Perry Rhodan beugte sich über den Kartentisch und lauschte konzentriert den Ausführungen Major Russons. Das vor ihnen liegende Gebiet war gefährlich, und schon viele Raumschiffe waren hier verschollen. Diese Expedition sollte endlich eine großflächige Kartographierung ermöglichen, auch wenn das eine monatelange Abwesenheit von Terra bedeutete. Doch die politische Lage war ruhig, es war nicht notwendig, dass er sich dort aufhielt.
Ganz kurz genoss Perry die heimliche Wärme, die ihn wie immer durchflutete, wenn er an seine Heimat, den Planeten Terra, dachte. Schon vor langer Zeit hatte er sich dem Schutz und Wohl dieser Welt verschrieben – und es bisher niemals bereut. Terra hatte erste Priorität in seinem Leben.
Rasch wandte er seine Konzentration wieder dem Major zu, der einen möglichen Kurs durch das kosmische Staubgebiet beschrieb. Niemand hatte sein gedankliches Abschweifen bemerkt. Nur der Arkonide Atlan warf ihm einen humorvollen Blick zu und zog kurz die Augenbrauen hoch. Perry gab den Blick äußerst bissig zurück, was Atlan mit einem breiten Schmunzeln quittierte.
Ein erschrockener Ruf ließ die Männer aufblicken. Die Offiziere der Crest XII starrten auf ein seltsames Gebilde mitten in der Zentrale. Eine eigenartig leuchtende Kugel erschien aus dem Nichts heraus, wurde rasch fast raumhoch und weitete sich zu einem Umfang von etwa drei Metern aus. In der Mitte bildete sich ein feuerfarbener Riss, der sich zu einem großen Oval öffnete. Dahinter schien etwas zu sein – etwas das eindeutig nicht zur Zentrale des Raumschiffes gehörte. Das Ganze hatte keine drei Sekunden gedauert. Dann traten fünf Männer aus der Öffnung der Kugel. Männer mit Waffen in den Händen.
„Was zum …. Wer sind Sie und wie sind Sie hierhergekommen?“ Perry Rhodan trat auf die Männer zu. Der ihm am nächsten stehende drehte sich zu ihm, sein Gesicht war abweisend: „Geh zurück, Barbar.“
Barbar? Wenn der Kerl ihn damit beleidigen wollte, war er an den Falschen geraten. Perry griff nach dem Arm des Mannes – und starrte verblüfft auf seine Hand. Die drang ohne jeden Widerstand durch den Körper des Fremden hindurch. Ein Faustschlag trieb Perry die Luft aus den Lungen und ließ ihn rücklings taumeln.
Ein anderer der Fremden wandte sich ihnen zu: „Verhaltet euch ruhig. Wir sind nicht wegen euch hier.“
Perry Rhodan rang kurz nach Atem und schob die Offiziere beiseite, die sich sofort vor ihn gestellt hatten. „Ich bin in Ordnung.“ Stirnrunzelnd rieb er sich die Brust, die von dem harten Schlag schmerzte.
„Immateriell?“ staunte Atlan leise.
„Ja, aber offensichtlich nur einseitig. Wie immer das auch möglich sein soll“, brummte Perry.
Die flammende Öffnung hatte sich inzwischen bei einer Größe von circa drei Metern stabilisiert – fast ebenso groß wie die gesamte leuchtende Kugel, die damit zu einer Halbkugel geworden war. Darin tauchte jetzt ein weiterer Mann auf. Er trug ein langes, dunkles, mantelartiges Gewand, das mit verschiedenen hell schimmernden Verzierungen geschmückt war. Hinter ihm konnten die Terraner – und der Arkonide – nun einen Raum mit einem rötlichen Fußboden erkennen.
Zögernd blieb der Mann mehrere Schritte vor dem Riss stehen und sah zweifelnd und erkennbar unruhig zu ihnen. Die Bewaffneten verteilten sich entlang der Öffnung.
„Der Durchgang ist sicher. Die Barbaren stellen keine Gefahr dar“, meldete einer von ihnen.
Langsam trat der Mann näher an die Öffnung, blieb jedoch noch innerhalb des fremdartigen Raumes stehen. Sein Blick wanderte über die leicht wabernden Ränder der Öffnung und wurde ängstlich, als er die Offiziere der Crest XII musterte. Dann riss er sich zusammen und straffte die Schultern.
„Bringt den ersten her!“, befahl er.
Ein hochgewachsener Mann, flankiert von zwei Wachen tauchte auf. Als er die Öffnung erkannte, wurde er bleich. „Revano! Ich habe nichts getan. Das kannst du nicht machen“, stieß er hervor.
Die schimmernden Verzierungen des Mantels warfen bizarre Lichtreflexe auf die flammende Öffnung, als der Angesprochene sich dem Ankömmling zuwandte. „Du wirst mich als Herrscher anerkennen und mir Treue schwören“, verlangte er. „Es sei denn, du willst dort hindurchgehen.“ Ein zufriedenes Lächeln huschte über sein Gesicht, als er das Grauen in den Augen des anderen sah.
Perry Rhodan beobachtete das Geschehen fasziniert. Anscheinend wurden sie als Druckmittel benutzt. Warum der Mann die Terraner so fürchtete, war nicht erkennbar. Doch auch Revano selbst war der Durchgang zur Crest XII unheimlich. Das war eindeutig.
Der Mann gab sehr schnell nach und beteuerte seine Gefolgschaft zu Revano. Dann wurde er fortgeführt. Die Wachen führten auf diese Weise einen Fremden nach dem anderen vor Revano. Jeder schien die flammende Öffnung zu fürchten. Nur wenige versuchten, Widerstand zu leisten und den Treueschwur zu vermeiden. Doch Revano, der mit jedem Sieg selbstsicherer wurde, brach ihren Trotz schnell.
Perry Rhodan ging langsam um die Öffnung herum. Von der anderen Seite sah es immer noch wie eine blendend helle Kugel aus, die sich mitten in seiner Zentrale manifestiert hatte. Er hütete sich, das Gebilde zu berühren. Er hatte nur eine vage Vorstellung, mit welchen Energien hier gearbeitet wurde, doch er konnte sich vorstellen, dass sie tödlich waren. Schließlich stellte diese Kugel offensichtlich eine Verbindung zwischen zwei Welten dar.
Als er wieder vor die Öffnung trat, führten die Wachen wieder jemanden heran. Obwohl auch in dessen Augen die Furcht deutlich erkennbar war, blieb er hochaufgerichtet vor Revano stehen. „Das wagst du nicht. Nur die Weisen dürfen eine Verbannung aussprechen.“
Revano lächelte kalt und ließ einen schmalen Becher bringen. Sein Gegenüber wurde nun doch totenbleich. „Ich herrsche hier und es geschieht genau das, was ich will. Entweder du wirst mein Gefolgsmann, oder du wirst das trinken.“
Die Wachen zerrten den Mann bis dicht an die Öffnung. Erst dort sackte er zusammen und gab auf. Mit gesenktem Kopf wandte er sich schließlich ab, nachdem auch er den Schwur geleistet hatte. Revano lächelte zufrieden. Sein Blick glitt über einen Bereich des Raumes, der außerhalb der Öffnung lag und damit von den Männern der Crest XII nicht mehr eingesehen werden konnte.
„Niemand wird es jetzt noch wagen, an meinem Status zu zweifeln. Ich werde über die Welt herrschen.“
Nur eine einzige Stimme antwortete ihm. Sie gehörte eindeutig dem letzten der vorgeführten Männer. Perry konnte ihn nicht sehen, stellte für sich aber fest, dass vermutlich die ganze Gruppe noch in dem Raum war.
„Unser Treueschwur wird dir nichts nützen. Der Wettstreit wird zeigen, wer über die Welt herrscht.“
„Es wird keinen Wettstreit geben. Jeder wird mich als Herrscher anerkennen“, widersprach Revano. Er richtete sich hoch auf. „Holt die Gefangene her!“
Mittlerweile standen alle Offiziere der Crest XII vor der Öffnung und beobachteten die seltsamen Vorgänge dort drinnen. Jeder von ihnen riss die Augen auf, als sie die Gestalt sahen, die nun hereingeführt wurde.
Ein anscheinend dicker, sackähnlicher Stoff war über Kopf und Oberkörper gestülpt, der mit breiten Riemen um den Oberkörper gebunden war. Dadurch wurden auch die Arme eng an den Körper gefesselt. Die Hände, von der jede einzelne ebenfalls von diesem Stoff umhüllt wurde, waren hinter dem Rücken gebunden. Auch die Füße waren mit breiten Riemen gefesselt, so dass die Gestalt nur kleine Schritte machen konnte. Drei Wachen führten sie herein. Zwei, die ihre Arme hielten, und einer ging dicht hinter ihr. Alle drei hielten dolchähnliche Waffen in den Händen, die den Körper der Gefangenen berührten, so dass diese die Klingen mit Sicherheit spüren konnte.
„Wer immer das ist, der Kerl hat eine höllische Angst vor ihr“, stieß Atlan bei dem Anblick hervor.
Revano warf ihm daraufhin einen wutentbrannten Blick zu, der Perrys Mundwinkel zucken ließ. Da hatte der Arkonide wohl voll ins Schwarze getroffen.
