angeht würde ich wirklich gerne wissen wie sie sich anhört. Ob sie schlau ist weiß ich aber auch nicht.“
„Oh das ist sie... sie war vor mir mit Mathe fertig.“
Nun blinzelte der Junge aus der ersten Reihe. „Dann ist sie die schnellste aus der Klasse.“
„Elf!“, rief Chris begeistert aus und ich sah ihn genervt an. Er musste nur darüber lachen. „Hey, mir fällt ein... ihr lachen hört sich auch ganz prima an und ihr lächeln ist wunderbar.“
Ich ließ den Kopf auf den Tisch fallen und trat Chris mit Wucht gegen sein Schienbein. Er schrie und sprang auf.
„Aua! Alex!“
Ich schnaubte.
„Oh, man. Wo hast du denn das treten gelernt? Das tut richtig weh.“
Von meinem Vater.
Er setzte sich wieder hin und rückte an den Tisch. „Das gibt sicher einen blauen Fleck.“
„Tut mir Leid.“, murmelte ich gerade laut genug damit er es hören konnte.
„Ich glaube ich höre besser auf davon zu reden wie wunderbar du bist.“
Ich sah zu ihm.
„Wenn Katie wüsste wie beliebt du bist, wären deine Eltern sicher stolz auf dich.“
Ich verzog das Gesicht.
Etwas später merkte er wohl erst was genau er gesagt hat. „Oh, tut mir Leid. Das hab ich glatt wieder vergessen.“
„Was hast du vergessen?“, wollte Julian wissen.
Ich wartete auf Chris' Reaktion.
„Das erzähle ich ein anderes Mal. Nicht jetzt.“
Jemand stürmte in die Tür der Klasse. „Hey, Leute! Dennis und Melvin prügeln sich auf den Schulhof!“
Damit gingen fast alle Schüler im Eiltempo raus.
„Möchtest du das nicht sehen?“, fragte Chris mich, „Die beiden sind die Stärksten auf der Schule.“
Ich schüttelte den Kopf, er zuckte mit den Schultern und eilte den anderen hinterher. Julian war auch gegangen und somit war ich allein. Naja fast. Der Junge der mich nur ansieht wenn ich vor der ersten Reihe war, war auch noch da. Er schrieb irgendetwas auf. Die Klasse war schön leer und leise. Ich seufzte, legte meine Arme auf den Tisch und bettete seitlich meinen Kopf darauf, sodass ich aus dem Fenster sehen konnte. Die Sonne schien und die Vögel zwitscherten draußen. So konnte ich es aushalten. Wie immer wenn mir meine Eltern fehlten, fing ich unwillkürlich an zu summen, ohne zu bemerken, dass ich überhaupt summe. Es war ein Lied das mir meine Mutter immer vorgesungen hatte als ich klein war. Es war ein trauriges Lied, aber damals konnte ich dadurch einschlafen. Ich bemerkte wage wie mir eine träne über die Wange lief und wischte sie weg. Dabei bemerkte ich auch das summen und hörte auf. Kurz darauf ertönte von der Tür eine Kinderstimme.
„Mach doch bitte weiter.“, meinte ein kleines Mädchen.
Aus Reflex hob ich den Kopf und sah zu ihr.
„Das Lied hört sich so toll an, summst du bitte weiter?“, bat sie.
Ich summte weiter und sie kam zu mir. Als sie dann die Arme nach mir ausstreckte, hob ich sie auf meinen Schoß.
„Wie heißt du?“, wollte die kleine dann wissen.
Ich schrieb meinen Namen auf einen Zettel und legte ihn vor ihr hin. Sie brauchte ein wenig Zeit aber dann hatte sie es auch raus.
„Alexandra, richtig?“
Ich nickte.
„Kannst du auch sprechen?“
Ich nickte wieder.
„Und warum tust du es nicht?“
Ich zuckte mit den Schultern.
„Verstehe ich nicht.“
Ich nickte zustimmend.
„Stört das deine Eltern denn nicht?“
Ich schrieb auf den Zettel vier kleine Worte. ''Ich habe keine mehr''. Auch diesmal brauchte sie ein wenig Zeit um es zu lesen.
„Oh. Tut mir Leid.“
Dann nahm sie mich in die Arme. Ich erwiderte die Umarmung auch sofort.
„Das ist sicher ganz schlimm für dich oder?“
Sie sah zu mir auf und ich nickte.
„Hast du auch geweint?“
Aus dem Augenwinkel sah ich wie der Junge den Kopf hob. Ich schüttelte den Kopf.
„War das denn nicht traurig?“
Ich nickte schnell. Der Junge sah zu mir und dem Mädchen. Das Summen hatte ich wieder unterlassen.
„Also war es traurig, aber du hast nicht geweint.“
Ich nickte.
„Wolltest du nicht weinen, oder konntest du nicht?“
Ich zog die Brauen zusammen.
„Konntest du nicht?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Und warum?“
Ich zuckte mit den Schultern. Der Junge zog die Brauen zusammen als verstehe er nicht genau wie ich das meinte. Das Mädchen überlegte.
„Ist das lange her?“, fragte sie dann.
Ich schüttelte den Kopf. Irgendwie mochte ich die Kleine. Kinder mochte ich im Allgemeinen.
„Lächelst du deshalb nicht?“
Ich schluckte und nickte.
„Hast du seit dem auch nicht mehr gelacht?“
Ich schüttelte wieder den Kopf. Dann schrieb ich wieder etwas auf den Zettel.
''Warum bist du eigentlich hier?''
Und wieder brauchte sie ein wenig um es zu lesen.
„Naja... Christoph hat mich hergeschickt. Ist das schlecht?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Kennst du ihn?“
Ich nickte.
„Sehr gut oder nur ein wenig.“
Ich zog die Brauen zusammen.
„Ähm... kennst du ihn sehr gut?“
Ich nickte.
„Bist du mit ihm zusammen?“
Ich schüttelte hektisch den Kopf.
„Ein guter Freund?“
Ich wackelte abschätzend mit dem Kopf.
„Hmmm... Das ist schwer.“
Der Junge lachte ein wenig und die Kleine ließ ihre Umarmung ein wenig lockerer werden damit sie mich besser ansehen konnte. Dann musterte sie mein Gesicht.
„Bist du vielleicht mit ihm verwandt?“, riet sie dann
Ich nickte.
„Komisch, das hab ich als letztes erwartet.“
Am liebsten hätte ich jetzt gelächelt.
„Ist er dein Bruder?“
Ich schüttelte amüsiert den Kopf.
„Halbbruder?“
Ich schüttelte wieder den Kopf.
„Cousin?“
Ich nickte.
„Ach so.“
Dann schrieb ich erneut etwas auf den Zettel.
''Warum hat er dich zu mir geschickt?''
Und wieder brauchte es ein wenig Zeit bis sie es gelesen hatte. Dann sah sie zu mir auf.
„Naja... Er sagt ich müsste dich dazu bringen zu lächeln. Er meint es würde dir gut tun zu lächeln.“ Sie sah wieder auf den Zettel. „Du hast eine schöne Schrift.“
Wie gerne ich doch lächeln würde. Als sie zu mir auf sah, sagte ich stattdessen lautlos ''danke''. Der Junge sah aus als wolle er etwas sagen und öffnete den Mund, also sah ich zu ihm auf. Dann starrte er mich mit offenem Mund an.
„Alexandra?“, meinte die Kleine wieder und ich sah sie an. „Hast du Geschwister?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Kannst du mir aufschreiben was dich zum lächeln bringen würde? Ich möchte unbedingt wissen wie du dann aussiehst. Dann musst du ja so schön sein wie ein Engel. Dann bist du Engel Alexandra.“, meinte sie dann lächelnd.
Ich konnte nun wirklich nicht mehr anders als sie an zulächeln.
„Wow. Das sieht ja viel besser aus als ein Engel. Trotzdem bist du jetzt mein Engel. Ok?“
Ich nickte. Dann nahm sie mich wider richtig in die Arme und ich erwiderte es.
„Ich frage mich nur ob deine Augen auch glänzen können.“
Ich fing wieder an zu summen, aber diesmal ein anderes Lied. Das hatte Mutter oft gesungen wenn sie gekocht hatte. Dann war sie immer glücklich. Ich war nun zwar nicht glücklich, aber es ging mir viel besser. Als es klingelte, ließ ich das Kind wieder los und sie rannte aus der Klasse. Dann rannte sie nochmal in die Tür.
„Dankeschön!“, rief sie und rannte wieder weg.
Mein Lächeln verschwand wieder. Unwillkürlich sah ich wieder zu dem Jungen. Er starrte mich immer noch mit offenem Mund an.
„Hast du keine nahe Familie mehr? Geschwister, Eltern?“, fragte er schließlich.
Ich schüttelte langsam den Kopf. Seine Frage hallte aber sehr oft in meinem Kopf wieder. Er hatte eine angenehm warme Stimme. Wenig später kam Christoph herein und setzte sich wieder neben mich.
„Du hast echt was verpasst.“, meinte er und ich sah zu ihm. „Ehrlich. Dennis hat verloren und hat ne gebrochene Nase. Melvin sitzt jetzt mit ihm im Krankenzimmer.“
Ich rümpfte die Nase und er lachte über meinen Gesichtsausdruck.
„Du magst Schlägereien wohl nicht, oder?“
Ich schüttelte den Kopf. Auf meiner alten Schule gehörte das zum Alltag. Ich konnte kein Blut sehen. Und auch nicht riechen. Mir wurde dann immer schwindelig und nach kurzer Zeit kippte ich dann einfach um.
„Verstehst du dich gut mit Melinda?“, wollte er nun wissen.
Ich sah ihn fragend an.
„Das Mädchen da hier war. Hast du dich gut mit ihr verstanden?“
Nun nickte ich.
„Sag mal... redest du nicht mehr mit mir?“
„Doch klar.“, meinte ich etwas leise.
„Das ist beruhigend. Das wäre auch ziemlich unlogisch gewesen. Die Cousine redet nicht mit ihrem Cousin.“ Er lachte ein wenig. „Ist ja jetzt auch egal. Gleich ist Mittagspause. Hast du überhaupt Hunger?“
„Zugegeben ein wenig. Aber nicht großen Hunger.“
Langsam füllte sich die Klasse wieder.
„In der Pause möchte ich dir jemanden vorstellen. Er ist ein sehr guter Freund von mir.“
Ich zuckte mit den Schultern. „Du weißt ich rede nicht mit jedem auf Anhieb.“
„Wann hat das eigentlich angefangen?“
„Was?“
„Na, das du erst dann mit jemanden sprechen kannst wenn du ihn kennst.“
Ich zog die Brauen zusammen. „Ich weiß es nicht.“
„Wie bitte? Das war ein wenig zu leise.“
„Ich weiß es nicht.“, meinte ich etwas lauter.
„Kann es sein das du leiser wirst, je mehr in die Klasse kommen?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht.“
Er seufzte und ließ sich tiefer auf seinem Stuhl sinken. Dann starrte er mich sehr lange an.
„Was ist?“, wollte ich etwas später wissen.
„Irgendwie hast du dich verändert. Der Verlust scheint dich sehr mitzunehmen.“
Ich nickte. „Natürlich nimmt er mich sehr mit. Wie würdest du an meiner Stelle reagieren?“
„Keine Ahnung. Ich will es auch nicht herausfinden.“
Ich nickte zustimmend. Dann kam der Lehrer herein und bat um Ruhe. Der Junge von vorn drehte sich um und konzentrierte sich auf den Unterricht. Chris flüsterte mir zu das der Lehrer Mr Tanner hieß. Es war Englisch. Ein Fach in dem ich wirklich gut war, aber ich schaffte es kaum das zu behalten was er sagte.
„Alexandra, sag uns doch bitte, wo warst du in deiner alten Schule?“, wollte er irgendwann wissen.
Nun sahen mich wirklich alle Schüler an und ich bekam keinen einzigen Ton heraus. Ich war wirklich froh das Chris da war.
„Entschuldigung wenn ich jetzt dazwischen rede, aber sie redet nicht wirklich mit Leuten die sie nicht kennt. Einige aus der Klasse haben das schon gehört.“, warf er ein.
„Und woher kennst du sie so gut?“
Er lächelte. „Meine Cousine.“
„Okay. Kannst du uns denn sagen wo sie das letzte Mal war?“
Ich schrieb auf was als letztes dran war und schob den Zettel zu ihm rüber. Er fing sofort an zu grinsen.
„Offensichtlich viel weiter als wir. Sie war in einer Extra Gruppe die schon vorarbeitete. Ihre Lehrer sagten ihr, sie würde mit dem Stoff der neunten Klasse arbeiten.“
„Der neunten?“
Ich nickte. Dann klopfte es an der Tür und ein Junge kam zum Lehrer. Er sah so aus als wäre er ziemlich aus der Puste. Er übergab ihm einige Zettel und erklärte noch etwas. Mr Tanner nickte und der Schüler ging wieder. Dann winkte er mich zu sich und ich ging nach vorn.
„Deine alte Schule scheint sich sehr gut um dich kümmern zu wollen.“, meinte er und gab mir einige der Zettel. „Die kamen eben an.“
Ich nickte und sah sie mir an. Natürlich... Es waren Arbeitsbogen aus der neunten meiner alten Schule. Ich ging zurück zum Platz und schüttelte belustigt den Kopf.
„Was ist das?“, wollte Chris wissen sobald ich mich gesetzt hatte.
Ich hob die Zettel in seine Richtung und der Junge auf seiner anderen Seite beugte sich vor um sie ebenfalls sehen zu können.
„Und das darfst du bearbeiten?“
Ich nickte, legte die Zettel wieder vor mich hin und begann auch schon damit. Es war so einfach das es schon langsam lustig wurde. Zwischendurch sah Chris zu mir rüber und wenn ich es richtig einschätzte, staunte er darüber wie weit ich schon war. Ich hatte zwei Stapel. Ein mit unfertigen Zetteln und ein mit fertigen. Als es klingelte hatte ich bereits einen Viertel der Zettel fertig. Chris nahm sich eines der fertigen und sah ihn sich an.
„Wie passt so viel in dein Kopf rein? Da wird man ja neidisch.“, meinte er und schmunzelte ein wenig.
„So viel ist das gar nicht.“, meinte ich wieder so leise wie vor der Stunde.
Wieder dauerte es nicht lange bis einige Schüler bei mir waren. Nun waren es drei aus der ersten Reihe. Ich legte die Zettel zusammen und verstaute sie in meiner Tasche.
„Was genau darfst du da bearbeiten?“, fragte Julian.
Ich zog irgendeinen heraus und reichte ihm den Zettel. Die anderen verbogen sich drastisch um zu erkennen was darauf war. Dann gab er mir den Zettel zurück und ich verstaute ihn wieder.
„Komm mit, Alex, oder hast du doch keinen Hunger mehr.“, meinte Chris.
Ich stand auf und ging mit ihm raus. Julian war auf meiner anderen Seite und es waren einige bei ihm, auch die Jungen aus der ersten Reihe
„Sag mal, hattest du viele Freunde in Boston?“, wollte er wissen.
Ich nickte.
„Hast du auch einen festen Freund?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Ist das jetzt ein Scherz?“
Wieder schüttelte ich den Kopf.
„Ich verstehe nicht wie die Jungs auf der Schule in Boston eine Schönheit wie dich nicht als Freundin haben möchten.“
Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte nie eine Beziehung gewollt.
„Habe ich recht?“
Ich wiederholte die Geste.
„Dann wolltest du nie einen festen Freund.“
Ich nickte zustimmend.
„Verstehe.“
Die Cafeteria war sehr voll und es sah aus als wäre kein Platz mehr frei, aber wenn man genauer hinsah, dann fand man doch noch welche. Chris nahm mich mit um etwas zu Essen zu holen und suchte für uns beide dann noch einen Platz.
„Okay, ich denke jetzt sollten wir mal sehen das du jemanden zum reden findest.“, meinte er und sah sich um.
Ich verkniff es mir mit den Augen zu rollen und begann zu essen. Julian wich einfach nicht von meiner Seite, als wäre er ein Haustier oder so.
„Ich frage mich jetzt, warum wolltest du keinen festen Freund?“, fuhr Julian fort, „War da niemand der dich interessiert hat?“
Ich wackelte abschätzend mit dem Kopf.
„Hä? Also war da keiner.“
Ich schüttelte den Kopf.
„Und hier?“
Ich zuckte mit den Schultern.
„Stimmt, du hast sie noch gar nicht alle gesehen.“
Ich nickte zustimmend. Nachdem ich ungefähr ein Viertel der Mahlzeit gegessen hatte die Chris mir gekauft hatte, lehnte ich mich etwas zurück und schob das Tablett ein wenig von mich.
„Hast du schon kein Hunger mehr?“, wunderte er sich.
Ich schüttelte den Kopf. Dann lehnte ich ein wenig zu ihm rüber. „Wann fangen hier die Ferien an?“
„Eine Woche nach dem die in Boston beginnen haben. Warum?“
„Wegen Corinna. Könnte sie dann vielleicht mit in die Schule kommen? Wenn sie her kommt, meine ich.“
„Klar kann sie. Sie könnte dann zwar nicht neben dir sitzen, aber das wird schon funktionieren. Da ist er ja endlich.“, meinte er dann und sah jemanden ganz genau an. „Luca! Hier hinten!“, rief er dann.
Daraufhin kam ein Junge zu uns und setzte sich neben Chris.
„Wo warst du denn so lange?“, wollte Chris wissen.
„Ich musste noch dem Lehrer verklickern das ich nichts mit einem Spickzettel zu tun habe der in der Nähe meines Platzes war. Blöder weise war darauf etwas falsch das ich richtig hatte.“, erklärte er und begann ein wenig zu essen. „Wie kommt er eigentlich auf die Idee ich bräuchte einen Spickzettel um de Fragen richtig zu beantworten? Das war so was von einfach.“ Nun sah er zu Chris und sein Blick fiel auf mich. „Dich kenne ich ja gar nicht.“
„Sie ist neu hier. Meine Cousine aus Boston.“, informierte Chris, „Du brauchst dich nicht wunder, sie redet nicht sofort mit jedem. Julian hat ihr schon mindestens ein Dutzend Fragen gestellt und sie redet immer noch nicht mit ihm.“
„Wie jetzt?“
„Wenn sie jemanden nicht kennt ist sie wie stumm. Sie kann reden, aber wenn sie mit jemanden reden möchte den sie nicht kennt... Stell dir vor du schaltest am Fernseher den Ton aus.“
„Ach so. Dann muss ich mich halt bemühen fragen zu stellen die man mit ja oder nein beantworten kann.“ Er beugte sich zu mir rüber und reichte mir seine Hand. „Ich bin Luca, wie du sicher schon gehört hast.“
Ich ergriff sie und nickte.
Dann sah er zu Chris. „Und wie heißt sie?“
„Alexandra. Du musst dich aber nicht wundern wenn ich sie Alex nenne.“
„Dann bist du wohl der einzige mit dem sie spricht, was?“
„Kann man wohl so sagen.“
Er sah wieder zu mir. „Und du bist aus Boston, ja?“
Ich nickte.
„Dann warst du doch sicher schon in New York.“
Ich nickte wieder.
„Ich war da auch schon. Volle Straßen und übler Geruch nach Abgasen. Nicht mal genug Taxis und wenn doch sitzen sie im Stau fest.“
Ich nickte wieder und hätte fast gelächelt.
Dann sah er wieder zu Chris. „Darf ich fragen warum sie hier ist?“
„Das sage ich dir am besten wenn sie nicht da ist. Das möchte sie nicht hören.“, gab er zurück.
„Kein Problem.“
Ich zog Chris ein wenig zu mir und er horchte sofort.
„Was meint er eigentlich damit er bräuchte keinen Spickzettel um die Fragen richtig zu beantworten?“, wollte ich wissen.
Er grinste mich an. „Er sitzt in einer ersten Reihe. Er kann die Fragen so beantworten. Er ist mindestens genauso schlau wie du.“
Mindestens? Nun meldete sich Julian wieder.
„Sag mal, Alexandra... Kann es sein das du nicht viel isst?“, wollte er wissen, „Also, isst du wenig?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Eigentlich würde sie davon drei Portionen verschlingen.“, meinte Chris.
„Drei?“
„Mindestens.“
„Dann haben wir ja einen zweiten Luca.“
Als Luca seinen Namen hörte sah er verwirrt auf. „Was ist mit mir?“
„Du würdest doch auch locker drei Portionen verschlingen.“
Ich sah auf sein Tablett. Er hatte bereits vier gegessen.
„Sicher doch.“, meinte Luca, „Wem gehört das da?“ Er deutete auf Meine begonnene Mahlzeit.
„Alex isst im Moment nicht sehr viel.“, meinte Chris.
Luca sah zu mir. „Darf ich das haben?“
Als Antwort schob ich mein Tablett zu ihm rüber und sah zu wie schnell er das auf aß. Er brauchte ungefähr eine Minute dafür. Damit wären es fast fünf Portionen. Irgendwie war er mir sympathisch.
„Chris, hast du heute eigentlich Zeit? Meinte Mutter ist heute mit meinem Vater nicht da, also würde es ziemlich langweilig zu hause werden.“, meinte er als er fertig war.
„Kein Problem, komm aber zu mir. Ich möchte Alex lieber nicht allein lassen.“, gab Chris zurück.
Ich blinzelte ihn verwirrt an. Ich war doch kein Kind mehr.
„Alex, ich meine das so das... Also ich und Luca gehen irgendwo hin und ich dachte ich könnte dich ja mitnehmen und die die Stadt zeigen. Immer wenn du zu Besuch warst, waren wir im Haus.“, erklärte er als er meinen Gesichtsausdruck sah.
„Sie kommt mit? Super. Dann kann ich sie sogar besser kennen lernen.“, meinte Luca lächelnd.
„Hast du was dagegen mit zu kommen?“, wollte Chris nun wissen.
Ich zuckte nur mit den Schultern. Ohne Chris würde es sicher total langweilig werden.
„Also kommst du mit?“, hakte er nach.
Ich nickte.
„Klasse.“
„Und wo geht’s hin?“, wollte Luca wissen.
Chris überlegte. Und das dauerte ein wenig. „Wie wäre es mit dem Park? In Boston war der Park ihr Lieblingsort.“
„Kein Problem.“
Hier gab es ein Park? Verwirrt zog ich die Brauen zusammen. Davon hatte ich nun noch nichts gehört. Wie der wohl aussah?
„Alex? Träumst du?“, meinte Chris und ich sah auf.
„Hm?“, machte ich dabei.
„Du hast so... gedankenverloren ausgesehen.“
Ich zuckte lediglich mit den Schultern. Julian unterhielt sich sehr aktiv mit den anderen.
„Woran hast du gedacht?“, wollte Chris nun wissen und lehnte sich ein wenig zu mir.
Ich lehnte ihm ein wenig entgegen. „Ich hab mich nur gewundert das es hier auch ein Park gibt. Mehr nicht.“
Er blinzelte mich an. „Ich hätte mit dir wirklich raus gehen sollen.“
„Das wäre jetzt ein Vorteil.“, meinte ich immer noch leise.
Er grinste darauf nur. „Dann wüsste ich jetzt aber nicht wo ich mit dir hingehen sollte.“
„Stimmt auch wieder.“
„Man hört sie ja gar nicht.“, meinte Luca der sich bis zu Chris Rücken gebeugt hatte.
„Sie spricht auch leise und... schon ein wenig schnell.“
„Du verstehst mich aber.“, meinte ich wieder.
„Wie sonst sollte ich dann mit dir reden?“, gab er zurück.
„Lippenlesen.“
„Dafür sprichst du zu schnell.“
Er zerwuselte mir wieder das Haar und ich sah ihn an als wäre nichts andere zu befürchten gewesen. Dann versuchte ich es halbwegs wider normal zu bekommen.
„Sei froh das du mein Cousin bist und nicht jemand den ich nicht mag.“, meinte ich danach und drehte mich ein wenig weiter zu den beiden.
„Und wie froh ich darüber bin.“
„Ich verstehe nicht wie du sie verstehst.“, meinte wieder Luca, „Sie ist viel zu leise.“
„Man gewöhnt sich daran. Am Anfang war ihre Lautstärke schon... ganz normal, aber je mehr Leute im Raum sind, umso leiser wird sie. Dann hören sie nicht alle. Sie kann nichts dafür.“
„Verstehe.“
„Luca Derlan bitte ins Sekretariat.“ Ertönte es aus den Lautsprechern die wohl an den Wänden angebracht wurden.
Ich hatte sie gar nicht bemerkt.
„Was haben die denn jetzt schon wieder.“, meinte Luca und stand auf. „Ich bin gleich wieder da.“ Damit verließ er die Cafeteria.
„Wird er oft da hin gerufen?“, fragte ich.
„Eigentlich nicht. Meistens nur wenn jemand auf ihn eifersüchtig ist und ihm ein Streich spielen möchte.“
„Warum sollte man eifersüchtig auf ihn sein?“
„Keine Ahnung. Vielleicht ist es auch nur wegen dem Spickzettel.“
„Werden oft welche ins Sekretariat gerufen weil jemand auf jemand anderen eifersüchtig ist?“
„Meistens nur dann. Aber das kommt gar nicht so selten vor. Was machen die Schüler aus Boston?“
„Wenn jemand vor Eifersucht wütend ist gibt es eine Schlägerei. Oder jemand brüllt den anderen an. Aber solche Streiche machen wir da oben nicht.“
„Kommt eine Schlägerei oft vor?“
„Zwei Stück stehen immer auf dem Alltagsplan. Ich halte mich lieber von ihnen fern.“
„Warum?“
Ich lächelte schief. „Ich kann kein Blut sehen oder riechen.“
„He, du lächelst ja.“
„Das ist Kein richtiges Lächeln.“
„Trotzdem ist es in meinen Augen ein Lächeln. Auch wenn ein richtiges Lächeln viel schöner aussieht.“
Ich sah ihn mit zu Schlitzen verengten Augen an. „Das ist kein Lächeln.“
„Dann ist es für dich eben keines, aber ich bezeichne es als Lächeln weil ich dich gerne lächeln sehe.“
Ich schmunzelte.
„Jetzt mal ehrlich. Ein Lächeln steht dir einfach. Das musst du öfter machen. Oder wieder machen. Nur einmal. Für mich, bitte. Dann bin ich für die nächsten... drei Tage auch still, wenn es um dein wunderschönes Lächeln geht.“
Nun zwang ich mich dazu nicht zu lächeln.
„Bitte.“
Es hörte sich so süß an wenn er um etwas bat.
„Bitte.“
Ich lächelte ihn an und küsste ihn auf die Wange. „Du bist unfair.“, meinte ich dann.
Er lächelte zurück. „Muss ich doch sein. Sonst lächelst du nicht.“
Da kam Luca schon zurück. „Also lächelnd siehst du viel besser aus.“, meinte er als er mich sah, „Kannst du das nicht immer machen?“
„Sie ist dafür geschaffen zu lächeln und zu lachen.“, meinte Chris und seufzte.
„Da gebe ich dir recht. Solche Schönheit sollte verboten werden wenn man die Jungs mit Freundinnen davor bewahren möchte mit ihren Freundinnen Schluss zu machen.“
Verlegen senkte ich den Blick.
„Darf ich dir eine Frage stellen?“, wollte er dann wissen.
Ich sah auf und nickte.
„Was muss ich tun damit du lachst? Ich weiß das ist keine Ja oder Nein frage, aber ich kann nicht anders als fragen.“
Ich blinzelte ihn verwirrt an. Was musste er tun damit ich lachte? Sogar Chris sah mich wartend an. Geduldig und erwartungsvoll. Ich wusste selber nicht was man tun müsste, also zuckte ich langsam mit den Schultern.
„Schade.“, meinten Luca und Chris dann zugleich.
„Dann versuchen wir halt etwas wenn wir im Park sind.“, meinte Luca dann.
Er stand neben Chris, da er sich noch nicht gesetzt hatte. Nun hockte er sich so vor Chris das er neben Chris und mir war, also zwischen uns.
„Ich bin mir ganz sicher wir werden uns gut verstehen.“, meinte er dann zu mir, dann sah er zu Chris. „Um wie viel Uhr soll ich bei euch sein?“
„Sagen wir... um 2. Wegen den Hausaufgaben.“
„Habt ihr schon was auf?“
„Nein, du?“
„Nein.“ Nun sah er wieder zu mir. „Gehst du in die selbe Klasse wie Chris?“
Ich nickte.
„Sie sitzt auch neben mir.“, fügte Chris für mich hinzu.
Luca nickte. „Vermisst du deine Freunde?“, fragte er mich dann weiter.
Ich wackelte abschätzend mit dem Kopf und zeigte zwei Finger um zu sagen das ich nur zwei vermissen werde.
„Nur zwei?“
Ich nickte.
„Deine besten Freunde?“
Wieder nickte ich.
„Kommen sie dich denn besuchen?“
Ich zuckte daraufhin mit den Schultern.
„Aber du hoffst es.“
Erneut nickte ich.
Nun überlegte Luca ein wenig. „Wirst du Boston vermissen?“
Diesmal war ich es die überlegte. Aber ich brauchte nicht wirklich lange um es zu wissen und schüttelte den Kopf. Boston mochte ich nie wirklich und da gab es viel zu viele Erinnerungen an meine Eltern.
„Und die Schule?“
Wieder schüttelte ich den Kopf.
„Also wirst du nur deine beiden besten Freunde vermissen.“
Ich zögerte bevor ich mit dem Kopf schüttelte.
Er zog die Brauen ein wenig zusammen und sah mir kurz in die Augen. „Das verstehe ich nicht.“
Daraufhin sah ich zu Chris der das Gespräch aufmerksam verfolgte.
„Ich dachte du magst es nicht hören.“, meinte dieser.
Ich wartete.
„Also... Alex hat vor ein paar Tagen...“ Er sah zu Luca. „Sie war vor ein paar Tagen bei der Beerdigung ihrer Eltern. Katie und William.“
Luca sah zu Chris und dann wieder zu mir. „Wie alt ist sie?“
„Nicht viel älter als du. 16.“
„Mit 16 die Eltern verlieren. Das ist sicher ziemlich hart.“
„Sie hat nicht mal geweint. Sie weint schon sehr lange nicht mehr... Ich hab sie noch nie weinen sehen.“
„Darf ich fragen wie sie ausgesehen haben?“
„Katie sah ihr sehr ähnlich. Als sie bei uns zu Besuch waren, da hat William mal gesagt ''die Schönheit der Familie liegt in Alex und Katie''. Sie haben sich sehr ähnlich gesehen.“
Nun unterzog Luca mich einer kurzen Musterung und sah mir in die Augen. „Und von wem hat sie die Augen?“
„Sie hat zwei Augenfarben. Grün von Katie und grau von William. Das linke hat aber mehr grau als das rechte, weshalb es von weiterer Entfernung so aussieht als habe sie zwei verschieden farbige Augen.“
„Grün grau. Wirklich schöne Augenfarben.“
Ich senkte ein wenig den Blick.
„Warte, ich möchte die Augen noch ein wenig sehen.“, protestierte Luca sofort und hob mein Kopf ein wenig am Kinn.
Ich blinzelte ihn überrascht an, denn ich hätte nun wirklich nicht damit gerechnet, dass er mein Kinn nehmen würde. Ich hätte nicht mal damit gerechnet, dass sich jemand für meine Augen interessieren würde. Aber Luca tat es...

Christoph
„Autsch!“, rief ich aus als ich mich irgendwo dran geschnitten hatte.
Dann fiel mein Blick wieder auf Alex und Luca. Alex starrte mein Daumen an, an dem langsam das Blut hervorquoll. Ihre Pupillen waren ganz klein und sie fing schon an zu schwanken.
„Äh...“, meinte ich und sie fiel in Ohnmacht. „Mist.“
Luca fing sie gerade noch so auf, bevor sie auf den Boden fiel.
„Was ist denn mit ihr los.“, wollte er wissen.
Ich hielt mein Daumen hoch. „Sie kann kein Blut sehen.“
Es klingelte zur Stunde und die Schüler gingen langsam aus der Cafeteria.
„Und jetzt?“, fragte Luca nun.
„Äh... bringen wir sie ins Krankenzimmer. Ich hol mir ein Pflaster.“
„Gute Idee. Kannst du sie nehmen?“
„Dann hinterlasse ich Flecken auf ihrer Kleidung und sie fällt wieder in Ohnmacht wenn sie die sieht.“
„Na, dann nehme ich sie lieber.“
Ich lachte ein wenig und stand mit ihm auf. Dann half ich ihm Alex richtig auf die Arme zu nehmen und machte mich mit ihm auf dem Weg zum Krankenzimmer.
„Sag mal, Warum sehen deine Verwandten immer so gut aus?“, fragte er etwas später.
„Wie meinst du das?“
Er sah auf Alex hinab. „Sieh sie die doch mal an. Es stehen immer nur Jungs um sie herum und die Mädchen sehen eifersüchtig hinterher.“
„In der Klasse stehen schon ein paar Mädchen mit bei den Jungs.“
„Aber eben in der Pause haben mehr Jungs als Mädchen zu ihr gesehen. Im normal Falle wäre es genau anders herum.“
„Sie ist auch meine Cousine.“
„Trotzdem wundert es mich, dass deine Verwandten so gut aussehen. Habt ihr irgendein Schönheitsgen der immer weitergegeben wird?“
„Quatsch. Du solltest mal Onkel Bert sehen. Er erinnert einen an eine Kuh.“
Er lachte ein wenig. „Aber da scheint er dann auch der einzige aus deiner Familie zu sein und ich wette er ist an geheiratet.“
„Stimmt. Ich hab ganz vergessen das wir gar nicht Blutsverwandt sind.“
Er schubste mich etwas schwer fällig, aber dennoch wäre ich fast in einen Mülleimer gelaufen.
„Wie lange hält eigentlich so eine Ohnmacht bei ihr?“
„Keine Ahnung. Das sehe ich das erste Mal bei ihr. Warum?“
„Ich frag nur so. Kann sie Blut eigentlich nur nicht sehen?“
„Riechen oder sehen. Im Film macht ihr das aber nichts aus, das weiß ich weil ich mit ihr früher immer Horrorfilme gesehen habe.“
„Wie alt ward ihr da?“
„Warte kurz... 8 oder 9. Die Filme würde ich mir heute noch rein ziehen. Die waren Klasse.“
„Hat sie als Mädchen keine Angst gehabt?“
„Nein. Ganz sicher nicht. Sie hat gelacht.“
„Sie lacht in einem Horrorfilm?“
„Ja. Krass, oder?“
„Irgendwie schon. Lacht sie eigentlich viel?“
„Sehr viel. Allein in der Pause eben hätte sie mindestens fünfmal gelacht.“
„Und heute insgesamt?“
„Neun oder Zehn. Sie ist ein fröhlicher Mensch. Die Sonne in der Familie.“
„Sonne?“
„Sie hat fast immer gelächelt. Sogar wenn sie schlief.“
Nun blinzelte er mich an. „Sie lächelte im Schlaf?“
„Wie ich schon sagte, sie ist ein fröhlicher Mensch. Warte bis du sie siehst sobald sie über den Tot ihrer Eltern hinweg ist und sie hier wirklich viele Leute kennt. Also... Das sieht einfach umwerfend aus. Zu hause hab ich ein Foto von ihr. Da feiern wir ihren 16. Geburtstag. Ist wie du dir schon denken kannst nicht lange her. Sie hat wortwörtlich in die Kamera gestrahlt.“
Wieder sah er zu Alex hinab. „Wenn sie sogar im Schlaf lächelte dann muss der Verlust ihrer Eltern sie wirklich sehr mitnehmen. Die Veränderung muss ja extrem sein.“
„Das ist sie auch.“
„Sie sieht ein wenig aus als würde sie schlafen.“
„Im Schlaf sieht sie ein bisschen anders aus.“
„Nicht so blass?“
„So meine ich das nicht. Ich wünschte ich könnte dir zeigen wie sie früher war.“
„Hast du kein Film oder so?“
Nun musste ich scharf überlegen. Wir hatten den 16. Geburtstag gefilmt weil er so wichtig für sie war. Das Band hatten wir bei mir zu hause, ich wusste nur nicht genau wo.
„Wir haben eins von dem Geburtstag. Dem 16, meine ich. Ich weiß nur nicht wo der Film genau ist. Wir haben ihn bei mir zu hause, das weißt ich ganz sicher, aber ich weiß nicht wo genau.“
„Dann suchen wir ihn eben.“
„Und wann?“
„Heute.“
„Da sind auch ihre Eltern drauf.“
„Sie muss aber nicht dabei sein, oder? Wir sagen ihr einfach Bescheid wenn wir losgehen und vorher sehen wir uns den Film an.“
„Wenn du meinst. Interessiert es dich so sehr?“
„Es interessiert mich eben. Wenn sie sich so extrem verändert hat, würde ich gerne wissen wie sie vorher war.“
Wir betraten das Krankenzimmer und die Schwester sah sofort auf.
„Oh, was ist denn mit dem armen Mädchen passiert? Und was machst du schon wieder hier Luca?“, wollte sie wissen, „Leg sie da vorn hin.“ Sie deutete auf eine Liege wo Luca sie vorsichtig hinlegte. „Und Christoph auch noch.“
„Ich wollte nur ein Pflaster haben. Und das da ist Alexandra. Meine Cousine.“, meinte ich und hielt mein Daumen hoch der langsam voll geschmiert war mit Blut.
„Ach du meine Güte, wie hast du das denn geschafft?“
Sie zog mich hinter sich her zum Spülbecken und machte meinen Daumen sauber. Dann tat sie da noch irgendein Mittel drauf und klebte das Pflaster herum.
„Okay, dann kannst du wieder in den Unterricht gehen.“
„Ist klar.“ Damit ging ich wieder zur Klasse.
Kaum war ich drinnen schon sahen alle zu mir.
„Entschuldige die Verspätung ich war noch kurz im Krankenzimmer.“, meinte ich zum Lehrer.
„Was hast du denn da gemacht?“, wollte er wissen.
„Ich hab mir ein Pflaster geholt.“
„Und das Kind das neben dir sitzt? Äh... Ich glaube sie heißt Alexandra.“
„Ach ja, Alex ist auch da. Sie ist ohnmächtig geworden.“
„Und Warum das?“
„Sie kann kein Blut sehen.“
Ich setzte mich auf meinen Platz und Jonas für mit dem Unterricht fort.

Luca
„Okay.“, begann die Schwester, „Wie ist das Mädchen denn ohnmächtig geworden?“
„Naja, Chris hat sich geschnitten und da hat sie das Blut gesehen. Daraufhin ist sie ohnmächtig geworden.“
„Und du bist hier, weil?“
„Chris wollte wohl keine Blutflecken auf ihrer Kleidung hinterlassen. Er meint, wenn sie die gesehen hätte, wäre sie wieder ohnmächtig geworden. Also hab ich sie her getragen.“
„Möchtest du noch bei ihr bleiben oder willst du in den Unterricht gehen.“
„Ich denke ich bleibe besser bei ihr. Sie hat die Angewohnheit mit niemanden zu sprechen den sie nicht kennt.“
„So?“
„Als hätte man den Ton ausgeschaltet.“
„Verstehe... Gut dann bleib hier bei ihr.“ Sie drückte mir einen Lappen mit kaltem Wasser in die Hand. „Leg ihr das hier auf die Stirn ich muss dringend weg. In ungefähr 20 Minuten bin ich wieder da. Zwischen durch musst du den Lappen neu nass machen und aus wringen.“
„Geht klar.“
„Guter Junge.“
Sie verließ das Zimmer und ließ mich mit Alexandra allein. Ich legte ihr den Lappen auf die Stirn und betrachtete sie solange sie da lag. Sie hatte langes dunkelbraunes Haar das ihr ungefähr bis zur Mitte ihrer Tallie gehen dürfte. Es hatte Strähnen die fast blond aussahen und das Licht im Zimmer ließ die Strähnen ein wenig heller aussehen. Ihre Haut war makellos und sah ganz weich aus. Das bisschen das ich an ihrem Kinn berührt hatte war auch ganz weich. Unwillkürlich fragte ich mich wie es wohl war sie zu küssen.
Ich schüttelte den Kopf, nahm den Lappen und tauchte ihn ins kalte Wasser. Dann wrang ich ihn aus und legte ihn zurück auf ihre Stirn.
Ihr Mund war einen kleinen Spalt weit offen und ihre Augenlider waren ganz locker geschlossen. Es sah wirklich so aus als würde sie schlafen. Wenn man ihr Gesicht genauer ansah, sah man sogar einige Hinweise darauf, dass sie wirklich viel gelächelt und gelacht hat. Sie sah aus wie ein fröhliches Mädchen... wie eine fröhliche Frau, nicht Mädchen. Sie war auch wirklich sehr schlank, dafür dass gesagt wurde sie würde drei Portionen aus der Cafeteria mit Leichtigkeit aufessen. Ihr Top und ihre Jean saßen auch sehr eng.
Wieder nahm ich den Lappen und tauchte ihn ins kalte Wasser. Dann wrang ich ihn wieder aus und legte ihn wieder auf Alexandras Stirn. Nun betrachtete ich sie wieder wie vorher und mir fiel so einiges an mir auf. Zum Beispiel das sie nicht so braun gebrannt war wie man denken sollte. Sie sah eher so aus als wäre sie nie in der Sonne gewesen.
Nach einigen Minuten regte sie sich und faste sich an den Kopf als hätte sie Kopfschmerzen.
„Alles in Ordnung?“, wollte ich von ihr wissen.
Sie blinzelte und kniff die Augen kurz zusammen.
„Ich schätze jetzt einfach mal du weißt nicht wo du bist.“
Sie nickte und sah sich um. Dann fiel ihr der Lappen auf der auf ihrer Stirn lag. Sie nahm ihn runter und setzte sich langsam auf.
„Nachdem du ohnmächtig geworden bist haben Chris und ich dich her gebracht. Da Chris aber keine Blutflecken auf deinen Sachen hinterlassen wollte, habe ich dich getragen, weshalb ich jetzt hier bin und nicht er. Die Schwester müsste in ein paar Minuten wieder hier sein.“
Sie nickte wieder.
„Hast du Kopfschmerzen oder so?“
Und wieder nickte sie und rieb sich die Schläfe.
„Ich schätze mal das Krankenzimmer in deiner alten Schule sieht anders aus.“
Sie lächelte schief und nickte erneut. Dann schwang sie die Beine über den Rand der Liege und sah sich noch ein wenig um. Dabei murmelte sie lautlos etwas vor sich hin.
„Schade, dass du nicht mit mir sprichst. Aber wenigstens kannst du wage auf Fragen antworten.“
Wieder lächelte sie schief und nickte.
„Fällst du oft in Ohnmacht?“
Sie schüttelte langsam den Kopf. Dann sah sie auf eine Uhr die über der Tür hing und blinzelte.
„Die Pause ist seit ungefähr 10 Minuten zu ende. Die Schwester kommt in 18 Minuten wieder. Ich glaube so lange müssen wir warten. Wenn ich mich richtig entsinne haben du und Chris gleich Sport. Jetzt müsstet ihr Geschichte haben und zur sechsten Französisch.“
Wieder nickte sie und sprang von der Liege auf. Dann schwankte sie kurz und hatte die Balance wiedergefunden. Dann sah sie wieder auf die Uhr, seufzte und lehnte sich gegen die Liege.
„Wenn du könntest, würdest du dann mit mir sprechen?“
Sie sah zu mir. Irgendwann nickte sie und senkte den Blick ein winziges bisschen.
„Dauert es eigentlich sehr lange bis du anfängst mit jemandem zu sprechen?“
Sie wackelte abschätzend mit dem Kopf und schien etwas zu suchen. Dann stieß sie sich von der Liege ab, ging zu einem recht kleinen Schreibtisch in einer Ecke, nahm Zettel und Stift und schrieb etwas drauf. Dann reichte sie mir den Zettel und wartete. Ich nahm ihn entgegen und las mir das ganze durch.
''Es kommt ganz darauf an wie lange ich mich mit jemanden unterhalte. Je mehr mich mit ihm unterhalte, umso schneller lerne ich ihn kennen, also rede ich auch schneller mit ihm. Je weniger ich mich mit ihm unterhalte, umso langsamer lerne ich ihn kennen und umso länger dauert es bis ich mit ihm rede.''
„Verstehe. Dann bin ich wohl auf gutem Wege, was?“, meinte ich dann leicht lächelt zu ihr.
Sie erwiderte das Lächeln ebenfalls leicht und nickte. Dann setzte sie sich vor mir auf die Liege und sah kurz auf die Uhr. Sie hatte eine wirklich schöne Schrift. Elegant und leicht zu lesen.
„Hast du zu deinen Freunden eigentlich Kontakt?“
Sie zuckte mit den Schultern.
„Ich schätze mal du bist gestern angekommen.“
Wieder wackelte sie abschätzend mit dem Kopf.
„Sag mal, hast du eigentlich Haustiere?“
Sie schüttelte den Kopf und sah so aus als hätte sie gerne welche.
„Magst du Tiere?“
Nun nickte sie lächelnd.
„Sie scheinst du wohl sehr gerne zu haben.“
Wieder nickte sie.
„Hast du auch ein Lieblingstier?“
Sie wackelte mit dem Kopf.
„Also eher nicht.“
Daraufhin schien sie etwas an den Fingern ab zu zählen. Am Ende zeige sie mir sechs davon.
„Sechs Lieblingstiere?“
Sie nickte.
„Es ist ganz schön schwer sich mit dir zu unterhalten und alles richtig zu verstehen.“
Diesmal lächelte sie entschuldigend und es sah so aus als würde sie ''Tut mir Leid'' sagen. Ich blinzelte sie verwirrt an, obwohl ich genau verstand was sie meint.
„So sieht bei dir eine Entschuldigung aus?“
Nun schüttelte sie den Kopf. Dann zeigte sie eine recht kleine Maße mit dem Daumen und dem Zeigefinger.
„Eine kleine Entschuldigung.“
Nun nickte sie.
„Es ist zwar schwer sich so mit dir zu unterhalten, aber mir macht es Spaß, da musst du dich nicht für entschuldigen.“
Nun lächelte sie wieder normal.
„Irgendwie verstehe ich aber nicht so recht warum du jetzt so viel mehr lächelst. Machst du das für jemanden?“
Sie nickte.
„Ich schätze mal Chris.“
Wieder nickte sie.
„Ich sag ihm, dass du fast die ganze Zeit gelächelt hast, seit du wieder wach geworden bist. Der wird sich sicher freuen... oder?“
Abermals nickte sie und nahm mich dankbar in die Arme. Nun war ich vollkommen verwirrt, erwiderte die Umarmung aber dennoch. Was ich seltsam fand, war aber das sie mich nicht so schnell wieder losließ. Stattdessen nahm sie mich fester in die Arme und vergrub ihr Gesicht an meinem Hals. Erst als ich etwas wie Tränen fühlte, bemerkte ich, dass sie wohl Trost oder ähnliches suchte.
„Alles okay?“, fragte ich vorsichtig.
Sie ließ mich langsam los, wischte sich über Augen und Wangen und nickte. Dann setzte sie sich wieder auf die Liege und atmete tief durch.
„Also, weinen konnte man das nicht nennen. Das sieht anders aus und hört sich auch anders an.“
Wieder lächelte sie schief und senkte den Blick.
„Ich hab aber nicht Schuld, oder?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Gut. Später kommen die noch alle zu mir und werfen mir vor ich hätte die schönste Frau der Schule zum weinen gebracht.“
Nun sah sie verwirrt aus. Sehr verwirrt.
„Ich meinte... Ganz ehrlich, auf der ganzen Schule sieht kein Mädchen so schön aus wie du.“
Nun lächelte sie wieder und wischte sich erneut Tränen aus den Augen. Dann bedankte sie sich lautlos, wie es aussah.
„Ich schätze mal das war ein kleines Dankeschön?“
Sie nickte.
„Wie sieht denn ein großes Dankeschön aus?“
Nun zögerte sie sehr lange. Dann beugte sie sich vor, zog mein Gesicht zu sich und küsste mich auf die Wange. Das war also ein großes Dankeschön. Mir fiel auf das sie den Kuss ein wenig in die Länge zog bevor sie sich wieder zurück lehnte und mich losließ. Als sie mich dann sah, sah sie aus als verkneife sie sich ein Lächeln, oder so. Ich wusste Warum. Ich war hundertprozentig hochrot angelaufen.
„Jetzt will ich doch nicht mehr wissen wie ein riesiges Dankeschön aussieht.“, meinte ich dann.
Sie stand auf, nahm den Zettel den sie mir gegeben hatte, ging zum Schreibtisch und schrieb wieder etwas darauf. Dann gab sie mir den Zettel zurück und setzte sich mit gekräuselten Lippen wieder auf die Liege. Erst dann kam ich auf die Idee zu lesen was sie geschrieben hat.
''Winziges Dankeschön – Ein dankbares Lächeln
Kleines Dankeschön – Danke sagen
Großes Dankeschön – Kuss auf die Wange
Riesen Dankeschön – Kuss auf den Mund
Winzige Entschuldigung – Ein entschuldigender Blick
Kleine Entschuldigung – Tut mir Leid o. Entschuldigung sagen
Große Entschuldigung – Entschädigung anbieten
Riesen Entschuldigung – Alles als Entschuldigung tun was verlangt wird''
„Alles?“, hakte ich nach.
Ich sah zu ihr auf und sie nickte mit gesenktem Blick.
„Und ein Kuss als Dankeschön... Riesen Dankeschön... Dann musst du wohl einen ziemlich großen Grund haben dich zu bedanken oder etwas sehr schlimmes angestellt haben um dich zu entschuldigen.“
Sie nickte.
„Hast du das aus diesen Gründen mal gemacht?“
Sie schürzte die Lippen.
„Also ein winziges Danke gab es sicher öfter.“
Sie nickte.
„Und ein kleines auch, wie ich eben gesehen habe.“
Wieder nickte sie.
„Kommt ein großes Danke oft vor?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Dann kommt ein Riesen Danke sicher sehr selten vor.“
Nun schüttelte sie wieder den Kopf.
„Jetzt komme ich nicht mehr mit.“
Sie ging mit dem Zettel wieder zum Schreibtisch und schrieb wieder etwas. Dann gab sie mir den Zettel wieder zurück und setzte sich wieder vor mir hin.
''Ein Riesen Dankeschön kam noch nie vor. Ebenso wenig eine Riesen Entschuldigung.''
„Ach so. Langsam kapiere ich dich immer besser. Ist zwar nicht einfach wenn du nicht redest, aber es macht Spaß zu raten.“
Wieder lächelte sie. Es war ein normales Lächeln. Dann sah sie kurz zu Uhr, seufzte ein wenig und sah wieder zu mir. Es dauerte noch ca. 15 Minuten bis die Schwester wieder da war.
„Sag mal... Ach Quatsch, wie komm ich jetzt auf 'sag mal''...“
Sie lächelte amüsiert und wartete geduldig.
„Hast du was dagegen wenn ich mir wieder deine Augen ansehe? Solche habe ich noch nie gesehen, weißt du?“
Sie zuckte mit den Schultern und wartete. Dann stand ich auf, nahm sie vorsichtig an Kinn und hob ihren Kopf so weit bis das Licht in ihre Augen fiel. Sie war wirklich wunderschön und ihre Augen waren beinahe genauso schön wie sie. Man konnte sehen, dass sie trauerte. Und das tat sie sehr. Hinter der Pupille, wo eigentlich die Lebensfreude stecken sollte, war es so trüb und matt. Es war so matt und trüb das ihre Augen sogar dunkler wirkten. Ich wünschte, ich könnte sie sehen wenn sie glücklich ist und ihre Augen glitzern. Insgeheim freute ich mich sogar darauf mit Chris den Film ihres Geburtstages zu sehen.
„Das sind wirklich schöne Augen.“, meinte ich.
Sie lächelte schräg.
„Bekomme ich sie eigentlich bald so zu sehen das sie wirklich... strahlen?“
Sie zog fragend die Brauen zusammen.
„Ich meine, jetzt wo du trauerst sind sie etwas trüb und matt. Obwohl sie so lädiert sind, durch die Trauer, sind sie wirklich sehr schön. Ich würde sie nur gerne mal sehen wenn du richtig glücklich bist. Ich bin mir nämlich sehr sicher, dass sie dann das schönste auf der Welt sein müssen. Ich meine... Du bist im Moment das schönste auf der Welt und deine Augen sind fast so schön wie du. Wenn du glücklich bist müssten sie dann ja... mit unglaublich großem Abstand das schönste sein das es gibt. Es ist ja jetzt schon schwer das passende Wort zu finden um sie so zu beschreiben wie sie sind. Wie schwer wird es denn dann sein wenn du glücklich bist?“
Sie blinzelte mich an und sah ziemlich überrascht aus. Als sie dann den Mund öffnete um wohl etwas zu sagen, ging hinter mir die Tür auf und die Schwester kam mit einem blutenden Jungen herein. Als ich wieder zu Alexandra sah, bemerkte ich sofort wie kleine ihre Pupillen wurden. Kurz darauf kippte sie ohnmächtig gegen mich. Ich legte sie wieder auf die Liege, tauchte den Lappen wieder ins kalte Wasser und legte ihn auf ihre Stirn nachdem ich ihn ausgewrungen hatte. Dann sah ich zu dem Jungen. Er hatte eine Platzwunde an der Stirn und kniff das linke Auge zu damit das Blut nicht hinein floss. Die Schwester drückte ihn auf einen Stuhl, holte einen weiteren Lappen und wischte das Blut weg.
„Wie geht’s dem Mädchen?“, fragte sie nebenbei.
„Sie war vor kurzem noch bei Bewusstsein. Aber dann hat sie sein Blut gesehen. Abgesehen von Kopfschmerzen ging es ihr aber gut.“, gab ich zurück.
Nun da das Blut weg war, konnte ich Julian erkennen. Als er die Augen aufmachte, blinzelte er kurz. Dann sah er zu mir und dann zu Alexandra.
„Was ist denn mit dir passiert?“, wollte ich von ihm wissen.
„Naja... Kurz nachdem Chris in die Klasse kam, ging der Lehrer für ein paar Minuten raus. Er sagte er müsse dringend etwas holen. Wir haben natürlich gleich angefangen zu reden sobald die Tür zufiel. Ich hab mich ein wenig mit Gerald unterhalten und ich glaube ich habe irgendwas falsche gesagt, mir fällt nur nicht ein was es war... jedenfalls hat er mir eine über gebraten. Mit der Faust.“, erklärte er, „Und warum bist du hier?“
„Ich hab Alexandra her getragen und warte bis sie erneut aufwacht.“
„Erneut?“
„Eigentlich war sie schon wach, also mussten wir nur noch auf die Schwester warten. Wir haben uns ganz nett unterhalten und dann ist die Schwester mit dir rein gekommen und sie hat das Blut gesehen.“
Ich faltete den Zettel zusammen und steckte ihn in die Hosentasche als Julian gerade nicht hinsah. Er würde wissen wollen was darauf war und das wäre ein wenig nervig.
„Und dann ist sie ohnmächtig geworden?“, hakte er nach.
„Nicht sofort, aber ja, sie ist ohnmächtig geworden, wie man gut sehen kann.“
Die Schwester desinfizierte die Wunde und schmierte irgendein komisches Zeug darauf.
„Und sie hat mit dir geredet?“, wollte er nun ungläubig wissen.
„Nicht richtig geredet. Sie hat genickt, den Kopf geschüttelt oder mit den Schultern gezuckt. Wenn etwas zu schwer war, schrieb sie es einfach auf.“, gab ich zurück.
Er sah wieder zu mir. „Du hast da einen Fleck auf der Wange.“ Er tippte sich selber auf die Wange. „Da ungefähr.“
Unwillkürlich betastete ich die Wange mit zwei Fingern. Als Julian daraufhin nickte, ging ich zum Spiegel und sah sie mir an. Alexandra hatte mir tatsächlich einen Knutschfleck verpasst! Nun wusste ich warum sie dem Grinsen sooo nahe war. Knutschfleck und hochrot angelaufener Luca war wirklich eine witzig anzusehende Kombination. Nun wusste ich auch warum sie so lange brauchte. Der Fleck sah aber auch wirklich intensiv aus. Wie lange der wohl blieb?
„Was ist los? Blauer Fleck?“, wollte Julian wissen.
Ich drehte mich wieder um und tauchte den Lappen von Alexandras Stirn wieder ins kalte Wasser. Dann wrang ich ihn aus und legte ihn zurück auf Alexandras Stirn. Kaum war ich fertig, schon nahm die Schwester mein Kinn und drehte die Wange zu sich. Dann grinste sie und ließ mich wieder los.
„Das ist garantiert kein blauer Fleck.“, meinte sie und wandte sich wieder an Julian. „Du bleibst hier bis ich wieder komme. Und du Luca bleibst mit dem Mädchen hier bis ich wieder komme. Diesmal kann es länger dauern, ich weiß nicht. Wenn es klingelte bevor ich wieder da bin, geht raus, aber seit wieder hier wenn die Pause wieder vorbei ist.“
Julian und ich nickten und sie ging wieder weg. Ein paar Sekunden später sah Julian mich fragend an.
„Was meint die damit, ''das ist garantiert kein blauer Fleck''?“, wollte er dann wissen.
„Woher soll ich das denn wissen, aber ich kann dir sagen das sie recht hat. Das ist kein blauer Fleck. Dafür hätte man mich schlagen müssen und das ist nicht passiert.“
„Und was ist das bitte dann?“
„Das ist äh...“
Er stand auf und kam ein wenig näher. „Hey.“, meinte er dann und sah sich meine Wange etwas genauer an. „Das ist ja ein Knutschfleck. Wo hast du den denn so schnell her?“
„Ist doch egal. Setzt dich wieder auf deinen Stuhl.“
Er lachte und setzte sich zurück. „Sag mal, wo hast du den her? Dann auch noch so schnell. Als ich zur Klasse gegangen bin hattest du keinen und danach warst du nur noch mit Chris und...“ Er blinzelte und sah zu Alexandra. „Du hast den Fleck von Alexandra?!“
Man konnte sehr deutlich sehen, dass er eifersüchtig war. Belustigt schüttelte ich den Kopf und drehte mich wieder zur Liege um dem Lappen wieder die Selbe Behandlung zu geben wie vorher. Von der Stirn nehmen, ins Wasser tauchen, aus wringen und wieder auf die Stirn legen.
„Alexandra hat dir tatsächlich einen Knutschfleck verpasst!“ Stellte Julian fest und er hörte sich ziemlich aufgebracht an.
„Was ist? Neidisch? Glaub mir, ich kann da nichts für.“, gab ich zurück, „Und jetzt hör auf so zu kreischen wie ein kleines Mädchen und setzt dich wieder hin.“
Noch während ich redete war er auf gesprungen und hin und her gelaufen. Nun setzte er sich wieder und starrte von mir zu Alexandra und zurück. Es schien ihm wirklich zu beschäftigen das sie mir ein Knutschfleck verpasst hat. Dabei wollte ich nicht mal einen. Was ich aber seltsam fand war, obwohl eine Abneigung gegenüber Knutschfleck hatte, machte mir der von Alexandra gar nichts aus.
„Warum hat sie dir ein Knutschfleck verpasst?“, wollte Julian irgendwann wissen.
„Sie hat sich bedankt.“, gab ich schlicht zurück.
Gerade als ich den Lappen wieder von Alexandras Stirn nehmen wollte, regte sie sich wieder. Diesmal schlug sie die Hände vor das Gesicht und seufzte schwer. Es war beinahe ein genervtes Stöhnen. Dann nahm sie den Lappen weg und setzte sich langsam auf. Sie war länger ohnmächtig gewesen, wie mir einfiel. Sehr viel länger... Vorher waren es 8 Minuten gewesen. Diesmal waren es 15 gewesen. Als sie sich nun aufsetzte, knackten einige Knochen. Es schien ihr jedenfalls nicht weh zu tun. Als sie dann saß, sah sie auch sofort Julian. Daraufhin winkte sie ihm zu.
„Alles okay?“, wollte ich wissen, „Oder hast du immer noch Kopfschmerzen?“
Sie nickte.
„Ich denke, die Schwester hat nichts dagegen wenn ich dir eine Aspirintablette suche.“
Sie bedankte sich lautlos.
„Kein Problem.“
Ich suchte die Schränke durch und fand einige Aspirin in einer Schublade. Davon nahm ich eine, füllte ein Glas mit Wasser und brachte ihr beides. Als sie die Tablette schluckte, sah es beinahe so aus als wäre sie geübt darin Tabletten zu schlucken. Als sie das Glas geleert hatte, stellte ich es zurück und sie stand auf. Dies führte dazu, dass noch mehr Knochen knackten.
„Tut das nicht weh?“, fragte Julian.
Sie schüttelte den Kopf und stemmte die Hände in den Rücken, den sie so weit durch bog das jeder Wirbel mindestens einmal zu knacken schien. Dabei berührten ihre Haare schon den Boden. Als sie fertig war, setzte sie sich wieder auf die Liege und bearbeitete ihre Beine. Erst zog sie das rechte weit an und dann das linke. Dasselbe machte sie dann noch mit den Armen und knackte noch dir Finger. Man hörte sogar ein wenig knacken von ihren Füßen aus. Nun hatte sie wirklich alles knacken lassen was ging und sie sah viel zufriedener aus. Nachdem sie dann von einem zum anderen gesehen hatte, entschuldigte sie sich lautlos.
„Ist nicht weiter schlimm.“, meinte ich darauf.

Ausflug zu dritt




Alexandra
Es war ein wenig seltsam auf zu wachen und Julian und Luca bei mir zu wissen. Mit Luca hätte ich beinahe gesprochen und Julian kannte ich kaum. Luca nahm einige Zettel vom Schreibtisch und gab sie mir mit einem Stift.
„So können wir wenigstens mit dir reden.“, meinte er.
Ich lächelte schräg und nahm die Sachen entgegen. Dann legte ich mich so auf den Bauch das beide die Zettel sehen konnten und schrieb auch sofort etwas.
''Wie lange war ich ohnmächtig?''
Luca nahm den Zettel und las vor. Dann sah er auf die Uhr.
„Ich denke...“, begann Julian, „Wenn Luca recht hat und du wegen mir ohnmächtig geworden bist, warst du es 15 Minuten.“
Ich blinzelte von ihm zu Luca und zurück. Dann formte ich mit dem Mund ein lautloses 'wow'.
''Und was machen wir jetzt? Ich meine, warten wir jetzt wieder auf die Schwester oder können wir ruhig gehen?''
Wieder las Luca es vor. Julian beantwortete die Frage.
„Die Schwester weiß nicht wann sie wieder kommt. Sie sagt, wenn es klingelt dürfen wir in die Pause, aber wenn die vorbei ist sollen wir wieder zurück.“, erklärte er.
''Und wie kann ich dann bei Sport mitmachen?''
„Ich denke... die Schwester wird schon früh genau wieder da sein.“
„Es ist nicht hundertprozentig.“, meinte Luca, „Vielleicht braucht sie wirklich so lange. Vielleicht auch nicht.“ Er stellte den Stuhl vor mich hin und setzte sich. „Jetzt würde ich aber gerne mal wissen was du machen wolltest, direkt bevor Julian rein kam.“
Ich verzog leicht nachdenklich das Gesicht und kratzte mich am Hinterkopf. Luca wartete geduldig und Julian sah verwirrt von ihm zu mir. Dann fing ich an zu schreiben.
''Naja, wie soll ich anfangen...'' Ich hielt kurz inne. ''Nun, noch nie in meinem Leben hat irgendjemand etwas gesagt das nur halb so... schön war wie das. Noch nie hat ein Junge ein Kompliment über mein Aussehen gemacht (Mal abgesehen von meinen verstorbenen Eltern, Theo oder Chris, der mir ständig Komplimente macht). Kein Junge hat sich je über mich geäußert wenn es darum ging mir ein halbwegs gutes Kompliment zu machen... Jedenfalls in der Zeit als ich noch in Boston war. Nicht mal Chris hat mir je ein solches Kompliment gemacht und wenn ich ehrlich sein soll, er wäre auch nie darauf gekommen. Die Augen sind mir wirklich am liebsten und mit ihnen hast du meinen wunden Punkt getroffen wenn es ums Thema Komplimente geht. Ich denke in Zukunft werde ich noch viel mehr von dir über meine Augen hören und ich muss sagen... Ich freue mich jetzt schon darauf.“
„Wie viel hat sie schon geschrieben?“, fragte Julian.
„Ungefähr... ein drittel der Seite ist voll.“, gab Luca zurück.
''Okay, ich finde es schon ein wenig seltsam von dir das du mich versorgst obwohl du mich erste kennen gelernt hast, aber... später werde ich mich noch bedanken. Ich sage zwar nicht wie groß das Dankeschön sein wird, aber du wirst schon deutlich merken wenn ich mich bedanke. Versprochen. Und keine Sorge, ich halte meine Versprechen immer. Du hast recht, wir werden uns sicher sehr gut verstehen... Quatsch, das tun wir jetzt auch schon. Jedenfalls... Im Großen und Ganzen möchte ich sagen das das Kompliment das Beste war das ich je bekommen habe.''
Ich überprüfte aus Gewohnheit den Text nach Fehlern und stellte freudig fest das es keinen gab. Daraufhin gab ich Luca den Zettel und er las ihn sich durch. Erst war seine Miene überrascht. Dann wurde sie verwirrt und kurz darauf vermischte sich beides. Als er fertig war, nahm er den Zettel runter und blinzelte mich an. Dann sah er noch mal zum Zettel und wieder zu mir.
„Das ist dein Ernst, oder?“
Ich nickte.
Daraufhin war er wirklich sehr verwirrt und überrascht. „Wow. Nur Chris, Theo, Katie und William... 'tschuldige. Aber es ist wirklich... ungewöhnlich.“
Ich schwankte zwischen Trauer gegenüber meiner Eltern und Glück gegenüber Luca. Da hatte ich wohl einen neuen guten Freund gefunden. Eine Konkurrenz für Louis aus Boston. Er war auch ein wirklich sehr guter Freund. Die zweite Person die ich vermisste. Wenn die Ferien hier eine Woche später begonnen, dann waren es noch 10 Tage bis zum letzten Schultag vor den Ferien. Ob Corinna ihn wohl mitbrachte... Ich seufzte und malte ein wenig vor mich hin. Luca hatte begonnen sich mit Julian zu unterhalten und ich hatte nichts dagegen das sie mich nicht beachteten. Irgendwann, es kam mir vor wie eine Ewigkeit, klingelte es endlich und ich sprang von der Liege auf. Dann streckte ich mich kurz und folgte Luca und Julian raus.
„Ich glaube du möchtest direkt zu Chris.“, meinte Luca als Julian irgendwo anders hin ging.
Ich nickte. Nun konnte ich nur noch bei ihm bleiben bis ich bei Chris war. Es war irgendwie mehr los in den Gängen und Luca musste mich zwischendurch am Arm zu sich ziehen damit ich nicht umgerannt wurde. Nach einer kurzen Zeit waren wir dann an der Klasse, aber zu Lucas Verwunderung war Chris nicht da. Er schnappte sich jemanden von den anderen und fragte ihn wo er war. Dieser sagte ihm etwas, dass ich nicht ganz verstand. Als mein Blick auf meinem Platz fiel, bemerkte ich, dass auch Chris' Sachen nicht mehr da waren.
„Alexandra?“, meinte Luca und ich sah wieder zu ihm. „Chris ging es gegen Ende der Stunde nicht so gut und er ist nach hause gegangen.“
Ich zog verwirrt die Brauen zusammen und sah wieder zu meinem Platz. Hätte er mir nicht Bescheid geben wollen? Irgendwie schade. Nun fiel mir aber etwas ganz anderes ein. Was sollte ich nun machen wenn einer der andere beiden Lehrer, die ich noch nicht kannte, irgendetwas von mir wollten?! Irgendwas wobei ich sprechen musste! Ich war geliefert. Und wie kam ich nun zu Kathy und Theo? Ich konnte mir den Weg nicht richtig einprägen. Das wurde ja immer schlimmer. Irgendwie kam in mir das Gefühl hervor allein zu sein. Als hätte man mich allein gelassen. Das hatte ich ganz intensiv als ich von dem Unfall meiner Eltern hörte. Dieses Mal war es zwar nur ganz schwach, aber es hob die Trauer mit an die Oberfläche. Plötzlich war Lucas Gesicht vor mir und ich erschrak ein wenig.
„Alles okay mit dir? Ich hab das schon öfter gefragt aber du hast nicht reagiert.“, meinte er.
Ich nickte kurz.
„Du siehst ein wenig blass aus und deine Augen sind ein wenig matter... und trüber. Ich glaube nicht, dass ich dich jetzt allein lassen sollte. Das hatte ich zwar vor, aber... das lasse ich besser. Komm mit, wir gehen ein wenig an die frische Luft.“
Ich nickte und folgte ihm auf den Schulhof. Ich hielt angestrengt nach Chris ausschaue, aber er war wohl wirklich bei sich zu hause. Ich hasste es allein gelassen zu werden, außer ich weiß davon. Aber das hier war wirklich ein wenig... Ich wusste ich übertrieb es ziemlich, aber ich konnte nichts dagegen tun.
„Du siehst ein wenig abwesend aus.“, bemerkte Luca als wir uns auf eine Bank setzten. „Ist wirklich alles in Ordnung?“
Nun zuckte ich lediglich mit den Schultern.
„Also als du noch besser drauf warst, hast du mir viel besser gefallen. So erinnerst du mich ziemlich an meine Mutter und ich bin froh wenn ich sie nicht erlebe wenn sie richtig... Naja, wenn sie eben sehr traurig ist.“
Ich sah ihn fragend an. Das hatte mich nun wirklich neugierig gemacht.
„Meine Mutter war mal mit jemand anderen verheiratet. Die Ehe mit meinem Vater war schlechter als ihre erste und sie vermisst den Typen. Ich selber mag ihn nicht. Dad sieht das genauso wie ich. Sie hat doch ihn und mich. Warum möchte sie dann zu dem anderen? Sie weint oft und ich bin froh wenn ich nicht dabei bin. Bei ihr ist es ohne Grund. Wenn ich ehrlich sein soll, sie ist eine Rabenmutter. Sie hat mich nicht mal gewollt, aber Dad wollte ein Kind haben. Er hat sich so gefreut und das war das erste und letzte mal das Mutter etwas für ihn getan hat. Sonst ging alles ihrer Nase nach. Ihr Geschmack in der Einrichtung, sie suchte aus wie der Garten gestaltet war... Nicht mal den Job darf Dad sich allein aussuchen. Wenn meiner Mutter an seinem Job etwas nicht gefällt, muss er sofort einen anderen suchen. Das passierte schon ca. 15-mal. Im Moment ist Dad Elektroniker, aber es dauert sicher nicht mehr lange bis Mutter will, dass er einen anderen Job annimmt. Dann bin ich froh wenn ich raus gehen kann weil sie sich dann manchmal streiten. Mutter schreit, Dad gibt nach. Sie bereut es manchmal ihn geheiratet zu haben und hat sogar schon an Scheidung gedacht.“ Er zuckte die Schultern. „Was soll man machen? Mit der Zeit gewöhnt man sich an alles, findest du nicht?“
Ich blinzelte ihn verwirrt an und nickte wenig später. Man konnte sich an alles gewöhnen. Manches fiel vielleicht mal sehr schwer, aber auch daran konnte man sich gewöhnen.
„Kennst du eigentlich den Weg zu dir nach hause?“, wollte Luca etwas später wissen.
Ich schüttelte den Kopf.
„Verstehe ich nicht... Ach, erkläre es mir gleich wenn du es aufschreiben kannst“
Ich nickte zustimmend.
„Kannst du mir dann auch erklären warum du so trüb bist?“
Ich zuckte nur mit den Schultern.
„Liegt es an Chris?“
Ich deutete mit den Fingern eine recht kleine Maße an.
„Nur ein bisschen.“
Ich nickte.
„Verstehe.“ Er sah sich kurz um. „Fällt dir eigentlich auf das dich jeder Junge ansieht als wäre die Chance eine Beziehung mit dir aufzubauen gleich bei 80 Prozent?“
Nun war ich wirklich verwirrt.
„Das ist mein Ernst.“ Er zog die Brauen zusammen. „Nicht das mit den 80 Prozent, sondern das sie dich so ansehen. Ich glaube die Chance das sie bei dir eine Chance haben liegt gerade mal bei 15 Prozent.“
Okay... Ich nickte, denn das hatte ich nun verstanden. Ich nickte aber auch weil er recht hatte. Wenig später stand ein fremder junge vor mir und beugte sich zu mir runter.
„Hey, dich kenne ich ja gar nicht.“, meinte er.
„Du kannst sie auch nicht kennen, Tom.“, gab Luca zurück, „Sie ist neu. Die Cousine von Chris. Alexandra.“
„Kann sie das nicht selber sagen?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein kann sie nicht, wie du eben gesehen hast.“, fügte Luca hinzu, „Sie kann nicht mit fremden reden. Mit mir redet sie auch nicht, ebenso wenig wie mit Julian.“
Tom blinzelte mich an. „Gibt es jemanden mit dem sie redet?“
Ich nickte.
„Sehr viele?“
Ich zeigte neun Finger hoch. Chris, Kathy, Theo, Margret, Ludwig, Corinna, Louis und die Eltern von Corinna und Louis. Die beiden waren Geschwister. Es klingelte wieder und ich stand mit Luca auf. Tom ging zwischen uns her als wir wieder rein gingen.
„Bist du Single?“, wollte er von mir wissen.
Ich nickte wieder.
„Alexandra, falsche Richtung.“, meinte Luca als ich Richtung Klasse gehen wollte, nahm mich am Arm und zog mich zu sich. „Schon vergessen das wir noch zurück müssen.“
Ich schlug mir gegen die Stirn und ließ mich von ihm ins Krankenzimmer ziehen. Dabei sah ich noch kurz zu Tom zurück und winkte zum Abschied.
Im Krankenzimmer angekommen, kamen wir der Schwester gerade entgegen, die das Zimmer schon wieder verlassen wollte.
„Ach, da seid ihr ja.“, meinte sie, „Geht es dir besser, Mädchen?“
Ich nickte.
„Gut, dann könnt ihr drei wieder in eure Klassen.“
Julian sprang vom Stuhl und kam zu uns. Ich hatte ihn bis eben gar nicht bemerkt. Mir fiel aber auf das er meinen Arm anstarrte... meine Unterarm. Luca fiel es auch auf und wir sahen beide gleichzeitig hinab. Er hielt mich immer noch fest. Als er es sah, ließ er sofort los und ging weg. Er ging wohl in seine Klasse.
„Bis später, Alexandra.“, meinte er noch kurz und drehte sich halb um zu winken.
Ich winkte halb lächelnd zurück und er lächelte mir zu als er das halbe Lächeln sah. Julian nahm mich mit zur Klasse und wartete dort bei anderen darauf, dass der Sportlehrer auftauchte, damit wir zur Sporthalle gehen konnten. Nun war ich wirklich auf mich allein gestellt. Es dauerte nicht sehr lange bis der Lehrer da war.
Die Stunde war sonst besser als ich dachte. Julian kam wieder an meine Seite und unterstütze mich wenn er Lehrer etwas von mir wollte. In der Pause waren dann Julian und Luca bei mir, wobei Julian sich größtenteils mit anderen unterhielt und Luca mit mir. Er stellte mir Fragen über meine alte Schule und es machte wirklich Spaß das er raten mussten. Die letzte Stunde war auch ganz einfach. Ich konnte zwar wieder nicht sehr viel behalten, aber es war okay. Nun war nur noch die Frage, wie kam ich zu Kathy und Theo? Als erstes ging ich nach draußen, aber ich musste mich wohl nicht mehr darum kümmern wie ich zu Kathy und Theo kam, denn Luca bot mir an mich nach hause zu bringen da ich mir den Weg nicht merken konnte. Ich nahm es an, denn ich hatte keine Lust Stunden lang in Miami herum zu irren weil ich nicht wusste wo ich lang musste. Es dauerte ungefähr fünf Minuten bis wir da waren.
„Okay, dann sag ich mal bis später.“, meinte Luca.
Ich nickte und küsste ihn auf die Wange. Diesmal auf die andere und auch dieses mal verpasste ich ihm ein Knutschfleck und konnte mir ein grinsen einfach nicht verkneifen.
„Okay. Das wäre dann Knutschfleck Nummer zwei, richtig?“
Ich nickte.
„Wie soll ich das bloß meiner Mutter erklären? Und Dad wird was haben womit er sich tüchtig amüsieren kann.“
Ich konnte es mir gerade so noch verkneifen breiter zu grinsen, konnte aber einfach nicht aufhören.
„Ach ja. Dann bis später.“
Ich nickte und ging ins Haus.
„Alex?!“, rief Chris aus seiner Zimmer.
„Ja, ich bin’s!“, rief ich zurück nachdem ich die Tür geschlossen hatte.
„Tut mir Leid das ich die letzten zwei Stunden nicht da war. Bist du zurecht gekommen?“
Ich ging zu seinem Zimmer und blieb an der Schwelle stehen. „Naja... Julian hat mir im Unterricht geholfen wenn der Lehrer mit mir reden wollte. Luca war in den Pausen bei mir und hat sich mit mir unterhalten.“
„Wie findest du ihn?“
„Wen? Julian oder Luca?“
Er lächelte schief. „Du weißt wen ich meine.“
„Naja, Luca ist mit sympathisch. Julian ist ganz ok.“
„Julian ist mir eigentlich egal. Und Luca ist dir sympathisch?“
„Ja. Er ist wirklich sehr nett zu mir und es macht ihm sogar Spaß zu raten wenn ich eine Frage nicht richtig beantworten kann.“
„Und noch?“
„Nun... Ich mag ihn eben. Ich weiß nicht wie sehr, aber ich mag ihn.“
„Dann kann ich euch als Freunde bezeichnen? Also Freundschaft ist auf jeden Fall drinnen?“
Ich nickte. „Freundschaft ist drinnen.“
„Aber du redest immer noch nicht mit ihm?“
„Ich kann nichts dafür. Ehrlich. Ich würde ja gerne mit ihm reden, aber es geht nun mal nicht.“
Er nickte. „Ist okay. Dad hat übrigens deinen Computer aufgestellt. Du hast auch Internet.“
„Oh. Ist er da? Dann wollte ich mich bedanken.“
„Er ist in zwanzig Minuten wieder hier. Wenn man mal bedenkt das du ihn noch nicht begrüßten konntest.“
„Ich weiß. Ich bin eingeschlafen.“
Er grinste. „Langschläfer.“
„Morgenmuffel.“
Er grinste breiter. „Geh dein Internet testen.“
Ich schmunzelte und ging in mein Zimmer. Theo hatte einen wirklich guten Platz ausgesucht und es sah wirklich 1 A aus. Ich schaltete den PC ein und wartete bis er hochgefahren war. Dann gab ich kurz mein Kennwort ein und sah nach ob ich wirklich Internet hatte. Es funktionierte perfekt. Das nutzte ich gleich und ging in eine Chat in dem sogar eine Webcam funktionierte und man auch ohne schreiben unterhalten konnte. Kurz darauf holte ich meine Webcam aus meiner Tasche und stellte sich auf. Wie ich freudig feststellte war Corinna online und die begrüßte mich lächelnd. Sie hatte auch eine Webcam und so mussten wir nicht schreiben und konnten sehen was die andere macht.
„Hey, Süße.“, grüßte sie.
„Hi, Corinna.“
„Gut angekommen?“
„Sehr gut. Die Schule ist super und Chris hat mir sehr gut geholfen. Später gehen er, Luca und ich in den Park.“
„Wer ist Luca?“
„Ein Freund.“
„Oho. Schon einen Freund gefunden?“
„Er ist mir halt sympathisch. Und dann kenne ich noch Julian und noch einen, aber von dem dritten kenne ich den Namen nicht. Die haben eine echt seltsame Sache hier in der Schule.“
„Ach ja?“
Ich nickte. „Hier wird man beachtet, je nachdem wie interessant man ist. Chris macht mich immer interessanter und jetzt gibt es kaum ein Anfang der Pause an dem mein Tisch nicht von Jungs umringt ist.“
„Du bist eben eine schöne Frau.“
„Das ist doch egal.“
„Ich weiß. Wichtig sind dir die Augen.“
„Richtig.“
„Sag mal, wie ging das noch mit dieser Akrobatik-Figur?“
„Welche meinst du?“
„Handstand mit einer Hand.“
Ich schmunzelte. „Das ist ganz einfach.“
Ich schob den Stuhl beiseite und machte mir ein wenig Platz. Dann stellte ich mich auf die Hände, legte den Kopf in den Nacken damit ich Corinna sehen konnte und hob eine Hand zur Seite hoch.
„Nur nicht das Gleichgewicht verlieren.“, fügte ich hinzu.
„Oh man. Genau da liegt ja mein Problem! Ich schaffe es einfach nicht die Balance zu halten.“
„Nicht gleich so laut, Cori. Das kriegst du schon hin. Warte mal... zeig mir mal deine Haare.“
Sie senkte ihren Kopf so weit bis man ihre Haare sehen konnte.
„Du hast dir die Haare gefärbt?“
„Ich... Das ist nur ein bisschen.“
„Corinna!“
„Was denn?“
„Warum nimmst du dafür Türkis?“
„Ist doch nur...“
„Sechs Strähnen. Hättest du nicht wie jedes normale Mädchen blond nehmen können?“
„Tut mir ja Leid.“
„Ach, was soll man nur mit dir machen, Cori? Man lässt dich einen Tag allein und nun... Nun muss ich einen Babysitter für dich finden.“
„Ha, ha, ha.“
„War doch nur Scherz, Kleine.“
Sie lächelte schief. „Kannst du die Figur auch als C machen?“
„Klar.“
Ich bog meinen Rücken ein wenig durch und knickte die Beine so ein, dass mein Körper ein C formte.
„Ach, du bist so gemein, Alex.“, meckerte Corinna.
„Warum? Was mache ich denn?“
„Du kannst das so gut. Ich kann das überhaupt nicht.“
Ich seufzte.
„Wollen wir mal etwas spielen?“
„Wie geht das Spiel?“
„Wir sagen abwechselnd was der andere schaffen soll und derjenige muss das auch versuchen. Der erste der etwas nicht schafft verliert einen Punkt, oder der anderen erhält einen Punkt um das einfacher zu machen.“
Ich ließ mich zu Boden sinken. „Okay, dann fang mal an. Was soll ich machen?“
„Ich meine das jetzt so, wenn du jetzt zum Beispiel auf einem Bein stehen sollst und ich wieder dran bin, dann darfst du erst mit dem auf einem Bein stehen aufhören wenn ich es fordere.“
„Geht klar. Was soll ich machen?“
„Mach mal eine Brücke.“
Ich stellte mich hin und ließ mich Nach hinten weg fallen bis meine Hände den Boden berührten und ich sicher stand.
„Okay. Du legst dich mit dem Bauch auf den Boden und stützt dich mit einer Hand ab.“
Das tat sie auch ganz einfach. „So. Nun hebe eine Hand.“
Ich machte was sie forderte und hob meine linke Hand. „Und du hebst ein Bein.“
Sie hob das linke Bein. „Du hebst das Bein das auf der anderen Seite deiner freien Hand ist.“
Ich hob das rechte Bein. „Gut. Dann fang du mal an Liegestütze zu machen.“
„Was?!“
„Los.“
Sie fing langsam damit an. „Dann darfst du mit einem Arm und einem Bein versuchen aufzustehen ohne, dass dein Rücken den Boden berührt.“
Ein Arm und ein Bein. „Oh, Gott.“
Ich atmete tief durch und setzte nun alles in meine Balance. Dann richtete ich mich langsam mit dem Oberkörper zuerst auf, was mir nicht wirklich leicht fiel. Irgendwie gelang es mir doch noch. Und ich sah auf die Uhr.
„Okay. Nun musst du während den Liegestützen den Boden nur dann berühren wenn sie ab gehen. Sobald du oben angekommen bist musst du also auf hüpfen.“
Sie begann mit dem was ich sagte. „Dann fang du jetzt mal an zu singen.“
„Welches Lied?“
„Irgendein schönes. Aber die ganze Zeit, auch wenn du es wiederholen musst.“
Ich dachte kurz nach und begann mit dem Lied das meine Mutter oft gesungen hatte. Das traurige Schlaflied. Dann hielt ich kurz inne um ihr die Anweisung zu nennen.
„Du musst jetzt so weit runter gehen, dass dein Bauch den Boden berührt wenn es ab geht.“
Sie seufzte und sank tiefer. „Okay. Dann musst du während dem Singen ein Handstand machen. Auf einer Hand.“
Ich grinste und machte das mit Leichtigkeit. „Du musst die Liegestütze nun mit dem Fingern machen, das heißt, deine Handfläche darf den Boden nicht berühren.“
Damit begann sie auch. Dann ging die Tür ein wenig auf und Chris sah rein.
„Was machst du da eigentlich?“, wollte er wissen.
Ich deutete auf den Monitor und er stellte sich hinter mir um zu sehen was da war.
„Hä? Handstand und Liegestütze?“
„Alex, wir machen besser eine Pause.“, meinte Corinna.
„Gut.“, gab ich zurück und ließ mich mit den Beinen voran auf den Boden gleiten. „Also, Chris. Das ist ein Spiel. Corinna sagt mir was ich machen soll und sobald ich es geschafft habe, sage ich ihr was sie machen soll. Wenn ich etwas nicht schaffe bekommt Corinna einen Punkt. Andersherum ist es genauso.“
„Verstehe. Und wer ist Corinna?“
Ich deutete wieder auf den Monitor. „Meine beste Freundin.“
„Ach so. Du bist also Corinna.“
„Dann bist du also Christoph?“, riet Corinna.
„Richtig.“
„Alex' Cousin.“
„Genau.“
„Und du bist wirklich mehr als der beste Freund für sie?“
„Ich denke schon.“
„Chris? Wann wollte Luca noch mal herkommen?“, wollte ich wissen.
„Um 2. Kann es sein das du mal in einem Zirkus warst?“
„Nein. Ich war in einer Akrobatik-Gruppe. Die Selbe in der Cori jetzt noch ist.“
„Ich nehme mal an Cori ist Corinnas Spitzname.“
„Richtig. Hat Luca eigentlich einen?“
„Manche nennen ihn Luc.“
„Luck, ich bin dein Vater.“, ahmte Corinna nach und lachte ein wenig.
„Nicht ganz, Corinna. Luca wird mit C geschrieben, nicht mit CK oder K.“
„Ach so.“
„Jedenfalls, Alex es dauert nicht mehr lange bis Luca da ist. Theo ist auch gleich da. Und wegen Luca... Wir wollten uns den Film von deinem 16 Geburtstag mal ansehen, daher wäre es besser wenn du wartest bis einer von uns dich holt.“
„Geht klar.“, gab ich zurück und machte wieder den Handstand ohne zu singen.
„Du hast deinen 16 Geburtstag aufgenommen?“, fragte nun Cori.
„Ja, warum nicht? Immerhin war es der 16 Geburtstag. Chris war auch da und Kathy und Theo.“
„Du bist so gemein! Warum war ich nicht eingeladen?!“
„Cori, das haben wir hier gefeiert. Du konntest gar nicht mit. Die Autos waren voll.“
Nun sah sie beleidigt aus.
„Außerdem hättest du die Fahrt so langweilig gefunden, dass du die Party verschlafen hättest.“
„Hey!“
Chris lachte darüber und Coris Gesichtsausdruck wurde beleidigter.
„Immer auf die Kleinen, nicht wahr?“, meinte sie dann.
„Aber immer doch.“, gab ich zurück.
Ich hörte wie die Haustür aufging und wie Theo mit jemandem redete. Danach konnte ich Lucas Stimme hören.
„Ah, da ist er ja schon.“, meinte Chris und verließ mein Zimmer.
Die Tür schloss er leise und Cori machte wieder Liegestütze.
„Okay, Pause vorbei und weiter singen.“, befahl Cori.
Ich schmunzelte und sang ein wenig leiser.
„Aber da ich ja noch dran bin... Mach du mal so wie du jetzt bist Liegestützen. Also auf der Hand auf und ab.“
Ich begann mit dem, dass sie sagte und zog ein wenig die Brauen zusammen. „Jetzt bin ich wieder dran.“, meinte ich und überlegte kurz wo ich stehen geblieben war. „Ach ja, genau. Vier Finger.“
„Uff.“, machte Cori als sie den Zeigefinger weg nahm, „Okay, dann sing du mal lauter und mach eine C Figur.“
Ich seufzte ein wenig, hob meine Stimme ein wenig und bog meinen Rücken und meine Beine wieder durch.
„Dann nimm du jetzt nur noch drei Finger.“, gab ich zurück und sie nahm den kleinen Finger weg.
„Ich komme übrigens am Anfang der Ferien zu dir nach Miami.“
„Super. Chris und ich wollten nachsehen ob du so lange bei uns mit zur Schule gehen kannst.“
„Warum nicht? Und jetzt musst du...“ Noch bevor sie etwas sagen konnte brach sie zusammen. „Mist!“
Ich grinste und ließ mich langsam zu Boden gehen. „Damit hätte ich gewonnen.“
„Morgen will ich ne Revanche.“
„Wie du willst. Aber erst lasse ich dich kurz allein. Ich möchte mich bei Theo bedanken.“
„Wofür?“
„Chris sagte er habe meinen Computer aufgebaut.“
„Ach so.“
Ich nickte und ging zur Tür. Als ich sie öffnete jagte Chris mir einen gehören Schrecken ein als ich ihn da sah. Ich fasste mich am Herz und atmete tief durch.
„Mach das nie wieder.“, mahnte ich dann.
„Was denn?“, wollte er grinsend wissen.
„Ich hätte beinahe einen Herzinfarkt erlitten und du fragst ''was denn?''.“
„Ich wolle dich nur etwas fragen.“
„Und dafür muss man mich gleich erschrecken.“
„Nein, das nicht.“
„Und warum grinst du dann so.“
„Erst mal, darf ich rein kommen?“
„Klar.“
Ich setzte mich an den Schreibtisch und er lehnte dagegen.
„Ich dachte du wolltest dich bei Theo bedanken.“, meinte Cori als sie mich sah.
„Ja, aber... ist auch egal. Das mache ich gleich.“, gab ich zurück und sah zu Chris. „Und was wolltest du mich jetzt fragen?“
„Luca hat gesagt du hättest fast die ganze Zeit gelächelt als ihr im Krankenzimmer ward?“, wollte Chris wissen.
„Das stimmt.“
„Ich glaub es wohl nicht!“, meckerte Cori.
„Was?“, gab ich zurück.
„Ich versuche eine dutzende Sache um dich zum Lächeln zu bringen und da unten schaffen sie es an einem Tag!“
Chris brach in Gelächter aus und ich konnte nur grinsen.
„Cori, das hat nichts mit dir zu tun. Chris hat mich bestochen.“
„Ach ja?“, meinte dieser.
„Ja. Du sagtest wenn ich lächle hörst du die nächsten drei Tage auf danach zu fragen... Das war zwar nicht der Grund weshalb ich gelächelt habe, aber ist auch egal.“
„Verstehe. Du lächelst bei Luca einfach so und ich muss dich bestechen damit du es machst.“
Ich verkniff es mir breiter zu grinsen. „So ungefähr.“
Er stemmte die Fäuste in die Hüfte und beugte sich zu mir runter. „Das ist jetzt nicht dein Ernst.“
„Äh... doch?“
Er schürzte die Lippen zog mich etwas weiter zu sich und fing an mich zu kitzeln.
„Chris, warte!“, rief ich, „Ich... Hör auf!“
Nun fing ich an zu lachen und fiel mit ihm auf den Boden.
„Hör auf! Du bist gemein!“, lachte ich und wand mich unter ihm. „Ich... Chris! Hör auf, ich bin zu kitzelig und das weißt du ganz genau!“
„Natürlich, würde ich es sonst machen? Es hört sich immer wunderbar an wenn du lachst.“
Ich versuchte seine Hände weg zu schieben, aber er nahm meine Hände immer weg. Irgendwann versuchte ich unter ihm weg zu robben, aber er zog mich zu sich zurück.
„Hier geblieben.“, meinte er dabei.
„Chris, hör auf!“, lachte ich, „Ich kann nicht mehr!“
„Glaub ich dir nicht.“
Er kitzelte mich noch mehr und ich lachte noch mehr.
„Chris!“, kreischte ich daher und wandte mich so viel es geht.
Er zog mich erneut zu sich und setzte sich auf meine Hüfte damit ich nicht nochmal versuchen konnte ihm zu entfliehen.
„Okay, jetzt möchte ich dir eine Frage stellen.“, meinte er und nahm mich einfach nur in die Arme.
„Und die lautet?“, wollte ich wissen und erwiderte die Umarmung.
„Warum um Himmels willen hat Luca einen Knutschfleck auf jeweils einer Wange?“
Nun musste ich so anfangen zu lachen.
„Das meine ich ernst, er wollte es mir nicht sagen. Er ist ganz rot angelaufen“
Ich konnte mich kaum halten vor lachen und Chris lächelte mich an. Es dauerte eine Weile bis ich mich beruhigt hatte und dann sah Chris mich fragend an.
„Es... es ist eine merkwürdige Geschichte.“, meinte ich dann.
„Ach ja?“
„Oh, ja.“
Er ließ mich los, stand auf und half mir ebenfalls auf.
„Dann sag mir einfach von wem er die hat.“, bat Chris dann.
„Sicher?“
„Sicher.“
In dem Moment tauchte Luca in der Tür auf. Die Knutschflecken sah man sehr deutlich. Ich kniff die Lippen zusammen um nicht wieder los zu lachen.
„Hi, Alexandra.“, begrüßte er mich.
Ich winkte ihm zu.
„Alex, ich bin auch noch da!“, rief Cori verzweifelt.
Der Ton ihrer Stimme brachte mich wieder dazu zu lachen und ich fiel gegen Chris.
„Jetzt bin ich verwirrt.“, gab Luca zu, „Und du hattest Recht, ihr Lachen hört sich wirklich wunderbar an. Und ihre Stimme. Man hat sie im ganzen Haus gehört. Ich musste mir nicht mal den Film ansehen.“
Als ich mich beruhigt hatte küsste ich Chris auf die Wangen und auf die Stirn.
„Alex!“, kreischte Corinna und ich sah zu ihr. „Warum ignorierst du mich? Du weißt das ich das nicht mag.“
Ich seufzte und setzte mich an den Schreibtisch.
„Ist ja schon gut, Cori.“, meinte ich dann, „Was ist?“
Sie blinzelte mich überrascht an.
„Was?“
„Du...“
„Fünf... Vier...“
„Du bist total unfair.“
„Ach ja?“
„Und wie. Louis und ich haben so viel versucht und du lachst du lächelst dort bei euch am ersten Tag!“
Luca trat neben mich. „Darf ich wissen wer das ist?“, fragte er.
„Das ist Corinna. Meine beste Freundin. Cori, das hier ist Luca.“, gab ich zurück.
Luca sah mich ein wenig überrascht an. „Du redest ja mit mir.“
„Neuer Rekord!“, rief Chris, „Bei mir zwei Tage, bei dir ein halber.“
„Das ist ein ganz einfacher Grund.“, meinte ich, „Ich bin ihm etwas schuldig.“
„Ach ja?“, meinte Luca nun sehr überrascht.
„Und ob. Kann es eigentlich sein das du an den da ein wenig herum gerieben hast?“
Ich drückte mit dem Finger auf dem Knutschfleck auf der Wange die zu mir zeigte.
„Zugegeben, ein bisschen.“
„Die sehen jetzt aber viel intensiver aus.“
„Ich weiß, genau das ist ja das schlimme. Meine Mutter wird wirre Vermutungen anstellen. Und Dad erst.“
„Sag einfach du wolltest es nicht und ich habe dich überfallen.“
Chris kam auf die andere Seite von mir. „Du warst das?“, wollte er dann grinsend wissen.
„Äh... ja.“, gab Luca zu, „Als Dankeschön, sagte sie.“
„War es ja auch.“
„Und wofür hast du dich bedankt?“, wollte nun Cori wissen.
„Beim ersten Mal wollte er wissen wie ein großes Dankeschön aussieht. Beim zweiten mal habe ich mich dafür bedankt das er mich her gebracht hat weil ich den Weg noch nicht richtig kannte.“
„Ach so. Und Warum hast du ihm dann gleich Knutschflecken gegeben?“
Nun sahen mich auch Chris und Luca fragend an. Ich schürzte die Lippen und dachte mir einen guten Grund aus.
„Naja...“, begann ich, „Ich äh...“
„Ja?“, half Cori nach.
„Nur so?“ Mir fiel einfach kein richtiger Grund ein.
„Du verpasst Luca einfach so Knutschflecken?“, hakte Chris nach.
„Äh...“, brachte ich nur hervor.