„Nehmt ihr das ab und lasst sie sprechen!“
Die Wachen öffneten die breiten Riemen und zogen den Stoff weg. Eine schmale, zierlich gebaute Frau kam zum Vorschein. Auffallend waren an ihr hauptsächlich ihre Haare. Dunkel, fast schwarz fielen sie ihr bis auf die Schultern. Doch befanden sich viele helle, fast leuchtende Strähnen darin. Der feste Knebel hatte die Mundwinkel wund gerieben. Die Frau blinzelte einige Male, um die Augen an das Licht zu gewöhnen, während die Wachen auch die restlichen Fesseln öffneten.
Ruhig sah sie Revano an, dann wanderte ihr Blick weiter zu der flammenden Öffnung. Auch jetzt zeigte sich keine Regung in ihrem Gesicht. Atlan wunderte sich, entweder fürchtete sich diese Frau tatsächlich nicht davor – wie sonst alle anderen – oder sie besaß eine erstaunliche Selbstbeherrschung. Die Frau musterte die Männer in der Zentrale. Als ihr Blick über Perry und Atlan wanderte, zeigte ein ganz leichtes Zucken der Augen, dass auch sie die Bemerkung gehört und verstanden hatte – und sich anscheinend darüber amüsierte.
Schließlich wandte sie sich wieder Revano zu. Perry staunte heimlich. Die Situation sah inzwischen immer grotesker aus. Die Frau, eindeutig gefangen und in keiner beneidenswerten Lage stand völlig ruhig und gelassen da. Revano hingegen hatte mit jeder Sekunde mehr von seiner Selbstsicherheit verloren und wirkte immer nervöser. Er schien darauf zu warten, dass die Frau zu sprechen begann. Die jedoch dachte gar nicht daran und musterte ihn abschätzend und stumm.
„Ich bin der Herrscher der Welt. Du wirst das anerkennen und mir Treue schwören“, stieß er schließlich schroff aus.
Die Antwort kam ruhig und gelassen: „Der Wettstreit wird entscheiden, wer Herrscher wird. Zeige mir, dass du das Licht rufen kannst. Und dass es bei dir heller leuchtet als bei mir. Dann werde ich mich zurückziehen und dich als Herrscher akzeptieren.“
„Es wird keinen Wettstreit geben. Das Volk wird mich akzeptieren, wenn du es tust. Und du wirst mir hier und jetzt Treue schwören. Oder ich verbanne dich. Niemand wird und kann dir helfen. Die Fürsten haben sich schon zu mir bekannt. Du hast keine Wahl.“
Die Frau drehte sich um. Eine ganze Weile blickte sie in einen Bereich des Raumes, den Perry nicht sehen konnte. „Furcht ist ein unzweckmäßiges Mittel, um Gefolgsleute um sich zu scharen“, bemerkte sie dann leise. „Sie werden dir folgen, doch ich bezweifle, dass du vertrauenswürdige Gefolgsleute mit ihnen hast.“
Niemand bemerkte die kleinen Handbewegungen der Frau. Ihre Fingerspitzen begannen leicht zu glitzern. Sie schloss wie beiläufig die Hände zur Faust, ehe sie sich wieder Revano zuwandte: „Ich werde dich nicht anerkennen.“
„Du hast keine andere Wahl. Willst du verbannt werden? Du wirst dann alles verlieren. Niemand kann bei den Barbaren leben.“ Revano konnte eine leise Unsicherheit nicht ganz verbergen.
Wieder sah die Frau zu den Männern der Crest XII. Ihr Blick war nachdenklich. Doch noch ehe Perry etwas sagen konnte, wandte sie sich wieder ab. Leicht lächelnd antwortete sie: „Träger des Lichts überleben sehr viel.“
„Ich bin der Träger des Lichts! Du bist nicht einmal reinen Blutes.“
„Das stimmt“, bestätigte die Frau immer noch völlig ruhig. „Doch danach wird nicht gefragt. Herrscher wird, wer das Licht in sich trägt. Beweise mir, dass du das Licht herbeirufen kannst. Bis jetzt hat dies noch niemand gesehen. Von mir wissen die Leute jedoch, dass ich diese Fähigkeit habe.“
„Das brauche ich nicht beweisen. Diese Männer folgen mir, das reicht dem Volk aus, mich anzuerkennen. Und nun wähle …“ Eine rasche Handbewegung ließ einen der Wachen herbeieilen und einen kleinen Tisch neben den Mann stellen. Ein Becher stand darauf.
Die Frau lächelte sarkastisch. „Und wie willst du mich dazu zwingen, das zu trinken? Willst du es mir einflößen?“
Ein lauter Ruf verhinderte Revanos Antwort. „Lasst mich. Illana! Nein!“ Eine kleine Gestalt stürzte herbei – ein Kind. Perry Rhodan schätzte das Mädchen auf etwa zehn oder elf Jahre. Die Frau verlor schlagartig jede Gelassenheit. „Flämmchen!“, stieß sie hervor. Die Wachen hielten das Kind fest, bevor es die Frau erreichen konnte.
„Lasst sie los!“ Die Frau wirbelte zu Revano herum. Ihre Augen blitzten wutentbrannt und entsetzt zugleich. „Wie kannst du es wagen, Flämmchen hierher zu bringen?“
„Das war ich nicht.“ Der Mann stotterte fast. „Sie muss von selbst gekommen sein.“
Das Mädchen wand sich aus den Händen der Wachen, die es nicht wagten, allzu fest zuzugreifen.
„Loslassen!“ Das kam so gebieterisch, dass die Wachen unwillkürlich von der Frau zurückwichen. Sie trat einen Schritt vor und fing das Kind ab, bevor es weiter auf die Öffnung zulaufen konnte. „Nein, Flämmchen. Du gehst sofort zurück.“
„Nein. Ich bleibe bei dir“, widersprach das Mädchen. „Wie konntest du es wagen, Illana gefangen zu nehmen?“ Wütend sah sie Revano an. Der war bleich geworden.
„Er hatte Hilfe“, kam die leise Antwort von der Frau. „Ich wurde verraten. Sonst wäre es ihm nie gelungen, mich zu überwältigen.“
„Verraten?“ Erschrocken sah das Kind sie an. „Vom wem?“
Illana schüttelte den Kopf. „Es ist nicht deine Aufgabe, das zu wissen, Flämmchen.“
„Er darf das nicht.“
Jetzt spielte ein kleines, aber resigniertes Lächeln um den Mund der Frau. „Er hat es schon getan, Kleines. Und ich werde ihn nicht daran hindern können, sein Vorhaben durchzuführen. Und du darfst es auch nicht. Das ist nicht deine Aufgabe.“
„Dann komme ich mit dir! Ich gehöre zu dir, nicht zu ihm!“
Wieder schüttelte die Frau den Kopf. Sie legte dem Mädchen den Finger auf die Lippen, um es am Sprechen zu hindern. „Nein, höre mir jetzt zu. Ich brauche dich jetzt.“ Leicht fuhr sie über die Wange des Kindes. Wieder funkelten ihre Fingerspitzen unmerklich. Das Mädchen riss die Augen auf, doch der zwingende Blick der Frau ließ sie schweigen.
„Ich hätte dir gerne mehr Zeit gelassen. Damit du spielen, tanzen und springen kannst, wie es dir gefällt. Aber es soll nicht sein. Jetzt musst du beginnen, das Volk zu schützen. Es wird dich brauchen. Er wird ein schlechter Herrscher sein. Du musst bereit sein, alles zu tun, um Schutz zu gewähren. Du musst beginnen, deine Verantwortung zu tragen, Flämmchen.“
Verzweifelt sah das Kind sie an: „Aber es muss einen Weg geben. Er darf nicht Herrscher werden. Du bist die Herrscherin. Ich werde allen sagen, was er getan hat.“
„Das wirst du nicht“. Die Frau ließ sich auf die Knie nieder, so dass sie genauso groß war wie das Kind. Zwingend sah sie ihr in die Augen. „Das Volk braucht einen Herrscher. Wir können nicht ohne existieren. Selbst wenn es ein schlechter ist. Und es ist deine Aufgabe, dem Volk zu dienen, nicht dem Herrscher. Du darfst dich nicht einmischen. Tu, was du tun musst, um Schutz zu gewähren. Doch stelle dich niemals gegen den Herrscher der Welt. Das darfst du nicht.“
„Ich will dich nicht verlieren“, flüsterte das Mädchen weinend.
„Das wirst du auch nicht.“ Ihre Stimme wurde so leise, dass die staunend zuhörenden Männer der Crest sie kaum noch verstanden. „Mach dir keine Sorgen um mich. Ich habe eine Vermutung, doch die Zeit wird zeigen, ob ich richtig denke. Du jedoch darfst auf keinen Fall in diese Sache mit hineingezogen werden. Dein Platz ist im Licht. Du musst zurückgehen. Versprich mir, dass du unser Volk schützt, aber dich niemals gegen den Herrscher stellst. Es ist wichtig, Flämmchen.“
Das Kind sah sie mit großen Augen an. Dann nickte es, immer noch weinend. Sie wandte sich dem Mann zu, der blass und unsicher zu den beiden sah. Es war deutlich erkennbar, dass er nicht wusste, wie er in dieser Situation reagieren sollte.
„Ich verachte dich, Revano.“ Das Mädchen sprach laut, seine Stimme klang hell und viel zu hart für ein Kind. „Doch ich werde tun, was Illana von mir verlangt. Weil sie die wirkliche Herrscherin ist.“ Ihre Augen wanderten durch den Raum. „Und ich werde nicht nur dich beobachten, sondern auch diejenigen, die zu feige sind, sich gegen dich zu stellen. Das Licht wird auch über sie richten.“
Noch einmal atmete sie zitternd ein, dann umarmte sie die Frau ungestüm. „Ich hab dich lieb. Bitte, komm bald zurück, ich warte auf dich.“
„Geh, kleine Flamme.“
Sie wartete nur, bis sich die stolpernden Schritte entfernt hatten, dann wandte sich die Frau an Revano. „Du verlangst einen Schwur von mir. Du sollst einen bekommen. Hiermit schwöre ich, dass ich wiederkommen werde. Und dann werde ich über dich richten. Wie deine Strafe ausfallen wird, wird davon abhängen, wie du geherrscht hast. Also bemühe dich, ein guter Herrscher zu sein, zumindest soweit dir das möglich ist. Und wage es niemals, dich gegen die Flamme zu stellen. Du brauchst sie, und die Flamme wird sich nicht gegen den Herrscher wenden.“
Damit trat die Frau an den Tisch und nahm den Becher in die Hand. Die siegessichere Miene, die Revano bei den ersten Worten der Frau aufgesetzt hatte, zerfiel bei jedem weiteren Wort mehr. Jetzt wirkte sein Gesicht grau, geradezu entsetzt starrte er die Frau an.
„Du … du bist machtlos. Du kannst nichts mehr ändern“, stotterte er.
Die Frau lächelte ihn selbstbewusst an. „Du wirst meine Worte niemals vergessen, Revano. Und niemals wissen, ob ich es nicht doch schaffe, zurückzukehren. Allein das wird schon Strafe für dich sein.“
Sie setzte den Becher an den Mund und trank ihn aus. Noch einen Moment stand sie einfach da, dann begann ihr Körper zu zittern. Der Becher fiel zu Boden und die Frau brach zusammen.
Revano sprang zurück in den Raum. „Verschließt sofort die Öffnung“, schrie er und verschwand aus dem Sichtfeld der terranischen Offiziere. Die Wachen zogen sich ebenfalls zurück. Die flammende Öffnung wurde kleiner, gleichzeitig zog sich die helle Kugel zusammen. Nur wenige Sekunden später war der Spuk vorbei. Nur der zuckende und sich in Krämpfen windende Körper der Frau lag am Boden.
Perry Rhodan hieb auf einen Schalter. „Sofort einen Medo-Rob in die Zentrale. Notfall!“ Dann kniete er sich neben die Frau. Sie hatte die Augen geschlossen und atmete schmerzhaft keuchend. „Es kommt sofort Hilfe“, sprach Perry sie an. Sie reagierte nicht. Vorsichtig versuchte er, sie zu berühren. Doch sofort wurde aus dem Keuchen ein grelles, gepeinigtes Schreien. Er zuckte zurück. „Zumindest kann man sie berühren“, murmelte er.
Die Männer machten dem Medoroboter Platz. Injektionsspritzen zischten, doch sie zeigten keine Wirkung. Behutsam hob die Maschine den zuckenden Körper auf eine Trage. Die Frau schrie inzwischen, als würde sie lebendig verbrennen. Und ihre Schreie wurden mit jeder Sekunde lauter, als der Roboter die Trage vorsichtig in Richtung Lazarett schob. Die Frau wand sich immer stärker vor Qualen, nur das Schutzfeld der Trage verhinderte, dass sie herabstürzte.
Perry Rhodan sah ratlos dem Roboter hinterher, dann befahl er plötzlich: „Zurück, bring sie wieder in die Zentrale.“ Der Roboter gehorchte natürlich widerspruchslos, doch Atlan sah den Freund verständnislos an. Auch der Arzt, der inzwischen ebenfalls gekommen war, sah seinen Vorgesetzten fragend an. „Im Lazarett kann ich ihr sicherlich besser helfen.“
„Ich vermute etwas“, Perry sagte nichts weiter. Atlan grummelte vor sich. „Du und deine typische Geheimniskrämerei. Barbar!“
„Lege die Frau wieder auf den Boden, aber berühre sie dabei so wenig wie möglich“, wies der Terraner den Roboter an.
Die Maschine schien einen Moment zu überlegen, dann kippte sie ganz langsam die Trage. Der Körper rollte hinunter. Eine lange Minute lang sahen die Männer mit zusammengebissenen Zähnen auf die schreiende Frau. Endlich wurden die Schreie leiser und verebbten schließlich wieder zu dem gepressten, keuchendem Atemholen. Auch wand sich die Frau nicht mehr in unerträglichen Qualen, obwohl sie noch immer in leichten Krämpfen zusammenzuckte. Perry atmete hörbar auf.
„Woher wusstest du das?“, fragte Atlan fassungslos.
„Ich wusste es nicht.“ Der Terraner zuckte mit den Schultern. „Mir fiel nur auf, dass ihre Schmerzen schlagartig stärker wurden, als wir versuchten, ihr zu helfen.“
Dr. Knotart kniete schon neben ihr. „Sie scheint nicht auf die Medikamente zu reagieren.“ Ganz behutsam tastete er nach dem Puls, sofort begann die Frau wieder zu schreien. Der Arzt zuckte erschrocken zurück. Dann begriff er.
„Sie erträgt keine Berührungen. Wie sollen wir ihr dann helfen, wenn ich sie nicht untersuchen kann?“ Er überlegte: „Gucky! Wenn er sie telekinetisch hält, können wir sie vielleicht doch ins Lazarett bringen.“
Perry nickte: „Sei aber vorsichtig, Kleiner. Wir wissen nicht, wie sie darauf reagiert. Was immer sie da getrunken hat, es scheint ein ziemliches Teufelszeug zu sein.“
Der Ilt konzentrierte sich. Ganz langsam hob er den Körper an. Es passierte nichts. Erst als der Mausbiber die Frau durch die Schotte transportierte, schrie sie wieder gellend auf. Sofort zog der Ilt sie wieder zurück. In der Zentrale wurde die Frau wieder ruhiger.
„Das ist das Seltsamste, was ich je gesehen habe“, rätselte der Arzt. Er runzelte die Stirn. „Nun gut, dann muss sie hier bleiben.“
Gucky legte die Frau auf eine der Liegen, die im hinteren Teil der Zentrale aufgestellt waren. Doch mehr konnten sie der Frau anscheinend nicht helfen. Nach Stunden erst hörten die Krämpfe auf, der Körper entspannte sich und ihr Atem wurde ruhiger. Schließlich fiel die Frau in einen tiefen Schlaf.
Dr. Knotart untersuchte sie, soweit es ohne Berührung möglich war. „Körperlich scheint ihr nichts mehr zu fehlen. Alle Funktionen sind einwandfrei. Herzschlag und Puls ebenfalls normal. Der Schlaf wird ihr die nötige Erholung geben. Wenn sie aufwacht, wird sie Hunger haben. Hoffen wir, dass sie unsere Nahrung verträgt. Sie scheint sehr menschenähnlich zu sein.“
„Warum hat sie so plötzlich aufgegeben?“ Atlan wunderte sich. „Sie war diesem Revano geistig weit überlegen.“
Perry zuckte mit den Schultern: „Es muss mit dem Kind zusammenhängen. Vielleicht konnte sie nur so das Kind vor diesem Kerl schützen. Das Mädchen muss sehr wichtig für sie sein.“
Die Frau schlief die ganze Nacht durch. Erst am nächsten Tag begann sie sich zu bewegen. Ihre Augen öffneten sich, langsam setzte sie sich auf. Perry trat auf sie zu, doch erschrocken bemerkte er, dass ihr Blick völlig leer war. Die Frau schien durch ihn hindurchzusehen. „Miss?“ Er überlegte, wie hatte das Kind sie genannt? „Illana? Können Sie mich hören?“
Sie reagierte nicht und Perry wagte nicht, sie zu berühren. Langsam wandte die Frau den Kopf hin und her, auch ihre Augen bewegten sich, doch die Leere in ihrem Blick blieb bestehen. Erkannte sie ihre Umwelt überhaupt? Perry versuchte es noch einmal, etwas lauter: „Miss Illana. Sie sind an Bord der Crest XII. Es mag fremd für Sie sein, doch Sie sind hier in Sicherheit.“
Keine Reaktion. Dann stand die Frau plötzlich auf und presste die Hände auf den Bauch. Leicht krümmte sie sich. Perry erschrak. Hatte sie wieder Schmerzen? Ihre Augen flackerten und huschten immer wieder durch den Raum. Sie schien etwas zu suchen.
„Gucky, versuche, ihre Gedanken zu lesen.“
„Das mache ich schon die ganze Zeit, Perry. Da ist nichts.“
„Sie ist parapsychisch taub? Oder blockt sie sich ab?“
„Weder noch“, der Mausbiber sah den Menschen mit seinen großen Augen betroffen an. „Sie denkt einfach nicht. Ich kann unbewusste Gefühle erkennen, aber keine bewussten Gedanken.“
„Sie denkt nicht?“ Perry sah die Frau forschend an. Leicht vornübergebeugt stand sie in völlig verkrampfter Haltung da. „Und ihre unbewussten Gedanken? Was fühlt sie? Hat sie Schmerzen?“
Gucky konzentrierte sich wieder. Trotz der seltsamen Situation prustete er dann plötzlich los: „Oh. Äh, ich glaube, sie muss mal zur Toilette.“
„Ruf einen weiblichen Lieutenant. Sie soll die Frau in die Hygieneräume führen.“ Damit trat Perry wieder auf ihren seltsamen Gast zu. „Illana? Erschrecken Sie nicht, Ihnen geschieht nichts.“ Vorsichtig berührte er sie am Arm, um sie in Richtung Schott zu führen.