Luca
Es war ein Erlebnis sie lachen zu hören. Und es ist ein Erlebnis sie sprechen zu hören. Sie hatte eine wunderbare Stimme. Ich verstand nur nicht richtig Warum sie mir ''nur so'' Knutschflecken verpasst hat.
„Ich frag mich ja jetzt...“, begann Chris an Alexandra, „Würdest du das nochmal machen?“
„Äh...“, machte sie wieder, „Ich...“
Sie lief tomatenrot an, aber ich machte genau das gleiche. Die Vorstellung, dass sie mir noch ein Knutschfleck verpassen würde, war gar nicht so schlecht. Es hatte sich sogar gut angefühlt als sie es gemacht hatte. Aber ich musste mich sehr zusammenreißen sie nicht zu küssen. Nun war es aber auch schwer es nicht zu tun. Gerade wo ihr Gesicht nun so nahe war.
„Er hat sich aber nicht gewehrt.“, meinte Alexandra etwas später.
Nun sahen alle mich an. Ich wusste ich würde in dem Moment dunkelrot anlaufen.
„Du hast dich nicht gewehrt?“, wunderte sich Chris.
„Äh... nein.“, gab ich zurück.
Alexandra stand auf. „Jetzt gehe ich mich bei Theo bedanken. Wenn ihr mich bitte entschuldigen würdet.“
Damit verließ sie das Zimmer und ließ mich mit Corinna und Chris allein.
„Naja, jetzt wo sie nicht da ist kannst du uns ja ruhig sagen, Warum hast du dich nicht gewehrt?“, meinte Corinna.
„Ich konnte nicht. Es ist viel zu schwer.“, gab ich widerwillig zurück, „Es fällt ja schon schwer sie nicht...“
Ich unterbrach mich selber und seufzte.
„Sie nicht, was?“, wollte Chris wissen.
„Ich weiß schon.“, meinte Corinna, „Die Jungs an der Schule hier unten haben Probleme damit sie nicht zu küssen. Warum dürfte es bei euch nicht genauso sein? Und wenn sie dann jemanden auf die Wange küsste ist die Verlockung natürlich sehr stark nachzugeben und sie wirklich zu küssen. Luca, du solltest wissen, sie ist noch Ungeküsst. Wenn du es als erstes machst und sie küsst, wird sie vielleicht nicht mal was dagegen haben.“
„Wie bitte?“, meinte Chris, „Immer noch Ungeküsst? Oh, man. Ich dachte es gib irgendein Junge der das endlich mal erledigt hat.“
„Sie hatte doch noch nicht mal ein Freund.“
„Luca hatte auch noch nie eine Freundin. Und wenn ich mich recht entsinne ist er ebenfalls...“
„Ich gehe etwas trinken.“, unterbrach ich ihn und verließ eilig das Zimmer.
Ich hoffte stark, dass Chris mich nicht verkuppeln möchte.
„Und weißt du was super ist?“ Hörte ich Alexandra aus dem Wohnzimmer.
„Ich höre.“, gab Theo zurück.
„Corinna kommt am Anfang der Ferien her. Ich frag sie später ob sie Louis mitbringt. Chris sagte sie kann dann sogar mit zur Schule. In Boston hätte ich nämlich eine Woche früher Ferien als hier.“
„Darf ich fragen wer jetzt Louis ist?“
„Louis ist mein bester Freund und der Bruder von Corinna.“
„Er ist nur dein bester Freund?“
„Er kann gar nicht mehr sein. Außerdem hat er ja eine Freundin.“
„Und warum kann er nicht mehr sein?“
„Naja... Ich kann ihn einfach nicht als mehr betrachten. Ich könnte ihn nicht als festen Freund betrachten. Wer ihn kennt versteht was ich meine.“
„Darf ich fragen wie das bei Luca ist?“
„Luca?“
Alexandra hörte sich ein wenig überrascht an als sie meinen Namen nannte. Eigentlich sollte man ja niemanden belauschen, aber das war wirklich interessant für mich.
„Nun...“, begann sie, „Luca... Er ist mir wirklich ziemlich sympathisch.“
„Reicht das denn?“, wollte Theo wissen.
„Weiß ich nicht. Das hat Chris mich auch schon gefragt. Er fragte ob Freundschaft drinnen wäre, daraufhin meinte ich die wäre mit Sicherheit drinnen. Ich weiß nur nicht wie sehr ich ihn mag. Wie weit das reicht. Also, ob es... mehr werden kann. Ich habe keine Ahnung. Ich hab ja nicht mal eine Ahnung woran man das erkennt.“
„Hattest du denn noch nie einen Freund? Einen festen meine ich.“
„Nein. Entweder waren die alle total bescheuert oder sie konnten nicht mal richtig mit mir reden. Einige waren sogar zu blöd um mein nicken oder Kopfschütteln richtig einzuordnen. Im Vergleich zu denen die ich meine ist Luca wirklich tausendmal besser. Mehr als tausend.“
Ich ging weiter und lächelte ein wenig. Ich konnte die beiden aber sogar noch in der Küche hören die direkt nebenan war.
„Besser als Chris?“, wollte Theo wissen.
„Vielleicht genauso viel.“, gab Alexandra zurück.
„Also, wenn du und Chris nicht verwandt wärt, könnte ich darauf wetten, dass ihr mindestens seit fünf Jahren zusammen wärt.“
„Ich bin erst 16.“
„Dann halt drei Jahre.“
„Ich mag Chris wirklich sehr.“
„Im Moment schätze ich, ist er dir die liebste Person, nicht wahr?“
„Hundert pro. Ich hab ihn auch sehr vermisst. Genauso wie dich und Kathy.“
„Ich glaube dir, dass du Chris sehr vermisst hast, aber ich zweifle daran, dass du mich und Kathy genauso sehr vermisst hast. Fehlt nur noch das ihr euch küsst, dann wäre es perfekte Verwandtschaft... Jedenfalls in die Richtung.“
„Ist Küssen unter Cousine und Cousin nicht verboten?“
„Küssen nicht. Wenn es mehr wird, dann ja. Es gibt auch Geschwister die sich küssen. Cousine und Cousin sind kaum anders. Sie sind aus derselben Generation, haben nur andere Eltern.“
„Ich weiß.“
„Jetzt weichen wir aber vom Thema ab.“
„Das sind wir schon.“
Theo lachte ein wenig. „Ich weiß, Kleine. Wie lange kennst du Corinna eigentlich schon?“
„Seit dem Kindergarten. Also... ca. 13 Jahre.“
„Und Louis kennst du genauso lange?“
„Ja. Wir waren unzertrennlich. Eine kleine Rasselbande, sagte meine Mutter gerne. Was weißt du alles über sie?“
„Was glaubst du, wer ist an geheiratet. Kathy, oder ich?“
„Äh... Keine Ahnung.“
„Ich bin der Bruder deiner Mutter. Man sieht es aber nicht sehr. Katie war früher ziemlich gewitzt. Sie hat ständig irgendwelchen Unsinn gebaut worüber man immer lachen konnte. Einmal hat sie im ganzen Haus Sahne verteilt und das waren nette 15 Flaschen Schlagsahne. Die wollte unsere Mutter eigentlich für einige Torten verwenden weil bald eine Feier vor der Tür stand. Das witzige bei der Sache war ja, es kam nie heraus, dass sie das war. Der Verdacht konnte nicht bestätigt werden, also mussten unsere Eltern alles sauber machen.“
Ich konnte Alexandra ein wenig lachen hören und fragte mich ob sie wohl so war wie ihre Mutter. Wenn ja, dann durfte es so einiges merkwürdiges geben. Aber es schien nicht so zu sein, was mich irgendwie beruhigte.
„Geht es dir hier eigentlich besser als in Boston?“, fragte Theo etwas später.
„Viel besser. In Boston erinnert mich einfach alles am Mom und Dad. Gerade das Haus.“, gab Alexandra zurück und sie hörte sich so an als würde sie gleich weinen. „Margret sagte ich würde hier besser drüber weg kommen als in Boston. Sie und Ludwig haben mich oft zum Essen eingeladen. Es ist deprimierend.“
„Das glaube ich dir aufs Wort.“
„Ich verstehe es aber nicht. Mom ist eine so gute Köchin. Hat es sogar als Beruf und ich? Ich bin die schlechteste weit und breit.“
Theo fing an zu lachen. „Dafür, dass du 16 bist ist es wirklich etwas deprimierend. 16 und kann immer noch nicht kochen.“
„Ich weiß einfach nicht was ich falsch mache.“
„Am besten fragst du später Kathy ob sie es dir zeigen kann.“
„Ich will eure Küche aber nicht in Brand stecken.“
„Das tust du sicher nicht... Hoffe ich zumindest.“
„Hey!“
Wieder lachte Theo und Alexandra kicherte. Ich leerte das Glas das ich in der Hand hielt und stellte es weg. Dann ging ich wieder in Richtung Zimmer. Ich blieb aber besser im Rahmen stehen, denn Chris war gerade dabei irgendwas aufzuschreiben.
„Okay, ich will nicht wissen was da drauf steht.“, meinte ich.
Chris sah überrascht auf. „Da bist du ja wieder. Hat ein bisschen lange gedauert.“
„Ich habe mich auch davor gescheut wieder her zu gehen wenn ihr über mich redet.“
„Wir haben euch nur verglichen.“
In dem Moment tauchte Alexandra hinter mir auf.
„Wen habt ihr verglichen?“, wollte sie wissen und erschreckte mich halb zu Tode.
„Alexandra.“, meinte ich, „Sag Bescheid wenn du mich unter der Erde sehen willst. Du musst das nicht mit erschrecken erledigen.“
„'tschuldige. Ich wusste nicht das du mich nicht gehört hast.“
„Naja, noch bin ich ja nicht weg vom Fenster.“
Sie lachte ein wenig und ich lächelte ein wenig. Ich mochte es wenn sie lachte oder kicherte. Auch wenn sie nur lächelt. Chris hatte scheinbar wirklich recht als er sagte sie sei dafür geschaffen zu lächeln und zu lachen.
„Wie lange bleibt eigentlich so ein Knutschfleck?“, fragte ich etwas später.
„Keine Ahnung. Ich hatte noch nie einen. Und du bist der erste an dem ich einen sehe. Ich glaube ein paar Tage.“, gab Alexandra zurück.
„Tage?“
„Ich bin mir nicht sicher. Sieht an dir aber irgendwie süß aus.“
Verwundert sah ich zu ihr und Chris tat es mir gleich.
„Was ist? Ich sag nur wie es ist.“
„Ich glaube du solltest jetzt aufpassen das sie dich nicht mehr auf die Wange küsst.“, meinte Chris.
„Darf ich kurz vorbei?“, bat Alexandra kurz darauf und ich trat einen Schritt zur Seite damit sie vorbei kam.
Dann ging sie an eine Kiste und suchte irgendwas darin. Es war eine etwas größere und da sie darin wohl nicht fand was sie suchte, suchte sie in einer anderen weiter. Sie ging ihr ungefähr bis zur Hüfte und sie musste sich halb rein beugen. Ihr Kopf verschwand schon darin, aber ihre Füße standen noch fest auf dem Boden. Irgendwann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und beugte sich weiter hinein. Das ganze bot keinen schlechten Ausblick auf ihren Hintern. Das musste man ihr schon lassen. Kurz nachdem sie auf den Zehenspitzen stand, fing sie an irgendwas vor sich hin zu murmeln und schien sich richtig in die Kiste zu strecken.
„Was suchst du überhaupt?“, fragte Chris irgendwann.
„In irgendeiner Kiste war mein Handy. Die Hose die ich heute Morgen an hatte, hatte keine Taschen.“, gab Alexandra zurück.
Heute morgen?
„Ist es immer noch dieses flache Teil?“
„Ja, genau das, dass du mir geschenkt hast.“
„Ich helfe dir suchen.“
Damit stand Chris auf und suchte ebenfalls die Kisten durch.
„Ich hab es, ich komme nur nicht ran.“, meinte Alexandra dann ein paar Minuten später.
Chris richtete sich auf und ging zu ihr. „Wo denn da?“
„Na, da vorn. Zwischen den CDs.“
„Ach, da. Luca kommt da glaub ich ran. Er hat längere Arme wie ich.“
Alexandra und Chris richteten sich beide auf und sahen mich an. Ich ging zu ihnen und sah nach ob ich das Handy sehen konnte.
„Bei den CDs?“, hakte ich nach.
„Ja, bei der roten und der gelben Hülle.“, gab Alexandra zurück.
„Ich sehe da nichts.“
Sie beugte sich neben mich und deutete irgendwo bei einigen blauen, schwarzen und weißen Hüllen.
„Wo denn?“
Ich sah einfach kein Handy.
„Wenn du mich fest hältst nehme ich es mir selber.“, meinte Alexandra dann.
„Wo soll ich dich denn festhalten?“
„Na an der Tallie, wo sonst?“
„Äh... Okay.“
Ich nahm sie an der Tallie und schluckte kurz als ich merkte wie weich ihr Körper war. Dann lehnte sie sich so weit vor das ich sie wirklich, richtig festhalten musste damit sie nicht in diese Kiste fiel. Dann ertönte Corinnas Stimme vom Computer.
„Okay, da bin ich wieder.“, meinte sie.
Alexandra erschreckte sich so sehr das sie den Halt verlor und ich musste sie ziemlich eng an mich ziehen bevor sie in die Kiste fiel. Sie keuchte kurz und wartete einen kurzen Augenblick.
„Danke.“, meinte sie dann knapp und beinahe keuchend.
„Kein Problem.“, gab ich ebenfalls fast keuchend zurück.
Irgendwie wurde mir ganz warm weil sie mir so nahe war.
„Ich muss nur noch ein kleines Stückchen weiter rein.“, meinte sie dann und ich beugte mich ein wenig mit damit sie weiter rein kam.
„Okay, ich habs Kannst mich raus ziehen.“
Ich richtete mich mit ihr wieder auf und ließ sie langsam zu Boden, da ich sie automatisch hoch gehoben hatte. Daraufhin nahm sie mein Kopf am Hinterkopf und an der Rechten Wange und zog meine linke Wange zu sich herunter, wo sie dann wieder ein Kuss drauf drückte. Diesmal brauchte sie wirklich lange und ich wusste ganz genau warum. Knutschfleck Nummer drei. Mir fiel wieder ein, dass ich sie immer noch festhielt und hoffte in Gedanken, dass sie nicht mehr lange brauchte, denn es wurde immer schwerer zu widerstehen. Dass ich sie in den Armen hielt, machte das ganze nicht gerade leichter. Im Gegenteil, nun war das Verlangen stärker als ich dachte.

Alexandra
Ich wusste nicht ob er es bemerkte, aber er festigte seinen Griff sehr langsam und zog mich immer mehr zu sich. Nach etwa einer Minute hörte ich auf den Knutschfleck noch intensiver zu machen und ließ langsam von ihm ab. Er hatte total die Fassung verloren und sah zu mir herab als ich wieder richtig stand. Nun hatte er auf der Linken Wange zwei Knutschflecke, wobei der zweite sehr intensiv war. Ich schmunzelte ein wenig und mir fiel auf das er mich immer noch nicht losließ.
„Ähm, Luca, du kannst sie jetzt ruhig wieder loslassen.“, meinte Chris.
Luca sah verwirrt auf seine Arme und blinzelte ein wenig. Dann ließ er mich los und trat ein Schritt zurück.
„'tschuldige.“, meinte er dann.
„Ist schon okay.“, gab ich zurück.
„Und was wolltest du jetzt mit deinem Handy?“, fragte Chris.
Ich sah auf mein Handy in meiner Hand und dachte kurz nach, warum ich es gesucht hatte. Kurz darauf fiel es mir dann wieder ein.
„Ach, das hab ich ganz vergessen.“, meinte ich dann und schaltete es kurz ein, währen dich mich auf meinem Bett nieder ließ.
„Was hast du vergessen? Warum du es gesucht hast?“, fragte Chris weiter.
„Nein. Ein Termin.“
„Was für ein Termin?“
„Zahnarzt.“
„Du? Zahnarzt? Scherz.“
„Nein. Sicher nicht. Der Backenzahn ist immer noch lädiert.“
„Immer noch?“
„Als er ihn sich das letzte Mal angesehen hat sagte er nichts. Er meinte nur ich solle darauf achten das ich zahnfreundlich esse.“
„Oh man.“
Ich tippte eine kurze SMS an meinen Zahnarzt und wartete darauf, dass er antwortete. Er kannte mich gut genug um mir in der Praxis Zettel und Stift geben zu lassen damit ich richtig antworten konnte.
„Jetzt kann ich da nicht mehr hin, also muss ich den Termin absagen.“
„Ich kann dich ja morgen mit zu meinem Zahnarzt nehmen. Da muss ich sowieso wieder hin.“
Die SMS kam zurück und ich las sie mir kurz durch. Damit war das Thema ''Termin absagen'' beendet. Dann sprach er mir noch sein Beileid für den Verlust meiner Eltern aus.
„Ich hoffe er hat nichts dagegen wenn er mir Zettel und Stift geben muss.“, meinte ich dann wieder an Chris und steckte das Handy in meine Hosentasche.
„Ganz bestimmt nicht. Er ist sehr nett.“
„Okay. Wann gehen wir in den Park?“
„Ach ja. Das hab ich schon ganz vergessen. Von mir aus können wir jetzt los.“
„Ich hab auch nichts dagegen.“, stimmte Luca zu.
„Klasse.“
„Und ich werde mal wieder vergessen.“, meinte Corinna.
„Natürlich nicht, Cori. Ich hab dir doch gesagt wir gehen noch in den Park.“
„Aber nicht wann.“
„Aber ich hab es gesagt. Wo ist eigentlich Louis?“
„Bei Abbygale.“
„Grüßt du ihn von mir?“
„Klar. Bis dann.“
„Bye.“
Damit ging sie offline und ich schaltete den PC aus.
„Brauchst du noch irgendwas?“, wollte Chris dann von mir wissen.
„Nein, wir können los.“, gab ich zurück und ging mit Chris und Luca zur Tür.
„Dad ich gehe mit Luca und Alex in den Park!“, rief er noch kurz bevor wir aus der Tür raus gingen.
„Sei mit Alexandra aber spätestens um 8 zu hause!“, rief Theo zurück.
„Geht klar!“
Damit gingen wir raus und die beiden Jungs gingen jeweils rechts und links neben mir her.
„Ist der Park groß?“, fragte ich etwas später.
„Schon.“
„Chris, er ist riesig. Nicht groß.“, meinte Luca.
Ich lächelte schräg über Lucas Tonfall. Als wäre Chris zu klein um es richtig zu verstehen.
„Und was gibt es dort alles?“, fragte ich dann weiter.
„Ein großen See, eine sehr große Wiese, eine kleiner Wald, ein großer Spielplatz, wirklich sehr groß und dann war da noch... äh...“
„Du hast den Picknick-Platz vergessen.“, meinte Chris.
„Genau und ein Picknick-Platz.“, stimmte Luca zu.
„Und...“, begann ich, „Was gibt es so am See?“
„Naja, da sind eine Menge Schwäne, Enten und weitere Vögel. Auch Frösche, aber die sind meistens nicht so laut.“
„Und woher weißt du das so genau?“
„Ich wohne direkt daneben.“
„Echt?“
Er nickte.
„Dann musst du doch sicher einen wunderschönen Ausblick darauf haben, oder nicht?“
„Ich kann den See und die Wiese sehen. Und wenn ich richtig stehe sehe ich sogar ein Stück Wald. Wenn dann die Sonne untergeht spiegelt sich der gerötete Himmel im Wasser und die Wellen lassen das Bild dann glitzern.“
„Das würde ich gerne mal sehen.“
„Am Wochenende wollte ich bei ihm schlafen, vielleicht kannst du ja mit.“, meinte Chris, „Dann kannst du es dir ja ansehen.“
Ich sah zu Luca. „Darf ich? Bitte.“
Er zuckte nur mit den Schultern. „Warum nicht? Zu dritt wird es sicher ganz lustig. Wir wollten uns ein paar Horrorfilme ansehen.“
„Super. Danke, Luca.“
Ich küsste ihn kurz auf die Wange und ich konnte sehen, dass er ein wenig lächelte.
„Alex, du darfst dann aber nicht lachen.“, mahnte Chris.
„Geht klar. Aber schreien tue ich sicher auch nicht.“
„Ist auch besser so. Wer weiß was sich meine Eltern dann denken.“, gab Luca zurück.
„Vielleicht glaube sie ja du hättest den Fernseher zu laut gestellt.“, schätze nun Chris „Oder sie glaub wir fallen über Alex her.“
„Dann schreie ich aber nur wenn du mich wieder kitzelst.“, gab ich zurück, „Oder wenn du dich auf meinen Rücken setzt.“
„Nur ganz kurz kitzeln.“
„Nein, ganz kurz ist bei dir immer sehr lang.“
Er zog mich an der Tallie zu sich. „Diesmal ist es aber wirklich ganz kurz.“
„Nein. Du hörst immer spätestens nach zehn Minuten auf und mindestens fünf Minuten. Und dann setzt du dich auf mich rauf und dann darf ich sehen wie ich zu Atem komme. Nein danke.“
Er grinste mich an. „Wenn du es mir nicht erlaubst, mache ich es so, ohne deine Erlaubnis.“
„Wage es dich ja nicht.“
„Tu ich aber.“
„Dann darfst du aber versuchen drei Wochen lang meine Englischhausaufgaben zu machen.“
„Englisch? Nein danke.“ Er ließ mich wieder los. „Aber Mathe probiere ich gerne aus.“
„Hmmm... das sagst du nur weil ich damit immer fertig bin.“
„Und was ist mit... Französisch?“
„Ah, das kannst du gerne mal ausprobieren.“
Er sah mich misstrauisch an. „Ausprobieren? Sag nicht du...“
„Doch. Neunte Klasse. Viel Spaß.“
Er seufzte schwer. „Warum mache ich das überhaupt?“
„Weil du mich lachen hören willst. Das ist aber ganz einfach.“
„Was meinst du mit neunte Klasse?“, wollte Luca wissen.
„Sie macht in Französisch und Englisch den Stoff aus der neunten Klasse.“, meinte Chris, „Und in Mathe ist sie vor mir fertig.“
„In Sport haben wir übrigens Handball gespielt.“, meinte ich nebenbei.
„Jetzt will ich dich in Sport lieber nicht mehr sehen.“
„War das jetzt eine Beleidigung?“
„Nein, aber es könnte ja herauskommen das du in Sport besser bist als die anderen.“
„Quatsch. Nur in Akrobatik. Den Ball hab ich kaum getroffen.“
„Das soll ich dir glauben?“
„Nö.“
Chris lachte ein wenig und sah ein wenig so aus als wüsste er jetzt nicht was er sagen sollte.
„Aber das mit der Akrobatik meine ich ernst.“, fügte ich etwas später hinzu.
„Oh, das hab ich gesehen als ich nach gesehen habe was du mit Corinna machst.“ Er schüttelte den Kopf. „Ist dir nicht schwindelig geworden?“
„Ne, das musste ich in dem Kurs in dem ich in Boston war oft genug machen. Ich hab mich daran gewöhnt.“
„Darf ich fragen was sie gemacht hat?“, wollte Luca wissen.
„Handstand auf einer Hand und dann hat sie sich dabei noch verbogen... Und sie hat gesungen.“
„Gesungen?“
„Es war ein Spiel das Cori und ich gespielt haben.“, meinte ich, „Ich hab gewonnen.“
„Ist Corinna eigentlich vom gleichen Kaliber wie du?“
„Abgesehen von der Akrobatik, ja. Sie kann die Balance nicht so gut halten und bricht daher schneller zusammen.“
„Kannst du uns gleich mal zeigen was ihr so machen müsst?“
„Klar. Das macht auch viel Spaß.“
Wir bogen in einige Straßen ein während wir sprachen und es dauerte nicht wirklich sehr lange bis wir am Park waren.
„Wie geht es eigentlich Margret?“, fragte Chris etwas später.
„Es geht ihr bestens. Genauso wie Ludwig.“, gab ich zurück.
„Das ist mal ne gute Nachricht die ich aus Boston bekomme.“
Wir gingen auf die Wiese und ich sah mich ein wenig um. Es sah wirklich sehr schön aus und es erinnerte ein wenig an den Park in Boston. Einige Hügel zogen sich darüber und das Gras war hellgrün. Kein einziger Maulwurfshügel war zu sehen.
„Das sieht hier super aus.“, meinte ich und ließ mich ins Gras fallen. „Ein kleines bisschen wie in Boston.“
Ich schloss die Augen und genoss es dort zu liegen. Das Gras war weich und roch angenehm nach Frühling.
„Darf ich fragen was du machst?“, fragte Chris nach einigen Minuten.
„Ich döse ein wenig vor mich hin. Ist schön angenehm hier.“
„Schläft man dann nicht irgendwann ein?“
„Manchmal. Wenn ich einschlafe kannst du mich ja wecken.“
„Ich weiß noch als ich dich das letzte Mal versucht habe zu wecken.“
Ich öffnete die Augen ein wenig und sah zu ihm auf.
„Danach hatte ich ein blaues Auge.“
„Ach, damals. Und ich hab mich gefragt woher du das hast.“, meinte ich grinsend, „Tut mir Leid. Wollte ich nicht.“
„Glaub ich dir. Du hast tief und fest geschlafen. Wolltest du uns nicht etwas zeigen?“
„Ja, nur noch zwei Minuten.“
Chris und Luca setzten sich neben mich, während ich kurz überlegte was genau ich zeigen wollte und suchte mir etwas ganz einfaches aus. Als die zwei Minuten um waren, setze ich mich langsam auf, streckte mich kurz und stellte mich hin.
„Und was zeigst du uns?“, fragte Chris kurz darauf.
„Ihr könnt ja was vorschlagen.“, gab ich zurück.
„Kannst du Spagat?“
„Muss ich ja.“
Damit sank ich mit dem Rechten Bein nach vorn und mit dem linken Bein nach hinten bis meine Hüfte am Boden war.
„Und Handstand?“
Ich stellte mich wieder hin und stellte mich auf die Hände.
„Hast du doch schon im Zimmer gesehen.“
„Nicht genauso.“
„Sonst noch etwas?“
„Was ist das extremste wie du dich verbiegen kannst?“, wollte Luca wissen.
Ich stellte mich wider hin und dachte nach. „Das weiß ich gar nicht so genau.“, meinte ich dann.
Gerade als ich dann wieder etwas sagen wollte, klingelte mein Handy. Als ich dann auf den Display sah, wunderte es mich extrem, dass dort die Nummer eines alten Schulkameraden stand. Er hieß Georg und saß zwei Platze weiter links von meinem.
„Entschuldigt mich bitte kurz.“, meinte ich, nahm ab und ging ein paar Meter weg, „Hallo?“
„Alexandra?“, gab Georg etwas unsicher zurück.
„Ja, hi. Ähm... Woher hast du denn die Nummer?“
„Die hat Corinna mir gegeben. Ich wollte nur etwas fragen.“
„Dann schieß mal los.“
„Also... Eigentlich ist die Frage von Jonny. Er wollte wissen... Er möchte wissen... Also, er möchte fragen ob er vielleicht eine Party in deinem Haus feiern könnte.“
„Oh nein. Das Haus wird nicht betreten und ich weiß von wem ich erfahren kann ob und wer darin war.“
„Okay, ich richte es ihm aus... Und darf ich noch etwas fragen?“
„Und das wäre?“
„Seit wann redest du eigentlich mit mir?“
„Ich kann es dir nicht sagen. Vielleicht liegt es daran das wir telefonieren und uns nicht gegenüber stehen.“
„Oh...naja, bis dann irgendwann.“
„Ja, bis irgendwann mal.“
Damit legte er auf und ich steckte das Handy wieder ein. Wie kam Jonny nur darauf in meinem Haus eine Party zu schmeißen? Kopfschüttelnd ging ich wieder zu Chris und Luca und setzte mich vor die beiden.
„Was war los?“, fragte Chris.
„Ach, Georg, ein alter Klassenkamerad, hat nur gefragt ob Jonny in meinem Haus eine Party schmeißen darf.“
„In deinem Haus?“
„Naja, ich bin Alleinerbe, also gehört es demnach mir.“
„Du hast doch abgelehnt, oder?“
„Natürlich habe ich abgelehnt. Ihm kann man nicht mal ein Stift anvertrauen.“
Er lachte ein wenig und schüttelte den Kopf. „Zeigst du uns jetzt was das extremste ist wie du dich in deinem Kurs verbiegen musst?“
„Naja... Eigentlich bräuchte ich dafür die Hilfe von einem von euch.“
Beide schwiegen.
„Dann eben nicht.“
„Ich würde es aber gerne mal wissen.“, meinte Luca.
„Dann zeige ich es dir sobald du mir dabei hilfst. Oder Chris hilft mir.“
Da sich immer noch keiner der beiden regte seufzte ich.
„Einer von euch muss nur aufpassen, dass ich nicht umkippe. Ich vergesse dabei schnell wo oben und unten ist. Man muss mich nur an der Hüfte festhalten.“
Immer noch keine Regung.
„Ich dachte ihr wollt wissen was ich machen muss.“
„Erklärst du es vorher?“, bat Chris, „Damit wir wissen worauf wir uns einlassen.“
„Nun, man könnte sagen ich krümme mich zu einem Kreis. Nur nach hinten.“
Die beiden sahen sich an. Irgendwann stand Luca dann auf und stellte sich vor mich.
„Wie muss ich dich festhalten?“, wollte er dann wissen.
Ich zog ihm vor mich, nahm seine Hände und legte sie an meine Hüfte.
„Sehr gut festhalten.“, mahnte ich ihn.
„Okay.“, gab er gedehnt zurück.
Ich beugte mich nach hinten weg und Luca beugte sich über mich um mich richtig halte zu können. Erst machte ich eine Brücke. Dann bog ich mich aber weiter durch bis ich nahezu auf dem Bauch liegen konnte. Lucas Körper wurde dadurch gezwungenermaßen ein meinen gedrückt.
„Oh, man. Das ist wirklich extrem.“, meinte Chris.
„Kannst loslassen.“, meinte ich an Luca und er ließen mich los.
„Wow. Sehr extrem.“, stimmte er zu, „Tut das weh?“
„Ein wenig.“
„Du kannst ruhig wieder aufhören.“
„Dann musst du mir aufhelfen.“
Er nahm mich wieder an der Hüfte und zog mich hoch. Dabei hielt ich mich an seinen Schultern fest damit ich nicht nach hinten weg fiel. Im ersten Moment drehte sich alles noch ein wenig, dann sah ich alles wieder klar und deutlich. Dann verpasste ich ihm den vierten Knutschfleck. Seine Finger gruben sich dabei in meine Hüfte und ich hörte am Ohr das er ein wenig keuchte. Ich löste mich wieder von ihm und es dauerte ein wenig bis er mich wieder losließ. Chris lachte ein wenig als er Luca total rot und mit vier Knutschflecken sah. Er setzte sich neben Chris und ich setzte mich ebenfalls hin.
„Vier.“, meinte er dann ironisch, „Vier.“
„Ich glaube diese Zahl wird ihn jetzt ewig verfolgen.“, meinte Chris.
„Wer weiß was meine Eltern denken werden.“, gab er darauf zurück, „Ich schätze mal sie würden mir dann nicht mehr glauben wenn ich sage ich bin bei dir. Sie denken dann wahrscheinlich ich hätte irgendwo eine Freundin und würde es vor ihnen verheimlichen.“
Wieder lachte Chris ein wenig darüber.
„So schlimm wird es schon nicht sein.“, meinte ich, „Sie können dir deshalb wohl kaum Hausarrest geben.“
„Oh nein. Sie machen etwas viel schlimmeres.“
„Ach ja?“
„Sie werden mich ausfragen.“ Er tat so als wäre das er Weltuntergang und das brachte mich wirklich zum lachen.
Er lächelte mich an und Chris tat es ihm gleich. Dann seufzte ich und legte mich wieder ins Gras. Dösen war angenehm.
„Schläft sie jetzt?“, fragte sich Luca.
„Woher soll ich das denn wissen.“, gab Chris zurück, „Frag sie doch.“
„Ah, verstehe. Dann schläft sie wirklich, ich wecke sie und renne dann wie du mit einem blauen Auge durch die Gegend. Und wenn ich dann sage es war deine Cousine lachen sie mich alle aus so nach dem Motto ''Der wurde von einem Mädchen verprügelt''. Nein danke.“
„Nur damit du es weißt, nein sie schläft nicht.“
„Und woher weißt du das?“
„Ganz einfach. Sie grinst.“
Das tat ich wirklich. Es war amüsierend was Luca so erzählte. Gerade die Stelle mit dem Mädchen das ihn verprügelt.
„Sagtest du nicht sie lächelte früher im Schlaf?“, hakte Luca dann nach.
„Ja, aber das da ist ein Grinsen. Kein Lächeln.“
Er murmelte irgendwas vor sich hin und ich setzte mich wieder auf.
„Und was machen wir jetzt?“, wollte ich wissen.
„Sag ich doch.“, meinte Chris, „Sie hat wahrscheinlich nur wieder gedöst.“
„Klar. Ist angenehm.“
„Was machst du in Boston wenn du in den Park gehst?“, wollte Luca wissen.
„Naja... Meistens döse ich ja nur. Oder ich rede mit Corinna über äh... Frauensachen. Wenn ich mit Louis im Park war redete ich oft mit ihm über Abbygale.“
„Wer ist Abbygale?“
„Seine Freundin.“
„Ach so.“
„Und was machst du sonst so den lieben langen Tag?“, wollte Chris wissen.
„Die meiste Zeit über war ich entweder bei Corinna und Louis oder ich war äh... zu hause und hab äh... Naja... Ist auch egal.“ Ich seufzte kurz. „Jedenfalls, wenn ich das nicht gemacht habe war ich am PC oder am lesen.“ Nun zog ich die Brauen zusammen. „Warum fragst du eigentlich? Das wusstest du doch schon.“
Er grinste mich an. „Themawechsel gefällig?“
Ich schmunzelte ein wenig und zupfte ein wenig Gras aus der erde um sie dann noch kleiner zu zupfen, sie fallen zu lassen und ein neuen Halm heraus zu ziehen.
„Und was machen wir jetzt?“, wollte ich etwas später wissen.
Chris zuckte mit den Schultern. „Bist du nicht ein Spielkind?
„Und was für eins.“
„Wie jetzt?“, wollte Luca wissen.
Chris grinste. „Früher haben wir die verschiedensten Sachen gemacht wenn sie hier war. Wir haben immer irgendwas zum spielen gefunden. Dabei hatte sie die besten Ideen. Und die hat sie jetzt glaub ich auch noch.“
Ich lächelte schief. „Wir haben Höhlen aus Stühlen und Decken gebaut.“
„Dann haben wir irgendwas da rein gestellt.“
„Als Kathy und Theo zurück oder ins Zimmer kamen haben sie immer fast einen Herzinfarkt bekommen weil das Zimmer rund um die Höhle herum unglaublich unordentlich war. Chaos bis zum geht nicht mehr.“
„Und wenn ich bei ihr war, haben wir mit ihrem Spielzeug irgendwelchen Kram angestellt.“
„Oh ja. Er hat die Köpfe meine Babypuppen abgerissen. Okay, ich hab die Beine abgerissen, aber die Köpfe... Ist das nicht ein wenig brutal?“
Luca sah mich irritiert an. „Ach so, und Beine abreißen ist nicht brutal?“
Ich grinste. „Nur ein bisschen. Die Puppen konnte man später war wegwerfen, aber sie haben ihren Zweck erfüllt.“
„Sie haben uns zum lachen gebracht.“, stimmte Chris zu.
„Indem ihr ihnen Körperteile abreißt?“, hakte Luca nach.
Chris und ich nickten belustigt.
„Hey, kennst du das Klatschspiel noch?“, wollte ich dann von Chris wissen, „Mir fällt nur noch die Hälfte ein.“
„Die erste oder die zweite?“
„Ich kenne die erste.“
„Gut, ich die zweite.“
Ich rückte vor ihn.
„Klatschspiel?“, hakte Luca wieder etwas irritiert nach.
„Wie gesagt, sie ist ein Spielkind.“, gab Chris zurück während wir anfingen unsere Hände auf die verschiedensten Arten und Weisen ab zu klatschen.
Wir konnten es schon damals sehr schnell. Nun waren wir genauso schnell. Als wir dem Ende näher kamen grinsten wir ein wenig.
„Wer war das letzte mal schneller?“, wollte Chris von mir wissen.
„Na, ich wer sonst.“, gab ich zurück.
„Sicher? Ich bin der Meinung ich war es.“
„Nein.“
„Ist auch egal.“
„Diesmal bin ich sowieso schneller wie du.“
„Lügnerin.“
„Ich lüge nicht gern.“
„Klar.“, gab er ironisch zurück.
„Hey, das was damals war, ist heute nicht mehr.“
Als wir am ende waren klatschten wir uns beide gegen die Stirn.
„Ha! Ich war schneller.“, meinte ich.
„Stimmt gar nicht. Ich war schneller.“
„Du bist einfach nur schlecht im gewinnen.“
„Ich zeigt dir gleich wer hier schlecht im gewinnen ist.“
„Na da bin ich mal gespannt.“
Er zog mich zu sich und fing an mich zu kitzeln. Ich kam kaum raus aus dem lachen und versuchte mich weg zu drücken, was sich als sehr schwer gestaltete da er mich immer wieder zu sich zog.
„Ihr seht ein bisschen aus wie ein Liebespaar.“, meinte Luca belustigt.
Chris ließ langsam von mir ab und schob mich sanft weg, konnte jedoch nicht aufhören zu lächeln.
„Habt ihr Hunger?“, fragte Luca als wir uns richtig beruhigt hatten.
„Ich verhungere gleich!“, gab ich zurück und ließ mich nach hinten weg ins Gras fallen.
„Ich glaube es ist kürzer und billiger wenn wir sie bei dir vor dem Hungertod bewahren.“, fügte Chris hinzu.
Luca zuckte als Antwort mit den Schultern und stand auf, was Chris ihm auch nach tat.
„Wer hilft mir hoch?“, wollte ich wissen und streckte die Hände nach ihnen aus.
Daraufhin ergriff jeder von ihnen jeweils eine davon und zogen mich hoch, wobei Chris mich dann hoch hob und über scheine Schulter warf.
„Hey!“, rief ich dabei aus und stütze mich an seinem Rücken ab.
Er ignorierte mich einfach und ging mit Luca los. Nach ein paar Versuchen ihn auf mich aufmerksam zu machen, während die beiden redeten, gab ich auf und ließ mich einfach hängen. Ich seufzte dabei schwer und kniff Chris ins Bein. Daraufhin lachte er ein wenig, reagierte aber nicht weiter auf mich. Es dauerte aber nicht lange bis die beiden langsamer wurden.
„Sagtest du nicht deine Eltern wären nicht da?“, wollte Chris von Luca wissen.
„Das sagten sie mir auch.“, gab Luca zurück.
„Was ist denn los?“, wollte ich von den beiden wissen und stütze mich wieder an Chris' Rücken ab.
Als ich dann laute Stimmen von einer Frau und einem Mann hörte, zuckte ich zusammen. Man verstand nicht was gesagt wurde, aber ich wollte es ehrlich gesagt auch nicht wissen.
„Das hört sich nicht gut an.“, murmelte Luca und ging mit Chris weiter.
Ich wartete geduldig während Luca die Tür öffnete und mit Chris und mir rein ging. Es waren wohl Lucas Eltern die sich stritten.
„Mutter?! Dad?!“, rief Luca ins Haus, „Ich hab Freunde mitgebracht!“
Abrupt wurde es still. Da Chris wohl immer noch keine Anstalten machte mich runter zu lassen klopfte ich ihm leicht auf den Kopf.
„Darf ich jetzt wieder runter?“, bat ich ihn.
Endlich zeigte er eine Reaktion darauf und setzte mich ab. Das erste was ich dann machte war meine Haare richten. Dann kam eine Frau in den Flur. Sie war wirklich sehr schön, aber sicher keine Augenweide. Kathy würde man vorziehen, das wusste ich einfach.
„Hallo, Christoph.“, meinte sie etwas freundlicher, „Hast du eine Freundin?“
„Äh, nein.“, gab Chris zurück, „Das ist meine Cousine. Sie ist zu mir und meinen Eltern gezogen und geht in meine Klasse. Luca und ich haben sie mitgenommen damit sie etwas von der Stadt sieht. Sie äh... redet nicht mit Leuten die sie nicht kennt, deshalb lasse ich sie ungern allein. Mit Luca redet sie mittlerweile.“, erklärte er dann.
Die Frau sah mich etwas überrascht an. „So? Warum ist sie denn zu euch gezoo...“ Sie unterbrach sich selber als sie mir in die Augen sah. „Was habt ihr drei denn noch so vor?“, wollte sie wissen und wechselte das Thema.
Ich blinzelte etwas verwirrt und sah langsam zu Chris.
„Wir wollten etwas essen.“, meinte Luca, wobei ich automatisch zu ihm sah. „Aber da es zum Café so weit war und Alexandra ziemlichen Hunger hat hab ich sie mitgebracht.“
Nun sah die Frau ihren Sohn an. Das erste mal seit wir herein gekommen sind... Das kam mir schon etwas merkwürdig vor. Begrüßt man nicht zuerst den Sohn? Das Kind. Das eigene Fleisch und Blut? Als sie ihn ansah wirkte sie etwas hart und kalt. Irgendwie wusste ich schnell wenn jemand einem anderen gegenüber nicht so gut gesinnt war. Und egal wie sehr sie sich bemühte ihren Sohn freundlich anzusehen, ich merkte, dass sie ihn eindeutig nicht mochte. Es kam mir so vor als würde sie ihn hassen. Unwillkürlich griff ich nach Chris' Arm und er sah mich an.
„Was ist denn?“, wollte er von mir wissen und sah mich etwas verwundert an.
Ich sah von Luca zu seiner Mutter und kaute ein wenig auf meiner Unterlippe herum. Luca war eindeutig einfach nur enttäuscht von seiner Mutter. Es bereitete mir Unbehagen in der Nähe seine Mutter zu sein.
„Wir gehen schon mal in dein Zimmer, Luca.“, meinte Chris zu der angesprochenen Person.
Luca nickte. „Ich bin kurz in der Küche und komme dann nach.“
Daraufhin führte Chris mich in ein anderes Zimmer während Luca an seiner Mutter vorbei in ein anders Zimmer ging. Als Chris die Tür geschlossen hatte, zog er mich etwas weiter in den Raum, legte die Hände auf meiner Schulter und beugte sich zu mir runter.
„Was ist denn?“, wollte er von mir wissen.
Ich senkte ein wenig den Blick. „Ich äh... Naja... Ich hab irgendwie das Gefühl als... äh...“ Ich unterbrach mich selber. „Ich weiß nicht ob es stimmt.“
„Was denn? Ich weiß nicht was du meinst.“
„Ich bin mir nicht sicher.“
Er seufzte. „Sag es doch einfach.“
„Also... Du weißt ja das ich schnell merke wie jemand einem anderen gegenüber gesinnt ist.“
Er nickte. „Nur wie sie dir gesinnt sind merkst du nicht.“
„Naja... Es kommt mir so vor als äh...“ Wieder machte ich eine Pause.
Als ich weiter sprechen wollte kam Luca ins Zimmer. Chris richtete sich auf und schob mich so hin, dass ich auf dem Bett saß. Daraufhin gab Luca mir etwas zu Essen, das ich sofort entgegen nahm und anfing zu essen. Chris und er selber hatten natürlich auch etwas.
„Warum streiten die beiden sich eigentlich?“, wollte Chris von Luca wissen.
Dieser zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich war da wieder irgendeine Kleinigkeit.“
„Kleinigkeit?“, hakte ich nach.
„Das passiert öfter.“ Er zuckte wieder mit den Schultern.
Als etwas klirrte sah er etwas erschrocken zur Tür.
„Luca!“, schrie seine Mutter fast.
Als man dann eine Katze miauen hörte als hätte man ihr weh getan, sprang er auf und eilte aus dem Zimmer. Dann hörte man wie er mit seiner Mutter redete, wobei man deutlich hörte wie wütend er war. Chris sah etwas besorgt aus, wie mir auffiel. Kurz nachdem die Stimmen dann verklangen kam Luca wieder herein. Er hatte etwas auf dem Arm das irgendwie... Ein Kätzchen!
„Wie süß.“, meinte ich als ich sie sah.
Er lächelte mich leicht an. „Möchtest du sie mal nehmen?“
„Sie krallt doch nicht, oder?“
Er schüttelte den Kopf. „Sie ist ganz lieb. Es könnte sein das sie noch ein wenig Angst hat, aber sonst.“
Er ging zu mir und gab sie mir vorsichtig. Ich nahm sie ebenso vorsichtig entgegen und streichelte sie ein wenig während er sich neben Chris setzte. Was genau sie machten konnte ich nicht sehen. Ich lächelte als das Kätzchen anfing zu schnurren und kraulte sie ein wenig.
„Du bist ja ein süßes Kätzchen.“, flüsterte ich ihr zu, „So jemanden wie dich hätte ich auch gerne. Oder eine Welpe. Aber Kätzchen hab ich lieber.“
Ich nahm eine ihrer kleinen Tatzen in die Hand und lächelte gleich ein wenig mehr. Ich mochte das Gefühl dieser kleinen Tatzen auf der Haut. Im Allgemeinen mochte ich Tatzen. Oder die kleinen Augen.

Luca
Als Chris mich leicht in die Seite stieß sah ich etwas überrascht zu ihm. Ich hatte Alexandra dabei zugesehen wie sie Nila, meine Katze, auf dem Arm hatte. Sie sah so schön aus, die Frau.
„Scheinst sie ja gerne zu betrachten.“, raunte Chris mir zu als ich ihn ansah.
Ich zuckte nur mit den Schultern. „Sie ist hübsch.“
„Hübsch? Ich bitte dich, sie ist mindestens wunderschön.“
„So wie alle deine Verwandten.“
Er lachte ein wenig. „Triff dich doch mal mit ihr.“, schlug er mir dann vor.
„Ich? Als ob ich eine Chance hätte. Du kennst den Typen in eurer ersten Reihe doch. Der würde sich sicher auch für sie interessieren.“
„Und wenn schon. Dann sind die beiden befreundet, aber er redet ja nicht mit ihr. Ich hab nur einmal gesehen, dass er sie angesehen hat. Und das war, als ich in der zweiten Stunden in die Klasse kam.... Dritte Stunde.“
„Und was ist mit den zwei Stunden in denen du nicht da warst?“
Ich dachte kurz nach. Dann zuckte er mit den Schultern. „Ich frag Julian einfach morgen. Trotzdem glaube ich nicht das sie sich für ihn interessiert.“
„Sie haben einiges gemeinsam.“
„Nur in der Vergangenheit. Aber du hast mit ihr viel gemeinsam was den Charakter betrifft. Ihr mögt beide Raubkatzen.“
„Und?“
Er seufzte. „Also, entweder du bemühst dich um sie, oder du kannst es gleich knicken. An deiner Stelle würde ich es versuchen bevor es jemand anderes tut. Es muss zwar nicht sofort sein, aber lass dir was einfallen.“
Ich sah ihn etwas verwirrt an. „Wie kommst du eigentlich auf die Idee das ich mich mit ihr treffen soll?“
Er grinste. „Du beobachtest sie, scheinst sie sehr zu mögen und...“ Er zuckte mit den Schultern. „Ihr seht ganz gut zusammen aus.“
„Ich weiß, dass das nicht der dritte Grund ist, aber den will ich wohl nicht wissen.“
„Aber ich meine das ernst. Wenn ihr nebeneinander steht denkt man das ihr zusammen seid.“
„Und wenn sie mir eine Abfuhr erteilt?“
Nun schwieg er. Wenn ich mit ihr ausgehen würde, würde ich noch warten. Immerhin hatte sie doch erst vor kurzem ihre Eltern verloren. Gleich beide. Nun hatte sie nur noch ihren Cousin. Okay, da wären noch Kathy und Theo, aber Chris wäre der einzige in ihrem Alter.
„Wie wäre es wenn wir uns einen Film ansehen?“, schlug Chris etwas später vor, „Luca hat eine menge Filme.“
Alexandra sah auf. „Warum nicht? Was denn für ein Film?“
Ich war lieber leise und sah sie solange an... Oh man, es war schwer sie mal nicht anzusehen. Sie war einfach umwerfend schön.
„Wie wäre es mit... äh...“ Nun stutze er. „Ich weiß nicht. Ich hab ganz vergessen was du für Filme siehst. Also, Barbie sehe ich mir nicht an.“
Sie lachte ein wenig und schüttelte den Kopf. „Nie im Leben.“ Dann schüttelte sie wieder den Kopf. „Barbie.“, murmelte sie dann halb lachend.
„Hmmm... Ach ja, genau.“
Sie sah zu ihm auf.
„Du mochtest doch diesen... Wie hieß der noch? Okay, das fällt mir jetzt nicht ein. Der im Mittelalter spielt.“
Sie lächelte.
„Wo die doch...“ Er schnipste mit den Fingern. „Wo die äh... Ich habs gleich... Mit diesem Ritterturnier.“
Sie verdrehte leicht die Augen. „Du meinst Ein Leben für meine Braut?“
„Nein, der andere.“
Ich seufzte und stütze den Kopf mit einer Hand ab, während ich sie weiter beobachtete. Sie streichelte Nila immer noch.
„Wo die noch In die Burg gehen. Und mit dem Bogenschießen.“
„Ha! Ich weiß. Meinst du Robin Hood?“
„Genau!“
Sie nickte. „Den sehe ich gerne. Aber den Spielfilm, nicht den Zeichentrick.“
Er schmunzelte. „Den hat Luca.“
„Echt?“ Sie sah zu mir. „Den hast du?“
Ich nickte. „Im Wohnzimmer, im Regal. Mutter ist einkaufen. Dad ist noch da, aber ihn stört das nicht.“
„Können wir uns den ansehen?“
„Klar.“
Wir standen auf, wobei ich das Geschirr einsammelte und in die Küche brachte bevor ich mit den beiden dann ins Wohnzimmer ging. Dort saß Dad im Sessel und las Zeitung. Als er uns hörte sah er uns an und lächelte.
„Na, ihr drei. Hallo, hübsches Fräulein.“, meinte er.
Sie lächelte ein wenig.
„Es ist nicht unhöflich gemeint, aber sie redet nicht mit Leuten die sie nicht kennt.“, erklärte Chris, „Sie kann da nichts für, das macht ihr Mund von allein. Mit Luca hat sie anfangs auch nicht gesprochen. Als wir uns kennen lernten auch nicht.“
„So? Wie heißt sie denn?“
„Das ist Alexandra. Sie ist meine Cousine und kommt aus Boston. Sie wohnt jetzt bei uns.“
„Freut mich dich kennen zu lernen, Alexandra.“
Sie nickte und lächelte etwas mehr.
„Wir wollten uns einen Film ansehen.“, meinte ich dann.
„Macht nur. Ich muss sowieso nochmal weg.“
Damit stand Dad auf und ging raus.
„Setzt euch nur.“, meinte ich dann und bot Alexandra und Chris die Couch an während ich zum Regal ging und den Film holte.
Dann legte ich die CD ein und setzte mich zu den beiden, wobei Chris wohl darauf achtete das Alexandra zwischen uns war, denn sie saß neben ihm und er an der Seite. Also musste ich neben ihr sitzen. Ihr machte das nichts aus und mir genauso wenig.

Zahnarztbesuch




Alexandra
Als der Film begann wusste ich, dass es falsch war zu fragen ob wir ihn sehen könnten. Es war nicht nur einer meiner Lieblingsfilme gewesen. Meine Eltern mochten ihn mindestens genauso sehr wie ich. Ich war froh das keiner der beiden merkte wie ich die Finger in meine Hose krallte als mir das wieder einfiel. Das tat ich den ganzen Film lang. Irgendwo in der Mitte machte Chris eine Pause weil er Durst bekommen hatte.
„Möchtest du auch etwas, Alexandra?“, wollte Luca von mir wissen.
Ich bekam es kaum mit weil die Stelle... Das Bild das bei der Pause entstanden war zeigte die Frau in der Robin verliebt war. Zufälliger weise war es die Stelle die meine Mutter so mochte. Die Frau lächelte glücklich.
„Alex?“ Chris wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht bis ich verwirrt zu ihm sah.
„Wie bitte?“, wollte ich dann wissen.
„Möchtest du auch was trinken?“, wollte Luca wieder wissen.
„Cola?“
Er nickte und ging raus. Ich dagegen starrte auf den Bildschirm. Okay, ich benahm mich kindisch und idiotisch, aber... Ich hatte meine Eltern vor drei Tagen begraben. Da durfte ich kindisch und idiotisch sein.
„Alex? Was ist los?“, wollte Chris nun wissen.
„Hm? Ach nichts.“, gab ich zurück und schnippte einen nicht vorhandenen Krümel von meinem Bein.
„Bist du dir sicher?“
Ich sah ihn an und zwang mich zu einem lächeln. „Alles in Ordnung.“
Ich wusste ich hatte ihn nicht überzeugt. Er sah mich prüfend an und seufzte irgendwann.
„Wenn du es sagst.“, meinte er dann und wartete.
Kurz darauf kam Luca mit drei Gläsern Cola wieder und gab jeweils mir und Chris eines. Dann setzte er sich wieder neben mich und wir sahen uns den Film weiter an. Meine Cola war recht schnell leer und ich hielt das Glas fest während der Film weiter lief. Ich merkte wie mein Körper sich langsam anspannte. Irgendwann lehnte ich mich zu Luca.
„Kann ich eben das Badezimmer benutzen?“, bat ich leise.
Er nickte. „Soll ich so lange auf Pause machen?“
„Nein, seht ruhig weiter.“
Er zuckte mit den Schultern. „Den Flur runter auf der Rechten Seite.“
„Danke.“
Ich stellte das Glas auf den Tisch und eilte ins Badezimmer. Ich merkte, dass Chris mir hinterher sah als ich noch im Zimmer war, ignorierte es aber so gut es ging. Im Badezimmer stellte ich das Wasser an und spritzte es mir so lange ins Gesicht bis die Spannung langsam nach ließ. Dafür musste ich es ca. 20-mal machen. Danach trocknete ich mein Gesicht ab und ging wieder zu den anderen. Der Film war gerade zu ende.
„Du hast das beste verpasst.“, meinte Chris.
Ich zuckte mit den Schultern.
„Was wollen wir jetzt gucken?“
„Such du was aus.“
Ich setzte mich wieder, während Chris überlegte. Luca wartete geduldig.
„Wie wäre es mit... Hey, in dem Film Titanic können wir uns ja ansehen wie die Leute da runter springen.“
Luca grinste und stand auf.
„Titanic?“, hakte ich nach, „Können... wir nicht was anderes sehen?“
„Wir sehen uns ja nicht den ganzen Film an. Wir sehen nur die Szene wo das Schiff unter... Oh! Okay, dann was anderes.“
Luca seufzte und setzte sich wieder.
„Warum ''Oh!''?“
Chris winkte ab. „Nicht so wichtig. Hmmm... Was ist mit... Wir wäre ein Horror?“
Damit stand Luca wieder auf, ging zum Regal und nahm scheinbar irgendein Film heraus den er dann einlegte und sich dann wieder setzte. Diesmal war ich ganz entspannt und verkniff mir an einigen Stellen sichtbar das lachen, während Chris mich immer warnend ansah. Aber an einer Stelle konnte ich es mir nicht mehr verkneifen und lachte los. Chris sah mich etwas zerknirscht an, während Luca etwas verwirrt drein schaute und auf Pause machte.
„Warum fängst du denn jetzt an zu lachen?“, wollte er irritiert wissen.
Ich konnte aber nichts sagen, da ich kaum Luft holen konnte. Ich hatte wohl wieder einen Lachkrampf und der hielt oft ein paar Minuten an. Dabei krümmte ich mich immer vor lachen und hielt mir den Bauch vor Schmerzen, konnte aber einfach nicht aufhören. Chris fing langsam an zu grinsen, was Luca sich ebenfalls nicht verkneifen konnte.
„Also...“, begann Chris nach zwei Minuten in denen ich gelacht hatte. „Wenn das dabei raus kommt wenn du den Film siehst, darfst du nie wieder dabei sein wenn ich ihn mir ansehe.“
Ich nickte zustimmend und kippten vor lachen gegen ihn. Er fing mich grinsend auf und tätschelte mir die Schulter während er wartete, dass ich aufhörte zu lachen.
„Sie kann es sich einfach nicht verkneifen.“, meinte er zu Luca, „In jedem Horror muss sie irgendwo lachen. Seltsamer Weise sind es nie Stellen die zum Lachen geeignet sind. Aber in dem Film Titanic ist sie ganz still.“
Mein Lachen verebbte langsam und ich kuschelte mich ein wenig an Chris.
„Wenn du jetzt von dem Film redest drehe ich dir den Hals um.“, warnte ich ihn.
„Viel Spaß bei dem Versuch.“
Ich knuffte ihm in die Seite. „Man ärgert eine Trauernde Tochter nicht.“
„Mit dieser Masche kannst du mir nicht kommen. Ich trauere auch über die zwei, aber du ärgerst mich auch.“
„Ich sagte eine Trauernde Tochter. Damit bist du gar nicht gemeint.“
„Hey.“ Er knuffte mir in die Seite. „Werde nicht frech.“
„Das muss ich mir drei Mal überlegen.“
Er seufzte und schob mich so lange von sich bis ich wieder richtig saß. Dann ließ Luca den Film weiter laufen. Es war eigentlich ganz einfach. Ein Psychopath ist aus dem Gefängnis ausgebrochen und bringt seine eigene Familie einen nach dem anderen um. Gerade als er die Tochter umbringen wollte, kam deren Freund und schlug den Psychopath KO. Der Psychopath wird wieder eingesperrt und die Tochter lebt mit ihrem Freund glücklich weiter. Das Problem mit mir war, jedes mal wenn ich den Psychopath sah musste ich an das Wort Psychopath selber denken, was mich zum lachen brachte. Psychopathen gehörten meiner Meinung nach nicht in ein Gefängnis sondern in die Irrenanstalt. In eine Gummizelle wo sie eine nette Hab-Mich-Lieb-Jacke bekamen. Und die netten Männer in den weißen Kitteln passten auf sie auf als wäre es ein Baby das jeden Augenblick zu Schaden kommen könnte. Das war der Grund weshalb ich anfing zu lachen.
Als der Film vorbei war, war ich noch am grinsen und verkniff mir das Lachen so gut es ging.
„Okay.“, begann Chris, „Kannst du uns jetzt erklären was du so witzig fandest?“
Ich erklärte ihn was genau der Grund war und als ich fertig war hielten sich die beiden kaum vor lachen, wobei Chris fast von der Couch fiel, wenn ich ihn nicht festgehalten hätte. Ich seufzte und wartete bis deren Krampf vorbei war, was bei ihnen länger dauerte als bei mir. Luca war bereits rot angelaufen und lang auf der Seite. Chris war blau, weil er die Luft angehalten hatte, und lag auf dem Rücken. Ich dagegen saß ganz normal da und grinste vor mich hin. Etwas später, während die beiden noch lachten, fiel die Haustür zu und Lucas Vater sah ins Zimmer.
„Was ist denn hier los?“, wollte er wissen als er nichts sah das witzig sein könnte.
Ich grinste nur noch mehr und erklärte mit einer Geste, dass ich etwas Witziges gesagt hatte. Das deutete er auch richtig, was für mich sehr gut war.
„Verstehe... Wie lange machen sie das schon?“
Ich sah auf die Uhr und hielt 6 Finger hoch. 1 Finger für 1 Minute. Lucas Vater grinste ein wenig.
„Na dann, viel Spaß euch drei.“
Ich nickte zustimmend und er ging in einen anderen Raum. Als es langsam wirklich zu lange dauerte sah ich erst zu Chris und dann zu Luca. Wen sollte ich zuerst zum schweigen bringen? Ich entschied mich für Chris hockte mich neben ihn und tippte ihn an der Schultern an. Als er nur mit lachen reagierte grinste ich ein wenig. Mir fiel nichts ein womit man ihn zum schweigen bringen konnte. Aber bei Luca fiel mir sofort etwas ein. Vorher jedoch...
„Habt ihr nicht langsam genug gelacht?“, wollte ich wissen.
Da sie aber nicht aufhörten hockte ich mich vor Luca und sah ihm kurz nur ins Gesicht. Es war immer noch rot und die Augen hatte er zusammen gekniffen. Wie lange konnte ein Mensch lachen? Damit es bei Luca nicht mehr allzu lange dauerte nahm ich einfach sanft seinen Kopf und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Es funktionierte überraschend schnell. Er wurde sofort leise. Kurz darauf wurde auch Chris leise und sah dann zu uns. Als er sah was ich machte lachte er wieder, diesmal aber fiel lauter und schallender. Luca war ganz heiß vom vielen lachen. Nun schaffte er es aber irgendwie noch wärmer zu werden.
„Alex! Warum quälst du ihn so?!“, wollte Chris lachend wissen.
„Wer wird hier gequält?“, wollte nun Lucas Vater wissen der wohl gerade am Zimmer vorbei ging und an der Tür stehen blieb.
Überrascht hob ich den Kopf und sah zu ihm, sodass er automatisch den neuen Knutschfleck sehen konnte den ich Luca verpasst hatte. Auf seiner roten Wange sah er noch intensiver aus, sodass der Mann erst mal lachen musste. Luca wurde dagegen nur noch verlegener und lief noch roter an, wobei ich mich wunderte, dass er das überhaupt noch schaffte. Er war ja bereits dunkelrot und wurde noch dunkler. Ich wunderte mich etwas darüber das er immer roter wurde, bis mir auffiel das er zwangsweise in mein Dekolletee sah. Ich hielt immerhin noch seinen Kopf fest. Ich ließ ihn los und setzte mich wieder auf meinen Platz, wobei ich merkte, dass ich ebenfalls ein wenig rot anlief. Als sich Lucas Vater und Chris wieder abreagiert hatten, saßen wir wieder normal, wobei Luca immer noch etwas rot war.
„Ach und, bevor ich es vergesse, Luca.“, begann der Vater des Angesprochenen, „Heute, morgen und übermorgen müssen deine Mutter und ich weg. Wir sind also bis übermorgen Abend nicht da. Du könntest also bei Christoph übernachten.“
Luca nickte. „Kann ich machen. Das heißt, wenn da Platz ist.“
„Wir können ja einen DVD-Abend machen und es uns zu dritt im Wohnzimmer gemütlich machen.“, schlug Chris vor.
Wieder nickte Luca. „Von mir aus. Ich geh dann besser schon mal meine Sachen zusammen suchen.“
Damit stand er auf und verließ das Wohnzimmer. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass wir bald los mussten. Ich tippte Chris an und deutete auf die Uhr als er zu mir sah.
„Oh.“, meinte er überrascht, „Danke, darauf hab ich gar nicht geachtet. Ich gehe Luca besser helfen.“
Damit stand er nun auch auf und ließ mich allein zurück. Lucas Vater war bereits wieder weg. Ich seufzte und sah vor mich auf den Boden, wobei ich meine Stirn gegen meine Hände lehnte die ich gefaltet hatte. So wartete ich dann geduldig auf die beiden und versank geradezu in Gedanken. Etwas später kamen Luca und Chris zurück und ich sah auf.
„Fertig.“, meinte Luca.
Ich nickte, stand auf und folgte ihnen nach draußen. Luca hatte seine Schulsachen und eine weitere Tasche dabei. Wieder lief ich zwischen den beiden während wir zu Kathy und Theo gingen. Nicht zu Kathy und Theo. Nach hause. Wir gingen nach hause.
Ich seufzte.
„Was ist?“, wollte Chris automatisch wissen.
„Ich versuchte mich mit dem Gedanken anzufreunden das ich jetzt bei euch zu hause bin.“, gab ich zurück, „Es ist schwer.“
„Ich weiß. Es ist auch schwer sich mit dem Gedanken anzufreunden das du jetzt bei uns wohnst. Okay, für mich hat es gute Seiten, aber für dich sind die meisten schlecht.“
Ich nickte.
„Das wird schon klappen.“
„Hmm...“
Er seufzte. Den Rest des Weges waren wir still. Es war eine angenehme Stille. Als wir dann zu hause ankamen, schloss Chris kurz auf und ließ uns vor.
„Wir sind wieder da!“, rief Chris durchs Haus.
„Kathy wollte gerade anfangen!“, rief Theo zurück, „Alexandra, wenn du dich ein wenig beeilst kannst du vielleicht noch etwas lernen.“
Fünf Sekunden später war ich schon bei Kathy.
„Helfen werde ich aber nicht.“, meinte ich, „Sonst wird das Essen noch ungenießbar.“
Sie lachte ein wenig. „Ich sag dir was du machen musst.“, meinte sie dann.
Während ich also Schrittweise das machte was sie sagte, kochte ich tatsächlich das Essen. Sie machte so gut wie gar nichts. Nebenbei bemerkten sie und Theo, dass Luca auch da war und einige Sachen dabei hatte. Er erklärte kurz was los sei und als Chris von seiner Idee erzählte einen DVD-Abend zu machen, stimmte Theo auch zu. Etwa eine Stunde später stand das essen auf dem Tisch. Es sah sogar essbar aus, was mich wirklich wunderte.
„Wer hat gekocht?“, wollte Chris wissen als er rein kam.
„Alexandra.“, gab Kathy zurück.
„Essen wir Pizza oder chinesisch?“
Ich sah ihn belustigt an, während Kathy lachte.
„Es wird gegessen was auf dem Tisch kommt“, meinte sie dann.
„Die Frage ist nur, kann man es auch essen?“
„Ausnahmsweise sieht es sogar essbar aus.“, meinte ich.
„Es sieht essbar aus?“, hakte er nach und sah auf das Essen. „Wo hast du das bestellt?“
„Ich hab gar nichts bestellt.“
„Okay... Irgendwie traue ich dem immer noch nicht.“
Ich seufzte. „Ich weiß. Aber probieren schadet ja nicht.“
Luca war wohl etwas verwirrt.

Was mit Luca war, wusste ich nicht, aber ich konnte einfach nicht einschlafen. Meine Gedanken schweiften immer nach Boston und zu meinen Eltern. Gerade zu meinen Eltern.
„Wenn ich doch bloß bei euch sein könnte.“, flüsterte ich in die Stille, wobei man es sicher nicht verstehen konnte.
„Kannst du nicht schlafen?“, wollte Luca wissen.
Überrascht sah ich zu ihm. „Ich muss ständig an meine Eltern denken.“, gab ich zurück, „Und du?“
„Bei mir ist es genauso. Nur das es bei mir so ist weil sie sich so oft streiten.“ Eine Pause entstand. „Kann ich dich etwas fragen?“, wollte er dann wissen.
„Nur zu.“
„Wie ist es wenn die Eltern... Wenn sie sich und dich lieben?“
Ich lächelte. „Es ist ein wunderbares Gefühl. Es tut nur sehr weh wenn sie nicht mehr da sind. Warum fragst du?“
„Dad hat vor irgendwann die Scheidung einzureichen weil Kassandra, also meine Mutter, ständig etwas an ihn auszusetzen hat. Sie ist es die immer einen Streit beginnt. Was die Sache mit dem ''dich lieben'' angeht... Dad liebt mich, aber... Kassandra tut es nicht. Es tut weh zu wissen, dass man von der eigenen Mutter nicht geliebt wird. Sie hasst mich. Das weiß ich einfach. Man sieht es in ihren Augen.“
„Du siehst in den Augen ob jemand anderen hasst?“, hakte ich nach.
„In den Augen kann man ein ganzes Leben sehen. In deinen sah ich zum Beispiel deine Trauer. Und weit hinten versteckt die Lebensfreude die du gehabt hast. Die kam aber langsamer wie in Zeitlupe zurück während du dich amüsiert hast. Sie sind zwar immer noch matt und trüb, aber sie werden langsam schöner und glücklicher. Man sieht es nicht, aber...“
Er unterbrach sich selber als ich die Arme um ihn schlang und an ihn rückte. Dabei bettete ich meinen Kopf an seiner Schulter und schloss die Augen. Etwas später atmete Luca tief aus und legte mir seinen Arm um die Tallie. Er war schön warm. Und er roch sehr gut.
„Weißt du.“, begann ich flüsternd, „Wenn ich einschlafe träume ich den Tag immer und immer wieder.“
„Ist es sehr schlimm?“
Ich zögerte. „Ja. Es tut jedes Mal so unglaublich weh.“
„Erzählst du es mir?“
Ich zögerte wieder ein wenig und atmete tief durch. Dann begann ich ihm jedes Detail des Tages und somit meiner Träume zu schildern, wobei er begann mir mit den Fingerspitzen beruhigend über den Arm zu streicheln. Es dauerte gar nicht sooo lange bis ich fertig war. Daraufhin war es als würde ich jeden Augenblick einschlafen.
„Geht es dir jetzt besser?“, wollte Luca wissen als ich fertig war.
„Ja.“, hauchte ich, „Danke.“
„Gern geschehen.“
„Gute Nacht.“
„Schöne Träume.“
Schon war ich eingeschlafen.