Schreiend brach die Frau zusammen. Perry fuhr zurück. Verdammt! Es dauerte mehrere Minuten, bis sie sich wieder beruhigte. Perry sah mit aufeinandergepressten Lippen auf sie hinab. Zusammengekrümmt lag die Frau da. Abrupt wandte er sich um und befahl einen Medorobot zu sich. „Gucky, hebe die Frau telekinetisch an, das ging ja schließlich. Dann kann der Medorobot sie säubern. Robot, die Frau darf nicht direkt berührt werden.“
In den darauffolgenden Tagen versuchten sie immer wieder, sich mit der Frau zu verständigen. Doch sie reagierte auf nichts. Gucky konnte nie auch nur den kleinsten, bewussten Gedanken auffangen. Bei jedem lauten Geräusch zuckte die Frau zusammen, immer wieder flatterten ihre Blicke panisch durch den großen Raum. Mehrmals floh sie hinter die Steuerkonsolen. Dort, in dem schmalen Gang zwischen der Zentralewand und den Geräten, verkroch sie sich dann und blieb stundenlang zusammengekauert liegen.
Jede noch so vorsichtige Ansprache war dann zwecklos und ließ sie noch weiter in ihr Versteck kriechen. Nur Hunger und die Notwendigkeit, einen Hygieneraum aufsuchen zu müssen, trieb sie dann wieder aus ihrem Versteck hervor. Mit viel Mühe schafften die Offiziere es, ihr den Weg zu den Hygieneräumen zu zeigen. Doch die Frau fürchtete sich eindeutig, die Zentrale zu verlassen. Nur wenn es unumgänglich wurde, rannte sie stolpernd und weinend dorthin und versteckte sich danach sofort wieder hinter der Gerätewand.
Sie fürchtete sich offensichtlich selbst davor, auf den Liegen zu schlafen und verkroch sich lieber hinter die Gerätekonsolen. Und jede noch so vorsichtige Berührung ließ die Frau schreiend vor Schmerzen zusammenbrechen, bis niemand mehr wagte, ihr nahe zu kommen, um sie nicht zu quälen.
Perry machte nur noch einen Versuch, sie in einer Kabine unterzubringen. Gucky schob sie langsam und vorsichtig telekinetisch zum Zentraleschott. Die Frau folgte dem unsichtbaren Druck zwar ängstlich, aber ohne Gegenwehr. Doch sobald die Schotte sich öffneten, geriet sie in Panik, und als Gucky sie hinausdrängte, begann sie gellend zu schreien.
Schließlich injizierte Dr. Knotart ihr ein starkes Anästhetikum. Nur in tiefer Bewusstlosigkeit war es ihm möglich, überhaupt direkte Untersuchungen vorzunehmen. Doch körperlich schien der Frau nichts zu fehlen. So befestigte er Sensoren an ihrem Kopf und brachte sie in die Zentrale zurück. Wenn sie aufwachte, konnte er so Daten über ihre Gehirnfunktionen erhalten. Und diese bestätigten dann den traurigen Verdacht, den er schon hatte. Die Frau war wahnsinnig. Ihr Gehirn schien nicht mehr in der Lage zu sein, einen klaren, bewussten Gedanken zu produzieren.
„Dieser verbrecherische Mistkerl“, fluchte Atlan. „Er muss gewusst haben, was mir ihr geschehen würde. Weißt du nicht mehr? ‚Du wirst alles verlieren‘ waren seine Worte.“
Perry nickte grimmig. „Aber sie wusste es wahrscheinlich nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie Wahnsinn in Kauf genommen hätte.“
Sie beobachteten die Frau, die sich wieder scheu hinter die Steuerkonsolen verkrochen hatte. Der Funker Major Stefflon trat zu den beiden Männern. „Sir?“
„Ja, Major?“
„Sir, wir, also die Zentralebesatzung, haben uns etwas überlegt. Bambi kann ja nicht ständig einfach auf dem Boden liegen.“
„Bambi?“
„Naja. Sie ist doch so scheu. Fähnrich Mining bezeichnete sie so. Er sagte, in seiner Heimat sei das eine Bezeichnung für ein sehr scheues Tier. Ich glaube, ein Reh oder so was.“
Perry Rhodan konnte sich ein kleines Schmunzeln nicht verkneifen. „Wir kennen eigentlich ihren Namen, aber ich vermute, das Bambi wird sich durchsetzen. Aber Sie wollten mir etwas anderes mitteilen, Major.“
Der Funker nickte. „Wir haben überlegt, ob wir Bambi nicht in ihrem Versteck eine Art Lager, oder vielmehr einen kleinen Raum einrichten. Die Konsolenwände schirmen sie ohnehin ab. Und in der Ecke weiter vorne könnte man einen kleinen Hygieneraum einbauen. Dann muss sie die Zentrale nicht verlassen.“
Perry sah den Major verblüfft an. Doch er überlegte nicht lange. Es mochte seltsam und ungewöhnlich sein, doch diese Frau, die unter derart außergewöhnlichen Umständen auf das Schiff geraten war, benötigte auch ungewöhnlichen Schutz. Und so wurden ein bequemes Schlaflager und ein zusätzlicher niedriger Sessel samt Tischchen in die Nische zwischen der Zentralewand und den Steuerkonsolen eingerichtet. Und Bambi, wie sie schon nach wenigen Tagen von allen genannt wurde, brauchte auch nur noch einige Schritte zu gehen, um den Hygieneraum zu erreichen.
Die Besatzung des Schiffes gewöhnte sich rasch an ihren neuen Schützling. Bambi war nicht in der Lage, den Essensautomaten zu bedienen. Die Männer achteten deshalb immer darauf, dass ein Tablett mit ausreichend Essen für die Frau bereit stand. Nach einigen Tagen wurde sie zur Freude der Besatzung ruhiger und zuckte nicht mehr zusammen, wenn einer der Männer zu ihrem Platz trat und das Tablett austauschte. Doch so oft die Männer auch versuchten, sie anzusprechen, sie reagierte auf nichts.
Und obwohl ihr Blick immer völlig leer wirkte, schien sie die Umgebung zu erkennen. Immer wieder beobachtete sie stundenlang den Bereich der Zentrale, der von ihrem Lager aus sichtbar war. Nach etwa zwei Wochen begann die Frau, ihr Versteck zu verlassen. Langsam, mit kleinen, vorsichtigen Schritten wagte sie sich weiter in die Zentrale. Sie umging die Männer, denen sie dabei begegnete und meist kauerte sie sich unter eine der Liegen im Hintergrund der Zentrale. Hier war sie sicher, von niemandem unbeabsichtigt berührt zu werden. Stumm, fast bewegungslos, konnte sie dort stundenlang sitzen und die Zentrale beobachten. Nur ihre Augen wanderten ständig hin und her. Niemand konnte sagen, was Bambi wirklich sah und wie viel sie begriff. Ihr Gesicht blieb immer unbewegt.
Langsam trat Bambi aus ihrem Versteck. Ihre Augen wanderten wie immer durch die Zentrale. Sie ging zu den Liegen. Doch anstatt sich darunter zu kauern, strichen ihre Hände über den Stoff. Die Männer stießen sich gegenseitig an und beobachteten die Frau neugierig. Das war neu bei ihr. Oberst Hennen informierte den Arzt, der im Laufschritt in die Zentrale eilte. Er studierte jede Veränderung im Verhalten der Frau, in der Hoffnung, etwas zu erkennen, womit er ihr helfen konnte. Mit großer Genugtuung sah er, wie Bambi nun zum Besprechungs- und Kartentisch ging. Auch hier strich sie mit den Händen über die Oberfläche. Atlan, der gerade die täglichen Unternehmungen plante, blieb bewegungslos sitzen, um sie nicht zu vertreiben. Doch die Frau schien ihn nur insofern wahrzunehmen, als sie einen Bogen um ihn machte.
„Machen Sie bitte ruhig weiter, Sir“, bat der Arzt. „Ich würde gerne sehen, wie Bambi darauf reagiert. Aber achten Sie darauf, sie nicht zu berühren.“
Atlan nickte und arbeitete weiter, beobachtete aus den Augenwinkeln jedoch jede Bewegung ihres Schützlings. Bambi befühlte auch die Sessel, dann sah sie eine ganze Weile ohne jede Bewegung auf den Tisch. Atlan gab einige Aufträge in die Computerkonsole ein. Bambis Augen schienen ihn zu beobachten. Dann setzte sie sich in einen Sessel und sah auf die Karten und Papiere, die auf dem Tisch lagen. Verblüfft bemerkte Atlan, dass ihr Blick jetzt aufmerksam wirkte.
„Doc, sehen Sie das?“ Er sprach leise, um die Frau ja nicht zu erschrecken, doch wie immer reagierte sie überhaupt nicht.
„Was meinen Sie? Was soll ich sehen?“
„Kommen Sie her. Bambis Augen sind völlig offen und aufmerksam. Sie schaut gezielt hierher.“
Aufgeregt kam der Arzt näher und beugte sich leicht herunter, um der Frau in die Augen sehen zu können. Atlan hatte Recht. Obwohl ihr Blick ziemlich starr war, wirkten ihre Augen nicht mehr leer.
„Sie scheint Fortschritte zu machen. Vielleicht erholt sich ihr Gehirn doch wieder. Auf jeden Fall bin ich mir inzwischen völlig sicher, dass unser Vorgehen nützlich für sie ist. Sie fühlt sich sicher, und das ist eine große Hilfe bei einer geistigen Erkrankung.“
Noch immer starrte Bambi auf den Tisch. Erst als Atlan die Karten zusammenpackte und die täglichen Aufträge an die Kommandanten der Beiboote durchgab, wandte sie die Augen wieder ab. Ihr Blick wurde wieder leer. Sie stand auf und ging geradewegs zu den Liegen. Dort kauerte sie sich hin und beobachtete wie schon seit Tagen die Zentrale.
Am nächsten Tag wiederholte sich das Ganze. Bambi kam zu dem Kartentisch und setzte sich in Atlans Nähe. Wieder starrte sie auf die Arbeitsunterlagen, die dort lagen. Atlan wandte sich ihr zu. Doch sie sah ihn nicht an, ihre Augen waren fest und unbewegt auf die Unterlagen gerichtet. Leise begann Atlan zu sprechen. „Wir sind in einem sehr staubreichen Gebiet der Galaxis und wollen es kartographieren. Ich erstelle die täglichen Aufgaben der Beibootkommandanten und gebe ihnen die Gebiete an, die sie anfliegen sollen. Schau, hier in den Karten siehst du das Gebiet, in dem wir uns befinden …“ Er fühlte sich etwas befangen, es war doch eigentlich sinnlos, dieser kranken Frau etwas erklären zu wollen. Doch als er verstummte, sah er verblüfft, dass sie darauf reagierte. Sie sah von den Karten auf, blickte ihn an und dann wieder zu den Karten. Oder war das Zufall?
Atlan holte tief Luft. Rasch begann er weiter zu erklären, zeigte, wie er die Aufträge aufteilte und dann per Schiffskommunikation an die Beibootkommandanten weitergab. Dann verstummte er wieder und wartete gespannt ab. Und wieder sah Bambi auf, blickte erst zu ihm und dann wieder auf die Unterlagen. Atlan begann zu lächeln. Sie hörte also zu. Und sie wollte, dass er zu ihr sprach.
„Ich erkläre dir gerne alles, was dich interessiert. Aber dies sind für heute alle Aufträge.“
Nach einem Moment stand die Frau auf und ging zu ihrem Versteck zurück.
Dr. Knotart war fasziniert und gemeinsam mit Perry Rhodan und Atlan informierte er die Zentralebesatzung über dieses neue Verhalten der Kranken. Wenige Tage später ging Bambi zu einem der unbesetzten Sessel der Schiffskontrolle. Sie befühlte die dortigen Geräte und strich über Schalter und Monitore. Dann setzte sie sich und starrte auf eines der Geräte. Oberst Hennen rief den danebensitzenden Offizier an. „Major Turingjon, versuchen Sie, zu ihr zu sprechen.“
„Aber was soll ich sagen?“ Der Major sah ratlos zu seinem Vorgesetzten. „Sie sieht auf den Monitor für den Konturtaster. Das ist doch viel zu kompliziert für sie.“
„Macht nichts. Versuchen Sie es einfach. Reden Sie über das Gerät, egal was.“
Unsicher begann Major Turingjon, den Taster zu erklären. Bambi saß still in dem Sessel. Doch als der Major abbrach, sah sie zu ihm auf und dann wieder auf das Gerät. Der Offizier schluckte und erklärte weiter. Bambi stand erst auf, als er schließlich meinte, das sei alles, was er ihr dazu sagen könne.
Von da an sah man Bambi immer wieder vor irgendeinem Gerät sitzen. Anfangs versuchten die Offiziere, deren Funktionsweise so einfach wie möglich zu erklären. Doch da sie vermuteten, dass es Bambi nicht um den Inhalt der Erklärungen, sondern einfach darum ging, etwas zu hören, gingen sie schon bald dazu über, die Geräte in aller Ausführlichkeit zu erläutern. Sie nahmen es als willkommene Auffrischung ihrer eigenen Kenntnisse und gleichzeitig hofften sie, damit der stummen Frau helfen zu können.
Doch als Bambi sich den eigentlichen Steuergeräten zuwandte, wurde es komplizierter. Wie gewohnt wollte sie über die unzähligen Schalter und Knöpfe streichen. Oberst Hennen sog erschrocken die Luft ein. „Nicht, Bambi. Das darfst du nicht berühren.“ Er rechnete überhaupt nicht damit, dass sie auf ihn reagierte, das tat sie schließlich nie. Deshalb sprang er gleichzeitig auf, um den Arm auf die Konsole zu legen. Dann würde sie es nicht wagen, etwas zu berühren. Doch Bambis Hände verharrten sofort in der Luft. Dann trat sie einen großen Schritt zurück.
Verblüfft sah Oberst Hennen sie an. „Bambi?“ Keine Reaktion. Er versuchte es noch einmal. „Du kannst dir die Steuerung ruhig ansehen. Ich erkläre es dir auch gerne. Doch diese Geräte darfst du nicht berühren, das geht nicht. Du könntest aus Versehen etwas verstellen.“
Inzwischen blickten fast alle Offiziere gebannt auf die Frau. Fast eine Minute stand sie bewegungslos da. Dann trat sie langsam wieder auf die Konsole zu. Ihre Augen wanderten über die Schalter hinweg. Dann blickte sie ruhig und fest auf einen bestimmten Bereich. Ihre Hände blieben dabei still am Körper.
„Das ist fantastisch. Sie hört zu. Sie versteht, was wir sagen.“
In der Folge erklärten die Offiziere der Frau ausführlich, was sie berühren durfte und was nicht. Und Bambi befolgte die Anweisungen.
Wochen vergingen. Bambi bewegte sich immer sicherer in der großen Zentrale. Die Männer und Frauen lächelten sie an, wenn sie an ihnen vorbeiging. Ohne jede Furcht setzte sie sich irgendwo hin und sah eine Weile starr auf ein Gerät. Es fand sich immer ein Offizier, der gerade Zeit hatte, sich dazusetzte und ihr bereitwillig alles darüber erzählte.
Doch die Hoffnung des Arztes, dass Bambi dadurch ihre geistige Klarheit wiedererlangen würde, erfüllte sich nicht. Die Frau hörte zu, blieb jedoch absolut stumm. Sie befolgte eindeutige Anweisungen, reagierte sonst jedoch auf keinerlei Ansprache.
Bambi blieb vor dem offenen Schott stehen und sah hinaus. Langsam trat sie einen Schritt näher an die große Öffnung heran. Oberst Hennen stieß seinen Nachbarn an und deutete zu der Frau. Gespannt beobachteten die Männer ihren Schützling. Bisher hatte sie sich noch nie dem Schott genähert. Bambi strich mit den Händen über den Rand des Schotts, befühlte sorgfältig die Kanten und Führungsschienen. Ganz langsam trat sie dann einige Schritt in den Gang hinaus.
„Benachrichtigen Sie Dr. Knotart. Das ist doch wieder ein kleiner Fortschritt.“
An diesem Tag ging Bambi nicht weit, bevor sie wieder in die Sicherheit der Zentrale zurückkehrte. Doch es dauerte nicht lange, dann wagte sie sich weiter in das Schiff hinein. Raum für Raum wurde von ihr erkundet und ertastet. Kam sie dabei wichtigen oder für sie unter Umständen gefährlichen Geräten nahe, stellte sich ihr einer der Besatzungsmitglieder in den Weg. Die Männer und Frauen gewöhnten sich rasch daran zu warten, bis Bambis Augen ruhiger wurden und ihr Blick auf der Person, die vor ihr stand, fixiert blieb. Erst dann konnte man sie ansprechen. Langsam und deutlich erklärten die Männer ihr dann, welche Geräte sie nicht berühren durfte. Und Bambi befolgte die Anweisungen immer.
Die Mannschaften kümmerten sich bald ebenso mitfühlend und liebevoll um die Kranke, wie die Zentralebesatzung. Da Nahrung das einzige war, worauf Bambi direkt reagierte, boten sie ihr immer wieder kleine Leckereien an. Die Frau nahm die Nahrung jedes Mal sofort an und aß es – meist mit sichtbarem Genuss. Dies waren die einzigen Situationen, in denen sie nicht völlig ungerührt wirkte. Wenn ihr etwas besonders gut schmeckte, zeigte sich sogar ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Dr. Knotart musste schließlich ein Machtwort sprechen und stellte eine Regel auf, wie oft Bambi auf diese Art verwöhnt werden durfte. Die Mannschaft hätte sie sonst regelrecht gemästet.
Als die Crest XII sich Monate später auf den Heimweg nach Terra machte, streifte Bambi schon fast durch das gesamte Schiff. Kurz vor dem Landeanflug auf Terra bat Perry Rhodan den Arzt zu einer Besprechung.