Als ich aufwachte, hielt Luca fest in seinen Armen. Sein Gesicht war halbwegs in meinem Haar vergraben, während ich an seiner Brust war. Ich seufzte und horchte seinem Herzschlag der unweigerlich unter meinem Ohr war. Es schlug gleichmäßig und ruhig. Ich fühlte mich genauso wohl. Ich lächelte ein wenig als Luca im Schlaf seufzte. Dabei kitzelte ihn wohl mein Haar, denn kurz darauf musste er niesen. Das brachte mich dazu zu kichern, während er seelenruhig weiter schlief, wobei er mich etwas enger an sich zog und sogar meinen Namen hauchte. Ich seufzte wohlig und schloss die Augen. Dabei schlief ich sogar für ein paar Minuten ein. Diesmal wachte ich auf weil Luca wieder niesen musste. Wieder musste ich ein wenig kichern, wobei er wohl aufwachte.
„Oh.“, meinte er überrascht als er fest stellte, dass er mich in den Armen hielt.
„Ich wusste gar nicht, dass man im Schlaf niesen kann und dann seelenruhig weiter schlafen kann.“, meinte ich belustigt.
„Äh... Wie kommt es eigentlich das ich dich... äh...“
„Weiß ich nicht.“
„Die Tatsache, dass du dich scheinbar nicht dagegen gewehrt hast obwohl du schon vor mir wach warst... Das irritiert mich irgendwie.“
„Es ist nicht weiter schlimm.“
„Was macht ihr zwei da?“, wollte Chris hinter mir wissen, was mich dazu brachte mich um zu drehen.
„Äh... nichts? Wie spät ist es?“
„Ich weiß nicht.“
Er drehte sich zur Uhr, was mich dazu brachte seinem Blick zu folgen. 14:42 Uhr. Luca pfiff anerkennend.
„Da haben wir aber viel verpassen.“, meinte er dann.
Ich nickte.
„Irgendwas war doch heute.“, murmelte Chris darauf nur, „Mir fällt nur nicht ein was.“
„Ihr seit ja schon wach.“, bemerkte Kathy an der Tür, „Luca, was machst du denn so nahe an meiner Nichte?“
„Warum wurden wir nicht geweckt?“, fragte ich zurück.
„Weil heute ein beweglicher Ferientag in der Schule ist.“
„Ich wusste doch das heute irgendwas war.“, meinte Chris darauf, „Und der Zahnarzt war um 3 dran, oder?“
„Oh, dann musst du dich aber beeilen wenn du nicht zu spät sei willst.“
Chris sah erneut auf die Uhr. „Verdammt!“
Damit schnellte er hoch und ging eilig in sein Zimmer.
„Alexandra, so weit ich weiß wolltest du doch auch zum Zahnarzt, oder?“
„Ja.“, gab ich zurück.
Ich stand dagegen aber etwas langsamer auf und machte mich auf den Weg in mein Zimmer. Ich brauchte etwa fünf Minuten zum umziehen und Haare machen. Dann stand ich im Flur und wartete nur noch etwa eine halbe Minute auf Chris. Luca wartete ebenfalls mit zerzausten Haaren.
„Willst du dir die nicht kämmen?“, wollte ich wissen und deutete aus seinen Schopf.
„Hab ich doch.“, gab er zurück.
„So sieht das aber nicht aus.“
„Da kann ich auch nichts für. Die sind von Natur aus so... zerzaust.“
„Dann musst du Haarspray oder so rein machen.“
„Nein, danke. Machst du das etwa?“
„Nein. Meine Haare sind von Natur aus so glatt.“
Er sah eine Spur beleidigt aus. „War ja klar.“
Ich schmunzelte darauf ein wenig und versuchte seine Haare wenigstens in einem annehmbaren Zustand zu bringen. Das war gar nicht so einfach. Dennoch gelang es mir irgendwie, und als Chris wieder da war, sah er Luca überrascht an.
„Du hast ja ordentliche Haare.“, meinte er dann und sah sich seinen Schopf genau an. „Wie viel Haarspray hast du gebraucht? Eine, zwei Flaschen? Oh, das zu wiederholen wird teuer.“
„Ich brauchte gar keine.“, gab er zurück, „Deine Cousine scheint es nicht zu mögen wenn die Haare von anderen zerzaust sind.“
„Oh, da gebe ich dir Recht. Sie ist wirklich hartnäckig wenn es um Haare geht. Ihr sind natürlich perfekt wie sie, aber sie möchte unbedingt das andere auch sehr gute Haare haben.“
„Meine sind so gut wie sie sind.“
„Wenn ich ehrlich sein soll... Vorher passte es auch besser zu dir. Jetzt siehst du irgendwie anders aus... Ordentlich.“
Luca sah ihn leicht beleidigt an. „Heißt das etwa ich bin chaotisch?“
„Ein bisschen.“, gab Chris zu, „Ein bisschen sehr.“
„Können wir jetzt los?“, wollte ich wissen.
„Oh, verdammt!“, rief Chris aus als er wieder auf die Uhr sah, „Nur noch 10 Minuten.“
Damit nahm er mich einfach an die Hand und zog mich hinter sich her.
„Bis später!“, rief er dann noch bevor er mich aus dem Haus zog.
Luca kam gerade so noch hinterher, während Chris mit mir den Weg entlang rannte, wobei er mich jedoch hinter sich her zog. Wir rannten etwa acht Minuten lang durch Miami und landeten letzten Endes vor einer Zahnarztklinik, wo Chris mich rein zog und dann meine Hand los ließ.
„Hallo, Chris.“, meinte die Sekretärin als sie ihn sah, „Hast du eine neue Freundin?“
„Äh, nein. Das ist meine Cousine Alexandra. Sie wohnt bei uns und hatte ganz vergessen, dass sie noch zum Zahnarzt muss. Da sie ihren nun nicht mehr besuchen kann, habe ich sie mal mitgebracht.“, erklärte Chris.
„So? Was hast du denn?“, wollte sie dann von mir wissen.
„Ihr Backenzahn ist lädiert.“, gab Chris für mich zurück.
„Das wird sie Dr. Danson aber näher erklären müssen.“
„Haben Sie zufällig Zettel und Stift hier?“
„Warum?“
„Damit sie die Antworten aufschreiben kann.“
„Kann sie denn nicht sprechen?“
„Nicht mit Leuten die sie nicht kennt. Also, Leute mit denen sie nicht... vertraut ist. Naja, es dauert etwas lange bis sie mit jemandem spricht den sie selten sieht. Sehr lange.“
„Oh... Warte kurz, ich müsste hier irgendwo ein Notizblock haben.“
Kurz darauf drückte sie mir den Block und einen Kugelschreiber in die Hand. Im selben Moment kam Luca rein.
„Ihr könnt übrigens schon mal rein. Er hat nach euch nicht sehr viele Patienten und die sind alle in mindestens einer Stunde dran.“
Chris nickte und zog mich an der Hand hinter sich her ins Behandlungszimmer. Luca folgte leise und setzte sich in dem Zimmer auf einen Stuhl.
„Hallo, Christoph.“, meinte der Doktor, „Freundin gefunden?“
„Meine Cousine Alexandra. Alex, das ist Dr. Danson.“
„Freut mich dich kennen zu lernen.“, meinte er und gab mir seine Hand.
Daraufhin lächelte ich ihn an. Er sah auch sofort die Zettel und den Stift.
„Stumm?“, riet er.
„Nein. Das ist eine Art defekt an ihr im Bezug auf Leute die sie nicht sehr gut oder gar nicht kennt.“
Er nickte. „Und was führt sie hier her?“
„Sie hat einen lädierten Backenzahn und kann ihren Zahnarzt nicht mehr aufsuchen. Sie kommt aus Boston und wohnt jetzt bei uns.“
„Umgezogen?“
„Nur sie.“
„Ohne Familie?“
„Ähm... Fangen sie mit ihr an?“
„Warum nicht?“
Ich war froh, dass er das Thema nicht weiter behandelte und mich bat mich auf den Stuhl zu setzen. Er sah sich meine Zähne der Reihe nach an und staunte wohl gar nicht so schlecht.
„Das sind wirklich sehr schöne Zähne.“, meinte er, „Du pflegst sie wohl sehr gut, oder?“
Ich nickte. Kurz darauf fand er den Backenzahn und ich verzog schmerzhaft das Gesicht als er daran herum tippte. Er war sehr schmerzempfindlich geworden und tat sehr oft weh.
„Tut das weh?“, wollte er dann wissen.
Ich nickte.
Er zog leicht die Brauen zusammen.
„Wie lange hast du das genau?“, wollte er dann wissen und lehnte sich zurück damit ich schreiben konnte.
Es tat genau seit fünf Wochen weh. Der Auslöser war wahrscheinlich ein Schlag den ich mal abbekommen hatte als eine Schlägerei zu nahe an den Kreis gekommen war der sich immer bildete wenn einige Schüler zusahen. Dabei wollte ich da nur kurz vorbei. Und da sie den Eingang blockierten musste ich etwas näher da ran. Der Junge hatte sich den ganzen Tag lang dafür entschuldigt, wobei ich immer angenommen hatte. Dennoch entschuldigte er sich weiter als könnte ich ihn damit ins Gefängnis oder auf den elektrischen Stuhl bringen.
Dr. Danson las sich kurz die Erklärung durch seit wann, und weshalb es - wahrscheinlich - weh tat und nickte.
„Nun, er sitzt etwas locker. Ich könnte ihn ziehen, aber das würde dir sicher nicht gefallen.“, meinte er, „Ich könnte an den Zähnen daneben und an dem Zahn selbst auch eine Zahnspange setzen damit er sich wieder fügt.“
Als die Sekretärin die Tür öffnete sahen wir alle zu ihr.
„Dein Sohn ist da. Ich weiß nicht genau was er möchte, aber er will kurz mit dir sprechen.“, erklärte sie kurz.
Dr. Danson nickte. „Schick ihn ruhig rein.“ Damit wandte er sich wieder an mich, während die Sekretärin zurück ging. „Nun, es dürfte etwa ein Monat dauern bis er wieder fest ist.“, erklärte er, „Dann kann sie Spange wieder raus. Findest du das okay?“
Ich nickte. Für mich waren Zahnspangen kein Problem.
„Gut, dann müsste ich nur eben einen Abdruck machen.“
Er rollte mit seinem Stuhl zu seinem Schreibtisch und als er zurück rollte kam ein Junge rein. Genauer, es war der Junge aus der ersten Reihe. Ich hätte nicht gedacht, dass sein Vater Zahnarzt ist.
„Was gibt’s?“, wollte Dr. Danson wissen während er den Abdruck nahm.
„Ich wollte fragen ob ich mit Shyla zum Tierarzt kann.“, gab der Junge zurück und sah von seinem Vater zu mir und zurück. „Ich glaube sie ist krank. Und außerdem hat sie ja auch noch die Untersuchung wegen den Kätzchen.“
Dr. Danson nickte. „Geh nur. Die Kleinen kannst du ja mitnehmen, wenn du möchtest.“
„Das Problem ist nur das ich kein Geld dafür habe. Das letzte hab ich für das Fahrrad ausgegeben.“
Der Doktor ließ kurz von mir ab und holte seine Brieftasche aus der Hosentasche. „Wie viel brauchst du dafür?“
Die Summe die der Junge nannte war nicht gerade klein, aber sein Vater gab ihm das Geld ohne zu zögern.
„Ach und, Adam?“, meinte der Junge dann noch, „Wann hast du eigentlich wieder frei?“
Der Doktor hielt kurz inne und machte dann weiter. „Dieses Wochenende. Warum?“
„Ich hab mir gedacht das wir vielleicht eine Radtour oder so machen können.“
„Warum nicht?“
„Super.“
Dr. Danson lächelte ein wenig während sein Sohn raus ging. Warum nannte der Junge ihn eigentlich ''Adam'' und nicht ''Dad'', ''Papa'', ''Pa'' oder ''Vater''?
„Ich wusste gar nicht das du Davis adoptiert hast.“, wunderte sich Chris.
„Er ist doch ein netter Junge.“, gab Adam zurück.
„Wie lange schon?“
„Etwa drei Monate.“
„Und wie kam es dazu?“
„Er braucht eine Familie. Und wenn es nur ein Vater ist. Es ist doch wenigstens etwas. Wusstest du nicht das der Rest seiner Familie ihn nicht wollte?“
„Nein. Nur das von seinen Eltern.“
Ich wusste, dass ich langsam fragend und verwirrt aussah. Okay, nun wusste ich das der Junge aus der ersten Reihe Davis hieß und Dr. Danson ihn adoptiert hatte. Ich wusste nun auch, dass seine Familie ihn wohl nicht so recht wollte. Aber was war mit seinen Eltern?
Dr. Danson setzte mir noch in dieser einen Sitzung die Zahnspange und fuhr dann mit Chris fort.
„Kann es eigentlich sein das er das mit seiner Familie für sich behält?“, wollte Luca wissen, „Er redet seit dem nicht viel über sie.“
„Ich weiß.“, gab der Doktor zurück, „Er weicht dem Thema immer aus. Ich glaube er... hat Angst davon zu sprechen.“
''Was genau ist mit Davis Eltern passiert?'', schrieb ich auf den Block und gab ihn Luca.
Daraufhin sah er zu mir und nahm mir den Stift ab um eine Antwort aufzuschreiben. Das dauerte jedoch ein wenig, bevor er ihn mir zurück gab.
''Es ist recht ähnlich wie bei dir.'', schrieb er, ''Seine Eltern hatten einen Unfall als sie mit dem Auto nach einem Spaziergang zurück nach hause fuhren. Davis und seine 5 jährige Schwester waren dabei gewesen. Ich weiß nicht genau was passiert war. Aber ich weiß, dass weder seine Eltern noch seine Schwester überlebt haben. Er redet seit dem nicht viel. Fast so viel wie du wenn du in der Schule bist. Nur mit dem einen Unterschied, du redest noch mit einigen Leuten. Er redet nur noch mit Dr. Danson und zwischendurch mit Lehrern. Er kann einem echt Leid tun. Seine Verwandten möchten nichts mit ihm zu tun haben. Es sind auch nicht mehr viele. Nur noch seine steinalte Tante, ihr Ehemann und zwei weitere steinalte Tanten. Die geben sicher auch bald den Löffel ab.''
Ich kaute auf meinem Mundwinkel herum und dachte nach. Er hatte gar keinen. Niemanden. Nur Dr. Danson.
''Was ist mit den Katzen?'', schrieb ich Luca wieder.
''Was soll mit ihnen sein?'', schrieb er zurück.
''Gehören sie Dr. Danson?''
''Nein. Sie gehören ihm. Er hatte die Katze mit der er zum Tierarzt gehen möchte von seiner Mutter zum Geburtstag vor fünf Monaten bekommen. Damals hat er noch recht viel geredet. Er liebt diese Katze wirklich sehr.''
''Das würde ich auch wenn ich von meinen Eltern eine bekommen hätte. Und die Kätzchen?''
''Die sind, wie du dir denken kannst, von Shyla. Ich weiß nicht was mit ihnen ist. Wie ich schon erklärte redet er mit niemandem mehr.''
Ich nickte. ''Es versteht sich irgendwie von selbst, dass er mit niemandem mehr spricht.''
''Er war ein wirklich gesprächiger Junge.''
''Ich war ein wirklich glückliches Mädchen.''
Darauf antwortete er nicht, gab mir den Block stattdessen nur zurück. Davis war etwas seltsam, was das nicht sprechen anging. Mit mir, einem total unbekanntem neuen Mädchen, hat er gesprochen.
„Okay.“, meinte Chris und stand auf. „Alex, kommst du?“
Daraufhin nickte ich und stand mit Luca auf.
„Bis dann.“, meinte Chris und hielt mir die Tür auf.
„Ja, und Alexandra?“, gab er zurück.
Ich blieb stehen und drehte mich um.
„Komm doch in einer Woche nochmal her damit ich mir ansehen kann wie gut das ganze bei dir klappt.“
Ich nickte. Daraufhin gingen Chris, Luca und ich dann raus Im selben Augenblick wollte gerade jemand hinein. Es war einer aus meiner Klasse, da war ich mir sicher.
„Hi, Chris.“, meinte er.
„Hey, Mika. Wie geht’s?“, gab Chris zurück und blieb mit mir stehen.
Luca blieb er etwas weiter hinten stehen und sah wartend zurück.
„Wie man sehen kann geht’s mir ganz gut. Hallo, Alexandra.“
Ich nickte darauf.
„Warum warst du denn beim Zahnarzt?“, wunderte er sich dann.
Ich tippte mir dagegen nur an die Wange wo der Backenzahn war.
„Wurde was gezogen?“
Ich schüttelte den Kopf, öffnete den Mund und zog die Wange so hin, dass man die Zahnspange sehen konnte.
„Wow, sind die weiß.“, gaben er und Chris nun zugleich zurück.
„Das ist mir nie aufgefallen.“, meinte dann Chris etwas zerknirscht.
Ich schloss den Mund wieder.
„Und warum warst du hier?“, wollte Mika dann von Chris wissen.
„Ach, nur eine kurze Kontrolle. Das war alles.“
„Naja, dann. Bis morgen.“
„Bis morgen.“
„Bye, Alexandra.“
Ich winkte darauf und ging mit Chris zu Luca und dann zurück nach Kathy und Theo... Kathy und Theo? Nach hause! Nach HAUSE! Das würde schwerer werden als ich dachte.
„Heute ist Mittwoch, oder?“, wollte ich wissen.
„Ja, warum?“, gab Chris zurück.
„Hmmm... Heute hätte ich eigentlich Akrobatik.“
„Kannst du nicht Corinna fragen was sie gemacht haben und dann nachmachen?“
„Dafür bräuchte ich Platz und Geräte.“
„Vielleicht können wir ja die Sporthalle benutzen.“
„Oh, das wäre super!“
„Dir macht es doch nichts aus Publikum zu haben oder?“
„Nein, das hatten wir in Boston fast jeden Tag. Peinlich wird es aber wenn man hin fällt oder man etwas falsch macht.“
„Ist dir schon mal etwas Peinliches passiert?“
„Oh ja. Ich bin vom Schwebebalken gefallen.“ Ich verbarg das Gesicht in den Händen. „Das war das peinlichste was mir je passiert ist.“
Chris klopfte mir aufmunternd auf den Rücken. „Passiert ja nicht nochmal.“
„Ich hasse Schwebebalken.“
Daraufhin lachte er ein wenig. „Wann ist der Kurs zu ende?“
„Wie viel Uhr?“
„Ähm... ca. 16 Uhr.“
„Dann ist der schon vorbei. Und Corinna ist sicher schon online. Naja, außer sie machen heute eine Doppelstunde. Dann dauert es noch eine Stunde. Ich könnte ja kurz nachsehen.“
Ich holte mein Handy heraus und tippte daran etwas herum. Ich war froh, dass ich mit meinem Handy ins Internet gehen konnte. Nur chatten konnte man damit nicht. Auf der Homepage des Kurses stand, dass nur eine Stunde angesagt war. Ich nickte und steckte das Handy wieder ein.
„Cori ist online. Aber um 17 Uhr muss sie wieder weg.“, meinte ich.
„Warum?“
„Handball.“
„Hast du das auch gemacht?“
„Nein. Ich hab immer zugesehen.“
„Ach so.“
„Dauert, dass lange bis sie dir alles erklärt hat?“, wollte Luca wissen.
„Naja, kommt ganz drauf an was sie gemacht haben. Es kann schon eine ganze Stunde dauern. Oder nur zehn Minuten.“, gab ich zurück.
„Wow.“
Ich lächelte leicht. Wenig später waren wir dann... zu hause.
„Da sind wir wieder!“, rief Chris als wir rein kamen, „Alex hat eine Zahnspange an drei Zähnen bekommen!“
„Drei Zähne? Lohnt sich das überhaupt?“, wollte Theo wissen und kam in den Flur.
„Ich finde schon.“, gab ich zurück.
„Und wann musst du wieder hin?“
„In einer Woche.“
„Dr. Danson staunt über ihre weißen Zähne.“, meinte Chris, „Mika und ich auch.“
Theo lächelte ein wenig und tätschelte mir den Kopf. „Die Zahnhygiene war bei denen immer sehr wichtig.“
Ich nickte. „Jeden Tag Morgens, Abends, nach dem Essen und vor dem essen.“
„Fünf mal am Tag?“, hakte Luca nach.
Ich zuckte mit den Schultern. „Man gewöhnt sich dran.“
„Hier machst du das aber nicht.“, bemerkte Chris.
„Es würde auch etwas komisch rüber kommen wenn ich fünf Mal am Tag im Badezimmer verschwinden würde.“
„Jetzt wo du es sagst... Und wie behältst du sie dann so weiß?“
Ich lächelte ein wenig. „Das, lieber Chris, nennt man Geheimnis. Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest? Ich muss mit Cori reden.“
Damit ging ich an ihnen vorbei in mein Zimmer und fuhr den PC hoch. Während ich den PC hoch fuhr, sortierte ich einige Sachen aus den Kartons ein. Wie die CDs. Die waren das größte Problem da ich nie genug Platz dafür hatte. Ich hatte ein Regal für 50 Stück, aber das war zu wenig. Ich hatte mindestens über 300! Ich wusste selbst nicht wie die alle zusammen kamen. Das meiste war Musik. Dann waren da noch Spiele, Bilder, Filme und Aufnahmen. Ich hatte auch meine Kamera und meine Digitalkamera mit genommen. Beide sehr kompakt. Was die CDs mit den Bildern anging, ich hatte sie recht einfach sortiert. Auf jeder CD waren Bilder von einer Person drauf. Meine Mutter, mein Vater, Cori, Louis, deren Mutter, deren Vater, Margret, Ludwig, meine Mitschüler, wobei ich für diese 24 Stück brauchte da ich nur welche von meiner Klasse hatte und natürlich alle zusammen. Familienfotos, Klassenfotos, Klassenausflüge in verschiedenen Jahren und Fotos nur mit Freunden. So viele Fotos würden gar nicht auf meinen PC passen.
Als ich etwa zwanzig CDs sortiert hatte, ging ich online und sprach mit Cori.
„Hi, Süße.“, begrüßte sie mich.
„Hallo, Cori.“
„Was machst du da?“
„Ich fange an den ganzen Platz für die CDs zu verbrauchen. Irgendwann muss ich sie ja sortieren.“
„Ich gebe dir drei Stunden um die alle weg zustellen und zu sortieren.“
„Naja, 20 hab ich schon weg.“
„Wenigstens etwas. Wie war dein Tag bis jetzt?“
„Ich war beim Zahnarzt. Der hat mir eine kleine Spange gegeben. Der Backenzahn und deren Nachbarn.“
„Darf ich mal sehen?“
Ich öffnete den Mund und zeigte ihr kurz die drei Zähne.
„Du hast Glück. Du siehst sogar mit Zahnspange wunderschön aus. Aber diese da sieht mal gar nicht wenn du sprichst.“
Ich machte den Mund wieder zu. „Ich bin froh, dass man sie nicht sehen kann. Weißt du was?“
„Ich höre?“
„Ich habe gestern das Essen gekocht.“
„Habt ihr Pizza gegessen? Oder hattet ihr Chinesisch?“
„Weder noch.“
„Griechisch? Italienisch? Französisch? Was gibt es noch? Russisch?“
„Wir haben gegessen was ich gekocht habe.“
„Wie oft habt ihr euch übergeben? Warte, ich will es gar nicht wissen.“
„Gar nicht. Es hat geschmeckt. Und heute gibt es Spagetti Bolognese.“
„Oh, ich wünschte ich wäre schon bei euch.“
„Kathy lässt mich wieder kochen.“
„Oder besser nicht. Zu hause ist es doch am schönsten.“
„Ja, ja. Kathy hat eine Art gefunden mir das Kochen beizubringen ohne etwas zu machen. Sie erklärt mir alles nur ganz genau und passt auf das ich nichts falsch mache.“
„Na dann, guten Hunger.“
„Hmmm...“ Ich machte mich wieder daran die CDs zu sortieren. „Was habt ihr in Akrobatik gemacht?“
„Wir waren am Schwebebalken und einigen anderen Geräten deren Namen ich nicht kenne.“
„Du kennst nur den einen.“
„Ich weiß.“
„Was genau habt ihr gemacht?“
Sie lächelte ein wenig und begann ausführlich zu erklären was sie gemacht haben, während ich damit beschäftigt war die CDs ein zu sortieren und ihr zuzuhören. Ich bemerkte gar nicht das Chris und Luca mir nach etwa fünf Minuten an der Tür zusahen. Ich murmelte beim Sortieren vor mich hin was auf der CD drauf war und wo sie wohl hin könnte.
„Oh.“, meinte ich etwas später als mir eine Aufnahme in die Hände fiel, „Die hab ich ja ganz vergessen.“
„Hörst du noch zu?“, wollte Cori wissen.
„Ja, ähm... Kannst du kurz warten?“ Ich ging mit der CD an den PC und legte sie ein. „Ich möchte mir das hier nur nochmal ansehen.“
„Was ist das?“
„Das ist eine Aufnahme von Mutters letztem Geburtstag. Das hat einen Heiden Spaß gemacht.“
„Warum wurde ich eigentlich nicht eingeladen?“, wollte Chris wissen.
Ich sah zu ihnen. „Äh... Wie lange steht ihr schon da?“
„Ich weiß nicht. Ich glaube seit... 134 CDs. Corinna war dabei mit dem Schwebebalken anzufangen.“
„Oh.“
Als die Aufnahme begann sah ich auf den Bildschirm.

„Okay.“, meinte ich und hielt die Kamera auf meine Mutter. „Wie alt bist du nochmal geworden?“
„Das fragt man nicht mehr.“, gab sie zurück.
„Über 40. Dann ist gut.“
„Quatsch. Ich bin erst 38.“
„Oh, noch besser. Dann ist mein Geschenk ja nicht zu spät. Ach äh... Wo haben wir denn jetzt... Cori, was machst du da?“, wollte ich wissen als ich Corinna am Buffet erwischte.
„Ich?“, fragte sie zurück, „Ich äh...“ Sie räusperte sich. „Mom hat noch nichts zu essen gemacht und ich hab Hunger.“
„Du hältst zwei Teller in der Hand.“
„Oh der zweite ist für... Louis?“
„Was ist mit mir?“, wollte dieser wissen und drehte sich neben Abbygale zu seiner Schwester um.
„Cori, du isst einfach viel zu viel.“
„Das sagt die Richtige. Du isst fünf Teller und ich darf nicht mal zwei.“
„Ich darf das auch. Ich mache genug Sport.“
„Ich doch auch.“
„Schon mal mit Kantensport angefangen?“
„Nein danke.“
„Siehst du. Und außerdem nimmst du immer drei Mal so schnell zu wie ich.“
„Ha ha. Gib die Kamera her. Dann haben wir auch was Schönes im Bild. Mich musst du ja nicht die ganze Zeit filmen. Das ist der Geburtstag deiner Mutter, nicht meiner.“
„Bla bla bla.“
„Nun gib schob her.“
Sie kam zu mir und nahm mir die Kamera ab.
„Wehe du machst sie kaputt. Die hab schon seit ich fünf bin.“
„Ich weiß, du Dussel. Ich hab sie dir immerhin geschenkt.“
„Nein, du hast mir die Digitalkamera geschenkt.“
„Hab ich? Ich dachte das wäre Louis gewesen.“
„Nein. Das warst du. Und wenn du ein paar Gehirnzellen mehr hättest, wüsstest du das auch noch.“
Sie richtete die Kamera auf mich. „Als ob ich so blöd wäre. Ich bin mindestens genauso schlau wie du.“
„Nur weil du dasselbe bearbeitest wie ich heißt das nicht, dass du genauso viel weißt.“
„Okay, seit ihr jetzt fertig?“, wollte Vater wissen.
„Natürlich.“, gab ich zurück und sah zu ihm. „Aber nur wenn Cori den einen Teller weglegt. Obwohl... gib ihn besser mir.“
Mutter lachte ein wenig Louis die Kamera nahm da Cori und ich uns um den Teller stritten.
„Du wirst viel zu dick.“, meinte ich.
„Du doch auch irgendwann.“, gab sie zurück.
„Bei mir dauert das aber länger.“
„Na und? Irgendwann bist du auch mal dran.“
„Ach so. Und dann rollst du in der Schule umher und wunderst dich das Timo dich nicht beachtet.“
Daraufhin drückte sie mir den Teller schnell in die Hand.
„Guten Appetit.“
„Danke.“
Als wir gerade etwas essen wollten, mischte sich Mutter ein.
„Aber meine Lieben.“, meinte sie, „Das ist für später. Zurück damit.“
„Aber Mom.“, gab ich zurück, „Ich hatte heute noch nichts und ich bin am verhungern. Guck doch mal wie wenig da dran ist.“ Ich tippte gegen meinen Bauch während ich darauf hinab sah.
„Ja, mein Schatz. Aber dann wird sich den Bauch eben noch ein bisschen gedulden müssen.“
Sie nahm mir den Teller aus der Hand, wie sie es bei Cori tat, und stellte sie auf den Tisch.
„Und jetzt?“, wollte ich wissen, „Soll ich mich an die Tür stellen und warten bis Oma da ist?“
„Danke, dass du dich freiwillig meldest, Schätzchen.“, gab Vater lächelnd zurück, „Dann muss ich das nicht machen.“
Ich verzog das Gesicht und ging in den Flur wo ich mich an die Tür stellte. Im Wohnzimmer dagegen begann die Party.
„Na super. Jetzt hänge ich hier fest bis Oma da ist.“
Ich murmelte vor mich hin und summte ein wenig lächelnd vor mich hin während ich wartete. Etwa 20 Minuten später klingelte es an der Tür und ich machte auf.
„Hallo Oma.“, meinte ich erleichtert als ich die alte Frau sah die mich anlächelte.
„Hallo Alex, mein Schatz. Wie geht es dir?“, wollte sie wissen.
„Mir geht es prima.“, gab ich zurück, „Ich hab wieder eine eins geschrieben.“
„Oh, sehr gut. Wo ist denn meine Tochter?“
„Im Wohnzimmer.“
Ich schloss die Tür während sie ins Wohnzimmer ging und alle begrüßte. Louis richtete die Kamera natürlich auf mich.
„Jetzt bist du dran.“, meinte er.
„Was? Womit?“, wollte ich wissen.
„Ein Quiz.“
„Okay. Schieß los.“
„Ich muss dich warnen. Sie sind nicht einfach.“
„Für dich vielleicht nicht.“
„Was hat das mit dem Geburtstag zu tun?“
„Antworte einfach.“
„Ähm... 38?“
„So ungefähr. Ob es genau 38 sind weiß ich nicht, ist aber trotzdem richtig. Frage Nummer zwei... Sag mal, hörst du überhaupt zu?“
„Oh, das ist einfach. Ja ich höre zu. Wie viele Fragen sind es insgesamt?“
„Erstens, das war keine Frage die dazugehört. Und zweitens, ich weiß noch nicht wie viele Fragen ich dir stelle.“
„Okay. Wie lautet Nummer drei?“
„Ich war erst bei zwei. Okay, die Frage. Wie heißt die Hauptstadt von Italien.“
„Rom.“
„Griechenland?“
„Athen.“
„Deutschland?“
„Berlin. Warum stellst du Fragen die so leicht sind?“
„Okay, dann was anderes. Mal angenommen... Cori wäre schwanger. Was würdest du tun?“
„Erst mal halte ich ihr eine Standpauke weil sie es dazu kommen ließ. Dann frag ich wer der Vater ist und biete ihr an zu helfen.“
„Okay.“, gab er gedehnt zurück, „Frage Nummer Drei.“
„Du meinst Nummer vier.“
„Mmmm... Frage Nummer Vier. Ich erwähne im Voraus, du musst etwas dazu sagen.“
„Schieß los.“
„Wie viele Abfuhren hast du schon verteilt?“
„Oh äh... warte kurz. Das muss ich nach zählen. Ähm...“ Ich dachte eine Weile nach und gab es nach fünf Minuten auf. „Ich weiß nicht genau. Irgendwas zwischen 40 und 45, schätze ich.“
„43. Cori und ich haben nachgefragt.“
„Echt? Wann habt ihr das denn gemacht?“
„Frage Nummer fünf.“
Ich lächelte schräg und wartete.
„Welche Farbe hat dein BH?“
Ich begann zu lachen und schüttelte den Kopf. Er selbe grinste mich nur frech an und wartete.
„Sag schon. Das ist eine echte Quizfrage.“, meinte er als ich fertig war.
„Das wüsstest du wohl gern, was?“
„Ähm... Nicht nur ich.“
Ich schürzte die Lippen. „Und warum sollte ich es gerade vor der Kamera sagen?“
„Weil es ein Quiz ist der auch für die Nachwelt beibehalten werden soll.“
„Und die Nachwelt will wissen welche Farbe mein BH hat?“
„Jetzt schon. Immerhin wird dann jeder wissen wie wunderschön du bist, also werden sie das sicher wissen wollen. Bei einer Schönheit wie dir muss man es einfach wissen wollen.“
„Hmmm... Okay. Dann will ich mal nicht so sein. Er ist schwarz.“
„Schwarz?“
„Ja. Noch irgendwelche Fragen?“
„Wie sieht er aus?“
„Okay, das bleibt dir und der Nachwelt vorenthalten.“
„Schade. Was ist deine Lieblingsfarbe?“
„Louis, das grenzt an ein Interview, nicht an ein Quiz. Stell richtige Fragen.“
„Okay, dann besser kein Quiz.“
Ich verdrehte belustigt die Augen. „Was soll ich machen?“
„Handsand?“
„Ich trage ein Kleid.“
„Deshalb ja.“
„Kannst du vergessen.“
„Hmmm...“
„Weißt du was? Während du nachdenkst, gehe ich ein wenig... tanzen. Film doch Mutter.“
Er grinste ein wenig während ich in der Menge Verwandten verschwand und kurz darauf mit Cori tanzte. Meine Mutter packte derzeit die Geschenke aus, also war Louis damit beschäftigt sie zu filmen.

„Du hast ihm verraten welche Farbe dein BH hat?“, hakte Chris nach während ich meine Mutter beobachtete.
„Sieht so aus.“, gab ich zurück.
Er seufzte und die Szene sprang zur nächsten. Wir saßen jetzt alle am Tisch und wollten mit dem Essen anfangen. Damals hatte Louis noch die Kamera gehabt.

„Mal sehen wer zuerst fertig ist und das meiste isst.“, murmelte er, während er die Kamera aufstellte. Damals hatte wirklich keiner mitbekommen das er das gefilmt hatte.
„Alex, wie viel möchtest du?“, wollte meine Mutter wissen.
„Ähm... Drei davon, vier davon drei davon und fünf davon.“, gab ich zurück und deutete auf die Sachen, „Ich kann mir ja noch Nachschlag nehmen wenn ich noch nicht satt bin.“
„Wann warst du das letzte mal satt?“, wollte Cori wissen.
„Äh... Ich glaube... Zu Weihnachten. Damals hat Mom gerade genug gekocht.“
„Ich habe doppelt so viel gekocht. Du hast einen ganzen Braten gegessen. Mit Kartoffeln, Nudeln, Soße und Knödel.“
„Ach ja?“
„Ja. Insgesamt, mehr als zehn Portionen!“
„Oh. Na dann.“
Vater lachte ein wenig. „Von wem sie den gesunden Appetit wohl hat?“
„Gesund? Das ist ja schon ungesund so viel zu essen. Und sie nimmt nicht mal zu. Ob wir mit ihr zum Arzt gehen sollten?“
„Katie, ich bitte dich. Es geh ihr doch Prima, oder nicht, mein Schatz?“
„Mir geht es besser wie eh und je da ich jetzt auch endlich etwas essen kann. Hey, da fehlt ja die Hälfte!“
Nun lachte der ganze Tisch, während meine Mutter weiter meinen Teller füllte.
„Noch mehr, Mama. Noch ein bisschen. Noch etwas. Noch ein ganz winziges bisschen. So reicht. Danke.“
„Mehr hätte auch gar nicht rauf gepasst.“, gab Louis zurück.
„Wollen wir wetten?“ Ich nahm eine Kartoffel und stapelte sie auf den anderen. „Siehst du?“
„Die isst du aber mit.“
„Warum nicht? Ich hatte heute immerhin noch nichts.“
„Ähm, Katie? Hast du nur das hier oder haben wir noch etwas?“, wollte Dad wissen.
„Es gibt noch Kuchen.“, gab diese zurück.
„Wie viele?“
„Zehn. Von jedem zwei.“
„Ob sie davon satt wird?“
Dad tippte sich ans Kinn während er mir beim Essen zu sah und lächelte etwas. Ich verschlang es als hätte ich Tage lang nichts gehabt. Ich kam gerade so zum kauen und schlucken. Ich musste nur darauf achten mir nicht auf die Zunge zu beißen oder sie zu verschlucken. Dad lachte etwas und aß dann selber.
„Ich glaube wir müssen noch Eis raus holen bevor sie ins Bett geht.“, meinte er dabei.
Ich sah auf und schluckte. „Eis? Erdbeere? Kirsche? Vanille? Banane?“
„Ich merk es mir.“
„Hmmmm...“
Damit aß ich einfach weiter. In den Mund nehmen, kauen, schlucken. Obwohl ich das meiste hatte, war ich als erste fertig.
„Bekomme ich noch etwas?“, bat ich.
Daraufhin sahen mich alle an. Jeder hatte erst die Hälfte verputzt. Mutter begann aufzufüllen und gab mir genauso viel wie vorher. Daraufhin begann ich das ganze genauso runter zu schlingen wie vorher. Am Anfang sahen sie mir alle zu. Dann aßen sie langsam wieder weiter und begannen sich zu unterhalten. Ich dagegen war viel zu sehr damit beschäftigt meinen Hunger zu stillen. Als der Teller leer war, wurde jedoch bereits abgedeckt.
„Du hast da etwas Soße am Mundwinkel.“, meinte Cori neben mir und reichte mir eine Serviette.
„Oh, danke.“, gab ich zurück und wischte die Soße weg.
„Du hast einen neuen Rekord aufgestellt.“
„Ach ja? Ich hab aber immer noch Hunger.“
„Was?! Immer noch?!“ Sie piekte mir in den Bauch. „Wie viel passt denn da rein?“
„Eine Menge. Ich bin noch lange nicht satt. Wann kommt der Kuchen?“
Dad lachte als er im selben Augenblick mit zwei Kuchen hereinkam. Es wunderte mich das er einen davon vor mir abstellte und den anderen in die Mitte des Tisches.
„Bekomme ich einen ganzen?“, hakte ich nach.
„Wenn du ihn auch auf isst.“, gab er zurück.
„Darf ich schon anfangen?“
Er drückte mir eine Gabel in die Hand, während er die anderen Kuchen rein holte. Die anderen begannen zuzusehen wie ich den ganzen Kuchen verdrückte.
„Oh man. Wo ist denn die andere Hälfte vom Kuchen, Alex?“, wollte Mutter wissen als sie sich setzte.
Ich sah auf und schluckte runter. „Dad hat mir die Gabel in die Hand gedrückt als ich fragte ob ich schon essen darf.“
Sie fing an herzlich zu lachen und verteilte den Kuchen, während ich weiter aß. Als die anderen ihr erstes Stück aufgegessen hatte, war ich mit dem ganzen Kuchen fertig.
„Hmmm.... Was darf ich jetzt essen?“, fragte ich.
Dad, der gerade von seinem neuen Stück Kuchen essen wollte, fiel das Stück von der Gabel und sah zu mir.
„Du hast immer noch Hunger?“, wollte er wissen.
„Würde ich sonst fragen?“
Er sah zu Mutter. „Wo hast du meine Tochter gelassen?“
„Warum ich?“, wollte diese wissen.
„Na, du hast doch das Kind zur Welt gebracht, nicht ich. Hat man es ausgetauscht, oder wie?“
„Da musst du im Krankenhaus nachfragen, Papa.“, gab ich zurück, „Aber warum fragst du wo deine Tochter ist? Magst du mich nicht mehr?“
Er lächelte mich an. „Scherzkeks.“
„Hmmmm, Kekse.“
Er lachte etwas. Da wir jedoch so viele waren, war damit der Kuchen leer.
„Bekomme ich jetzt das Eis?“, wollte ich wissen.
Vater seufzte, während er sich den Bauch tätschelte und stand langsam auf.
„Warte kurz.“
Mehr sagte er nicht und ging in die Küche. Die anderen sahen mich alle komisch an.
„Was ist?“, wollte ich wissen.
„Wie kannst du nur so viel essen?“, wollte mein Cousin Butch wissen.
„Ich habe eben Hunger.“
„Es wundert mich, dass du nicht aussiehst wie eine Tonne.“
„Hey!“
„Das heißt nicht, dass es so ist.“
Vater kam wieder mit Eis zurück und stellte mir eine recht große Portion vor die Nase. Die anderen sahen natürlich zu wie ich das ganze verputzte. Dann hatte mein Magen einen Zustand erreicht den man zufrieden nennen konnte. Ich war satt. Ich lächelte etwas, mehr, lehnte mich zurück und seufzte.
„Okay, das reicht fürs erste.“
„Fürs Erste?“, hakte Mutter nach.
„Bis zum nächsten Geburtstag oder... was weiß ich.“
„Hmmm... Ich glaube wir sollten doch mal zum Arzt fahren.“, meinte Dad.
Ich sah zu ihm. „Um zu sehen wie viel da rein passt? Okay.“
Er lächelte etwas.

„Du isst wirklich viel.“, meinte Chris neben mir.
„Ich weiß.“, gab ich zurück, „Aber ich möchte auch mal satt werden.“
„Hmmm... Wenn wir versuchen würde dich täglich satt zu bekommen, wären wir pleite.“
„Erst nach fünf Jahren.“, gab ich beleidigt zurück.
Er lachte etwas. „War das alles?“
„So ziemlich. Der Rest ist nicht so wichtig. Nur Ausschnitte die Louis von mir, Mom und Dad gefilmt hat. Oder von Cori.“
Ich nahm die CD raus, legte sie zurück in die Hülle und begann weiter zu sortieren.
„Wie viele CDs hast du eigentlich?“, wollte Luca wissen als er in eine Kiste sah.
„Ich bin mir nicht sicher. So um die 3 oder 400. Cori, du kannst wieder weiter erklären.“
„Na endlich.“, gab diese zurück und fuhr mit der Erklärung fort.
Um etwa 17:50 Uhr war sie damit fertig. Ich war fertig mit Sortieren. Wir verabschiedeten uns kurz, gingen offline und ich schaltete den PC aus.
„Okay, dann können wir ja jetzt zur Sporthalle.“, meinte ich und ging aus meinem Zimmer.

Christoph
„Und? Was sagst du?“, wollte ich von Luca wissen während Alex trainierte.
„Wozu? Dazu?“, wollte Luca wissen und deutete auf Alex hinab die gerade dabei war sich zu verbiegen.
„Nein. Dazu wie sie vorher war. Auf dem Geburtstag meiner Tante.“
Er seufzte und sah etwas verträumt aus als er sich daran erinnerte. „Sie sah wirklich wunderschön aus in dem Kleid. Okay, zugegeben, mehr als wunderschön. Einfach umwerfend. Und die Augen erst! Die haben richtig geleuchtet. Sogar als sie beleidigt war.“
Ich lächelte leicht. „Sie ist wirklich ein Traum wenn sie glücklich ist. Ein umwerfend schöner Traum aus dem man gar nicht mehr aufwachen möchte.“
„Fehlt dir das nicht?“
Ich sah zu Alex die sich mit etwas trauriger Miene aufrichtete. Ich sah, dass sie irgendwas murmelte und dann die Brauen zusammen zog. Dabei sah sie noch trauriger aus und trainierte weiter. Daraufhin seufzte ich unglücklich.
„Es fehlt mir die ganze Zeit.“, meinte ich dann, „Ich kannte sie nicht anders. Ich kannte nur das hyperaktive Mädchen das nicht aufhörte zu lächeln und immer etwas zum lachen fand. Das Mädchen da vorn kenne ich nicht. Sie ist mir beinahe unbekannt. Weißt du wie Katie und William umgekommen sind?“
„Nur das sie einen Autounfall hatten.“
Ich nickte. „Sie arbeiteten im selben Gebäude und zur selben Zeit, also fahren sie mit dem selben Auto. Die Straßen waren mit Eis bedeckt und rutschig. Auf dem Weg zur Arbeit mussten sie über eine Autobahn fahren die an einer Klippe war. William, der das Auto fuhr, kam ins schleudern und rammte unbeabsichtigt einen anderen Fahrer. Sie rutschten direkt auf den Abhang zu.“ Ich machte eine Pause und sah Alex ein wenig zu. „Sie sind, wie du dir denken kannst, hinunter gestürzt. Das Auto ihrer Eltern und das Auto den anderen Fahrers.“ Nun sah ich zu Luca. „Keiner der drei hat es überlebt. Drei Tage später war die Beerdigung. Das Fernsehen war da und ich hab es im Fernsehen gesehen.“ Ich senkte ein wenig den Blick und seufzte. „Alex hat so traurig ausgesehen. Aber sie hat nicht geweint. Das hat sie noch nie getan. Es flossen vielleicht mal zwei drei Tränen, aber sonst... Gar nichts.“
Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Julian und zwei andere hinter uns saßen. Ich hatte zwar gesehen, dass sie rein gekommen waren, mehr aber auch nicht.
„Heftig.“, meinte Julian.
Ich drehte mich zu ihm um und sah noch Tom und Mika.
„Definiere.“, forderte ich an Julian.
„Sie hat noch nie geweint? Nicht mal bei der Beerdigung?“
„Nein. Nicht mal als Baby. Damals hat sie nur geschrien. Aber... sie redet nur noch ungern über ihre Eltern.“
„Sag mal, woher kann sie eigentlich das da?“ Tom deutete auf Alex und ich sah wieder zu ihr.
Sie lief gerade über ein Drahtseil als wäre es ein ganz normaler weg. Nicht mal die Arme streckte sie aus. Sie seufzte sogar einfach und schloss kurz die Augen. Das war mal schräg. Ungefähr auf der Mitte blieb sie stehen und beugte sich langsam vor. Es sah so aus als würde sie einfach nur auf einem ganz normalen Gehweg stehen und sich nach vorn beugen. Das Seil war zwei Meter über dem Boden, wie mir gerade auffiel. Aber sogar von hier aus sah ich, dass ihr Schweiß auf der Stirn stand, je tiefer sie sich beugte. Als ihre Hände dann das Seil berührten, machte sie einfach einen Handstand. Sie trug etwas wie einen Sportanzug, was ihr erlaubte sich zu bewegen wie sie wollte. Als ihre Beine nun kerzengerade über ihr waren, machte sie einen Spagat indem sie sie einfach zur Seite weg fallen ließ. Das Seil wackelte nur ein wenig, mehr war da auch nicht. Dafür lief ihr der Schweiß übers Gesicht. Es war totenstill in der Halle. Als dann die Tür aufging, sah sie automatisch dort hin und verlor beinahe das Gleichgewicht. Sie hielt sie daher am Seil fest und ließ sich zur Seite weg fallen. Auf halben Weg ließ sie los und landete ohne Problemen oder Schaden auf den Beinen.
„Ich habe keine Ahnung ob sie das beim Akrobatik-Kurs gelernt hat.“, meinte ich letzten Endes und atmete den angehaltenen Atem aus.
Als ich zur Tür sah, sah ich Davis der einen Bogen um uns alle machte und weiter hinten einige Geräte abbaute die schon aufgestellt waren als wir rein kamen. Aber ich konnte sehen, dass er unauffällig zu Alex rüber sah als er an ihr vorbei ging. Als er sie nicht mehr sehen konnte senkte er den Blick. Alex atmete tief durch und kletterte an der Seite die Leiter zum Drahtseil auf. Daraufhin stand ich auf und ging zu ihr, was sie dazu brachte bei der Hälfte stehen zu bleiben und mich fragend anzusehen.
„Sag mal, was genau machst du da oben eigentlich?“, wollte ich wissen.
„Naja... Erst den Handstand. Dabei dann den Spagat. Dann über den Rücken wieder hinstellen und den anderen Spagat.“
„Findest du das nicht gefährlich?“
„Doch natürlich. Sieh dir meine Stirn an.“
Sie nahm meine Hand und legte sie an ihre Stirn. Diese war beinahe so nass wie ein See. Dann ließ sie wieder los und ich wischte die Hand an meiner Hose ab.
„Also, ich schätze mal, sobald wir zu hause sind, verschwindest du im Bad.“, meinte ich dann.
Sie nickte. „Und danach putze ich mir richtig gründlich die Zähne. Immerhin habe ich sie heute Morgen vernachlässigt und gestern den ganzen Tag. Da brauchen die eine richtig gründliche Wäsche.“
„Wenn du es sagst.“
„Ich mach dann mal weiter.“
„Viel Glück.“
„Das kann ich brauchen.“
Damit ging sie weiter hoch und ich ging zurück. Als ich mich hinsetzte war sie bereits in der Mitte und beugte sich nach vorn. Obwohl Davis etwas sehr laut bei seiner Arbeit war - wofür er gar nichts konnte - war sie voll bei der Sache und machte den Spagat nachdem sie den Handstand hatte. So blieb sie etwa zwei Minuten. Ich bemerkte, dass Davis nun aufgehört hatte und zu ihr sah. Er war fertig, wie ich kurz darauf feststellte. Als Alex ihre Beine wieder kerzengerade aufrichtete, sah ich wieder zu ihr und sah zu wie sie ihre Beine hinter sich bog und sie kurz darauf sicher auf das Seil hatte. Dann richtete sie sich langsam auf und atmete erleichtert aus. Dann machte sie einen Spagat indem sie das eine Bein nach vorn ausstreckte und das andere nach hinten. Als ihre Beine das Seil dann durchgehen berührten, nickte sie zu sich selber und richtete sich langsam wieder auf. Dann beugte sie sich vor, wobei sie sich zur Seite fallen ließ, hielt sich am Seil fest und ließ bei der Hälfte wieder los, nur um dann gesund, munter und ohne Probleme auf ihren Beinen zu landen. Dann sah sie auf dir Uhr und murmelte irgendwas vor sich hin, während sie zu uns kam.
„Fertig?“, wollte ich wissen.
Sie lächelte leicht und schüttelte den Kopf. Dann machte sie mit den Händen eine Geste die bedeutete, dass sie nur eine Auszeit machte. Also, eine Pause. Daraufhin gab ich ihr eine Wasserflasche die sie mitgenommen hatte und ein kleines Handtuch, womit sie sich einmal übers Gesicht wischte.
„Anstrengend?“, wollte Julian wissen.
Sie schüttelte den Kopf.
„Gefährlich.“, meinte ich.
Daraufhin nickte sie.
„Was ist denn daran gefährlich?“, wollte Tom wissen.
Daraufhin starrte sie ihn verständnislos an. Dann trank sie einfach etwas, während das Handtuch auf ihren Schultern ruhte.
„Was ist denn?“, wunderte sich Tom während der Rest ihn anstarrte.
„Sie ist da in zwei Metern Höhe.“, meinte ich, „Wenn sie da runter fällt kann sie sich etwas brechen. Und wenn sie mit dem Kopf voran geht, kann es noch schlimmer kommen.“
„Oh. Daran hab ich gar nicht gedacht.“
Als mein Handy klingelte, holte ich es kurz aus meiner Tasche. Es war Mom.
„Ja?“, medete ich mich.
„Ich bin für ein paar Stunden weg.“, meinte sie.
„Wohin fährst du denn?“
„Eine Überraschung für Alex, also darfst du ihr nichts sagen.“
„Schieß los.“
„Ich hab mit der Mutter ihrer Freundin Corinna gesprochen. Diese hat mit deren Schule geredet und hat es hin bekommen das Corinna und ihr Bruder Louis Früher her dürfen und zu uns dürfen.“
„Echt? Cool. Sie wird sich sicher freuen.“
„Ich bin gerade auf dem Weg nach Boston.“
„Und was wird aus dem Abendessen?“
„Theo kann das doch ganz gut. Er wird es sicher schaffen Alex richtig zu erklären was sie tun muss. Ich hab ihm erklärt was er machen muss.“
„Und wann bist du wieder da?“
„Morgen früh. Sie gehen auch morgen schon in die Schule. Sie schlafen auf dem Weg hier her und ich bring sie dann direkt zur Schule sobald wir hier sind. Ich bringe dann ihre Sachen nach hause und bitte Theo die Gästezimmer fertig zu machen.“
„Sonst mach ich das.“
„Du musst in die Schule. Und außerdem ist Luca noch da.“
„Stimmt auch wieder. Also kümmert sich Dad solange um alles?“
„Ja. Genauso wie vorgestern und gestern.“
„Okay.“
„Sag Alex aber nicht wohin ich fahre. Oder was ich mache.“
„Bin ich lebensmüde?“
Sie lachte herzlich. „Okay, mein Großer. Bis morgen.“
„Ja, bis morgen.“
Damit legte sie auf und ich steckte das Handy wieder ein.
„Das war Mom. Sie ist gerade weggefahren und kommt erst morgen früh wieder wenn wir schon in der Schule sind.“
Alex nickte.
„Und wegen dem Abendessen... äh... Theo erklärt es dir. Wenn es dir nicht gelingt, essen wir dann Pizza?“
Sie schlug mir leicht auf den Hinterkopf.
„Ist nur eine Frage. Vielleicht kann er es dir ja nicht so gut erklären wir Mom. Und dann rühre ich es sicher nicht an.“
Ich lächelte über ihren Gesichtsausdruck und zog sie an der Tallie zu mir um ihr einen Kuss auf die Wange zu drücken. Daraufhin drückte sie mir ebenfalls einen Kuss auf die Wange, trank noch ein Schluck Wasser und stand dann wieder auf. Die Flasche gab sie wieder mir und das Handtuch warf sie auf die Bank. Dann ging sie zum nächsten Gerät. Ich bemerkte wieder, dass Davis sie ansah. Er sah etwas verträumt aus und abwesend.

Alexandra
Ich war mitten in der Übung als ich mein Handy hörte. Ich sah etwas perplex auf und sprang vom Gerät runter. Chris warf es mir zu und ich nahm sofort ab, nachdem ich auf dem Display den vertrauten Namen meiner Nachbarin sah.
„Ja?“, wollte ich wissen und blieb stehen.
„Hallo, Alexandra.“, begrüßte mich Margret, „Wie geht es dir?“
„Mir geht es sehr gut.“
„Wie ist die Schule?“
„Ganz okay.“
„Und was machst du gerade?“
„Ich war am trainieren.“
„Störe ich?“
„Du störst nie. Ich rede gern mit dir.“
„Und wie ist das mit dem Essen?“
„Kathy hat einen Weg gefunden wie ich lerne zu kochen. Gestern hab ich das Essen gemacht und wie durch ein Wunder hat es geschmeckt.“
„Wow. Vielleicht wirst du ja doch noch eine so gute Köchin wie deine Mutter.“
„Oh, nein. Das bezweifle ich bei weitem. Sie war immerhin die Beste.“
„Naja, wenn du es sagst.“
„Ich weiß es. Ich war immerhin ihre Tochter.“
Sie seufzte. „Ich muss dann wieder an die Gartenarbeit. War schön mit dir zu sprechen.“
„Finde ich auch.“
„Bis irgendwann.“
„Ja. Bis irgendwann.“
Damit legte sie auf und ich ging zu Chris um es ihm wieder zu geben.
„Wer war das?“, wollte er wissen und beugte sich etwas vor als ich mich vorbeugte.
„Margret.“, meinte ich leise, „Sie hat nur etwas gefragt. Wie ist die Schule? Wie ist das mit dem Essen? Was machst du gerade? Das übliche eben.“
„Verstehe. Brauchst du noch sehr lange?“
„Nein. Nur noch zwei Übungen.“
Er nickte. Damit richtete ich mich wieder auf und ging zurück zum Gerät. Ich brauchte wirklich nicht mehr lange. Nur noch 10 Minuten und schon war ich fertig. Ich ging wieder zu den anderen, sammelte meine Sachen zusammen und ging in die Umkleidekabine. Etwa 5 Minuten später war ich wieder bei Chris und Luca.
„Fertig?“, wollte Chris wissen.
Ich nickte und die beiden standen auf.
„Gut, ich hab langsam Hunger. Wie spät ist es eigentlich?“
„Ähm... 20 Uhr.“, gab Luca zurück.
„Wir waren 3 Stunden hier?“
„Sieht so aus, würde ich sagen.“
„Was machen wir eigentlich heute Abend?“, wollte ich wissen als wir raus gingen.
„Weiß nicht... Wir können uns ja wieder ein paar Filme ansehen.“
„Und morgen?“
Kaum war ich draußen, schon lief ich in jemanden rein. Als ich dann drohte nach hinten weg hinzufallen, hielt er mich am Arm fest. Davis? War er nicht erst da drin?
„Entschuldige.“, meinte er und stellte mich richtig hin.
Dann ging er an mir vorbei in die Halle.
„Sag mal, Davis.“, begann Chris und er blieb stehen. „Warst du nicht erst da drin?“
Davis sah so aus als wüsste er nicht was er sagen sollte. Falls er etwas sagen würde. Daraufhin zog ich Chris einfach am Unterarm hinter mir her und winkte Davis zum Abschied. Als Luca und Chris sich abgewandt hatten winkte er sogar zurück. Daraufhin lächelte ich ihn leicht an und drehte mich um.
„Also, was machen wir morgen?“, wollte ich wissen.

„Wie wäre es mit dem hier?“, schlug Chris vor und zeigte mir ein Film.
„Der ist ganz okay.“, gab ich zurück.
Luca machte es ich bereits auf seinem Platz gemütlich. Diesmal trug ich auch etwas anderes zum schlafen. Eine Hot pens und ein lockeres T-Shirt. Die anderen beiden jedoch trugen nur wieder Boxershorts.
Chris legte die CD ein und machte es sich auf der anderen Seite von mir gemütlich. Es war natürlich ein Horrorfilm, aber diesmal schlief ich am Anfang ein, statt mich kaputt zu lachen. Luca schlief gegen Mitte des Filmes ein, während Chris kurz vor dem Ende einschlief. Theo war ganz leise als er alles ausstellte. Alls das bemerkte ich jedoch nicht. Auch nicht wie Theo mich lange traurig ansah und mir das Haar von der Stirn strich.

„Alex.“, meinte Chris am nächsten Morgen, „Wach auf, in einer Stunde müssen wir in die Schule.“
„Mmmm...“, machte ich darauf nur und zog mir die Decke über den Kopf.
Daraufhin zog man sie mir geradewegs weg und ich zog automatisch die Beine an. Mir fiel auch schnell auf das mein T-Shirt hoch gerutscht war.
„Wie kannst du so dünn bleiben wenn du so viel isst?“, wollte Chris beinahe empört wissen.
Darauf brummte ich nur, drehte mich auf den Rücken und zog mir das Kissen über den Kopf.
„Oh man, du bist ja genauso widerspenstig als Luca! Der schläft auch noch.“
Kurz darauf hörte ich Theo.
„Alex, es gibt gleich Frühstück.“, meinte er.
Ich hob den Kopf und war hellwach. „Ich bin wach, ich bin wach.“, meinte ich müde, „Dauert es noch lange? Sonst schlafe ich wieder ein.“
„Geh dich besser vorher anziehen.“, meinte Chris, „Luca! Aufstehen!“
„Ach, das erledige ich einfach.“, meinte ich.
Chris beobachtete mich etwas belustigt als ich auf allen Vieren über Luca rüber ging, da ich einfach zu müde war und an ihm vorbei musste um zur Tür zu gelangen. Luca gab schmerzhafte Geräusche von sich als würde gerade eine Tonne über ihn gerollt werden.
„Also, so schwer bin ich auch wieder nicht.“, meinte ich und ließ mich einfach auf ihn fallen. „Und jetzt schön brav, aufstehen.“
„Geh erst mal von mir runter.“, gab Luca mit erstickter Stimme zurück.
Das konnte ich im nicht verübeln. Ein großer Teil meines Gewichtes war dort wo auf der anderen Seite seine Brust war. Als ich keine Anstalten machte von ihm runter zu gehen, rollte er sich einfach auf den Rücken, was dazu führte das er auf mir lag. Daraufhin gab ich ein erstickendes Geräusch von mir.
„Runter von mir!“, rief ich aus und versuchte ihn runter zu drücken.
„Hmmmm.... Ist aber schön gemütlich.“, gab er zurück.
Ich kniff ihm fest in die Seite und er drehte sich zur Seite, womit er von mir runter kam, sich jedoch auf meinen Arm legte.
„Runter von meinem Arm.“, forderte ich.
„Du hast mich gekniffen.“, gab er zurück.
„Alex, dein Frühstück.“, erinnerte Chris.
Damit drückte ich Luca mit den Füßen an seinem Rücken weg und zog meinen Arm unter ihm hervor. Dann stand ich auf und eilt ins Bad, wo ich erst mal begann gründlich meine Zähne zu putzen. Kurz nachdem ich begonnen hatte, kamen auch Luca und Chris rein um sich die Zähne zu putzen. Danach spülte ich mir kurz den Mund aus, prüfte ob alles sauber war und ging dann in die Küche, wo mein Frühstück schon wartete.
„Hmmmm...“, machte ich genüsslich und setzte mich an den Tisch.
„Willst du dich nicht umziehen?“, wollte Theo wissen.
„Das mache ich immer nach dem Frühstück.“, gab ich zurück, „Die Sachen sind sehr bequem.“
„Wenn du es sagst. Guten Appetit.“
„Den werde ich haben.“
Er grinste ein wenig und ich begann zu essen. Ich aß zwar immer noch sehr wenig, aber schon mehr wie am vorigen Tag. Als Chris und Luca fertig angezogen rein kamen, war ich fertig und stand auf. Wenig später stand ich mit den beiden im Flur.
„Okay, dann bis später, Dad!“, rief Chris und öffnete die Tür.
„Bis später!“, rief Theo zurück.
„Bye!“, rief ich noch.
Damit schloss Chris die Tür und ging mit uns los.
„Ich will ja nicht verlangen das du dir den Weg auf Anhieb merkst.“, meinte Chris, „Aber versuch es dir gut genug zu merken, ja?“
„Ich versuch es.“
Der Weg war nicht sehr weit. Fünf Minuten, aber dennoch etwas schwer zu merken. Nach diesen fünf Minuten waren wir auch schon an der Schule.
„Bis dann.“, meinte Luca.
„Bis dann.“, gab Chris zurück.
„Bye.“, meinte ich und lächelte ein wenig.
Daraufhin lächelte er mich an und ging zu seiner Klasse, während Chris und ich zu unserer gingen. Dort setzten wir uns kurz auf unsere Plätze und begrüßten die die uns begrüßten. Davis war noch gar nicht da. Julian dagegen schon. Er war wieder recht schnell bei mir und fragte mich einiges über die Übungen die ich am vorigen Tag gemacht hatte. Die Erklärungen schrieb ich auf. Immer wenn jemand die Klasse betrat, sah ich aus Gewohnheit dort hin um zu sehen wer es war. Das tat ich schon immer. Als dann etwas später Davis rein kam, winkte er mir kurz zu. Ich winkte auch zurück, woraufhin Julian mich etwas verwirrt ansah. Irgendwann ging er endlich wieder an seinen Platz.
„Der hat vielleicht genervt.“, meinte Chris.
Ich grinste belustigt. „Das kannst du laut sagen.“, meinte ich dann leise und kritzelte irgendein Bild auf den Zettel.
„Was will eigentlich Davis von dir?“
„Weiß nicht. Ich finde ihn nett.“
„Ich mag ihn nicht.“
„Warum?“
„Weil er dich immer so komisch ansieht wenn er dich sieht.“
Ich seufzte. „Ah, Großer-Bruder-Instinkte.“
Er grinste mich an. „Ich darf das.“
„Ja, du darfst das. Aber nur wenn du mir versprichst deshalb niemandem weh zu tun.“
„Schade.“
Ich verdrehte die Augen und sah automatisch auf als Mr Johnson die Klasse betrat. Ich machte den Block zu und konzentrierte mich auf den Unterricht. Als es danach zur Pause klingelte, blieb ich mit Chris in der Klasse und wartete bis die pause vorüber war. Nach der nächsten Stunde blieb ich dann wieder in der Klasse, während Chris raus ging. Damit war ich mit Davis wieder allein. Etwa nach der Hälfte der Pause drehte er sich zu mir um.
„Sag mal, du hast ja keine Eltern.“, meinte er, „Tut mir Leid das ich das jetzt erwähne, aber... wie sind sie gestorben?“
Ich verzog ein wenig das Gesicht und begann das ganze aufzuschreiben. Als ich damit fertig war, stand ich auf und gab ihm den Zettel, wobei ich mich gegen den Tisch hinter mit lehnte während er sich das alles durch las. Dafür brauchte er nicht mal lange.
„Verstehe. Meine sind auch vor kurzem gestorben. Es ist jetzt etwa zwei Wochen her. Aber ich muss zugeben, ich hab sie schon vorher vermisst.“
Ich sah ihn fragend an.
„Sie hatten nie Zeit. Sie mussten ständig arbeiten. Freunde hatte ich nicht wirklich. Ich weiß nicht, aber die haben irgendwie alle etwas gegen mich. Das liegt glaub ich daran das ich aus Europa komme.“
Ich zog überrascht die Brauen hoch und setzte mich auf den Tisch.
„Als ich sieben war sind wir hergezogen.“, meinte er und begann ein wenig zu erzählen.
Es war wirklich interessant was er mir erzählte. Ich mochte Europa. Und er erzählte mir wirklich eine Menge. Da er nämlich Verwandte dort drüben hatte, war er oft dort zu Besuch gewesen. Diese Verwandten mochten ihn nur nicht besonders. Weil er und seine Familie nach Amerika gegangen waren.
„Warst du mal in Europa?“, wollte er wissen.
Ich schüttelte den Kopf.
„Hmmm... Wenn ich das nächste Mal da bin mache ich ein paar Fotos für dich.“
Ich lächelte ihn an, was ihn ebenfalls zum lächeln brachte.
„Hast du früher viel gelächelt?“
Ich nickte.
„Und gelacht?“
Ich nickte erneut.
„Und du hast sicher viel mit deinen Eltern unternommen.“
Wieder nickte ich. Dann nahm ich den Zettel, bekam von ihm ein Stift und schrieb eine Frage darauf.
''Wie geht’s den Katzen?'', wollte ich wissen.
Er lächelte etwas. „Shyla geht es zwar nicht ganz so gut, aber den Kätzchen geht es prima. Shyla hat eine Erkältung, mehr nicht.“
Ich nickte.
„Das hat gestern wirklich Klasse ausgesehen als du auf dem Drahtseil warst.“, meinte er dann.
Wieder lächelte ich und sah hinab.
„Aber du hattest etwas Angst, oder?“
Ich nickte.
„Es gehört dazu. Versprichst du mir etwas?“
Ich sah ihn fragend an.
„Sag niemandem das ich mit dir geredet hab, ja? Die würde nur wieder irgendwelchen Unsinn reden. Nicht nur über dich, sondern auch über mich.“
Ich nickte.
„Versprochen?“
Ich nickte erneut und hielt sogar die Hände hoch. Darauf lachte er ein wenig.
„Du bist schon etwas schräg drauf. Die anderen Mädchen hätten die Finger gekreuzt und es in der Pause herum erzählt.“
Ich seufzte und schüttelte den Kopf.
„Es klingelt gleich wieder.“
Ich nickte und stand auf.
„Dann ähm... viel Spaß noch.“
Ich lächelte schräg und nickte.
„Hat Spaß gemacht mit dir zu reden.“
Das brachte mich nun zum lächeln und ich ging auf meinen Platz. Kurz darauf klingelte es auch schon und die Klasse füllte sich langsam. Unter den ersten war natürlich Chris.
„War dir nicht langweilig?“, wollte er wissen und setzte sich.
„Nicht im Geringsten.“, gab ich leise zurück.
„Was hast du denn gemacht?“
„Nachgedacht.“
„Und worüber?“
„Über Mom und Dad. Ich frage mich ob Kathy das Haus wirklich verkaufen soll. Immerhin erbe ich ja noch ihr Geld und wenn ich mal dort hoch möchte kann ich da übernachten. Kochen kann ich ja nun zwei Gerichte.“
„Bald sind es drei.“
Ich nickte. „Irgendwann sind es vielleicht zehn oder zwanzig. Wenn ich eure Küche bis da hin noch nicht abgebrannt habe.“
Er lachte etwas. „Das tust du sicher nicht. Außer natürlich zu planst es.“
„Ich schütte ein Liter Benzin über den Herd und die Theke bevor ich anfange zu kochen.“
Damit lachte er etwas mehr. „Mom ist übrigens wieder da.“
„Woher weißt du das?“
„Das bleibt ein Geheimnis.“
Als der Lehrer die Klasse betrat wurde es still und er begann den Unterricht. Die Stunde war auch ganz okay. Als es dann wieder zur Stunde klingelte stand ich mit Chris auf und ging mit ihm auf der einen Seite und Julian auf der anderen zur Cafeteria. Kurz vorher kam Luca dazu.
„Hallo, Alexandra.“, meinte er lächelnd, „Wie waren die Stunden?“
„Ganz erträglich. Ich hab die Hälfte behalten können. Naja, abgesehen von Englisch. Da weiß ich noch alles.“, gab ich etwas leiser zurück.
„Wie kommt das eigentlich das du mit ihm redest, mit mir aber nicht??“, wollte Julian wissen.
„Das war sie ihm schuldig.“, gab Chris zurück
„Schuldig?“
„Ich weiß nicht was er gemacht hat, aber das hat wohl gereicht.“
Ich nickte und lächelte etwas. Dann kamen wir auch schon in der Cafeteria an und ich stellte mich mit den dreien in die Schlange. Diesmal holte Chris mir etwas mehr wie vorher. Mein Appetit war auch etwas größer geworden. Dann setzten wir uns wieder. Ich murmelte ein wenig vor mich hin, während ich begann zu essen und über meine Eltern nach dachte. Das tat ich im Moment viel. Und jede Sekunde mehr wird mir klarer das es die besten Eltern waren die ich hätte haben können.
„Wer ist das denn?“, wunderte sich Julian hinter mir.
Ich sah auf.
„Pink , türkis, was noch? Die hat ja bald einen Regenbogen auf dem Haar.“
Ich folgte seinem Blick zur Tür und entdeckte tatsächlich Cori und Louis die sich gerade unterhielten. Cori redete, Louis nickte. Daraufhin stand ich auf und eilte zu den beiden, wobei Louis mich gerade so noch auffangen konnte. Er lachte und hielt mich fest in seinen Armen, während Cori daneben stand und lächelte.
„Was macht ihr denn hier?“, wollte ich wissen und nahm Cori in die Arme.
„Dich besuchen, sieht man doch.“, gab Cori zurück und drückte mich fest.
„Oh, sehr gut. Dann können wir ja später zum Friseur.“
„Du bist unberechenbar.“, meinte Louis und tätschelte mir den Kopf.
„Das hat man davon.“, gab ich zurück, ließ Cori los und brachte mein Haar halbwegs in Ordnung.
Dann ging ich mit den beiden zu Chris, Luca und Julian.
„Okay, da ist Chris, Luca und das da ist Julian.“, meinte ich zu den beiden und deutete auf die Drei.
Diese starrten mich und Louis nur an. Julian war sichtbar eifersüchtig, während Luca nur etwas überrascht war. Chris jedoch sah an Louis vorbei an Cori.
„Du, Alex, ich muss dir etwas gestehen.“, meinte Cori bevor wir uns setzten.
Ich hielt inne und sah zu ihr.
„Ich hab mir noch ein paar Strähnen machen lassen. Am Hinterkopf.“
Damit drehte ich sie um und starrte auf das Lila. Daraufhin atmete ich tief durch um nicht zu schreien und setzte sie auf die Bank.
„Das schaffst du schon, Alex.“, redete ich mir leise zu, „Mit der richtigen Farbe lässt sich alles überdecken.“
Ich sah etwas kritisch zu Cori und verzog leicht das Gesicht.
„Warum nimmst du nicht einfach blond?“, fragte ich sie dann.
„Weil ich blond nicht mag. Und das weißt du.“, gab sie zurück.
Louis sah uns warnend an. „Ihr fangt doch jetzt nicht an zu streiten, oder?“
„Natürlich nicht, was hältst du von mir.“
„Sehr viel.“, gab Chris für ihn zurück.
„Danke, Chris. Langsam fühle ich mich richtig wie zu hause.“
„Gut, dann können wir ja wieder gehen.“, meinte Cori.
„Oh nein, Schwesterherz.“, warf Louis ein, „Ich könnte jetzt zwar ganz gemütlich neben Abby sitzen und mit ihr Händchen halten und so, aber ich bin hier weil ich Alex besuchen möchte, nicht damit sie sich hier wohler fühlt.“
„Du bist ein Schatz.“, meinte ich zu ihm und küsste ihn auf die Wange.
„Ich weiß. Nur leider fällt es anderen schwer das zu begreifen. Jedem außer dir und mir.“
„Nicht mal Abbygale?“
„Nein.“
„Oh, du Armer.“
Er lächelte ein wenig als ich ihn wieder auf die Wange küsste und stibitze sich etwas von meinem Tablett.
„Hey! Ich hab Hunger.“, meinte ich als er es auf aß.
„Und? Ich hatte heute noch nichts.“
„Dann holt dir etwas.“
„Hast du etwas Geld dabei?“
„Äh... Nicht wirklich. Chris?“
„Hm?“, meinte dieser und sah von Luca zu mir.
„Hast du etwas Geld dabei? Louis und Cori haben heute noch nichts zu essen gehabt und kein Geld mit. Du bekommst es von mir wieder.“
Er nahm etwas aus der Tasche und drückte es mir in die Hand. Daraufhin gab ich Cori und Louis jeweils die Hälfte.
„Ach und Louis. Das von eben würde ich gern ersetzt haben.“, meinte ich noch als sie aufstanden.
Er lächelte mich belustigt an und ging mit Cori zur Schlange.
„Wer sind die beiden?“, wollte Julian wissen.
Ich schürzte die Lippen.
„Sind es Verwandte?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Freunde?“
Ich nickte.
„Deine besten Freunde?“
Wieder nickte ich. Daraufhin schürzte er die Lippen und sah zu den beiden.
„Alex, wer ist eigentlich der Junge?“, wollte Luca wissen.
Ich drehte mich zu ihm um. „Das ist Louis. Coris Bruder.“
„Corinna scheint aber etwas... wirr zu sein wenn es um eine Haarfarbe geht, oder?“
„So ziemlich. Heute Nachmittag geht’s erst mal zum Friseur. Wenn ich ihn finde, heißt das.“
„Besser ich begleite dich.“, meinte Chris.
„Sicher?“
Er nickte.
„Naja, wenn du es sagst.“
„Lässt du dir eigentlich auch etwas machen?“
„Sicher. Die Spitzen müssen geschnitten werden und ich wollte noch ein paar dünne Strähnen haben. Hellbraun oder so.“
„Sieht sicher perfekt aus.“, meinte Luca unwillkürlich.
Ich sah etwas überrascht zu ihm.
„Das hab ich laut gesagt, oder?“, wollte er dann wissen und verzog leicht das Gesicht.
„So ziemlich.“
Nun wurde er etwas rot und wand sich ab. Daraufhin zuckte ich mit den Schultern und aß weiter. Als Louis dann kurz darauf, dass auf meinen Teller warf was er sich runter genommen hatte, sah ich erschrocken zu ihm.
„Louis.“, meinte ich tadelnd und lächelte ein wenig.
„Anwesend.“, gab er lächelnd zurück und setzte sich mit Cori.
„Erschreck mich nicht.“
„Hab ich doch gar nicht.“
„Von wegen. Und hör auf mich zu ärgern.“
„Ich ärger dich doch gar nicht.“
„Das kannst du jemand anderen erzählen.“
Er grinste mich an und begann zu essen, was ich ihm auf gleich tat. Wir unterhielten uns nebenbei über das eine und das andere. Dabei ging es auch über Louis und mich, da man dachte wir wären zusammen wenn man uns nur ansah. Aber Louis und ich konnte einfach keine Beziehung führen. Es ging einfach nicht. Wir waren so zufrieden wie es war. Zwischendurch stellte Julian mir eine Frage die ich dann auch beantwortete.
„Luca Derlan bitte ins Sekretariat.“ Ertönte es wieder aus den Lautsprechern.
„Schon wieder?“, wunderte sich Luca, „Was haben die denn jetzt schon wieder.“
Damit stand er auf und verließ leicht genervt die Cafeteria.

Erstes Date




„Warum wurde er denn da hin gerufen?“, wollte Cori wissen.
„Das machen die Schüler aus Rache.“, erklärte Chris, „Das ist normal an unserer Schule. Wenn jemand eifersüchtig auf jemand anderen ist, geht er ins Sekretariat, sagt der oder der hat irgendwas gemacht und dann wird dieser dort hin gerufen. Dann bekommt er eine Standpauke und erst dann darf er erklären wie es dazu gekommen ist. Meist muss man natürlich groß erklären das man nichts gemacht hat.“
„So?“ Sie wandte sich weiter an ihn. „Und wie macht man das hier wenn man jemanden mag?“
„Naja, die meisten versuchen erst Kontakt mit der Person zu knüpfen. Etwa so wie Julian es die ganze Zeit mit Alex versucht. Wenn man dann denkt, ja die Person mag mich genauso wie ich, dann gehen die einfach hin und fragen nach einem Date. Eigentlich ganz simpel.“
„Verstehe.“
„Wie machen die das denn bei euch?“
„Meist baggern die Jungen uns Mädchen immer an. Das geht ziemlich auf die Nerven. Immer kommen Sprüche wie, ''Hallo Süße trägst du das wegen mir?'' Oder sonst irgend ein Kram. Die sind so ekelhaft. Schleimer und Nervensägen.“
Ich nickte zustimmend. „Und Jonny ist der schlimmste von allen. Hier sind die Jungs ganz nett, finde ich. Die aus Boston sind alle blöd.“
Louis, der gerade etwas essen wollte, hielt inne und sah zu mir. „Ich bin also blöd, ja?“
„Du bist kein Junge. Du bist mein bester Freund, also gehörst du nicht zu den blöden.“
Daraufhin zog er mich einfach zu sich und umarmte mich fest.
„Was hat er?“, wollte ich wissen.
„Weiß nicht.“, gab Cori zurück, „Vielleicht hat er ja Fieber Oder er hat dich einfach nur unglaublich stark vermisst.“
„Zweites trifft wohl eher zu.“, meinte er, „Es tut gut sie wieder in den Armen zu halten. Ich glaube Abbygale kann noch ein paar Wochen länger warten, was meinst du Cori?“
„Nein. Du musst dich auch um sie kümmern.“
„Erst mal ist Alex dran.“
Ich seufzte und aß etwas schwerfällig weiter, während Louis meine Gegenwart genoss. Und das tat er in vollen Zügen.
„Alex, du weißt das man euch zwei schon anstarrt, oder?“, meinte Chris.
Daraufhin sah ich auf und stellte fest das man uns wirklich anstarrte. Und es war seltsam still im Raum.
„Und?“, wollte ich leise von Chris wissen, „Louis und ich sind nur Freunde.“
„Beste Freunde.“, korrierte Cori.
„Beste Freunde. Mehr nicht.“
„Sag das der Schule, nicht mir.“
„Ha ha, sehr toller Witz.“
„Ich weiß, bin ich nicht gut?“
Ich lachte ein wenig und aß einfach weiter. Die Schüler regten sich nicht mal als es wieder klingelte. Nur Chris und Cori.
„Ähm... Louis?“, meinte Cori, „Du kannst langsam mal loslassen.“
„Schon? Ist die Pause schon um?“, wollte dieser wissen.
„Ja.“, gab ich zurück.
„Schade. Es wurde gerade gemütlich.“
Ich tätschelte ihm den Kopf während er mich losließ. „Hauptsache du freust dich hier zu sein statt bei deiner Freundin.“
„Abbygale hat Verständnis für meine Freundschaftliche Liebe zu dir.“
Chris lachte etwas und schüttelte den Kopf während er mir das Tablett abnahm und weg brachte.
„Freundschaftliche Liebe, ja?“, hakte Luca nach und stand auf, „So nach dem Motto, wenn ich volljährig bin mache ich dir den Antrag?“
„Quatsch.“, gab Louis zurück, „Eine Beziehung würde unsere Freundschaft zerstören. Sowas geht bei uns einfach nicht.“
Langsam regte sich auch die anderen Schüler wieder. Auf dem Weg zurück zur Klasse fiel ich jedoch etwas zurück, da die vier sich aktiv miteinander unterhielten und das Thema größtenteils bei mir lag. Als sie mich dann endgültig abgehängt hatten, holte Davis mich ein.
„Nicht bei deinen Freunden?“, wunderte er sich.
Ich schüttelte den Kopf.
„Sind die beiden neuen Freunde von dir?“
Ich nickte.
„So wie es aussieht wohl die besten. Und der Junge ist dein fester Freund?“
Ich schüttelte etwas belustigt den Kopf.
„Das macht ziemlich den Eindruck. Naja, auch egal. Sag mal, hast du eigentlich irgendwann mal Zeit oder so?“
Ich wackelte abschätzend mit dem Kopf.
„Also, ich meine zum Beispiel... Heute um 3 Uhr?“
Um 3... um halb 2 konnte ich ja mit Cori zum Friseur und dann um halb 3 zurück nach hause, dann hätte ich um 3 wirklich Zeit. Also nickte ich.
„Cool. Soll ich dich abholen? Ich denke nämlich nicht das du dich hier besonders gut auskennst.“
Ich lächelte etwas.
„Ich schätze mal ich soll dich dann abholen.“
Ich nickte.
„Aber tu mir ein Gefallen ja?“
Ich horchte auf.
„Sag es niemandem.“
Nun zog ich etwas verwirrt die Brauen zusammen.
„Es ist nämlich so dass... Man hat dir sicher schon gesagt das ich seit dem Tot meiner Eltern mit niemandem mehr spreche. Und es hört sich doch sicher merkwürdig an das ich gerade dann wieder mit jemandem spreche wenn ein so schönes Mädchen wie du auf die Schule kommt. Gerade wenn sie die Person ist mit der ich rede.“
Ich nickte und lächeltet etwas über das Kompliment.
„Hattest du eigentlich einen Freund?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Hattest du nicht? Komisch. Du siehst aus als hättest du schon mindestens vier gehabt.“
Ich schüttelte wieder den Kopf.
„Du musst sicher sehr beliebt gewesen sein. Nicht nur allgemein, sondern auch bei den Jungs.“ Er seufzte. „Wirklich wunderschön.“
Nun lächelte ich richtig und küsste ihn auf die Wange. Daraufhin lächelte auch er, während ich weiter ging zur Klasse und er kurz noch stehen blieb. Dann eilte er mir hinterher, bis er wieder neben mir lief.
„Wenn ich dich nicht erst kennen gelernt hätte, würde ich glatt denken ich wäre verknallt.“, meinte er dann, „Naja. In eine Schönheit wie dich kann man sich ja nur verknallen. Nein, falsch. In eine Schönheit wie dich muss man sich einfach verlieben.“ Er seufzte. „Oje. Mit den anderen spreche ich gar nicht und mit dir zu viel. Ich langweile dich sicher.“
Ich schüttelte den Kopf. Er war wirklich süß. Mir fiel auch auf das er Grübchen hatte. Kurze, Braune und ordentliche Haare die ihm bis zum Ohr gingen und es zur Hälfte überdeckten. Es war zwar ein wenig durcheinander, aber es war nicht richtig zerzaust. Ich konnte mir gut vorstellen das sie so durcheinander waren weil er oft mit den Händen durch fuhr. Deswegen waren jedenfalls Chris' Haare so durcheinander. Er war auch sehr schlank. Er schien viel Sport zu machen. Am vorigen Tag hatte er jedoch beim Sport nicht mitgemacht weil er einem Lehrer helfen musste weiter hinten in der Halle Geräte ab und aufzubauen. Dennoch hatte er oft zur Klasse gesehen.
„Ist irgendwas?“, wollte er auf einmal wissen.
Ich bemerkte das ich stehen geblieben war und ihn anstarrte. Ich schüttelte den Kopf und ging mit ihm weiter. Daraufhin lächelte er nur, sodass seine Grübchen zu sehen waren. Das hob mein Rechten Mundwinkel an.
„Du hast ja Grübchen.“, bemerkte er.
Ich sah ihn überrascht an. Ich? Grübchen?
„Ja, da.“ Er tippte auf eine Stelle an meiner Wange.
Unwillkürlich wanderte meine Hand dort hin, während ich wohl ziemlich verwirrt war. Ob er sich wohl nur irrte?
„Was ist?“
Ich schüttelte den Kopf und ging nahezu eilend weiter.
„Hab ich jetzt was falsches gesagt?“, fragte er sich während er noch stehen blieb wo er war.
Als ich die Klasse betrat war sie zur Hälfte voll. Ich setzte mich auch gleich neben Chris.
„Wo warst du noch?“, wollte er wissen.
„Ich hab ein bisschen getrödelt.“, gab ich zurück.
„Ist irgendwas?“
„Nein, warum?“
„Weiß nicht.“
Eine Pause entstand, in der er mich nur prüfend ansah. Dann wandte ich mich wieder an ihn.
„Hab ich Grübchen?“, fragte ich ihn dann.
Nun sah er wirklich so überrascht aus wie er es nur konnte.
„Grübchen?“, hakte er nach, „Wie kommst du jetzt auf deine Grübchen?“
„Ich hab Grübchen?“
„Sind sie dir nie aufgefallen?“
„Nein.“
„Nie? Wenn du dir Fotos angesehen hast oder Aufnahmen hast du sie nie gesehen?“
„Nein. Es ist mir völlig neu.“
Nun zog er die Brauen sehr weit zusammen. „Wer hat dich denn darauf aufmerksam gemacht?“
„Ich weiß nicht wie er heißt.“, log ich.
Chris merkte natürlich sofort das ich log, ging aber nicht weiter darauf ein. Er kannte mich einfach zu gut und wusste das ich es ihm irgendwann sagen würde wenn ich soweit war.
„Und ich hab wirklich Grübchen?“
„Ja, sag ich doch. Ich hab zu hause sogar ein Bild auf dem man sie sieht. Warum siehst du jetzt so unglücklich aus?“
„Dad hatte Grübchen?“
„Alex.“, stöhnte er, „William hatte auch die selbe Haarfarbe wie du und eine deiner Augenfarben.“
„Ich weiß. Aber das wusste ich schon vorher. Von den Grübchen hab ich eben erst erfahren.“
„Hmmm... Weißt du, die Grübchen geben dir das Sonnige.“
„Sonnige?“
„Weißt du noch als William sagte du wärst die Sonne in der Familie?“
„Oh.“
Er nickte. „Das gehört dazu.“
Ich nickte und Mr Jonas kam herein. Die Stunde verlief eigentlich ganz ruhig. Die nächste Pause war ich wieder mit Cori und Louis zusammen den erzählte ihnen von den vergangenen Tagen. Sport war dann super!
„Leichtathletik.“, meinte Mr Cooper.
Ich lächelte etwas und Chris seufzte. Kurz darauf sollten wir Gruppen bilden. Ich war in der selben wie Chris und Davis. Julian war in der anderen. Im selben Moment sah ich das die zweite 8. Klasse die Halle betrat. Dort waren Cori und Louis drin. Wir lächelte uns zu und ich winkte kurz.
„Okay, Cousinchen.“, meinte Chris, „Du fängst an.“
„Ich?“, hakte ich leise nach und sah das sich alle hinter mich stellten. „Oh verdammt.“
Ziel war es eine Art Parcours zu durchlaufen. Erst musste man über einen Bock springen, dann etwas an einigen Stangen, und hier und da, ein Parcours eben. Der war nicht mal sonderlich schwer und ich war auch recht schnell damit fertig. Am Ende musste man ein Radschlag machen, den ich schon perfekt beherrschte seit ich 8 war. Der war daher auch kein Problem. Chris konnte sich gar nicht von der Stelle bewegen, während er mir zu sah. Ich ging wieder zur Gruppe und stellte mich hinten an. Die andere 8. machte das selbe wie wir. Cori war natürlich die schnellste unter ihnen.
„Wie machst du das immer?“, wollte Chris wissen als ich die zweite Runde hinter mir hatte.
„Hast du schon vergessen das ich im Akrobatik-Kurs war?“
„Und was hat das mit Leichtathletik zu tun?“
„Vieles, wie du sehen kannst.“
Er seufzte. Als die Stunde etwas später vorbei war unterhielten Cori, Louis und ich uns wieder die ganze Pause. Französisch lief auch super. Nach der Stunden gingen wir dann nach hause. Auf dem Nachhauseweg erzählten Luca und Chris einige Witze. Louis fielen auch ein paar ein.
„Sind wieder da!“, rief Chris als wir ins Haus gingen.
„Dann könnt ihr ja gleich mit den Hausaufgaben anfangen!“, rief Theo aus dem Wohnzimmer zurück.
„Och ne.“, stöhnte Cori.
„Daran wirst du dich gewöhnen müssen.“, meinte ich zu ihr, „Aber wir sind ja alle Spitzenschüler, also werden wir sicher ganz schnell fertig.“ Es entstand eine kurze Pause. „Was haben wir überhaupt auf, Chris?“
„Louis, hast du die Hausaufgaben notiert?“, fragte Cori ihren Bruder.
Luca seufzte sich nur selber an und wartete bis wir fertig waren. Er schien keine auf zu haben. Cori und Louis stellten fest das es um sie genauso stand. Chris und ich hatten ebenfalls Glück.
„Sieht so aus als könnten wir direkt zum Friseur.“, meinte ich zu Cori, „Von den vielen Farben bekommt man Augenschmerzen.“
„Hey!“
Ich verdrehte die Augen und ging kurz in mein Zimmer um Portmonee und Handy zu holen. Auf dem Rückweg hielt ich an der Wohnzimmertür inne.
„Wir haben keine Hausaufgaben auf.“, meinte ich zu Theo.
Er sah auf und nickte. „Und wohin geht’s jetzt?“
„Zum Friseur. Cori braucht unbedingt eine neue Färbung.“
„Ach ja?“
„Julian sagte sie hätte fast einen ganzen Regenbogen im Haar.“
Theo lächelte schief. „Na dann mal viel Spaß.“
„Danke, dir auch.“
Damit wandte ich mich wieder ab. Es wunderte mich nicht das Louis und Luca auch mitkamen.