„Dr. Knotart, ich möchte Ihre Meinung bezüglich Bambi hören. Wir werden in wenigen Stunden auf Terra landen. Die Besatzung geht dann von Bord. Was sollen wir dann mit Bambi machen? Wie glauben Sie, reagiert sie, wenn wir sie nach Terra bringen? Wo wäre sie am besten aufgehoben und würde ausreichend Hilfe und Unterstützung bekommen?“
„Ich weiß es nicht, Sir. Bambis Reaktionen lassen sich nicht vorhersagen. Ihre Krankheit, wenn man es so nennen kann, ist einzigartig.“
„Dann werden wir auf Mimas landen“, entschied Perry. „Die medizinische Fakultät dort hat die besten Spezialisten. Sie werden ihr vielleicht doch noch helfen können.“
Bambi folgte den Männern gehorsam bis in die Schleusenkammer. Dort wartete Professor Kohum, der von Dr. Knotart über diese ungewöhnliche Patientin informiert worden war. Aufmerksam beobachtete der Ara, wie die Frau Wände und Möbel ebenso wie die Gerätschaften berührte und abtastete. Als sie vor der Druckanzeige stehenblieb und diese unbeweglich ansah, griff Dr. Knotart ein.
„Bambi, dieses Mal können wir nichts erklären. Du musst jetzt mit Prof. Kohum gehen. Er wird sich gut um dich kümmern.“
Fasziniert bemerkte der Professor, dass die Frau überhaupt nicht reagierte. Erst nach einer Weile gab sie den starren Blick auf und ging zu einem anderen Gerät. Wieder sah sie aufmerksam darauf.
„Macht sie das auch bei Personen oder nur bei Dingen?“, wollte er wissen.
Dr. Knotart schüttelte den Kopf. „Personen werden von ihr völlig ignoriert, außer dass sie jedem ausweicht. Wie ich Ihnen berichtete, erträgt sie keine Berührungen. Hin und wieder kommt es leider vor, dass jemand sie unbeabsichtigt streift. Selbst die leiseste Berührung muss ihre ungeheure Schmerzen zufügen, so wie sie darauf reagiert.“
„Und diese stumme Aufforderung, etwas zu erklären?“
„Geschieht ausschließlich bei Dingen, wobei es anscheinend völlig egal ist, ob es sich um ein einfaches Werkzeug handelt oder zum Beispiel um die Wirkungsweise des Dimensionsantriebs.“
„Faszinierend. Wie viel davon versteht sie?“
„Das weiß niemand. Sie scheint diese Erklärungen völlig wahllos zu erbitten. Und es ist auch unwichtig, ob sie diese schon bekommen hat oder nicht. Ich weiß, dass die Männer ihr manche Geräte zigmal erklärt haben.“
„Aber sie versteht offensichtlich, wenn man sie anspricht. Sie befolgt Anweisungen, sagten Sie.“
„Wenn man sie direkt anspricht, ja.“
Der Professor trat auf die Frau zu und blieb kurz vor ihr stehen. Er sah ihr eindringlich in die Augen. „Bambi, ich bin Professor Kohum. Ich möchte, dass du jetzt mit mir kommst.“
Langsam wandte er sich um und Bambi folgte ihm. Er trat aus der Schleuse und auf das Band, das ihn zum Boden transportierte. Einen Moment zögerte die Frau, ehe sie ebenfalls das Transportband betrat. Nur Sekunden später brach sie schreiend zusammen. Sie krümmte sich zusammen, ihre Hände kratzten über ihre Haut und rissen blutige Striemen.
Gleichzeitig sprangen Dr. Knotart und Atlan zu ihr, ergriffen sie und trugen sie ungeachtet ihrer qualvollen Schreie ins Schiff zurück. Dort ließen sie sie so rasch wie möglich auf den Boden gleiten und traten zurück. Sofort hörte die Frau auf, sich selbst zu verletzen, doch es dauerte fast fünf Minuten bis ihre Schreie leiser wurden und sie sich zu entspannen begann.
Fassungslos sah der Professor auf die Frau und dann zu Dr. Knotart, der ihn zurückgehalten hatte, als er nach einem Schmerzpflaster gegriffen hatte.
„Das nützt nichts und verlängert ihre Schmerzen nur, da sie ihr das nicht geben können, ohne sie zu berühren. Sie reagiert nicht auf schmerzlindernde Medikamente.“
Bambi versuchte inzwischen, auf die Beine zu kommen. Sobald ihre Füße sie wieder trugen, rannte sie wie gehetzt zur Zentrale. Als die Männer dort ankamen, hatte sie sich in ihr Versteck verkrochen und lag wimmernd unter der Decke. Perry Rhodan blieb nichts anderes übrig, als zuzulassen, dass die Frau im Schiff blieb.
Zwei Jahre waren vergangen. Bambi gehörte längst fest zur Crest XII. Sie lebte an Bord, gleichgültig, ob das Schiff auf Terra stationiert war, gewartet wurde, oder in einem Einsatz war. Wie ein stummer Geist streifte sie durch das riesige Schiff.
Wann immer sie einen Gegenstand oder ein Gerät intensiv anstarrte, fand sich jemand, der ihr bereitwillig einen kleinen Vortrag darüber hielt. Selbst in den Lagerräumen stand sie stundenlang vor irgendwelchen Gerätschaften und wartete, bis jemand kam und ihr Erklärungen darüber gab. Und irgendwann hatten die zuständigen Offiziere stillschweigend angefangen, die Dienstzeiten ihrer Leute so zu organisieren, dass immer jemand Zeit hatte, Bambi im Auge zu behalten, und ihr selbst in die abgelegensten Räume folgen konnte. Was den Vorteil mit sich brachte, dass jedes Besatzungsmitglied genauestens wusste, was wo gelagert wurde.
Schon lange versuchte niemand mehr, die Frau anzusprechen. Ausnahmen wurden nur gemacht, wenn neue Geräte eingebaut wurden. Dann stellte sich jemand direkt vor Bambi und sah ihr intensiv in die Augen. So lange, bis ihr Blick ein klein wenig aufmerksamer wurde. Dann konnte man ihr erklären, was sie berühren durfte und was nicht.
Kaum jemand dachte noch über sie nach oder hoffte darauf, dass sie wieder gesund werden würde. Nur Perry Rhodan beobachtete sie hin und wieder und dachte dann immer wieder darüber nach, wie tief man fallen konnte. Bambi war eine hochintelligente Frau gewesen, anscheinend eine Herrscherin. Und jetzt? Ein bedauernswertes Geschöpf, unfähig, eigenständig zu leben und auf das Mitgefühl und die Hilfe anderer angewiesen. Zumindest hatte sie inzwischen gelernt, gewisse Geräte zu bedienen, so konnte sie sich selbst Nahrung und Kleidung besorgen. Doch mehr konnte sie anscheinend nicht begreifen.
Die Crest XII war schon seit Wochen unterwegs. Seit Monaten kam es immer wieder zu unerklärbaren Überfällen auf Frachter und Handelsschiffe. Nun endlich hatte man Hinweise gefunden, wer dahinter steckte. Perry Rhodan war fest entschlossen, die Hintermänner zu finden und die Überfälle zu beenden.
Das Schiff schien zu erzittern, gleichzeitig fiel die Beleuchtung aus.
„Ortung! Statusbericht!“ Perry Rhodans Befehle kamen ruhig, aber schnell.
Doch die Offiziere hoben ratlos die Schultern. „Keine Ortung, Sir.“
Ein weiterer, wesentlich stärkerer Schlag traf das Schiff. Schutzmechanismen verhinderten, dass die Männer verletzt wurden. Nur Sekundenbruchteile fielen die Gravitationserzeuger aus, ehe die Notgeneratoren ansprangen. Noch immer konnte kein Angreifer ausgemacht werden. Und obwohl die Schutzschirme längst auf volle Kraft geschaltet waren, hämmerte nun Schlag auf Schlag auf die Crest XII ein. Immer mehr Geräte fielen aus, nur mit Mühe konnten die wichtigsten Schiffsfunktionen aufrechtgehalten werden. Die Crest konnte sich nicht wehren, es war kein Angreifer auszumachen.
„Sir, Funkanruf!“
Klar und deutlich kam der Anruf herein, trotz der beschädigten Geräte. Grimmig hörte Perry Rhodan sich die Forderungen der immer noch unsichtbaren Angreifer an. Seine Einwände wurden ignoriert und schließlich musste er kapitulieren und ein Enterkommando akzeptieren. Es schien keine andere Möglichkeit zu geben, das Schiff und damit das Leben der Mannschaft zu retten.
Der Terraner musterte die Gruppe Fremder gründlich, die selbstsicher in die Zentrale traten. Doch weder ihr Aussehen noch ihre Kleidung gaben Aufschluss, woher sie stammten. Auf eine Handbewegung hin, stellten sich die Männer so auf, dass sie den gesamten, großen Raum übersehen und kontrollieren konnten. Nur einer von ihnen trat vor: „Mein Name ist Soren. Ihre Mannschaft wird sich in den drei großen Lagerräumen sammeln. Die Zentralebesatzung bleibt hier.“
Als Perry Rhodan unwillig die Stirn runzelte, lächelte der Mann herablassend. „Falls Sie Bedenken haben, Terraner – solange Sie kooperieren, wird weder dem Schiff noch Ihrer Mannschaft etwas geschehen. Wir haben nicht vor, Sie zu vernichten. Im Gegenteil.“
„Und was betrachten Sie als ‚Gegenteil‘?“
Wieder erschien das geringschätzige Lächeln. „Sie sind ein mächtiger Mann, Perry Rhodan. Und natürlich auch sehr einflussreich, nicht nur auf Ihrer eigenen Welt. Wir werden an Ihrer Macht partizipieren.“
Atlan hob die Augenbrauen. „Und wie stellen Sie sich das vor?“
Soren grinste jetzt offen. „Wir werden Sie zu einer bestimmten Welt bringen. Und wenn Sie von dort wieder starten, werden wir Freunde sein. Wir werden mit Ihnen nach Terra kommen und Sie werden völlig freiwillig und gerne mit uns zusammenarbeiten. Ich kann Ihnen versichern, wir sind sehr daran interessiert, dass Sie weiterhin führende Persönlichkeiten von Terra bleiben. Und ebenfalls wird Ihre Welt und Ihr Imperium von uns nicht gefährdet werden. Im Gegenteil, Ihr Erfolg ist von großer Bedeutung für uns. Denn Sie werden diesen Erfolg an uns weitergeben.“
Perry Rhodan begriff: „Sie wollen die Macht im Hintergrund sein.“
„Genau! Doch jetzt habe ich Ihnen genug Fragen beantwortet. Sorgen Sie dafür, dass Ihre Leute in die Lagerräume gehen. Wir werden dafür sorgen, dass die Reparaturen und alle notwendigen Arbeiten erledigt werden können. Doch Ihre Leute werden nur unter unserer Aufsicht in die für die Schiffsführung wichtigen Hallen und Räume gehen. Alle Funk- und Waffenzentralen sind ab sofort für Sie tabu.“
Zähneknirschend gab der Terraner die Befehle weiter.