„Du glaubst wirklich das das an mir gut aussehen würde?“, fragte Cori mich skeptisch.
„Ja doch. Also, könnten Sie ihr das hier machen?“, meinte ich dann an die Friseuse.
Sie sah es sich kurz an und nickte. „Ja, das wird noch zu schaffen sein. Welche Farbe?“
„Kann man die alle mit braun überdecken?“
„Dann müsste man es lange einwirken lassen. Etwa... eine halbe Stunde.“
Ich sah auf de Uhr. 20 vor 2. Ich nickte.
„Das ist okay.“
Damit setzte ich mich auf einen anderen Stuhl und ließ mir Spitzen schneiden und einige dünne Strähnen aufhellen. Trotz der Strähnen die ich schon drinnen hatte. Das Ergebnis sah man schon nach 20 Minuten. Die Haare wurden mir ausgewaschen und geföhnt. Dann gekämmt und als ich fertig war, wurden Coris gerade Haare ausgewaschen. Ich wartete bis ihre Haare ebenfalls geföhnt und gekämmt waren und sah zu wie sie in den Spiegel sah und lächelte.
„Das sieht super aus.“, meinte sie begeistert.
„Sag ich doch.“ Ich wandte mich an die anderen. „Was sagt ihr?“
„Da ist ja kein Regenbogen mehr.“, meinte Louis neckend, lächelte dabei breit und nickte. „Wunderbar.“
„Von wegen Regenbogen.“, murmelte Cori leise.
„Luca?“, fragte ich.
„Fabelhaft.“, gab dieser zur Antwort.
„Chris?“
„Wunderschön.“, meinte dieser lächelnd.
„Siehst du, Cori? Sieht besser aus als vorher.“
Die drei Jungs nickten.
„Und jetzt geht’s wieder nach hause.“
„Was machen wir eigentlich den Rest des Tages?“, fragte Louis während ich die Friseuse bezahlte.
„Weiß nicht. Aber um 3 gehe ich weg.“
Wir verließen das Gebäude und Chris sah mich fragend an.
„Wohin gehst du denn?“, wollte er wissen.
„Weiß ich nicht.“
Er zog die Brauen zusammen und sah zu Luca. Dieser hob unwissend die Schultern. Louis sah auf die Uhr.
„Dann hast du noch eine Viertelstunde.“, meinte er.
„Wir brauchen nur 10 Minuten nach hause.“, informierte Chris, immer noch recht verwirrt.
„Dann passt es ja. Fünf Minuten Zeit.“
„Alex, geht es dir gut?“, wollte Cori wissen.
„Ja, mir geht es bestens.“
Den ganzen Weg nach hause versuchten die vier heraus zu finden was ich meinte. Dort angekommen, sahen wir uns ein paar Bilder von Früher im Wohnzimmer an.
„Wer ist das?“, wollte Cori wissen und deutete auf einem Bild auf einen Jungen der damals, sowie heute im selben Alter war wir ich.
„Das ist unser Cousin.“, meinte Chris.
Ich nickte. „Johann.“
„Und der daneben?“
„Dante.“
„Dante?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Die beiden sind genauso alt wie ich und wohnen hier in der Nähe.“
Als ich auf die Uhr sah, stellte ich fest das es nur noch eine Minute bis 3 war. Ich sah auf das nächste Bild und lachte ein wenig.
„Chris und ich am spielen.“, meinte ich belustigt.
Auf dem Bild sah man wie wir mit Lego spielten. Chris und ich waren dabei Chris damit einzumauern. Luca fing an zu lachen.
Chris grinste amüsiert. „Mom hat mich stundenlang gesucht. Erst als sie Alex gebeten hat das Lego wegzupacken hat sie mich gefunden.“
Ich hörte es nicht als es klingelte. Dafür sah ich mir das nächste Bild an.
„Guck mal! Chris der Konditor.“, meinte ich amüsiert.
Cori brach in Gelächter aus. Auf dem Bild saß Chris auf dem Boden, mit einer Packung Mehl, und spielte damit. Überall an ihm war Mehl... und um ihn herum.
„Theo hatte Geburtstag und Kathy wollte Kuchen backen.“, erklärte ich, während Chris breit grinste. „Das Mehl hatte nahe am Rande der Theke gestanden. Damals war Chris fünf, genauso wie ich, wie man sich denken kann. Kathy hatte einen Lachkrampf bekommen als sie ihn mitten im Mehl gesehen hat.“
„Und den bekomme ich jetzt noch wenn ich mir das Bild ansehe.“, meinte dies an der Wohnzimmertür, „Wie viele Bilder habt ihr schon durch?“
„Die Hälfte.“, gab Chris zurück, „Seltsamerweise erinnert sich Alex an die meisten.“
„Das kommt vielleicht davon das du immer von der Couch gefallen bist.“
„Hey! Das waren Unfälle.“
Als ich mir das nächste Bild ansah, wurde meine gute Laune betrübter. Ein Bild von Mom und Dad. Es war nicht mal sehe alt. Sie hielten mich in ihren Armen und lächelten zu mir herab, während Chris versuchte einer unseren Cousinen zu entflüchten. Annie.
Von meinem plötzlichen Stimmungswechsel verwirrt, sah Chris sich das Bild an. Er seufzte traurig und wand den Blick ab. Es machte mich sehr traurig das Bild zu sehen. Wir waren alle so glücklich. Ich verstand nicht wie ich ohne die zwei so glücklich sein konnte.
„Alex?“, riss Chris mich vorsichtig aus den Gedanken, „Alles okay?“
Ich nickte. „Es ist nur etwas... plötzlich gewesen sie zu sehen. Es tut mehr weh als ich gedacht habe.“
„Darf ich mal sehen?“, bat Louis.
Ich sah zu ihm auf, sah nochmal auf das Bild und reichte es ihm dann.
„Oh.“
Beinahe ehrfürchtig gab er das Bild Chris zurück.
„Alexandra?“
Als Theos Stimme von der Tür ertönte, drehte ich mich zu ihn um.
„Anwesend.“, meinte ich etwas besser gelaunt.
„Da ist jemand für dich. Ist irgendwas?“
„Nichts. Ich hab nur eben eines der Weihnachtsfotos gesehen.“
„Kathy, ich dachte die hättest du auf den Dachboden gebracht.“
„Das muss raus gerutscht sein.“, gab diese zurück.
„So schlimm ist es doch auch nicht.“, warf ich ein, rollte mit den Augen und stand auf. „Ich kenne die beiden doch, ich war selbst dabei und...“
„Sie sind nicht mehr da.“, beendete Theo für mich den Satz.
Ich seufzte, nickte und machte mich auf den Weg zum Flur.
„Wir sehen uns dann später.“, meinte ich noch an den anderen vier.
Theo tätschelte mir den Kopf als ich an ihm vorbei ging.
„Viel Spaß.“
Ich küsste ihn kurz auf die Wange und ging dann zur Tür, wo Davis wartete.
„Können wir?“, wollte er wissen.
Ich nickte und er hielt mir die Tür auf. Dann folgte ich Davis die Straße hinunter. Es war eine Weile still, was nicht unangenehm war, während wir nebeneinander her gingen.
„Hat dein Onkel von deinen Eltern gesprochen?“, fragte er irgendwann.
Ich nickte.
„Tut mir Leid. Ich weiß was du durchmachst. Und es ist nicht leicht.“
Ich nickte zustimmend.
„Weißt du, in einigen Dingen sind wir uns ziemlich gleich. Wir sind beide stumm, nicht ganz aber anderen gegenüber. Ich weiß, du sprichst mit einigen, aber ich rede nur mit Adam und mit dir. Oder zwischendurch mit Lehrern. Wir haben beide unsere Eltern verloren. Bei mir ist es zwar etwas länger her als bei dir, aber bei mir schmerzt es immer noch.“
Ich sah zu ihm auf.
„Weißt du... Ich konnte mir keine besseren Eltern vorstellen. Adam hat mir mal eine Art vorher, nachher Bild von mir gezeigt. Das war richtig schockierend. Vorher war ich richtig... aktiv. Gesprächiger als viele anderen, jemand der am meisten lächelt, et cetera et cetera. Und jetzt... Ich hab sogar Probleme damit meinen Nachbarn einen guten morgen zu wünschen.“
Ich konnte es überhaupt nicht. Nach einer weiteren Stille, bogen wir in einen Park ein. Diesen kannte ich jedoch nicht. Er führte mich zu einem kleinen Wald, wo er sich genau umsah und weiter mit mir hinein ging. Nach einer Weile hörte ich das Meer rauschen. Kurz darauf erreichten wir eine Klippe. Ich ging vorsichtig bis an den Rand heran und sah hinab.
„Pass auf. Das Stein ist dort etwas locker.“, warnte er mich und kam zu mir um mich festzuhalten.
Ich machte vorsichtig noch einen Schritt. Beim nächsten löste sich tatsächlich etwas Stein. Schnell trat ich ein paar Schritte zurück als das Gestein hinunter fiel. Davis sah sich kurz um und zog mich dann an der Hand vorsichtig etwas weg.
„Kannst du auf Bäume klettern?“, fragte er und sah mich über seine Schulter hinweg an.
Ich nickte. Daraufhin blieb er an einem Baum stehen.
„Gut, denn jetzt geht’s nach oben. Komm, ich helfe dir am Anfang.“
Ich ergriff einen der Äste und zog mich mit Davis' Hilfe hoch. Er hielt mich erst an der Tallie fest, dann an der Hüfte und dann an den Oberschenkeln. Dann ließ er mich los und sah mir kurz zu wie ich etwas weiter kletterte. Dann folgte er mir hoch. Er schien mehr als nur geübt darin, denn er war schneller wie ich und das sollte schon was heißen. Ich machte ihm etwas Platz und er setzte sich zu mir. Dann sah er sich kurz um.
„Okay, noch etwas höher.“, meinte er.
Er stand vorsichtig auf, half mir dabei und hielt mich an der Tallie fest, damit ich nicht fiel. Ich konnte zwar auf Bäumen klettern, aber ich war nicht perfekt. Er half mir wieder höher zu kommen und kam dann nach. Dann noch etwas höher und noch weiter...
„Das wars.“, meinte er als er sich neben mich setzte, „Jetzt müssen wir weiter Richtung Meer.“
Ich rutschte vorsichtig den Ast hinab, bis Davis meinte es würde reichen. Dann bat er mich zum Meer zu gucken, was ich auch tat und dann den Atem anhielt. Es sah wirklich atemberaubend aus. Wir schienen wohl sehr lange gebraucht zu haben, denn die Sonne ging bereits langsam unter.
„Hier komme ich immer her wenn ich nachdenken möchte. Egal ob Tag oder Nacht.“
Das erklärte einiges. Ich sah zu ihm, stellte dabei fest das er wie gebannt dem Sonnenuntergang zusah und sah wieder zur Sonne.
„Du kannst ja auch her kommen, wenn du möchtest.“, fuhr er fort, „Es ist ein prima Platz um nachzudenken.“
Ich nickte zustimmend.
„Hattest du in Boston auch einen Platz an dem du immer nachdenken konntest?“
Ich nickte. Es war ebenfalls in einem Park gewesen, aber dort hatte man nicht so eine schöne Aussicht.
Schweigend sahen wir nun den Sonnenuntergang an. Er hatte Recht. Wir waren uns in vielen Dingen gleich. Unsere Eltern, unsere Stummheit, die Veränderungen von Früher und Heute und der Bedarf eines Ortes an dem man nachdenken konnte. Ob er wohl ebenfalls die Nähe von jemanden suchte der ihm wichtig war? Sowie ich Chris' Nähe suchte?
Als die Sonne untergegangen war, sah ich zu Davis auf.
„Wollen wir noch woanders hin? Ich kenne einen Ort der bei Nacht wirklich wunderschön ist. Es ist nicht weit von hier.“
Ich lächelte etwas und nickte. Daraufhin lächelte er mich ebenfalls etwas an und kletterte dann etwas runter um mir zu helfen. Als er dann ganz unten war und ich ebenfalls ganz runter klettern konnte, sah ich etwas misstrauisch auf die Äste hinab die mir dabei helfen würden.
„Spring runter, ich fang dich auf.“, meinte Davis als er meinen Blick sah.
Ich sah zu ihm und sah das er die Arme ausstreckte. Daraufhin atmete ich kurz durch und sprang. Und er fing mich auf. Wir waren genau auf selber Höhe, als er mich so fest hielt. Nachdem wir uns eine Zeit lang nur in die Augen gesehen hatte, wandte er mit einem kurzen Räuspern den Blick ab und ließ mich runter. Ich war fast ein ganzen Kopf kleiner als er.
„Hier lang.“, meinte er, nahm sanft meine Hand und zog mich ebenso sanft hinter sich her.
Seine Hand war warm. Warm und weich. Nachdem er mich dann eine Weile hinter sich her gezogen hatte, landete wir auf einer kleinen Lichtung mit einem kleinen Springbrunnen.
„Ein Springbrunnen im Wald?“, fragte ich unwillkürlich.
Automatisch musste er lächelte und zog mich vor sich, wobei er die Hände auf meine Tallie legte.
„Ich weiß nicht wie man darauf gekommen ist.“, meinte er hinter mir, „Aber wenn du kurz wartest zeige ich dir das, was ich dir zeigen wollte.“
Ich nickte und er ging kurz an mir vorbei. Er ging zu einem kleinen Kasten am Rand des Springbrunnens, öffnete ihn und holte ein Feuerzeug aus der Tasche. Dann zündete er etwas in dem kleinen Kasten an und machte das selbe bei fünf weiteren Kästen. Dann stellte er sich auf den Rand des Springbrunnens und zündete einen Kasten in der Mitte an.
„Warte noch kurz. Ich bin in einer Minute wieder da.“
Damit eilte er weg. Der Springbrunnen machte nichts. Das Wasser war still.
„Mach die Augen zu!“, rief er von irgendwo aus dem Wald.
Ich tat was er wollte. „Sind zu!“
Daraufhin hörte ich langsam leise Wasser plätschern. Dann hörte ich wieder Davis wieder kam und sich wieder hinter mich stellte. Er schob mich sanft voran und hielt mich dann wieder fest.
„Mach die Augen wieder auf.“, meinte er dann sanft.
Ich tat wieder worum er bat und hielt wieder den Atem an. Die Lichter aus den Kästen ließ das Wasser glitzern, während es hinunter zum Becken fiel. Das Wasser im Becken spiegelte die glitzernden Tropfen und glitzerte selbst ebenfalls.
Ich ging langsam an den Beckenrand und sah das Davis und ich uns im Wasser spiegelten. Es sah alles einfach wunderschön aus.
„Gefällt es dir?“
Ich drehte mich leicht überrascht zu ihm um als seine Stimme direkt neben meinem Ohr war. Ich lächelte ihn an und nickte voller Freude. Das war ein wunderbares Geschenk das er mir gab. Er erwiderte das Lächeln ungezwungen.
Wir blieben noch eine Weile und sahen uns den Brunnen an. Irgendwann nahm er mich dann an der Hand.
„Wollen wir weiter? Eine Sache möchte ich dir noch zeigen.“
Ich nickte und ließ mich von ihm vom Brunnen weg ziehen. Er zog mich immer weiter zwischen die Bäume. Irgendwann blieb er dann stehen und drehte sich zu mir um.
„Mach die Augen nochmal zu.“
Ich tat was er wollte. Dann nahm er mich vorsichtig an beiden Händen und zog mich mit sich. Ich machte vorsichtige Schritte, bis er mit mir stehen blieb. Dann ließ er mich los.
„Jetzt kannst du die Augen wieder auf machen.“, flüsterte er von hinten in mein Ohr.
Ich tat was er wollte und hielt den Atem an. Er zeigte mir einen wunderschönen Ort nach dem anderen. Diesmal war es eine kleine Lichtung mit weißen Blumen die im Mondlicht nahezu leuchteten. Er hatte mich genau in die Mitte gebracht.
Ich drehte mich einmal um meine eigene Achse und sah mich neugierig um. Davis beobachtete mich aufmerksam. Ich konnte dann einfach nicht anders und fiel ihm in die Arme.
„Dir gefällt es also?“, wollte er wissen.
Ich nickte.
„Weißt du, immer wenn mir meine Eltern zu sehr fehlten, bin ich zu einem der Drei Orte gegangen.“ Er schlang ebenfalls die Arme um mich und legte sein Kinn auf meinen Schopf. „Sie beruhigen ein wenig meine Nerven und ich kann nachdenken. Da wo ich mit meinen Eltern gewohnt habe war es nämlich immer recht laut. Auf dem Baum, am Brunnen oder hier ist es so ruhig. Ich dachte gerne an die Zeit in der wir eine Menge unternommen haben. Die verging nur leider sehr schnell. Es kommt mir vor als hätte ich nie Eltern gehabt.“
Ich zog ihn tröstlich etwas mehr an mich und lehnte mich an ihn.
„Ich dachte du könntest auch solche Orte brauchen.“, fuhr er fort, „Wenn du dir den Weg nicht merken kannst, können wir ja zusammen her kommen.“
Ich nickte.
„Wenn du irgendwann mit mir redest, kannst du mir, wenn du willst, von deinen Eltern erzählen. Das wird dir helfen darüber hinweg zu kommen. Mir hat es auch sehr geholfen als ich mit Adam darüber gesprochen habe. Über meine Eltern, nicht über den Unfall.“
Ich nickte langsam. Danach standen wir eine Weile auf der Lichtung. Hin und wieder hörten wir grillen, oder ein Vogel. Zwischendurch betrachtete ich die Lichtung von neuen. Irgendwann sah Davis dann auf seine Uhr.
„Ich glaube ich sollte dich wieder nach hause bringen.“
Ich seufzte und folgte ihm als er mich sanft an der Hand hinter sich her zog. Nach ein paar Minuten waren wir dann wieder auf der Wiese des Parks. Er ließ meine Hand nicht los als wir den Park verließen. Diesmal schien es nicht so lange zu dauern wie der Weg zum Park. Die Zeit verging etwas zu schnell, für meinen Geschmack. An der Haustür drehte ich mich dann nochmal zu Davis um.
„Das wars dann wohl für heute.“, meinte er und ließ meine Hand los, „Es hat Spaß gemacht.“
Ich nickte zustimmend und lächelte ihn an.
„Dann sag ich mal bis morgen in der Schule, oder?“
Ich biss mir kurz auf die Lippen und stellte mich dann auf die Zehenspitzen um ihm ein Kuss auf die Wange zu geben. Dann drehte ich mich um und ging ins Haus.
Als die Haustür hinter mir zufiel, kam Chris in den Flur.
„Hast du Spaß gehabt?“, wollte er wissen, „Du lächelst ja richtig, strahlst schon fast.“
„Ich hatte eine Menge Spaß.“, gab ich zurück, „Und ihr?“
„Es geht so. Mit wem warst du denn weg?“
„Ach, ist nicht so wichtig.“
Fröhlich vor mich hin summend ging ich an ihn vorbei in mein Zimmer. Dort zog ich kurz meine schmutzigen Sachen aus, zog mir etwas frisches an und ging dann ins Wohnzimmer, wo die anderen waren. Alle sahen auf als ich das Zimmer betrat.
„Okay, wer hat es geschafft dich so zum lächeln zu bringen?“, wollte Cori leicht beleidigt wissen.
„Gute Frage.“, meinte Louis.
„Mir hat sie es nicht gesagt.“, fügte Chris hinzu.
Luca blieb still und sah mich einfach nur an. Seinen Blick konnte ich nicht deuten.
„Sag ich nicht.“, meinte ich letzten Endes und setzte mich zu ihnen auf die Couch.
Chris seufzte. „Sagte ich doch. Themawechsel. Was wollen wir gucken?“
Ich zog die Brauen zusammen. „Gibt es noch Abendessen?“
„Ach ja, ich sollte die von Mom sagen, wenn du wieder da bist sollst du in die Küche kommen.“
Ich stand sofort auf und ging in die Küche. Kathy war gerade dabei die Zutaten fürs essen raus zu holen als sie zu mir aufsah.
„Da bist du ja wieder.“, meinte sie und lächelte, „Hattest du Spaß?“
Ich nickte. „Eine Menge.“
„Ist doch schön. Theo sagte du wärst mit dem Adoptivsohn des Zahnarztes weg gewesen?“
Ich nickte. Daraufhin lächelte sie mich an und winkte mich zu sich.
„Dann fangen wir mal an.“

Als das Essen endlich fertig und ich halb am verhungern war, kamen die anderen rein uns setzten sich. Cori und Louis sahen sich das Essen eine Weile nur an.
„Es ist schon nicht vergiftet.“, meinte ich.
„Das mag zwar sein, aber du hast es gekocht.“, gab Cori zurück, „Wir wissen nicht ob es auf einmal anfängt zu leben oder so.“
Chris schüttelte lachend den Kopf. Kathy verkniff sich das Lachen und Theo sah weg, sodass ich sein Gesicht nicht sehen konnte. Luca biss sich auf die Lippen. Louis dagegen sah sich das essen mit schräg gelegtem Kopf an.
„Ich glaube nicht das es anfängt zu leben.“, meinte er, „Es hat keine Beine.“
Ich verzog leicht beleidigt das Gesicht und begann zu essen. Chris zwang sich dazu sich zu beruhigen und aß ebenfalls. Theo räusperte sich kurz und tat es uns dann gleich.
„Nein, ehrlich. Ich glaube das fängt gleich an zu leben.“, meinte Cori und stocherte ein wenig in ihrem Essen herum.
„Das ist ziemlich deprimierend.“, gab ich zurück, „Außerdem fängt es NICHT an zu leben und es schmeckt.“
„Sehr lecker.“, stimmte Chris zu.
„Danke.“
Cori sah ungläubig zu Chris. Louis zuckte mit den Schultern und begann zu essen. Er sah ziemlich begeistert aus.
„Ganz im ernst. Das ist das beste essen das du je gemacht hast.“, meinte er dann, „Und dafür das es, laut Cori, anfangen soll zu leben, ist es ziemlich tot, würde ich sagen.“
Cori sah zu Louis und sah dann auf das Essen. Nachdem sie dann ebenfalls vorsichtig probiert hatte, war ihr Teller als erstes leer.
„Wow. Ich wusste gar nicht das es jemand gibt der schneller fertig ist als Alex.“, meinte Chris verblüfft.
Ich war dafür direkt nach ihr fertig. Luca kam dann direkt nach mir.
„Das ist wirklich nicht so leicht.“, meinte Theo schmunzelnd.
„Ihr tut ja gerade so als wäre ich ein Vielfraß.“, meinte ich, „Bekomme ich noch eine Portion?“
Alle am Tisch fingen an zu lachen. Ich konnte nicht umhin ebenfalls zu lachen.

Luca
Alexandra, Corinna und Louis lagen bereits im Wohnzimmer auf einigen Decken und warteten nur noch auf Chris und mich. Wir waren in seinem Zimmer, da er mit mir reden wollte.
„Also, was gibt’s?“, wollte ich wissen.
„Du gibst dir wirklich keine Mühe mit Alex, oder?“, fragte er zurück.
„Sie würde mir sowieso eine Abfuhr erteilen.“
Er seufzte und ich setzte mich auf sein Bett, während er sich auf seinen Schreibtischstuhl setzte.
„Du versuchst es nicht mal.“, bemerkte er dann, „Kein Wunder das du noch nie eine Freundin hattest. Du versuchst nie etwas in diese Richtung. Wenn du nicht bald was machst schnappt Davis sie dir vor der Nase weg, wenn das nicht bereits passiert ist.“
„Als wenn ich das nicht wüsste.“
„Mensch, Luca. Du magst sie doch oder nicht.“
Ich sah ihn an. „Wer mag sie nicht?“
„Na al...“ Er unterbrach sich selber und seufzte. „Diese Art von mögen meinte ich doch gar nicht.“
„Ich genauso wenig. Sogar ihr bester Freund hat seine Art gefunden sie zu lieben.“
„Du hast doch auch eine. Eine Art von Liebe die größer ist als die von Louis.“
Ich senkte wieder den Kopf und starrte den Boden zwischen meinen Füßen an.
„Keiner von uns beiden weiß, ob ich sie wirklich liebe. Es kann doch auch sein das ich es mit irgendwas verwechsle.“
Erneut seufzte er. „Wenn du das nächste mal Alex ansiehst und dich über etwas freust mache ich ein Bild von dir. Dann kannst du dir ja selbst in die Augen sehen. Jetzt mal ehrlich. Alex ist doch ein Versuch wert, oder? Sprich sie mal an und frag sie nach einem Date. Fertig.“
„Und dann verpasst sie mir eine Abfuhr und ich stehe da wie der letzte Vollidiot.“
„Du bist ein Vollidiot. Du macht nichts um sie für dich zu gewinnen. Du deutest nicht mal etwas an.“
„Wie denn auch?“
„Das ist nicht dein ernst oder?“
„Nein.“
„Dann ist ja gut.“
„Da das ja dann geklärt ist.“
Ich stand auf und verließ das Zimmer bevor er noch etwas sagen konnte. Im Wohnzimmer waren die drei gerade dabei herumzualbern. Louis hatte es sich auf Alexandra bequem gemacht, während Corinna einen Teller mit Essen auf seinen Tücken gelegt hatte.
„Soll ich dir mal was zeigen?“, meinte sie an Louis und schmunzelte ein wenig.
„Na, da bin ich ja mal gespannt.“, gab er zurück.
„Ich auch.“, stimmte Alexandra zu und sah sich halb über die Schulter zu Corinna.
Diese nahm sich ein kleines Glas mit Dipp und machte einen Klecks davon auf Louis nacktem Rücken.
„Was wird das denn?“, wollte er wissen und sah ich über die Schulter.
„Ach, das eine oder andere.“
Sie breitete den Klecks so lange aus bis es ein Kreis war und legte dann das Essen so darauf das es ein Smiley war. Ich kam rein und betrachtete es kurz.
„Und wie bekommst du den Dipp jetzt wieder da runter?“, wollte ich von Corinna wissen.
„Äh.“ Sie sah auf den Rücken.
„Du kannst es ja ablecken.“, meinte Alexandra belustigt.
„Spinnst du? Ich lecke doch nicht meinen Bruder ab.“
Chris lachte ein wenig an der Tür und kam herein.
„Zum weg wischen ist es zu schade.“, meinte Alexandra.
„Dann leck du es doch ab.“
„Geht nicht. Er liegt auf mir drauf. Da komme ich schlecht an seinem Rücken ran.“
„Ich hab eine Idee.“, meinte Chris, „Wir machen Flaschendrehen. Die Person auf dem der Flaschenkopf zeigt, darf den Smiley ablecken.“
„Gute Idee.“, meinte Alexandra.
„Muss ich dann von Alex runter?“, wollte Louis wissen.
„Eigentlich nicht.“
„Dann ist ja gut. Es ist schön gemütlich.“
Corinna lachte ein wenig. Ebenso wie Chris.
„Ich hole eben eine Flasche.“, meinte Chris dann und ging wieder raus.
„Wir haben doch schon eine. Die liegt nur auf Alex.“, meinte Cori.
„Du meinst wohl, neben Alex.“ Ergänzte Louis.
Corinna streckte ihm die Zunge raus und nahm den Teller von seinen Rücken. Kurz darauf kam Chris dann wieder rein und setzte sich zwischen Corinna und Alexandra. Ich setzte mich ihm gegenüber, während er die Flasche in die Mitte legte. Als ich dann saß, drehte er sie. Wir warteten kurz und sie wurde quälend langsamer. Bis sie bei Alexandra still blieb.
„Louis, es sieht ganz so aus als müsstest du doch von Alex runter kommen.“, meinte Chris.
„Muss das sein?“, wollte dieser wissen.
„Du kannst dich ja auf den Tisch legen.“, antwortete ihm Corinna.
„Nein danke.“
Er stützte sich mit den Händen ab und legte sich vorsichtig neben Alexandra. Diese setzte sich auf und atmete tief durch.
„Endlich. Luft!“, meinte sie danach.
„Hey.“, meinte Louis. „So schwer bin ich gar nicht.“
„Ich weiß. Ähm... könntet ihr vielleicht weg sehen?“
„Damit du es weg wischen kannst?“, hakte Corinna nach.
Alexandra rollte mit den Augen und wand sich dem Smiley zu.
„Schade um das kleine Kunstwerk.“
Damit beugte sie sich runter und begann tatsächlich den Dipp abzulecken.
„Wer bekommt den nächsten Smiley auf den Rücken?“, wollte Corinna wissen.
Chris lachte ein wenig und drehte die Flasche erneut. Ich dagegen gähnte ein wenig und streckte mich, weshalb ich nicht mitbekam auf den sie zeigte. Dann lachten Corinna und Chris jedoch, was mich dazu brachte auf die Flasche zu sehen.
„Sieht wohl so aus als müsstest du sich hinlegen.“, meinte Chris zu mir.
„Hey, warte mal. Das muss doch nicht sein, oder?“, wollte ich dagegen wissen und hob abwehrend die Hände
Chris dagegen packte einfach meinen Arm und brachte mich dazu mich auf den Bauch zu legen.
Verdammt.
Ich seufzte tief und ließ es über mich ergehen.
„Bist du endlich fertig?“, wollte Louis von Alexandra wissen.
„Jap.“
Louis atmete auf. Als die beiden dann zu uns sahen, hörte ich Alexandra kichern. Ich verkniff mir das Seufzen. Corinna war mit meinem Rücken groß beschäftigt... Was heißt Rücken. Das war schon an der Tallie!
„Wer darf es entfernen?“, wollte Louis wissen.
„Alex scheint der Dipp ja zu schmecken.“, gab Chris zurück.
Corinna nickte. „Den Eindruck hab ich auch.“
Ich wusste ganz genau das Chris' Grund, Alexandra sollte es machen, nicht daher herrührte das ihr der Dipp schmeckte. Ich zwang mich einfach nur dazu nicht an den eigentlichen Grund zu denken.
Es dauerte noch ein bisschen bis Corinna fertig war. Als es dann soweit war, sah ich mir den Smiley über die Schulter an.
„Sieht hübsch aus.“, meinte Alexandra.
„Findest du?“, hakte Chris nach, „Das linke Auge ist ein bisschen klein geraten.“
„Hast du ein Knick in der Linse?“
„Sieh doch mal. Das rechte geht bis da hin und das linke nur bis da.“
„Chris! Das ist die Nase!“
„Echt? ... Oh! Die hab ich ja ganz vergessen.“
„Seit wann hat ein Smiley eine Nase?“, fragte Louis nachdenklich, „Ich dachte immer die hätten nur Augen und Mund.“
„Jetzt wo du es sagst. Deiner hatte glaub ich auch eine Nase.“
„Macht meinen Smiley nicht so runter.“, beschwerte sich Corinna, „Er hat eine Nase damit er auch etwas riechen kann. Ist doch logisch.“
„Cori, ein Smiley wird nie etwas riechen können. Wofür braucht er dann eine Nase?“, wollte Alexandra daraufhin von ihr wissen.
Ich seufzte tief und wartete einfach. Sie diskutierten und diskutierten und diskutierten... bis ich einschlief.

Christoph
Als ich am nächsten morgen aufwachte, lag Alex nahe bei mir. Sogar in meinen Armen, wobei sie ihren Kopf an meine Brust lehnte. Es war etwas spät geworden, aber das hatte uns nicht interessiert. Als ich nun auf die Uhr sah stöhnte ich auf. 12:32 Uhr. Wir haben die Schule verschlafen.
Als Alex sich müde regte sah ich zu ihr hinab. Dann entspannte ich mich jedoch wieder, da sie weiter schlief. Kurz darauf stellte ich fest das Luca und die anderen beiden ebenfalls noch tief und fest schliefen. Bei Lucas Anblick musste ich jedoch grinsen. Ein wirklich großer Knutschfleck zierte seine Tallie. Dort wo Corinna den Smiley gemacht hatte. Alex hatte sich einfach nicht zurück halten können, wie sie sagte. Sie fand es einfach irre komisch wie er bei Knutschflecken reagierte.
Als Luca wenige Minuten später aufwachte, gähnte er noch lange und streckte sich.
„Wie spät ist es?“, wollte er wissen als er bemerkte das ich wach war.
„Lange nach 12 Uhr.“
„Was?“ Er sah zu mir und zog die Brauen zusammen. „Was machst du da mit deiner Cousine?“
„Schmusen?“
Er lachte leise.
„Hey, glaub nicht ich hätte nicht vergessen wie ihr zwei geschmust hättet.“
Nun zog er die Brauen hoch, bevor er sie wieder zusammen zog. „Wann soll ich mit ihr geschmust haben?“
„Vorletzte Nacht.“
Nun sammelte sich Röte in seinem Gesicht.
„Wie haben nicht geschmust.“
„Ach, und was war das dann?“
„Auf jeden Fall kein Geschmuse.“
„Verstehe. Hast ein neues Souvenir?“
Er zog die Brauen zusammen. „Souvenir?“
Ich grinste ihn an und deutete auf seine Tallie. Daraufhin blieb er kurz still und dachte nach.
„Ne oder.“, meinte er dann und sah auf seine Tallie. „Verdammt! Warum tut sie mir das nur an?“
„Frag mich das doch nicht. Es scheint ihr aber einen heiden Spaß zu machen.“
Die gemeinte Person seufzte und kuschelte sich etwas mehr an mich, wobei sie leise etwas vor sich hin murmelte. Ich lächelte ein wenig und zog sie ein bisschen enger an mich.
„Ihr schmust also doch.“, meinte Luca grinsend.
„Knutschfleck.“
Nun verzog er das Gesicht. Als wir dann ein Gepolter aus der Richtung des Schlafzimmers meiner Eltern hörten, sahen wir beide etwas irritiert zum Flur. Wir hörten meine Mutter kichern und mein Vater lachte leise.
„Oh Gott ist das peinlich.“, murmelte ich.
Luca lachte mich aus. Das schien jedoch Alex aufzuwecken, denn sie regte sich erneut und zog im Schlaf - oder Halbschlaf - die Augenbrauen zusammen. Ich bat Luca mit einer Geste still zu sein und deutete auf sie, woraufhin er leise wurde. Dann 'kroch' er zu mir rüber und sah ihr ins Gesicht.
„Nur gucken, nicht anfassen.“, meinte Dad von der Tür.
Abrupt drehte ich mich mit Alex im Arm um, während Luca aufsah.
„Hm? Was?“, meinte Alex verschlafen und hob langsam den Kopf. „Ist es schon Zeit für die Schule? Ich will nicht. Ich bin müde.“
„Kathy und ich haben verschlafen.“, meinte Dad entschuldigend und rieb sich den Nacken.
Er stand da gerade mal in seiner Pyjamahose. Okay, eigentlich war es eine Jogginghose, aber er benutzte sie immer zum schlafen.
„Verschlafen. Aha.“, gab ich zurück.
Er grinste nur und ging wieder.
„Mir egal ob wir noch später zur Schule gehen. Ich will weiter schlafen.“, murrte Alex.
Ich atmete kurz tief durch. „Alex, wir haben bereits bis 12 geschlafen. Okay, du hast nun bis 13 Uhr geschlafen aber trotzdem würde es nichts mehr bringen zur Schule zu gehen.“
„Gut so.“
Sie schwieg einen Augenblick. Dann hob sie den Kopf und sah mich an.
„Ich hab furchtbaren Hunger.“
Unwillkürlich musste ich lachen. Sie dagegen lächelte mich an und sah dann zu Luca.
„Du bist ja auch schon wach.“
„Äh... ja. Sag mal... Hast du vor mich zu foltern?“, wollte Luca darauf wissen.
„Foltern?“ Alex zog die Brauen zusammen.
Luca deutete auf den riesigen Knutschfleck auf seiner Tallie. Alex musste sich ein grinsen verkneifen.
„Ach ja. Den hab ich schon ganz vergessen.“
„Ich mache erst mal Frühstück.“, meinte ich und legte Alex vorsichtig auf meinen Platz.

Alexandra
„Frühstück?“, hakte ich nach und sah ihm aufmerksam hinterher. „Was gibt es denn?“
„Sag ich nicht.“, gab Chris zurück und verließ das Wohnzimmer.
„Okay, ich denke mal du hast wirklich vor mich zu foltern, oder?“, fragte Luca.
„Bin ich denn so schlimm?“
„Im Gegenteil.“
„Definiere.“
Er schwieg. Ich könnte schwören gesehen zu haben wie er rot anlief, bevor er aufstand und aus dem Zimmer Richtung Bad ging. Ich dagegen seufzte und legte mich auf den Rücken, während ich die Decke etwas höher zog. Schien es nur so oder war es kälter geworden?
Als ich zu Louis und Cori sah, grinste ich ein wenig. Louis lag auf dem Rücken, die Decke quer über seinem Bauch und Hüfte und Cori lag auf dem Bauch... und auf seinem Bauch. Unter der Decke. Die beiden konnten ja so chaotisch sein.
Ich schüttelte ein wenig den Kopf und kuschelte mich etwas mehr in die Decke. Kam Luca überhaupt noch wieder?
Nach ein paar Minuten stand ich auf und ging in mein Zimmer um mich anzuziehen. Dann ging ich zu Chris in die Küche und setzte mich an den Tisch.
„Dauert es noch sehr lange?“, wollte ich wissen, „Ich verhungere gleich.“
Er lachte ein wenig und sah zu mir. „Wann verhungerst du mal nicht?“
„Hey. Ich kann doch auch nichts für meinen Appetit.“
„Ach nein?“
„Nein.“
„Weißt du, manchmal frage ich mich wie so viel in dir hinein passt. Hast du ein schwarzes Loch in deinem Magen, oder so?“
Ich schürzte die Lippen. „Quatsch. Schwarze Löcher gibt es nur im Weltall.“
„Sicher?“
Ich öffnete den Mund um etwas zu erwidern, schloss ihn dann jedoch wieder, nur um ihn dann wieder zu öffnen.
„Man könnte es mit Pappe nach basteln, aber das wäre dann kein richtiges schwarzes Loch.“
„Okay, das stimmt auch wieder. Wo hast du eigentlich Luca gelassen?“
„Er ist ins Bad gegangen und nicht wieder gekommen.“
„Was hast du mit ihm angestellt?“
„Nichts. Ich hab ihn nur etwas gefragt.“
„Und das wäre?“
„Also, erst hab ich ihn gefragt ob ich wirklich so schlimm bin. Daraufhin meinte er nur 'Im Gegenteil'. Also hab ich ihn gebeten es zu definieren. Kurz darauf ist er ins Badezimmer gegangen.“
Und seit dem lief dort das Wasser.
„Du machst Sachen.“, meinte Chris amüsiert.
„Was hab ich gemacht?“
„Ach, nichts nichts.“
„Christoph.“
„Anwesend.“
„Was soll ich gemacht haben?“
„Nichts.“
„Chris.“
„Alex.“
„Ärger mich nicht.“
„Ach, tu ich das?“
„Ja.“
„Ist mir gar nicht aufgefallen.“
„Mmmm...“
Er lachte wieder leise und wand sich wieder dem Essen zu. Wenige Minuten später stand es vor mir und gerade als ich anfing zu essen, ging das Wasser im Bad aus. Kurz darauf kam Luca rein. Er hatte sich schon angezogen. Nebenbei bemerkte ich auch seine nassen Haare.
„Bekomme ich auch was?“, bat er.
Chris seufzte kurz und füllte ihm ein Teller auf.
„Was riecht hier denn so lecker?“
Nun sahen wir alle zur Küchentür, als Coris verschlafene Stimme von dort ertönte.
„Dann stelle ich mich wohl mal wieder an den Herd.“, meinte Chris und stand wieder auf.
Cori nahm zu meiner Linken platz und Louis neben ihr. Luca saß zu meiner Rechten.
„Ich glaub ich hab ein Muskelkater.“, meinte Louis und rieb sich den Nacken.
„Vielleicht verträgt sich der Dipp ja nicht so gut mit deiner Haut.“
Cori grinste ein wenig, während Louis die Brauen zusammen zog.
„Müsste ich den dann nicht hier haben.“, meinte er dann und deutete auf die Stelle auf der Coris Smiley war.
„Das ist wahr.“, stimmte Cori zu.
„War ja nur eine Vermutung.“, gab ich zurück, „Vielleicht lag es auch daran das Cori auf dir gelegen hat.“
„Hat sie?“, hakte er nun nach und sah seine Schwester an. „Wolltest du mich platt machen?“
„Hey! So dick bin ich gar nicht.“, gab sie zurück.
„Ach nein? Was ist dann das hier?“ Er knuffte ihr verspielt in die Seite.
„Ich bin nicht zu dick.“, gab sie nur zurück.
„Überhaupt nicht.“, stimmte Louis ironisch hinzu.
„Alex, findest du ich bin dick?“
„Nicht im geringsten.“, gab ich zurück.
„Hörst du, Louis? Ich bin nicht dick.“
„Nun, wenn du nicht dick bist, dann bist du eben fett.“
„Sag mal, gibt es hier eigentlich ein Aquarium, oder so?“, fragte Cori.
„Ja, ganz schnell das Thema wechseln.“, meinte Louis belustigt.
„Bist ja nur neidisch weil du das nicht kannst.“
„Ich muss das nicht können. Ich habe keinen Grund dazu.“
„Ja, es gibt hier ein Aquarium.“, gab Chris zur Antwort, „Warum fragst du?“
„Ich wollte schon immer mal in so ein Aquarium. Große Haie, kleine Fische!“
„Das ist ein Film, Cori.“, meinte ich, „In einem Aquarium wirst du nie ein Hai finden mit dem du schmusen kannst.“
„Hab ich doch nicht behauptet. Ich wollte sie mir nur ansehen.“
„Und vielleicht noch ein bisschen schwimmen?“, schlug Louis vor.
„Ne, lass mal lieber.“
„Was mal wieder?“
„Ich sagte, 'ne, lass mal lieber'.“
„Sag ich doch. Was mal wieder.“
„Du bist echt schwer von begriff.“
„Ich weiß. Mach ich alles mit Absicht.“
„Das bezweifle ich langsam.“
Chris schüttelte den Kopf. „Wie wäre es wenn wir heute ins Aquarium gehen?“, schlug er vor.
„Oh, das wäre super.“, gab Cori lächelnd zurück.
„Ich würde es auch gerne mal ansehen.“, stimmte ich zu.
„Ich hab nichts dagegen.“, fügte Luca hinzu, „Soweit ich weiß sollen die ja jetzt auch Robben da haben.“
„Wie süß.“, meinte ich lächelnd.
„Torpedo.“, meinte Louis nur grinsend.
Angesichts der Anspielung auf eines unserer Besuche in einem Zoo, schmunzelte ich ein wenig. Diese Robben konnten wirklich wirken wie ein Torpedo. Sie mussten nur unter Wasser schwimmen. Ich hatte mich halb tot gelacht als ich sie damals gesehen hatte.
„Wann gehen wir denn?“, fragte Cori weiter.
„Wie wäre es um 14 Uhr?“, schlug Chris vor.
„Wie spät ist es denn?“, wollte Luca wissen.
Nun wurde es still und alle sahen auf die Uhr. 13:50 Uhr.
„Nun, so wie es aussieht sollten wir uns mit fertig machen beeilen.“, meinte ich und legte den Kopf etwas schräg als sie 13:51 Uhr anzeigte. „Also, ich bin schon fertig. Muss mir nur kurz die Zähne putzen.“
Während Cori und Louis aus der Küche eilten um sich fertig zu machen, begann Chris mit dem Abwasch, während ich mit Luca ins Bad ging um die Zähne zu putzen.
„Deine Zähne scheinen dir ja sehr wichtig zu sein.“, meinte er unterwegs.
„Ja klar. Stell dir mal vor niemand auf der Welt würde sich die Zähne putzen. Dann hätten alle nur noch ekelhafte schwarze Stümpfe im Mund und im schlimmsten Falle würden einige an irgendwelchen Krankheiten sterben.“
„Ich habe eben gegessen.“
„Ich auch. Tut mir Leid.“
„Naja, noch muss ich mich ja nicht übergeben.“
Ich schmunzelte ein wenig, nahm meine Zahnbürste und versuchte noch etwas Zahnpasta aus der Tube zu bekommen. Leichter gesagt als getan.
„Ich hasse diese Teile.“, murmelte ich.
„Lass mich mal kurz.“
Luca nahm mir Tube und Zahnpasta aus der Hand und schaffte es tatsächlich noch etwas aus der Tube zu bekommen.
„Wie hast du das denn jetzt hinbekommen, bitte?“
„Hat mir Dad mal gezeigt.“
„Cooler Trick.“
Er nahm sich seine eigenen Zahnputzsachen und kurz darauf standen wir beide nur da und schrubbten unsere Zähne.
„Ich frag mich ja ob die Menschheit es schafft anderen die Zähne zu putzen ohne ihnen weh zu tun.“, meinte ich irgendwann.
Er lachte ein wenig darüber wie es sich anhörte. „So schwer dürfte es eigentlich gar nicht sein.“
Unwillkürlich musste ich ebenfalls lachen. „Wir können es ja mal ausprobieren.“
„Das heißt, ich vegetiere zum Versuchskaninchen?“
„So ungefähr.“
„Okay.“
Wir tauschten die Zahnbürsten und versuchten uns dann gegenseitig die Zähne zu putzen. Irgendwann konnte ich nicht anders als zu lachen und rutschte ein bisschen ab, was dazu führte das ich die Zahnpasta etwas unschön um seinen Mund verteilte. Er hielt kurz inne und ich musste noch mehr lachen. Kurz darauf hielt er kurz mein Kopf fest und schmierte mir Zahnpasta auf die Nase, woraufhin wir beide lachen mussten als ich es im Spiegel sah. Wenige Sekunden später sah Chris herein.
„Was macht ihr denn da?“, wollte er wissen.
Wir hielten inne und drehten uns zu ihm um. Daraufhin schwieg er kurz und musterte uns für einen Augenblick.
„Okay, warum hast du, Luca, Alex' Zahnbürste und du, Alex, Lucas Zahnbürste?“, fragte er schließlich.
„Wir versuchen uns gegenseitig die Zähne zu putzen.“, gab ich zurück und lachte ein wenig.
„Na, das ist euch ja blendend gelungen.“
Daraufhin mussten Luca und ich wieder lachen, woraufhin Chris belustigt den Kopf schüttelte und die Tür wieder zuzog. Wenige Minuten später, nach lachen und herum experimentieren, spülten wir und sann die Münder aus und gingen dann in den Flur, wo die anderen warteten.
„Fertig?“, wollte Chris wissen.
Ich nickte, woraufhin wir dann raus gingen und uns auf den Weg machten.

Etwa eine halbe Stunde später drückte Cori ihre Nase an die Scheibe, während ein Kugelfisch vor ihr war und sie ansah.
„Sie kommunizieren.“, kommentierte Louis.
„Körper- oder Zeichensprache?“, wollte ich wissen.
„Äh...“
Als wir Cori leise etwas murmeln hörten, schmunzelte ich.
„Kugelfischisch.“
„Was?“, lachte ich.
Chris schüttelte leicht lachend den Kopf und ging mit uns weiter.
„Hey, sieh mal.“, meinte ich zu Louis, „Findet Nemo.“
„Na, viel Spaß bei der Suche.“, meinte Chris.
Wir standen vor einem Becken voll mir Anemonenfischen. Cori legte den Kopf etwas schräg.
„Na, die Eltern haben sich wohl ziemlich gemocht.“
„Corinna.“, meinte ich tadelnd, „Hast du in Bio nicht aufgepasst? So ein Fisch legt nicht nur 1 - 5 Eier sondern viel mehr. Ich weiß gar nicht wie viele genau.“
„Hey, ob wir wohl bei denen schwimmen dürfen?“ Sinnierte Cori dann.
„Damit du wieder Aquamobbing betreiben kannst?“, wollte ich von ihr wissen.
„Was ist bitte Aquamobbing?“, wollte Chris wissen.
„Arme kleine Fische rum schubsen. Bis ein Wal kommt und dich rum schubst. Aquamobbing.“
Luca brach mit Chris und Louis in Gelächter aus, während Cori einen Schmollmund zog.
„Hey, ich sags euch. Cori hat bereits Aquamobbing betrieben.“, meinte ich und sah wieder zu den Anemonenfischen. „Damals als wir in Spanien am Meer waren, weißt du noch?“
„Das war kein Aquamobbing.“, gab Cori zurück, „Die waren alle um mich herum, da passiert es doch mal das ich sie aus Versehen mal treffe.“
„Die meine ich doch gar nicht. Ich meine als wir in Costa Blanca waren. Du bist ein Profi im Aquamobbing.“
Die drei Jungs brachen wieder in Gelächter aus, während Cori ein Schmollmund zog.
„Keine Sorge, Cori. Das Aquamobbingopfer war Jonny.“
„Oh, dann ist es ja gut.“
„Und die spanischen Fische.“
„Hey!“
Daraufhin musste ich selber lachen, während sie ebenfalls nicht anders konnte als zu lachen.
„Okay, jetzt wollen wir aber weiter.“, meinte Chris als wir uns beruhigt hatten.
„Ganz richtig.“, stimmte ich zu.
„Haben die hier auch Torpedos?“, wollte Louis wissen.
„Hier wird nicht scharf geschossen.“, gab ich zurück.
Louis schmunzelte ein wenig. „Ich meinte die Robben.“
„Ich sagte doch, hier wird nicht scharf geschossen.“
„Hey, Davis.“
„Alex, ich rede hier nicht von scharf schießen, sondern von den Robben. Die im Pazifik vor sich hin schwimmen.“
„Louis, irgendwann müssen auch die Robben mal schlafen. Und wie ich dir nun zum dritten mal sagte, hier wird nicht scharf geschossen. Wie du sehen kannst, sind wir hier bei den Anemonenfischen, also wirst du hier keine Robben finden.“
Cori fing wieder an zu lachen, während Louis seufzte und den Kopf hängen ließ.
„Wenn hier Robben sind, dann sicher irgendwo anders. Ich hoffe nur das Cori nicht versucht mit denen ebenfalls Aquamobbing zu betreiben.“
„Aquamobbing?“
Ich drehte mich überrascht um als ich Davis' Stimme hinter mir hörte. Cori musste sich an Louis abstützen damit sie nicht fiel, während Chris und Luca sich anstrengten nicht zu lachen.
„Rum schubsten von kleinen Fischen, bis ein Wal kommst und dich rum schubst.“, erklärte Chris ihm und versuchte weiterhin nicht zu lachen, was ihm nicht so recht gelingen wollte.
Davis zog überrascht die Brauen hoch, bevor er sich an mich wand
„Ich wollte dich kurz etwas fragen.“, meinte er dann etwas leiser.
Ich bat die anderen mit einer Geste kurz zu warten und folgte Davis dann ein Stück weiter weg. Ich sah wie Chris uns leicht verwundert hinterher sah und dann etwas zu den anderen sagte, woraufhin sie lachten. Ich schmunzelte ein wenig und wand mich an Davis als er stehen blieb.
„Was ich dich fragen wollte...“, hob er an und sah kurz in eines der Aquarien. „Hast du vielleicht Lust heute Abend mit mir ins Kino zu gehen?“ Nun sah er mich an. „Adam hatte eigentlich vor mit mir dahin zu gehen und hatte die Karten vorbestellt. Aber ihm ist etwas dazwischen gekommen. Er muss in ein paar Stunden weg und kommt wahrscheinlich erst morgen wieder.“
Ich lächelte ein wenig und nickte.
„Ehrlich?“
Ich nickte wieder.
Daraufhin lächelte er mich an. „Schön. Dann hole ich dich um 20 Uhr an ja?“
Ich nickte wieder. Wann war ich das letzte mal im Kino? Ich war mir sicher es wäre ein Horror oder ein Thriller. Immerhin wollte er ja mit seinem Adoptivvater dort hin.
„Dann ähm... sag ich mal bis heute Abend.“
Ich schmunzelte ein wenig über seine Unsicherheit, hielt ihn kurz am Arm und küsste ihn auf die Wange. Daraufhin lächelte er wieder und rieb sich den Nacken. Ich lächelte ihn noch kurz an und ging dann wieder zu den anderen.
„Was wollte er von dir?“, wollte Chris wissen, während Cori damit rang sich vom lachen zu beruhigen.
„Wir haben uns nur verabredet.“, gab ich zurück und ging mit ihnen weiter.
„Verabredet?“, hakte Louis nach, „Jemand verabredet sich mit MEINER Alex?“
Cori brach wieder in Gelächter aus, während ich ihn angrinste.
„Natürlich.“
„Du brichst mir das Herz.“
„Tut mir Leid, das ist Abbygale schon vorbestimmt.“
Er öffnete den Mund um etwas zu sagen, entschied sich dann doch anders, fluchte leise und schwieg. Ich dagegen lachte ein wenig und klopfte ihm auf die Schulter.
„Nimm es nicht so tragisch, Louis. Noch ist es ja nicht passiert.“
„Noch.“, stimmte Chris grinsend hinzu.
„Hey.“, gab Louis zurück, „Abbygale liebt mich. Und ich liebe sie.“
„Jetzt hast du mir das Herz gebrochen.“, meinte ich schmunzelnd.
„Oh, das wollte ich nicht.“, gab er zurück und schlang einen Arm um meine Schultern. „Ich halte dich dann besser bei mir, damit du nicht zu deinem neuen Freund rennen kannst. So hab ich mehr von dir.“
„Ha! Das erzähle ich Abbygale.“, meinte Cori, die endlich aufgehört hatte zu lachen.
„Das wagst du nicht.“, gab Louis zurück und begann Cori durch die Gänge zu jagen.
„Für wann habt ihr euch eigentlich verabredet?“, wollte Chris wissen.
„Er holt mich heute um 20 Uhr ab.“
„Und was macht ihr?“
„Warum sollte ich das verraten?“
„Drei mal darfst du raten.“
„Weil du besessen von mir bist.“
„Direkt ins schwarze.“, lachte Luca.
„Cool. Ich habe einen besessenen Cousin.“
„Ich wusste gar nicht das das cool ist.“, meinte Chris leicht verwirrt, „Und außerdem darf ich von dir besessen sein.“
„Warum?“
„Na, weil das eben ich bin. Ich hab Privilegien die anderen nicht haben.“
„Dazu gehört?“
„Das muss ich mir noch überlegen.“
Ich lachte ein wenig. „Das hast du dir also nur ausgedacht.“
„Ich sagte doch, Privilegien die andere nicht haben. Damit meine ich auch anderen Cousins in Bezug auf ihre Cousinen.“
„Ach, du.“
„Ach, ich?“
„Ja, du.“
„Was ist mit mir? Was hab ich verbrochen?“
„Aquamobbing.“
„Was? Ich? Ich doch nicht. Du kennst mich doch.“
„Hab ich das Wort Opfer vergessen?“
„Wann hat Cori denn ihre Spezialgebiet bei mir angewendet?“
„Ach, so hier und da.“
„Das erklärt wo, aber nicht wann.“
„Dann und dann?“
„Was hab ich getan um das zu verdienen?“
„Woher soll ich das denn wissen?“
Er schmunzelte belustigt. „Was hast du eigentlich gestern mit Davis gemacht?“
„Ich nix wissen.“
„Du bist unfair.“
„Kommt mal vor. Cori, Louis, wir wollen weiter.“
Er lachte ein wenig über den Ton in meiner Stimme. Als wären Cori und Louis Kinder die gerade zusammen spielten. Das waren sie doch auch, oder etwas nicht?
„Ist ja schon gut, Mama.“, meinte Cori als sie bei uns waren.
Nach einigen Minuten Suchzeit, fanden wir die gesuchten Robben. Diesmal war es Louis der die Nase an die Scheibe drückte um die Robben zu beobachten.
„Bald siehst du aus wie einer Perserkatze.“, mahnte ich ihn.
„Woher hat sie die ganzen Sprüche?“, wollte Luca von Chris wissen.
„Keine Ahnung. Sie hat viele solcher Sprüche wenn sie gut drauf ist.“
„Hey, Alex sieh mal. Die Robben fangen auch schon mit dem Aquamobbing an.“, meinte Cori und deutete ins Wasser.
„Corinna, das ist kein Aquamobbing. Die machen nur ein paar kleine Liebesspielchen.“
„Liebesspielchen, ja? So wie du und Davis?“
Ich zog die Brauen zusammen. „Wir machen keine Liebesspielchen. Es sind nur treffen.“
„Wo ward ihr denn gestern?“
„Ich sag es dir nur wenn du den anderen nichts erzählst.“
Sie schloss pantomimisch ihren Mund ab und warf den Schlüssel weg. Daraufhin ging ich mit ihr ein Stückchen weiter weg.
„Wir waren im Park.“, meinte ich dann.
„Wie? Mehr nicht?“
„Doch. Wir waren in einem kleinen Wald, wo er mich nahe der Klippe gebracht hat und mit mir auf einen Baum, geklettert ist, wo wir uns dann den Sonnenuntergang angesehen haben.“
„Und weiter?“
„Danach sind wir zu einer Lichtung gegangen mit einem Brunnen und Lichtern.“
„Weiter.“
„Wir waren noch an einer weiteren Lichtung und sind dann nach hause gegangen.“
„Wie langweilig.“
„Im Gegenteil. Es war wunderschön und es hat sehr viel Spaß gemacht. Er hat mir auch das eine oder andere Geheimnis anvertraut.“
„Und die waren?“
„Das erzähle ich dir nicht. Es sind seine Geheimnisse und ich möchte sie nicht verbreiten. Reicht es nicht das ich dir erzähle was wir gemacht haben?“
„Das stimmt auch wieder.“
„Erzähle es aber nicht den anderen, ja.“
„Warum?“
„Ich hab es ihm versprochen.“
„Oh. Kein Problem. magst du ihn eigentlich?“
„Wen?“
„Davis.“
„Nun... Er ist wirklich sehr nett, liebevoll und achtet auf mich wenn wir unterwegs sind.“ Ich lächelte ein wenig. „Er ist richtig süß und... Wir haben einiges gemeinsam.“
„Zum Beispiel?“
Ich biss mir auf die Unterlippe und lächelte sie an. „Das wüsstest du wohl gerne, oder?“
„So einen will ich auch haben.“
„Wir sind hier nicht bei der Partnerbörse.“
„Und? Wenn du mir schon verheimlichst was ihr gemeinsam habt, muss er ja toll sein.“
„Das ist untertrieben.“
Sie hielt kurz inne. „Mehr als toll? Meinst du wunderbar?“
„Wer weiß?“
„Ärger mich nicht ständig.“
„Tu ich das denn?“
„Aquamobbing?“
Ich hob unschuldig die Hände. „Ich wars nicht.“
„Wer dann?“
„Deine imaginäre Freundin.“
„Ich bin doch kein Psychopath.“
Ich biss mir auf die Lippen um nicht zu lachen als ich mich an den Thriller erinnerte den ich mit Chris und Luca gesehen habe.
„Okay, wie hieß der Film?“, wollte Cori wissen.
„Ich hab den Titel vergessen.“
„Und mit wem hast du ihn dir angesehen?“
„Mit Luca und Chris.“
„Und wo war der Witz?“
„Der Killer im Thriller war ein Psychopath.“
„Und was ist jetzt so witzig daran? Ich meine, die meisten Killer aus Thriller sind doch Psychopathen, oder nicht.“
„Ja, aber...“
„Aber?“
„Psychopathen verbinde ich immer mit der Irrenanstalt und den Gummizellen.“
Sie lachte ein wenig und nickte. „So einen Psychopathen haben die, glaub ich, noch nie in einem Horror gezeigt. Also, ein psychopathischer Killer in einer Gummizelle.“
„Höchstens am Ende.“, stimmte ich zu.
„Kommt her, ihr zwei!“, rief Chris uns zu, „Wir wollen weiter.“
„Sind unterwegs!“, rief ich zurück und ging mit Cori zu den drei Jungs.

„Was machen wir wenn wir hier fertig sind?“, wollte ich wissen als wir das Aquarium verließen, „Wo gehen wir jetzt eigentlich hin?“
„Was hältst du von... Wie wäre es wenn wir in den Zoo gehen?“, schlug Chris vor.
„Das könnten wir ja eigentlich morgen machen.“
„Stimmt auch wieder. Eis essen?“
„Oh, ich will Erdbeere und Kirsche!“, rief Cori aus, „Und Vanille! Oh, und Zitrone! Mit Erdbeersoße!“
„Davon wirst du nur noch dicker.“, meinte Louis.
„Ich bin nicht dick, wie soll ich dann dicker werden?“
„Das wüsstest du jetzt wohl gern, oder?“
Sie piekte ihn dafür in den Bauch. Ich schmunzelte und folgte Chris und Luca die Straße hinunter. Bei den beiden angekommen stellte ich mich zwischen die beiden.
„Hast du eigentlich etwas dagegen wenn ich mein Eis verrühre?“, wollte ich von Chris wissen.
„Eigentlich nicht. Aber nur wenn ich dich auch verrühren darf.“
„Wie willst du mich denn verrühren?“
Er nahm mich an der Hand und drehte mich ein paar mal vor sich.
„Das ist kein verrühren.“, meinte ich und hielt mich an ihm fest als ich drohte umzukippen. „Ich nenne das shaken.“
„Shaken? Wie ein Milchshake?“
„Genau.“
„Dann darf ich dich eben shaken.“
Damit drehte er mich erneut. Einmal, zweimal, dreimal, viermal, stillstand. Ich dagegen lief automatisch nach rechts, da mein Gleichgewicht noch nicht aufgebaut war und lief somit in Luca rein.
„Hoppalla.“, meinte ich, „'tschuldige.“
„Nicht weiter schlimm.“, gab er zurück und hielt mich kurz fest, da ich wieder zu fallen drohte. Dann hatte ich mein Gleichgewicht schon wieder und wir gingen weiter.
„Sag mal, Luca... Wir findest du eigentlich Corinna?“, wollte ich etwas später wissen.
„Wie bitte?“, hakte er irritiert nach, „Corinna? Äh... lieber nicht, danke.“
„Warum denn nicht? Sie ist doch hübsch, nett, schlau, sie isst zwar nicht so viel wie du aber schon etwas mehr, sie ist dünn... Mehr fällt mir gerade nicht ein.“
„Nein Danke.“, gab er nur zurück.
„Bist du sicher? In gewisser Hinsicht ist sie sogar wie ich. Sportlich, akrobatisch...“
„Alexandra.“, unterbrach er mich.
„Anwesend.“
„Corinna ist nichts für mich.“
„Schade. Das hätte nämlich gepasst. Zwei meiner besten Freunde sind ein Paar. Das würde doch perfekt passen, oder nicht.“
„Alex?“, medete sich nun Chris.
„Ja?“
„Was hat Davis heute Abend eigentlich mit dir vor?“
„Sag ich dir nicht.“
„Warum denn?“
„Vielleicht will ich dich ja ärgern.“
„Was habt ihr denn gestern gemacht?“
„Ich nix wissen.“
„Lügnerin.“
„Hey, das ist die reine Wahrheit.“
Er zog mich an der Tallie zu sich und knuffte mir in die Seite.
„Du weißt genauso gut wie ich das das eine Lüge ist.“
„Wie willst du es denn wissen?“
„Du warst doch gestern bei ihm, also wirst du doch wohl wissen was ihr gemacht habt.“
„Ich nix wissen.“
Er knuffte mir erneut in die Seite. „Lügnerin.“
„Nur weil ich dich ärgere, lüge ich nicht gleich.“
„Hmmm... Doch, doch. Ich denke schon, doch.“
„He.“
Er lächelte darauf nur ein wenig und küsste mich auf die Wange. Wenige Minuten später kamen wir an einer Eisdiele an. Da es recht heiß war setzten wir uns draußen in den Schatten. Cori bekam ihr Eis mit Erdbeere, Kirsche, Vanille, Zitrone und Erdbeersoße. Louis gab sich mit drei Kugeln Schokoladeneis zufrieden. Ich dagegen...

Gegen 19 Uhr waren wir wieder zu hause. Wir haben lachend festgestellt das Chris mit Eis im Gesicht gar nicht so schlecht aussah. Danach mussten wir alle jedoch feststellen das Eis im Gesicht recht kalt war.
„Ich habs in den Haaren.“, beschwerte sich Cori als wir ins Haus gingen.
„Ich habs in den Haaren, im Nacken, unter meinen Sachen und auf meinen Sachen.“, gab ich zurück, „Versuch das mal zu toppen. Und es klebt.“
„Du hast es unter deinen Sachen?“, hakte Chris nach.
„Darf ich mal gucken?“, wollte Louis wissen.
„Nein. Das ist mein Körper und den bekomme nur ich zu Gesicht.“
„Abgesehen von der Haut die wir sehen dürfen wenn du dein Nachthemd anhast.“
Ich öffnete den Mund um etwas zu sagen, schloss ihn dann jedoch wieder und ging in Richtung Bad.
„Ich gehe als erste duschen.“, meinte ich dann und verschwand im Badezimmer.
Unter der Dusche musste ich dann feststellen das Eis im Haar schwer auszuwaschen ist. Ich wusste nicht wie lange ich im Bad war, aber ich hörte das jemand an der Tür klingelte. Wenig später klopfte es an der Tür.
„Alex, du hast Besuch.“, meinte Chris.
Ich seufzte. „Ich bin gleich fertig.“
„Soll er in deinem Zimmer warten?“
„Wenn er möchte.“
Daraufhin wurde es wieder leise. Nachdem ich dann nach dem siebten mal Haare waschen das Eis endlich raus bekommen hatte, stieg ich aus der Dusche und trocknete mich gründlich ab. Dann fiel mir jedoch ein das ich mir keine frische Kleidung aus meinem Zimmer geholt hatte.
„Oje.“, murmelte ich und wickelte mich in einem Handtuch ein.
Dann ging ich aus dem Bad, fröstelte kurz da es im Bad viel wärmer war und ging in mein Zimmer. Glück gehabt. Davis wartete wohl im Wohnzimmer. Ich ging zu meinem Schrank, nahm mir frische Sachen raus und zog mich schnell an. Dann kämmte ich mir die Haare und ging dann wieder raus. Wie ich es mir dachte wartete Davis wirklich im Wohnzimmer. Theo saß auf einem Sessel und sah misstrauisch von Cori über Chris und Luca zu Louis. Ehrlich gesagt wusste ich sogar warum er wohl so misstrauisch war. Die vier verkniffen sich offensichtlich ein Lachen. Als er mich dann sah lächelte er.
„Du siehst wunderbar aus. Genauso wie Katie.“, meinte er, „Wie schade das sie meine Schwester war.“
Ich schmunzelte etwas und senkte den Blick.
„Schade nur das wer deine Schwester war?“, wollte Kathy wissen als sie hinter mir trat.
„Wann gibt es essen?“, wollte Cori wissen.
„Du isst so schon zu viel.“, meinte Louis.
„Tu ich gar nicht.“
„Doch.“
„Nein.“
„Sieh dich doch mal an.“
„Im Gegensatz zu dir nehme ich wenigstens nicht zu.“
„Ich nehme nicht zu. Ich nehme ab.“
„Ja, vom Teller.“
„Du tust ja gerade so als ob ich mir ein Beispiel von dir nehmen würde.“
„Nein. Wohl eher von Alex.“
„Mich bekommt man noch satt.“
Chris hielt den beiden schnell die Münder zu und sah zu Davis. „Einfach nicht beachten. Die beiden scheinen einfach nur eine Schraube locker zu haben.“
„Wo geht ihr zwei eigentlich hin?“, wollte Theo wieder wissen.
„Wir sehen uns ein Film im Kino an.“, murmelte Davis, „Adam ist etwas dazwischen gekommen.“
„Viel Spaß.“
Davis stand auf und ging dann zu mir. Ich winkte den anderen noch kurz zu, bevor ich dann mit ihm raus ging.
„Du hast seltsame Freunde.“, meinte er und nahm meine Hand als wir los gingen.
Ich schmunzelte etwas.
„Wann redest du eigentlich mit mir?“
Ich räusperte mich kurz. „'tschuldige.“
Das brachte ihn zum lächeln. „Du hast eine sehr schöne Stimme.“
„Danke.“
„Du siehst auch fabelhaft aus.“
„Du siehst auch nicht schlecht aus.“
„Darf ich fragen wer Katie ist?“
„Meine Mutter.“
„Oh.“ Er machte eine kurze Pause. „Du musst sie sehr vermissen.“
„Du doch sicher auch.“
„Stimmt schon. Aber bei mir ist es länger her. Ich kann damit umgehen. Wo hast du eigentlich die beiden Freunde her?“
„Corinna und Louis. Es sind Geschwister. Ich hab sie in der Bostoner Schule kennen gelernt. Sie sind meine besten Freunde.“
„Und... Louis?“
„Wir sind nur Freunde. Er ist mit Abbygale zusammen.“
„Du scheinst Chris sehr zu mögen.“
„Oh ja. Er ist der einzige in meiner Familie der im selben Alter ist. Ich habe ihn furchtbar lieb. Ich kenne ihn so lange.“
Er lächelte und verschränkte seine Finger mit meinen. „Und Luca?“
„Luca ist ein prima Freund. Es war ziemlich überraschend als Chris sagte er würde so viel essen wie ich.“
„Isst du denn viel?“
„Ich kann eine Menge verdrücken. Aber irgendwie werde ich davon nicht dick.“ Ich piekte mir in den Bauch. „Eigentlich müsste ich schon mehr als 10 Kilo zugenommen haben.“
Er lachte ein wenig. „Vielleicht mögen dich die Pfunde einfach nur nicht.“
Ich schmunzelte etwas. „Was sehen wir uns eigentlich für einen Film an?“
„Eigentlich wollten Adam und ich einen Horror ansehen. Aber soweit ich weiß können wir auch einen anderen Film ansehen ohne groß draufzuzahlen. Du kannst dir einen Film aussuchen.“
Ich lächelte etwas. „Würdest du mit mir auch in eine Liebesschnulze gehen?“
„Klar.“
Ich lächelte etwas mehr, biss mir leicht auf die Lippe und küsste ihn auf die Wange. „Du bist süß.“
Er lachte kurz. „Ich hoffe es ist gut wenn ein Junge süß ist.“
„Also, ich finde es gut. In Boston gab es nur sehr wenige süße Jungs. Fand ich gar nicht so süß.“
„Heißt das ich habe Glück das du mich süß findest?“
„Nicht unbedingt. Du bist es einfach.“
„Aber so süß wie du bin ich sicher nicht.“
Ich merkte wie ich etwas rot wurde. Nur wenige Minuten später kamen wir dann am Kino an. Ich sah mir an welche Filme es gab und überlegte eine Weile.
„Wie wäre es mit dem da?“, wollte ich wissen und deutete auf... eine Liebesschnulze.
„Kein Problem. Warte kurz.“
Damit ließ er kurz meine Hand los und holte die Karten. Ich dagegen sah mich in dem Gebäude um. Es sah anders aus als in Boston, aber dennoch irgendwie gleich.
„Ich hab die Karten.“, meinte Davis als er wieder bei mir war und nahm wieder meine Hand.
Ich lächelte und folgte ihm. Im Saal angekommen gingen wir auf unsere Plätze und warteten bis es los ging. Das schien noch eine Weile zu dauern.
„Möchtest du etwas trinken, oder so?“, fragte er währenddessen, „Ich kann Popcorn holen.“
„Oh, ich liebe Popcorn.“
Er lachte ein wenig. „Ich bin gleich wieder da.“
Damit ging er wieder. Ich wartete nicht mal lange. Drei Minuten später kam er wieder und setzte sich neben mich.
„Ich hab noch was zu trinken mitgebracht.“, meinte er als er mir die Tüte Popcorn gab und reichte mir zusätzlich noch einen Becher mit Cola.
„Danke.“
„Nicht dafür.“
Beinahe unmittelbar danach begann auch schon der Film. Mein Popcorn war aus mir unbekannten Gründen nur leider schnell leer. Meine Cola war zu dem Zeitpunkt noch halb voll. Das war gegen Mitte des Filmes.
„Möchtest du von mir mit essen?“, bot Davis an.
„Gerne, danke.“
„Du musst dich nicht bedanken.“
Daraufhin lächelte ich ihn an. Nach weiteren Minuten merkte ich wie er mir vorsichtig einen Arm über die Schultern legte. Daraufhin rückte ich etwas näher an ihn heran und lehnte mich leicht an seine Schulter. Ich hielt still als er vorsichtig mit der Hand über meinen Hals strich. Er war sanft dabei und es fühlte sich gut an. Auch als er mit der Hand über mein Schlüsselbein glitt, woraufhin ich zu ihm aufsah. Er beobachtete mich scheinbar die ganze Zeit. Nun lächelte er mich leicht an.
„Im Dämmerlicht bist du wunderschön.“, flüsterte er.
Wieder bemerkte ich wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Daraufhin glitt sein Blick über mein Gesicht und blieb dann an meinen Lippen hängen. Er kam mir sogar langsam näher.
„Was soll das denn bitte werden wenn’s fertig ist?!“, rief irgendwo im Saal plötzlich ein Junge.
Davis und ich sahen abrupt auf. Der Junge war stand ein paar Reihen weiter weg und sah wie ein Mädchen sich schnell von einem anderen Jungen löste. Sie sagte irgendwas das man hier hinten nicht verstehen konnte, aber es sah aus als wolle sie irgendwas erklären. Daraufhin schrie er das Mädchen an und es sah nicht so aus als wäre der Streit bald gelöst.

„Wie gemein von dem Typen uns alle raus zu schmeißen.“, meinte ich als ich mit Davis nach hause ging.
„Er ist von der Security. Vielleicht ist es ja sein Job alle raus zu schmeißen sobald eine Prügelei ansteht.“, gab Davis zurück.
„Hättest du mitgemacht?“
„Nein. Ich habe keine Lust Adam später zu erklären warum ich von der Polizei nach hause gebracht wurde.“
„Ist dir das schon mal Passiert?“
„Einmal.“
Ich sah zu ihm auf und zog die Brauen zusammen. „Hast du dich verletzt?“
„Nur ein paar Kratzer.“
„Wie lange ist das denn her?“
„Fünf Jahre. Damals habe ich mich öfter geprügelt, wie ich zugeben muss. Hat ganz schön weh getan.“ Er rieb sich abwesend über den Kiefer, nahm dann die Hand runter und sah zu mir hinab. „Jetzt mache ich das aber nicht mehr, keine Sorge.“
„Ich hoffe es, denn ich werde die Wunden nicht versorgen.“
Er zog die Brauen zusammen.
„Ich meine, ich kann kein Blut sehen oder riechen. Dann kippe ich einfach um.“
Nun lächelte er. „Dann werde ich mich bemühen nicht zu bluten. Und ich werde mich nicht prügeln. Versprochen.“
Ich lächelte zurück und er legte mich unsicher einen Arm um die Schultern. Daraufhin rückte ich etwas näher und nahm ihm sanft die Popcorntüte aus der Hand.
„Ist da noch was drinnen?“, wollte ich dann wissen.
„Ein wenig. Du kannst es ruhig behalten. Sag mal, warum wart ihr heute eigentlich nicht in der Schule?“
„Kathy und Theo haben verschlafen. Wir sind erst um 12 Uhr aufgewacht. War gestern wohl noch etwas zu spät. Wir haben Flaschendrehen gespielt und Cori hat Louis einen Smiley mit Dippsoße auf den Rücken gemalt. Und Luca hat auch einen bekommen.“
„Apropos, Luca. Woher hat er eigentlich die Knutschflecken? Er hat doch keine Freundin.“
„Ich find’s witzig wie er sich darüber aufregt.“
„Heißt das... die hast du gemacht?“
„Hm-mh.“, machte ich abwesend und sah in die Popcorntüte, wobei ich mir auch ein paar raus nahm. „Am besten fand ich es immer noch als er mich heute morgen auf den neuen angesprochen hat. Er wollte wissen ob ich ihn foltern möchte.“
„Warum machst du ihm Knutschflecken?“
„Weil es so witzig ist wie er sich darüber aufregt.“
„Mehr nicht?“
Ich nickte. „Mehr nicht.“ Dachte ich zumindest.
„Wie gut kennst du Christoph eigentlich?“
„Chris? Theo sagt, wäre er nicht mein Cousin wäre ich bereits ein paar Jahre mit ihm zusammen. Er ist mir die liebste Person... im Moment. Er meint, wenn ich einen Freund habe, ist mir dieser wichtiger als er. Das glaube ich aber weniger. Chris weiß was ich durchmache. Andere wissen es nicht. Okay, du hast das selbe durch gemacht, aber du scheinst deine Eltern nicht so gut gekannt zu haben wie ich meine gekannt habe.“
„Es ist sicher sehr hart für dich.“
„Naja. Mit der Zeit heilen die Wunden. Chris hilft mir sehr dabei. Und Luca.“ Ich schüttelte belustigt den Kopf. „Gerade Luca. Du hilfst mir auch.“
„Wir drei? Das wars?“
„Eigentlich schon. Cori und Louis kannte ich ja nun schon so lange, und sie waren sozusagen ein Teil meines Lebens. Nein warte, sie sind immer noch ein Teil meines Lebens. Wie findest du die beiden eigentlich?“
„Ich weiß nicht. Ich kenne die zwei ja nicht.“
„Louis ist klasse. Nach Chris der mir liebste Junge. Er ist mein allerbester Freund. Cori ist meine allerbeste Freundin. Die zwei sind übrigens Geschwister.“
„Habe ich mir schon irgendwie so gedacht.“
„Glaubst du Cori und Luca würden ein gutes Paar abgeben?“
Nun zog er die Brauen zusammen und dachte kurz nach. „Ich kann es dir nicht sagen. Ich kenne sie einfach nicht. Du kannst mir die zwei ja vorstellen.“
Ich sah kurz auf die Uhr. „Du kannst ja bei uns essen. Kathy und ich machen gleich sowieso Essen. Du kannst ja gleich bleiben und die zwei kennen lernen.“
„Ich weiß nicht.“
„Nur zum Essen. Bitte.“ Ich sah zu ihm auf. „So lange ist das doch nicht. Bitte.“
Er seufzte.
„Bitte bitte?“
„Okay. Aber nur weil du mich so lieb bittest.“
Ich lächelte ihn an und küsste ihn auf die Wange. „Du bist super.“
Daraufhin lächelte er zurück und ging mit mir weiter.
„Hast du eigentlich einen Freund?“
„Nein. In Boston sind alle Jungs, Louis ausgenommen, blöd. Eine Schlägerei steht in der Schule auf dem Tagesplan und die die sich nicht prügeln sind entweder nicht süß oder sie hängen an anderen Mädchen. Wenn ich ehrlich sein soll habe ich an den Jungs dort oben auch gar keine Interesse. Die können nicht mal ein Nicken oder Kopfschütteln richtig deuten. Am schlimmsten ist aber Jonny. Ein Macho ersten Grades. Glaub mir, den willst du nicht kennen lernen.“
„Das merke ich mir besser.“
Ich nickte. „Hast du denn eine Freundin?“ Während ich das fragte sah ich wieder in die Popcorntüte und sammelte mir noch etwas Popcorn da raus.
„Nein. Kann es sein das du Popcorn ein bisschen zu sehr magst?“
Ich hob den Kopf. „Äh... Kann schon sein, glaube ich. Popcorn ist eben so lecker. Oh, und der Auflauf meiner Mutter war auch super. Etwas besseres gab es sicher nirgendwo. Sie war die besten Köchin in ganz Boston.“
„So? Und du?“
„Ich hätte beinahe die Küche der Schule in Brand gesetzt. Als ich noch in Boston wohnte und gekocht habe, haben wir Pizza bestellt und dafür gesorgt das ich nie wieder koche. Bis Kathy eine Methode gefunden hat wie ich kochen kann ohne es zu verbrennen.“
Er zog ungläubig die Brauen hoch. „Du verbrennst das Essen?“
„Nicht mit Absicht. Ich glaube ich hab es immer zu heiß gestellt gehabt. Am ersten Tag hier in Miami, habe ich die Pasta gekocht. Chris kam rein, fragte wer gekocht hat und wollte dann wissen ob wir Chinesisch oder eine Pizza bestellen. Ich bin wirklich eine miserable Köchin. 16 und kann nicht kochen.“
„Aber jetzt kannst du es, oder?“
„Ein paar Gerichte. Die Pasta, einen Auflauf und noch etwas. Den Namen kann ich mir irgendwie nicht merken. Kannst du kochen?“
„Ein wenig. Aber das meiste schmeckt nicht wirklich.“
Wir bogen in meine Straße ein und ich sah mal wieder in die Popcorntüte.
„Ich glaube ich hätte eine größere Tüte kaufen sollen.“, meinte Davis belustigt.
„He. Ich hab nur Hunger.“
Er lachte leise und küsste mich auf den Schopf. Daraufhin hob ich wieder den Kopf. Jedoch ohne ihn anzusehen. Kurz darauf kamen wir auch schon zu hause an. Chris machte in dem Augenblick die Tür auf in der ich klingeln wollte.
„Mom wollte gerade anfangen zu kochen.“, meinte er.
„Äh, hat jemand was dagegen wenn Davis noch zum Essen bleibt?“
Chris sah überrascht zu Davis der hinter mir stand und seine Hände auf meiner Tallie ruhen ließ.
„Ich hab kein Problem damit.“, meinte er dann und hielt die Tür auf.
„Was gibt’s denn heute?“, wollte ich wissen als ich mit Davis rein kam.
„Dein Lieblingsessen. Auflauf, alla Katie. Zwar nicht das original, aber Mom hat das Rezept.“
„Ich wette meiner wird nicht mal halb so gut schmecken.“
„Stimmt.“
„Hey!“
„Was denn? Du hast es zuerst gesagt.“
„Ein wenig Aufmunterung wäre doch nicht zu viel verlangt, oder?“
„Wenn das so ist...“
Er zog mich an der Tallie zu sich und küsste mich auf die Wange, bevor er mir in die Seite knuffte und voraus in die Küche ging. Ich schüttelte amüsiert den Kopf und folgte ihm mit Davis.
„Alex?!“
Ich drehte um als ich Coris Stimme aus dem Wohnzimmer hörte. Louis hatte sich auf ihren Rücken gesetzte und hielt eine Schüssel Chips in der Hand, während er ein Film sah.
„Hilf mir.“, bat Cori.
„Ist da noch Platz?“, wollte ich von Louis wissen.
„Klar.“, gab er zurück und rückte ein wenig zur Seite.
Daraufhin setzte ich mich zu ihm auf Coris Rücken.
„Sieh es positiv, Cori. Du frierst nicht und verlierst Gewicht.“
„Und am Ende bin ich platt.“, fügte sie hinzu, „Louis, du zerquetscht meine Lunge! Alex, ich kann meine Beine nicht mehr spüren!!“
Davis lachte ein wenig.
„Alex! Komm her, wenn du kochen lernen möchtest!“
Als Kathy das rief sprang ich auf und ging zu Davis.
„Warte doch hier bei den beiden.“, meinte ich zu ihm, „Die Zwei sind wirklich super. Du wirst sie sicher mögen.“
„Kein Problem.“, gab er zurück und küsste mich kurz auf die Stirn.
Ich ging in die Küche, wo Chris und Luca schwer damit beschäftigt waren ein Kartenspiel zu spielen, ohne auch nur im Geringsten die Mimik zu verziehen. Ich ging erst hinter Chris, sah ihm kurz in die Karten und ging dann zu Luca.
„Was spielt ihr?“, wollte ich dann wissen und ging zu Kathy um ihr beim kochen zu helfen.
„Poker.“, gab Chris abwesend zurück.
Ich sah kurz zu den beiden und dann wieder auf die Theke.
„Chris, seit wann kannst du denn pokern?“
„Gar nicht.“, gab dieser zurück, „Deshalb spielen wir ja ohne Gewinn.“
Kathy lachte leise. „Chris verliert am laufenden Bande.“
Ich schmunzelte. „Es ist eben Chris.“
„Das hab ich gehört.“, meinte dieser.
„Aber.“
„Aber?“
„Es gibt so viele Dinge in denen du besser bist als andere.“
„Ach ja? Zum Beispiel?“
„Du bist ein Profi darin deine Cousine aufzumuntern.“
„Das gilt nicht. Das liegt in den Genen.“
„Okay. Du bist ein Profi im...“
„Ja?“
„Ich glaube das sage ich besser wenn Kathy nicht da ist. Sonst gibt’s noch ärger.“
Chris lachte darüber. Etwa eine Viertelstunde später schob ich den Auflauf unter Kathys Aufsicht in den Backofen.
„Okay. Jetzt muss er eine halbe Stunde da drinnen bleiben.“, meinte sie, „Du kannst so lange ins Wohnzimmer gehen.“
„Okay.“
Damit machte ich mich auf den Weg dort hin. Chris hatte am Ende das Spiel aufgegeben und war mit Luca ebenfalls dort hin gegangen.
„Ich dachte das Foto hätte Mom weggeworfen.“, meinte Chris gerade.
Sie sahen sich schon wieder Fotos an.
„Sie findet es ist ein megapeinliches Foto von ihr. Ich finde sie sieht in dem Kleid schön aus.“
„Zeig mal.“, bat Luca, „Sieht wirklich nicht schlecht aus. Stimmt es jetzt eigentlich das es in euer Familie ein Schönheitsgen gibt? Ich meine, wenn Katie so aussah wie Alexandra, war sie eine Schönheit. Alexandra ist eine Schönheit, Kathy sieht auch schön aus und deine anderen Tanten sind ebenso schön. Und deine Cousinen.“
„Besonders Alex, oder?“, riet Louis.
Ich zog die Brauen hoch. Wie hieß es eigentlich nochmal? Der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand. Und wie war es in diesem Falle?
„Ich gehe mal fragen wann das Essen fertig ist.“, gab Luca zurück.
Als ich kurz darauf ins Wohnzimmer gehen wollte, knallten wir zusammen, wobei er mich auffangen musste, damit ich hin zu Boden ging.
„'tschuldige.“, meinte er dabei und ließ mich los als ich mein Gleichgewicht wieder gefunden hatte.
„Schon okay.“, gab ich zurück.
„Braucht das Essen noch lange?“
„Es ist im Ofen. Dauert nur noch eine halbe Stunde, sagt Kathy.“
Er nickte. Daraufhin ging ich mit ihm ins Wohnzimmer.
„Noch mehr Fotos?“, wollte ich wissen.
„Die hab ich eben gefunden.“, meinte Chris.
Sie saßen alle auf dem Boden. Louis saß immer noch auf Cori, Chris saß neben ihm und Davis saß den beiden gegenüber. Ich setzte mich neben ihm und Luca setzte sich zwischen mir und Chris. Mir fiel auch sofort ein Bild ins Auge, das ich sofort nahm. Mom und Dad. Ich stand in der Mitte vor ihnen, wobei sie mich mit einem Arm umarmt hielten, während wir in die Kamera lächelten.
„War das nicht zu Weihnachten?“, wollte ich wissen und zeigte Chris das Bild.
„Ich glaube schon. Hey, das war doch letztes Jahr. Du hast mir den Kuchen ins Haar geschmiert.“
„Aber erst bevor wir wieder gingen. Sozusagen, als Abschiedsgeschenk.“
Er seufzte. „Ich musste es drei mal auswaschen.“
„Mein Kleid war ruiniert. Haare kann man noch in Ordnung bringen.“
„Du hast doch angefangen. Du solltest mir nie Kuchen ins Haar oder sonst irgendwo hin schmieren wenn du ein schwarzes Seidenkleid trägst.“
„Das war keine Seide, das war Samt.“
„Seide, Samt, ist doch beides das gleiche.“ Er nahm mir das Foto aus der Hand. „Wenn man dich mal mit dem Foto vergleicht, sieht man immer noch Unterschiede. Oder was meinst du, Luca?“
„Hm?“, machte dieser und sah auf das Foto. Dann sah er zu mir und wieder auf das Foto.
„Ein paar. Auf dem Foto lächelt sie viel glücklicher. Sie lacht sogar leicht.“
„Darf ich es mal sehen?“, bat Davis.
„Klar.“, gab ich zurück und nahm es Chris sanft aus der Hand um es Davis zu reichen. „Das sind Mom und Dad.“, erklärte ich ihm und lehnte mich leicht an ihm. „Dad sagte mir mal, wenn er an Moms Schönheit nicht denken kann, denkt er einfach an mich. Dann hat er die Schönheit an die er denken wollte. Meine Großmutter sagte auch einmal das Mom und ich wie Zwillinge aussahen. Wäre da nicht der Größenunterschied.“
„Ihr seht euch auch wirklich sehr ähnlich. Auf dem Foto hast du aber zwei verschiedenfarbige Augen.“
„Das scheint nur so. Im rechten Auge ist das grün etwas stärker als im Linken Auge. Deshalb sieht es vom weiten so aus als wären es zwei verschiedene Farben. Ich weiß, es sieht etwas seltsam aus.“
„Nein, im Gegenteil. Ich finde es sieht schön aus. Grün und Grau.“
Ich lächelte etwas.
„Auf dem Foto sieht man auch deine Grübchen. Da, siehst du?“ Er deutete auf meine Wangen, wobei ich feststellte das er mir einen Arm um die Schultern gelegt hatte, da er mit der Hand auf das Bild deutete. „Und deine Augen glitzern.“
„Ach, ich hab ganz vergessen das ich unsere Hausfrau nochmal anrufen muss.“, meinte Luca und stand auf. „Bin gleich wieder da.“
Chris sah ihm verwundert hinterher als er das Wohnzimmer verließ. Dann stand er auf und folgte ihm. Als ich zu Louis sah, zuckte er mit den Schultern, weshalb Cori nach Luft ringend ächzte.
„Cori?“
„Ja?“
„Was schätzt du, wie lange überlebst du das noch?“, wollte ich von ihr wissen.
„Nicht mehr lange.“
„Davis?“
„Ja?“, erwiderte dieser.
„Darf ich mich auch mal auf dich rauf setzen?“
„Hmmm... Ich hab eine bessere Idee.“ Er zog mich vor sich und legte die Beine um mich, wobei er mich an sich zog und die Arme um mich schlang. Ich lächelte daraufhin und lehnte mich an ihn. „Ist doch viel bequemer für uns beide, oder nicht.“
Ich nickte. „Sehr viel bequemer. Wie geht’s jetzt eigentlich Shyla?“
„Viel besser. Was hast du eigentlich bei Adam gemacht? Also, in der Praxis.“
„Ich hab da einen lädierten Backenzahn. Er ist locker und hab eine Spange bekommen damit er sich wieder fügt. In einem Monat muss ich nochmal dahin. Und wie siehst mit eurer Radtour aus?“
„Dieses Wochenende?“
Ich nickte.
„Sieht ganz gut aus. Wir fahren zum Lake Okeechobee.“
„Wie lange fahrt ihr denn da hin?“
„Bis etwa... Samstag Abend, wenn wir am morgen losfahren. Dann übernachten wir da, fahren Sonntag morgen wieder zurück und sind gegen Abend wieder da. Wenn du möchtest kann ich dir Fotos machen. Es ist wirklich schön dort.“
„Das wäre super.“
„Ich wette, wenn ich Adam frage können wir dich auch mal mitnehmen. So, nächste Woche oder so. Oder wir fahren allein.“
„Wer weiß.“
Er lächelte und drückte mir einen Kuss auf den Hals. Ein angenehmes Gefühl machte sich in mir breit und ich kuschelte mich etwas enger an ihn. Daraufhin drückte er einen Kuss auf meinen Nacken und legte den Kopf dann auf meine Schulter um auf das Foto zu sehen.

Christoph
„Was ist denn mit dir los?“, wollte ich von Luca wissen als wir in meinem Zimmer waren, „Eure Hausfrau weiß was sie zu tun hat. Du musst sie gar nicht anrufen.“
Er antwortete nicht. Er saß auf meinem Bett uns starrte den Boden an. Daraufhin setzte ich mich neben ihn.
„Ist es wegen Alex und Davis?“
Er zuckte mit den Schultern.
„Ich hab dir ja gesagt du sollst dich mit ihr treffen, bevor es ein anderer tut.“ Ich seufzte. „Da macht man dich schon mit einem wunderschönem Mädchen bekannt und du sitzt einfach nur daneben und siehst zu wie dir jemand anderes sie dir vor der Nase wegschnappt. Und das ist wirklich vor der Nase wegschnappen. Sogar Julian hat sich mehr Mühe gegeben.“
„Danke für die unnützliche Information. Das wusste ich zwar schon, aber es ist ja gar nicht so schlecht nochmal daran erinnert zu werden.“, gab er ironisch zurück.
Ich rollte mit den Augen. „Wenn du dich nicht um sie bemühst, ist es kein Wunder das sie mit Davis ausgeht. Sie denkt womöglich das es keinen anderen gibt der an ihr Interesse hat.“
Er schnaubte. „Ich bezweifle nicht das sie mir einen Korb gegeben hätte. Ich bin mir sogar sicher sie hätte mir einen Korb gegeben und das würde sie jetzt auch noch tun.“
„Du kein Funken Selbstvertrauen, oder?“
„Doch klar, aber ich weiß einfach das Alexandra nichts mit mir anfangen würde. Für sie bin ich wohl nur einer von vielen. Nur mit dem einen Unterschied das ich dein bester Freund bin und ich mich sehr gut mit ihr verstehe.“
„Manchmal sehe ich in dir den perfekten Idioten.“
„Danke, das ist sehr hilfreich von dir.“
„Ich weiß. Hast du eigentlich irgendeine Idee was du wegen Alex machst?“
„Was soll ich schon für eine Idee haben?“
„Wie wäre es mit Annäherungsversuchen?“
„Du meinst, ich soll sie küssen?“
„Das hab ich nicht gesagt. Ich meine, du könntest es mal damit versuchen das du... es irgendwie andeutest.“
„Darin bin ich nicht gerade geübt. Man kann mich nicht mal als Anfänger bezeichnen, also lasse ich Sowas lieber gleich sein.“
Ich seufzte. „Du bist ein hoffnungsloser Fall.“
„Das wäre mir nie aufgefallen, aber danke für die Information.“
„Warum bist du eigentlich so... sarkastisch?“
„Du gibst Informationen die ich schon weiß, die mir nicht helfen und von denen du weißt das sie mir nicht helfen und mit denen ich nichts anfangen kann.“
„Was soll ich sonst machen? Soll ich zu ihr hingehen und sagen: 'Hey, Alex. Weißt du schon das neuste? Luca ist in dich verliebt.'„
„Das würde ich dir sogar zutrauen. Wage es aber ja nicht es auch nur zu erwähnen.“
„Warum?“
„Es reicht mir schon das meine Eltern wirre Vermutungen anstellen woher ich die hier habe.“, gab er zurück und deutete auf seine Wange auf denen immer noch die Knutschflecken zusehen waren. „Ich glaube ich würde mich in meinem Zimmer einsperren wenn Alexandra erfährt wie ich für sie fühle.“
„Früher oder später erfährt sie es sowieso.“
„Aber wenn, dann nicht von dir.“
„Dein Geheimnis ist bei mir sicher wie Alex' Geheimnisse.“
Er wollte gerade etwas sage, als er inne hielt und mich verwundert ansah. „Sie sieht nicht gerade aus wie jemand der Geheimnisse hat.“
„Hat sie aber. Sogar sehr viele.“
Er schüttelte den Kopf. „Nein danke, kein Bedarf.“
„Du willst wirklich nicht wissen was sie am meisten mag?“
Er schüttelte den Kopf ohne groß darüber nachzudenken. „Wenn sie möchte das ich ihre Geheimnisse erfahre, dann wird sie es doch selbst erzählen, oder?“
„Ich glaube es wäre ein hübscher Vorteil zu wissen was sie mag. Da wäre zum Beispiel...“
Er hielt sich tatsächlich die Ohren zu.
„Stofftiere, Blumen, romantische...“
Die Tür ging auf und Alex sah ich böse an. Ich dagegen grinste sie an und deutete auf Luca.
„Er hört sowieso nichts.“
„Wie kommst du auf die Idee Geheimnisse auszuplaudern?“
„Ich wollte nur etwas testen.“
Sie sah etwas unschlüssig aus und sah von mir zu Luca - der die ganze Zeit stur geradeaus sah - und wieder zurück. Dann seufzte sie.
„Louis hatte die Idee ein Kartenspiel zu spielen.“
„Aber kein Poker, oder?“

Alexandra
„Nein.“
Er tippte Luca kurz auf die Schulter, woraufhin er ihn ansah und die Hände runter nahm.
„Auch Lust auf eine Runde Kartenspielen?“
Da Chris dabei auf mich deutete, sah Luca zu mir und zuckte mit den Schultern.
„Von mir aus.“, meinte er dann und stand auf.
Daraufhin ging ich voran zurück ins Wohnzimmer, wo ich mich dicht neben Davis setzte. Neben ihm saß Louis, neben diesem Cori, Chris setzte sich neben sie und somit saß Luca zwischen mir und Chris, während Louis die Karten austeilte.
Während wir spielten, sahen Kathy oder Theo zwischendurch mal kurz bei uns rein um sich zu vergewissern das noch alle okay war, da wir so 'unheimlich' still waren, wie Theo es scherzhaft erklärt hatte.
„Guck mir nicht immer in meine Karten.“, tadelte ich Davis lächelnd als er sich leicht zu mir rüber lehnte.
„Ich gucke nicht, ich vergleiche.“, gab er zurück.
„Dann vergleiche nicht. Guck auf deine Karten.“
„Die kenne ich schon auswendig.“
„Ach ja? Dann sag mal welche es sind, ohne rauf zu sehen.“
„Das hättest du wohl gern, was?“
„Würde ich es sonst sagen?“
Er schmunzelte ein wenig und lehnte weiter zu mir um die Karten besser erkennen zu können.“
„Davis!“
„Anwesend.“
„Guck nicht ständig in meine Karten.“
„Dann... legte ich halt nur mein Kinn auf deine Schulter.“
Er tat was er sagte und linste dabei auf die Karten. Ich hielt sie so das er sie nicht mehr erkennen konnte, woraufhin er mir einen kurzen Kuss auf den Hals drückte und sich wieder richtig hinsetzte.

„Noch ein bisschen mehr.“, bat ich als Kathy das Essen verteilte wollte, „Noch ein bisschen.“
Chris seufzte und trommelte ungeduldig mit den Fingern auf dem Tisch. „Iss doch gleich den ganzen Auflauf. Mom, lass sie morgen einfach drei mal soviel kochen wie heute. Dann bekommen wir sie vielleicht ansatzweise satt.“
„Noch ein winziges bisschen.“, bat ich Kathy.
„Der Teller läuft gleich über.“, warnte Cori.
„Noch etwas.“
„Das reicht erst mal.“, gab Kathy zurück und stellte den Teller vor mich hin.
Ich wollte gerade etwas sagen, als Chris mir das Wort abschnitt.
„Vergiss nicht was William mal vorgeschlagen hat. Mom? Wie sind die Öffnungszeiten vom Arzt?“
Theo lachte ein wenig. „Ich werde nie vergessen wie er Katia damit aufgezogen hat.“
„Was hat er denn gesagt?“, wollte Davis wissen.
„Er schlug immer vor mit Alex zum Arzt zu gehen damit man sie untersuchen kann. Zum Geburtstag meiner Schwester hat sie einen ganzen Kuchen verdrückt und zwei randvolle Teller aufgegessen. Das hat sie jedenfalls gesagt.“
„Ähm... nicht ganz.“, gab ich zurück, „Ich hab noch Eis bekommen bevor ich ins Bett sollte.“
„Das wurde sogar gefilmt.“, meinte Chris, „Louis war der Kameramann.“
„Ach ja.“, meinte dieser, „Ich hab ja auch das Quiz mit dir gemacht.“
„Theo?“, medete ich mich dann wieder.
„Ja?“
„Seit wann fragt man in einem Quiz welche Farbe der BH hat den die Frau gerade trägt?“
Er und Kathy fingen an zu lachen. Louis grinste ein wenig.
„Wie ich bereits gesagt habe, wer sich das Video ansehen wird, wird es sicher wissen wollen.“
„Wenn es nach dir ginge, hätte ich mit einem Kleid ein Handstand gemacht.“
„Hast du eigentlich noch mehr Filme?“
„Sicher.“

Nach dem Essen, gingen die anderen ins Wohnzimmer, während ich einen Film holte. Made by Louis. Damit ging ich dann wieder ins Wohnzimmer und legte die CD kurz ein, bevor ich mich mit auf die Couch setzte. Ich saß zwischen Davis uns Luca. Neben Luca saß Cori, dann Louis und Chris saß im Sessel. Als der Film begann, stellte man natürlich die dämlichste Frage die man stellen kann wenn ein Film beginnt.

„Ist die Kamera an?“, wollte Cori von Louis wissen.
„Weißt du, an jeder Kamera gibt es so ein kleines rotes Lämpchen.“, erklärte er, „Wenn sie blinkt, dann ist sie an.“
„Oh. Äh...“ Sie räusperte sich. „Alex, mach du das. Ich kann das nicht.“
„Feigling.“, meinte ich, wobei Louis die Kamera auf mich richtete.
„Erzähl mal. Wo genau sind wir hier?“
Ich lächelte in die Kamera. „Wir sind hier mitten im wunderschönen Bostoner Park. Da hinten ist das kleine Wäldchen, da drüben schmeißt Dad mal wieder Mom in den See und... Hey, Dad! Du hast versprochen das ich helfen darf!“
Louis und Cori brachen in Gelächter aus, während Dad Mom hochhob. „Dann komm her und halte ihre Beine fest!“, rief er mir zu, woraufhin ich zu ihm eilte.
„Warte, ich will auch!“, rief Cori.
„Typisch. Ich darf mal wieder nur zusehen.“, murmelte Louis, während er mit Cori zu uns eilte.
Cori und ich nahmen jeweils ein Bein und mein Vater hielt die Arme fest, während wir sie hin und er schaukelten damit sie schön viel Schwung bekam.
„Ein, zwei...“, zählte Dad, „Drei!“
Damit flog Mom ins Wasser. Zwar wurden wir auch alle nass, aber wir lachten. Als Mom dann wieder raus kam, schubste sie ins alle ins Wasser, wobei ich auf einem Bein stehen versuchte das Gleichgewicht wieder zu finden, bevor ich fiel. Das gelang mir jedoch nicht, also fiel ich ebenfalls ins Wasser.
„Tja.“, meinte Louis, „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu.“
„Ganz genau.“, meinte Mom und sah zu wie Cori und ich uns gegenseitig nass spritzten.
Dann tauchte Dad urplötzlich hinter mit auf, hob mich hoch und warf mich über seine Schulter, wobei ich überrascht aufschrie.
„Dad!“, rief ich dabei vergnügt aus.
„Alex!“, rief er zurück.
„Darf ich dir mal etwas zeigen?“
„Kommt ganz drauf an was du mir zeigen möchtest, Kleines.“
Ich zog sein nasses Hemd hoch und biss ihm in den Rücken. Daraufhin schrie er kurz auf und ließ mich schnell runter.
„Katia, du hast eine Schnappschildkröte zur Welt gebracht.“
„Schni Schna Schnappi.“, meinte Louis belustigt.
„Louis, Schnappi ist ein Krokodil, keine Schildkröte.“, korrierte ich ihn, während ich mir meine Bluse auszog.
„Machst du jetzt Striptease?“
„Nein. Ich hab mein Bikini unter. Genauso wie Cori und Mom. Dad hat seine Badehose unter. Du doch auch, oder?“
„Ja, klar.“
„Also... Warum hast du dann noch so viel an? Muss ich dich erst ausziehen?“
„Du meinst, wie vorgestern? Nein danke. Das mache ich lieber selbst.“
„Vorgestern wollte ich dich gar nicht ausziehen. Ich bin nur ausgerutscht und hab mich an deinem Hemd festgehalten.“
„Das war mein Lieblingshemd. Und du hast es kaltblütig ermordet.“
„Hab ich gar nicht.“
„Alex? Wolltest du nicht einen Apfel?“, wollte meine Mutter wissen als sie bei unserer kleinen Picknickdecke angekommen ist und sich auszog.
„Essen!“, rief ich daraufhin aus und eilte zu meiner Mutter.
„Oje. Die haben ja sogar die selben Bikinis an. Ich frage mich wie William das später macht, wenn Alex so groß ist wie Katia.“
„Ach das ist ganz einfach.“, meinte Dad neben der Kamera.
„Wow!“, rief Louis erschrocken aus und drehte sich zu ihm um. „Verdammt, William. Willst du das ich einen Herzinfarkt erleide?“
„Ein Versuch war es wert, oder?“
„Wie würdest du nun Alex und Katia unterscheiden?“
„Die Augen.“
„Und wenn sie die zu haben?“
„Nun ja... Alex hat dieses gewisse Etwas.“
„Also, das hätte ich jetzt nicht erwartet. Ich an deiner Stelle hätte gesagt Katia hat dieses gewisse Etwas.“
„Katia hat es auch, aber bei ihr ist es ein anderes Etwas. Sie erschauert unter meinen Berührungen.“
Louis hüstelte.

Als die Szene wechselte, war Louis zu sehen. Also schien Cori weiter zu filmen.

Louis legte den Finger an den Mund um Cori zu sagen sie solle still sein. Dann nahm er einen Eimer voll Wasser und ging damit zu mir und Mom. Wir nahmen gerade ein sehr angenehmes Sonnenbad. Louis schlich sich langsam an uns heran und als er dann nahe genug war... schüttete er das Wasser einfach über uns rüber. Wir schrien überrascht auf, während Louis anfing zu lachen.
„Louis!“, rief ich auf und stand auf.
„Oh oh.“, meinte Cori als sie filmte wie Louis den Eimer schnell wegwarf und ich ihn verfolgte, während er vor mir floh. „Alex ist an der Spitze.“, kommentierte Cori, „Wird Louis es schaffen der Schnappschildkröte zu entkommen oder wird er unter gehen? All das sehen sie in der nächsten Folge von, 'Louis, auf der Flucht vor Alex'. Schalten sie auch nächstes mal wieder ein und sehen sie wie unsere Schnappschildkröte ihn überwältigt... Okay, so wie es aussieht hat sie es gerade getan...“
Ich hatte Louis in dem Augenblick gerade am Arm zu packen bekommen. Wir gingen zwar beide zu Boden, aber dennoch schaffte ich es ihn beim aufstehen wieder zu packen und zerrte ihn zum See. Dort angekommen versuchte er den Spieß umzudrehen, weshalb wir beide im Wasser landeten.
„Wow. 2 zu 0 für Louis. Oh, jetzt kommt das Finale.“
Ich tauchte Louis wieder und wieder unter, während er mir die Füße wegzog. Nach einer Weile bat ich Louis dann aufzuhören.
„Hat sie gerade aufgegeben? Komisch... das sieht ihr mal gar nicht ähnlich.“
Kaum das Louis mir aufhelfen wollte, zog ich ihn tiefer ins Wasser und tauchte ihn unter.
„Das... war hinterhältig.“
Louis blieb unter Wasser. Da ich langsam begann mir Sorgen zu machen, sah ich mich nach ihm um. Dann tauchte er leise hinter mir auf, packte mich und begann mich zu kitzeln.
„Okay, das ist auch hinterhältig. Man, was hab ich nur für einen Bruder? Was für ein Wunder das die beiden nicht zusammen sind. Die beiden passen zusammen wie wie Wasser und Kugelfische. Apropos Kugelfische...“
Was sie danach sagte verstand man nicht, da sie viel zu leise war. Dann sprang es wieder in die nächste Szene. Wir saßen bei uns zu hause im Wohnzimmer. Ich war aktiv damit beschäftigt Dad die Haare mit einem Handtuch trocken zu rubbeln, wobei er sich verspielt wehrte.
„Papa, wenn du dich wehrst hole ich den Föhn. Das ist dann das Todesurteil deiner nassen Haare.“
„Lass sie doch einfach so trocknen, Al.“
„Seit wann nennt er dich Al?“, wollte Louis wissen der sich auf einer der drei Couchs lang gemacht hatte und Erdnüsse futterte.
„Schon seit... seit immer. Das macht er halt ab und zu wenn ich ihn lange genug ärgere.“, gab ich zurück und fiel Dad wieder an.
Dieser lachte, zog mich auf seinen Schoß und kitzelte mich durch.
„Papa! Hör auf! Da bin ich empfindlich!“, schrie ich lachend.
Er lachte darauf nur mehr, zog mich an sich und schlang fest die Arme um mich, wobei er das Handtuch aus meine Reichweite schaffte und mich bei sich hielt.
„Du bist verhaftet.“, meinte er dann und legte den Kopf auf meine Schulter.
„Wie lange?“
„Bis nach dem Essen.“
„Bis NACH dem Essen? Soll ich verhungern?“
Cori fing an zu lachen. Dad dagegen schüttelte belustigt den Kopf und ließ mich los.
„Louis spielt den Wächter und bringt es dir.“
„Och nee, du.“
„Warum denn nicht? Magst du mich nicht mehr?“
„Also, das ist ein sehr guter Witz. Du weißt ganz genau das du und Mama mir am liebsten seit.“
Louis richtete sich ein Stück auf und fasste sich ans Herz. „Du brichst mir das Herz.“, meinte er dann.
„Und wenn schon. Du wirst es schon überleben.“
„Mon chaton, je périrai à cela.“
„Was hast du gesagt?“
„Das weiß ich selber nicht, aber ich weiß das es stimmt.“
„Was war das überhaupt für eine Sprache?“, wollte Cori wissen.
„Deshalb weiß ich es ja nicht. Wenn ich dir Sprache wüsste, würde ich einfach kurz an Alex' PC gehen und es übersetzen.“
„Papa? Weißt du was er gesagt hat?“, wollte ich von Dad wissen.
„Es war französisch.“, meinte er, „Er sagte: 'Mein Kätzchen, ich werde daran untergehen.' Dein Louis wird wohl zum Charmeur.“
„Das bezweifle ich.“, warf Cori ein.
„Ich dachte ich wäre eine Schnappschildkröte.“
„Jetzt bist du ein süßes Kätzchen.“, gab Dad zurück.
„Miau.“
Er lächelte ein wenig und ich ging zu Louis um mich auf ihn rauf zu setzen. Er ächzte als mein ganzes Gewicht auf seinem Bauch lag.
„Alex, ich hab grad was gegessen.“, meinte er flehend.
„Ach, die paar Nüsse da.“, meinte Cori.
„Und du sollst meine Schwester sein?“
„Nein. Ich muss.“
„Essen ist fertig!“, rief Mom aus der Küche.
Sofort sprang ich auf und war als erste am Tisch. Man hörte Mom bis ins Wohnzimmer lachen. Auf dem Weg in die Küche filmte Cori weiter.
„Was gibt’s denn heute?“, wollte Louis wissen.
„Bei uns gibt’s jetzt erst mal Pasta.“
„Pasta!“, rief ich lächelnd aus, „Mama, ich liebe deine Pasta.“
„Du liebst alles was man essen kann.“
„Ich glaube der Arzt hat morgen Zeit.“, meinte Dad nebenbei, „Wir können mit Alex ja mal hingehen.“
„Ich habe lediglich einen gesunden Appetit. Das hast du selbst gesagt.“, gab warf ich ein.
„Das ist schon ungesund.“, erwiderte Mom für Dad, „So viel wie du isst, verputzt William in vier Tagen.“
„Nur wenn ich wirklich ausgehungert bin.“
„Alex, wenn du ausgehungert bist, isst du den ganzen Kühlschrank leer.“, gab Cori zu bedenken.
„Das passiert nur wenn ich Kummer habe.“
„Bei Kummer muss die Kühltruhe dran glauben.“, meinte Louis.
Ich öffnete bereits den Mund um etwas zu erwidern, da stellte Mom mir bereits den Teller vor die Nase. Er war randvoll.
„Pasta!“, rief ich wieder aus.
Dad schüttelte lächelnd den Kopf.
„Man sollte ihr die Hälfte servieren.“, meinte Louis, „Oder zwei Drittel.“
Ich sah ihn verärgert an. „Esse ich denn wirklich sooo viel?“
„Ja!“, gaben alle vier zurück.

Wieder sprang das Bild zur nächsten Szene. Ich war mit Louis und Cori im Garten. Dad hielt die Kamera.
„Noch weiter zusammen.“, meinte Mom.
Wir taten was sie wollten und traten ein paar Schritte weiter zusammen. Wir machten ein Experiment. Wir hielten eine Leinenwand in den Händen und Mom einen Farbeimer. Die Farbe schüttete sie auf die Leinwand, während sich eine Pfütze sammelte.
„Okay, das wars.“, meinte sie.
Daraufhin breiteten wir die Leinwand auf dem Boden aus. Während wir nun so zu sahen wie die Farbe sich langsam verteile, kam mir eine Idee.
„Louis?“, meinte ich schmunzelnd.
„Hm?“
„Stell dich mal bitte hier hin.“
Ich deutete auf einen Punkt am Rande der Leinenwand. Er stellte sich ohne zu zögern hin. Daraufhin stellte ich ihm ein Bein und gab ihm einen Schubs. Alle Viere von sich gestreckt, landete er mitten in der Farbe. Wir lachten, während Louis versuchte aufzustehen. Als er dann stand, rutschte er jedoch aus und fiel auf den Rücken erneut in die Farbe. Das bewirkte das wir mit Farbe bespritzt wurden. Nach einer Weile bekam ich dann langsam Mitleid mit ihm und half ihm raus.
„Mach das nie wieder.“, meinte er und schmierte mir mit der Hand Farbe ins Gesicht.“
„Hey.“
„Das hast du davon.“, gab er grinsend zurück.
„Okay, das nenne ich mal ein Kunstwerk.“, meinte Dad und hielt die Kamera auf die Leinenwand.
„Ich bin ein Künstler, ich weiß.“, meinte Louis und klopfte sich auf die Brust.
Ich musste davon nur noch mehr lachen.
„Okay, Louis. Wenn du hier übernachten möchtest, geh ab unter die Dusche.“, meinte Mom.
„Zu Befehl, Ma'am.“, gab er zurück und salutierte kurz, bevor er im Eilschritt rein ging.
Cori und ich konnte uns vor lachen kaum halten. Kurz darauf gingen wir dann auch rein und wieder sprang das Bild in eine andere Szene. Cori und ich saßen im Nachthemd auf meinem Bett, während Louis im Pyjama die Kamera auf meinen Schreibtisch stellte und sie richtete, damit sie uns alle drei filmte.
„Louis wird später Kameramann.“, meinte ich.
Unwillkürlich musste er grinsen.
„Und dann geht er zum Militär.“, fügte Cori hinzu.
„Und dann wandelt er als lebendiges Kunstwerk auf Erden und beschmiert mir seinem Körper Leinenwände.“
Louis schüttelte belustigt den Kopf uns setzte sich vor uns auf den Boden. Daraufhin rutschten Cori und ich vom Bett und machte es uns ebenfalls in einer sitzenden Position auf dem Boden gemütlich.
„Uuuund... jetzt?“, wollte Cori wissen.
„Ich hab eine Idee.“, meinte ich daraufhin und beugte mich zu Louis um ihm etwas ins Ohr zu flüstern.
Daraufhin lächelte er und ich schaltete das Licht aus. Nun war es stockdunkel im Zimmer, sodass man niemanden sehen konnte.
„Ich leg mich hin.“ Hörte man meine Stimme.
„Schon?“, hakte Cori nach.
„Ich gehe nochmal ins Bad, dann lege ich mich auch hin.“ Hörte man Louis Stimme.
Kurz darauf hörte man die Tür auf und wieder zu gehen. Dann war es still. Kurz darauf stellte Louis die Kamera auf Nachtsicht, sodass man sehen konnte wie ich auf dem Bett saß und mit der Decke raschelte. Cori schüttelte den Kopf und legte sich hin, während Louis die Kamera nahm um sehen zu können was Cori machte. Er stellte sich zu ihren Füßen hin und begann langsam die Decke runter zu ziehen. Cori zog sie mit Ruck wieder zurück ,woraufhin man ganz leise hören konnte wir Louis ein Lachen erstickte. Dann zog er wieder an der Decke.
„Alex?“, meinte Cori.
„Hm?“, machte ich im müden Tonfall vom Bett aus.
„Bist du das?“
„Bin ich was?“
„Ach nichts, schon gut. Gute Nacht.“
„Gute Nacht.“
Ich hörte mit dem Rascheln auf und wartete eine Weile. Dann raschelte ich erneut und bewegte mich ein wenig auf dem Bett um vorzutäuschen das ich mich drehte. Dabei konnte ich einfach nicht aufhören zu grinsen, während Louis wieder an der Decke zog. Sie zog sie wieder mit Ruck zurück. Daraufhin glitt er mit der Hand leise unter die Decke und machte irgendwas. Cori fing an zu schreien und setzte sich schnell auf. Ich bewegte mich nun schneller und ließ die Decke wieder rascheln um vorzutäuschen ich hätte mich aufgesetzt.
„Was ist?“, wollte ich mit verschlafener Stimme wissen.
„Da war was.“
Man sah wie Louis die Kamera zurück stellte und sich in meinem Schrank versteckte.
Ich schaltete das Licht ein. „Da ist nichts.“
„Da war aber was.“
„Was denn?“
„Irgendwas hat an meinem Fuß gezogen.“
„Da ist aber nichts.“
Sie zog die Beine an. „Da war aber etwas.“
Ich seufzte und schaltete das Licht aus.
„Wo bleibt eigentlich Louis?“
„Ich sehe mal nach.“
Ich stand auf und verließ das Zimmer. Daraufhin kam Louis wieder leise aus den Schrank. Er war ganz still als er leise zur Kamera schlich um zu sehen wohin er gehen musste. Er ging zu Cori und zog leicht an ihrem Haar. Sie zog es wieder runter. Er zog erneut daran und sie zog es wieder runter. Dann stellte er die Kamera wieder weg und versteckte sich wieder im Schrank. Man sah das ihr langsam unwohl wurde. Als man mich dann ein paar Minuten später schreien hörte, zuckte sich extrem zusammen und schaltete das Licht ein. Sie stand langsam auf und ging zur Tür. Kaum das sie Tür zu war, ging Louis aus den Schrank, schaltete das Licht aus und nahm die Kamera um Cori zu folgen. Dabei zog er die Tür ganz leise zu. Er folgte Cori lautlos den Flur hinab zum Bad, dessen Tür weit offen stand. Ich war nirgends zu sehen.
„Alex?“, rief Cori etwas ängstlich.
Dann hörte man von unten plötzlich etwas klirren. Cori zuckte wieder zusammen und tastete sich vorsichtig an der Wand voran.
„Louis?“, rief sie erneut.
Als sie am Bad ankam, ging sie ängstlich hinein. Sie bemerkte Louis nicht mal als sie das Licht einschaltete und weiter hinein ging. Mitten auf dem Boden war ein wirklich großer roter Fleck der aussah wie Blut. Als Louis dann das Licht im Bad ausschaltete, schrie Cori leise auf. Sie murmelte irgendwas vor sich hin und ging nun etwas eiliger aus dem Bad raus. Unten klirrte es erneut und Cori zuckte zusammen. Eine Träne lief über ihr Gesicht, die sie schnell wegwischte.
„Und das ausgerechnet in der Nacht vor meinem Geburtstag.“, meinte sie halblaut.
Sie näherte sich langsam der Treppe und lehnte sich kurz gegen das Geländer, in der Hoffnung in der kleinen Eingangshalle etwas sehen zu können. Aber es war zu dunkel. Ihr stand bereits Schweiß auf der Stirn als sie sich langsam zur Treppe voran tastete und begann langsam hinunter zu gehen. Louis folgte ihr leise. Sie zuckte zusammen als eine Stufe knarrte. Eine Tür fiel zu und sie wimmerte leise. Als sie unten ankam, vernahm man aus dem Wohnzimmer eine Männerstimme. Und es war definitiv nicht William.
Ganz langsam ging sie näher heran. Licht flackerte unter der Tür. Als erneut irgendwo etwas klirrte, schrie sie wieder leise auf. Die Stimme verstummte und das Licht ging aus. Schritte näherten sich der Tür und brachten Cori rückwärts von der Tür weg zu taumeln, während Louis ihr aus den Weg ging und sie sogar von vorn filmen konnte. Sie hatte wirklich Angst.
„Alex?“, rief sie leise, „Louis?“
Ihre Stimme war nun etwas leiser und sie schien sogar leise zu schluchzen. Sie befand sich auf der anderen Seite der Halle als die Wohnzimmertür aufging und jemand mit dem Kopf heraus lugte. Cori hielt den Atem an. Da waren keine langen Haare. Man vernahm kurz den Satz eines Mannes aus dem Wohnzimmer, das man nicht verstehen konnte. Daraufhin wurde der Kopf zurück gezogen und die Tür wurde wieder geschlossen. Dann hörte man eine weitere Tür zufallen. Diesmal waren die Schritte etwas lauter. Aber es war nur ein paar. Als sie sich einer anderen Tür im Wohnzimmer näherten, eilte Cori die Treppe hinauf. Louis folgte ihr lautlos. Sie war so in Panik das sie sogar an Alex' Zimmer vorbei lief, sodass Louis vor ihr hinein gehen konnte. Er stellte die Kamera wieder an ihren Platz, zog den Stecker der Lampe, schraubte die Glühbirne von der Decke und stellte sich so hin das er auf den Bildschirm der Kamera sehen konnte. Als Cori dann hinein platzte, erschrak sie kurz. Dann murmelte sie irgendwann, schloss schnell die Tür hinter sich und tastete sich bis zum Licht vor. Als sie den Schalter umlegte passierte nichts. Dann tastete sie sich wieder zurück zur Tür und legte den Lichtschalter daneben um. Wieder nichts. Es blieb dunkel. Nun begann sie zu fluchen und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Dann ging sie wieder raus. Louis legte den Schalter wieder um, schraubte die Glühbirne wieder ein, steckte den Stecker des Lichts wieder in die Steckdose und schaltete diese aus. Dann nahm er wieder die Kamera und folgte Cori. Er fand sie auf den Weg zur Treppe, wo sie wieder langsam runter ging. Sie fröstelte kurz, als käme von irgendwoher ein kalter Luftzug.
Man hörte mich erneut schreien. Dieses erstickte in einem Gurgeln. Nun bekam Cori wirklich Panik. Da es aus der Küche kam, ging sie langsam dort hin. Sie öffnete und schloss ihre Hände wieder und wieder. Dann legte sie langsam eine Hand auf den Türknauf und verharrte eine Weile so. Es war ganz still. Dann öffnete sie langsam die Tür. Wieder war es dunkel.
„Alex?“, rief Cori leise.
Louis stellte die Kamera so auf eine Theke das man Cori sehen konnte. Während Cori sich nun langsam versuchte in der Küche umzusehen, schlich Louis leise hinter sie. Sie bemerkte es nicht. Dann legte er ihr plötzlich eine Hand auf den Mund und das Licht ging an, wobei sie erschrocken schrie. Sie wirbelte herum und sah Louis der sich vor Lachen kaum reinkriegte. Ich stand an der Tür und lachte, während Cori sich beruhigte.
„Ohr seit Sowas von gemein, wisst ihr das?“, wollte sie wissen und versuchte zu lächeln, was ihr nicht so recht gelingen wollte, da sie Tränen unterdrückte.
Ich und Louis gingen zu ihr und nahmen sie in die Arme.
„Ist ja schon gut.“, meinte Louis immer noch lachend.
„Es war nur ein Scherz.“, fügte ich ebenfalls lachend hinzu.
„Von wegen Scherz.“, gab Cori zurück, „Man, ihr habt mir voll Angst eingejagt.“
Louis und ich lachten noch kurz. Dann wurden wir wieder still. Sekunden später hörten wir jemanden die Treppe herunter gehen und wir erstarrten alle drei.
Schritte führten zur Küchentür und wir sahen alle dort hin als eine Männerstimme zu hören war. Dann ging die Tür auf und jemand kam herein.
„Sagt mal, warum seit ihr noch nicht im Bett?“, wollte Dad wissen.
Wir schwiegen, während wir erleichtert ausatmeten.
„Was ist denn mit euch los? Ihr seht ja aus als hättet ihr einen Geist gesehen.“
„Erinnert mich daran nie wieder hier zu übernachten wenn ich am nächsten Tag Geburtstag habe.“, meinte Cori und wischte sich Tränen vom Gesicht.
„Hast du geweint?“, wollte Dad wissen.
„Die beiden haben mir einen Streich gespielt. Einen wirklich gemeinen Streich. Verdammt, die haben mir richtig Angst gemacht.“
„Wir dachten schon du wärst ein Einbrecher.“, meinte Louis.
Dad zog die Brauen zusammen. „Ich breche doch nicht in meinem eigenen Haus ein.“
Nun fingen wir an zu lachen.

Als der Bildschirm schwarz wurde, sah Chris mich misstrauisch an.
„Das war so gemein von euch.“, meinte Cori.
Louis und ich lachten leise. Chris sah auf Cori, die nun eher belustigt auf der Couch saß.
„Dad hat uns richtig Angst gemacht.“, meinte ich dann, „Wir waren so in der Rolle drinnen gewesen das wir tatsächlich dachten wir hätten einen Einbrecher gar nicht bemerkt.“
„Das ist noch gar nichts.“, meinte Cori, „Mir steht schon wieder der Schweiß auf der Stirn und ich habe Gänsehaut und ich zittere. Ihr habt mir einen Schock fürs Leben verpasst. Verdammt, ich hab wirklich gedacht da wäre ein Mörder oder so im Haus gewesen.“, beschwerte sich Cori.
„Das war doch Sinn der Sache.“, meinte Louis und nahm sie in die Arme.
„Blödmann.“, gab sie zurück.
„Luca, erinnere mich daran das ich am Tag vor meinem Geburtstag bei dir schlafe.“, meinte Chris.
„Ich glaube an meinem halte ich mich von Alexandra fern.“, erwiderte dieser.
„Du könntest ja als Dalmatiner aufwachen. Übersät mit Knutschflecken.“, lachte Chris.
Luca warf ein Kissen nach ihm und wurde etwas rot.
„Wie habt ihr das eigentlich mit der Männerstimme gemacht? Und dem Blut im Badezimmer?“, wollte Davis neben mir wissen.
„Alex hat Ketschup auf dem Boden verteilt und hat mit einem Diktiergerät eine Aufnahme ihres Großvaters abgespielt.“, erklärte Louis.
„Und als jemand aus dem Wohnzimmer gesehen hat?“
„Ich hab mir einfach eine Mütze von Dad ausgeliehen und meine Haare darunter versteckt.“, erwiderte ich.
„Okay... und was hat so geklirrt?“
Louis und ich grinsten.
„Ich hab einfach eine CD in den Fernseher eingelegt auf der ständig zerspringendes Glas gezeigt wurde. Louis musste mich nur anklingeln und ich hab auf Play gedrückt und wieder auf Pause gemacht.“
„Und das Licht im Wohnzimmer?“
„Ich hab den Fernseher einfach ausgemacht.“
„Das war mies.“, beschwerte sich Cori weiter, „Richtig gemein.“ Bei dem Satz schlug sie Louis leicht auf die Brust. „Blödmann.“
„Das war Alex' Idee, nicht meine.“, gab er zurück und deutete auf mich.
Ich war ganz gemütlich dabei mich an Davis zu kuscheln.
„Das ist auch blöd von ihr gewesen.“, fügte Cori dann hinzu, „Ich dachte schon man hätte euch was angetan und ich wäre als nächste dran.“
Louis streichelte ihr beruhigend den Rücken. „Es war nur ein Spaß.“
Als nun plötzlich das Licht ausging, sahen wir alle zur Tür, da der Lichtschalter daneben war.
„Wer war das?“, wollte Cori wissen.
„Weiß ich nicht.“, gab Louis zurück.
„Also, ich bin hier. Ich wars nicht.“, meinte Chris vom Sessel aus.
„Ich wurde von Alexandra beschlagnahmt.“, meinte Davis.
„Ich saß die ganze Zeit hier.“, fügte Luca hinzu.
„Und ich hab dich festgehalten.“, meinte Louis nun an Cori.
„Wer war es dann?“, fragte ich in den Raum hinein.
Ich spürte wie Davis mir beruhigend mit der Hand über den Bauch streichelte. Ich ergriff seine Hand und versuchte etwas zu erkennen. Wie kam es das es so dunkel war?
„Sollte nicht jemand nachsehen ob da jemand ist?“, wollte Cori wissen.
Ich konnte richtig hören wie wir alle zusammen zuckten als im hintersten Teil des Hauses eine Tür zufiel.
„Das war die Tür zum Keller.“, meinte Chris und stand auf.
Er ging geradewegs zur Tür und legte den Lichtschalter um. Nichts passierte. Er versuchte es noch ein paar mal, aber da regte sich nichts.
„Das ist nicht lustig.“, meinte Cori.
„Am Ende schon.“, meinte ich, „Ich meine, wenn es ein Streich ist.“
„Ich gehe mal eben ins Bad.“, meinte Louis.
„Louis.“, mahnte ihn Cori.
„Hey, ich muss wirklich mal dringend ins Bad. Menschliche Bedürfnisse sind auch zu beachten.“
Plötzlich wurde es still. Ich wusste nicht mal warum. Bis ich es bemerkte.
„Chris?“, hob ich an.
Nichts.
„Chris?“, rief ich nun etwas lauter.
„Jetzt muss ich wirklich mal ganz dringend ins Bad.“, meinte Louis und stand auf.
Ich setzte mich etwas auf und sah zur Tür. Da stand niemand.
„Wo ist er denn jetzt hin?“, fragte ich in den Raum.
„Vielleicht sieht er ja nach was am Keller ist.“, meinte Luca.
„Stimmt.“, gab ich zurück und lehnte mich wieder an Davis.
Es ist alles in Ordnung, Alex. Chris sieht nur kurz nach was los ist, Louis ist eben im Bad, Cori sitze neben Luca, Luca sitzt neben dir und Davis sitzt auch bei dir. Alle sind in bester Ordnung.
Als das Licht wieder an ging, atmeten wir auf. Drei Personen traten in den Flur und zwei kamen her. Daraufhin kamen Chris und Louis herein.
„Da ist eine Sicherung raus gesprungen. Dad hat sie eben wieder rein gesetzt.“, erklärte Chris.
„Und Cori hat Angst gehabt.“, meinte Louis grinsend.
„Wer musste hier denn zur Toilette? Du oder ich?“, wollte Cori daraufhin wissen.
Als das Licht wieder aus ging, erstarrten wieder alle. Dann ging es wieder an und wieder aus. An, aus, an, aus, an...
Als ich zur Tür sah, sah ich Chris am Lichtschalter herum spielen.
„Chris!“, rief ich aus und warf ein Kissen nach ihm.
Er lachte daraufhin und wehrte das Kissen ab. „Wir sollen jetzt schlafen gehen.“, meinte er dann.
„Ich müsste eigentlich schon zuhause sein.“, meinte Davis als er auf die Uhr sah.
Wir standen auf, wobei Cori, Luca und Louis sich daran machten unser improvisiertes Bett aufzubauen. Chris half den dreien, während ich mit Davis zur Tür ging.
„Dann sag ich mal bis morgen.“, meinte Davis leicht lächelnd.
„Ich hoffe du bekommst keine Albträume.“, gab ich zurück und erwiderte das Lächeln.
„Das selbe hoffe ich auch. Naja, dann... bis morgen.“
Ich schmunzelte etwas. „Bis morgen.“
Ich bemerkte das sich sein Gesicht langsam näherte. Ein paar Zentimeter vor meinem ertönte dann Chris' Stimme hinter uns.
„Ich will euch zwei ja nicht stören, aber es ist langsam wirklich Zeit für die Heia, Alex.“
Wir sahen beide abrupt zu ihm. Davis küsste mich kurz auf die Wange und ging. Daraufhin sah ich zu ihm und sah ihm noch kurz hinterher, bevor ich die Tür schloss. Ich ging kurz in mein Zimmer, zog mich um und ging dann wieder ins Wohnzimmer, wo ich mich mit den anderen zum schlafen hinlegte.

Ich träumte mal wieder das selbe wie sonst auch immer. Ich stehe auf, treffe Mom und Dad in der Küche und gehe dann zur Schule. Dann komme ich nach hause und treffe die Polizisten. Diesmal wachte ich jedoch nicht unmittelbar danach auf. Der Traum... veränderte sich. Statt im Flur zu stehen, saß ich plötzlich im Wohnzimmer auf der Couch. Louis hatte sich neben mir von hinten gegen die Rückenlehne des Sofas gelehnt, sodass sein Kopf neben mir war, während Cori auf der anderen Seite neben mir saß. Wir starrten alle drei auf den Polizisten der uns gegenüber auf dem Sofa saß und uns vom Unfall erzählte. Diesen Teil hatte ich eigentlich vollkommen aus meinen Erinnerungen gestrichen, ihn quasi gelöscht. Es war grausam gewesen. Noch am morgen hatten sie mit mir gelächelt und gelacht. Und nur eine Stunde später fielen sie den Abhang hinunter.

Als ich aus dem Schlaf hoch schreckte, hätte ich beinahe geschrien. Mein Herz raste wild in meiner Brust und ich war vollkommen verschwitzt. Bei den Gedanken an meinen Traum zog ich die Beine an und stützte meine Stirn an die Knie. Als ich mich dann endlich beruhigt hatte, stand ich leise auf und ging ins Bad. Es war noch dunkel. Im Bad wusch ich mir gründlich das Gesicht und entschied mich kurz unter die Dusche zu springen. Es dauerte etwa anderthalb Stunden bis ich mich wieder hinlegte. Dabei rückte ich so nahe wie möglich an Chris und schlang die Arme um ihn, wobei ich das Gefühl hatte ihm die Luft abzudrücken. Er seufzte stattdessen im Schlaf und zog mich enger an sich. Das war eben typisch Christoph. Sogar im Schlaf funktioniert sein Beschützerinstinkt perfekt. Ich vergrub mein Gesicht an seiner Brust und verweilte eine Weile so. Irgendwie schien er davon wohl aufzuwachen.
„Kannst du nicht schlafen?“, wollte er müde wissen.
„Ich hab geträumt.“, gab ich zurück und zog ihn noch enger an mich.
„Möchtest du darüber reden?“
Ich schwieg eine beträchtliche Zeit. Ich dachte schon er wäre wieder eingeschlafen, wenn er nicht anfangen hätte mir tröstend über den Rücken zu streicheln.
„Erzähl mit davon.“, bat er dabei.
Ich seufzte lange und schwieg noch eine Weile. Dann drehte ich den Kopf zur Seite, sodass mein Ohr an seinem Herz lag. Es schlug stark und gleichmäßig.
„Ich träume eigentlich immer das selbe. Ich durchlebe diesen Tag jede Nacht. Ich wache auf, treffe Mom und Dad in der Küche, gehe zur Schule und wenn ich wieder nach hause komme stehen da die beiden Polizisten.“ Meine Stimme wurde immer leiser. „Aber diesmal war da noch was anderes. Ich habe noch davon geträumt mit Louis und Cori im Wohnzimmer zu sitzen, während wir einem Polizisten zuhören wie er von dem Unfall erzählt. Eigentlich... habe ich diesen Teil mit Bedacht aus meinen Kopf gelöscht. Aber diesmal war er da, Chris. Und es tut so weh. Es tut so verdammt weh.“
„Schsch. Ist schon gut, Alex. Schon gut. Ich bin hier bei dir. Ich bin bei dir.“
„Ich vermisse sie so.“
„Ich auch. Aber das lässt sich nicht ändern. Das Leben geht weiter und dafür solltest du Dankbar sein. Du hast Luca kennen gelernt, Davis, Mika, Julian und so viele andere. Du hattest in den letzten Tagen so viel Spaß, du hast gelacht, gelächelt und sogar ein wenig glücklich.“
„Ich weiß aber nicht wie ich ohne die beiden richtig glücklich sein kann.“
„Ist schon okay. Das ist ganz normal.“
„Aber es ist doch nicht normal das es so weh tut... oder?“
„Die zwei waren deine Eltern. Sie waren die einzigen aus der Familie die du regelmäßig gesehen hast. Und zwar täglich, wenn nicht sogar stündlich. Sie haben dich mit ihrer Liebe schier überschüttet. Und du hast sie mindestens genauso sehr geliebt. Da ist es ganz natürlich das du sie so vermisst. Und Sowas tut halt auch weh. Und dann ist da noch die Tatsache das du nie mir Sowas gerechnet hättest. Du warst wunschlos glücklich. Die erste Zeit ohne Eltern ist natürlich dann immer schwer.“
„Sie fehlen mir so.“
Meine Stimme begann bereits zu zittern. Etwas das sie noch nie getan hatte.

In den Gängen war es sehr laut als wir die Schule betraten. Chris hatte mich die ganze Zeit bei sich gehalten, während ich noch in Erinnerungen an den Traum davon abhielt mir ständig im Kopf herum zu schwirren. Die anderen drei hatten es kaum mitgekommen.
„Dann sag ich mal bis später.“, meinte Cori und zog Louis mit sich zur Klasse.
„Ich glaub ich sollte jetzt auch zur Klasse gehen.“, meinte Luca, „Bis zur Mittagspause.“
Damit wand er sich dann ab und ging ebenfalls zu seiner Klasse.
„Und so schnell wird man sie los.“, meinte Chris, „Wenn sie nerven kleben sie wie Kletten an dir und wenn man sie braucht müssen sie weg. Das nenne ich mal Ironie des Schicksals.“
Ich schüttelte den Kopf und hielt mein Kopf etwas näher bei ihm. „Das ist einfach das Leben. Und das Leben ist so kompliziert, das man sagen kann man wüsste nichts darüber. Nur über das was bereits passiert ist.“
Er seufzte. „Was wäre das Leben wenn es einfach wäre zu leben?“
„Die perfekte Chance Langeweile zu schieben?“
„Richtig. Und deshalb ist das Leben schwer, glaube ich.“
„Sogar Tiere haben es schwerer wie ich.“
„Alle, bis auf Delphine.“
„Delphine?“
„Die werden nicht gejagt... oder?“
„Nicht das ich wüsste, aber hast du mal an die Tanker gedacht die immer mitten auf dem Meer kaputt gehen?“
„Okay, dann nehme ich zurück was ich gesagt habe. Was ist mit... Robben?“
„Die Inuit jagen sie.“
„Ach ja. Die hab ich ganz vergessen. Tiger?“
„Wenn du Indien mit Tigern verbindest, solltest du selbst drauf kommen.“
Er seufzte. „Es muss doch eine Tierart geben die es einfach hat, oder nicht.“
„Multimillionäre.“
Er lachte ein wenig und schüttelte belustigt den Kopf. „Du bist schräg, weißt du das eigentlich?“
„Das hast du mit früher schon oft genug an den Kopf geworfen.“
„Früher ist aber nicht heute. Ich kann es dir gar nicht oft genug an den Kopf werfen.“
„Spinner.“
„Verrückte.“
„Wahnsinniger.“
„Knutschfleckfetischist.“
„Hey. Wenn dann ist das ein Lucas-Reaktion-auf-Knutschflecken-Fetischismus.“
„Dann eben Lucafetischist.“
„Da bin ich mir nicht ganz so sicher. Aber ich weiß das Louis ein besonders starken Fetischismus hegt.“
„Den Alexfetischismus?“
„Ganz genau.“
„Ich glaub den hab ich auch.“
Ich knuffte ihm in die Seite. „Das merke ich.“
Er lächelte und hielt meine Hand fest. Also knuffte ich ihm mit der anderen Hand in die andere Seite.
„Ich beiß dich gleich.“
„Versuchs doch.“
Er zog meine Hand an seinen Mund und ich zog sie weg.
„Das schaffst du nie.“
„Wetten doch?“
„Wetten nicht?“
Ich knuffte ihm erneut in die Seite. Dann ging ich vor, wobei er mir sofort folgte. Meine Schritte wurden schneller, bis wir nahezu zur Klasse rannten.
„Hab ich dich!“, rief er aus als er mich direkt vor der Klassentür einfing und wir zu Boden gingen.
„Hey, warte mal.“, bat ich.
Zu spät. Er begann bereits mich durchzukitzeln. Ich konnte nicht anders als einfach loszulachen. Vor allen Schülern. Und alle aus unserer Klasse haben sofort zu uns gesehen als Chris rief er hätte mich. Ich wand mich wie verrückt unter ihm, aber er hielt mich entweder erneut bei sich, oder er zog mich zurück.
„Hör auf, ich... ich kann nicht mehr!“, bat ich ihn.
„Das soll ich dir glauben? Du willst doch nur wieder abhauen. Wie letztes mal.“
Ich schüttelte hektisch den Kopf.
Er hörte auf und hielt mich fest. „Du haust nicht ab wenn ich dich loslasse?“
Ich schmunzelte und schüttelte den Kopf. Als er mich dann langsam los ließ, schubste ich ihn verspielt weg, sprang auf und eilte in die Klasse.
„Hey!“, rief er und eilte mir hinterher.
Als ich zwischen den Tischen lief, bekam er mich in der Mitte zu fassen und wir landeten am Boden. Gerade dann als der Lehrer herein kam.
„Was macht ihr zwei auf dem Boden?“, fragte er und stellte seine Tasche ab.
„Sie hat mich reingelegt.“, gab Chris zurück.
„Hab ich gar nicht. Ich bin nicht abgehauen. Ich bin geflüchtet.“, gab ich zurück.
Einige Schüler lachten ein wenig. Chris und ich standen auf und gingen dann auf unsere Plätze.

In den Pausen war ich bei Davis, wobei wir uns unterhielten. In der Mittagspause ging ich dann mit Chris in die Cafeteria, wo wir gerade sahen wie Louis Cori quer durch die große Halle jagte. Sie hatten scheinbar einen heiden Spaß, während Luca in der Schlange stand. Chris und ich stellten uns einfach zu ihm, da er recht weit vorn und die Schlange sehr lang war.
„Hi.“, meinte ich lächelnd, was er auch sofort erwiderte.
„Hattest du Spaß mit deinem Christoph-Schatzi?“, neckte er mich, „Ich hab gehört was ihr noch vor der ersten Stunde gemacht habt.“
Chris hüstelte. Ich wurde etwas rot.
„Er ist mein Cousin.“, gab ich dann zu bedenken, wobei die Röte verschwand. „Er darf mein Schatzi sein.“
Chris lachte leise. „Und du bist mein Schnuckiputzi, oder wie?“
„Nenn mich nie Schnuckiputzi.“, warnte ich ihn.
„Schnuckiputzi.“
„Chris.“
„Was ist, Schnuckiputzi?“
Luca lachte leise.
„Hör auf damit.“
„Warum, Schnuckiputzi?“
Ich schlug ihm leicht auf die Schulter „Ich bin kein Schnuckiputzi.“
„Für mich schon, Schnuckiputzi.“
Luca konnte sich kaum halten vor lachen.
„Ich gebe dir fünf Sekunden zu verschwinden.“, meinte ich weiterhin an Chris.
Er wartete etwa drei Sekunden und ging dann weg. Daraufhin eilte ich ihm hinterher, was dazu führte das ich ihn jagte, wie Louis Cori jagte. Nur mit dem einen Unterschied, Louis und Cori standen oft auf zwei verschiedenen Seiten eines Tisches, während Chris sich eher hinter Schülern versteckte oder sie zwischen uns schob um sie schön zwischen uns zu halten. Als ich dann sahen das Luca sich mit seinem und unserem Essen setzte, eilte ich zu ihm und setzte mich.
„Du bist ein Schatz.“, meinte ich und küsste ihn auf die Wange, während ich mein Essen nahm.
„Das muss schon was heißen wenn du das sagst.“, meinte Chris als er sich ebenfalls setzte und sich sein Essen nahm.
Luca seufzte leise und begann zu essen.
„Alles okay?“, wollte ich wissen.
„Hm? Ja, klar.“, gab er zurück, „Hab grad nur ein kleines Problem. Heute muss ich auch wieder nach hause.“
Chris nickte. „Nicht das du noch Hausarrest bekommst.“
„Was ist das denn für ein Problem?“, wollte ich danach wissen, während ich anfing zu essen.
„Ach, nichts besonderes.“ Es schien ihm sichtlich unwohl zu sein darüber zu reden, also fragte ich nicht mehr nach.
„Wie du meinst. Sag mal, bist du dir sicher das Cori nichts für dich ist?“
Seine Reaktion: Er verschluckte sich. Er hustete fast eine ganze Minute bis er sich wieder gefangen hatte und tief einatmete.
„Was?“, wollte er dann wissen.
„Bist du dir sicher das Cori nichts für dich ist?“
„Ja.“
„Warum?“
Er hielt mit der Gabel vor dem Mund inne uns sah zu mir. „Weil ich sie nicht liebe. Die Frau mit der ich zusammen bin sollte schon die Frau sein die ich liebe.“
„Gibt es da jemanden?“
Ich sah das Chris ihn ansah als wir erwarteten das er antwortete. Das tat er auch nach kurzem Zögern.
„Ja, es gibt eine Frau die ich liebe.“
„Verrätst du mir wer es ist?“
„Ähm... Lieber nicht. Das ist... Äh... Kompliziert.“
„Weiß sie es denn?“
„Nein. Ich bin mir sicher das sie es nicht weiß.“
„Aber du liebst sie.“
Er atmete aus. „Ja. Sehr.“
Als er weiter aß, wusste ich das er nicht mehr dazu sagen würde. Beinahe unmittelbar danach betrat Davis die Cafeteria und winkte mir lächelnd zu. Ich tat es ihm gleich. Als er mich dann zu sich winkte, bat ich die beiden kurz zu warten und stand auf.
„Was gibt’s?“, wollte ich wissen als ich bei ihm war.
„Wie wäre es wenn wir nach der Schule noch etwas machen? Bevor ich mit Adam losfahre, meine ich.“
Ich lächelte. „Das wäre super.“
„Du kannst ja mit zu mir kommen. Wie findest du das?“
Ich nickte. „Gerne. Ich bin sehr gespannt darauf zusehen wie du lebst.“
„Naja, so toll ist es gar nicht.“
„Das sagst DU.“
„Es ist so. Hier ein bisschen, da ein bisschen.“
„Trotzdem freue ich mich schon drauf.“
„Möchtest du dann direkt mit zu mir?“
„Wenn du nichts dagegen hast.“
Er lächelte etwas und zog mich sanft näher zu sich.

Christoph
„Du hättest es ihr sagen sollen.“, meinte ich als Alex außerhalb der Reichweite war und sah ihr hinterher, während sie zu Davis ging. Luca hielt den Blick auf sein Essen gerichtet. „Hättest du es ihr gesagt, hättest du es hinter dir.“
„Ich bezweifle das ich es ihr überhaupt sagen werde. Mit Davis scheint sie ja ganz glücklich zu sein.“ Er sah auf und deutete auf die beiden.
„Du weißt genauso gut wie ich warum er mit ihr zusammen sein möchte.“
„Ich hab das blöde Gefühl das er bei ihr anders ist. Bei ihr gibt er sich richtig Mühe, wie du sehen kannst.“
Ich seufzte. „Du willst doch nicht werden wie Ferguson, oder?“
„Nein.“
Ferguson war jemand der eigentlich gar nicht so schlecht aussah. Aber er hatte sich ausgerechnet in das Mädchen verliebt das ihre große Liebe bereits gefunden hat. Er behält seine Gefühle für sich, genauso wie Luca. Nur das es bei Ferguson so war, das er daran kaputt geht. Es quält ihn, was ihn schon einmal fast ins Krankenhaus gebracht hatte. Und er hielt seine Gefühle für sich weil er weiterhin mit dem Mädchen befreundet sein wollte. Luca dagegen war einfach nicht selbstbewusst genug, was Mädchen betraf. Ich sollte es langsam wissen, ich war mit ihm im Kindergarten. Damals konnte er nicht mal mit einem Mädchen sprechen ohne zu stottern. Jetzt schaffte er es zwar, aber seine Gefühle zeigte er einfach nicht.
„Wenn du so weiter machst, bist du auf dem besten Weg.“, meinte ich zu ihm, während wir zusahen wie Davis und Alex sich lächelnd unterhielten.
Davis war ein wirklich sehr gute Schauspieler. Und er war sehr beliebt was die Frau anging. So beliebt, das er sicher jede schon einmal hatte. Außer eben Alex. Das neue, wunderschöne Mädchen. Ungeküsst und Jungfrau. Ich hoffte nur das er Alex nicht weh tun würde, oder schlimmer, sie zu seiner Sammlung zählte. Ich wusste nicht wie sie reagieren würde... und ich wollte es erst gar nicht erfahren.
Luca und ich sahen den beiden weiterhin zu. Davis lächelte ein wenig mehr und zog sie zu sich, wobei er noch etwas sagte, was Alex die Röte ins Gesicht trieb. Dann erwiderte sie etwas und er zog sie in die Arme. Dabei sah er direkt auf Luca.
Sein Blick eine reine Warnung.
„Ich kann ihn überhaupt nicht leiden.“, meinte ich.
„Ich ebenso wenig.“, gab Luca zurück, „Du solltest mit Alexandra über ihn sprechen.“
Ich schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht das sie mir glauben würde. Davis hat sich als ihren Rettungsring präsentiert. Er weiß was sie durchgemacht hat und weiß wie man sie aufheitert. Er könnte sogar als Rettungsring fungieren wenn sie mal nicht weiter weiß und ich selbst sie nicht trösten kann.“
Er sah mich an. „Und ich soll da eine Chance haben? Chris, sieh dir die beiden doch mal an. Wie alt ist er eigentlich?“
„Wie kommst du jetzt auf die Frage?“
„Weiß nicht. Wie alt ist er?“
„17. Beinahe exakt ein Jahr jünger als Alex.“
Ich sah wieder zu den beiden. Davis hatte seinen Kopf auf ihre Schulter gelegt. Dabei fiel mir auf das ihre Haare genau die selbe Haarfarbe hatten. Was es so für Zufälle gab.

Alexandra
Als ich wieder zu den anderen ging, sah Chris irgendwie verwirrt aus. Luca schien ausdruckslos zu sein. Sein Gesicht zeigte keine Regung. Als ich mich setzte, setzten sich Louis und Cori ebenfalls. Wer wusste schon wer der zwei gewonnen hatte... oder was sie überhaupt gespielte hatten. Fangt das Lämmchen, vielleicht?
„Darf ich fragen was er wollte?“, wollte Chris wissen und sah zu mir.
„Er hat sich für heute nach der Schule mit mir verabredet. Also, ich geh direkt nach der Schule mit ihm mit und er bringt mich wieder nach hause, wenn er und Adam los müssen.“
„Und wo geht ihr hin?“
„Warum möchtest du das ständig wissen?“
„Du bist meine Cousine.“, gab er schmunzelnd zurück, „Und ich bin von dir besessen, wie du bereits weißt.“
Ich überlegte kurz. „Er hat mich zu sich nach hause eingeladen.“
Seine Reaktion war eine völlig andere, als die, die ich erwartet hätte. Das kleine Lächeln auf seinem Gesicht verschwand sofort und er sah mich ernst an. Diesen Ausdruck habe ich nur sehr selten bei ihm gesehen. Was mich jedoch noch mehr wunderte das Luca sich wieder verschluckte. Ich schlug ihm helfend auf den Rücken bis er wieder normal Luft holen konnte.
„Danke.“, meinte er dann.
„Nicht dafür.“ Ich wand mich wieder an Chris. „Was ist los?“
Nun zog er langsam leicht die Brauen zusammen, als müsste er sehr gut nachdenken. Dann wand er sich ab, und stand auf.
„Ich bin gleich wieder da.“
Damit ging er. Ich wusste nicht wohin. Daher wand ich mich einfach an mein Essen und aß weiter. Ich bemerkte wage das Luca nur noch in seinem Essen herum stocherte.
Scheint das nur so oder war das Blässe in seinem Gesicht?
„Geht es dir gut?“, wollte ich von ihm wissen, „Du bist ganz blass.“
„Alles okay.“, gab er zurück.
„Das sieht aber alles andere als okay aus. Du solltest zur Schwester gehen.“
Er schüttelte den Kopf. „Ist schon okay.“
„Bist du sicher?“
Er nickte zögernd.
„Okay.“, meinte ich dann etwas leiser, „Bist du später wieder bei uns?“
Er schüttelte erneut den Kopf. „Ich muss mit meinen Eltern zu so einer komischen Feier von Kassandras Chef. Du weißt schon. Glanz und Glamour, Anzug, Krawatte und schön brave glatt gekämmte Haare.“
„All die Sachen die du wohl nicht magst.“
„Das schlimmste ist das der Anzug maßgeschneidert ist und die Krawatte ist ein Muss.“ Er ließ die Schultern hängen. „Ich hoffe das ich damit nicht ersticke. Ich mach das blöde Teil ständig zu fest.“
„Ich könnte dir doch helfen.“
Er sah mich überrascht an. „Mir damit helfen?“
„Ich hab Dad auch gerne geholfen. Mom hatte nie Zeit. Sie hat das Essen gemacht. Ich weiß noch als ich es das erste mal versucht habe. Die Krawatte war ein einziger Knoten und seine Haare standen zu Berge.“
Er lachte leise. „Was stellst du dann mit mir an?“
„Hey.“, lachte ich zurück, „Damals war ich erst 11. Das letzte mal sah er besser aus als der Präsident persönlich.“
„Wow. Auch mit Seitenscheitel?“
„Nein. Dad kann das mal gar nicht ab.“ Ich stoppte kurz. „Konnte. Er konnte es mal gar nicht ab.“ Nun seufzte ich. „Es ist so anders ohne die beiden.“
„Das wird schon wieder.“
Ich seufzte erneut und ließ mich gegen seine Schulter kippen. „Du hast leicht reden.“, meinte ich und legte mein Kinn auf seine Schulter. „Du hast ja Eltern.“
Er drehte seinen Kopf zu mir. „Vergiss nicht. Ich habe einen Vater. Kassandra kann ich wohl kaum als meine Mutter bezeichnen. Mütter sind liebevoll zu ihren Kindern und hassen sie nicht.“
„Da hast du wohl recht. Aber du hast wenigstens einen Vater. Jemand der dich liebt.“
„Den hast du doch auch. Chris.“
Ich lachte ein wenig. „Chris ist doch nicht mein Vater. Immerhin muss er mich dafür schon mindestens zig mal nackt gesehen haben.“
„Wie bitte?“
„Irgendjemand musste mir als Baby doch die Windeln wechseln.“
Er schüttelte amüsiert den Kopf und lachte leise. „Sag bloß deine Mutter hat das nicht gemacht.“
„Ne. Sie hat die Milch gekocht und das Essen gemacht. Ach ja, und Dad hat mich auch immer gebadet. Jedenfalls sagten die beiden das immer. Ich hab das ganze Badezimmer unter Wasser gesetzt.“
„Rettet die Badeente, rettet die Badeente.“
Ich grinste ein wenig. „Wenn ich dich nicht hätte.“
„Was dann?“
„Dann würde ich wohl immer noch Trübsal blasen. Immerhin, du hast mir ein wundervolles Kompliment gemacht, du bringst mich zum lachen, du bringst mich zum lächeln, du hast mich getröstet als ich es brauchte, du hast mir in einigen Situationen geholfen, du hast dich um mich gekümmert, hab ich was vergessen?“
„Ich hab nicht die leiseste Ahnung.“
„Okay, weiter zur nächsten Liste.“
„Noch eine?“
Ich nickte, weiterhin mit dem Kinn auf seiner Schulter. „Wie ich dich finde. Ich glaube das sollte ich auch langsam mal los werden. Sonst vergesse ich die Liste wieder.“
Er sah irgendwie so aus als wolle er es gar nicht wissen... andererseits sah er so aus als würde er gleich vor Neugierde platzen. Gerade als ich dann etwas sagen wollte, setzte sich Chris wieder.
„Wollt ihr euch küssen, oder was?“, neckte er.
Ich lächelte etwas, schlang die Arme um Luca und küsste ihn auf die Wange.
„Ich habe ihm gerade eine Liste genannt warum er mir so wichtig ist.“
„Warum er dir so wichtig ist?“
Ich nickte. „Ich finde ihn super.“
„Wenn Katie und William das hören würden.“
„Dad würde mich anstarren als wäre ich ein T-Rex.“
„Voller Angst?“
„Nein. Bewegungslos.“
Er lachte ein wenig. „Und Mom?“
„Sie wäre T-Rex Reporterin. Wie sehr magst du ihn? Wie viel ist auf jeden Fall drinnen? Etwa so wie Theo.“
Er hüstelte. „Ja, ähm... Kann es sein das er dich genau das gefragt hat?“
Ich nickte.
„Und?“
„Was und?“
„Wie sehr magst du ihn?“
„Er macht Louis Konkurrenz.“
Diesem fiel die Gabel aus der Hand. „Wie bitte?“
„Und das muss schon was heißen. Immerhin kenne ich Louis und Cori fast mein ganzes Leben lang.“
Cori grinste ein wenig als Louis grübelte. „Heißt das, ich stehe bald nur noch an zweiter Stelle?“
„Am Anfang standest du an vierter Stelle. Jetzt an zweiter. Es könnte passieren das du bald an dritter Stelle stehst.“
Er fluchte leise und ich lachte ein wenig. „Das dauert noch eine Weile, keine Sorge.“
Er seufzte. Als dann sein Handy klingelte, sahen wir ihn alle an. Er holte es kurz heraus, sah auf den Display und nahm lächelnd ab.
„Hallo, ma chérie.“, meinte er und stand auf um irgendwo hin zu gehen wo er ungestört war.
Ich seufzte tief und lehnte mich unbewusst an Luca. „Dad konnte hervorragend Französisch. Er hat mir so gut wie alles beigebracht was man da wissen sollte. Sogar ein bisschen Spanisch. Aber nur ganz winziges bisschen.“
„Was kannst du denn auf Spanisch sagen?“, wollte Luca wissen.
„Mi amor por ti es tan grande que no puedo expresar.“
Chris schwieg kurz. „Was?“
„Ich habe kein Wort verstanden.“, fügte Luca hinzu, „Was heißt das?“
„Ich glaube nicht das ich das sage.“
„Mach schon.“, bat Chris.
„Bitte.“
„Nein, das ist etwas... peinlich.“, gab ich zurück.
„Bitte.“, baten nun beide.
„Wir verraten auch niemandem etwas.“, meinte Chris.
„Ich schweige wie ein Grab.“, stimmte Luca zu.
„Aber es ist nicht ernst gemeint.“ War das die Wahrheit oder eine Lüge? Ich wusste es selbst nicht.
„Sag es einfach. Wir nehmen es auch nicht ernst.“, meinte Chris dann.
Ich atmete kurz durch. „Ich hab gesagt: 'Meine Liebe zu dir ist so groß das ich es nicht auszudrücken vermag.'„
„Wow.“, meinte Cori, „Kannst du das auch in Französisch?“
Als ich nickte, wand Luca sich vorsichtig aus meinen Armen und stand auf.
„Ich glaube ich sollte zurück in die Klasse.“, meinte er.
Damit brachte er sein Tablett mit einer halb aufgegessenen Mahlzeit weg und verließ die Cafeteria.
„Was hat er denn?“, fragte ich verwirrt.
Keine Antwort. Die hatte ich ehrlich gesagt auch gar nicht erwartet. Chris wand sich wieder seinem Essen zu. Ich tat es ihm gleich.
Vielleicht ging es ihm ja doch schlecht.

Wahre Liebe oder Einbildung?




„Adam? Ich hab Besuch mitgebracht!“, rief Davis ins Haus als er mit mir eintrat.
Er nahm mir meine Tasche ab, stellte sie beiseite und ging mit mir dann ins Wohnzimmer. Dort las Adam gerade leicht geschockt Zeitung. Er sah auf als wir herein kamen.
„Hallo, Alexandra.“, meinte er dann lächelnd, „Was macht die Spange?“
Ich zeigte den Daumen nach oben.
„Ist doch super. Stört sie?“
Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte sie sogar vergessen.
„Davis, was hältst du davon wenn wir dann um 15 Uhr losfahren?“
„Kein Problem. Dann bringe ich sie um 14:30 Uhr zurück.“, gab dieser zurück.
Adam nickte. „Viel Spaß euch zwei.“
„Komm mit.“, meinte Davis dann an mich und zog mich sanft hinter sich her.
In sein Zimmer. Es sah gemütlich aus. Er hatte ein Sofa an der Wand stehen. Davor stand ein Tisch mir ein paar Kleinigkeiten. Neben dem Sofa, am Fenster, stand ein großer Schreibtisch mit einem Computer. An der anderen Wand stand sein Bett mit einem kleinen Nachtschrank. Neben der Tür stand ein großer Schrank mit allem möglichem drinnen. Ein paar Bücher, CDs, eine Digitalkamera, eine Videokamera, ein Fernseher, vier verschiedene Spielkonsolen, eine Stereoanlage und ein ganze Sammlung schwarze Drachenfiguren. An der letzten Wand stand sein Kleiderschrank mit einem weiteren Schrank.
Als erstes ging ich zum Schrank neben der Tür. Die meisten Bücher die er hatte, hatte ich irgendwann mal gelesen. Die anderen kannte ich nicht. An CDs hatte er am meisten Musik. Ganz verschiedenes. Auf der einen Seite hatte er Lieder mit Klavier, Cello, Violine, Geige, Gitarre und was es sonst noch so gab, und auf der anderen hatte er Dance, Techno, Hip-Hop, Rap Rock, Metal und Gothic.
Vielfältig.
Die Drachenfiguren traute ich mich gerade mal zu berühren, jedoch nicht in die Hand zu nehmen. Wer weiß was er für so eine Figur ausgegeben hatte.
„Die sind schön.“, meinte ich und lächelte ihn an.
Er lächelte zurück, während er zusah wie ich seine Sachen betrachtete. Als nächstes waren die Spiele dran. Strategie, Shooter, Action, Arcade, Jump&Run...
„Ich wusste gar nicht das es solche Spiele noch gibt.“, meinte ich und nahm eines der Jump&Run spiele heraus.
„Die sind schon recht alt.“, gab er zurück, „Ebenso wie die Konsole dazu.“
Er deutete auf einen der Spielkonsolen. Es war grau, groß und eckig. Mit Spielkonsolen kannte ich mich nur nicht so gut aus.
„Darf ich hier auch rein sehen?“, fragte ich und deutete auf einen Teil des Schrankes an dem geschlossene Türen waren.
„Nur zu.“, gab er zurück.
Ich öffnete sie und fand eingerahmte Fotos. Auf einem der Fotos sah ich Davis mit zwei Erwachsenen. Sie waren an einem Strand den ich nicht kannte und lächelten in die Kamera.
„Sind das deine Eltern?“, fragte ich unwillkürlich.
Er kam zu mir und nahm mich von hinten in die Arme, während er mir über die Schulter sah. „Ja. Meine Mutter hieß Elenoir. Mein Vater Verlando.“
„Verlando?“
„Das ist aus dem italienischen. Europa.“
„Ach ja. Stimmt. War er Italiener?“
„Ja. Meine Mutter war ursprünglich aus England, zog dann aber ans Festland. Deutschland. Mein Vater war gerade beruflich in der Stadt als er sie in einem Café traf. Er hatte Pause gemacht und aus Versehen ihren Kaffee auf ihr Kleid geschüttet.“
„Heiß.“
„Es war weiß.“
„Oh! Das was sicher peinlich.“
„Er hat ihr seine Jacke gegeben und ihr angeboten sie nach hause zu fahren.“
„Aber er hatte doch nur Pause.“ Ich merkte wie er mit den Schultern zuckte.
„Er war einfach etwas länger als erlaubt weg. Die Zeit hat er nachgeholt.“
„Was war nachdem er sie nach hause gefahren hat?“
„Bevor sie aus dem Auto stieg, bot er ihr an am Abend mit ihr essen zu gehen. Als Entschädigung.“
„Und? Hat sie angenommen?“
„Nein.“
„Was?“
Er lachte ein wenig. „Sie hatte Nachtschicht.“
„Oh.“
„Also lud er sie einfach ein mit ihr am nächsten Tag einen Kaffee trinken zu gehen. Das haben sie dann auch gemacht. Das Wochenende haben sie dann zusammen verbracht und haben sich immer öfter getroffen. Das ging etwa zwei Wochen so. Dann musste er wieder zurück nach Italien.“
„Wie haben sie sich wieder getroffen?“
„Das war gar kein Zufall gewesen. In der letzten Nacht in der er in Deutschland war, hat er bei ihr geschlafen. Er ist gegangen als sie noch geschlafen hat, hat ihr aber eine Nachricht und seine Nummer da gelassen.“
„Sie hat ihn angerufen?“
„Nicht sofort. Sie war wütend weil er ihr nicht gesagt hatte, dass er nur für zwei Wochen in Deutschland war. Eigentlich hatte sie vor sich gar nicht mehr zu melden.“
„Aber?“
Er küsste mich auf den Hals. „Es war bereits um sie geschehen. Sie hat ihn furchtbar vermisst und ihn dann anderthalb Woche später angerufen. Er war so erleichtert wie schon lang nicht mehr. Sie hat ihn gefragt wann sie ihn wiedersehen würde. Er sagte darauf, dass er am liebsten den nächsten Flug nehmen würde, aber er hatte kein Geld dafür. Also hielten sie den Kontakt zwei Wochen nur übers Telefon und E-Mail.“ Er machte eine kurze Pause. „Nach den beiden Wochen hat sie einen Flug gebucht. Italien, Toskana, Livorno. Sie blieb für einen Monat bei ihm und flog dann wieder zurück. Zwei Monate später flog er zu ihr. Sie wechselten sich immer ab. Nach drei Jahren zog er dann zu ihr. Zwei Jahre später waren sie dann nach New York geflogen um Moms Bruder zu besuchen. Sie blieben ein halbes Jahren und kamen mit mir zurück.“
„Wow. Warum blieben sie eigentlich so lange?“
„Sie war erst drei Monate schwanger, sagte Dad. Eigentlich wollten sie nur einen Monat lang bleiben, aber Mom ist krank geworden und musste ins Krankenhaus. Ich weiß nicht was genau da war, aber es war so schlimm das sie fünf weitere Monate bleiben musste. Als ich fünf war zogen wir dann hier her.“
„Was für eine Geschichte.“ Ich sah mir den Strand auf dem Foto an. „Wo war das eigentlich?“
„Das war vor zwei Jahren in Italien. Wir haben Signora Großmutter und Signor Großvater besucht.“
„Kannst du Italienisch?“
„Nur ein bisschen.“
„Sag mal etwas auf Italienisch. Bitte.“
„Tu sei la più bella che abbia mai visto. Du bist das Schönste das ich je gesehen habe.“
Unwillkürlich lächelte ich und sah mir das nächste Foto an. Es zweigte fünf Erwachsene. Drei Männer, zwei Frauen.
„Wer sind die?“, wollte ich wissen.
„Das war als Mom und Dad meinen Onkel besucht haben. Da ist Onkel Valec.“
„Und die anderen.“
„Das da sind Mom und Dad. Die anderen beiden kenne ich nicht, aber wenn ich mich richtig erinnere wohnten die beiden in Boston. Die Frau war, wie Mom, im dritten Monat schwanger.“
„Ich wette, wenn ich mich ganz genau umgesehen hätte, hätte ich die beiden sicher gesehen.“
„Vielleicht, vielleicht auch nicht.“
Ich sah weiter. Auf dem nächsten Foto waren mehrere Leute. Die meisten kannte ich nicht, aber ich erkannte Adam.
„Du kanntest Adam wohl schon lange, oder?“
„Ja. Seit ich 4 Jahre alt war. Er war mein Zahnarzt wie du dir sicher denken kannst. Damals war ich wahnsinnig stur. Gerade wenn es um den Zahnarztbesuch ging.“
Ich lachte ein wenig und nickte. „Ich war nicht viel besser. Ich habe immer angefangen zu schreien sobald mein Zahnarzt mir zu nahe gekommen ist. Und heute? Ich bin in dem Zimmer des Adoptivsohnes meines neuen Zahnarztes.“
Er lachte leise und küsste mich erneut auf den Hals. „Du hast geschrien, ich bin weggerannt oder hab ununterbrochen gezappelt. Erst mit 9 habe ich damit aufgehört. Adam fand es amüsierend und hat mich immer mit Lutschern belohnt. Ob ich nun gejammert habe oder nicht. Immerhin hatte ich lange genug stillgehalten damit er sich meine Zähne ansehen konnte.“
Ich lachte wieder ein wenig und sah mir die anderen Bilder an. Als ich damit durch war, schloss ich die Türen wieder und drehte mich zu ihm um.
„Jetzt erzähl mir mehr von dir.“, bat ich ihn.

„Okay, das war alles.“, meinte Davis etwa eine halbe Stunde später.
Wir lagen mittlerweile auf seinem Sofa, wobei ich es mir auf ihm bequem gemacht hatte und er die Arme um mich geschlungen hatte.
„Das wars schon?“, hakte ich nach, „Dein Leben war viel zu kurz.“
Er lachte kurz. „Ich bin doch erst 17.“
„Stimmt auch wieder.“
„Erzählst du mir jetzt von dir?“
„Da gibt es so viel zu erzählen. Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll.“
„Wie wäre es mit deiner Geburt.“
Als ich auf die Uhr sah, seufzte ich. „Das würde viel zu lange dauern.“
„Wie du meinst. Dann erzählst du es mir nächstes Mal.“
Es wurde still. Und es war gar nicht mal unangenehm. Lange Zeit sahen wir uns einfach nur in die Augen. Ich wusste gar nicht wie lange genau. Als ich mir dann ganz sicher war das er mich küssen wollte, klopfte es an der Tür.
„Davis, es ist gleich 14:30 Uhr.“, meinte Adam.
Dieser seufzte. „Geht klar.“
Ich stand auf, er stand auf und wir gingen in den Flur. Er holte meine Tasche, gab Adam kurz Bescheid und ging dann mit mir los.
„Hat es dir Spaß gemacht?“
Ich nickte. „Sehr viel sogar.“
„Wundert mich nicht, dass du das sagst. Du hast dich vor lachen kaum halten können als ich sagte, dass ich als Kind mal im Wäschetrockner geschlafen habe.“
Ich presste die Lippen aufeinander um nicht nochmal zu lachen. Er dagegen legte mir wieder einen Arm um die Tallie und zog mich zu sich.
„Ich sag dir, es war sogar ganz gemütlich.“
Ich biss mir zusätzlich auf die Lippen.
„Und ich hatte sehr tolle Träume... in denen sich alle gedreht hat.“
Nun fing ich wieder an zu lachen. Er lächelte dabei und hielt mich fest als ich drohte umzukippen. Als wir zuhause ankamen, hatte ich mich gerade erst beruhigt.
„Okay, du kleine Kichererbse.“, meinte er und grinste mich an, „Wir sehen uns dann am Montag.“
„Ganz bestimmt. Wir gehen ja immerhin in dieselbe Klasse.“
„Dann sag ich mal, bis Montag, meine Kleine.“
Seine Kleine? „Bis Montag.“
Er küsste mich kurz auf die Wange und ging dann, während ich hinein ging.
„Ich bin wieder da!“, rief ich im Flur und ging in mein Zimmer.
„Das ist sehr gut!“, rief Theo, „Ich hab dir was mitgebracht!“
Ich stellte kurz die Tasche weg und ging ins Wohnzimmer. „Wo warst du denn?“
„Weg.“
Ich rollte mit den Augen. „Was hast du mir denn mitgebracht?“
Er zog eine Tüte zu sich und schien darin irgendwas zu suchen. „Magst du eigentlich Poster von Tieren?“
„Äh, klar.“
„Schade. Hab welche gesehen, aber nicht gekauft.“
Ich schmunzelte etwas. „Ich warte.“
„Ich suche. Ach, da ist es ja.“ Er zog einen Umschlag hervor. „Wie konnte ich den übersehen?“
Ich zog die Brauen zusammen.
„Warte mal, da fehlt noch was.“
Er suchte weiter. Ich lachte leise, während er suchte und suchte. Irgendwann schob der die Tüte beiseite und zog eine zweite zu sich. Nach einer Weile zog er dann eine kleine Schatulle heraus.
„Ah, jetzt hab ich es. Komm doch bitte mal zu mir.“
Ich ging zu ihm rüber und er zog mich auf seinen Schoß. Ich konnte nicht sehen was er machte, aber kurz darauf legte er mir eine Halskette um. Als er fertig war stand ich auf und drehte mich um.
„Bezaubernd.“, meinte er lächelnd.
Ich sah sie mir an. Es war ein Medallion das man öffnen konnte. Etwa so breit wie mein Daumen. Ich öffnete es und sah in die lächelnden Gesichter meiner Eltern. Daraufhin fiel ich Theo wortwörtlich in die Arme.
„Danke.“
Er schlang die Arme um mich und streichelte mir über den Rücken. „Gern geschehen.“
Ich wusste nicht wie lange er mich tröstend in den Armen hielt und meinen Rücken streichelte. Aber irgendwann schlief ich in seinen Armen ein.