„Und jetzt bitte Ihre Besatzung hier. Gehen Sie alle mitten in den Raum, wir werden Ihre Geräte übernehmen und kontrollieren.“
Widerwillig standen die Männer auf und stellten sich bewusst langsam auf. Soren reagierte jedoch überhaupt nicht auf die Provokation. Er nickte seinen Leuten zu und diese bewegten sich so gekonnt auf die Steuerkonsolen zu, dass niemand auch nur einen Moment ohne Deckung durch andere war.
Perry Rhodan beobachtete die Fremden. Dieses Vorgehen war mit Sicherheit schon mehrmals durchgeführt werden. Die Leute waren gut geschult. Insgeheim stufte er Soren als äußerst gefährlich ein. Das war nicht irgendein Raumpirat.
Doch wenn man sie nicht sofort unter Druck setzen wollte, sondern erst irgendwohin bringen musste, hatten sie noch Zeit. Sie mussten diese Leute studieren, dann würden sie bestimmt auch eine Möglichkeit zur Gegenwehr finden. Er hatte sich schon oft in scheinbar ausweglosen Situationen befunden – und bisher hatte es noch immer einen Weg gegeben. Ein kurzer Blick zu Atlan zeigte ihm, dass der Arkonide ähnlich dachte.
Eine Bewegung ließ Soren herumfahren. Bambi kam hinter den Steuerkonsolen hervor und ging, ohne irgendjemanden zu beachten, zum Zentraleschott.
„Stehenbleiben!“, kam sofort der scharfe Befehl des Fremden. Zwei seiner Männer sprangen der Frau in den Weg.
„Nicht! Das ist Bambi! Sie ist harmlos! Nicht berühren!“
Doch die Fremden achteten nicht auf die Rufe der Terraner. Einer der Männer ergriff den Arm der Frau. Gellende Schreie erfüllten den Raum. Erschrocken fuhren die Fremden herum. Bambi lag am Boden und schrie, ihre Hände schlugen panisch durch die Luft.
„Was soll das?“ Soren sah mit gefurchter Stirn zu Perry Rhodan. Der presste kurz die Lippen zusammen.
„Bambi ist völlig harmlos. Sie gehört nicht zur Mannschaft.“
„Weshalb ist sie dann hier an Bord?“ Irritiert sah der Mann auf die immer noch qualvoll schreiende Frau.
„Sie lebt hier. Doch sie ist keine Gefahr für Sie, Soren. Bambi lebt in ihrer eigenen Welt. Und sie erträgt keine Berührungen. Sie ist krank.“
Wieder sah Soren zu der Frau, die sich jetzt langsam beruhigte. Er wartete. Bambi hörte auf, sich am Boden zu winden, kämpfte sich auf die Füße und stolperte erschreckt wieder zu ihrem Lager zurück. Der Fremde folgte ihr langsam und sah dann verblüfft den hinter den Konsolen verborgenen kleinen Raum, der für die Frau so wohnlich wie möglich eingerichtet worden war. Er sah den verwirrten Ausdruck auf ihrem Gesicht und den leeren Blick ihrer Augen.
„Sie ist geistig krank? Wieso dulden Sie diese Person hier?“
„Sie gehört hierher. Das Schiff ist ihr Heim.“ Perry Rhodan sprach bestimmt. Er konnte jedoch nur hoffen, dass dieser Mann genug Menschlichkeit besaß, die Kranke nicht als Druckmittel zu benutzen.
Soren sah den Terraner verwirrt an. „Ich weiß, dass Terraner manchmal sehr seltsam reagieren. Aber diese Frau ist doch völlig nutzlos hier, und hat an Bord dieses Schiffes überhaupt nichts zu suchen. Es gibt auf Terra doch genug Einrichtungen für derartig Erkrankte.“
Perry Rhodan nickte. „Bambi kann dort nicht leben. Sie kann das Schiff nicht verlassen. Soren, ich kann sie nur bitten, die Frau in Ruhe zu lassen.“
Der Pirat sah von Rhodan zu Bambi. „Dies ist ihr Flaggschiff, das wichtigste Schiff ihrer Welt. Sie wollen tatsächlich behaupten, Sie dulden diese Frau einfach in einem derartigen Machtinstrument Ihres Imperiums? Das ist völlig verrückt.“
Atlan lächelte arrogant. „Diese Verrücktheiten sind allerdings der Schlüssel für den Erfolg Terras. Sie werden nicht lange die geheimnisvolle Macht im Hintergrund bleiben können, wenn Sie das nicht tolerieren.“
Soren blickte eine ganze Weile zu der Frau, die sich unter ihre Decken verkrochen hatte. Dann zuckte er mit den Schultern. „Megannen, die Frau wird beobachtet. Ich möchte wissen, ob sie wirklich so harmlos ist“ instruierte er dann einen seiner Männer.
In den nächsten Tagen folgte einer der Fremden Bambi auf Schritt und Tritt. Diese wanderte wie immer stundenlang durch das Schiff. Hin und wieder starrte sie auf ein Gerät und wartete. Wenn niemand da war, um ihre stumme Bitte nach Erklärungen zu erfüllen, ging sie irgendwann weiter. Soren hörte sich den Bericht ihrer Bewacher kopfschüttelnd an.
„Wozu will sie Erklärungen über Türschließanlagen oder Duscheinrichtungen?“
Perry Rhodan lächelte etwas gezwungen. „Es spielt keine Rolle, um was für ein Gerät es sich handelt. Vermutlich spielt es auch überhaupt keine Rolle, was man ihr erzählt. Bambi hört einfach gerne zu.“
Soren sah den Terraner mit gerunzelter Stirn an. Weshalb duldete ein derart mächtiger Mann ein solch nutzloses Geschöpf auf seinem Flaggschiff? Doch Terras Politik war bekanntermaßen oftmals kaum durchschaubar. Diese Terraner handelten zu oft unverständlich. Atlans Bemerkung, dass genau dies der Grund ihres großen Erfolges auf der intergalaktischen Ebene war, konnte jedoch stimmen.
Und so wies der Pirat seine Leute schließlich an, Bambi gewähren zu lassen. Diese Frau war eindeutig keine Gefahr für ihr Unterfangen. Sie schien nicht einmal zu bemerken, dass jetzt Fremde an Bord waren. Ohne Bedenken setzte sie sich immer wieder stumm neben einen der Männer und starrte auf ein Gerät. Doch die Fremden beachteten die Kranke nicht, sondern scheuchten sie eher fort. Dabei geschah es hin und wieder, dass sie Bambi berührten. Jedes Mal brach sie schreiend zusammen.
„Verdammt“, Soren sah Perry Rhodan wütend an. „Können Sie diese Frau nicht zum Schweigen bringen?“
„Sie ist krank“, antwortete der genauso zornig. „Weisen Sie Ihre Leute an, Bambi nicht zu berühren. Sie sehen selbst, wie sie darauf reagiert.“
„Dann soll sie nicht ständig im Weg stehen.“
Oberst Hennen biss sich auf die Lippen. Jeder Offizier in der Zentrale sah voller Mitgefühl und in ohnmächtiger Wut auf die sich am Boden windende Frau. Schließlich beruhigte sich Bambi wieder und hastete zu ihrem Lager zurück. Als sie sich Stunden später wieder hervorwagte, stand der Oberst auf. Ohne die Fremden zu beachten, trat er vor sie und blickte ihr eindringlich in die Augen.
„Bambi, hör mir zu. Es sind Fremde an Bord. Sie werden dir keine Erklärungen geben. Es ist besser, wenn du ihnen aus dem Weg gehst.“
„Ich dachte, sie versteht nichts.“
Major Russon sah den Anführer der Piraten abweisend an. „Sie ist in der Lage, einfache Anweisungen zu befolgen. Was sie berühren darf und was nicht, zum Beispiel. Sonst wäre es viel zu gefährlich, sie durch das Schiff gehen zu lassen. Sie haben gesehen, dass sie jedes Gerät erst abtastet, bevor sie auf Erklärungen wartet.“
Und wirklich begann Bambi, die Fremden zu meiden. Die Besatzung stellte fest, dass sie anscheinend durchaus zwischen ihnen und den Piraten unterscheiden konnte. Um die Fremden machte sie einen weitaus größeren Bogen und sie setzte sich nur noch in die Nähe eines der Besatzungsmitglieder, wenn sie stumm um Erklärungen bat.