Theo hielt mich die ganze Zeit in den Armen und schien sich dabei eigentlich nur selbst zu trösten. Man musste nur daran denken, dass ich die Tochter seiner verstorbenen Schwester war um zu wissen warum er sich tröstete. Die Tochter die genauso aussah wie die verstorbene Schwester.

„Alex.“
Als Chris mir dieses Wort schon fast ins Ohr flüsterte, murrte ich müde und drehte mich auf die andere Seite. Überrascht stellte ich fest, dass ich in meinem Bett lag.
„Alex.“, wiederholte Chris etwas lauter, „Du wolltest Luca doch helfen.“
Nun öffnete ich die Augen und schrack geradezu hoch.
„Oh, ich bin eingeschlafen.“, meinte ich und merkte wie meine Kette hin und her baumelte.
Er lachte leise, was ein wenig gezwungener wirkte als er die Kette sah. „Seit wann trägst du Ketten?“
Ich tastete nach dem Medallion und lächelte ein wenig. „Seit heute. Wo ist Luca denn?“
„Er steht im Wohnzimmer vor dem Spiegel und versucht sich nicht selbst zu erwürgen.“
Ich stand auf, ging ins Wohnzimmer und sortierte unterwegs meine Haare. Luca sah zu mir als ich herein kam und lächelte ein wenig. Es wirkte, wie Chris' Lachen, etwas gezwungener sobald er die Kette sah.
„Dann wollen wir mal sehen.“, meinte ich und ging zu ihm, „Jetzt verstehe ich was Chris damit meinte als er sagte, dass du versuchst dich nicht zu erwürgen. Die Krawatte ist viel zu eng.“
Ich löste den Krawattenknoten und band sie ihm neu. Mir fielen noch einige andere Sachen auf die er nicht beachtet hatte. Offene Manschettenknöpfe, das Hemd hing aus der Hose...
„Ich mag es nicht das Hemd in der Hose zu tragen.“, jammerte er als ich ihm sagte er solle es in die Hose stecken.
„Tu es einfach.“
„Nein.“
„Mach schon.“
„Neien.“
„Luca.“
„Alexandra.“
„Entweder du machst es, oder ich mache es.“
Er wollte schon etwas sagen, als er dann inne hielt und ein Schritt zurück trat. „Ich glaube nicht, dass es deinem Davis gefallen würde wenn du an meiner Hose herum spielst.“
„Er ist nicht mein Davis, und falls doch, muss er es doch nicht wissen. Also...“
Ich ging auf ihm zu und er hielt meine Handgelenke fest.
„Vergiss es. Ich werde das Hemd nicht in der Hose tragen.“
Ich seufzte. „Es ist doch nur für ein paar Stunden.“
„Ein paar Stunden sind ein paar Stunden zu viel.“
„Nun stell dich mal nicht so an.“
Als ich versuchte meine Handgelenke aus seinen Händen zu bekommen, hielt er sie etwas fester fest. Warum stellte er sich denn so an?
„Du tust mir weh.“, meinte ich als er etwas zu fest zu drückte.
Abrupt ließ er es los. „Tut mir Leid. Das war nicht mit Absicht.“
„Ist nicht weiter schlimm. Jetzt steck dir aber das Hemd in die Hose.“
Er stöhnte. „Ich werde es nicht in der Hose tragen.“
„Hop hop. Soll ich mich noch umdrehen?“ Ich drehte mich um. „Tu es einfach. Das macht einen guten Eindruck und sieht besser aus.“
Ich hörte ihn seufzen. Kurz darauf hörte ich es Rascheln. Danach drehte ich mich wieder um.
„Na also. Ist doch nicht so schlimm.“
„Das denkst du.“, gab er zurück und zog die Jacke etwas hoch um die Hände in die Hosentasche zu stecken.
„Regel Nummer eins, schieb die Jacke nach hinten um die Hände in die Hosentasche zu stecken.“, meinte ich und zog sie so hin das sie nicht zerknitterte. „Immerhin ist sie gebügelt und Falten machen sich nicht gut. Okay, jetzt zu deinen Haaren.“
Automatisch fasste er nach seinen Haaren. „Was ist damit?“
„Ich glaube ein Seitenscheitel würde nicht schlecht aussehen.“
Chris hüstelte.
„Okay, dann doch kein Seitenscheitel. Aber nach hinten kämmen. Komm schon, ab ins Bad.“
„Worauf hab ich mich da nur eingelassen.“, meinte Luca als ich ihn vorwärts schob.
„Dad war stolz auf mich weil ich ihm so geholfen habe. Du solltest dankbar sein.“
„Als was hat dein Vater eigentlich gearbeitet?“
„Er war Geschäftsmann.“
„Und deine Eltern haben im selben Haus gearbeitet?“
„Er handelte mit selbst zubereiteten Fertiggerichten. Hört sich zwar etwas komisch an, ist aber so. Es hat eine Menge Gewinn gemacht.“
„Lass mich raten. Deine Mutter hat alles zubereitet.“
„Richtig.“
Im Bad nahm ich den Kamm und versuchte seine Haare ohne Hilfe nach hinten zu kämmen. Kaum nahm ich jedoch den Kamm wieder weg, schon sah es fast so aus wie vorher.
„Die Frisur geht wohl nicht so schnell weg, oder?“, wollte ich wissen.

Etwa 15 Minuten später sah sein Haar 'perfekt' aus. Er machte ein kritisches Gesicht als er in den Spiegel sah. Er sah aus wie ein junger Geschäftsmann.
„Ich sehe aus wie der Chef meiner Mutter.“, jammerte er.
„Papperlapapp. Jetzt zeigen wir es erst mal Chris.“
Ich schob ihn am Rücken aus dem Bad und ins Wohnzimmer, wo Chris gerade ein Kartenhaus baute. Er saß so, dass er die Tür im Blick hatte und hielt somit inne als wir rein kamen.
„Wow.“, meinte er, „Du hast aus Luca einen Geschäftsmann gemacht. Er sieht ganz anders aus... Okay, wo hast du ihn versteckt.“
„Nirgendwo. Wie sieht er aus?“
„Äh... Wie der brave Sohn eines Geschäftsmannes?“
„Siehst du?“, meinte ich an Luca, „Ist wohl nicht so schlimm.“
„Das wird das letzte Mal sein das ich so aussehe.“, meinte Luca und wollte schon seine Haare wieder in Ordnung bringen.
Ich schlug ihm auf die Finger und er zog sie zurück. „Rühr sie ja nicht an.“, meinte ich, „Es war schwer sie so hinzubekommen.“
„Wie viel Haarspray hast du gebraucht?“, wollte Chris wissen.
„Gar nichts.“, gab ich zurück.
Er starrte mich an. „Nichts?“
„Nein. Ich habe Haarlack benutzt. Extra hart.“
„Ach, deshalb glänzen sie so.“
Als es draußen hupte, seufzte Luca.
„Mein Ende naht.“, meinte er, „Jetzt geht’s in die Hölle.“
Ich schlug ihm aufbauend auf den Rücken. „Wenn es vorbei ist, kommst du her und erstattest Bericht.“
Er grinste leicht und salutierte. „Sir, wird gemacht, Sir. Oder, besser Ma'am.“
Ich knuffte ihm in die Seite. „Geschäftsmänner salutieren nicht.“
„Oh, zum Glück.“ Er nahm die Hand wieder runter.
„Aber sie müssen gerade stehen.“
Wieder seufzte er. „Dämliche Feier.“
Es hupte erneut.
„Dann mal viel Spaß.“
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss auf die Wange. Daraufhin nickte er und ging raus.
„Er hasst solche Veranstaltungen.“, meinte Chris und baute weiter an seinem Kartenhaus.
„Merke ich. Dad mochte sie auch nicht besonders, aber es hat ihm Spaß gemacht sich dafür fertig zu machen.“
„Weil du geholfen hast?“
„Ja. Wir haben eine Menge Unsinn gemacht. Wo ist eigentlich Theo?“
„Dad ist mit Mom auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung. Ich durfte nur hier bleiben damit du nicht allein bist. Was mich glücklich schätzt, da es dort ziemlich langweilig ist. Warum fragst du?“
„Ich wollte ihn etwas fragen, aber das hat Zeit.“
Er konzentrierte sich wieder auf das Kartenhaus und ich sah ihm dabei zu. Nach einer Weile musste er noch einen zweiten Satz Karten dazu nehmen, da sie ihm ausgingen. Als er an der Spitze ankam, hielt ich sogar den Atem an.
„Wie war es eigentlich bei Davis?“, fragte er nebenbei.
Ich lächelte. „Es hat riesigen Spaß gemacht.“
Das Kartenhaus fiel in sich zusammen. Chris selbst schien starr zu sein.
„Was ist?“
„Was habt ihr gemacht?“
„Ich hab mir sein Zimmer angesehen. Danach hat er mir von seinem Leben erzählt.“
„Mehr war da nicht?“
„Nein. Hast du etwas gedacht wir hätten...“
Augenblicklich begann er die Karten einzusammeln. Ich starrte ihn fassungslos an. Er glaubte doch nicht das ich das so einfach mit jemanden machen würde den ich erst ein paar Tage kannte.
„Chris?“, meinte ich, „Das hast du doch nicht gedacht, oder?“
Er antwortete nicht. Er sah eher so aus als würde er sich auf seine 'Aufgabe' konzentrieren.
„Chris ich... Ich kenne ihn doch erst ein paar Tage.“, meinte ich aufgebracht, „Da mache ich mit ihm doch nicht... Sowas.“
Chris seufzte tief und fuhr sich mit den Händen übers Gesicht.
„Ich dachte du würdest mich gut genug kennen um das zu wissen.“
„Alex. Es ist ja nicht so das ich denke du wärst leicht zu haben oder so. Ich denke das totale Gegenteil, aber Davis...“ Er brach ab und begann weiter die Karten einzusammeln, als könne er nur eins davon auf einmal machen.
„Was Chris? Was ist mit Davis?“
„Ich weiß nicht ob du das wissen willst.“
„Was ist eigentlich mit dir los? Ich weiß ja, dass du Davis nicht magst, aber... Warum überhaupt?“
Er schloss die Augen. „Alex, du kennst ihn nicht gut genug.“, meinte er dann und sah mich wieder an. „Er ist nicht gut für dich.“
„Wie kommst du darauf?“
„Du hast deine Eltern verloren und trauerst noch. Ich glaube nicht, dass es dir sonderlich helfen würde wenn er dir weh tut.“
„Warum glaubst du er würde mir weh tun?“
Er schwieg.
„Chris.“
Er senkte den Kopf und schüttelte ihn. „Ich glaube nicht, dass du das wissen willst.“
„Sag es mir doch einfach.“
Er schüttelte ihn erneut.
Daraufhin seufzte ich und senkte selbst den Blick. „Wo sind eigentlich Louis und Cori?“
„Die beiden wollten in die Stadt.“
„Wann sind Theo und Kathy denn wieder da?“
„Etwa um 22 Uhr.“
„Und was ist mit Essen?“
„Ich kann ja etwas bestellen.“
Ich nickte. „Ich gehe wieder in mein Zimmer.“
Ich wusste, dass ich für Chris praktisch eine Schwester war. Und er war quasi mein Bruder. Aber irgendwie verstand ich nicht warum er sich wegen Davis so anstellte. Ich mochte Davis. Ich mochte ihn sehr. Ich war mir nicht sicher, vielleicht liebte ich ihn sogar... aber irgendwie wollte mir nicht aus dem Kopf gehen was Chris gesagt hatte. 'Er ist nicht gut für dich'. Warum sollte er nicht gut für mich sein? Warum sollte er mir weh tun? Und warum reagierte er so komisch auf die Kette?
Ich schüttelte bei den vielen Gedanken den Kopf und ging an meinen PC. Ich sah mir ein paar Bilder von einem Urlaub in Australien an. Auf einem Bild saß Cori auf dem Panzer einer riesigen Schildkröte, während diese zum Wasser ging. Ich seufzte bei dem Anblick. Eigentlich hätte ich gelacht, aber irgendwie war mir nicht nach lachen zumute.

Luca seufzte als der Wagen vor einem riesigen Haus hielt. Kassandra hatte ausnahmsweise mal nicht abweisend ausgesehen als sie ihn sich kurz angesehen hatte. Sein Vater hatte ein wenig gelacht und gefragt wie man seine Haare bändigen konnte ohne eine Flasche Haarspray zu opfern. Luca hatte nur geseufzt und hatte sich in den Wagen gesetzt. Dann hatte sein Vater noch gemeint, dass Luca gar nicht so schlecht aussah.
Und nun? Sie betraten das Gebäude und wurden mit einen Haufen Stimmen begrüßt. Stimmen die zu vielen Leuten gehörten und sich unterhielten.
Womit habe ich das nur verdient?
Kassandra stellte Luca mit 'Stolz' vor, während sein Vater lächelnd daneben stand. Luca kam sich vor wie ein Ausstellungsstück. Als Kassandra dann - nach einer halben Ewigkeit - fertig war ihn 'auszustellen', flüchtete er in den Garten. Dort setzte er sich auf eine Bank und stellte sich seinem Kummer. Ein Kummer der sich Liebe nannte.
„Man, ich bin echt ein armseliges Schwein.“, murmelte er und sah zu Boden.
Die Frau die er liebte interessierte sich nicht für ihn und schien an diesem... Herzensbrecher von Davis zu hängen. Luca wusste ja das Alex trauerte und das Davis mit seiner eigenen Erfahrung wohl die bessere Wahl wäre... wenn da nicht seine Neigung wäre die Frauen alle fallen zulassen sobald er mit ihnen im Bett war.
Unwillkürlich rieb Luca sich den Hals und zog die Brauen zusammen. Schmerz konnte Alexandra nun sicher nicht gebrauchen.
Aber für Luca war es definitiv zu spät sich um sie zu bemühen... was sicher auch nichts gebracht hätte. Sie schien nur Freundschaft zu empfinden. Und obwohl er sich eigentlich freuen sollte wenigstens ein Freund von ihr sein zu können, tat es ihm weh das für sie nicht mehr in Frage kam. Und dann war da noch die Kette, wie ihm einfiel. Die war sicher von Davis. Der hatte immerhin genug Geld um Sowas mal für zwischendurch zu verschenken. Luca war sich sicher, dass er selbst sicher nie an solche Geschenke gedacht hätte.
Was muss man tun um wenigstens ein kleines Bisschen Liebe von einer Frau zu bekommen?

Als Chris mich rief, stand ich vom PC auf und ging in die Küche, wo er gerade damit beschäftigt war Pizza zu Achteln.
„Du hast die Wahl zwischen Salami, Tunfisch, Peperoni und... Schinken.“
„Bekomme ich von jeder zwei Stücke? Also, ein Viertel?“
„Oder so.“
Er mischte die Pizzen, sodass auf jedem Teller von jeder Sorte zwei Stücke lagen, nahm zwei Teller und ging mit mir - ich hielt die anderen beiden Teller - ins Wohnzimmer, wo Cori und Louis saßen.
„Luca hat eben angerufen und gesagt das er weder heute, noch morgen oder übermorgen her kommen kann.“, meinte Chris als wir dann auf der Couch saßen.
„Er kann nicht kommen? Warum?“, wollte ich etwas enttäuscht wissen.
Ich hatte mich bereits so sehr daran gewöhnt ihn in der Nähe zu haben, dass es schon ungewohnt war wenn er nicht da war. Ich hatte ihn wirklich gern.
„Ich weiß nicht warum, aber er sagt er habe Hausarrest bekommen. Wir dürfen ihn nicht mal besuchen.“
Ich seufzte. „Schade.“
„Schade?“, hakte Chris nach.
„Ich hab mich daran gewöhnt ihn um mich zu haben. Ich mag ihn.“
„Jetzt wird’s spannend.“, meinte Cori, „Wie sehr magst du ihn denn?“
„Ich... ich mag ihn halt.“
„Wir haben geschnallt das du ihn magst, aber wie sehr? Liebst du ihn? Willst du ihn heiraten? Willst du mit ihm kleine Lucas machen?“
„Cori!“, rief ich empört aus.
„Was ist?“
„Übertreib mal nicht.“
„Die Chance besteht doch, oder nicht.“
Ich rollte mit den Augen.
„Als. Wie sehr magst du ihn? Es steht zur Verfügung, Hass, Freude bei Treffen, Glück bei trauter Zweisamkeit, Liebe, Heirat und kleine Lucas.“
Louis unterdrückte eine Reaktion und schubste sie von der Sofalehne.
„Letzteres fällt definitiv weg.“, meinte Chris vorweg, „Lass sie erst mal 23 werden.“
„Sehr fürsorglich, danke.“, meinte ich an ihm.
„Gern geschehen.“
„Okay.“, meinte Cori, „Hass fällt auch weg, das merkt man schon wenn sich die beiden nur ansehen.“
„Freude bei Treffen ist noch etwas zu wenig.“, stellte Louis fest, „Fällt also auch weg.“
„Übrig bleibt Glück bei trauter Zweisamkeit und Liebe.“
Alle drei sahen mich an.
„Was weiß ich? Irgendwo dazwischen.“, meinte ich nach ein paar Minuten den Schweigens und begann zu essen damit ich nichts mehr sagen musste.
„Dann wäre das ja geklärt.“, meinte Cori und tat es mir gleich. „Weiter geht’s mit Davis.“
Chris fiel tatsächlich die Pizza aus der Hand.
„Selbe Auswahlmöglichkeiten.“
„Hassen ist weg.“, meinte Louis sofort, „Und die kleinen Davis'. Ebenso wie Heirat.“
„Liebe glaube ich nicht. Immerhin küsst ihr euch ja nicht.“, fügte Cori hinzu und sah zu wie Chris die falsch herum liegende Pizza auf dem Teller versuchte ohne Schäden umzudrehen.
„Ich schätze irgendwo zwischen Freude bei Treffen und Glück in trauter Zweisamkeit.“, beendete Louis.
Ich sagte dazu nichts. Ich konnte es nämlich selbst nicht sagen. Ich schwankte irgendwo zwischen dem ungläubigen Wörtchen Liebe und dem was Louis sagte.
„Cori?“, medete ich mich etwas später.
„Ja?“
„Was hältst du von Luca?“
„Wie bitte?“
„Magst du ihn?“
„Sicher mag ich ihn.“
„Wie sehr?“
„Äh... Warum fragst du?“
„Sag mal. Bitte.“
„Ich finde ihn ganz okay. Er ist nett, bringt einen zum lachen oder zum lächeln... Eben ein echter Freund, finde ich.“
„Okay.“
„Warum fragst du?“
„Ach, nur so. Was hältst du denn von Chris?“
Diesem fiel wieder die Pizza runter. Ich lachte ein wenig und tätschelte ihm die Schultern.
„So geschockt?“, wollte ich wissen.
„So ähnlich.“, gab er zu und sammelte das Stück zum zweiten Mal auf.
Cori dagegen wurde ein wenig rot und drehte sich zum Fernseher, sodass ich ihr Gesicht nicht sehen konnte.
„Alex?“, wollte dann Chris wissen.
„Hm?“
„Wie findest du Louis?“
Dieser lächelte und nahm mich in die Arme. „Wir heiraten nächste Woche.“, meinte ich dann.
„Wir haben uns vorgenommen in der Karibik unsere Flitterwochen zu verbringen.“, fügte er hinzu.
Ich nickte. „Und danach geht’s nach Australien.“
„Wir wissen auch schon wo wir wohnen werden.“
„Das Haus in Boston gehört ja offiziell noch mir.“, stimmte ich zu.
Chris und Cori sahen uns fassungslos an. Sie hatten sicher mit ganz normalen Antworten gerechnet, aber sicher nicht mit so einem Scherz.
„Okay, ihr habt euch definitiv sehr gern.“, meinte Chris und grinste ein wenig. „Aber ich bin euer Trauzeuge.“
„Oh, und ich bin die Brautjungfer.“
„Dann muss ich den Strauß so werfen das sie ihn fängt.“, flüsterte ich Louis zu.
Er fing an zu lachen.
„Okay, jetzt aber mal ernst. Wie sehr magst du ihn?“, wollte Chris wissen.
„Einen besseren Freund habe ich Momentan definitiv nicht.“
„Und wer ist an zweiter Stelle unter den Freunden?“
„Luca. Ist doch klar.“
„Nummer drei?“
„Cori.“
„Du ziehst Luca mir vor?“, hakte diese nach.
„Nimm es nicht so tragisch. Du musst ja nicht die nächsten Jahrzehnte mit ihr zusammen leben.“, gab Louis zurück.
„Wer ist die Nummer vier?“, fragte Chris weiter.
„Gibt es gar nicht.“
„Und wo ist dann Davis?“
„Ich glaube nicht das ich ihn als normalen Freund werten kann, oder?“
„Naja, nach drei Dates, wohl nicht mehr.“, stimmte Cori zu.
„Okay, mal angenommen du müsstest dich zwischen Davis und Luca entscheiden.“, meinte Louis, „Wen würdest du nehmen?“
„Das ist nicht fair.“, gab ich zurück, „Ich mag beide.“
„Sag es einfach.“
Es wurde still, während ich gut über meine Antwort nachdachte. Gerade als ich dann antworten wollte, kamen Theo und Kathy wieder.
„Jemand noch wach?“, fragte Theo ins Haus, wohl wissend das keiner von uns schlief.
Ich sprang auf, eilte in den Flur und fiel ihm in die Arme. Er lachte ein wenig darüber und küsste mich auf den Schopf.
„Da ist ja meine Lieblingsnichte.“, meinte er lächelnd und sah zu mir runter. „Wie war dein Tag?“
„Naja, es geht. Ich hab mir an meinem PC Bilder angesehen. Oh, und ich hab Luca geholfen sich für die Feier fertig zu machen.“
„So? Hat er danach ausgesehen wie der Sohn des Präsidenten?“
„Jap.“, gab Chris hinter mir zurück, „War es sehr langweilig? Warum seid ihr eigentlich schon wieder da? Ich dachte ihr kommt erst in zwei Stunden wieder.“
„So war es auch geplant.“, gab Kathy zurück, „Aber unser Gastgeber ist in den Punsch gefallen und hatte keinen zweiten Anzug parat. Also mussten wir früher gehen.“
„Du meinst, wir durften früher gehen.“, korrigierte Theo, „Ich wäre fast vor Langeweile krepiert.“
„Das wäre blöd.“, meinte ich, „Als deine Lieblingsnichte verbiete ich dir zu krepieren.“
Er lachte ein wenig, während ich Chris kurz lachen hörte.
„Esst ihr gerade Pizza?“, wollte Theo dann wissen.
„Ich habe bereits gegessen.“ Ergänzte ich.
„Hab ich mir schon so gedacht. Bis auf diese kleinen Häppchen gab es nicht sehr viel und ich hab davor nichts gegessen. Ich bin am verhungern.“
„Dann mache ich uns beiden etwas zu essen.“, meinte Kathy.

Es war nun bereits der erste Freitag in den Ferien. Eigentlich hat es eine Menge Spaß gemacht, wenn man mal von de Albträumen absah, aber was mich schon etwas enttäuschte, das die Tatsache das Luca sich nicht blicken ließ. Davis dagegen unternahm täglich etwas mit mir, seit er wieder da war. Das schlimmste an den Albträumen war jedoch, dass sie immer schlimmer wurden. Erst spielte sich jener Tag ab und dann... Dann schien ich es selber zu erleben. Immer anders. Mal war ich Mom, dann war ich mal Dad, dann saß ich auf der Rückbank... Auch wie der Unfall passierte änderte sich. Die Ursache war sie selbe, aber...
Wir saßen im Wagen und fuhren über die eisglatte Straße. Plötzlich lief irgendein Tier über die Straße. Es sah kurz zu uns in den Wagen, sodass man leuchtende graue Augen erkennen konnte. Dad wollte ausweichen, geriet ins Schleudern und knallte mit dem entgegenkommenden Wagen zusammen. Sekunden später spürte ich wie das Auto die Klippe hinunter fiel. Die Angst schnürte mir die Kehle zu und das letzte das ich sah, war wie meine Eltern geschockt auf ihren Plätzen saßen.

Das war das erste Mal das ich schreien aus meinem Traum aufwachte. Sekunden später war Chris an meiner Seite.
„Was ist los? Was ist passiert?“, wollte er wissen und zog mich in die Arme.
„Es war grauenvoll.“, gab ich zurück und hielt ihn fest. „Ich hatte solche Angst. Ich... Ich war bei Mom und Dad im Wagen.“
„Schsch. Ist schon gut. Es war nur ein Traum. Ein Albtraum.“
„Es war so schrecklich. Dad wollte nur einem Tier ausweichen. Es war auf einmal da. Es kam alles so plötzlich.“
„Schsch.“
Er begann mich tröstend zu wiegen und streichelte mir den Rücken. Das Schlimme für mich war, dass ich nicht mal weinen konnte.
Als es an der Tür klopfte, sah Chris dort hin, ohne mich loszulassen oder damit aufzuhören mich zu trösten.
„Ja?“
Theo sah herein. „Was ist los?“
„Sie hat wieder schlecht geträumt.“
Es wurde kurz still. Kurz darauf setzte sich Theo zu mir.
„Alex, wenn du nichts dagegen hast, können wir auch professionelle Hilfe hinzuziehen.“, meinte er ruhig und strich mir tröstend über den Oberarm. „Wenn du Albträume hast, schläfst du dich nicht aus. Du bist erschöpft.“
Ich brachte es geradeso zu Stande zu nicken. Daraufhin stand er auf, küsste mich lange auf die Schläfe und verließ mein Zimmer wieder. Nach scheinbar endloser Zeit ging Chris dann ebenfalls raus, damit ich mich anziehen konnte. Mir fiel ein das Cori und Louis heute wieder nach hause fuhren. Das hatte ich schon ganz vergessen.
Als ich nun in den Flur kam, standen Cori und Louis gerade mit ihrem Gepäck dort.
„Da bist du ja.“, meinte Cori und nahm mich in die Arme. „Ich hoffe wir sehen uns bald wieder.“
„Ihr fahrt jetzt schon?“, hakte ich nach.
„Ja. Die Fahrt ist lang und heute Abend wollten Mom und Dad mit uns essen gehen. Und dann noch ins Kino und ein kleiner Spaziergang.“ Sie seufzte. „Du wirst mir furchtbar fehlen.“
„Du mir auch.“
Ich gab ihr noch einen Kuss auf die Wange und ließ sie dann los. Kaum das sie weit genug weg war, hielt mich auch schon Louis in den Armen.
„Ich wünschte ich könnte dich einfach mitnehmen.“, meinte er.
Ich schlang die Arme um ihn. „Ich wünschte ihr würdest noch länger bleiben.“
„Louis hat heute Morgen mit Abby telefoniert.“, meinte Cori, „Sie hat schon den dämlichen Verdacht er hätte hier oben irgendwas mit einem anderen Mädchen am laufen.“
„Hat er doch auch.“, meinte Chris, „Mit Alex.“
Ich lächelte leicht und küsste Louis auf beide Wangen. „Bis irgendwann mal.“
„Wie ich es hasse mich von dir zu verabschieden.“, murmelte er, „Ich hab dich lieb.“
„Ich dich auch.“
Er küsste mich ebenfalls noch kurz auf die Wange und ließ mich dann ganz langsam los, sah jedoch so aus als würde er mich gleich über seine Schulter werfen und mich mitnehmen. Stattdessen nahm er die beiden Taschen und ging nach draußen. Cori und Kathy folgten. Ich stand mit Chris noch an der Tür und sah ihnen hinterher, bis sie um die Ecke bogen. Dann ging ich wieder mit Chris rein.
„Du hast für morgen ein Termin.“, meinte Theo als wir uns im Wohnzimmer aufs Sofa setzten.
„Termin?“, hakte ich nach.
„Für eine Therapie.“
„Ach... ja.“ Ich seufzte. „Ich hätte nie gedacht jemals dort hingehen zu müssen.“
Chris streichelte aufbauend meinen Rücken. „Das wird schon wieder.“
Dennoch knetete ich meine Hände. Irgendwann sah ich dann zu Chris auf.
„Kannst du Luca anrufen?“, bat ich ihn.
„Luca?“, hakte er nach.
Ich nickte und sah wieder auf meine Hände.
„Ich dachte du und Davis wolltet euer gemeinsames Wochenende am See planen.“
„Ich weiß. Ich glaube das verschiebe ich auf Sonntag.“
„Soll ich ihn anrufen und ihm Bescheid geben?“
Ich nickte.
„Danach rufe ich dann Luca an.“
Ich nickte erneut. Daraufhin stand er auf und verließ das Zimmer. Daraufhin lehnte ich mich Trost suchend an Theo. Dieser gab ihn mir auch sofort. Ich hörte Chris Stimme im Flur, verstand aber nicht was er sagte. Fünf Minuten später kam er dann wieder.
„Er ist auf dem Weg.“
Ich nickte. Ich konnte es kaum erwarten ihn zu umarmen.
„Was mach der Therapeut eigentlich?“, fragte ich um mich abzulenken.
„Das weiß ich nicht. Ich glaube er wird dich damit direkt konfrontieren.“, gab Theo zurück, „Er wird dir sicher viele Fragen zu deinen Eltern stellen.“
Ich nickte langsam und schwieg wieder. Hin und wieder stellte ich noch irgendwelche Fragen, aber das brachte nicht sehr viel. Dann, nach endlosen zehn Minuten, klingelte es endlich an der Tür. Chris stand auf und kam dann mit Luca wieder. Kaum das ich ihn sah, sprang ich auf und fiel ihm in die Arme. Unter der Wucht taumelte er ein paar Schritte zurück und hielt mich dann fest.
„Wow.“, meinte er dann leicht belustigt, „So hat man mich noch nie begrüßt.“
„Wage es dich ja nicht, nochmal so lange weg zu bleiben.“, meinte ich gegen seine Brust.
„Was ist denn los? Du hörst dich ja an als hättest du geweint.“
„Ich mach besser mal Frühstück.“, meinte Theo und verließ das Wohnzimmer.
„Ich bin kurz im Bad.“, fügte Chris hinzu und verschwand ebenfalls.
„Wo sind denn die anderen beiden?“, fragte Luca kurz darauf.
„Die sind vorhin wieder weggefahren. Nach hause.“
„Und heute mal nicht mit Davis unterwegs?“
Ich schüttelte den Kopf. „Ich habs verschoben.“
„Warum das?“
„Weil ich diesmal eben dich bei mir haben wollte. Davis ist ja nett und so und ich mag ihn wirklich gern, aber es gibt eben auch Dinge bei denen er mir nicht helfen kann. Und du hast mir bei Sowas schon geholfen, also wollte ich, dass du da bist. Außerdem hast du dich eine Woche lang von mir fern gehalten.“
Er seufzte und legte das Kinn auf meinen Schopf. „Du verschiebst also ein Tag mit Davis damit ich zu dir komme?“
Ich zögerte und nickte dann kurz.
„Und warum sollte ich nun her kommen? Chris sagte nur, dass du mich gerne bei dir haben möchtest.“
Ich nickte langsam und merkte, dass ich rot wurde. „Ich hab furchtbar schlecht geträumt.“
„Erzählst du es mir?“
Ich schwieg etwa für drei Minuten. Dann ging er mit mir zum Sofa und setzte sich mit ihr hin. Daraufhin atmete ich kurz zittern durch und begann zu erzählen. Als ich fertig war, zog er mich tröstend in seine Arme und streichelte mir über den Rücken. Ich bemerkte wie mir etwas über die Wange lief. Ein Tropfen? Und noch einer und es folgten immer mehr.
„Weinst du?“, hakte Luca nach und sah zu mir hinab.
„Nein... ja... ich weiß nicht. Ich hab noch nie geweint.“
Er drehte mein Gesicht zu sich hoch und wischte mir diese... 'Tropfen' von den Wangen. Tränen, wie ich feststellte. Und zu weinen fühlte sich offensichtlich furchtbar an.
„Wein dich nur aus.“, meinte er, „In den meisten Fällen hilft es.“
Und ich tat es wirklich. Ich ließ einfach alles raus und weinte mich an seiner Brust aus. Luca hielt mich dabei die ganze Zeit fest bei sich, streichelte mir den Rücken und tröstete mich einfach. Er tat nichts gegen die Tränen, ließ es einfach geschehen.
„Ihr Weinen hört sich ja herzzerbrechend an.“, meinte Chris von der Tür, „Ich hoffe ich muss es nicht sehr oft hören.“
Ich hörte wie er näher kam, machte aber keine Anstalt mich von Luca zu lösen. Chris schien das auch gar nicht vorzuhaben. Er legte mir nur tröstend die Hand in den Nacken und strich mit dem Daumen beruhigend über meinen Hals.
„Soll ich morgen mitkommen?“, wollte er dann wissen.
„Was ist denn morgen?“, fragte Luca überrascht.
„Dad hat ihr einen Termin beim Therapeuten gemacht. Wegen den Albträumen. Sie kann sich gar nicht richtig erholen. Und heute ist sie schreiend aufgewacht.“

Nach mir unbekannter vergangener Zeit, war ich in Lucas Armen vor Erschöpfung eingeschlafen. Als ich nun aufwachte, stellte ich fest, dass er mich immer noch festhielt, wir aber nicht auf der Couch, sondern in meinem Bett waren. Ich fühlte mich schrecklich. „Bist du wieder wach?“, fragte Luca leise.
Ich sah zu ihm auf. Bei meinem Anblick verzog er leicht leidend das Gesicht und wischte mir die Tränen von den Wangen.
„Geht’s dir jetzt besser?“
Ich nickte langsam. „Schon etwas. Aber ich hab Kopfschmerzen.“
„Soll ich dir eine Schmerztablette holen?“
„Das wäre super.“
„Musst mich nur loslassen.“
„Oh.“
Ich zog langsam die Arme zurück die offensichtlich fest um seine Tallie geschlungen waren und sah ihm kurz nach als er aufstand und das Zimmer verließ. Wenig später kam Luca dann auch schon wieder. Eine Tablette und eine Flasche Wasser in den Händen.
„Hier.“, meinte er und reichte mir beides.
„Danke.“
Nachdem ich die Tablette geschluckt hatte, setzte er sich zu mir ans Bett und strich mir das Haar aus dem Gesicht.
„Ich sehe furchtbar aus, oder?“, wollte ich wissen.
„Du siehst immer wunderschön aus. Ob du nun geweint hast oder nicht.“, gab er zurück.
Ich lächelte. Daraufhin wurde er tatsächlich rot.
„Das habe ich eben laut gesagt, oder?“
„Ja hast du.“
„Oh Gott.“ Er wand sich ab und verbarg das Gesicht in seinen Händen.
„Ich fand es toll von dir.“ Ich setzte mich auf und schlang die Arme um ihn. „Das ist das Schöne bei dir. Du sagst immer etwas Schönes zu mir.“
Er seufzte und drehte das Gesicht zu mir. „Das hat auch einen guten Grund.“
„Und der wäre?“
Die Antwort schien darin zu bestehen, dass er mich einfach nur ansah. Denn mehr tat er gar nicht. Er schwieg und sah mich an. Irgendwann seufzte er dann und starrte den Boden vor seinen Füßen an.
„Das ist nicht so einfach.“, meinte er dann schließlich.
„Ein guter Grund der nicht einfach ist?“
„Ja.“
„Sag es doch einfach. Bitte.“
Er sah mich wieder an.
„Bitte bitte.“
Er öffnete den Mund, holte sogar ein wenig Luft, sagte aber kein Wort. Es verging wieder eine Weile bevor er etwas sagte. „Ich weiß nicht wie ich es sagen soll. Sowas habe ich einfach noch nie gehabt.“
„Bitte.“
Die Luft entwich aus seiner Lunge. Dann setzte er sich wieder richtig auf, wand sich an mich und nahm mein Gesicht in seine Hände.
„Du willst es wirklich unbedingt wissen?“, hakte er nach.
Ich nickte langsam und nickte dann hektischer. Ich wusste nicht warum, aber mein Herz begann zu rasen. Dann, nach schier endloser Zeit, drückte er seine Lippen sanft auf meine.
Meine erste Reaktion war starr zu werden. Mein erster Kuss... Wie verdammt nochmal küsst man denn?
Meine zweite Reaktion: Einfach etwas lockerer werden und mich an ihn schmiegen. Vielleicht half das ja...
Und das schien wirklich zu helfen. Luca seufzte an meinem Mund und zog mich vorsichtig im Nacken näher zu sich um den Kuss zu vertiefen. Ich stellte fest, dass mir langsam immer heißer wurde. Ich musste ja bald wie ein Hummer im Topf enden! Nicht auf dem Teller, sondern schön gut durch gegart...
Als Luca sich langsam von mir löste, sah er mir in die Augen. „Weißt du es jetzt?“
Plötzlich hatte ich einen Kloß im Hals und bekam feuchte Hände. Ich schluckte und blinzelte kurz.
„Du... du meinst... Sagtest du nicht du wärst verliebt?“
Er versuchte ein Lächeln, war ihm nur halb gelang, da er offensichtlich verlegen war. „Das ist gar nicht sehr lange.“ Er rieb sich den Nacken und senkte den Blick. „Ich weiß nicht genau wie ich das jetzt erklären soll... Okay, ich wüsste schon was... aber irgendwie auch nicht... ich meine... ich weiß einen Weg... aber das ich schwer auszusprechen... was ich damit sagen will... jetzt rede ich nur noch Unsinn.“ Er fügte leise noch etwas hinzu, was ich nicht verstand und ließ den Kopf hängen.
Ich zögerte kurz, nahm dann aber doch seinen Kopf in die Hände und brachte ihn dazu mich anzusehen.
„Luca?“
„Hm?“
„Kann... Kannst du das nochmal machen?“
„Dämliches Zeug reden? Naja, das ist nicht schwer... das mache ich die ganze Zeit wenn...“
„Das meine ich nicht.“, unterbrach ich ihn.
„Was meinst d... Oh.“
„Kannst du das nochmal machen?“, wiederholte ich.
Er küsste mich nochmal. Diesmal hielt der Kuss aber wesentlich länger an, aber er wurde nicht gewollt unterbrochen. Es war Chris, der plötzlich die Tür öffnete und herein sah.
„Alex, das Essen...“ Er unterbrach sich selbst als er die Situation realisiert hatte. „Äh...“
Ich lief rot an. Luca dagegen sah ihn nüchtern an.
„Was ist mit dem Essen?“, wollte er wissen.
„Ist fertig. Sag mal... habt ihr grad geknutscht?“
Schweigen.
„Okay. Ich gehe dann ma...“
Er zog bereits die Tür zu, bevor er zu Ende gesprochen hatte, sodass wir den Rest nicht verstanden.
„Das war... peinlich.“, stellte ich fest.
„Dir ist das peinlich?“
„Dir nicht?“
„Nein. Mir ist es nicht peinlich dich zu küssen.“
Ich wurde gleich noch etwas roter. „Mir ist es ja auch nicht peinlich von dir... geküsst zu werden.“ Ich zog bei dem Satz die Brauen zusammen. „Mir ist es peinlich dabei erwischt zu werden.“
„Mir nicht.“
„Dir ist es unangenehm über deine Gefühle zu sprechen, aber wenn man dich beim Küssen erwischt, nicht?“
„Nein. Außerdem ist es mir nicht unangenehm über meine Gefühle zu sprechen.“
Ich sah ihn eine Weile lang nur an. Dann legte ich ihm locker die Arme um den Hals und lehnte meine Stirn an seine.
„Sagst du mir was?“, bat ich dann.
„Was soll ich dir sagen?“
„Wenn es dir nicht unangenehm ist über deine Gefühle zu sprechen, sagst du mir dann was du für mich fühlst?“
Diesmal war er es der schluckte.
„Ich äh...“ Er schluckte erneut. „Ich glaube wir sollten Theo und Chris nicht warten lassen.“ Er stand auf.
„Luca.“ Ich hielt ihn an der Hand fest und zog ihn zurück.
„Hm?“
„Sag schon. Bitte. Oder hast du damit irgendwelche Probleme?“
Er seufzte und malte mit dem Daumen kleine Kreise auf meinem Handrücken. „Mein Problem damit ist das ich es einfach noch nie gesagt habe. Ich hatte nie einen richtigen Grund es zu sagen.“
„Es gibt immer ein erstes Mal.“
„Ja, das stimmt schon, aber... Siehst du, ich hab dir bereits gesagt es ist mir nicht unangenehm über meine Gefühle zu sprechen, aber es fällt mir schwer DARÜBER zu sprechen. Weil ich einfach nicht weiß wie.“
„Warum fällt es dir schwer?“
„Weil man mir nie beigebracht hat wie man darüber spricht. Man hat mir nie etwas in die Richtung gesagt. Wäre Chris nicht würde ich nicht mal wissen wie genau ich für dich fühle.“
„Nicht so fest.“
Augenblicklich lockerte er seinen Griff um meine Hände. „Tut mir Leid. Habe ich dir weh getan?“
„Nur ein bisschen, aber das ist nicht schlimm.“
Dennoch küsste er die Stellen an denen er zu fest zugedrückt hatte. Dann sah er einfach auf unsere Hände hinab. „Weißt du eigentlich das du die einzige Person bist die ich an mein Aussehen gelassen habe?“
„Wie meinst du das?“
„Jeden der bisher versucht hat irgendwas an meinem Äußerem zu verändern, habe ich einfach weggeschickt. Höchstens ein Friseur darf irgendwas machen. Und der schnibbelt auch nur die Haare kürzer.“
Ich lächelte ein wenig. „Sie sind ziemlich durcheinander.“
„Die Friseure oder meine Haare?“, scherzte er.
„Hmmm... Beide. Aber ich mag deine Haare. Obwohl sie so... zerzaust aussehen. Wenn man mit der Hand durchfährt stößt man nicht an eine Klette, so wie bei Chris wenn er geschlafen hat.“
Er lachte ein wenig. „Warte bis du es versuchst wenn ich geschlafen habe.“ Er sah zu mir auf. „Aber deine Haare sind schöner.“
„Ich weiß nicht. Sie sind ja ganz toll, aber irgendwie langweilig. Die Strähnen sind nicht mal echt.“
„Auf den Videos hattest du nie Strähnen.“
„Ich hab sie mir drei Wochen vor dem Unfall machen lassen.“
„Ich mag beides.“ Er lächelte schräg. „Hauptsache du fällst nicht in denselben Farbtopf wie Corinna.“
Ich lachte leise. „Cori ist schon schräg.“
„Du wolltest mich mit ihr verkuppeln.“
„Das war bevor du mich geküsst hast.“
„Ich wusste gar nicht das Küssen Meinungen ändern kann.“
„Ich wusste nicht, dass man mit Küssen jemanden den Kopf verdrehen kann.“
Er hob überrascht die Brauen. „Ach ja?“
„Ja. Also... Ja. Weiß nicht. Irgendwie schon.“
Er grinste ein wenig. „Das kann ich ja gleich nochmal ausprobieren.“
„Wie bitte?“
Er hatte mich bereits zu sich gezogen und kaum das die beiden Worte draußen waren, küsste er mich schon wieder. Ich lächelte an seinem Mund und schlang locker die Arme um seinen Hals, während seine Arme um meine Tallie lagen. Diesmal war Chris wenigstens so gütig zu klopfen, statt die Tür zu öffnen.
„Braucht ihr noch sehr lange? Das Essen wird kalt.“
Ich wurde gleich wieder etwas rot. Luca löste sich langsam von mir.
„Wir kommen ja schon.“, meinte er dann und stand mit mir auf. „Alex, du kannst mich jetzt loslassen.“
„Ich will aber nicht.“, gab ich zurück.
„Okay, wie du willst.“
Er zog mich so eng an sich, das ich auf seinen Füßen stand und ging dann mit mir raus. Ich lachte ein darüber und hielt mich an ihm fest.
„Du läufst ja wie ein Pinguin.“, bemerkte Chris als wir in die Küche kamen.
„Anders geht’s ja nicht. Sie will nicht loslassen.“
„Alex, es gibt Waffeln.“
„Oh, super, Waffeln!“
Ich löste mich sanft von Luca und zog ihn mit an dem Tisch. Er lachte ein wenig und setzte sich neben mich.
„Man sieht gar nicht mehr das du geweint hat.“ Stellte Theo fest als er mir einen Teller hinstellte.
„Luca hat mir sehr geholfen.“
„Ja, das ist offensichtlich.“, stimmte Chris zu.
Ich wurde wieder rot. Theo lächelte und sah zu Kathy. Ich wollte gar nicht wissen was sie machte. Nach dem Essen landeten wir (Chris, Luca und ich) wieder im Wohnzimmer. Auf dem Boden. Mit einer neuen Kiste Fotos. Chris hatte sich nämlich auf den Dachboden geschlichen und sie runter geholt. Fotos vom letzten Weihnachten waren darin. Wir hatten hier gefeiert. Es hatte unheimlich viel Spaß gemacht. Und zu meinem 16. Geburtstag hatten wir dann zuhause gefeiert. Der Film war ebenfalls in der Kiste.
„Hmmm...“, meinte Chris und sah sie lange an. „Wollen wir uns das ansehen?“
Ich schluckte kurz. „Ich hab nichts dagegen.“
Luca nickte. „Ich würde es gerne mal ansehen.“
Chris stand auf und legte die CD in den DVD-Player. Wir saßen auf dem Boden. Ich saß mit Luca etwa genauso wie vor ein paar Tagen mit Davis, als wir uns zusammen die Fotos angesehen hatten. Luca schien mir aber viel gemütlicher zu sein als Davis. Und er hatte die Beine nicht um mich herum gelegt, sondern einen auf jeweils einer Seite.
Es war ganz still als der Film begann.

Dad hielt die Kamera auf mich, während ich Chris strahlend begrüßte. Okay, zugegeben, es war eher überrumpeln als begrüßen. Im wahrsten sinne des Wortes. Ich weilte auf ihn zu, fiel ihm in die Arme und riss ihn mit zu Boden. Mom und Dad lachten darüber.
„Hab ich dich vermisst.“, meinte ich und küsste ihn wieder und wieder auf die Wange.
Chris lächelte mich an. „Was glaubst du wie sehr ich dich vermisst habe? Wenn ich dich sehe habe ich fünf Tage lang gute Laune.“
„Jetzt steht auf ihr kleine Spielkinder.“, meinte Mom, „Alex, dein Kleid wird ganz dreckig.
„Chris, du machst dich ganz schmutzig.“, meinte Kathy im selben Augenblick.
Ich stand auf, half Chris auf und zog ihn hinter mich her.
„Ich muss dir was zeigen.“
„Wann musst du das mal nicht?“
Die anderen folgten etwas langsamer. Im Wohnzimmer angekommen ließ ich seine Hand los und suchte kurz etwas aus dem riesigen Schrank. Genau genommen, ich suchte ein Bild. Als ich es fand ging ich direkt zu ihm und zeigte es ihm.
„Hier, das habe ich vor ein paar Tagen in der Schule gemalt. Ich habe eine glatte 1 dafür bekommen.“
Chris staunte nicht schlecht. „Das sieht super aus. Fabelhaft. Darf ich das behalten?“
Ich lächelte. „Warum nicht?“
„Signieren, bitte.“
Ich lachte leise. „Später. Erst wird gegessen.“
„Du denkst immer nur an das eine. Essen.“
„Ich glaube Dr. Glenner hat morgen Zeit.“, meinte Dad an Mom, „Ich kann mit ihr hin fahren.“
„William!“, tadelte Mom ihn lachend.

Die Szene sprang über und man zeigte wie sich ein paar Verwandte im Wohnzimmer sammelten. Geschenkzeit.
„Das hier ist von Roy.“, meinte Mom und gab mir ein kleines Päckchen.
„Komisch. Sonst sind die Geschenke von dir doch immer mindestens vier Mal so groß.“, meinte ich an meinen Cousin, „Hast du deinen Job verloren?“
Er grinste mich an. „Sieh einfach mal rein.“
Keine Minute später hielt ich ein kleines Schmuckkästchen in der Hand. Ich sah kurz zu Roy, der mich anlächelte und öffnete es dann. Es war eine silberne Kette mit einem silbernen Mondanhänger.
„Oh, das ist ja hübsch!“, rief ich begeistert aus und fiel ihm in die Arme. „Danke!“
„Alles Gute zum Geburtstag, Kleines.“
Ich küsste ihn auf die Wange und legte das Geschenk beiseite.
„Das hier ist von Judy.“, meinte Mom wieder und gab mir ein weiteres Geschenk.
Es war etwas schwer. „Bekomme ich jetzt schon Gewichte?“, scherzte ich.
„Vielleicht.“, erwiderte Judy, meine Cousine.
Eine Viertelstunde später lächelte ich mehr als ununterbrochen und bekam endlich das Geschenk von Chris.
„Ich bezweifle zwar das es so schön ist wie das von Roy, aber man kann es ja versuchen.“, meinte er lächelnd.
Es war klein und rechteckig. Was sollte denn da hinein passen? Ohrringe vielleicht. Ich öffnete es. Daraufhin hielt ich eine kleine Figur aus Glas in Form eines Leoparden in der Hand. Ich betrachtete es fasziniert und fiel Chris dann begeistert in die Arme. Das Problem daran war nur das er auf der Rückenlehne des Sofas saß und wir beide darüber hinweg auf den Boden fielen. Wir alle brachen in Gelächter aus. Nachdem wir uns dann alle beruhigt hatten, standen Chris und ich auf. Dann bekam ich noch ein paar wenige Geschenke. Als Mom dann das ganze größtenteils zerrissene Geschenkpapier beseitigt hatte (wer weiß wo sie es hin hatte), machte sie dann Musik an. Im Garten grillte Dad Fleisch und Würstchen, während Janin, meine Tante, Salat machte. Ich, meine Cousinen und meine Cousins machten irgendwelchen Unsinn im Garten, während meine Onkel und Tanten sich unterhielten. Die Kamera hatte Dad so aufgestellt das er uns die ganze Zeit filmte. Hin und wieder passierte etwas worüber wir alle lachen mussten. Irgendwann begannen die Jungs dann Witze zu erzählen, während wir alle dicht aneinander gesetzt zuhörten.
„Okay, ich hab auch einen.“, meinte Roy, „Ein kleiner Mann sitzt traurig in der Kneipe... vor sich ein Bier... Da kommt ein richtiger Kerl, haut dem Kleinen auf die Schulter und trinkt dessen Bier aus.
Der Kleine fängt an zu weinen.
Der Große: Nu hab dich nicht so, du memmiges Weichei! Flennen wegen einem Bier!
Der Kleine: Na dann pass mal auf: Heute früh hat mich meine Frau verlassen, Konto abgeräumt, Haus leer!
Danach habe ich meinen Job verloren! Ich wollte nicht mehr leben, legte mich aufs Gleis... Umleitung! Wollte mich aufhängen... Strick gerissen! Wollte mich erschießen.... Revolver klemmt!
Und nun kaufe ich vom letzten Geld mir ein Bier, kippe Gift rein und du säufst es mir weg...!“
Wir fingen alle schallend an zu lachen, wobei ich nach hinten weg fiel und mit den Füßen strampelte wie ein kleines Kind. Als wir uns alle beruhigt hatten, meldete sich Sasha. Ein weiterer Cousin.
„Ich weiß auch noch einen: Ein Deutscher und ein bildhübsches Mädchen sowie ein Holländer und eine Nonne sitzen sich in einem Zugabteil gegenüber.
Plötzlich fährt der Zug in einen Tunnel und da die Beleuchtung nicht funktioniert ist es stockdunkel. Dann hört man eine Ohrfeige, und als der Zug den Tunnel wieder verlässt, reibt der Holländer schmerzverzerrt sein Gesicht.
'Genau richtig', denkt die Nonne. 'Der Holländer hat natürlich versucht, das Mädchen zu begrapschen, was sie nicht wollte, und sie hat ihm eine geschmiert.'
'Genau richtig', denkt das hübsche Mädchen. 'Der Holländer wollte mich im Dunkeln begrapschen, hat unglücklicherweise die Nonne berührt, was sie nicht wollte, und sie hat ihm eine geschmiert.'
'So eine Schweinerei', denkt der Holländer. 'Der Deutsche hat wahrscheinlich im Schutze der Dunkelheit probiert das hübsche Mädchen zu begrapschen, hat stattdessen die Nonne erwischt, was diese nicht wollte, und die hat dem Deutschen eine schmieren wollen. Das hat der Sauhund gemerkt und sich geduckt, so dass ich den Schlag abbekommen habe.'
Wohingegen der Deutsche denkt: 'Im nächsten Tunnel hau ich dem Holländer wieder in die Fresse!'„
Wieder mussten wir alle lachen. Ich kam kaum noch zu Atem und hielt mir den schmerzenden Bauch.
„Kinder! Wer etwas essen möchte sollte sich beeilen!“, rief Dad vom Grill aus.
Daraufhin sprangen Levin, Ivan, Bree, Jancey und ich auf und eilten zu ihm. Ich war ganz vorn in der Schlange. Nicht weil es mein Geburtstag war, sondern weil ich einfach als erste da war.
„Vielfraß.“, neckte mich Ivan, der hinter mir stand.
„Ich hab eben Hunger.“, gab ich zurück.
Er lachte ein wenig und tätschelte mir den Kopf. Von ihm hatte ich ein Armband bekommen.
„Von mir aus kann Alex so viel Hunger haben wie sie will.“, meinte Levin, „Hauptsache sie lässt uns noch etwas übrig.“
Wir lachten leise darüber. Levin hatte mir ein Fußkettchen geschenkt. Ein Fußkettchen mit Glöckchen. Sie machten wunderschöne Töne.

Als es gegen Abend dunkel wurde, legte ich mich mit den anderen auf den Rasen. Chris und Levin boten sich mir an, das ich es mir auf ihnen gemütlich machen konnte. Naja, so ähnlich jedenfalls. Sie legten sich hin und ich legte mich einfach auf sie drauf.
„Gemütlich?“, wollte Levin wissen.
„Also, für mich schon.“, meinte Chris.
Ich lachte leise.
„Wer fragt DICH denn? Ich hab das hübsche Fräulein gefragt.“
„Also mich.“
„Kathy! Chris sagt er ist ein Mädchen!“
„Dann muss ich ihm ja demnächst ein Kleid kaufen!“, rief diese zurück.
„Oder Alex leiht ihm eins!“, warf Dad ein.
„Ne, dann doch besser nicht.“, meinte Chris und sah zu mir. „Was machst du da eigentlich?“
„Ich beobachte.“
„Und was beobachtest du?“
„Dich und Levin.“
„Und was hast du bis jetzt beobachtet?“
„Das ihr offensichtlich sehr gut als Matratze fungiert.“
„Und du bist eine prima Decke.“, gab Levin zurück.
„So breit bin ich doch gar nicht.“
„Hab ich doch auch gar nicht gesagt. Ich meinte damit lediglich, dass du schön warm bist.“
„Danke, du auch. Ihr beide.“
„Hey, sieh mal, eine Sternschnuppe!“
Sofort sahen wir alle zum Himmel. Ich konnte sie sogar noch sehen. Mein Wunsch? Das meine ganze Familie und alle meine Freunde glücklich sind.
„Wer hat sich was gewünscht?“, wollte Mom wissen.
Alle hoben die Hand. Meine Cousinen, meine Cousins, Tanten, Onkel, Mom, Dad und ich selbst.
„Okay. Frag ich mal anders herum. Wer hat sich nichts gewünscht?“
Stille. Irgendwo hörte ich eine Grille zirpen, was uns zum lachen brachte.
„Perfektes Timing, kleine Grille!“, rief Joan.
„Oh Gott, meine Schwester spricht mit Insekten!“, rief Roy entsetzt.
„Heißt das sie spricht Grillisch?“, wollte Nina wissen.
„Sie spricht was?“, hakte Erik nach.
„Woher soll ich das wissen?“, gab Roy zurück.
„Dich hab ich gar nicht gefragt.“
„Ich sagte 'grillisch'.“, warf Nina ein.
„Was ist bitte grillisch?“, wollte Joan wissen.
„Hat glaub ich irgendwas mit grillen zu tun.“, erwiderte Roy.
„Meinst du das Verb oder das Nomen?“, fragte Erik.
„Keine Ahnung.“
„Wann hast du denn mal eine Ahnung?“, wollte Nina wissen, „Ich sagte 'grillisch'. Im Zusammenhang mit Grillen.“
„Siehst du? Grillen.“, meinte Roy.
„Ja, aber ist das jetzt ein Nomen oder ein Verb?“
„Äh...“
„Das Nomen!“, warf Nina ein.
„Ach so... Seit wann gibt es das Wort grillisch?“
Die meisten von uns brachen in Gelächter aus. Ich kugelte mich vor lachen ein und musste mir den Bauch halten. Nach einer Weile tat auch meine Brust vor lachen weh, sodass ich mich einfach dazu zwang langsam still zu werden... was gar nicht so einfach war.
„Okay.“, begann Nina, „Grillisch ist die Sprache der Grillen.“
„Ich dachte das nennt man zirpen.“, erwiderte Erik.
„William, du grillst gerade eine Grille.“, meinte Mom belustigt.
„Das ist doch keine Grille.“, erwiderte Dad, „Das ist... was ist das überhaupt?“
„Eine Grille.“
„Ach deshalb hat es aufgehört zu zirpen.“, stellte Ronja fest, „Oh, hoffentlich ist es nicht der kleine Jun.“
„Was ist ein Jun?“, wollte Erik wissen.
„Jun ist meine Grille.“
„Du hast eine Grille?“, hakte ich nach.
„Ja, aber jetzt befürchte ich dein Dad hat sie gegrillt.“
„Mit anderen Grillen?“, wollte Erik wissen, „Verdammt. Ich wusste gar nicht das Grillen Fleischfresser und Kannibalen sind!“
Ich konnte einfach nicht mehr aufhören zu lachen. Als ich mich eine Weile später beruhigt hatte, ruhte ich mich auf Chris' und Levins Rücken aus.
„Warum sind wir eigentlich so viele?“, fragte ich irgendwann.
„Definiere.“, bat Chris.
„Naja. Ich, du, Levin, Roy, Erik, Joan, Nina, Ronja, Ivan, Bree, Jancey und so. Cousinen und Cousins. Warum sind wir so viele?“
„Frag Judy, Rico, Gina, Lilli und Ryan. Die haben so viele Kinder bekommen.“
„Hmmm...“ Ich richtete mich ein Stück auf und sah zu den Erwachsenen. „Tante Lilli?! Warum sind wir so viele Kinder in der Familie?!“
Zu meiner Überraschung fingen sie alle an zu lachen. Alle Erwachsenen.

„Alex, wie wäre es wenn wir dir den Mund zukleben bevor wir anfangen zu gucken?“, wollte Ivan wissen und ging mit der DVD zum Fernseher.
„Ne, lieber nicht. Sonst kann ich euch nicht sagen warum ich lache.“, gab ich zurück und lächelte ihn an.
Er rollte mit den Augen und legte die CD ein. Dann quetschte er sich mit auf die Couch und nahm die Fernbedienung. Es war zwar etwas eng - sechs von uns saßen auf einem Dreiersofa - aber es war erträglich. Jeder kam an die Snacks und an das Trinken ran, jeder konnte sich zur Not eine Decke nehmen oder sich an den nächstbesten kuscheln um sich aufzuwärmen und am wichtigsten, jeder hatte den Fernseher im Blick.
„Sag mal, wie lange dauert die Vorschau noch?“, fragte Joan gelangweilt.
„Pst.“, machte Johann und deutete auf den Film.
„Warum denn? Ist doch nur Vorschau.“
„Pst.“, machten nun Johann, Roy, Levin und Ivan zugleich und deuteten auf den Film.
„Also, ehrlich. Das ist nur... Vorschau.“
„Ja, aber wenn man sich die Vorschau ansieht, weiß man worum es in dem Film geht.“, erklärte Chris ihr sorgfältig.
Sie seufzte und sah wieder zum Film. Etwa in der Mitte seufzte sie gelangweilt, während ich damit kämpfte den Lachanfall zu unterdrücken.
„Langweilig!“, meinte Joan.
Alle sahen sie böse an. Ich konnte nicht anders. Ich brach in Gelächter aus woraufhin Roy seufzend auf Pause machte. Vier Minuten später atmete ich beruhigend tief durch.
„Okay, welchen Witz haben wir nicht verstanden?“, wollte Chris wissen.
„Eigentlich ist der Mörder total dämlich. Statt einzubrechen, alle in einen Raum zu locken und sie dann umzubringen, könnte er auch in jeden Raum einzeln gehen und meucheln.“
„Und was ist so witzig daran?“
„Naja... Da er nicht auf die Idee gekommen ist, scheint er einfach zu dämlich zu sein, hat wohl nicht mal den Sonderschulabschluss und sollte in die Schule gehen statt zu morden.“
„Irgendwie verstehe ich den Witz immer noch nicht so ganz.“, meinte Erik verpeilt.
„Ehrlich gesagt musste ich anfangen zu lachen weil Joan ein so beleidigtes Gesicht gemacht hat, nachdem ihr sie alle während einem Horrorfilm böse angesehen habt als wäre sie eine Fliege die gerade über den Bildschirm läuft.“
Sie brachen in Gelächter aus. Kurz darauf drückte Roy dann wieder auf Play und wir sahen schweigend zum Fernseher. Nach dem Film legte Ivan die DVD dann wieder weg.
„Ich hab eine Idee!“, rief Nina aus.
„Wow, ein Wunder ist geschehen.“, gab Roy zurück.
Nina streckte ihm die Zunge raus. „Wie wäre es wenn wir Karaoke machen? Alex fängt an.“
„Was? Ich?“, hakte ich nach.
Chris piekte mir in die Seite. „Zier dich nicht so. Ein kleines Lied. Für mich.“
Ich rollte mit den Augen. „Ich kann nicht singen.“
„Das nenne ich mal eine Lüge.“, meinte Ivan, „Mit so einer schönen Stimme kannst du gar nicht schlecht singen. Sogar ein schiefer Ton hört sich schön an.“
„Ich kann nicht singen, ehrlich.“
Roy zog mich hoch, während Chris, Ivan und Levin sich daran machen alles vorzubereiten.
„Hey, ganz ehrlich. Ich kann wirklich nicht singen.“ Ermahnte ich.
Da drückte Roy mir jedoch schon das Mikrofon in die Hand und setzte sich. Alle sahen mir erwartungsvoll an.
„Halt, warte!“, meinte Chris, „Die Erwachsenen fehlen noch.“
„Oh nein!“ Ich ließ die Schultern und den Kopf hängen.
„Oh doch!“, riefen alle anderen im Chor zurück.
Ich seufzte und rieb mir die Stirn, während ich gezwungenermaßen auf die Anderen wartete.
„Ah, wie schön!“, meinte Mom, „Wie lange hab ich dich schon nicht mehr singen hören?“
„Sieben Jahre.“, erwiderte Dad sofort, „Danach hat sie es nie wieder versucht.“
„Ich sag doch ich kann nicht singen.“, warf ich ein.
„Du hast wunderschön gesungen, findest du nicht auf William?“, meinte Mom ohne auf mein Kommentar einzugehen.
„Hab ich nicht!“, warf ich ein.
„Ja, hat sie.“ Er zog die Brauen zusammen. „Warum glaubst du, du könntest nicht singen?“
„Weil es so ist. Ich kann es einfach nicht.“
„Quatsch mit Soße.“, meinte Nina, „Du singst jetzt und damit Basta. Roy!“

Ich sank etwas tiefer als ich im Film begann zu singen. Chris schmunzelte die ganze Zeit, während Luca aufmerksam zusah. Als ich nun noch tiefer sank, sah er zu mir hinunter und lächelte.
„Es hört sich doch schön an.“, meinte er und zog mich zu sich.
„Stimmt nicht.“, gab ich zurück, „Ich bin eine schreckliche Sängerin.“
Er seufzte. „Es ist vergleichbar mit Engelsgesang. Wunderschön.“
Ich schwieg kurz. Dann sah ich zu ihm hoch. „Du lügst doch nicht, oder?“
„Nein. Das ist mein voller ernst.“
Ich schwieg wieder ein paar Augenblicke. Dann lächelte ich und schlang die Arme um ihn, woraufhin er mir einen Kuss auf die Stirn gab. Daraufhin gab ich ihm einen kurzen Kuss auf den Mund.
„Jetzt lenkst du mich ab.“, meinte er leise lachend.
„Gut so. Ich finde immer noch, dass ich schrecklich singe.“
Vom Fernseher waren gerade hohe Töne zu hören. Gesang.
„Ich möchte dich ja nicht nur hören sondern auch sehen. Und das kann ich nicht wenn du mich ablenkst.“
„Das tue ich gar nicht.“
„Natürlich tust du das.“
„Und wie?“
„Du küsst mich.“
„Das war nur einer.“
„Deine Lippen berühren meine aber immer noch. Also küsst du mich noch.“
„Lügner.“
„Ich habe keinen Grund dich anzulügen. Ich habe keine Geheimnisse vor dir und ich bin ehrlich dir gegenüber.“
Ich küsste ihn nochmal.
„Hast du vergessen, dass Chris neben uns sitzt?“
„Nein.“
„Und dir macht es nichts aus das er uns schief ansieht?“
Ich sah zu Chris rüber, der sofort anfing zu grinsen. Ich lief rot an, woraufhin er anfing zu lachen und ich mich wegdrehte. Luca lachte leise und ließ es zu das ich mein Gesicht an seinem Hals verbarg, während er den Film weiter ansah und mir einen Kuss auf den Schopf drückte.
Nach einer Weile hörte ich dann wie Mom und Dad sagten wir sollen nun schlafen gehen. Wir protestierten zwar alle, folgten aber dennoch der Anweisung und gingen ins Bett. Daraufhin war der Film zu Ende. Chris rappelte sich vom Boden auf und holte die DVD aus dem DVD-Player. Dann legte er sie in der Hülle wieder zurück in die Kiste und kam mit den Bildern wieder zu uns. Ich sah zu ihm.

Als wir zwei Stunden später alle Bilder durch hatten, saßen wir eine Weile einfach nur im Wohnzimmer und unterhielten uns. Naja, eigentlich redeten nur die beiden miteinander, während ich an die Zeit mit Mom und Dad dachte. Luca hielt mich währenddessen tröstend bei sich und streichelte mir abwesend den Rücken.
„Alex?“
„Hm?“ Ich sah zu Chris. „Wie bitte?“
„Alles okay?“
Ich nickte und lehnte mich an Luca. „Alles in Ordnung.“
Er seufzte, beugte sich zu mir und küsste mich auf die Wange. „Das wird schon wieder. Zwar wird nicht alles so wie früher, aber das Leben geht weiter. Außerdem hast du doch noch uns. Sieh es einfach mal positiv. Ich kann dich immer sehen wann ich will, natürlich mit Ausnahmen, du hast Mom und Dad um dich, du hast Luca kennen gelernt, Davis, Julian und die anderen alle und, was am wichtigsten ist, du hast mehr von mir.“
Ich lächelte belustigt. „Und von Luca.“
„Ja, okay. Und von Luca, aber von mir hast du mehr.“
„Es dreht sich nicht alles um dich.“
„Was wäre dann wenn ich dich nicht kennen würde? Wenn es mich nicht gäbe? Dann würdest du jetzt wahrscheinlich mit bei Roy wohnen, hättest Luca nicht kennen gelernt, würdest immer noch Trübsal blasen und in deiner Trauer ersticken.“
„Aber ich könnte trotzdem hier bei Theo und Kathy wohnen. Dann wäre ich weiterhin ein Einzelkind.“
Er seufzte. „Dann hättest du Luca nicht kennen gelernt und würdest in der Schule gar nicht zurecht kommen. Immerhin redest du ja mit so gut wie niemandem.“
„Als wenn ich daran Schuld wäre.“
„Du hast vor der ganzen Klasse gelacht. Und du hast noch mehr gesagt, wie 'Chris' oder 'ich kann nicht mehr', 'Hör auf' oder 'Ich bin nicht abgehauen'„
„Ich habe mit dir geredet.“
„Aber laut.“
Eigentlich konnte meine Stimme erst dann lauter werden wenn ich mit jemandem zusammen war mit dem ich sprach, oder wenn ich allein war. Warum konnte ich an dem Tag vor der ganzen Klasse sprechen und lachen?

„Es wird langsam spät.“, bemerkte Chris irgendwann, stand auf und streckte sich.
Luca sah auf die Uhr und stöhnte. „Ich komme viel zu spät. Ich hätte schon vor drei Stunden zu hause sein müssen.“
„Musst du schon gehen?“, hakte ich nach.
„Ja. Morgen früh bin ich für ein paar Stunden weg. Wenn ich wieder da bin, komme ich wieder her, okay?“
„Wo gehst du denn hin?“
„Ist nur so ein Termin.“
„Weißt du denn wann zu ungefähr wieder da bist?“
„So... gegen 4 oder 5 Uhr.“
„Schade. Sonst hättest du nämlich mitkomme können.“
„Du meinst, zu deinem Termin?“
Ich nickte. Daraufhin sah er mich entschuldigend an.
„Ich würde wirklich gerne mitkommen, aber ich kann den Termin nicht sausen lassen oder verschieben.“
„Ist er denn wichtig?“
Er zögerte und nickte. Er stand auf, half mir kurz auf und gab mir einen kurzen Kuss. „Ich komme morgen trotzdem vorbei... wenn ich wieder zuhause bin.“
„Okay.“
Er lächelte und küsste mich nochmal. Dieser Kuss hielt eine Weile, bevor Chris ihn an die Uhrzeit erinnerte und Luca sich seufzend von mir löste.
„Dann bis morgen.“
„Bis morgen.“
Er lächelte noch kurz und ging. Kaum fiel jedoch die Haustür zu, fühlte ich mich einsam. Es kam mir vor als würde ich ihn eine Weile nicht mehr sehen... was aber völlig falsch war. Er hatte doch selbst gesagt, dass er wieder kommen würde, sobald er zuhause war.
„Bist du nicht langsam auch müde?“, fragte Chris und holte mich damit aus den Gedanken.
„Doch, schon. Ich glaube ich gehe schlafen.“
„Kein Hunger?“
Unwillkürlich legte ich meine Hand auf meinen Bauch. „Nicht wirklich.“
Okay, falls ich Chris irgendwann mal erschrocken, überrascht und besorgt gesehen hatte, dann musste ich den Anblick vergessen haben, denn so wie er mich nun ansah, hatte ich es noch nie gesehen.
„Kein Hunger?“, hakte er nach, „Ehrlich? Ich meine... Du hattest heute nur Frühstück und sonst isst du doch so viel und... du hast keinen Hunger?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Wow. Das ist echt mal ein Ding.“
Ich schmunzelte ein wenig. „Gute Nacht.“
„Ja äh... Schlaf gut.“
Ich ging in mein Zimmer, zog mich um und legte mich hin. Das Bett fühlte sich so groß und leer an, ohne Luca. Das war mir nie aufgefallen. Und ohne seine Arme und seinem Körper, schien es auch recht kalt zu sein. Es gelang mir erst nach einer Weile endlich zu schlafen, aber es waren wie immer Albträume.

Etwa um 12 Uhr betrat ich mit Chris das Sprechzimmer, indem der Therapeut bereits wartete.
Als wir herein kamen, sah er lächelnd auf und stand auf. „Hallo, Miss Hudson. Und Mr Hudson?“
Ich schmunzelte und schüttelte den Kopf.
„Ich bin ihr Cousin.“, meinte Chris dann.
„Entschuldige. Setzen Sie sich doch.“
Ich setzte mich mit Chris auf zwei Stühlen, woraufhin der Therapeut, der Laut meiner Informationen Mr. Dalton hieß.
„Also, dann erzählen Sie mal.“
Ich sah zu Chris, der mich beruhigend anlächelte. Daraufhin begann er zu erzählen.
„Sie leidet unter Albträumen. Sie durchlebt den Tag an dem ihre Eltern gestorben sind immer wieder. In letzter Zeit träumt sie auch davon sogar dabei gewesen zu sein.“
Als er meine verstorbenen Eltern erwähnte, schien Dalton aufzuhorchen. „Ihre Eltern sind verstorben?“
Chris nickte. „Also, meine Tante und mein Onkel. Vor ein paar Wochen. Alex ist zudem noch ein Einzelkind. Ein paar Tage nach der Beerdigung ist sie zu uns gezogen.“
Er rieb sich das Kinn und bat uns dann mit einer Geste uns in eine kleine Sitzecke zu setzen, wo Chris und ich uns dann auf eine Couch setzten. Dalton setzte sich uns gegenüber in einen Sessel.
„Was war das für eine Art auf die, die Eltern verstorben sind?“, fragte er dann, während er ein Notizblock und ein Stift zur Hand nahm.
„Sie sind in einem Autounfall ums Leben gekommen.“, antwortete Chris und sah aus dem Augenwinkel zu mir, bevor er fortfuhr. „Alex war gerade in der Schule. Als sie nach hause kam, traf sie an der Haustür zwei Polizisten die ihr von dem Tot der beiden erzählten. Ein paar Stunden später kam dann noch ein Polizist um ihr den Unfall zu schildern. Ihre beiden besten Freunde waren dabei.“
Dalton nickte und schrieb etwas auf. „Ich gehe davon aus das sie das Thema Eltern gemieden hat?“
„Ja.“
„Kann sie sprechen?“ Nun sah er auf.
„Ja, aber...“ Chris rieb sich den Nacken. „Das ist ein bisschen kompliziert. Ihr Mundwerk weigert sich auch nur einen Ton raus zubringen wenn sie mit jemanden sprechen möchte den sie nicht kennt. Auf ihrer alten Schule gab es nur zwei mit denen sie gesprochen hat. Ihre beiden besten Freunde.“
„Verstehe. Hat sie das schon immer gehabt? Oder erst nach dem Unfall?“
„Das hatte sie schon immer. Ich kenne sie gar nicht anders. Jedenfalls, was ihre Stummheit angeht.“
„Hat sie sich noch auf andere Art geändert?“
„Früher war sie einfach immer glücklich. Man konnte sie sogar beleidigen ohne, dass sie weniger glücklich war. Sie hat immer gelächelt und sehr viel gelacht. Nach dem Unfall hat sie gar nicht gelächelt oder gelacht. Erst seit sie hier bei uns ist, lächelt sie wieder. Und sie lacht, aber sie ist nicht so wie früher. Es ist einfach nicht so...“
„Gefühlvoll?“
„Ja, genau. Am nächsten war sie ihrer früheren Situation immer dann wenn ein guter Freund von mir dabei war. Also... ihr jetziger Freund.“
„Jetziger? Hatte sie vorher einen?“
„Nein. Er ist ihr Erster. Sie haben sich kennen gelernt nachdem sie her gezogen ist.“
„Ist es möglich ihn her zu holen?“
„Heute nicht. Jedenfalls nicht sofort. Er hat einen Termin und ist erst später wieder da. Aber was hat das alles mit Alex' Albträumen zu tun?“
„Nur zu wissen worum es in dem Albtraum geht, reicht nicht aus. Es scheint so als fehle ihr eine Einstellung die ihre Eltern hatten. Wie waren die beiden?“
„Fröhlich. Fast so wie Alex.“
„Mir 'Alex' ist sie gemeint, oder?“ Er deutete auf mich und Chris nickte.
„Eigentlich heißt sie Alexandra, aber Alex ist eben kürzer.“
Er nickte. „Gibt es an ihren Eltern etwas das sie jetzt nicht bekommt?“
„Ich weiß nicht. Mein Vater scheint sie immer ganz gut aufzubauen. Er ist der Bruder von Alex' Mutter.“
„Alexandra, gibt es etwas das die fehlt? Etwas das deine Eltern dir gegeben haben?“
Ich überlegte eine Weile und schüttelte dann den Kopf. Daraufhin schrieb er etwas auf.
„Jetzt zu deinen Albträumen. Sie sind sicher jedes Mal ein Schock wenn du sie erlebst.“
Ich nickte.
„Verändert sich irgendwas in den Träumen? Eine Person oder ein Ereignis. Irgendwas.“
Ich nickte erneut. Daraufhin schrieb er wieder etwas auf.
„Kannst du mir einen deiner Träume schildern?“ Er nahm einen anderen Block vom Tisch und reichte mir diesen mit einem weiteren Stift.
Ich nahm es zögernd entgegen und begann zu schreiben.

Ich wachte wie jedes Mal kurz vor meinem Wecker auf. Ich zählte in Gedanken bis zehn und hob dann die Hand um den Knopf auf dem Wecker zu drücken. Wie immer begann er gerade dann zu klingeln, sobald meine Hand den Knopf berührte. Ich stand auf, zog mich um und ging lächelnd nach unten.
„Guten morgen.“, meinte ich lächelnd als ich in die Küche kam.
Mom und Dad sahen sofort auf und lächelten.
„Gut geschlafen?“, wollte Dad wissen und sah auf meine Haare. „War wohl ein aufregender Traum.“
Ich lachte leise und ging zu ihm um ihn einen Kuss auf die Wange zu geben. „Ich habe super geschlafen.“ Ich ging weiter zu Mom und gab ihr ebenfalls ein Kuss auf die Wange. „Und ihr?“
„Ich habe sehr gut geschlafen.“, meinte Dad, „Ich habe davon geträumt, dass ihr beide mir versichert immer bei mir zu bleiben.“
„Dad kann in die Zukunft sehen!“, meinte ich lachend, „Was ist mit dir, Mom?“
„Ich habe ebenfalls wunderbar geschlafen. Und ich habe geträumt, dass dein Vater aufhört sich nach den Öffnungszeiten der Arztpraxis zu erkundigen.“, gab Mom lächelnd zurück
Ich lachte leise und setzte mich an den Tisch, woraufhin Mom mir mein Frühstück gab.
„Hmmm... Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Ich liebe deine Waffeln.“
Sie lächelte. „Und ich liebe dich.“
„Und ich?“, hakte Dad nach.
„Du hattest eben schon Frühstück.“
„Und wann bekomme ich die dazugehörige Liebe?“
„Heute Abend.“
Er lächelte und zog sie zu sich um sie zu küssen. Ich dagegen rollte seufzend mit den Augen, was meine Eltern zu lachen brachte.
„Irgendwann machst du das doch auch.“, meinte Mom und tätschelte mir den Kopf.
„Dafür sollte es dann aber einen Jungen geben der wenigstens versteht was ich meine wenn ich nicke oder den Kopf schüttle. Und dazu sollte er einen tollen Charakter haben.“
„Redest du von mir?“, wollte Dad wissen.
„Ha, Dad. So stelle ich mir meinen Traumprinzen vor.“
Er lachte ein wenig. „Ich hab dich auch lieb, meine Kleine.“
Ich lächelte ihn strahlend an und begann zu essen.
„Später möchten wir dir noch etwas erzählen, okay?“, meinte Mom.
Ich sah kurz auf, nickte und aß dann weiter. Danach musste ich auch schon zur Schule.
Nach Sechs Stunden Schule ging ich dann wieder nach hause. Wie immer ging ich dabei ein Stück mit Cori und Louis. Zuhause bemerkte ich dann mit zusammen gezogenen Brauen den Polizeiwagen. Die beiden Polizisten sah ich auch sofort.
„Alexandra Hudson?“, hakte einer der beiden nach.
Ich nickte.
Er seufzte tief und senkte den Blick. „Es tut uns wirklich sehr Leid es Ihnen sagen zu müssen. Ihre Eltern hatten vor fünf Stunden einen Autounfall und kamen dabei ums Leben.“
Mein Lächeln erstarrte und meine Mundwinkel sanken hinab. Es fühlte sich so anders an. Ich schluckte, nickte und ging an den beiden vorbei ins Haus.
Eine Stunde später klingelten Cori und Louis. Es war ungewohnt das Mom oder Dad nicht auf machten. Ich ging hinunter und öffnete die Tür. Coris Lächeln verschwand ebenso schnell wie Louis' Lächeln, sobald sie mich sahen.
„Was ist los, Kleine?“, wollte Louis wissen, „Was ist passiert?“
Ich wand mich einfach ab und ging ins Wohnzimmer, wobei ich die Tür offen ließ. Bevor ich jedoch die Wohnzimmertür erreichte, meldete sich ein weiterer Polizist.
„Entschuldigung?“
Ich sah zu ihm. Er sah recht jung aus, für einen Polizisten. Ich dachte immer die wäre mindestens 40. Aber dieser hier sah aus wie 25.
„Miss Hudson? Äh... Alexandra Hudson?“
Ich nickte.
„Ich soll ihnen ein bisschen... 'unter die Arme greifen'. Mein Beileid.“
Ich nickte und senkte den Kopf.
„Alex, was ist passiert?“, wollte Cori wissen.
Ich ging ins Wohnzimmer. Cori, Louis und der Polizist folgten. Es kam alles so plötzlich. Nachdem er mir ausführlich ein paar Dinge erklärt hatte, kam er zum Autounfall. Er erklärte so gut wie es ging was passiert ist. Sie fuhren dieselbe Strecke wie immer. Dad kam ins schleudern und prallte mit einem Gegenfahrer zusammen.

Ich konnte nicht mehr weiter schreiben. Chris legte Stift und Block auf den Tisch und zog mich zu sich, während ich leise weinte.

Etwa gegen 13:30 Uhr, verließen wir das Gebäude und machten uns auf den Weg nach hause. Genau genommen kamen wir nur dazu alles gründlich zu erklären. Dann war die Zeit leider rum, aber er hatte uns gleich einen neuen Termin gegeben.
„Wie geht es dir jetzt?“, wollte Chris wissen als wir in unsere Straße einbogen.
„Nicht sehr viel besser.“, gab ich zurück, „Es tat alles weh.“
Er rieb mir aufbauend die Schulter. Dalton hatte ausführlich mit uns über den Traum gesprochen. Über jeden Augenblick. Und es war eine Qual.
„Ich weiß nicht ob ich es aushalten würde wenn es das nächste Mal genauso ist wie heute.“
„Ich würde das auch nicht aushalten.“
Ich lehnte mich an ihn und schlang die arme um ihn. „Ob Luca wohl schon da ist?“
„Keine Ahnung. Es ist immer verschieden.“
„Was ist verschieden?“
„Wann er wieder da ist.“
„Wie meinst du das? Heißt das, er war schon öfter weg?“
„Jedes halbes Jahr geht er zu diesem Termin. Er hat mir nie gesagt worum es dabei geht.“
„Hast du ihn denn mal gefragt?“
„Einmal. Er meinte nur, es sei nicht so wichtig. Also hab ich nicht weiter nachgefragt.“
„Aber, du musst doch neugierig sein, oder nicht. Ich meine, wenn er alle sechs Monate da hin muss...“
„Es ist zwar schon etwas seltsam, aber es macht mir nichts aus. Es ist schon immer so gewesen und es ändert auch nichts. Warum sollte ich also groß fragen wohin er immer geht?“
„Ich weiß nicht.“
Er lächelte ein wenig und tätschelte mir den Kopf. Als wir dann zuhause ankamen, war das erste Zimmer das ich betrat das Bad. Dort ging ich erst mal unter die Dusche. Nach einer Weile hörte ich es klingeln. Daraufhin wurde die Haustür geöffnet. Ich verstand nicht was gesagt wurde. Aber das war mir im Moment nicht so wichtig. Wenn es Luca gewesen wäre, dann hätte man mir bereits Bescheid gegeben. Also musste es jemand anderes sein.
Nach dem ich nun eine halbe Stunde unter der Dusche war, trocknete ich mich ab, ging mit einem Handtuch bekleidet in mein Zimmer und zog mich dort um. Gerade als ich wieder in den Flur trat, klingelte es wieder an der Tür. Ich öffnete und fiel Luca dann in die Arme. Er lachte ein wenig und küsste mich kurz.
„Hallo, meine Kleine.“, meinte er dann lächelnd und ging mit mir rein. „Wie war es?“
„Grausam.“, gab ich direkt zurück und ging mit ihm ins Wohnzimmer. „Er hat mit uns nur über den Traum gesprochen. Es hat nicht geholfen, aber wir haben noch einen Termin bekommen. Kommst du dann mit?“
„Klar. Hey, Chris. Hallo, Davis.“
Davis?
„Hallo, Luca.“, gaben definitiv zwei Stimmen zurück.
Ich drehte mich zur Couch und sah, dass Davis neben Chris saß.
„Oh.“, meinte ich dann überrascht, „Ich hab gar nicht gewusst, dass du da bist.“
„Eigentlich wollte ich auch nur kurz mit Christoph sprechen.“, gab Davis zurück und sah von mir zu Luca und wieder zurück. „Ich wollte gerade wieder gehen.“
„Oh. Okay. Dann... sehen wir uns morgen? Wegen der Planung?“
Er lächelte. „Klar. 14 Uhr?“
Ich nickte, woraufhin er aufstand.
„Dann bis morgen.“
„Bis morgen.“
Er küsste mich kurz auf die Stirn und ging dann wieder. Daraufhin zog Luca mich mit der Hand an meiner Tallie zu sich und ging mit mir zu Chris, wo wir uns dann setzten.
„Okay, jetzt erzählt mal. Was wollte Dalton wissen?“

Nachdem wir ihm erklärt hatten was bei der Therapie alles passiert war, hielt er mich fest in seinen Armen und tröstete mich. Warum musste man mich in letzter Zeit nur so oft trösten?
„Wann ist der nächste Termin?“
„Übermorgen. Morgen habe ich ja keine Zeit, weil Davis ja hier ist. Kommst du Dienstag mit zum Therapeuten?“
„Sehr gerne. Was hältst du davon wenn wir heute zu dritt ein Eis essen gehen?“
„Super!“ Ich schlang die Arme um seinen Hals und küsste ihn kurz. „Und danach geht’s in den Park.“
„Dein Wunsch ist mir Befehl. Bist zu dabei, Chris?“
„Nein Danke. Ich hab Dad versprochen den Keller aufzuräumen.“ Er seufzte demonstrativ. „Weißt ja wie unordentlich das da unten ist.“
„Dann eben nur wir beide.“, meinte er dann an mich.
Da ich Chris lächeln sah, wusste ich einfach, dass er den Keller gar nicht aufräumen musste. Das hatte Theo bereits erledigt. Ich lehnte mich zu Chris, drückte ihm ein Kuss auf die Wange und stand dann mit Luca auf.
„Viel Spaß euch beiden.“, wünschte er uns als wir das Wohnzimmer verließen.
„Dir auch!“, rief ich zurück.

„Erdbeere? Vanille? Schoko?“, riet Luca verwirrt.
„Kirsche.“, löste ich auf und nahm einen Löffel mit einer anderen Eissorte.
„Oh, ja. Stimmt. Ich glaube meine Sinne spielen verrückt. Ich hab zu viel an dich gedacht.“
Ich lachte leise und gab ihm den Löffel mit dem Eis. Er schmeckte ab, während ich ihm die Augen zuhielt.
„Ähm... Zitrone?“
„Nein.“
„Hmm... Schoko? Vanille?“
„Erdbeere. Bis jetzt hast du nicht einmal richtig geraten.“
Er lächelte darüber nur.
„Okay. Ein Versuch noch. Wenn das nicht richtig ist, musst du dir aber etwas anderes einfallen lassen um das zu erklären.“
Ich nahm einen Löffel von einer anderen Sorte und gab ihn ihm. Wieder schmeckte er ab, wobei es ziemlich lange dauerte.
„Vanille?“
„Luca.“
„Ja?“
„Das ist schon wieder falsch. Ich fange langsam an mir Sorgen zu machen.“
Er nahm meine Hand runter und sah mich prüfend an. Dann sah er auf meine Hand hinab und malte mit dem Daumen kleine Kreise auf meinen Handrücken.
„Luca?“
„Ja?“ Er sah wieder auf.
„Was war das eigentlich für ein Termin?“
„Ist nichts Besonderes.“ Er zuckte mit den Schultern. „Unwichtig.“
„Dann macht es doch nichts wenn du es mir erzählst.“
„Es war nichts Großartiges. Wirklich.“
„Warum erzählst du es mir dann nicht?“
„Gerade weil es nicht so wichtig ist.“
„Und wenn ich es wissen möchte?“
Er seufzte und sah weg.
„Luca?“
„Hm?“
„Du hast gesagt du hast keine Geheimnisse vor mir.“
„Habe ich auch nicht.“
„Sieh mich an.“
Er zögerte kurz, sah mir dann aber doch ins Gesicht.
„Was war das für ein Termin?“
„Es ist unwichtig.“
„Das ändert nichts daran, dass ich es gerne wissen möchte.“
Er schluckte und senkte ein wenig den Blick, wobei er an mir vorbei sah.
„Luca.“
„Ich sage es dir. Aber nicht heute, okay?“
„Warum nicht?“
Er sah auf unsere Hände hinab und spielte abwesend mit meinen Fingern. „Ich glaube ich bin noch nicht soweit dir das zu sagen. Gib mir nur ein wenig Zeit. Ich erzähle es dir, versprochen. Aber ich brauche Zeit.“
Er sah wieder zu mir auf, woraufhin ich nach kurzem Zögern dann nickte. „Okay.“
„Ich hoffe du hast Verständnis dafür.“
Ich nickte, woraufhin er erleichtert aufatmete und mich in seine Arme zog. Mit dem Eis in der einen Hand und dem Löffel darin schlang ich ebenfalls die Arme um ihn, woraufhin er mir einen Kuss auf den Schopf drückte. Nach wenigen Augenblicken löste er sich dann mit einem Lächeln wieder von mir.
„Darf ich jetzt nochmal versuchen die Eissorte heraus zu schmecken?“
Ich lächelte, hielt ihm die Augen zu und nahm einen Löffel Eis, den ich ihm dann gab.
„Hmmm... Kirsche?“
„Nein.“
„Schoko? Zitrone?“
„Zitrone. Hast du das geschmeckt oder geraten?“
„Soll ich ehrlich sein?“
„Ja!“
„Ich hab geraten.“
„Kannst du es nicht raus schmecken?“
„Ich hab nie wirklich versucht die Geschmäcker zu unterscheiden. Ich fand nur, das Eine schmeckt gut, das Andere nicht.“
„Dann müssen wir eben sehen, dass du sie unterscheiden kannst. Augen auf.“
Er machte die Augen auf.
„Okay, das hier ist jetzt Erdbeere.“, meinte ich und hielt ihm einen Löffel hin.
Er probierte, schmeckte ab und nickte dann.
„Das hier ist Kirsche.“
Ich hielt ihm einen Löffel hin, er probierte, schmeckte ab und nickte nach kurzer Zeit erneut.
„Vanille.“
So ging das dann so lange bis wir die fünf Sorten durch hatten und er schloss wieder die Augen. Daraufhin gab ich ihm einen Löffel mit einer anderen Eissorte.
„Hmm... Schoko.“
„Richtig.“
Er lächelte und ich gab ihm noch einen Löffel. „Mmmm... Kirsche?“
„Ja.“
Der nächste Löffel. „Zitrone?“
„Wieder richtig.“
Und der letzte Löffel. „Erdbeere.“
Als Antwort gab ich ihm einen kurzen Kuss und er öffnete die Augen.
„War das richtig?“
„Ja, alle richtig.“
Er lächelte. „Jetzt bist aber du dran.“
Ich schloss die Augen und er gab mir einen Löffel.
Ich wusste es. Mehrere Sorten. Zitrone... Kirsche?... Schoko?
„Äh... Sind das drei Sorten?“
„Zwei.“
„Zitrone und Kirsche?“
„Kirsche, ja. Zitrone, nein.“
„Nicht?“
„Nein.“
„Schoko?“
„Nein.“
„Erdbeere?“
„Vanille.“
„Oh. Okay, nochmal.“
Er gab mir noch einen Löffel „Zwei Sorten.“
„Hmmm... Schoko...“
„Ja.“
„Und... Erdbeere?“
„Richtig.“
Er gab mir noch einen Löffel. „Drei Sorten.“
„Mmm... Kirsche?“
„Ja.“
„Vanille.“
„Ja.“
„Zitrone?“
„Genau. Und noch ein letztes Mal.“ Er gab mir noch einen Löffel. „Vier Sorten.“
„Hmmm... Erdbeere...“
„Ja.“
„Schoko.“
„Ja.“
„Zitrone.“
„Ja.“
„Und...“ Kirsche oder Vanille?
„Vanille?“
Er küsste mich kurz und ich sah ihn an. „Richtig. Jetzt ist das Eis aber leer.“
Ich sah in den Becher. „Wie wäre es dann mit dem Park?“
Er warf den Becher als Antwort weg, stand auf und reichte mir dann die Hand. Ich lächelte darüber und ergriff sie ohne zu zögern, woraufhin wir Hand in Hand in den Park gingen.

„Wann sagst du mir wie du für mich fühlst?“, fragte ich Luca und setzte mich hin.
Wir waren auf einen recht Hohen Felsen geklettert, von dem man in den See springen konnte. Wir dagegen wollten einfach nur allein sein.
„Wie ich schon sagte, das hab ich noch nie jemandem gesagt, also wundere dich nicht wenn ich irgendwas sage, was keinen Sinn macht.“
Ich schmunzelte ein wenig, zog ihn zu mir runter und legte mich mit ihm auf das Gestein, wobei ich meinen Kopf auf seine Brust legte. „Mir kannst du alles erzählen. Ich werde immer zuhören.“
Er atmete tief durch und schien nachzudenken. Er schwieg fast zehn Minuten lang. „Wie fange ich an?“
„Am besten mit 'Ich'.“
Er lachte ein wenig. „Ich. Und wie geht’s weiter?“
„Weiß ich nicht.“
„Hmmm... Dann versuche ich es mal so. Ich. Äh... Nein, warte. Ich habs jetzt.“ Er atmete nochmal kurz durch. „Ich liebe dich.“
Ich sah zu ihm auf.
„Hey, das war ja ganz einfach. Okay, jetzt muss ich es aber zu dir sagen und nicht zur Wolke.“
Ich lachte ein wenig und er sah zu mir.
„Was ist?“
„Du liebst also eine Wolke.“
„Sieh mal, sie sieht aus wie ein Herz.“
Ich sah auf. Er hatte Recht. Die Wolke war Herzförmig.
„Und mein Herz gehört dir, also ist es dein Herz und ich liebe alles an dir. Also auch das Herz. Und... jetzt bin ich durcheinander.“
Ich schüttelte amüsiert den Kopf, zog mich zu ihm hoch und küsste ihn. Die Luft entwich seiner Lunge und er lehnte sich mit mir in den Armen zurück. Ich wusste nicht mal ansatzweise wie lange der Kuss anhielt, aber als es langsam dunkel wurde, wurde mir kalt, weshalb ich begann zu zittern. Als Luca das bemerkte, löste er sich langsam von mir.
„Frierst du?“, fragte er mit etwas Sorge in der Stimme.
„Ein wenig.“, gab ich zurück und setzte mich auf als er sich aufsetzten wollte.
„Wollen wir dann wieder zu dir?“
„Okay.“
Wir standen auf und er half mir hinunter zu klettern. Als ich den letzten Meter hinunter sprang, fing er mich auf und trug mich einfach weg. Ich lächelte darüber und schlang die Arme um seinen Hals, wo ich mich etwas hochzog, um ihn auf die Wange zu küssen.
„Hey, nicht ablenken. Sonst lasse ich dich vor Schwäche noch fallen.“, meinte er lächelnd.
Ich schmunzelte darüber nur und küsste ihn nochmal auf die Wange.
„Alex.“
„Luc.“
Er sah aus dem Augenwinkel zu mir. „Wer hat dir das verraten?“
Ich lächelte.
„Chris. Ich wusste es.“
„Ich mag den Namen.“
„Und mich?“
„Sag ich dir nicht.“
„Und warum nicht?“
„Du hast mich auch warten lassen.“
„Ich habe einen Grund gehabt.“
„Und wie es sich herausgestellt hat, war er völlig nutzlos.“
Er seufzte. „Ich hatte wirklich Probleme damit heraus zu bekommen was ich sagen muss.“
„Die Worte 'Ich liebe dich' sind schwer?“
„Ärgerst du mich?“
„Nur ein bisschen.“
Er lachte leise und küsste mich kurz. „Ja, ob du es glaubst oder nicht, aber es war schwer.“
„Wow. Ich finde es aber nicht so schlimm. Du hast mich warten lassen.“
„Und was ist dein Grund zum herauszögern?“
„Etwa so ähnlich wie deiner. Ich habs noch nie gesagt. Jedenfalls nicht genauso.“
„Schieß los.“
„Mit Torpedos? Dafür müssen wir aber ins Aquarium.“
Er lachte und schüttelte belustigt den Kopf. „Sag mir wie du für mich fühlst.“
„Erst wenn wir in meinem Bett liegen. Da ist es warm, kuschelig und ich kann dich da besser in den Armen halten.“
„Kannst du hier doch auch.“
„Aber hier ist es kalt. Du bist zwar schön warm, aber die Luft ist kalt.“
Er lächelte etwas und zog mich etwas enger an sich. Sofort wurde mir von seiner Wärme etwas wärmer. Ich lächelte darüber und lehnte mich an seine Brust.

Als wir zuhause ankamen, ließ er mich sichtbar widerwillig runter, da Kathy Essen machen wollte. Diesmal gab es etwas schwierigeres. Einen Braten mit Allerlei Beilagen. Und Kathy sagte mir nur was ich tun sollte. Als es dann endlich auf dem Tisch stand, atmete ich erleichtert auf.
„Sieht doch gut aus.“, lobte Kathy und rief die Anderen zum Essen.
Ich dagegen legte meinen Kopf auf den Tisch und seufzte. Ich hob erst den Kopf als Luca sich neben mich setzte.
„Was hast du?“, wollte er wissen.
„Ich bin müde. Ich musste die ganze Zeit auf alles aufpassen.“
„So ist das beim Kochen.“, meinte Kathy, während sie das Essen anrichtete und servierte. „Und es ist ja alles gut gegangen.“
„Ich weiß nicht wie lange diese Glückssträhne noch anhält.“
Luca lächelte ein wenig darüber und tätschelte mir den Kopf. „Es sieht doch lecker aus.“
„Ist es denn auch lecker?“
„Ich probiere gerne.“, medete sich Chris und nahm seine Gabel zur Hand. Es dauerte recht lange, bis er antwortete. „Es schmeckt super.“
Das war wohl das Stichwort. Alle begannen zu essen. Eine Weile war es ruhig, aber dann hob Chris fragend den Kopf.
„Was habt ihr eigentlich so lange gemacht?“, fragte er.
„Erst waren wir ein Essen.“, meinte ich.
„Das ist klar. Wolltet ihr zuerst auch machen.“
„Wir haben ein kleines Spiel gespielt. Dann sind wir zum Park und sind da auf diesen großen Felsen geklettert.“
„Okay... dann musst du schon nicht mehr weiter erzählen.“
Luca musste grinsen, woraufhin ich rot wurde.

Nach dem Essen war ich viel zu müde um noch lange im Wohnzimmer zu sitzen, also ging ich in mein Zimmer und ließ mich ins Bett fallen. Luca folgte mir.
„Bist du sehr müde?“, fragte er leise.
Ich nickte.
„Dann gehe ich auch wieder.“
„Warte.“ Als er aufstehen wollte, hielt ich ihn fest und schlang die Arme um ihn. „Schläfst du heute bei mir?“
Er lächelte. „Gerne. Aber nur unter einer Bedingung.“
„Und wie wäre?“
„Sag mir jetzt wie du für mich fühlst.“
Ich zog mich an ihm hoch und küsste ihn. Einmal, zweimal, dreimal. Dann sah ich ihm in die Augen. „Ich liebe dich.“
Einen Augenblick lang war es still. Aber er war so kurz, das ich ihn kaum bemerkte, denn im nächsten Augenblick hielt Luca mich schon fest in den Armen und küsste mich so zärtlich das es mir Tränen in die Augen trieb. Ich wollte nur noch, dass er mich fester hielt. Und das er mich nie wieder losließ.

Es war ein schönes Gefühl aufzuwachen und Luca bei mir zu wissen. Als ich mich dann an den Abend zuvor erinnerte, lächelte ich, drehte mich zu Luca um und schlang die Arme um ihn. Ja, wir hatten noch eine Menge Spaß. Nein, wir hatten nicht miteinander geschlafen. Wir wollten uns Zeit lassen.
Aber letzten Abend geschah auch das sicherlich peinlichste Erlebnis meines Lebens. Luca und ich waren nur noch in Unterwäsche gewesen, die Decke lag auf dem Boden und Luca auf mir drauf. Dann sah Chris kurz herein, mit der Erklärung er wolle uns eine Gute Nacht wünschen. Das endete jedoch in einem undeutlichen Gestammel, während Luca versuchte die Decke vom Boden aufzuheben.
Angesichts dieser Erinnerung, drückte ich mein Gesicht gegen Lucas Hals, woraufhin er, im Schlaf seufzend, die Arme fester um mich schlang und meinen Namen wisperte. Ich lächelte und rückte etwas enger an ihn. Nachdem ich dann eine Weile so bei ihm gelegen hatte, sah ich ihm ins schlafende Gesicht und strich ihm eine Haarsträhne von der Stirn. Nichts auf der Welt würde ich gegen diesen Moment eintauschen wollen. Luca sah so friedlich aus.
Ich lächelte etwas mehr und küsste ihn auf den Mundwinkel. Dann auf den Kiefer, auf sein Kinn und dann auf den Mund. Er seufzte, als er wach wurde, und nahm vorsichtig mein Gesicht in seine Hand, während die andere mich an der Tallie zu ihm zog. So würde ich mit ihm am liebsten die nächsten zwanzig Jahre verbringen.

„Guten morgen.“, meinten Luca und ich als wir in die Küche kamen.
„Morgen.“, begrüßten Theo und Kathy.
Chris war noch nicht da. Dieser kam dann jedoch nur wenige Minuten später. Kathy stellte mit und Luca gerade das Frühstück vor die Nase und kaum sahen Chris und ich uns an, schon wurden wir rot. Luca ebenfalls.
„Morgen.“, begrüßte er und setzte sich zu uns.
„Morgen.“, gaben Theo und Kathy zurück.
Luca und ich erwiderten es erst mit kurzen zögern.
„Was ist denn mit euch los?“, wunderte sich Theo.
„Ja, äh... Ich sage nur gestern.“, meinte Chris.
„Abend.“, fügte Luca hinzu.
„Mein Zimmer.“ Endete ich.
„Ah, verstehe. Habt ihr drei denn gut geschlafen?“
„Wunderbar.“, gab Chris zurück.
„Besser wie nie zuvor.“, stimmte Luca zu.
Ich seufzte. „Albträume. Dafür bin ich aber nicht aufgeschreckt. Und ich habe nicht geschrien.“
Als mein Handy klingelte, zuckte ich kurz zusammen und holte es dann aus meiner Tasche. Ich seufzte, stand auf und machte Anstalt in den Flur zu gehen.
„Ich bin gleich wieder da. Ist jemand aus Boston.“
Im Flur hob ich ab und meldete mich mit einem 'Ja?'.
„Hey, Alex.“
Beinahe hätte ich tatsächlich gewürgt. Jonny.
„Woher hast du denn meine Nummer?“
„Von Georg.“
„Wie bitte?“
„Auch egal. Ich hab mal eine Frage, Süße.“
„Nenn mich nochmal so und ich lege auf.“
Er lachte leise. „Ich wollte nur wissen ob du irgendwann nochmal her kommst.“
„Weiß nicht. Ja, nein, möglicherweise. Kommt ganz drauf an.“
„Worauf?“
„Ob es passt.“
„Ob was passt?“
Ich seufzte. „Na, ob es eben passt. Ich muss halt mal gucken.“
„Verstehe.“
„Warum fragst du?“
„Ich würde gerne mal mit dir ausgehen.“
„Nein danke.“
„Warum?“
„Ich habe einen Freund.“
„Ach ja?“
„Ja. Und ich bin glücklich mit ihm. Sonst noch was?“
„Georg lässt grüßen.“
„Grüß lieb zurück. Tschüss.“
Ohne auf eine Antwort zu warten, legte ich auf und steckte das Handy ein. Dann ging ich wieder in die Küche und setzte mich wieder hin.
„Wer war das?“, fragte Chris.
„Jonny. Er will mit mir ausgehen.“ Ich schüttelte den Kopf. „Der kann warten bis die Welt unter geht.“
„Du magst ihn wohl nicht.“ Stellte Luca fest.
Ich schüttelte den Kopf. „Ich mochte ihn noch nie. Dich habe ich etliche male lieber.“
Er lächelte mich an und wir aßen weiter.

Nach dem Essen passierte dann jedoch das, was ich nicht wollte. Luca musste wieder nach hause.
„Bleib doch noch ein bisschen.“, bat ich ihn an der Tür.
„Ich komme morgen wieder und meine Eltern wollten heute noch mit mir wohin.“
„Und wo ist wohin?“
„Zu einer sogenannten Nachbesprechung. Wegen dem Termin den ich hatte.“
Ich seufzte. „Und das kann man nicht verschieben?“
„Nein.“
„Blöder Termin.“
Er lächelte matt. „So schlimm ist er gar nicht.“
„Ach nein?“
„Ich erzähle dir schon noch davon. Versprochen.“
Ich seufzte und küsste ihn kurz. „Ich werde es sicher nicht vergessen.“
„Das habe ich mir schon so gedacht. Bis morgen.“
„Bis morgen.“
Er küsste mich nochmal und ging dann nach hause. Daraufhin seufzte ich und ging ins Wohnzimmer, wo Chris damit beschäftigt war gelangweilt durch die Kanäle zu schalten.
„Und? Ist der Keller aufgeräumt?“, wollte ich wissen und setzte mich neben ihn.
„Jap. Und? Ist dein Luca jetzt weg?“
„Jap. Muss er immer zu einer Nachbesprechung?“
„Hin und wieder mal. Es passiert auch mal, dass er danach ein paar Tage weg ist. Das wars dann aber auch schon.“
Als er an ausländische Kanäle kam, hielt er irgendwann bei einem französischen Kanal an.
„N'oubliez pas que vous devez toujours consulter un médecin. La nomination est à sept heures d'horloge. Vous pouvez même prendre Donia.“
Chris zog grübelnd die Brauen zusammen. „Man. Ich hab ja wohl ziemlich viel verpasst.“
„Du siehst dir französische Serien an?“, hakte ich nach.
„Nur die eine.“
„Oui, oui je le fais déjà. Je suis à sept heures chez le médecin et de prendre avec Donia. Alors, je pars à Étienne.“
Ich schwieg, während ich mit sah und alles einzeln im Kopf übersetzte.

Gegen 15 Uhr klingelte es dann an der Tür und Theo öffnete sie.
„Alex!“, rief Theo, „Davis ist da!“
„Komme!“, rief ich zurück und stand auf.
Davis lächelte als er mich sah und kam herein. Ich ging mit ihm in mein Zimmer, wo wir uns hinsetzten und begannen über den Ausflug zu reden.
„Ich finde wir sollten auf jeden Fall baden gehen.“, meinte ich.
„Auf jeden Fall.“, stimmte er zu, „Und uns die Gegend ansehen. Es gibt vieles was ich dir zeigen möchte.“
„Gibt es in dem See eigentlich Haie?“
„Nicht das ich wüsste.“
„Oh, dann ist gut.“
„Hast du Angst?“
„Jetzt nicht mehr.“
„Hätte ich bloß nichts gesagt.“
„Hey!“
„Was denn?“
„Sollen mir vor Angst die Knie zittern?“
„Warum nicht?“
Ich schlug ihn leicht gegen die Schulter. „So schnell passiert das schon nicht.“
Er schlug genauso leicht zurück. „Bist du dir da so sicher?“
„Und wie.“ Ich schubste ihn leicht.
„Hundertprozentig?“ Er schubste zurück.
„Ja.“ Ich schubste ihn etwas stärker.
Daraufhin stürzte er sich auf mich, sodass wir auf dem Boden landeten, wobei er auf mir landete.
„Dann bringe ich dich eben dazu, dass deine Knie vor Angst zittern.“
„Jetzt hab ich aber Angst.“, neckte ich ihn.
„Solltest du auch.“
„Sicher?“
„Hundertprozentig.“
„Ich sehe keinen Grund.“
„Hmmm...“ Er nahm meine Handgelenke und hielt sie neben mich auf den Boden gedrückt. „Ich könnte dir jetzt weh tun.“
„Wirst du aber nicht.“
„Sicher?“
„Ja.“
„Warum?“
„Weil du mich magst. Und ich mag dich auch. Wenn du mir weh tust, mag ich dich nicht mehr.“
Er lächelte ein wenig. Im selben Augenblick ging die Tür auf und ich sah Chris in der Tür. Er wollte gerade etwas sagen, hielt dann jedoch inne und musterte uns sorgfältig. Dann zog er die Brauen zusammen.
„Wird das jetzt ein One-Night-Stand?“, scherzte er dann, was sich dennoch irgendwie misstrauisch anhörte.
„Quatsch!“, rief ich zurück, „Er sagt er will mir weh tun.“
„Weh tun, ja?“
„Ja. Das hat er eben gesagt. Er will, dass mir vor Angst die Knie zittern und will mir weh tun damit das passiert.“
„Für mich macht ihr gerade einen ganz anderen Eindruck. Man, sei froh, dass Luca euch so nicht sieht.“
Das Telefon klingelte.

Theo
„Wie konntest du ihn verlegen?“, wollte ich von Kathy wissen, während wir das Schlafzimmer auf der Suche nach einem Brief auf den Kopf stellten.
„Ich habe ja nicht gewusst, dass sie ihn so bald brauchen würde.“, erwiderte sie und ging zum Schrank.
„Wo sagtest du nochmal hast du ihn hingelegt?“
„In einer kleinen Schatulle.“
„Und die ist wirklich hier im Schlafzimmer?“
„Ja.“
Ich seufzte und durchsuchte die Nachtschränke. Wir suchten nun bereits diesen Brief seit Alex bei uns wohnte. Ich hatte ihn sogar schon gesucht als ich von dem Unfall gehört hatte.
„Warum bezweifle ich das sie hier ist?“, fragte ich mich selbst und ging zur Kommode.
Ich hörte das Telefon klingeln und kurz darauf Christophs Stimme. Nach einer Weile gab ich es dann endgültig auf und setzte mich aufs Bett. Kathy setzte sich neben mich und lehnte sich an meine Schulter.
„Tut mir Leid.“, flüsterte sie dann schuldbewusst.
„Und du bist dir ganz sicher, dass die Schatulle hier im Schlafzimmer war?“
„Ja.“
Ich seufzte tief, küsste sie auf den Scheitel und stand auf. „Ich sehe mal im Wohnzimmer nach.“
„Okay. Ich komme auch gleich nach.“
Ich küsste sie noch kurz und ging dann ins Wohnzimmer, wo ich dann begann den Schrank zu durchsuchen der eine ganze Wand einnahm. Als ich eine halbe Stunde später irgendwo in der Mitte eine Schublade öffnete, kam Christoph herein.
„Suchst du etwas?“, wollte er wissen und kam zu mir.
Ich sah abrupt auf und sah wieder zum Schrank. „Naja. Deine Mutter hat eine Schatulle verlegt. Im Schlafzimmer ist sie nicht, also suche ich hier.“
„Wie sieht die Schatulle denn aus?“
„Sie ist braun und an den Ecken mit geschwungenen Linien verziert. Ist etwas älter und ist etwa so breit und lang wie ein Briefumschlag. Etwa zehn Zentimeter hoch.“
Er zog nachdenklich die Brauen zusammen und ging dann ans andere Ende. Dort öffnete er die zweite Tür und nahm die Schatulle hervor.
„Die hier?“
Ich seufzte und ließ die Schultern hängen. „Genau die. Kathy!“
Er gab mir die Schatulle und kurz darauf erschien Kathy dann.
„Chris wusste wo sie ist.“, meinte ich an sie und setzte mich mit ihr auf die Couch.
Dort öffnete ich dann die Schatulle und nahm mehrere Briefe heraus. Ich gab die Hälfte davon Kathy und begannen dann den Brief zu suchen der so wichtig war. Nach einer Weile hielt ich dann einen Brief in der Hand auf dem groß und geschwungen Alexandra stand.
„Hab ihn.“, meinte ich seufzend und legte die anderen Briefe auf den Tisch.
„Ihr habt einen Brief gesucht?“, wollte Christoph ungläubig wissen.
„Ja. Hol doch bitte mal Alex her.“
Er nickte und ging aus dem Raum. Kathy und ich warteten nicht lange, bis Chris mit Alex und Davis wieder kam.
„Was gibt’s?“, fragte Alex und setzte sich in den Sessel.
„Vor ein paar Monaten hat Katie uns einen Brief für dich gegeben. Falls irgendwann mal was passiert.“, meinte Kathy, wobei sie sich nervös die Hände rieb. „Da ja nun etwas passiert ist und du bei uns wohnst, ähm...“
„Katie wollte das du ihn dann bekommst.“, beendete ich den Satz.
Alex sah etwas ratlos aus und sah dann auf den Brief in meinen Händen.
„Eigentlich wollten wir ihn dir schon früher geben, aber wir haben ihn nicht gefunden.“
Ich reichte ihr den Brief und sie nahm ihn vorsichtig entgegen. Sie zögerte kurz bevor sie ihn öffnete und den Brief selbst heraus holte. Sie las ihn sich gründlich durch und zog die Brauen zusammen. Nach ein paar Minuten faltete sie ihn wieder zusammen, legte ihn auf ihren Schoß und nahm ein paar Fotos aus dem Umschlag. Schon beim ersten sah sie geschockt aus und sah zu Davis, der ihr gegenüber in dem anderen Sessel saß. Dann sah sie wieder auf die Fotos und sah sie die anderen an. Langsam liefen ihr Tränen über die Wangen. Als sie dann das letzte Foto in der Hand hielt sah sie es die ganze Zeit an. Es war ganz still im Raum.
„Alex?“
Sie sah nur langsam auf als Chris sie ansprach.
„Was steht in dem Brief?“
Sie schluckte und sah wieder auf das Foto. „Ich habe einen Zwillingsbruder.“

Alexandra
'Hallo, meine Kleine.

Es tut mir Leid das ich dir das nicht früher gesagt haben und ich hoffe das du mir nicht böse sein wirst wenn du diesen Brief liest. Es tut mir Leid das du jetzt allein klarkommen musst und wir dir nicht zur Seite stehen können. Wir wollten das du zu Kathy und Theo kommst, weil Theo dich genauso lieb haben wird wie ich und William. Und weil du so vernarrt in Christoph bist.
Es gibt da aber noch eine Sache warum du zu ihnen solltest. Jahre vor deiner Geburt hatte ich eine wirklich sehr gute Freundin. Als ich schwanger wurde, wurde sie es ebenfalls, aber ihr Baby überlebte die Geburt leider nicht. Es wäre ein Junge gewesen und ich war mir sicher ihr wärt sicher sehr gute Freunde geworden. Aber nun zu dem eigentlichen Grund.
Es fällt mir schwer dir das mitzuteilen. Du bist ein Zwilling. Du hast noch einen Bruder. William und ich konnten und jedoch nicht um euch beide kümmern und haben das Baby unserer Freundin gegeben. William weiß nichts von ihm. Ebenso wenig wie der Ehemann meiner Freundin wusste, dass ihr Baby verstorben war. Es blieb ein Geheimnis.
Ich habe diesem Brief Fotos der Familie beigelegt und hoffe inständig, dass du deinen Bruder findest. Er muss, wie Kathy, Theo und Chris in Miami leben. Bitte finde ihn und sag ihm, dass es mir unendlich Leid tut ihm weggegeben zu haben. Ich wünschte ich könnte euch beide zusammen sehen.

In Liebe, Katie.'

Hier und da war die Tinte ein wenig verschmiert, was wohl bedeutete das sie geweint hatte. Als ich die Fotos sah, wurde der Schock noch größer. Das erste war genau dasselbe das Davis in seinem Zimmer hatte. Drei Männer zwei Frauen. Davis Eltern, sein Onkel und wie mir nun klar wurde, meine Eltern. Beide Frauen im dritten Monat schwanger.
Auf dem nächsten Bild waren zwei Babys abgebildet. Sie sahen sich zum verwechseln ähnlich. Ein Junge, ein Mädchen.
Auf dem dritten Foto waren Davis Eltern und das Baby drauf das sie von Mom bekommen hatten.
Es waren noch mehr Fotos von der Familie in dem Umschlag. Aber das letzte bewies, dass Davis mein Bruder war. Genau genommen waren es vier Bilder. Oben waren wir als Babys und unten als Kleinkinder. Mom musste das Bild von Davis' Mutter bekommen haben.
„Ein Bruder?“, hakte Chris ungläubig nach und nahm den Brief von meinem Schoß um ihn sich selbst durchzulesen.
Kaum das er ihn durch hatte, nahm er sich ein paar Fotos und sah sie sich an. Er verstand wohl genauso schnell wie ich und war mindestens genauso geschockt.
Er setzte sich und sah sich die Bilder erneut an. „Davis, wie alt warst du nochmal?“
„16. Warum?“
Er winkte ihn zu sich, woraufhin Davis aufstand und zu ihm rüber ging. Daraufhin starrte er schockiert auf die Fotos. Nun sahen sich auch Theo und Kathy den Brief und die Bilder an.
„Das erklärt warum ihr euch so ähnlich seit.“, bemerkte Chris, „Ich glaube ich rufe Luca an.“
Ich sah auf. „Ich komme mit.“
Er nickte, stand auf und ging dann mit mir in den Flur. Dort nahm er das Telefon, wählte die Nummer und wartete kurz. Wenige Sekunden später nahm scheinbar sogar jemand ab.
„Hallo, Chris hier. Ist Luca grad zu sprechen?“ Er schwieg kurz. Dann sprach er mit Luca. „Hi, Luca. Ich bin’s nur. Es geht um Alex. Theo hat ihr eben ein Brief von Katie gegeben in dem steht das sie einen Zwillingsbruder hat.“ Er schwieg kurz. „Warte kurz, ich gebe sie dir einfach kurz.“ Er hielt mir das Telefon hin, woraufhin ich es entgegen nahm.
„Hallo, Luca.“ Man hörte noch, dass ich geweint hatte.
„Du hast geweint.“ Stellte Luca fest.
„Ja. Das war alles so plötzlich. Immerhin hatte Mom mir diesen Brief geschrieben und dann habe ich tatsächlich einen Bruder. Einen Zwilling.“
Er seufzte tief und schwieg kurz. „Wer ist es?“
„Nun ja... Ähm... Die Fotos sagen, dass es Davis ist.“
Im Hintergrund war kurz eine Stimme zu hören. „Hör mal, ich muss jetzt auflegen. Wir reden morgen darüber, okay?“
„Okay. Bis morgen.“
„Bis morgen. Ich liebe dich.“
„Ich dich auch.“
Damit legte er auf.
„Was sagt er?“, wollte Chris wissen als ich das Telefon auf die Gabel legte.
„Er hat nicht wirklich etwas dazu sagen können. Er sagt, wir reden morgen darüber. Was hat er zu dir gesagt?“
„Er war leicht überrascht darüber, dass du einen Bruder hast.“
Ich wartete, da ich dachte da würde noch etwas kommen, aber er schwieg. „Mehr nicht?“
„Nein.“
Ich seufzte und ging mit ihm wieder ins Wohnzimmer. Wie verhält man sich in so einer Situation? Sollte ich irgendwas sagen? Sollte ich irgendwas machen? Sollte ich vielleicht irgendwas zeigen? Freude? Glück? Trauer? Oder Wut? Letztere beiden wären wohl ziemlich fehl am Platz.
Im Augenblick schlugen meine Gedanken Purzelbäume und Ratschläge. Nur sehr wenige von ihnen blieben gehorsam an ihren Plätzen um richtig gedacht werden zu können... Und zwar Gedanken die völlig nutzlos waren.
Ich setzte mich wieder in den Sessel und sank ein Stück hinein. Theo sah sich gerade die Bilder an, während Kathy sich an ihn schmiegte.
Es blieb sehr lange still, was mich aus mir unbekannten Gründen, dazu brachte noch tiefer in den Sessel zu sinken. Nach schier einer halben Ewigkeit meldete sich dann Chris wieder zu Wort.
„Wieso erfahren wir das erst jetzt?“
Die Frage ging einfach nur in den Raum und war nicht direkt für jemanden bestimmt. Es antwortete auch keiner. Stattdessen ging ich, so feige wie ich war, in mein Zimmer und verkroch mich in meinem Bett. Ich hatte nicht die leiseste Ahnung was ich sonst tun könnte.
Ich reagierte nicht wirklich als es an der Tür klopfte und Davis herein kam. Er setzte sich zu mir ans Bett und legte mir die Hand auf den Rücken, während ich auf der Seite in die Mitte des Raumes sah. Nach einer Weile setzte ich mich dann auf und schlang die Arme um ihn. Ich wusste nicht warum, aber ich brauchte es im Moment einfach. Und er scheinbar auch.
Ich wusste nicht was ich nun von meinen Eltern halten sollte.
Zum einen konnten sie nicht für ihn sorgen und haben ihn an gute Freunde gegeben die ihr Kind verloren hatten.
Zum anderen haben sie nichts gesagt und es verheimlicht.
Und jetzt? Meine Eltern sind verstorben, seine Eltern sind verstorben, ich lebe bei Verwandten und er wurde zur Adoption freigegeben. Während sein Leben träge wurde, war meins die ganze Zeit glücklich und heiter. Aber wie sieht es mit unseren Leben jetzt aus? Mein Leben ist im Moment - genau in diesem Augenblick - nicht glücklich, nicht träge, nicht traurig und auch nicht fröhlich. Es ist einfach nichts von alle dem. Und wiederum auch alles zusammen.
Ich hatte Luca und Davis, was mich glücklich machte. Ich hatte Theo, Kathy und Chris, was mich ebenfalls glücklich machte. Ich hatte Kontakt zu Cori und Louis, was mich fröhlich machte.
Dann hatte ich die Einsamkeit wenn gerade keiner von ihnen bei mir war. Das machte mich träge. Dann war da der Tot meiner Eltern, was mich traurig stimmte.
Mein Leben war ein einziges Durcheinander. Kein Wunder das ich eine Therapie brauchte.
„Warum habe ich das Gefühl dich schon lange als Schwester zu haben?“, fragte Davis in die Stille.
„Vielleicht weil ich das Gefühl habe dich schon lange als Bruder zu haben.“, murmelte ich gegen seinen Hals.
Ich hörte, dass er lächelte. Und das brachte mich selbst zum lächeln.

Am nächsten morgen schien mir die Sonne direkt ins Gesicht.
Kann sie sich nicht ein anderes Opfer suchen?
Dann fiel mir ein das es gar nicht die Sonne sein konnte, weil es kein Fenster gab das dafür an der richtigen Stelle war. Dennoch murrte ich, drehte mich auf die andere Seite und kuschelte mich in die Decke. Und an eine Brust, wie ich feststellte. Er roch nach Luca. Ich öffnete die Augen und hob den Kopf.
„Guten morgen, Liebling.“, begrüßte er mich lächelnd.
„Luca!“, rief ich glücklich aus und fiel ihm um den Hals um ihn zu küssen.
Er lachte ein wenig an meinem Mund und schlang die Arme um mich. Ich bemerkte, dass ich gar kein Nachthemd trug. Das brachte mich dazu mich langsam von ihm zu lösen und an mir hinunter zu sehen. Ich trug wirklich kein Nachthemd.
„Luca?“
„Schuldig.“, gab er sofort zurück, „Du siehst so schön aus. Und meine Hände haben nicht mehr auf mich gehört. Sie haben verrückt gespielt. Und jetzt wollen sie, dass du bei mir bist.“
Er zog mich näher an sich heran, woraufhin ich lächelte und ihn erneut küsste. Am liebsten hätte ich seine nackte Haut gefühlt, aber er war angezogen. Das brachte mich zum seufzte.
„Ich liebe dich.“, flüsterte ich ihm zu.
Er lächelte und küsste mich kurz. „Ich dich auch.“ Er zog mich noch etwas enger an sich. „Um wie viel Uhr war der Termin?“
Ich dachte kurz nach. Als es mir einfiel, sah ich auf meinen Wecker, nur um dann aufzuspringen und zu meinem Schrank zu eilen.
„In einer halben Stunde.“, meinte ich dabei.
Luca seufzte und sah mir beim anziehen zu. Als ich dann fertig war, stand er ebenfalls auf und folgte mir ins Bad, wo ich mir gründlich die Zähne putzte. Dann zog ich ihn auch schon sanft mit ins Wohnzimmer, wo Theo ganz entspannt Zeitung las.
„Wo ist Chris?“, fragte ich verwundert.
Er sah überrascht auf. „Du bist ja noch hier.“
„Mich hat niemand geweckt.“
„Dann schläft Chris wohl noch.“
Ich stöhnte und eilte, diesmal ohne Luca, in Chris Zimmer. Er lag auf dem Bauch, den rechten Arm runter hängend und schlief seelenruhig.
„Chris!“
Er schrie erschrocken auf und fiel aus dem Bett. Wie ich nun feststellte trug er nicht sonderlich viel... um nicht zu sagen gar nichts. Ich spürte wie mir die Röte ins Gesicht schoss und drehte mich um.
„Verdammt Alex. Ich hab grad so schön geträumt.“, murrte er müde.
„Der Termin.“, erinnerte ich ihn knapp.
„Was hast du denn?“ Es blieb kurz still. Dann stöhnte er. „Scheiße.“
„Ich warte im Wohnzimmer.“
Damit ging ich eilig raus und ins Wohnzimmer, wo Theo grinste. Er wusste wohl was passiert war.
„Theo!“, tadelte ich ihn viel zu sanft.
Er grinste etwas mehr. „Tut mir Leid. Das macht die Schadenfreude. Er ist zwar mein Sohn, aber du bist wie eine Tochter für mich. Es ist amüsierend was dir so alles passiert.“
Ich ließ ich auf Lucas Schoß fallen und lehnte mich an ihn. Er schlang daraufhin die Arme um mich und küsste mich auf den Hals.
„Warum geht ihr zwei nicht einfach schon mal vor? Chris wird sicher nachkommen.“, schlug Theo vor.
„Sehr gute Idee.“, meinte Luca und stand mit mir auf.
„Bis später.“, meinte ich noch zu Theo und küsste ihn auf die Wange, bevor wir das Haus verließen und uns auf den Weg machten.
Luca und ich gingen anfangs ganz normal, Hand in Hand, in dir Richtung in die wir gehen mussten. Nach einer Weile sah ich dann jedoch auf die Uhr und rannte mit Luca an der Hand los. Um Punkt 13:56 Uhr erreichten wir dann das Gebäude. Die Sekretärin lächelte als sie uns sah und schickte uns direkt zu Dalton weiter. Dieser sah von einer Akte auf als wir den Raum betraten.
„Hallo, Dalton.“, begrüßte Luca freundlich.
„Luca. Was für eine Überraschung.“, gab dieser zurück und gab uns kurz die Hand. „Mrs Hudson. Sie sehen besser aus als das letzte Mal.“
Ich lächelte dankbar und setzte mich mit Luca auf die Couch.
„Ihr Cousin kommt gleich auch noch.“, meinte Luca dabei.
Dalton nickte. „Nun zu Ihrem Problem, Mrs Hudson. Die Albträume.“

Luca saß auf meinem Bett und sah zu wie ich zwischen meinem Schrank und dem Bett, auf dem meine Tasche lag, hin und her ging. Sie war bereits zur Hälfte voll, aber ich war noch nicht fertig.
„Hast du was dagegen wenn ich mitkomme?“
Ich seufzte und ließ das T-Shirt sinken das ich gerade in die Tasche legen wollte. Daraufhin zog Luca mich zu sich und nahm mich auf seinen Schoß.
„Du wirst eine Woche da oben sein. Was soll ich so lange ohne dich machen?“
„Luca.“
Er drückte mir einen Kuss auf den Hals und sah mir in die Augen. „Ich würde gerne mal sehen wo du da gelebt hast.“
„Aber du darfst von deinen Eltern nicht.“ Ich seufzte, stand wieder auf und packte weiter.
„Das ist mir egal. Ich sag einfach ich schlafe bei dir. Tue ich dann doch auch. Also lüge ich nicht.“
„Ich werde dich erst mitnehmen wenn du kein Ärger dafür bekommst.“ Ich ging wieder zu meinem Schrank. „Ich möchte dich ja mitnehmen. Wirklich. Aber du bekommst Ärger wenn du ohne Erlaubnis mitkommst und das möchte ich nicht.“
„Wenn du mich nicht mitnimmst, nehme ich eben ein Taxi.“
„Nein. Du bleibst hier. Wenn es sein muss lasse ich Chris hier, damit er darauf aufpassen kann, dass du hier bleibst.“
„Alex.“
„Nein. Ich möchte nicht, dass du wegen mir Ärger bekommst.“
„Entweder du nimmst mich mit, oder ich komme nach. Such dir was aus.“
Mit einigen Kleidungsstücken ging ich wieder zu meinem Bett und verstaute sie in meiner Tasche. „Du kommst erst nach Boston wenn du von deinen Eltern darfst. Vorher lasse ich dich bei mir zuhause nicht rein.“
„Alex, ich möchte nicht mit dir streiten.“
„Dann hör auf mit zu versuchen mich zu überreden. Das klappt sowieso nicht. Wenn du mir ohne Erlaubnis deiner Eltern folgst, bin ich wütend auf dich. Ich werde dich nicht mitnehmen.“
„Es wird kein großer Ärger sein. Versprochen.“
„Nein, Luca. Egal wie groß oder klein er sein wird. Ich möchte nicht, dass du wegen mir Ärger bekommst und deshalb bleibst du hier. Basta.“
„Ich komme trotzdem nach.“
„Dann brauchst du erst gar nicht bei mir klopfen. Ich werde dich nicht rein lassen.“
„Nun stell dich doch nicht so an.“
„Wir können darüber weiter sprechen, wenn du die Erlaubnis deiner Eltern hast.“
Er zog mich wieder auf seinen Schoß und küsste meine Schulter bevor er den Kopf darauf legte und mich ansah. „Du kannst sagen was du willst. Ich werde nachkommen wenn du mich nicht mitnimmst.“
„Mensch, Luca. Lass es. Ich werde dich nicht mitnehmen. Du kommst erst ins das Haus rein wenn du von deinen Eltern mitkommen darfst.“
„Nimm mich einfach mit.“
„Nein.“ Ich lehnte mich an ihn und fuhr mit einer Hand über seine Brust, woraufhin er mir einen Kuss auf den Schopf gab. „Ruf deine Eltern an und überrede sie dazu dir die Erlaubnis zu geben. Dann nehme ich dich mit. Versprochen.“
Er seufzte und streichelte meinen Bauch. Schweigen breitete sich langsam aus. Nach einer Weile seufzte er dann und ließ mich los damit ich aufstehen kann. Das tat ich auch und er tat es mir gleich.
„Ich sehe was sich machen lässt.“, meinte er und küsste mich kurz.
Ich nickte und küsste ihn zurück. Da wir uns dann noch ein paar Minuten hin und her küssen ohne richtig voneinander loszukommen, dauerte es ein bisschen, bis er wirklich raus ging um zu telefonieren. Ich seufzte, wand mich meiner Tasche zu und ging zum Schrank. Nachdem ich dann genug Kleidung zusammengepackt hatte, ging ich ins Bad um ein paar Sachen von dort zu holen. Dann ging ich wieder in mein Zimmer, verstaute die Sachen in meiner Tasche und zog dann den Reißverschluss zu. Fehlte noch etwas? Cori und Louis wussten nicht das ich nach Boston kam. Kathy hatte das Haus noch nicht einmal zu verkauf gestellt. Theo würde mich und Chris hoch fahren. Ich seufzte und ließ mich aufs Bett sinken.
Ich wollte ja, dass Luca mitkam, aber ich wollte nicht, dass er wegen mir Ärger bekam.
Ich seufzte erneut, stand auf und ging mit der Tasche in der Hand in den Flur. Luca diskutierte leise am Telefon. Ich hörte wie er sagte es wäre nur für eine Woche und es würde nichts passieren was er nicht bereuen würde. Er erwähnte auch leicht gereizt das nur ich und Chris mitfahren würden. Eventuell kam Davis mit, aber die Wahrscheinlichkeit war nicht besonders groß. Er erklärte gerade, dass es nur Boston war, als ich zu ihm ging und die Arme um seine Tallie schlang.
„Es ist nur eine einzige Woche in Boston.“, meinte er, „Sieben Tage. Ich, Alex, Chris und eventuell Davis. Theo ist sicher auch dabei.“
Ich nickte. „Ist er. Jemand muss ja aufpassen, dass wir das Haus nicht auf den Kopf stellen.“
Er lächelte mich leicht an und schlang den freien Arm um mich. „Wie Alex gerade sagte, Theo ist auch dabei. Wir haben also einen Erwachsenen dabei.“
Er schwieg eine Weile. Ich lehnte den Kopf an seine Brust und fuhr mit dem Finger das Muster seines T-Shirts nach, während er horchte. Dann redete er wieder und seine Stimme war direkt an meinem Ohr zu hören.
„Kassandra, das sind doch nur sieben Tage. Eine einzige Woche. Und Boston ist gar nicht so weit weg.“
Die Stimme am Telefon wurde etwas lauter und Luca seufzte.
„Warum darf ich denn nicht mit?“ Er horchte wieder eine Weile. „Das war vor drei Jahren. Und es war in New York. Diesmal geht’s nach Boston. Und es ist heute.“
Wieder wurde die Stimme lauter. Luca biss die Zähne zusammen und schloss die Augen.
„Bitte.“, meinte er dann mit ruhiger Stimme.
Es wurde still. Nach einer Weile seufzte er dann und sah zu mir herab. Dann schien ihm etwas einzufallen und schmunzelte. Er sah an die Wand, was dazu führte das ich sein Gesicht nicht richtig sehen konnte.
„Wenn ich nicht mit Alex mit darf, komme ich eben nicht nach hause.“, meinte er.
„Luca!“, meinte ich empört, aber leise genug damit Kassandra es nicht hören konnte.
Er strich mir übers Haar, sagte aber nichts. Er sah auch nicht zu mir herab.
„Nein. Ich werde einfach hier bleiben und warten bis Alex wieder da ist. Dann rufe ich an, oder komme nach hause. Je nach dem.“ Er zuckte mit den Schultern, als würde sie es sehen könnten. „Ich werde also nicht zuhause sein, egal ob du es mir nun erlaubst oder nicht.“
Ich hörte einen wütenden Aufschrei vom Telefon. Dann war es still, woraufhin er lächelte. Dann hörte ich leise eine andere Stimme. Jetzt war wohl sein Vater dran.
„Hi, Dad.“ Er hörte kurz zu. „Ich wollte mit Alex und Chris mit nach Boston. Für eine Woche. Alex hat noch das Haus von ihren Eltern. Theo kommt mit und Davis eventuell auch.“
Er horchte wieder kurz. Dann schien irgendwas angesprochen zu sein, worüber er nicht gern redete, denn er sah mich kurz entschuldigend an und schob mich sanft Richtung Wohnzimmer. Ich sah ihn etwas verwirrt an, aber er wand den Blick ab. Also seufzte ich, nahm meine Tasche und ging ins Wohnzimmer.
„Es wird schon nichts passieren.“ Hörte ich Luca sagen als ich hinein ging.
Ich setzte mich neben Chris auf die Couch und stellte meine Tasche neben der Couch ab. Chris' Tasche war bereits gepackt und lag neben meiner.
„Davis darf nun auch mit.“, meinte er und legte mir einen Arm um die Tallie. „Warum hat Luca dich her geschickt?“
„Weiß ich nicht.“, gab ich zurück, „Er spricht mit seinem Vater.“
„Vielleicht geht es um diesen Termin den Luca hatte.“
„Reden sie öfter darüber?“
„Luca redet eigentlich gar nicht über de Termin. Nur wenn er dort hin muss oder man ihn darüber etwas fragt. Aber die Antworten kennst du ja schon. Mit Kassandra spricht er überhaupt nicht darüber. Aber manchmal durfte er wegen diesen Terminen irgendwo nicht hin.“
„Wie meinst du das?“
„Ich bin mal mit ein paar Freunden in einen Freizeitpark gegangen. Luca war dabei. Wir sind gegen Mittag in eine wirklich sehr extreme Achterbahn gegangen, aber Luca wollte da einfach nicht rein. In normale Achterbahnen geht er rein, aber in diese eine wollte er nicht. Er hat sich einfach geweigert. Als ich mit ihm allein war und gefragt hab warum er nicht mit rein wollte, sagte er darf da nicht rein. Hat mit seinem Terminen zu tun. Mehr sagte er aber auch nicht.“
„Vielleicht war es nur eine Ausrede, oder so.“
Chris überlegte eine Weile, schüttelte dann aber den Kopf. „Glaub ich nicht. Attraktionen die genauso extrem waren hat er auch gemieden.“
„Hört sich nicht so gut an. Aber in normale Achterbahnen geht er?“
„Ja. Danach sieht er zwar nicht so prickelnd aus, aber er lächelt und ist gut gelaunt. Nach ein paar Minuten sieht er dann wieder ganz normal aus.“
Ich zog die Brauen zusammen. „Kapier ich nicht.“
In dem Augenblick kam Luca ins Zimmer und setzte sich neben mich.
„Und? Darfst du mit?“, wollte ich wissen.
Er lächelte und nickte. „Ich soll aber vorher nochmal nach hause. Ich hab zwar Sachen dabei, aber ich hab eine Kleinigkeit vergessen.“
„Kein Problem. Chris hat gesagt, dass Davis mitkommt. Wir können ja kurz bei dir vorbei fahren wenn wir losfahren.“, schlug ich vor.
Er nickte. Als es an der Tür klingelte, stand Theo vom Sessel auf - ich hatte ihn gar nicht bemerkt - und ging in den Flur um zu öffnen.
„Okay, Kinder. Nehmt eure Sachen. Wir können los.“, meinte Theo.
Luca stand auf und ging aus dem Zimmer. Chris und ich standen ebenfalls auf, nahmen unsere Taschen und gingen dann ebenfalls in den Flur. Kurz darauf kam Luca aus meinem Zimmer, schulterte seine Tasche und ging dann mit uns hinaus. Wir folgten Theo zum Wagen, verstauten die Taschen im Kofferraum und stiegen dann alle ein. Ich saß vorn neben Theo. Wir fuhren nicht lange bis zu Luca, wo ich dann mit ihm rein ging. Kaum das wir im Haus waren, schlängelte sich auch schon seine Katze um seine Beine. Er nahm sie auf den Arm und ging mit mir in sein Zimmer, wo er sie mir kurz auf die Arme gab und dann zu einem Nachtschrank neben seinem Bett ging. Ich sah zu dem kleinen Kätzchen in meinen Armen hinab und streichelte sie lächelnd. Als Gegenleistung begann sie zu schnurren und schmiegte sich in meine Hand. Ich sah nicht genau war Luca machte, aber er holte etwas aus dem Nachtschrank, steckte es ein und schloss die Schublade dann wieder. Ich sah auf als er wieder zu mir kam und lächelte ihn an. Er erwiderte es sofort, küsste mich kurz und sah zu seiner Katze hinab.
„Wie heißt sie eigentlich?“, fragte ich neugierig.
„Nali.“
„Sie ist eine schöne Katze.“
„Aber noch lange nicht so schön wie du.“
Ich lächelte ihn an und küsste ihn erneut. Dann ließ ich Nali runter, verabschiedete mich von dem kleinen Tier und ging mit Luca wieder nach draußen.
„Hast du alles?“, wollte Chris wissen als wir uns in den Wagen setzten.
„Alles dabei.“, gab Luca zurück und schnallte sich an.
Ich schnallte mich ebenfalls an und wir fuhren los.

Nach einer ganzen Weile fahren und kurzen Nickerchen, sah ich dann die ersten Häuser Bostons. Ich richtete mich etwas im Sitz auf und sah aus dem Fenster um zu sehen ob sich irgendwas verändert hatte. Was ich jedoch drei Minuten später sah, war nicht gerade das was ich sehen wollte. Jonny mit drei Kumpels und fünf Mädchen. Zwei der Mädchen waren auf jeweils einer Seite von ihm und er hatte beiden die Arme um die Schultern gelegt. Man sah das ihnen nicht wohl dabei war, aber sie lächelten tapfer, während er lächelnd auf sie einredete. Ich schüttelte den Kopf und sah weiter. Ein paar Leute die sich unterhielten, ein paar Teenager die Spaß hatten und alte Schulkameraden die sich gerade vergnügten.
„Suchst du etwas?“, wollte Theo wissen.
„Nicht direkt.“, gab ich zurück, „Ich sehe nach ob sich was verändert hat.“
„Schon was gefunden?“
„Hmm... Nicht wirklich. Alle haben ihren Spaß und Jonny schleppt immer noch Mädchen ab die ihn nicht mögen.“
Ich lehnte mich wieder zurück und sah mir weiter die Gegend an. Als wir dann in meine Straße einbogen, schnallte ich mich bereits ab und setzte mich auf. Chris tat es mir gleich.
„Wir sollten auf der Rückfahrt mehr Pausen machen.“, meinte er.
„Und wo?“
„An einer Raststätte vielleicht... Aber eins ohne Restaurant.“
Ich seufzte. Unmittelbar danach fuhr Theo auf die Auffahrt und ich sprang aus den Wagen. Nur um dann wieder einzusteigen.
„Ich hab vergessen wie kalt es hier doch im Winter ist.“, meinte ich.
„Winter? Ich sehe keinen Schnee.“, bemerkte Chris.
„Dauert noch ein bisschen. Entweder noch heute oder morgen.“
„Noch ein Versuch?“
Ich nickte. Dann stand ich auf, stieg aus den Wagen und fröstelte. Als ich ausatmete sah ich ein kleines Wölkchen aus meinem Mund kommen.
„Verdammt.“, fluchte ich leise und eilte zur Tür, während die anderen ausstiegen und die Taschen holten.
Ich schloss eilig die Tür auf und ging rein. Ich war nicht sonderlich überrascht als ich die Post auf einer Kommode sah und feststellte, dass es warm im Haus war. Während der Fahrt hatte ich kurz bei Margret angerufen und sie gebeten bitte die Heizungen anzumachen damit es warm war. Es sah alles ordentlich aus. Kein Staub, wie mir auffiel. Hatte sie noch aufgeräumt?
Ich zuckte mit den Schultern und wurde von zwei Armen umschlungen.
„Hat sich hier was verändert?“, fragte Luca mit dem Kopf auf meiner Schulter und meiner Tasche in der Hand. Seine Tasche hielt er in der anderen.
„Es ist so leer.“, meinte ich nur.
„Wir sind ja dabei.“, meinte Chris als er rein kam, „Ich nehme wieder das eine Zimmer.“
„Du meinst doch nicht meins, oder?“
„Nein, ich doch nicht.“
Ironie schwang in seiner Stimme mit also löste ich mich von Luca und folgte ihm als er die Treppe hinauf eilte.
„Ich warne dich! Geh nicht ein mein Zimmer!“, rief ich hinterher.
Er lachte darauf nur und eilte den Flur hinab. Ich folgte ihm. Bei meinem Zimmer erwischte ich ihn dann, hatte jedoch zu viel Schwung als ich gegen ihn rannte und stürzte mit ihm zu Boden. Er versuchte nach dem Türgriff zu greifen, aber ich zog seine Hand wieder runter.
„Das ist mein Zimmer.“, meinte ich.
„Ich will aber da drin schlafen.“
„Es ist aber meins.“
„Du hattest es 16 Jahre lang.“
„Mit gutem Grund.“
„Abwechslung schadet nicht.“
„Ich hatte sie bereits.“
„Trotzdem. Ich war vor dir hier.“
„Es ist aber meins.“
Als ich nach dem Türgriff greifen wollte, zog er meinen Arm hinab. So ging das eine Weile hin und her. Ich griff danach, er zog den Arm runter. Er griff danach, ich zog den Arm runter. Irgendwann öffnete sie dann Luca und ging hinein.
„Ich bin erster.“, meinte er lächelnd.
Chris und ich seufzten und ließen die Hände fallen. Dann grinste ich ihn an.
„Das heißt wohl, dass ich da schlafe.“
„Aber nur weil er es erlaubt.“
Ich streckte ihm die Zunge raus und stand auf. Dann half ich ihm kurz auf, ging in mein Zimmer und nahm Luca die Tasche ab, damit ich meine Sachen einräumen konnte.
„Hübsches Zimmer.“, meinte er während er sich umsah.

Lucas Geheimnis




„Wann geht’s los?“, wollte Chris wissen als ich mit Luca ins Wohnzimmer kam.
„Morgen wollte Mr Dalton anrufen.“, gab ich zurück, „Ich weiß nicht genau was er vor hat.“
Während ich sprach, ging ich zum Regal und begann etwas zu suchen.
„Wie meinst du das, du weißt nicht was er vorhat?“, wollte Davis wissen.
„Er hat gesagt ich soll her fahren. Dann ruft er mich an und trifft sich mit mir irgendwo. Keine Ahnung.“
„Das ist ein großes Haus.“, bemerkte Luca.
„Mom liebte große Räume. Und Dad hat ihr den Wunsch nach großen Räumen nur zu gern erfüllt.“
In dem Moment fiel mir ihr Hochzeitsbild in die Hand. Verrückt, wie Dad nun manchmal war, trug er sie gerade mit einem Arm, sodass sie sich an seinem Hals festhalten musste um nicht zu fallen. Die andere Hand hing neben ihm hinunter. Er hielt Moms Strauß, damit sie sich besser festhalten konnte. Sie waren beide so glücklich und strahlten in die Kamera.
„Was hast du da?“, wollte Davis wissen und trat neben mich.
„Das ist das Hochzeitsfoto unserer Eltern.“, gab ich zurück und drehte es so damit er es sehen konnte. „Verrückt, oder?“
Er lächelte schräg. „Wenigstens wissen wir jetzt von dem du das hast.“
„Hey.“ Ich stellte das Bild zurück und suchte weiter.
„Wem gehörte das hier?“, wollte Davis wissen und nahm eine kleine Spieluhr vom Regalbrett.
Ich nahm sie ihm sanft von der Hand und öffnete sie, womit eine Melodie begann. Im Deckel waren wieder Mom und Dad abgebildet. Ich stand bei ihnen. Damals war ich erst 8 gewesen und sehr schüchtern. Ich sah nicht mal in die Kamera.
„Bist du das?“, wollte Luca hinter Davis wissen.
„Ja. Damals war ich 8. Es war ein Geschenk für Mom zum Geburtstag.“
„Ein schönes Lied.“, bemerkte Theo.
„Ja. Es ist Moms Lieblingsmelodie. Dad hat mehrere Hundert Dollar bezahlt um sie anfertigen zu lassen.“
Davis stellte sie vorsichtig wieder zurück und sah sich weiter um. Ich suchte weiter.
„Alex?“
„Ja?“ Ich sah zu Chris.
„Was machst du da?“
„Ich suche.“
„Was denn?“
„Das Album.“ Ich suchte weiter.
„Was für ein Album?“
„Das Familienalbum.“, meinte Theo.
„Ihr habt ein Familienalbum?“, hakte Chris verwundert nach.
„Natürlich. Ihr nicht?“
„Äh... Keine Ahnung.“
„Ja, wir haben auch eins.“, erwiderte Theo für Chris.
„Haben wir?“
„Ja, haben wir. Frag nur Kathy.“
Im selben Augenblick fand ich die Mappe - oder besser gesagt das Album. Ich ging damit zur Couch und setzte mich hin. Luca auf der einen und Davis auf der anderen Seite. Auf der ersten Seite war ein Bild von Mom. Es war von ihrem 25. Geburtstag. Daneben war ein Bild von Dad. Sein 27. Geburtstag. Es war aus demselben Jahr. In der Mitte unter den Beiden war ein Bild von mir. gerade mal 3 Jahre alt.
„Sogar als kleines Kind siehst du süß aus.“, meinte Luca.
„Kleine Kinder sehen immer süß aus.“, meinte Theo, „Und wenn sie dann noch Christoph heißen, sind sie Terrorkinder.“
Ich lachte ein wenig.
„Ehrlich. Wir hatten keinen Tag einen ruhigen Tag. Erst als er 7 geworden ist wurde es ruhiger.“ Kurze Pause. „Bis er am Mittag wieder aus der Schule kam.“
Nun fingen wir alle an zu lachen und Chris grinste ihn an.
Ich sah wieder ins Album und blätterte weiter. Es begann mit mir als Baby. Es war im Krankenhaus und ich lag in Moms Armen. Sie sah mich liebevoll an und streichelte mir über die Wange. Davis seufzte neben mir. Auf dem nächsten Bild hielt Dad mich in den Armen. Er sah dabei so unsicher aus wie man es nur konnte und hielt mich als wäre ich hochempfindliches Porzellan das bei einer falschen Bewegung kaputt gehen würde. Ich lachte ein wenig darüber und sah mir auf der nächsten Seite das nächste Foto an. Das Bild hatte Dad gemacht. Wir waren bereits wieder zuhause und ich lag neben Mom im Ehebett. Wir schliefen tief und fest, wobei Mom einen Arm schützend um mich gelegt hatte. Auf dem vierten Foto versuchte Dad mich erfolglos zu füttern. Die Hälfte des Essens hing an seinem Hemd, die andere auf dem Tisch.
„Sowas habe ich früher nicht verursacht.“, meinte Luca nachdenklich, „Dad sagte er wäre früher immer sauber gewesen und ich habe nie etwas schmutzig gemacht.“
„Dann hättest du es mal bei uns sehen sollen.“, meinte Davis, „Mom hatte erst gar nicht mehr versucht mich mit Babybrei zu füttern und hatte mir einfach die Schüssel hingestellt, sagte Dad. Ich habe es immer mit den Händen gegessen, weil sie sonst immer eine schmutzige Bluse gehabt hätte.“
Ich blätterte um. Meine ersten Schritte. Ich lief Dad gerade in die Arme. Als nächstes wurde ich fotografiert wie ich im Bad saß und Zahnpasta aß. Die Zahnbürste hielt ich zwar in der Hand, benutzte sie jedoch nicht. Davis und Luca fingen an zu lachen als sie das sahen.
„Anscheint habe ich schon sehr früh mit der Zahnpflege begonnen.“, meinte ich nachdenklich.
Chris kam hinter mir an die Couch und sah sich das Bild an. Dann fing auch er an zu lachen und tätschelte mir den Kopf.
„Typisch Alexandra.“
Ich grinste ein wenig in mich hinein, blätterte um und sah mir das nächste Bild an.
„Nacktfotos von Alex.“, meinte Chris nachdenklich.
Ich wurde rot und verdeckte das Bild wie ich in der Wanne lag. Damals war ich noch 3 gewesen.
„Wo?“, wollte Luca sofort wissen und hielt mit dem Lachen inne.
Ich wurde nur noch roter.
„Da unten ist auch eins.“, meinte Chris und deutete auf das zweite Bild auf der Seite.
Ich hatte den neuen Planschbecken eingeweiht. Ich blätterte schnell um, wurde jedoch noch roter. Auf der nächsten Seite war ich bereits 5 und konnte mir die Zähne richtig putzen. Auf dem Bild darunter, saß ich auf einer Schaukel und wurde von Dad angeschubst. Als ich weiterblätterte, war ein Familienfoto zu sehen. Weihnachten!
„Der wievielte ist heute?“, wollte ich wissen.
„Der 19.12. Warum?“, erwiderte Theo
„Weihnachten.“
„Fünf Tage noch.“, meinte Chris nachdenklich.
„Wird das in Miami nicht gefeiert?“, fragte ich weiter.
„Doch natürlich.“, gab Theo zurück.
„Warum ist bei euch dann nichts geschmückt?“
„Kathy wollte das heute machen. Sie besorgt in den nächsten beiden Tagen auch den Baum und kümmert sich um die Geschenke.“
Ich nickte und sah wieder in das Album. Auf dem Bild unter dem Familienfoto war Silvester. Ich stand mit Cori und Louis im Garten uns sah mir mit den beiden das Feuerwerk an. Als ich umblätterte, sah ich dasselbe Foto, nur das Louis mich auf die Wange küsste.
„Casanova.“, meinte Chris belustigt.
Auf dem Bild darunter umarmte Louis mich sogar, während er mich auf die Wange küsste. Ich lachte amüsiert darüber.
„Daran erinnere ich mich noch.“, meinte ich lächelnd, „Damals hat er das immer wieder gemacht.“
Als ich umblätterte, war auf einem Bild zu sehen wie Louis mich immer noch festhielt und wir beide umkippten. Auf dem Bild darunter lagen wir beide im Gras. Chris lachte leise über den Anblick.
Als es an der Tür klingelte, hob ich überrascht den Kopf. Ich gab Luca das Album, stand auf und ging in den Flur, wo ich die Tür öffnete. Ich sah in Jonnys überraschtes Gesicht.
„Ich dachte du wärst in Miami.“, meinte er.
„War ich auch. Ich bin erst heute wieder gekommen.“
„Allein? Ich wusste gar nicht, dass du ein Führerschein hast.“
„Chris, mein Freund, mein Bruder und Theo sind dabei.“
„Ein Freund und ein Bruder, ja. Seit wann gibt es bei dir denn Sowas?“
„Schon etwas länger.“
„Hast du was dagegen mich reinzulassen?“
„Ich habe gerade nicht wirklich Zeit. Hey, Greg.“
Ich winkte Greg zu, der schräg hinter Jonny zum Vorschein kam. Er winkte überrascht zurück.
„Alex, hast du was dagegen wenn wir Pizza bestellen?“, wollte Chris aus dem Wohnzimmer wissen, „Lucas Magen hat eben den Rekord im längsten knurren gebrochen.“
Ich drehte mich um. „Du hast doch gesagt wir sollen nicht an einem Restaurant halten.“
Luca kam an die Wohnzimmertür und sah in den Flur. „Ich bin langsam wirklich am verhungern.“
„Bist du nicht.“
„Soll ich es dir erst beweisen?“ Er kam auf mich zu.
„Gleich!“, lachte ich darauf und drehte mich wieder zu Jonny um.
„Ich meine das ernst, ich bin am verhungern. Wie lange hat die Fahr hier her gedauert? Sieben Tage?“
„Einen Tag.“
„Doch so lange?“ Sein Magen knurrte und ich sah darauf herab. „Ich sage doch ich hab Hunger.“
Ich schmunzelte und zog ihn zu mir. „Jonny, das hier ist Luca. Mein Freund.“
Jonny hob überrascht die Brauen. „Ich dachte das wäre ein Scherz gewesen.“
„Nicht im Geringsten.“, meinte Luca und schlang die Arme um mich. „Und wenn doch, dann...“
„Es war mein voller Ernst.“, unterbrach ich ihn, „Also, Luca das ist Jonny.“
Er zog nachdenklich die Brauen zusammen. Dann nickte er. „Ach ja. War er es nicht der hier die Party feiern wollte?“
„Ja.“
„Gut das du nein gesagt hast.“, flüsterte er mir zu, woraufhin ich lächelte.
„Und... wer ist dann dein Bruder?“, wollte Jonny wissen und spähte an uns vorbei.
„Davis ist noch im Wohnzimmer.“, meinte Luca, „Alex, jetzt mal ganz ehrlich. Ich bin am verhungern.“
„Dann bestellt euch schon eine Pizza.“
Er lächelte. „Du bist ein Traum.“
Damit gab er mir noch einen kurzen Kuss und eilte ins Wohnzimmer. Ich schmunzelte amüsiert und schüttelte den Kopf, bevor ich mich wieder an Jonny wandte der mich ungläubig ansah.
„Tja, das zum Thema das du definitiv ihr Erster werden würdest.“, meinte ein Kumpel von ihm.
Ich starrte Jonny an, der wiederum seinen Kumpel anstarrte. Als ein Wind ins Haus wehte, fröstelte ich und rieb mir über den Oberarm.
„Sonst noch was?“, wollte ich wissen.
Jonny sah wieder zu mir. „Eigentlich nicht. Wie schon gesagt, wir dachten eigentlich du wärst in Miami. Was machst du eigentlich hier?“
Ich zuckte mit den Schultern. „Hab ein Termin.“
„Aha.“ Kurze Pause. „Naja dann... Viel Spaß noch.“
„Den werde ich sicher haben.“
„Ciao.“
„Arrivederci.“
Damit ging er und ich schloss die Tür. Als ich mich umdrehte, stand Luca vor mir. Ich schrie erschrocken auf und fasste mir ans Herz.
„Luca!“
Er grinste mich an. „Wirst du jetzt schreckhaft?“
„Was kann ich denn dafür, dass du plötzlich hinter mir stehst?“
Ich schlug ihm leicht auf die Brust und sah ihn tadelnd an. Er dagegen lächelte mich nur entschuldigend an, nahm meine Hand und drückte einen sanften Kuss auf meine Fingerspitzen. Ich konnte einfach nicht NICHT lächeln. Daraufhin zog er mich zu sich und küsste mich sanft. Ich legte ihm die Arme um den Hals und hielt ihn so bei mir, woraufhin er seine Hände auf meine Hüften legte.
„Och bitte.“, ertönte Chris' Stimme an der Wohnzimmertür, „Macht das in eurem Zimmer!“
Ich sah überrascht über Lucas Schulter zu Chris und schmunzelte. „Und die Pizza?“
„Dann esse ich halt für ihn mit.“
„Oh nein. Luca muss auch was essen. Sonst verhungert er mir noch.“
„Jetzt auf einmal.“, flüsterte Luca schmunzelnd und küsste amüsiert meinen Hals.
„Er kann ja einen Apfel essen.“, meinte Chris, „Das ist gesünder und dauert nicht so lange.“
„Das kannst du ja auch tun. Dann bist du schneller wieder im Wohnzimmer.“, gab ich zurück, während Luca an meinem Ohr knabberte. „Luca!“
„Was ist?“, wollte dieser wissen, „Ich bin doch nur am Essen.“
„Ich stehe nicht auf der Speisekarte!“
„Wie sieht’s denn mit Servierplatte aus?“
„Luca!“
Er grinste mich an und küsste mich erneut. „Das war doch nur ein Scherz.“ Er hielt kurz inne. „Obwohl, wenn ich jetzt so darüber nachdenke.“
Ich wurde schon bei dem puren Gedanke rot, woraufhin Chris lachte und weiter in die Küche ging. Luca dagegen lächelte nur wieder und küsste mich nochmal.

Ich seufzte müde als der Wecker klingelte und brachte ihn kurzerhand zum Schweigen. Als ich dann aufstehen wollte, murrte Luca müde und zog mich wieder zu sich.
„Ich will noch nicht aufstehen.“, murmelte er müde.
„Es ist 9 Uhr.“
„Erst? Dann lass uns noch bis um 10 schlafen.“
„Luca.“
„Hm?“
„Ich würde auch gerne noch schlafen, aber wir müssen irgendwann aufstehen.“
„Müssen wir nicht. Wir haben Ferien.“
Ich schmunzelte. „Ich habe einen Termin.“
Wie auf Knopfdruck klopfte es an der Tür. „Alex, Anruf für dich.“, meinte Chris.
„Siehst du, Chris ist auch schon wach.“
Als ich aufstehen wollte, zog er mich wieder zu sich und küsste mich auf die Schulter, ließ mich jedoch nicht los.
Ich seufzte. „Chris, kannst du das Telefon kurz rein bringen?“, bat ich dann.
„Solange ich nicht zu viel Haut von euch sehen muss.“
„Nein.“
Er kam herein sah kurz zu uns, als müsse er sich versichern das er nicht zu viel Haut sehen würde und kam dann zu uns um mir das Telefon zu geben, bevor er wieder raus ging. Ich dagegen hob das Telefon an mein Ohr.
„Ja?“, medete ich mich.
„Dalton hier.“, gab mein Therapeut zurück.
„Guten morgen, Mr Dalton.“
„Guten morgen. Wann hast du heute Zeit?“
„Ähm... Um 10?“
„Okay. Wir treffen uns dann um 10 an der Unfallstelle, okay?“
Ich zögerte eine Weile und biss mir leicht auf die Unterlippe. „Okay.“
„Gut, bis dann.“
„Ja, bis dann.“
Er legte auf und ich legte das Telefon auf meinen Nachtschrank, bevor ich wieder erfolglos versuchte aufzustehen.
„Luca.“, meinte ich schmunzelnd in tadelndem Ton.
„Bleib hier, ich will noch nicht aufstehen.“, murmelte er müde.
„Ich treffe mich aber um 10 mit Dalton. Ich muss noch duschen, meine Haare machen, mich umziehen, Zähne putzen, Frühstücken und Theo dazu überreden mich zur Autobahn zu bringen.“
Er sah mich müde an und zog die Brauen zusammen, wobei er mich auf sich zog und weiter festhielt. „Was willst du bei der Autobahn?“
„Bei der Unfallstelle um genau zu sein.“
„Nein.“
„Wie bitte?“
„Du gehst da nicht hin.“
„Warum?“
„Die Straßen sind glatt und man kommt leicht ins schleudern. Und da du sagtest, es ist an einer Klippe... Es ist zu gefährlich.“
Ich seufzte und strich ihm das Haar von der Stirn. „Ich möchte aber.“
Er schüttelte den Kopf. „Du fährst da nicht mit Theo hin. Mit niemandem.“
„Wenn Theo mich nicht bringt, fahre ich mit dem Rad. Und es ist wirklich kalt draußen. Im Auto wäre es wenigstens warm.“
Er sah mich diesmal eher geschockt an. „Alex das...“ Er atmete aus und schloss die Augen. „Darf ich mitkommen?“
Ich starrte ihn an. Diesmal tat er auch nichts als ich mich aufsetzte. Er öffnete nur ein Spalt weit die Augen und sah mich wartend an, während ich auf seinen Bauch sah, um ihm nicht ins Gesicht sehen zu müssen.
„Alex, ich möchte bei dir sein wenn du mich brauchst.“
Abwesend fuhr ich die Konturen seines Bauches nach, während er auf eine Antwort wartete. Irgendwann stand ich einfach auf und ging rüber ins Bad. Bevor jedoch die Tür zu unserem Zimmer zufiel, hörte ich Luca noch seufzen. Daraufhin seufzte ich als die Badezimmertür hinter mir zufiel und lehnte mich dagegen. Ich wollte zwar auch, dass Luca bei mir war wenn ich ihn brauchte, aber nicht dort. Nicht an der Unfallstelle, an der ich meine Eltern verloren habe.
Ich schluckte, schloss die Tür ab, zog mich aus und stieg unter die Dusche, wo ich ließ zuließ das mir die Tränen über die Wangen liefen, während ich versuchte einen Schluchzer zu unterdrücken. Als mir das jedoch deutlich misslang, sank ich an der Wand hinab und weinte, mit dem vergeblichen Versuch es zu unterdrücken.

Eine halbe Stunde später stand ich fertig angezogen im Bad und säuberte gerade wieder meine Zahnbürste, als es an der Tür klopfte.
„Alex? Brauchst du noch lange?“, wollte Davis müde wissen.
„Ich bin gerade fertig.“, gab ich zurück und öffnete die Tür. Dann ging ich an ihm vorbei und eilte nach unten in die Küche, wo ich mir dann ein kleines Frühstück machte und mich zu Theo setzte, der etwas auf einen Zettel aufschrieb.
„Was ist das?“, fragte ich interessiert.
„Eine Einkaufsliste. Iss das lieber nicht.“, gab er zurück.
„Wieso?“
„Sieh mal auf das Verfallsdatum.“
Ich tat was er wollte und warf es daraufhin mit knurrendem Magen in den Müll. Als ich mich dann zu ihm setzte, schob er mir einen Teller zu.
„Deine Nachbarin war so nett uns etwas zu machen.“
Ich lächelte, küsste ihn auf die Wange und begann zu essen.
„Du, Theo.“, begann ich dann etwas später.
„Ja?“
„Bringst zu mich zur Autobahn?“
Er hob den Kopf und sah mich überrascht an. „Was willst du bei der Autobahn?“
„Ich treffe mich da mit Dalton. An der Unfallstelle.“
„Du weißt das es gefährlich ist, oder?“
„Ja, ich weiß. Luca hat auch seine Bedenken. Aber es wird schon nichts passieren.“
Er zögerte eine Weile bevor er nickte. „Okay, ich bringe dich hin. Dann fahre ich einkaufen und hole dich eine Stunde später wieder ab, okay?“
Ich nickte. „Das wird passen, denke ich. Danke.“
Er nickte, schrieb noch etwas auf den Zettel und faltete ihn dann zusammen um ihn einzustecken. Ich dagegen stellte gerade den Teller in die Spüle.
„Wann sollst du da sein?“
„Um 10.“
„Dann lass uns jetzt fahren. Willst du Luca noch eben Bescheid sagen?“
Ich zögerte kurz und schüttelte dann den Kopf. „Er weiß ja, dass ich um 10 da sein muss.“
„Will er nicht mit?“
„Ich möchte allein mit Dalton darüber sprechen.“
„Wie du meinst. Komm.“
Ich ging mit ihm nach draußen und stieg in den Wagen.

Etwa zwanzig Minuten später hielt Theo an der Straßenseite an.
„Okay, hier wären wir.“
Ich sah zur Kurve und stellte fest, dass die Leitplanken nach außen Verbogen waren, was mir deutlich machte das hier wirklich ein Unfall passiert ist.
„Wir sehen uns dann in einer Stunde.“
Ich nickte und stieg aus, woraufhin er wendete und zurück fuhr. Ich dagegen ging zu Dalton, der etwas weiter weg gegen einen Wagen lehnte und wartete, während er die Leitplanken betrachtete. Als ich näher kam, hob er den Kopf und begrüßte mich mit einem matten Lächeln.
„Tut mir Leid, dass ich dich her holen musste.“, erklärte er kurz.
Ich nickte. „Das wird schon gehen, denke ich.“, murmelte ich darauf und ging langsam an den Rand der Klippe um hinunter zu sehen.
Es ging sehr tief hinab und das Gestein war steil. Unmöglich einen Fall zu überleben... Und als ich so in die Tiefe sah, in die meine Eltern gestürzt waren, wurde mir langsam schwarz vor Augen.

Als ich langsam wieder zu mir kam, fühlte ich mich ungelenk und steif wie ein Brett. Ich öffnete vorsichtig die Augen und stellte fest, dass ich wohl auf der Rückbank eines Wagens lag. Eines stehenden Wagens. Ich setzte mich überrascht auf, stellte dann jedoch beruhigt fest, dass ich mit Dalton noch auf der Autobahn war. Dieser lehnte draußen an der Beifahrertür und telefonierte. Ich setzte mich vorsichtig auf und stieg aus, woraufhin er zu mir sah. Daraufhin sagte er noch kurz was und legte auf.
„Geht’s dir wieder besser?“, wollte er wissen und sah mich mit leichter Besorgnis an.
„Ich denke schon.“
„Wirst du oft ohnmächtig?“
„Früher schon... ich kann kein Blut sehen und auf meiner alten Schule gab es täglich Prügeleien.“
„Verstehe. Kannst du dir erklären warum du eben ohnmächtig geworden bist?“
„Nein.“
Er sah mich eine Weile lang nur an. Dann schien er mit der Therapiestunde richtig zu beginnen.

„Wie lief es?“, wollte Theo wissen als wir von der Autobahn fuhren.
„Eine Minute nach deiner Abfahrt bin ich ohnmächtig geworden.“, gab ich zurück und wischte mir weiter die Tränen aus dem Gesicht.
„Du bist ohnmächtig geworden?“
„Ich war am Rand der Klippe und hab hinunter gesehen. Dann bin ich einfach ohnmächtig geworden.“
„Kein Blut?“
„Nein. Es war fast alles weiß.“
„Du bist aber nicht verletzt, oder?“
„Nein. Ich glaube Dalton hat mich aufgefangen, oder so.“
Er atmete erleichtert aus.

Kaum das ich das Haus betrat, kam auch schon Luca in den Flur. Er atmete erleichtert auf als er mich sah und kam zu mir, um mich in seine Arme zu ziehen und auf die Stirn zu küssen.
„Alles okay?“, wollte er sanft wissen und hielt mich fest bei sich.
„Ich glaube schon.“ Ich drückte ihn so sanft wie ich konnte von mir weg. „Ich gehe nur nochmal kurz unter die Dusche, ja.“
„Warte bitte.“
Er zog mich wieder an sich und hielt mich wieder fest bei sich, woraufhin ich zu ihm aufsah.
„Jag mir bitte nie wieder so einen Schrecken ein. Ich habe mir Sorgen gemacht, Alex.“ Er küsste mich sanft und zog mich etwas enger zu sich. „Mach das bitte nicht nochmal.“
Nun küsste er mich nahezu verzweifelt und hielt mich auf dieselbe Art bei sich. Dann hielt er jedoch abrupt inne und löste sich von mir.
„Was ist?“, wollte ich wissen und sah ihm ins Gesicht.
Er sah ein wenig so aus als hätte er Schmerzen. Als er meinen Blick bemerkte, schien er es zu verdrängen und lächelte mich leicht an. „Nichts. Du wolltest unter die Dusche?“
Ich zog die Brauen zusammen. „Was ist los? Hast du Schmerzen?“
„Es ist nichts, Alex. Ich bin kurz in der Küche.“
Er ließ mich los und wollte sich bereits von mir abwenden, woraufhin ich ihn an der Hand festhielt. „Luca, was ist los? Ich habe gesehen, dass du Schmerzen hast.“
Er schwieg eine Weile und betrachtete mich derweil. Er schien nicht zu merken, dass sein Gesicht ab und zu vor Schmerz zuckte. Irgendwann seufzte er und entzog mir sanft seine Hand.
„Ich erzähle es dir gleich.“
Damit wand er sich ab und ging in die Küche. Ich dagegen ging nach oben um zu duschen. Ich seufzte wohlig als das Wasser mich aufwärmte und hielt mein Gesicht direkt ins Wasser. Als es an der Tür klopfte, sah ich automatisch dort hin.
„Ich bin’s nur.“, meinte Luca.
„Augenblick!“
Ich stieg aus der Dusche, wickelte mich in ein Handtuch und schloss die Tür auf. Daraufhin kam Luca herein und schloss sie wieder hinter sich ab. Er zog überrascht die Augen hoch als er das Handtuch sah.
„Ich dachte du hättest etwas an.“, erklärte er kurz. Eine dünne Schweißschicht erschien auf seiner Stirn.
„Du hast mich doch schon in Unterwäsche gesehen. Das hier ist nicht sehr viel mehr.“
„Das mag zwar sein, aber...“ Er deutete auf das Handtuch. „Man müsste nur... Handtuch zur Seite.“
Ich wurde etwas rot und senkte etwas den Blick. „Ich kann mir auch schnell etwas anziehen, wenn es...“
„Ach... ist schon gut.“, unterbrach er mich sanft. „Also... Der Grund weshalb ich Schmerzen habe...“
Ich sah wieder auf und wartete interessiert.
Luca schwieg eine Weile, während er scheinbar darüber nachdachte. Ich dagegen stand die ganze Zeit vor ihm und wartete geduldig.
„Es hat mit dem Termin zu tun den ich immer habe.“, meinte er.
„Oh.“ Ich biss mir leicht auf die Unterlippe. „Du musst es nicht sofort sagen.“
Er hob den Kopf und sah mich eine Weile lang an. Dann atmete er erleichtert auf. „Ich werde es dir noch erzählen. Versprochen.“
Ich nickte. Daraufhin nahm er mein Gesicht in seine Hände und küsste mich so sanft, dass es mir Tränen in die Augen trieb.
„Ich liebe dich.“, flüsterte er dann und wiederholte den Kuss. „Du glaubst nicht wie sehr ich dich liebe.“ Wieder wiederholte er den Kuss, diesmal jedoch ohne ihn zu unterbrechen.
Ohne nachzudenken schlang ich die Arme um seinen Hals und zog ihn zu mir. Er schlang die Arme um mich und zog mich enger an sich. Daraufhin wurde er etwas starr, löste seinen Mund von meinem und sah hinunter.
„Alex... Handtuch.“
Ich spürte sofort, dass ich rot anlief und hob sein Gesicht hoch, sodass er es nicht mehr sah. Er sah mir kurz ins Gesicht, sah dann jedoch aus dem Augenwinkel wieder hinab.
„Luca.“, meinte ich tadelnd.
„Ja?“
„Sieh mich an.“
„Tue ich das nicht?“
„Sieh mir in die Augen.“
Er hob wieder den Blick und tat worum ich bat. „Entweder du zieht dir etwas an, du bekleidest dich mit einem Handtuch oder wir machen, dass wir in dein Zimmer kommen.“
Ich zog die Brauen zusammen. Dann sah ich ihn jedoch sprachlos an, unfähig mich zu bewegen.
„Alex. Ich kann nicht mehr.“, meinte er etwas später und stürzte sich auf mich.
Anfangs konnte ich nicht anders als etwas zu lachen.

Ich seufzte müde und zog mich näher an Luca. Er hatte mich im Handtuch eingewickelt in unser Zimmer getragen und mir dann wunderschöne Erfahrungen geschenkt. Nun keuchte er und lag neben mir auf dem Rücken im Bett. Ich lag halb auf ihm, während er mich schwach bei sich hielt. Ihm schien wirklich heiß zu sein, denn er war bedeckt von Schweiß. Ob das wohl normal war?
Ich vertrieb den Gedanken und zog mich etwas weiter auf Lucas Brust um seinem Herzschlag zu horchen.
„Warte.“, meinte er und hielt mich fest. „Warte.“
Ich sah zu ihm auf. Er war ein bisschen blass und keuchte, als bekäme er kaum Luft. Daraufhin rutschte ich ganz von ihm runter und setzte mich auf.
„Alles in Ordnung?“
„Nur einen Augenblick.“
Ich wartete. Etwa fünf Minuten später zog er mich dann zu sich hinunter und auf seine Brust. Er seufzte als ich auf ihm lag und hielt mich bei sich. Wenige Sekunden später schlief er auch schon. Ich lächelte amüsiert darüber und kuschelte mich an ihm, nur um dann ebenfalls einzuschlafen.

„Ich hab gehört das hier in der Nähe ein Jahrmarkt sein soll.“, meinte Chris begeistert, „Die haben eine nagelneue Achterbahn. Sehr extrem.“
„Und sicher teuer.“, gab ich zurück.
„Eintritt drei Dollar.“
Ich seufzte.
„Dad, können wir da hin?“
Theo hatte das Telefon in der Hand und wollte gerade wieder eine Nummer wählen, während er im Sessel saß.
„Solange ihr rechtzeitig wieder hier seid, könnt ihr ruhig hin.“, meinte er ohne aufzusehen und wählte die Nummer.
Chris lächelte mich an. „Kommst du mit? Luca kommt so oder so mit, das weiß ich.“
„Achterbahn sagst du?“, hakte ich nach.
Er nickte.
„Ich bin dabei.“
„Sag mal, was hast du eigentlich mit ihm gemacht?“
„Mit ihm gemacht?“
„Er sieht aus als wäre er Achterbahn gefahren.“
„Ich... wir... er...“
Chris hob überrascht die Brauen. Dann zog er sie zusammen. „Erzähle es lieber doch nicht.“
Ich wurde darauf nur rot, woraufhin Luca mich in seine Arme zog und mir einen Kuss auf den Schopf gab. Ich seufzte und lehnte mich gegen ihn.
„Komm, wir machen uns fertig.“, meinte er zu mir und zog mich an der Hand aus dem Wohnzimmer. Chris und Davis gingen hinter uns her und gingen dann in ihre Zimmer, während ich mit Luca in unser Zimmer ging. Etwa fünf Minuten später verabschiedeten wir uns für den Abend von Theo und gingen los. Luca legte mir einen Arm um die Tallie, woraufhin ich mich leicht an ihn lehnte.

„Hast du Hunger?“, fragte Luca als wir an einem Hotdogstand vorbei gingen.
Und an einem Hamburgerstand, einem Pommesstand, einem Hähnchenstand... Haben die hier für jedes Fast Food Gericht einen Stand? Ah, da kam der Getränkestand...
„Ich glaube nicht, nein.“, gab ich zurück.
„Wo ist denn die Achterbahn?“, fragte sich Chris und sah sich um.
Wenige Sekunden danach hörte man auch schon mehrere Leute schreien. Es kam von... links.
„Da ist die Achterbahn.“, meinte Davis und ging vor.
Wir folgten ihm sofort und wenige Minuten später standen wir auch schon davor.
„Oh, Wow.“, meinte Chris und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. „Alex, kommst du mit rein?“
„Klar. Luca du auch?“
Ich sah zu ihm auf, während er die Bahn betrachtete. „Ich bin mir nicht so sicher. Ich glaube ich warte besser draußen.“
„Warum denn? Es ist doch nur Achterbahn. Bitte.“
„Alex, kommst du?“ Chris war bereits vorgegangen und stand in der Schlange.
„Bitte Luca.“
„Ich weiß nicht. Ich hab kein gutes Gefühl dabei.“
Die Wagen fuhren an uns vorbei und brachten die Schreie der Insassen mit. Luca sah sich einfach nur die Bahn an.
„Bitte. Nur ein Mal. Danach mache ich auch etwas, dass du möchtest. Bitte bitte.“
Er zögerte, während er weiter die Bahn betrachtete.
„Ein Mal. Für mich.“
Er zögerte weiter. „Aber wirklich nur ein Mal. Danach nicht nochmal.“
Ich nickte. Daraufhin seufzte er.
„Okay. Aber wirklich nur für dich.“
„Du bist der Beste.“
Ich nahm ihn an der Hand und zog ihn zu Chris, der bereits weiter voran gekommen war. Er sah etwas überrascht aus als ich Luca mit mir zog.
„Bist du sicher, dass du da rein willst?“, wollte er wissen.
Luca zuckte mit den Schultern. „Für Alex.“
„Ob es lange dauert bis wir dran sind.“, fragte sich Davis und sah an den Leuten vor uns vorbei.
„Ich glaube nicht.“, gab Chris zurück und sah zur Bahn. „Die ist schnell. Das dauert nicht lange.“
Nach einer Runde fuhren die Wagen jedoch eine weitere. Ich merkte wie Lucas Hände etwas schwitzig wurden.
„Alles in Ordnung?“, fragte ich ihn und sah zu ihm auf.
Daraufhin sah er zu mir und nickte. „Alles okay.“
Er lächelte mich an und schlang den Arm um meine Tallie. Ich seufzte und lehnte mich an ihn. Als die Wagen dann hielten und die nächsten hinein durften, sahen wir das Schild auf dem die Voraussetzungen standen. Eigentlich dasselbe wie immer. Darunter stand noch zum Spaß der Satz 'Nichts für schwache Herzen'.
Heißt es nicht eigentlich 'Nichts für schwache Nerven'?
Ich achtete einfach nicht darauf und ging mit den anderen Drei weiter.
„Wollen wir uns vorn hinsetzten oder weiter hinten?“, fragte ich als wir bei den Wagen waren.
„Weiter hinten.“, gab Luca sofort zurück und zog mich bereits zu einem der Wagen.
„So weit hinten?“, hakte ich nach, „Können wir nicht ein bisschen weiter vorne sitzen?“
Er seufzte und sah nochmal zu dem Wagen. Dann nickte er und ging mit mir weiter vor. Wir setzten uns in den vierten von vorn. Davis und Chris saßen vor uns und drehten sich zu uns um.
„Luca bist du sicher, dass du mitfahren willst?“
„Ich sitze schon drinnen, also fahre ich auch mit.“, gab dieser zurück.
Chris sah ihn noch kurz an und nickte dann, bevor er wieder nach vorne sah und mit Davis aufgeregt über etwas redete. Wenige Sekunden darauf wurden die Sicherheitsbügel eingerastet und die Fahrt ging los. Am Anfang war es wirklich super. Chris und Davis jubelte begeistert, während ich so einiges zum schreien hatte. Luca jubelte ebenfalls. Aber gegen Ende der ersten Runde ließ er es langsam. Als die zweite Runde ohne Pause losging, sah ich prüfend zu ihm und stellte fest, dass er alles andere als okay aussah.
„Luca?“
Er öffnete die Augen und sah zu mir.
„Alles okay?“
Zur Antwort nahm er meine Hand, sah wieder nach vorn und schloss die Augen. Er sah so aus als atmete er ruhig. Aber sein Gesicht war so blass wie eine Leiche und der Schweiß stand ihm im Gesicht. Angst war es nicht, da war ich mir sicher.
Die zweite Runde lang war ich damit beschäftigt zu Luca zu sehen, während es ihm sichtbar immer schlechter ging. Davis und Chris amüsierten sich prächtig. Als die Wagen dann wieder hielten, wurden die Sicherheitsbügel ausgerastet und wir stiegen aus. Luca ging voran, während ich ihm hinterher eilte. Draußen angekommen stützte er sich an einem Baum ab und rang nach Atem.
„Luca, was ist denn los? Dir geht es schlecht, das sieht sogar ein Blinder. Aber was ist mit dir?“
Er sah einfach schrecklich aus. So blass und kränklich. Als kämpfe er mit dem Tot.
„Luca?“ Ich nahm vorsichtig sein Gesicht in meine Hände und hob seinen Kopf. „Luca?“
„Nur... eine Minute. Eine Minute.“, gab er keuchend zurück.
Nun kamen auch Chris und Davis nach draußen. Beide heiter und begeistert. Als sie Luca jedoch sahen, war sofort jede Freude wie weggewischt.
„Kann einer von euch eine Flasche Wasser besorgen?“, bat ich.
Chris eilte sofort los und Davis eilte hinterher. Ich dagegen blieb bei Luca und sah ihm in die Augen. Daraufhin zog er mich an sich und legte seinen Kopf schwer auf meine Schulter.
„Ich liebe dich.“, flüsterte er mir zu und hielt mich fester bei sich.
„Luca? Warum... warum geht es dir so schlecht?“
Plötzlich fiel mir ein wie er aussah nachdem wir unser erstes Mal hatten. Blass, außer Atem, schweißgebadet... Und nun? Dasselbe, nur das es diesmal mehr als dreimal so schlimm war.
„Luca.“
„Ich erzähle es dir, wenn wir bei dir sind. Versprochen. Versprochen.“
Ich unterdrückte nur schwer einen Schluchzer und verbarg mein Gesicht an seinem Hals. Seit ich ihn kannte, ging es mir besser. Er hatte mich aus meiner Trauer geholfen. Chris auch, aber Luca war so viel beteiligt. Er hatte mir geholfen endlich alles loszuwerden, was den Unfall betraf. Ich konnte endlich weinen und ich sprach sogar mit anderen. Aber irgendwas war mit Luca nicht in Ordnung. Irgendwas war nicht richtig.
Als Chris und Davis wieder kamen, gab ich Luca die Wasserflasche, die er fast leer trank. Er musste jedoch oft Pausen machen, da ihn scheinbar der Sauerstoffmangel überfiel.
„Ich glaube wir sollten wieder nach hause.“, meinte Chris nachdenklich.
Luca schüttelte den Kopf. „Können ruhig bleiben.“, brachte er weiterhin keuchend hervor.
Er gab mir die Flasche zurück und rieb sich über die Brust als würde sie weh tun. Ebenso verzog er das Gesicht. Als seine Beine einknickten, fing ich ihn schwer fällig auf. Chris wollte ihn mir vorsichtig abnehmen, aber Luca klammerte sich an mir fest. Als er das Bewusstsein verlor, wäre ich mit ihm beinahe zu Boden gegangen. Davis holte sein Handy hervor, hielt dann jedoch inne und sah mich fragend an. Daraufhin nannte ich ihm die Nummer von Notdienst und hielt Luca fest bei mir, während mir Tränen über die Wangen liefen. Chris half mir ihn zu halten, entzog ihn mir jedoch nicht. Sieben Minuten später kamen auch schon die Sanitäter und hoben Luca auf die Trage. Ich lief neben ihm her, während sie ihn in den Krankenwagen brachten. Die Sanitäter waren sogar so nett uns mitzunehmen. Am Krankenhaus wurden wir getrennt, da wir nicht weiter durften. Chris nahm mir tröstend in die Arme, woraufhin ich an seiner Brust weinte. Davis kümmerte sich darum das wir etwas zu trinken bekamen. Nach einer Weile nahm Chris sein Handy aus der Tasche und rief jemanden an. Von dem Gespräch verstand ich nichts, aber es war mir auch relativ egal was er sagte.

Es schien als wäre eine Ewigkeit vergangen seit Chris, Davis und ich im Wartezimmer warteten. Chris hatte Theo angerufen und ihm gesagt was los wäre, woraufhin er sofort Lucas Vater angerufen hatte. Dieser war nun auf dem Weg hier her, während Theo bereits hier war und mich tröstend bei sich hielt. Als die Tür aufging und jemand herein kam, sahen wir alle auf. Ein Arzt stand im weißen Kittel an der Tür und sah in die Runde.
„Wer hat Luca Derlan hier her begleitet?“, fragte er.
Sofort sprang ich auf, ebenso wie Chris und Davis.
„Ist er in Ordnung?“, wollte ich wissen, „Darf ich zu ihm?“
„Beruhigen Sie sich, Miss. Es war Ein Schlaganfall. Morgen Mittag kann er wieder gehen. Er sollte sich schonen und etwas mehr auf sein Herz achten.“
„Auf sein Herz?“
„Wissen Sie es nicht?“
„Was nicht wissen? Was ist mit ihm los?“
Gerade als der Arzt antworten wollte, kam Lucas Vater ins Zimmer.
„Kann ich Ihnen helfen?“, wollte der Arzt von ihm wissen.
„Ich bin Luca Derlans Vater. Er kommt doch wieder auf die Beine, oder?“
„Wie ich der jungen Dame bereits gesagt habe, kann er das Krankenhaus morgen Mittag wieder verlassen. Er hatte einen Schlaganfall und sollte sich schonen.“
Lucas Vater seufzte schwer und ließ sich in einen Sessel fallen.
„Ich nehme an das Sie über seinen Zustand Bescheid wissen?“
Er nickte. Daraufhin beugte sich der Arzt zu ihm hinab und erzählte ihm etwas. Mr Derlan nickte wieder und wieder und wurde etwas blass.
„Entschuldigen Sie?“, unterbrach ich ihn kurz, „Kann ich Luca sehen?“
„Seine Freundin nehme ich an.“, meinte der Arzt nachdenklich und nickte nach kurzer Zeit. „Er schläft zwar im Moment, aber Sie können ihn gleich sehen. Eine Schwester wird Sie zu ihm bringen. Auch Sie Mr Derlan. Er wird auch sicher bald aufwachen.“
„Danke.“
Er nickte und sprach dann wieder auf Mr Derlan ein. Ich dagegen ging wieder zu Theo und kletterte auf seinen Schoß, woraufhin er mich wieder an sich zog. Etwas später verabschiedete sich der Arzt wieder und kurz darauf erschien eine Krankenschwester die uns bat ihr zu folgen. Wenige Sekunden später betraten wir dann dem Raum indem Luca lag. Ich stürzte mich nahezu auf ihn und wünschte mir ich würde nicht hysterisch weinen. Aber es schien mir auch niemand über zu nehmen. Lucas Vater kam zu mir und streichelte mir aufmunternd den Rücken. Ich wusste, dass er es war, da die anderen Drei draußen warteten.
Als ich mich nach eine Weile wieder beruhigt hatte, drehte ich meinen Kopf zur Seite, sodass mein Ohr an seiner Brust lag. Was ich hörte ließ mich verwundert die Brauen zusammen ziehen. Im selben Moment wurde Luca langsam wach und wollte die Hand heben auf der ich lag, woraufhin ich zu ihm aufsah. Als ihm nicht gelang die Hand zu heben, öffnete er verwundert die Augen und sah an sich herab, womit er mich erkannte. Er atmete erleichtert auf und hob die andere Hand an meine Wange.
„Alex.“ Er zog wieder die Brauen zusammen. „Du hast geweint?“
„Ich hatte Angst um dich.“
Mir lief bereits wieder eine Träne über die Wange. Er wischte sie mir mit dem Daumen weg und schlang die Arme um mich.
„Luca?“ Ertönte die Stimme seines Vaters.
Luca sah daraufhin überrascht auf und blickte zu seinem Vater. „Wie... wie bist du so schnell hergekommen?“
Ich sah zu ihm und erkannte, dass er die Schultern zuckte.
„Geht es dir besser?“, fragte er dann, „Es war schlimmer als letztes mal.“
Gequält ließ Luca den Kopf wieder ins Kissen fallen und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
„Es geht mir besser.“, meinte er dann, „Was hat der Arzt gesagt?“
„Du sollst dich und dein Herz schonen.“, gab ich zurück, „Morgen Mittag wirst du entlassen. Was meinte der Arzt damit, du sollest dein Herz schonen?“
„Ich erkläre es dir wenn wir wieder bei dir sind. Versprochen.“
Ich seufzte und ließ mein Kopf wieder auf seine Brust sinken. „Ist okay.“
„Dad?“
„Ja?“
„Was ist mit Kassandra?“
Stille. Es dauerte überraschend lange bis Mr Derlan antwortete.
„Zehn Minuten nachdem ich losfahren wollte, war eine Konferenz, die bereits vorbei ist. Sie ist nicht mitgekommen, weil sie daran teilnehmen wollte.“
Luca seufzte tief und murmelte leise etwas vor sich hin. „Alex?“
„Hm?“ Ich sah zu ihm auf.
„Kannst du mir vielleicht... Könntest du mir etwas zu trinken holen?“
„Was möchtest du denn?“
„Wasser reicht, danke.“
Ich nickte, küsste ihn kurz und ging dann hinaus. Chris und Davis kamen mir direkt entgegen.
„Wie sieht’s mit ihm aus?“, wollte Chris wissen.
„Ich bin mir nicht sicher. Er ist noch blass. Ich wollte ihm etwas zu trinken holen.“
Sie atmeten auf. Dann begleiteten sie mich in die Kantine, wo ich eine Flasche Mineralwasser holte. Dann bat ich noch um einen Becher und ging damit wieder zurück. Bevor ich eintrat klopfte ich kurz und wartete auf Lucas 'Herein'. Ich setzte mich zu ihm und gab ihm einen Becher mit Wasser, woraufhin er sich aufsetzte und den Becher sofort leer trank. Dann schloss er die Augen.
„Danke.“, meinte er dann und sah mich wieder an.
„Noch mehr?“, bot ich an.
Er nickte und hielt mir den Becher hin.

Gegen Mitternacht gingen Chris, Davis und ich wieder nach Hause. Mr Derlan begleitete uns, da er sich nicht um einen Ort zum Übernachten gekümmert hat. Luca war etwa um 23 Uhr eingeschlafen, woraufhin ich noch bei ihn gelegen hatte um ihm beim Schlafen zuzusehen.
Als ich mich nun in mein Bett legte, fühlte ich mich einfach grausam. Und schlimmer wurde es als ich schlief, denn ich bekam Albträume davon, dass Luca nicht mehr zurück kam.

Ich spürte wie mir jemand vorsichtig das Haar von der Stirn strich. Dann drückte mir dieser Jemand einen Kuss auf die Schläfe, woraufhin ich die Augen öffnete und in Lucas Gesicht sah. Mit einem Aufschrei setzte ich mich auf und schlang die Arme um ihn.
„Hey, hey.“, meinte er sanft, „Alles okay? Du siehst etwas blass aus.“
„Ich hab was blödes geträumt.“
„Wieder Albträume?“
„Ja. Aber andere.“
„Was für welche?“ Er setzte sich zu mir und zog mich enger an sich.
„Ich hab geträumt das du nicht zurück kommst. Ich habe Angst um dich gehabt.“
Er seufzte und küsste mich auf den Schopf. „Ich bin wieder okay.“
„Was war das eigentlich?“
„Ein Schlaganfall, das weißt du doch.“
„Ja, aber warum hast du einen bekommen?“
Er schwieg eine Weile, legte sein Kinn auf mein Haar und streichelte mir den Rücken. Ich wartete schweigend, während er scheinbar nachdachte.
„Ich bin krank.“, meinte er irgendwann.
Ich zog die Brauen zusammen. „Wie bitte?“
„Ich bin krank, Alex. Wenn ich mich zu sehr aufrege, oder zu sehr bei körperlichen Tätigkeiten anstrenge, bekomme ich Herzrhythmusstörungen. Ich bin Herzkrank. Ich bekomme zwar Medikamente, aber sie helfen nur sehr langsam oder teilweise.“
Ich lag starr in seinen Armen und spürte wie er sein Gesicht in meinem Haar vergrub. „Warum... Warum hast du es nicht früher gesagt?“
„Du bist, abgesehen von Dad und den Ärzten, die Einzige die es weiß. Ich hatte Angst vor deiner Reaktion. Und ich habe sie immer noch.“
Ich zog ihn enger an mich und sah zu ihm auf. „Warum hast du Angst davor?“
„Du hättest jetzt einen guten Grund dich von mir zu trennen. Immerhin würde es dir nur Schmerzen bereiten wenn mir irgendwas passiert. Ich meine, wenn...“
„Luca.“, unterbrach ich ihn sanft, „Ich werde mich nicht von dir trennen.“ Ich schüttelte den Kopf als er etwas sagen wollte. „Ich liebe dich. Ich werde mich nie von dir trennen wollen.“
Als er wieder protestieren wollte, küsste ich ihn einfach, woraufhin er mit mir ganz aufs Bett fiel und mich weiter küsste.

Eine halbe Stunde später zog ich mich an ihm hoch und wollte meinen Kopf an seine linke Brust legen, aber er hielt mich fest und schüttelte den Kopf.
„Ich möchte es hören.“, bat ich, „Bitte.“
Er zögerte, ließ dann jedoch locker, sodass ich mein Ohr an seine Brust legen konnte. Daraufhin hielt er mich so fest in seinen Armen als würde ich jeden Moment aufspringen und aus dem Zimmer rennen. Aber ich blieb und horchte seinem Herzschlag, der alles andere als kräftig und regelmäßig war. Es war vergleichbar mit einem Läufer, der blind durch den Wald rannte. Er stolperte sehr oft, fiel manchmal hin, strauchelte hin und wieder und kam nicht besonders oft dazu normal zu laufen. Im einen Augenblick schlug Lucas Herz kräftig und regelmäßig, im nächste schwach und unregelmäßig.
Ich spürte wie mir eine Träne über die Wange lief und auf Lucas Brust fiel. Es tat mir furchtbar weh seinen unregelmäßigen Herzschlag zu hören, aber ich blieb so lange liegen, bis es wieder in den Rhythmus gekommen ist, woraufhin ich mich an Luca hochzog und mein Gesicht an seinem Hals verbarg, wo ich leise weinte.
„Alex.“, meinte er müde und besorgt, „Warum weinst du jetzt?“
„Das ist nicht fair.“, gab ich zurück, „Das hast du nicht verdient.“
Ich ließ langsam von ihm ab und setzte mich auf seine Hüfte um ihn anzusehen, während er mich an der Tallie festhielt und mich besorgt ansah.
„Du hast das einfach nicht verdient.“, fuhr ich fort, „Du bist freundlich, liebevoll und einfach wunderbar. Warum sind es immer die guten Menschen, denen Sowas passiert, während es den schlechten Menschen immer gut geht? Eigentlich sollte es doch den guten Menschen gut gehen. Und du bist ein guter Mensch. Du hast noch nie etwas schlechtes getan, oder? Ich meine...“ Ich schluchzte und unterdrückte weitere Schluchzer. „Ich meine, du bist einfach nur wundervoll und hast das hier einfach nicht verdient.“ Ich legte die Hand über seine Brust und wusste, dass er wusste, dass ich von der Krankheit sprach. „Du hast das einfach nicht verdient. Ich will nicht, dass du damit leben musst. Ich will nicht, dass du mit diesen Einschränkungen leben musst, dass du unter dieser Krankheit leiden musst. Das ist einfach nicht fair.“ Ich drückte mein Gesicht an seinen Hals um den Schmerz in mir etwas zu dämpfen. „Tut es weh?“, wollte ich dabei wissen.
„Kommt drauf an.“, gab er leise zurück und zog die Decke etwas höher um uns mehr damit zu bedecken, damit ich nicht fror.
„Tut es wenn nachdem wir...“
„Nein... Ja... Ein wenig.“
Ich sah ihn erschrocken an.
„Es tut nicht sehr weh. Es ist als würde man mich kneifen.“, beruhigte er mich und kniff mich demonstrativ leicht in den Arm.
Daraufhin rieb ich mir die Stelle und sah darauf hinab.
„Tat es sehr weh? Tut mir Leid, ich glaube ich hab ein bisschen zu fest gekniffen.“ Er küsste die Stelle und rieb mit dem Daumen darüber.
„Wie sehr tut es nach einer Achterbahnfahrt weh?“
„Es ist als... als würde... als würde man mir gegen die Schulter boxen.“
„Und gestern.“
Er seufzte tief und zog mich zu sich hinab. „Lass uns später darüber reden. Ich bin müde.“
„Luca, ich will das wissen.“
„Später.“
„Jetzt.“
„Ich bin müde.“
„Luca!“
„Alex.“
„Jetzt sag schon.“
„Es hat sich angefühlt, als würde jemand mein Herz zerquetschen. Jetzt lass mich bitte schlafen. Ich bin müde.“
Ich blieb still auf ihm liegen und ließ mir seine Worte durch den Kopf gehen.
...als würde jemand mein Herz zerquetschen...
„Luca?“, flüsterte ich.
„Hmmm...“, machte er daraufhin leise und müde.
„Ich liebe dich.“
„Ich dich auch. Mehr als alles andere.“
Seine Stimme war ganz leise, während er langsam in den Schlaf glitt. Als er zu ende gesprochen hatte, schlief er bereits tief und fest. Ich zog mich ein wenig höher, küsste ihn kurz und kuschelte mich dann an ihn um zu schlafen. Daraufhin zog er mich im Schlaf enger an sich und wisperte meinen Namen.

Ich wachte davon auf, dass es furchtbar kalt war, woraufhin ich mich umdrehte und nach Luca tastete. Ich zuckte zusammen als ich auf leere Fläche traf und öffnete die Augen. Die Decke fehlte. Deshalb war mir so kalt. Und Luca...
„Tut mir Leid, dass ich dich geweckt habe.“, flüsterte er neben dem Bett.
Ich drehte ihn um und stellte fest, dass er an der Bettkante hockte und mich betrachtete. Ich wurde ein wenig rot und versuchte mich mit den Armen zu bedecken, was mir nur teilweise gelang. Er selbst trug wieder eine Shorts.
„Ich wollte aufstehen um etwas zu essen, aber ich hab die Decke irgendwie mitgezogen.“, erklärte er entschuldigend und breitete die Decke über mich aus. „Hast du auch Hunger? Dann bringe ich dir etwas mit.“
Ich legte mich wieder ins Kissen und sah ihn an. „Ja bitte.“
Er lächelte matt, küsste mich kurz und ging dann hinaus. „Ich bin gleich wieder da.“, meinte er dabei und zog die Tür leise hinter sich zu.
Die Wärme umhüllte mich langsam wieder, woraufhin ich wieder in den Schlaf fiel.

Diesmal wurde ich wach, weil es wärmer wurde. Jemand legte sich zu mir und schlang die Arme um mich.
„Hm?“, machte ich müde.
„Schlaf weiter.“, flüsterte Luca und küsste meine Schulter, bevor er die Decke darüber zog. „Ich bleibe bei dir. Und später können wir dann weiter reden.“
„Hmmm...“ Dennoch drehte ich mich zu ihm um und sah ihm ins Gesicht. „Ich möchte noch was sagen.“
Er sah mich warm an und hob fragend eine Braue.
„Hey.“
Er lachte leise und lächelte mich an. „Hey. Wie geht’s dir?“
„Jetzt geht’s mir bestens. Und dir?“
„Mir noch nicht. Dafür brauche ich etwas von dir.“
„Dann hole es dir.“
Er lächelte etwas mehr und beugte sich zu mir um mich zu küssen. Der hielt auch gute sieben Minuten, bevor er sich leicht lachend von mir löste. „Du sollst jetzt schlafen. Du bist müde.“
Ich seufzte, kuschelte mich an ihn und genoss die Wärme die mich umfing als er die Arme enger um mich zog und mich näher an sich zog. Sein Herz schlug regelmäßig und kräftig in seiner Brust. Mit diesem Geräusch am Ohr glitt ich zum vierten mal in dieser Nacht in den Schlaf.

Am Mittag saß Luca in der Küche am Tisch, während ich am Herd stand und versuchte eine Kleinigkeit zu kochen. Nebenbei stellte ich ihm Fragen über seine Krankheit, die er nun ohne zu zögern beantwortete.
„Was ist das eigentlich für ein Termin, zu dem du alle sechs Monate gehst?“, fragte ich irgendwann und achtete darauf, dass das Essen nicht anbrannte.
„Es ist ein Arztbesuch. Er testet wie sehr ich belastet werden kann, ob das Medikament noch wirkt, ob mein Herz besser oder schlechter arbeitet und er versucht noch den genauen Grund für die Herzrhythmusstörungen zu finden. Was machst du eigentlich zu Essen?“
„Ich versuche Pfannkuchen zu machen.“ Ich verfrachtete das Ergebnis auf einen Teller und seufzte. Es sah gar nicht sooo schlecht aus. Aber ich wusste nicht, ob es schmeckte.
„Darf ich mal probieren?“, bat Luca neugierig und kam zu mir.
„Ich hoffe nur ich vergifte dich damit nicht.“
Er lachte leise. „Sieht doch ganz gut aus.“ Er riss ein Stück ab. „Fühlt sich auch nicht schlecht an. Und von innen scheint es auch durch zu sein.“ Er öffnete gerade den Mund um zu probieren, als Chris herein kam und sich neugierig umsah.
„Was riecht hier denn so?“, wunderte er sich und sah schließlich zu uns. „Wer hat die gemacht?“
Ich hob die Hand. „Ich habs versucht.“
Nun kam er zu uns herüber, riss ebenfalls ein Stück ab und schien es mit seinen Blicken quasi zu analysieren. Dann nahm er es in den Mund, was Luca ihm nach tat. Beide hielten abrupt inne, woraufhin ich von einem zum anderen sah, bevor Chris ganz leicht das Gesicht verzog. Luca begann zu kauen und schluckte es hinunter, wonach er offenbar versuchte den Geschmack loszuwerden, während Chris das Stück ebenfalls hinunter würgte und sich ein Glas Wasser nahm. Ich seufzte wieder tief, riss ebenfalls ein Stück ab und wartete darauf dass die Beiden fertig waren.
„Es schmeckt nicht wirklich schlecht.“, meinte Luca, „Aber auch nicht wirklich gut. Ich meine...“
„Das musst du noch üben.“, warf Chris ein, „Was hast du da rein? Salz? Pfeffer? Chili?“
Ich bemerkte wie ich rot wurde und mich verlegen am Hinterkopf kratzte. „Ich wusste halt nicht was alles da rein gehört.“
„Was hast du denn da rein getan?“
„Milch, Mehl, Eier, Backpulver, Zucker, Salz, Pfeffer äh...“ Ich unterbrach mich selbst, da Chris mich entsetzt ansah.
„Rede weiter.“
„Nun... Sahne... Zitronensaft... Das wars.“
Chris atmete tief durch, nahm die Schüssel mit dem Teig und ging damit hinaus. Wenige Minuten später hörte ich die Toilettenspülung und fließendes Wasser. Dann kam er mit einer sauberen Schüssel wieder, stellte sie bei mir hin und griff nach dem Mehl.
„Komm, wir zeigen dir am besten wie man die macht. Luca, kannst du vorher das hochgiftige Ding da auf dem Teller entfernen?“
Dieser nahm kurzerhand den Teller und warf den Pfannkuchen in den Müll, bevor er zum Kühlschrank ging und Milch und Eier heraus holte. Chris nahm noch Zwei Sorten Beeren hervor, wobei ich verwundert die Brauen zusammen zog.
„Beeren-Pfannkuchen.“, erklärte er mir kurz und füllte noch einen Messbecher mit Wasser.
Während die beiden mir dann zeigten wie man Pfannkuchenteig machte, sah ich aufmerksam zu und merkte mir genau was sie machten. Als der Teig fertig war, wusch Chris die Beeren, während Luca mir mit dem Mehlverschmierten Finger ein kleines Herz auf die Wange malte. Ich lächelte ein wenig, woraufhin er mir mit einem anderen Finger etwas Mehl auf die Nasenspitze schmierte. Ich dagegen nahm ein wenig Mehl und verstreute es auf seinem Kopf.
„Es schneit!“
Die Beiden lachten ein wenig und Luca warf mit Mehl nach mir, was sich zu einer ausgewachsenen Mehlschlacht entwickelte. Als Theo herein kam um nachzusehen was wir hier machten, war gerade eine Ladung Mehl in Lucas Richtung in Anmarsch, der nun neben der Tür stand. Allerdings hatte sich Chris, der auf ihn werfen wollte, ein wenig daneben gezielt, weshalb nun Theo alles abbekam. Ich biss mir auf die Lippe um nicht zu lachen, während Luca die Lippen aufeinander presste und Chris beides tat.
„Sag mal, Alex, weißt du wo-“ Er hielt abrupt inne als er Theo sah und brach in Gelächter aus.
Chris, Luca und ich konnten es deshalb auch nicht mehr zurück halten und brachen vor Lachen beinahe zusammen. Theo dagegen seufzte und brachte uns damit mehr zum lachen, da er damit Mehl von seinem Gesicht pustete, dass sich zu einer kleinem Mehlwolke bildete.
„Naja, solange ihr euren Spaß habt. Das macht ihr aber wieder sauber.“
Ich stützte mich an Chris ab, woraufhin wir beide zu Boden fielen und Luca darüber lachen musste und sich an der Wand abstützen musste.
Als wir uns alle wieder beruhigt hatten, nahm ich ein Tuch und wischte Theo das Mehl von den Wangen.
„Danke.“, meinte er und nahm mir das Tuch ab um weiter zu machen. „Was macht ihr hier eigentlich?“
„Wir bringen Alex bei Beeren-Pfannkuchen zu machen.“, gab Chris zurück.
„Ach ja?“
„Ja. Ihr eigener Pfannkuchenversuch ist ihr missglückt.“
Theo schüttelte nur den Kopf. „Anders kennen wir sie doch nicht. Sah er wenigstens gut aus?“
„Ja.“, erwiderte Luca, „Man bekam Hunger, wenn man ihn ansah, der jedoch sofort wieder verschwindet, sobald man probiert hat.“
Ich schlug ihm auf die Schulter, woraufhin er mich nur frech angrinste und mir einen Arm um die Tallie legte, bevor er mir einen Kuss auf die Wange gab.
„Sei nicht so gemein.“, meinte ich leicht schmollend, woraufhin er mich anlächelte.
„Es tut mir wirklich Leid, dass ich Sowas sagen musste. Aber Theo braucht sicher eine Erklärung dafür, dass nun ein Teil der Lebensmittel fehlt und ein Pfannkuchen im Müll liegt.“
„Wenigstens kannst du es jetzt glauben, wenn jemand sagt, dass ich nicht kochen kann.“
„Apropos, die können ja jetzt in die Pfanne.“, bemerkte Chris und schob mich von Luca zum Herd. „Das darfst du versuchen.“
Ich seufzte kurz und gab den Teig in die Pfanne. Komisch... Ich hatte gar nicht gemerkt, dass Chris die Beeren darunter gemischt hatte.
„Ich wette, dass es wieder anbrennt.“, meinte Chris sobald der Teig in der Pfanne war.“
Luca wollte gerade etwas sagen, als er meinen Blick auffing und dann doch lieber schwieg und stattdessen zu mir ging um mich von hinten in die Arme nahm. „Das schaffst du schon.“
Ich seufzte. „Es hört sich an, als müsste ich mit Flugangst nach Europa fliegen.“
„Naja, jeder der dich kennt, würde deine Kochkünste als Vergleich nehmen.“, meinte Chris, was ihm einen finsteren Blick von mir einfing. Er lächelte mich daraufhin nur scheinheilig an und setzte sich an den Tisch. Theo dagegen wand sich an Davis.
„Was hast du gesucht?“, wollte er von ihm wissen und verließ mit ihm die Küche.
„Luca?“, medete ich mich irgendwann und wendete den Pfannkuchen, der noch ganz passabel aussah.
„Ja?“
„Darf ich weiter fragen?“


„Und wie sieht es mit den ganzen Kosten aus?“ Ich war nun dabei den letzten Rest des Pfannkuchens zu braten oder was auch immer das Ding in der Pfanne tat und sah Luca über die Schulter hinweg an. Chris hatte uns allein gelassen und war wahrscheinlich bei Theo und Davis im Wohnzimmer. „Kassandra findet, das alles wäre Blödsinn und unnützlich. Deshalb versucht sie so wenig Geld wie möglich dafür auszugeben. Aber da Dad es für wichtig hält, bezahlt er soviel wie möglich um mir die beste Versorgung zu geben. Ich weiß nicht wie viel genau es kostet, aber es ist sehr teuer.“
„Hast du etwas dagegen, wenn ich deine Mutter nicht mag?“
„Ich kann sie doch selbst nicht leiden.“
Ich hielt kurz inne. „Das hört sich irgendwie... seltsam an.“
Er nahm sanft meine Hände und brachte mich somit weiter zu machen, indem er meine Bewegungen lenkte. Ich lächelte darüber und lehnte mich etwas an ihn.
„Warum, findest du, hört es sich seltsam an?“
„Du magst deine Mutter nicht...“ Ich schüttelte leicht den Kopf. „Ich habe meine Mutter geliebt. Ich habe Mom und Dad angehimmelt, kann man sagen.“
Er seufzte und drückte mir einen Kuss auf die Halsschlagader. „Du erinnerst dich ständig selbst daran.“
Ich biss mir leicht auf die Unterlippe. „Ich weiß nicht, warum ich das immer mache.“
Er drückte mir einen weiteren Kuss auf die Ader und legte seinen Kopf dann auf meine Schulter. „Der Pfannkuchen.“
„Oh. Ja. Danke.“ Ich schüttelte kurz den Kopf und kümmerte mich dann weiter um den Pfannkuchen.
„Kannst du einen probieren? Ich meine, ich weiß nicht ob sie schmecken.“
„Wenn du es möchtest.“
Er nahm einen Teller aus dem Schrank, schnappte sich eine Gabel aus einer Schublade und nahm sich einen der fertigen Pfannkuchen. Ich legte den fertigen Pfannkuchen aus der Pfanne auf die anderen und sah dann Luca beim Probieren zu. Nach dem ersten Bissen, nahm er sich gleich einen weiteren und stellte den Teller an den Tisch.
„Schmeckt klasse.“, meinte er dann lächelnd und küsste mich kurz.
Dann ging er an die Tür und rief die Anderen zum Essen. Keine zwei Minuten später saßen wir dann auch schon am Tisch. Diesmal war ich überraschenderweise die Letzte die fertig war, was aber nicht bedeutete, dass ich satt war.
„Wir haben nicht zufällig noch irgendwas zu essen, oder?“, wollte ich an Theo wissen, der mich leicht erschrocken ansah. „Okay, dann wohl besser nicht nochmal fragen.“
Luca streichelte mir aufmunternd den Oberschenkel. „Das können wir sicher auch noch irgendwie gerade biegen.“
„Was?“
„Deinen Appetit.“
Ich seufzte. „So schlimm ist er doch gar nicht.“
Als mich alle schweigend ansahen, senkte ich den Blick und lehnte mich an Luca.
„Okay, es ist nicht wirklich so schlecht, aber schlecht ist es schon.“, meinte Luca aufbauend.
„Hat wahrscheinlich einen biologischen Grund.“, meinte Chris nachdenklich, „Geht vielleicht auch irgendwann vorbei.“
„Sehr wahrscheinlich ist es aber nicht, oder?“, neckte Davis.
Ich seufzte, was sich offenbar zu einer schlechten Angewohnheit entwickelte.
„Sag mal, worüber habt ihr beide eigentlich geredet als Alex ihren Pfannkuchen gemacht hat?“, wollte Chris von mir und Luca wissen, woraufhin ich zu Luca sah, der sich gerade einen neuen Pfannkuchen nahm.
„Was meinst du?“, wollte dieser wissen und gab mir ebenfalls noch einen Pfannkuchen auf den Teller. „Es sind doch nicht genug da. Iss erst mal die, bevor du etwas anderes isst.“
Ich seufzte und begann, ebenso wie er, zu essen.
„Bevor ich raus gegangen bin, hat Alex gefragt ob sie irgendwas weiter fragen darf.“, gab Chris zurück.
„Ach das.“ Luca winkte ab. „Nicht so wichtig.“
„Wenn du meinst.“

Ich seufzte als ich am morgen aufwachte und öffnete müde die Augen, wobei ich direkt in Lucas schlafendes Gesicht sah. Ich lächelte ein wenig und streichelte ein wenig sein Gesicht, woraufhin er im Schlaf wohlig seufzte und etwas vor sich hinmurmelte, dass ich nicht ganz verstand.
„Du bist ja schon wach.“, meinte er dann mit verschlafener Stimme und zog mich mit weiterhin geschlossenen Augen an sich heran.
„Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt.“
„Nicht wirklich. Außer, du gibt’s dir die Schuld daran, dass ich aufwachen wollte um mit dir zu sprechen oder etwas anderes mit dir zu machen.“ Er öffnete ein wenig die Augen und lächelte warm. „Guten Morgen, mein Liebling.“
Unwillkürlich erwiderte ich das Lächeln. „Guten Morgen. Und nein, ich gebe mir nicht die Schuld. Was möchtest du denn mit mir machen?“
„Oh, da gibt es so einiges. Ganz oben auf der Liste steht festhalten und nie wieder loslassen.“
„Das ist einer meiner Lieblingspunkte auf deiner Liste.“
Er lächelte etwas mehr und beugte sich zu mir hinab um mich zu küssen. „Das ist der zweite Punkt.“
„Den mag ich auch.“ Ich legte ihm die Arme um den Hals und zog ihn enger an mich heran, damit er sich vom Kuss nicht zurück ziehen konnte. „Was ist an dritter Stelle?“
„Soll ich das jetzt machen, oder war dir gestern Abend genug für die nächsten Stunden?“
Ich wurde etwas rot, woraufhin er leise lachte und mein Gesicht mit kleinen Küssen bedeckte.
„Es wundert mich, dass du rot wirst. Es sind doch nur wir beide anwesend.“
„Das bin eben ich.“, gab ich leise zurück und rückte etwas enger an ihn heran, obwohl es gar nicht enger ging.
Ich kuschelte mich an ihn und genoss seine Wärme, während ich abwesend irgendwelche Muster auf seinen Rücken malte und ihm kleine Küsse auf die Brust drückte.
„Das ist eines der Dinge, die ich am liebsten mache.“, meinte ich, „Einfach nur bei dir im Bett liegen und existieren. Die Hauptsache ist, ich bin bei dir.“
„Weißt du, wenn wir beide volljährig wären, würde ich dir jetzt einen Antrag machen.“
Ich sah abrupt zu ihm auf. „Wie bitte?“
„Wenn wir volljährig wären, würde ich dich heiraten. Ich werde dich nie wieder hergeben, nur damit du Bescheid weißt.“
Ohne groß nachzudenken, riss ich mich quasi an ihm hoch und küsste ihn so heftig, das ich selbst überrascht war. Luca atmete erleichtert auf und ließ seine Hände über meinen Rücken wandern.
Als es sieben Minuten später, zum unpassendstem Zeitpunkt den es gab, an der Tür klopfte, hielt Luca mitten in der Bewegung inne und zog schnell die Decke über uns, da im nächsten Augenblick die Tür geöffnet wurde.
„Tut mir ja wirklich Leid, dass ich störe.“, meinte Chris, der sich tatsächlich so anhörte, als hätte er jetzt lieber alles andere getan. „Aber da ist so ein Typ, der sich weigert zu gehen, wenn er dich nicht gesprochen hat, Alex.“
Ich stöhnte und ließ meinen Kopf ins das Kissen fallen. Luca ließ sich frustriert neben mich fallen, wobei er sorgsam darauf achtete, mir nicht die Decke wegzuziehen.
„Gib mir zwei Minuten.“, meinte ich und rieb mir über die Stirn.
Sofort verließ Chris wieder das Zimmer und zog die Tür sorgfältig hinter sich zu. Ich seufzte tief, blieb noch einen Augenblick liegen und stand dann auf um mich anzuziehen. Luca blieb noch etwas länger liegen. Wahrscheinlich um sein Herz zu beruhigen. Gerade als ich fertig war und zur Tür ging, stand Luca auf um sich ebenfalls anzuziehen.
„Geh schon mal vor. Ich komme gleich nach.“
Ich nickte und ging dann nach unten. Im Flur hörte ich Stimmen aus dem Wohnzimmer, also ging ich dort hin, während ich mir müde ein Auge rieb. In der Wohnzimmertür blieb ich dann verwundert und völlig überrascht stehen. Ich wusste nicht, womit ich eigentlich gerechnet hatte, aber mit ihm definitiv nicht.
Habe ich mal meinen alten besten Freund erwähnt? Nein? Okay, hier ist er. Antony Bacoby. Wir haben uns in der ersten Klasse kennen gelernt, aber die Freundschaft zerbrach, als er mir mit Prügel drohte, falls ich seiner damaligen Freundin jemals von seiner Affäre, mit einem mir völlig unbekannten Mädchen, erzählen würde. Seit damals haben wir uns nicht einmal eines Blickes gewürdigt.
„Was machst du denn hier?“, wollte ich mit dementsprechend abweisenden Ton von ihm wissen.
Antony sah abrupt auf und schwieg einen Augenblick, in dem er mich kurz betrachtete. Er schaffte es tatsächlich so lange zu schweigen, bis Luca herein kam. Dann sah er ihn an und blickte von ihm zu mir und wieder zurück, da Luca die Arme um mich geschlungen hatte und mir einen Kuss auf den Hals drückte.
„Braucht ihr lange?“, wollte er leise von mir wissen und seufzte müde.
„Ich weiß nicht mal was er möchte.“, gab ich zurück, „Also, Antony?“
Der Angesprochene sah wieder zu mir. „Ich habe von deinen Eltern gehört.“
„Jetzt erst?“
„Die Anderen glauben wohl, ich würde dich überhaupt nicht mehr mögen.“
„So hat es sich damals auch angehört. Was möchtest du nun?“
„Kann ich mit dir unter vier Augen sprechen?“
„Luca kann ruhig dabei sein. Ich erzähle ihm sowieso alles.“
„Unter vier Augen.“, wiederholte er.
Ich seufzte kurz und nickte dann, bevor ich mich zu Luca umdrehte. „Ich bin gleich wieder da.“
„Ich mache dir Frühstück.“, gab er zurück und küsste mich kurz, bevor er in die Küche ging und ich mit Antony in Moms Bibliothek ging.
Ich setzte mich mit Antony auf die Couch und wartete darauf das er begann zu sprechen.
Er atmete kurz durch. „Ich habe die Beiden gestern Abend gesehen.“
„Wen?“
„Deine Eltern.“

„Alex, geht’s dir gut? Ist alles in Ordnung?“
Ich blinzelte und sah in Lucas besorgtes Gesicht. Er streichelte mir liebevoll die Wange.
„Alles okay? Du bist ohnmächtig geworden. Bist du in Ordnung?“
Ich blinzelte und nickte dann. „Ja. Ja, ich denke schon.“
Er atmete erleichtert aus und zog mich in seine Arme. Dabei küsste er mich auf die Wange und auf den Hals. „Meine Güte, du hast mich beinahe zu Tode erschreckt.“
Ich schlang die Arme um ihn und sah mich verwirrt nach Antony um, den ich neben Chris auf der Couch fand. Die beiden unterhielten sich leise, während Luca sich um mich kümmerte. Davis reichte mir ein Glas Wasser, welches ich sofort leer trank. Meine Kehle fühlte sich trocken an.
„Mir geht’s besser.“, meinte ich nach einer Weile, ließ Luca jedoch nicht los.
Er sah mich, immer noch besorgt, an und küsste mich kurz. „Was ist passiert?“
Ich fasste mir an den Kopf und überlegte. Dann fiel mir wieder ein was Antony mir erzählt hatte und ich fasste Luca aufgeregt am Arm. Anhand seines Gesichtsausdrucks, stellte ich fest, dass ich so viel stotterte, dass er nicht verstand was ich sagte.
„Ganz ruhig, Liebes. Beruhig dich erst mal.“
Ich atmete langsam durch und nickte.
„Besser?“
Ich nickte erneut.
„Gut. Was wolltest du uns jetzt sagen?“
Ich öffnete den Mund um zu sprechen, hielt dann jedoch inne und zog die Brauen zusammen. Luca und die anderen warteten geduldig. „Antony... Tony sagte er habe meine Eltern gesehen. Gestern Abend.“
Ich sah wie Chris blass wurde. Davis setzte sich auf den Tisch und sah mich fassungslos an. Luca dagegen zog die Brauen zusammen und sah zu Antony.
„Bist du dir sicher?“
Mein ehemaliger bester Freund nickte und holte sein Handy hervor. Dann suchte er etwas heraus und gab Luca das Handy. Luca schwieg einen Augenblick und sah auf den Display. Dann wand er sich an mir und zeigte mir, was er gesehen hatte. Es war ein Bild. Und darauf waren tatsächlich meine Eltern. Ich schloss kurz die Augen und sah mir das Bild dann genauer an. Irgendwas stimmte nicht. Ich wusste nur nich was es war.
„Weißt du zufällig, wo sie jetzt sind?“, wollte Chris von Antony wissen.
„Nein.“
Ich betrachtete das Bild genauer. Mom und Dad standen an einem Imbissstand und warteten auf ihre Bestellung. Der Schnee lag auf jeder horizontalen Fläche und bedeckte alles und jeden, dass sich nicht bewegte. Dann fiel es mir auf. Mom und Dad standen einen guten halben Meter voneinander entfernt. Nicht etwa wie Luca und ich direkt nebeneinander. Mom unterhielt sich zwar lächelnd mit Dad, aber sie hielten Abstand.
Ich zog die Brauen zusammen und stellte fest, dass Mom auf den Foto recht langes Haar hatte. An ihrem Todestag hatte sie kurzes Haar. Sie reichten ihr ans Kinn. Auf dem Bild bedeckten sie ihren halben Rücken.
„Das sind sie nicht.“, meinte ich leise und schüttelte den Kopf. „Das können sie nicht sein.“
Luca sah zu mir und zog die Brauen zusammen. „Was meinst du? Sie sehen doch genauso aus wie sie.“
Auf dem Bild hatte Dad braune Augen. Sie waren grün gewesen. Ich schüttelte wieder den Kopf. „Mom hatte kurzes Haar. Und... Dad hatte grüne Augen.“ Ich schluckte. „Sie... sie halten Abstand. Sind distanziert. Hier auf dem Bild, meine ich. Dad würde nie so viel Abstand von Mom halten, wenn sie unterwegs sind.“
Chris kam zu mir und sah sich das Bild an. „Stimmt. Ich glaube, William war auch ein wenig größer. Und hatte breitere Schultern. Katie hatte lange Finger.“
Ich schloss wieder die Augen und ließ mich gegen Luca sinken. Dieser nahm mir sanft Antonys Handy aus der Hand. Deren Besitzer zog die Brauen zusammen und sah sich das Bild nun ebenfalls nochmal an.
„Auf dem ersten Blick sehen sie genauso aus wie sie.“, meinte Chris nachdenklich, „Aber die Frau da, hat genau das selbe Muttermal wie Katie. Da am Hals.“ Ich sah wieder auf das Bild und entdeckte das vertraute Muttermal sofort.
„Ja. Es ist genau dasselbe.“
„Was ist denn hier los?“
Ich sah zu Theo auf, der gerade ins Zimmer kam, nahm Luca das Handy aus der Hand und ging zu meinem Onkel um ihm das Bild zu zeigen.
„Kennst du die beiden?“
Er zog die Brauen zusammen und sah sich das Bild eine Weile an. Dann sah er es überrascht an. „Das sind doch...“ Er hielt inne und sah genauer hin. Dann nickte er. „Das sind Kendra und Maxwell.“ Er schüttelte den Kopf. „Kendra ist eine entfernte Verwandte von Katie und mir. Als sie achtzehn wurde, brannte sie mit Max durch und brach den Kontakt zu uns ab. Ich hab gehört, sie wären in Australien gewesen, aber ich bin mir nicht sicher, ob sie wirklich da gewesen sind. Katie hat William etwa drei Jahre später kennen gelernt. Sie hat ihn für Max gehalten. Wir haben festgestellt, dass Max Williams Zwilling ist. Die beiden haben ebenfalls nichts voneinander gehört. Es wundert mich, dass sie jetzt auftauchen.“
Als sein Handy klingelte, gab er mir Antonys Handy zurück und holte sein eigenes hervor. Er wechselte ein paar kurze Sätze und verabschiedete sich dann liebevoll, was mich erahnen ließ, dass Kathy am anderen Ende war.
„Das war Kathy. Sie sagt, Kendra und Max hätten sie angerufen. Kathy hat ihnen die Adresse des Hauses geben. Sie dürften in etwa zehn Minuten hier sein.“
Ich blinzelte überrascht. „So schnell?“
„Warum schnell?“
„Ich meine... sie sind doch Jahre lang einfach... weg gewesen. Und jetzt tauchen sie plötzlich wieder auf.“
„Vielleicht haben sie sich dafür entschieden wieder her zu ziehen.“, meinte Antony nachdenklich, „Ich meine, es kann ja sein, dass sie alles geplant haben und sich erst um ihre Zukunft kümmern wollten. Wie lange sind sie nun weg gewesen?“
Theo rechnete schnell. „Seit 20 Jahren.“
„Dann war Katie 38 Jahre alt?“
„Ja.“
Ich zog die Brauen zusammen. „Heißt das, du bist schon 40?“
„39.“, korrierte er schmunzelnd.
Ich atmete langsam aus und rieb mir über die Stirn, das sich Kopfschmerzen bemerkbar machten. Luca kam zu mir und führte mich liebevoll zu einem Sessel. Dort setzte er sich hin und nahm mich auf seinem Schoß. Ich kuschelte mich sofort an ihn und genoss seine Nähe und wärme, während Chris und Davis sich unterhielten und Theo mit Antony sprach.
„Alles okay?“, wollte Luca besorgt wissen.
„Ich habe nur ein wenig Kopfschmerzen. Mehr nicht. Alles okay.“
„Bist du sicher?“
Ich nickte und lächelte ihn aufmunternd an, was ihn jedoch kein bisschen beruhigte. Er küsste mich sanft auf die Stirn und zog mich dann wieder an sich, woraufhin ich leise seufzte. Tatsächlich klingelte es zehn Minuten später an der Tür, weshalb ich aufstehen wollte. Luca jedoch hielt mich fest und sah zu, wie Theo in den Flur ging um zu öffnen. Kurz darauf war eine Frau zu hören, die sich fast genauso anhörte wie Mom. Danach ertönte eine Männerstimme, die ich mit Dad verwechselt hätte, wenn ich nicht gewusst hätte, dass er tot war. Ich drehte mein Gesicht zu Lucas Brust und schlang die Arme um ihn, was ihn dazu brachte, die Arme um mich zu legen und mich fest an sich zu ziehen. Direkt danach spürte ich, wie er mir einen Kuss auf den Schopf gab und mir eine Hand in den Nacken legte. Unmittelbar danach hörte ich Theo mit zwei weiteren Personen ins Zimmer kommen.
„...so schön dich wieder zu sehen.“, beendete die Frau ihren Satz, „Du hast dich wahnsinnig verändert. Was ist mit den anderen? Katie, Lilli, Ryan und die anderen. Oh, da ist sie ja.“
„Kendra, das ist nicht Katie.“, warf Theo ein.
„Ist sie nicht?“
Ich hob den Kopf und sah zu den Drei herüber. Maxwell sah wirklich fast genauso aus wie Dad. Kendra war beinahe ein perfektes Ebenbild von Mom.
„Das ist Alexandra.“, erklärte Theo, „Katies Tochter. Und das ist Davis. Alex' Zwilling.“
Kendra sah ihn amüsiert an. „Mach keine Scherze mit mir. Katie und Kinder?“
Als er sie weiterhin ernst ansah, verschwand ihr Grinsen langsam. „Katie ist vor ein paar Wochen bei einem Autounfall ums Leben gekommen.“
„Du machst Witze.“
„Sehe ich so aus, als würde ich Witze machen?“
Das brachte sie dazu sich zu setzen. Maxwell setzte sich zu ihr und zog sie tröstend an sich. Es war eine Weile still, bevor Kendra sich wieder meldete. „Wer... Wer war eigentlich die Frau, die... Also, ich habe dich angerufen und... da ging eine Frau ran. Wer ist sie?“
„Kathy. Meine Frau.“ Er ging zu Chris. „Das ist Christopher. Unser Sohn.“
Kendra blinzelte kurz und wand dann den Blick ab, offenbar um sich zu sammeln. „Du sagtest, die beiden seien Katies Kinder. Wer ist der Vater?“
„William.“
„William?“, hakte Maxwell nach.
Theo nickte und senkte den Blick. „Er ist bei Katie gewesen als...“
Bevor er zu ende sprechen konnte, sprang ich auf und rannte nach draußen.
„Alex, warte.“ Luca lief mir sofort hinterher.
Ich beachtete es nicht weiter und lief die Straße entlang. Es war kalt und ich hatte mir nicht mal die Mühe gemacht mir Schuhe anzuziehen. Ich wurde erst langsamer als ich mich im Bostoner Park wiederfand. Dort sank ich einfach zu Boden und weinte leise. Als Luca mich erreichte, setzte er sich sofort neben mich zu Boden und zog mich in seine Arme, woraufhin ich mich fest an ihn klammerte, als wolle ich ihn nie wieder loslassen. Wir blieben ziemlich lange im Park. Als es dunkel wurde, klingelte mein Handy, aber da ich nich ran ging, zog Luca es aus meiner Tasche und nahm ab.
„Ja?“, meldete er sich, „Wir sind in einem Park.“ Eine Pause trat ein. Als Luca wieder etwas sagte, verstand ich es nicht richtig. Kurz darauf verabschiedete er sich und steckte mein Handy ein. „Ich hebe dich jetzt hoch, okay. Wir sollten wieder zurück.“
Ich brachte ein nickten zu Stande und hielt mich an ihm fest, als er mit mir auf den Armen aufstand. Ich merkte kaum wie lange es dauerte bis wir wieder zuhause waren. Erst als Chris mich in eine Decke wickelte und Luca mir eine Hand auf die Stirn legte, merkte ich überhaupt, dass ich nun von Wärme umhüllt war.
„Geht es dir gut?“, fragte Luca besorgt.
„Mir ist kalt.“, gab ich zurück, „Eiskalt.“
„Vielleicht sollte er sie aufwärmen.“, neckte Chris.
Ich merkte wie ich rot wurde und zog die Decke etwas höher. Luca dagegen schmunzelte. „Sieht so aus, als würde es ihr gut gehen.“
Ich sah auf, als mir jemand einen Becher Kakao reichte und blickte direkt in Maxwells Gesicht.
„Das wärmt dich auf.“, meinte er, als ich den Becher immer noch nicht entgegen nahm.
Ich zögerte noch kurz und griff dann danach, woraufhin er leicht lächelte. Einen Moment lang hatte ich ihn für Dad gehalten. Dann waren mir seine Augen aufgefallen. Sie waren braun. Allerdings hatten sie helle grüne Sprenkel.
Ich trank einen Schluck von dem Kakao und wärmte meine Hände daran auf. „Danke.“
„Das ist doch selbstverständlich.“ Er setzte sich neben mich und reichte mir die Hand. „Ich bin Max.“
Ich ergriff sie zögernd. „Alex.“
„Freut mich dich kennen zu lernen.“ Er sah mich eine Weile an. Dann lächelte er. „Nicht zu verwechseln, dieser Blick.“
Ich zog die Brauen zusammen. „Nicht zu verwechseln?“
„Dein Dad... hat immer so geguckt, wenn unsere Großmutter zu Besuch war. Sie hat uns ständig behandelt wie ihre Lakaien, da sie selbst einen Krankenpfleger hatte, der alles für sie machte. Das machte ihn unsicher.“
Ich blinzelte. „Dad? Unsicher? Das kann ich mir gar nicht vorstellen.“
Sein Lächeln wurde schief und er tätschelte mir den Kopf. „Dann muss er sich ja ziemlich verändert haben.“
Er ist genauso wie Dad. , dachte ich mir, während ich ihn nachdenklich ansah. Dad war genauso beruhigend und hatte ebenfalls ein gewisses Talent dafür Leute aufzumuntern, egal was sie gerade durchmachten. Das hatte er oft bei Mom oder bei Freunden gemacht.
„Kannst du mir einen Gefallen tun?“, meinte Max plötzlich.
„Worum geht’s?“, gab ich zurück.
Er zögerte etwas. Dann nahm er mir den Becher aus der Hand, stellte ihn auf den Tisch und zog mich an sich. Er umarmte mich und legte seine Wange auf meinen Schopf. Er hielt mich einfach nur fest. Nach kurzem Zögern legte ich dann die Arme um seine Tallie und lehnte mich an ihn. Er zog mich sofort etwas enger an mich, was unter anderem die Folge hatte, dass mir etwas wärmer wurde, da er wundervoll warm war. Außerdem konnte ich sein Herz schlagen hören. Ich horchte aufmerksam und bemerkte, dass es hin und wieder Doppelschläge machte. Ich zog die Brauen zusammen und drückte mein Ohr etwas fester an seine Brust.
„Arrhythmie.“, murmelte ich leise. Auf diese Krankheit war ich gestoßen, als ich mich am vorigen Tag über Herzrhythmusstörungen schlau gemacht hatte. Max' Herz schlug unregelmäßig wenn er Herzklopfen bekam.
Als Max sich langsam von mir löste, sah ich zu ihm auf und wusste sofort, dass er schon lange von seiner Krankheit wusste. Und er wusste auch damit umzugehen. Ich sah auf seine Brust hinab und dann wieder zu ihm auf.
„Wie kommst du damit zurecht?“, wollte ich leise wissen.
Er seufzte. „Du hast es gehört, hm?“
Ich senkte den Blick, bis er auf seinem Bauch fiel und schwieg eine Weile. Dann sah ich wieder auf. „Seit Luca mir etwas über sich gesagt habe, achte ich etwas genauer auf Sowas.“
Nach kurzem zögern legte er mir sanft eine Hand auf den Schopf und tätschelte ihn liebevoll. „Um deine Frage zu beantworten, es ist bei mir nicht besonders schlimm und schränkt mich nicht ein. Ich kann noch alles machen was ich will.“
Ich seufzte. „Weiß Kendra davon?“
Er sah zu seiner Frau, die gerade mit Theo redete und einen abweisenden Blick zu mir warf. Dann sah er seufzend zu mir und zog mich an sich. „Nein. Sie weiß es nicht. Sie würde sich nur unnötig Sorgen machen.“
„Ich habe das Gefühl, dass sie mich nicht mag.“
„Naja, sie... kennt dich nicht. Sie ist etwas anders als Katie und hat eine andere Vergangenheit. Sie ist etwas... scheu und ist deshalb abweisend zu Menschen die sie nicht kennt.“
Ich lehnte mich an ihn und bemerkte, wie geborgen ich mich bei ihm fühlte. Es war anders als wie bei Dad. Aber irgendwie auch gleich. „Du bist genauso wie Dad.“
Er atmete langsam aus und streichelte mir den Schopf. „Nein. Nicht ganz genauso.“

Zwei Tage später war ich mit Luca in der Stadt unterwegs. Er hatte mir einen süßen Teddy geschenkt. Ich sah ihn mir gerade etwas genauer an, während Luca mich neben mir her laufend, lächelnd beobachtete.
„Das ist wirklich süß von dir.“, meinte ich und lächelte ihn strahlend an.
Zur Antwort legte er mir einen Arm um die Tallie. „Er passt zu dir. Du bist genauso süß.“
Ich sah zu dem Teddy hinab und schmunzelte. Dann sah ich wieder zu Luca und küsste ihn kurz, bevor ich voran lief und lachend zu ihm zurück sah. „Komm, ich möchte dir etwas zeigen.“
„Warte!“, rief er zurück, als ich weiter lief und eilte hinterher.
Ich lief immer weiter, bis ich an meinem Lieblingspark war und versteckte mich dann zwischen den Bäumen. Als Luca den Park erreichte, sah er sich um und schien mich zu suchen. Als er an mir vorbei lief, folgte ich ihm leise und umarmte ihn dann von hinten.
„Hab ich dich.“, murmelte ich an seinem Rücken.
Er lachte leise, drehte sich zu mir um und küsste mich lächelnd. Dann zog er mich in seine Arme und strich mir eine Strähne aus dem Gesicht. „Was möchtest du mir nun zeigen?“
Ich hielt einen Finger hoch, kniete mich hin und wischte den Schnee beiseite, der die Eisfläche bedeckte. Darunter konnte man die eingefrorenen Pflanzen sehen. „Das Wasser an dieser Stelle ist hier so niedrig, dass man den Boden des Sees sehen kann. Dieses Jahr ist er sogar bis dort eingefroren. Das passiert hin und wieder mal.“ Ich sah zu ihm auf und zog ihn zu mir hinab. „Sieh mal da.“ Ich deutete auf eine Kuhle am Seeboden, woraufhin er sich etwas vorbeugte und es sich ansah. Den Teddy hielt ich in meiner freien Hand.
„Was ist das?“, wollte er wissen, als er in der Kuhle etwas glitzern sah.
„Das, mein Süßer, ist ein Kristall.“
Er sah mich überrascht an. „Ein Kristall?“
„Ja. Ein Mann der hier irgendwo wohnt hat etwas in einen fünfzig Zentimeter großen Kristall eingravieren lassen und ihn dort einbetten lassen. Er sagte, wer lesen kann was dort eingraviert ist, ohne ihn heraus zu holen, der darf ihn haben.“
„Einfach so?“
„Einfach so. Aber es ist wirklich schwer. Ich habe einmal versucht es mit einer Taucherbrille zu lesen, aber das Wasser war etwas trüb und die Schrift ist nicht nur zu klein, sondern auch Ausländisch.“
Lucas Mundwinkel zuckte. „Was passiert, wenn es niemand heraus findet?“
„Dann muss der Bürgermeister den Park hier stehen lassen. Es war geplant ihn abzureißen, damit man hier Bürogebäude bauen konnte. Der Kristall muss nur noch ein halbes Jahr hier bleiben. Dann wird der Park immer hier bleiben.“
„Das ist ziemlich gerissen.“
Ich nickte. „Da die meisten Leute wollen, dass der Park hier bleibt, versuchen sie mit Absicht nicht die Gravur zu lesen.“
Es begann langsam zu schneien, woraufhin ich hinauf zum Himmel sah und lächelte. Dann sah ich zu Luca, der mich nachdenklich ansah.
„Was ist?“
„Ich genieße die Aussicht.“, gab er lächelnd zurück.
Ich erwiderte es, küsste ihn kurz und stand dann auf. Er tat es mir gleich und sah auf die Uhr.
„Jetzt möchte ich dir auch etwas zeigen.“, bat er mich, als er wieder zu mir sah.
„Alles was du willst.“
Er zog mich an sich und verließ mit mir wieder den Park. Ich wartete neugierig wohin er mich wohl führte und zog die Brauen zusammen als er mit mir einen Juwelier betrat. Er bat mich kurz zu warten und ging dann zur Rezeption, wo er kurz mit der Frau dahinter sprach. Sie lächelte ihn sofort an und gab ihm kurz darauf ein kleines Päckchen. Er bezahlte, steckte das Päckchen ein und verließ dann mit mir wieder das Geschäft. Als nächstes ging er mit mir in einen anderen Park,wo er es sich dann mit mir auf einer Bank vor einem eingefrorenen See gemütlich machte. Den Teddy hielt ich fest bei mir, während Luca mich mit beiden Armen umschlungen hielt.
„Was hast du eben gekauft?“, platzte ich neugierig hervor.
„Ich habe schon gedacht, du würdest gar nicht mehr fragen.“, gab er zurück und holte das kleine Päckchen hervor. Er sah es eine Weile an, bevor er mich ansah. „Erinnerst du dich an den morgen vor drei Tagen?“
Ich wurde etwas rot, als mir einfiel, wobei Chris uns gestört hatte und nickte.
„Nicht das. Das davor. Weißt du noch, was ich zu dir gesagt habe?“
„Ja.“
Er sah wieder auf das Päckchen und zupfte an dem Papier, womit es eingepackt war. „Ich...“ Er zögerte kurz, jedoch nur um zu mir aufzusehen, während er blind das Papier entfernte. „Du weißt, dass ich dich von ganzem Herzen liebe.“
Ich lächelte. „Ja. Ich liebe dich mindestens genauso sehr.“
Er lächelte zurück und sah auf das Päckchen hinab, das nun eine kleine mit Samt umhüllte Schatulle war. Dann sah er wieder zu mir auf. „Ich werde dich immer lieben. Egal, ob wir nun streiten oder für eine Weile getrennt sind. Und ich wünsche mir nichts sehnlicher, als den Rest meiner Zeit mit dir zu verbringen. Und deshalb frage ich dich...“ Er reichte mir die kleine Schatulle. „Möchtest du meine Frau werden?“
Ich nahm zaghaft die Schatulle und merkte, wie mir eine Träne über die Wange lief. Als ich sie öffnete, fing ich fast an zu lachen.
„Natürlich nicht sofort.“, fügte er hinzu, „Erst wenn wir achtzehn sind, oder du es für angebracht hältst.“
„Ich...“
„Vielleicht wenn wir zwanzig oder zweiundzwanzig sind.“
„Luca?“
„Oder wir warten bis wir dreißig sind.“
„Wo ist-“
„Was sagst du? Willst du meine Frau werden?“
„Ja. Ja, ja und nochmals ja.“
Er lächelte mich an, zog mich an sich und küsste mich sanft. Dann fiel ihm wieder etwas ein und er sah mich an. „Was wolltest du mir sagen?“
Ich zeigte in die Schatulle. „Wo ist der Ring?“
Er schwieg kurz. Dann grinste er mich an, nahm den Teddy und zog ihm das süße kleine T-Shirt aus. Im Rücken war ein Klettverschluss angebracht, den er nun öffnete und etwas aus dem Teddy heraus holte. „Den hast du schon.“ Er hielt einen silbernen Ring in der Hand, in dem ein gewobenes Ornament eingearbeitet war, deren Mittelpunkt ein kleiner Saphir war.
Ich lachte vor Freude, riss Luca an mich und küsste ihn hingebungsvoll, während er mir den Ring ansteckte.

Eine halbe Stunde später lag ich im Bett und sah mir den Ring an. Es war bereits ziemlich spät, weshalb Luca und ich es uns vorgenommen hatten, unsere Verlobung am nächsten Morgen bekannt zu geben.
„Will ich wissen, wie viel er gekostet hat?“, fragte ich, als Luca sich neben mich legte.
„Selbst wenn du es willst, würde ich es dir nicht sagen.“, antwortete er lächelnd und ließ seinen Worten einen Kuss folgen. „Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch. Es gibt nichts, dass ich mehr liebe.“
„Und du glaubst nicht, wie glücklich es mich macht, dass du mich trotz dieser Krankheit noch willst.“
Ich verdrehte die Augen. „Das Thema hatten wir doch gestern schon. Und vorgestern. Vorvorgestern Abend. Und als du es mir gesagt hast. Ich werde dich immer wollen. Mit Krankheit.“
„Und ohne Krankheit?“
„Nun, ohne Krankheit vielleicht nicht gerade, aber...“ Ich lachte über seinen Gesichtsausdruck, woraufhin er verstand, dass ich nur scherzte.
„Na warte, du kleine...“ Er begann mich zu kitzeln und ließ nicht einmal von mir ab, als ich ihn unter Tränen anflehte.
„Luca, bitte. Hab Erbarmen!“, lachte ich unter Tränen.
„Und dich habe ich gefragt ob du mich heiratest.“, meinte er gespielt empört, „Zum Teufel werde ich fahren, wenn ich Erbarmen mit dir habe.“
Er kitzelte mich so lange, bis ich vor Schluckauf kaum noch lachen konnte und mir alles weh tat. Dann lag er lächelnd und voller Liebe neben mir und betrachtete mich, während seine Hand auf meinem Bauch ruhte.
„Glaubst du... Möchtest du irgendwann ein Kind?“
Ich sah zu ihm. „Ja. Warum? Ist es nicht ein wenig früh, um sich darum Gedanken zu machen?“
„Naja... Ich frage mich, wie hoch das Risiko ist, dass das Kind...“
Ich drehte mich zu ihm und stützte mich am Ellenbogen ab. „Luca, kommst du mit der Krankheit zurecht?“
„Ja. Also... es ist schon etwas frustrierend zu wissen, dass man nicht alles tun kann, was man will. Aber ich komme damit zurecht. Mal ganz von den Terminen und den Schmerzen abgesehen, ist es als wäre es gar nicht da.“
„Was machen die Medikamente?“
Er zögerte etwas und zog mich dann auf mich, wobei er die Arme um meine Tallie legte. „Sie sollen eigentlich dafür sorgen, dass der Schmerz nicht so schnell auftaucht. Dass mein Herz länger regelmäßig schlägt, verstehst du?“
Ich nickte. „Gibt es... Gibt es einen Weg, mit dem man diese... Störungen mit hundertprozentiger Sicherheit beseitigen könnte?“
Er überlegte nicht lange. „Das letzte Ausweg wäre in meinem Falle eine Herzoperation. Aber die ist ziemlich teuer und auch sehr... riskant.“
Ich seufzte leise und legte mein Ohr auf seine Brust um dem regelmäßigen Pochen zu horchen. Allerdings bemerkte ich trotz seiner Ruhe Unregelmäßigkeiten. „Luca?“
„Ja?“
„Warum sind da trotzdem... Doppelschläger oder Aussetzer?“
Er lachte leise. „Kannst du es dir nicht denken?“
Ich sah ihn fragend an, woraufhin er eine Braue hochzog und an uns hinab sah. Ich zog die Brauen zusammen.
„Die Liebe meines Lebens, die noch dazu eine wunderschöne Frau ist, liegt gerade auf mir und du wunderst dich, dass mein Herz schneller und etwas unregelmäßig schlägt?“
Ich blinzelte verwirrt, woraufhin er seufzte und sich auf mich rollte.
„Wenn ich es dir nicht erklären kann, dann zeige ich es dir eben.“


acht Jahre später
Ich wiegte leise singend meine Tochter und legte sie vorsichtig in ihr Gitterbett, als sie tief und fest schlief. Als jemand leise am Türrahmen klopfte, drehte ich mich um und lächelte Luca an.
„Sie schläft.“, flüsterte ich, woraufhin er zu mir kam und mich von hinten in die Arme nahm, während er unsere Tochter betrachtete. „Sie sieht genauso aus wie du.“
Er küsste mich auf den Hals. „Sie hat deine Augen. Und dein Herz.“
„Und deinen Appetit, der fast so schlimm ist wie meiner.“
Er lachte leise und biss mich zur Strafe leicht ins Ohrläppchen. Ich lachte leise und drehte mich zu ihn, um ihn kurz zu küssen.
„Wir sollten schlafen gehen, bevor sie wieder aufwacht. Du musst morgen fit sein.“
„Es wird alles einwandfrei laufen. Der Arzt ist der Beste.“
„Ich traue ihm nicht so ganz.“
„Warum?“
„Weil ich ihn anfangs für einen Therapeuten hielt.“
„Er ist Therapeut.“
„Ja. Und Chefarzt. Wer hätte das gedacht?“
„Es ist mehr einer seiner Hobbys.“
„Dann hoffe ich, dass Dalton auch sehr präzise mit seinen Hobbys umgeht.“
„Wie ich bereits sagte, er ist der Beste.“
„Woher weißt du das eigentlich?“
„Er ist der Arzt, der mich immer untersucht hat.“
„Wer hat dich denn untersucht, als ich damals den ersten Termin bei ihm hatte?“
„Das war nur eine Routineuntersuchung. Die wurde immer von einer Krankenschwester durchgeführt.“
„Oh.“ Eine kurze Pause trat ein. „Jetzt lass uns schlafen gehen.“
„Ich sehe ihr gerne beim Schlafen zu.“
Ich lächelte. „Ich auch. Aber du musst jetzt auch Heia Bubu machen. Also ab Hände waschen und ins Bett.“
Er lächelte mich an. „Du bist die perfekte Mutter.“ Er hob mich auf seine Arme und verließ mit mir leise das Zimmer. „Ich könnte mir keine bessere Frau als dich vorstellen.“ Diesem Satz folgte ein sanfter liebevoller Kuss, der so lange anhielt, bis er mich in unser weiches Bett legte.

Das viele weiß war einfach zum verrückt werden. Cordelia schlief leise in meinen Armen, während ich darauf wartete, dass die OP vorbei war. Ich hatte Angst, dass irgendwas schief gehen würde und wollte gar nicht daran denken, was dann wohl wäre. Wir hatten uns zu dieser Operation entschlossen, weil Luca sehen wollte wie unsere Tochter, Cordelia, groß wurde und das Leben kennen lernte. Er wollte sie kennen lernen und dabei sein, wenn sie eigene Erfahrungen machte. Außerdem wollte er mich nicht mit ihr allein lassen. Er wollte immer für mich da sein. Wenn nun etwas schief ging, wäre all die Hoffnung umsonst und man hätte uns sogar Zeit gestohlen.
Ich schüttelte den Kopf um ihn frei zu bekommen und sah zu Cordelia hinab. Luca und ich konnten uns anfangs nicht entscheiden, ob wir sie nun Cordelia oder Cora nannten. Ich lachte leise, als ich mich daran erinnerte, wie er vorschlug Cora einfach zu ihrem Spitznamen zu machen, statt zu ihrem Zweitnamen. Ich war fest dazu entschlossen sie Cordelia zu nennen.
Als die Tür zum OP-Saal aufging, hob ich sofort den Kopf und erkannte Dalton, der sich die Einweghandschuhe auszog und den Mundschutz abnahm. Er kam direkt zu mir und sah auf das kleine Mädchen in meinen Armen hinab.
„Wie sieht es aus?“, wollte ich von ihm wissen und machte mich auf das Schlimmste gefasst.
Aber das war nicht nötig. Er lächelte mich freundlich und zufrieden an. „Es lief alles genau so wie es laufen sollte. An seinem Herzen gibt es nun nichts, was nicht sein soll und in einer halben Stunde können Sie mit ihm sprechen. Er wird noch ein paar Tage zur Beobachtung hierbleiben müssen, falls die Naht aufgeht oder mit dem Herzen noch irgendwas anderes nicht stimmt, aber sie müssen sich keine Sorgen machen. Es geht ihm gut. Jetzt stehen sie vom Boden auf und kommen sie mit. Ich spendiere ihnen etwas zu trinken. Sie sind ganz blass.“
25 Minuten später betrat ich das Zimmer, in dem Luca gebracht wurde und setzte mich mit einem Stuhl an sein Bett. Cordelia legte ich vorsichtig auf das Bett neben ihn und nahm dann sanft seine Hand. Es dauerte keine drei Minuten bis er die Augen öffnete und langsam blinzelnd zu sich kam. Ich lächelte als sein Blick auf mich fiel und streichelte ihm die Hand.
„Wie ist es gelaufen?“, wollte er vorsichtig wissen.
„Dalton sagst, es lief alles perfekt. Dein Herz hat bisher nicht ein einziges mal unregelmäßig geschlagen.“
Er sah mich stumm an. Dann schien er langsam zu realisieren was ich sagte, denn ihm kamen Tränen in die Augen und er drückte meine Hand etwas fester. „Ich... ich bin gesund.“ Die Tränen flossen langsam über. „Ich bin gesund.“
Ich nickte vor Freude weinend und beugte mich vor um ihn zu küssen. „Ja. Du bist gesund.“
Er begann vor Erleichterung leise zu weinen. Wir hätten nie gedacht, dass er diese Krankheit jemals loswurde.

Als Luca das Krankenhaus eine Woche später verließ, war die Wunde bereits fast verheilt. Da Dalton ihm davon abgeraten hatte Auto zu fahren, saß er nun auf der Rückbank und spielte lächelnd mit Cordelia 'Das ist der Daumen, der schüttelt die Pflaumen'. Danach spielte er etliche andere kleine Spiele mit ihr und brachte sie wieder und wieder zum lachen. Sie war nun fast zwei Jahre alt.
Zehn Minuten später betraten wir unser kleines Haus. Luca spielte immer noch mit Cora und folgte mir in die Küche, wo ich uns etwas zu Essen machte und er unser Kind in einen Hochstuhl setzte.
„Fühlst du einen Unterschied?“, wollte ich wissen, als ich das Essen servierte.
Er lächelte. „Ja. Mein Herz fühlt sich... leichter an. Mir war nie aufgefallen, dass es offenbar die ganze Zeit weh tat. Der Schmerz war immer da. Aber nun... ist er weg. Es fühlt sich wunderbar an. Ich kann es immer noch nicht glauben. Ich habe das Gefühl zu träumen.“
„So fühlte ich mich als ich dich kennen gelernt habe.“
Als Cora nach dem Löffel griff, der neben ihrem Teller lag, sahen wir automatisch zu ihr. Sie hatte vorher immer mit ihren Händen gegessen. Sie sah sich den Löffel an, nahm ihn in den Mund und kaute ein wenig darauf herum. Dann sah sie zu mir und Luca und dann auf ihr Essen.
„Happa!“, rief sie aus, bevor sie den Löffel in ihr Essen schlug, sodass es zu allen Seiten spritzte.
Wir alle drei lachten darüber und während ich aufstand um ein Tuch zu holen, nahm Luca Cordelia den Löffel aus der Hand und zeigte ihr wie man damit umging. Er ging dabei so sanft und vorsichtig mit ihr um, dass ich beinahe anfing zu weinen.
„Alles okay, Liebling?“ Luca sah mich besorgt an und kam zu mir, um mir eine Träne von der Wange zu wischen.
Ich nickte hektisch. „Ich kann kaum glauben das alles real ist.“ Ich legte eine Hand auf sein Herz und lehnte mich an ihn. „Außerdem muss ich dir noch etwas beichten.“
„Du kannst mir alles sagen.“
Ich biss mir auf die Unterlippe und sah zu ihm auf. „Ich bin wieder schwanger.“
Er atmete durch, sah zu Cordelia die langsam zu verstehen schien wie ein Löffel funktionierte und sah dann auf meinen Bauch hinab. „Nun, dann ist sie nicht allein und wir bekommen noch so ein Prachtexemplar. Wir werden das wieder gemeinsam durchstehen.“ Er sah mich lächelnd an und küsste mich. „Wir schaffen das schon.“
„Papa.“, murmelte Cora vor sich hin, „Mama. Happa. Wau wau. Ball!“ Wieder schlug sie den Löffel in das Essen und lachte vergnügt. „Papa.“ Sie aß einen Löffel. „Mama.“ Sie aß noch einen Löffel. Dann sah sie auf das Essen. „Lieb!“
Dann begann sie durchgehend zu essen, bis der Teller leer war. Als sie nichts mehr fand, begann sie zu zappeln, woraufhin ich sie heraus nahm und mit ihr ins Bad ging um sie sauber zu machen, während Luca die Küche sauber machte. Cora begann wieder zu reden.
„Mama. Papa. Lieb!“

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Tag der Veröffentlichung: 02.11.2009

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