Oftmals verließ sie jetzt die Zentrale und streifte durch das Schiff. Soren ließ sie einige Tage bewachen, doch Bambi lief einfach ziellos durch Gänge und Räume, blieb irgendwo teils stundenlang stehen und starrte ins Leere oder auf ein Gerät, bis sie stumm weiterwanderte. Der Pirat zog den Bewacher wieder ab, er hatte wichtigere Dinge zu tun, als seine Männer hinter einer Verrückten hinterherlaufen zu lassen.
Bambi stand an der Wand des Lagerraumes. In ihrem Kopf herrschte ein heilloses Durcheinander. Unzählige Informationen wirbelten völlig ungeordnet durch ihr Gehirn. Jedes Bild, jede Erklärung und Information, die sie im Lauf der Zeit gehört und gesehen hatte, war in ihrem Gehirn gespeichert worden. Doch ohne Zusammenhang und ohne bewusste Erkenntnisse. Diese Informationsflut machte die geistige Leere in ihr erträglich und ließ ein Gefühl der Zufriedenheit entstehen.
Doch seit kurzer Zeit fühlte Bambi sich unwohl. Irgendetwas hatte die beruhigende Sicherheit ihres Lebens gestört. Immer wieder geschahen Dinge, die ihr starke Schmerzen verursachten. Andere beunruhigende Dinge flößten ihr Furcht ein. Ihr Lebensraum hatte sich verändert. Es waren keine bewussten Gedanken, nur Gefühle leiteten sie. Und Bambi wusste, spürte, was sie tun musste, um sich wieder sicher und wohl fühlen zu können.
So ließ sie jetzt zu, dass sich die unzähligen Informationen ganz langsam und immer noch völlig unbewusst verbanden und neue Erkenntnisse bildeten. Keine bewussten Erkenntnisse. Bambi dachte nicht direkt nach, dazu war sie nicht fähig. Wahllos verbanden sich die im Laufe der Zeit in ihrem Gehirn angesammelten Informationen über das Schiff miteinander. Und hin und wieder entstand dadurch eine neue Information. Diese wurde unbewusst abgespeichert. Niemals entstand ein bewusster Gedanke dabei.
Es war anstrengend und schmerzhaft und schon nach wenigen Minuten bildeten sich Schweißperlen auf ihrer Stirn. Noch eine ganze Weile hielt sie durch, bis sie an der Wand hinabrutschte und keuchend auf dem Boden saß. Nur langsam erholte sie sich, dann verließ sie den Raum wieder. Ungerührt und mit leerem Blick ging Bambi in die Zentrale zurück.
Dies wiederholte sie fast jeden Tag. Niemand kam in den Lagerraum; die Besatzung der Crest durfte sich nicht frei bewegen und die Fremden ignorierten sie. Keiner bemerkte ihr eigenartiges Verhalten. So schmerzhaft der Vorgang immer wieder war, etwas in ihr drängte sie, dies durchzuhalten. Unbewusst spürte Bambi, dass sie nur so die normale Sicherheit ihres Lebens wiederbekommen würde.
Ganz tief in ihr, verborgen und verschüttet, war etwas erwacht. Ihr Selbsterhaltungsantrieb hatte in all der vergangenen Zeit nicht erreichen können, dass sie ihr Verhalten änderte. Die Blockierung ihres Gehirns war zu stark und zu dominant. Doch jetzt gab es eine Chance, Bambi fühlte sich so unwohl, dass sie bereit war zu agieren, anstatt wie bisher einfach nur zu existieren. Die starken Kräfte, die in ihr schlummerten, waren entschlossen, dies zu nutzen und die geistige Blockade zu durchbrechen.
Wieder betrat Bambi den Lagerraum und lehnte sich mit geschlossenen Augen an die Wand. Ihr Gefühl sagte ihr, dass sie nicht mehr länger das unbewusste Denken fortsetzen musste. Die gewonnenen Erkenntnisse hatten sich in ihr zu einem folgerichtigen Ablauf abgespeichert. Sie hätte nicht erklären können, was sie vorhatte, war sich dessen überhaupt nicht wirklich bewusst. Sie spürte nur, dass etwas sie zu einem bestimmten Handeln drängte. Und dieses Handeln war notwendig, um wieder sicher leben zu können. Bambi wusste jedoch ebenso sicher, dass sie Schmerzen haben würde, wenn sie dieses Handeln zulassen würde. Sie hatte Angst davor, doch gleichzeitig war ein starkes Drängen in ihr, dies durchzuführen.
Langsam trat sie an ein Regal heran, nahm einen bestimmten Behälter in den Arm und verließ den Raum. Ohne zu zögern ging sie durch mehrere Gänge. Sie achtete nicht darauf, ob jemand sie sah und verbarg den Behälter auch nicht. Ihr wurde nicht bewusst, dass ihre Handlungen völlig untypisch für sie waren. Sie erreichte einen anderen Raum, hier stellte sie den Behälter ab. Wimmernd sank sie auf den Boden. Erst nach langen Minuten ebbten die Schmerzen ab.
Langsam stand Bambi wieder auf und ging in den Lagerraum zurück. Sie nahm einen weiteren Behälter und trug auch ihn in den anderen Raum. Danach war sie so erschöpft, dass sie aufgab. Als sie wieder gehen konnte, zog sie sich in die Zentrale zurück und verkroch sich in ihrem Lager.
Am nächsten Tag ging Bambi wieder zu dem Raum, in den sie die Behälter gebracht hatte. Ihre Augen wanderten über die Geräte und Anzeigen, ohne sie bewusst zu sehen. Hätte sie klar denken können, würde sie erkennen, dass hier die Steuerung für den Luftaustausch des Schiffes war. Und jetzt waren diese Informationen zum ersten Mal, seit Bambi auf die Crest gekommen war, zu folgerichtigen Erkenntnissen und daraus resultierenden Handlungen verbunden worden. Doch immer noch, ohne einen tatsächlich bewussten Gedanken zu formulieren. Wie ein Tier, das instinktmäßig lernte und neues Verhalten unbewusst in sich aufnahm, hatte Bambi aus den vielen Informationen einen Handlungsstrang entwickelt, den sie jetzt abarbeitete.
Einzig die Schmerzen, die dabei auftraten, zeigten, dass dieses Verhalten für sie atypisch war. Jeder Versuch, selbstständig zu handeln oder auch nur zu denken, selbst dieses vorsichtige, unbewusste Vorgehen wurde durch eine geistige Programmierung sofort mit Schmerzen bestraft. Bambi wurde damit sehr effektiv daran gehindert, auch nur zu versuchen, klar und bewusst zu denken. Doch ihr bislang tief vergrabener Selbsterhaltungstrieb hatte endlich eine Chance erkannt, diese Doktrin zu umgehen. Das starke Verlangen, die bisherige ruhige Sicherheit ihres Daseins wiederzubekommen, wurde genutzt, um Bambi dazu zu bringen, die Schmerzen auf sich zu nehmen.
Langsam nahm die Frau die beiden Behälter und schloss sie an die Luftzufuhr an. Ihr Blick blieb leer, sie agierte wie eine Maschine. Nur ihr Keuchen zeigte, dass ihr Handeln sofort wieder Schmerzen hervorrief. Schließlich lehnte sie zitternd an der Wand. Langsam verließ sie dann den Raum. Noch einmal ging Bambi zum Lagerraum, diesmal trat sie an ein anderes Regal. Ihre Hand umschloss etwas Kleines, schob es in die Hosentasche. Dann huschte sie wieder zur Zentrale zurück.
Sie verzog sich sofort in ihr Lager und kroch unter die Decken. Bambi fürchtete sich. Sie fühlte, dass jetzt etwas besonders Schweres auf sie zukam. Sie brauchte lange, bevor sie sich dazu aufraffen konnte. Langsam trat sie auf den Kartentisch zu. Dort saßen Perry Rhodan und Atlan. Bambi setzte sich hinter die beiden auf den Boden. Ganz langsam hob Bambi die Hände, in jeder Faust eines der kleinen Dinge aus dem Lagerraum verborgen. Ihr Atem beschleunigte sich, doch ihre Hände bewegten sich ruhig und sicher. Sie schob sie in die Hosentaschen der Männer und ignorierte die sofort auftretenden Schmerzen und die Furcht, die sie bei der Berührung empfand.
Perry Rhodan und Atlan beobachteten und studierten wie schon in den vergangenen Tagen die Fremden. Doch noch immer hatten sie keine Idee, wie sie sich gegen sie wehren könnten. Als Bambi sich in ihre Nähe setzte, lächelten sie ihr automatisch zu, ohne sie jedoch weiter zu beachten. Dann spürten sie, wie Bambis Hände ganz kurz in ihre Hosentaschen glitten. Verblüfft sahen sie auf die Frau, die blass und leise keuchend auf dem Boden saß.
Bambi hatte noch niemals jemanden berührt! Sie hielt doch Berührungen überhaupt nicht aus! Die Männer sahen den feinen Schweißfilm auf Bambis Stirn, dann zog sie ihre Hände abrupt zurück, stemmte sich mühsam hoch und stolperte zu ihrem Lager zurück.
„Was ist jetzt schon wieder mit ihr?“
Perry Rhodan sah Soren ruhig an. „Nichts, Bambi wird müde sein, nehme ich an.“ Unauffällig griff er in seine Hosentasche. Dann stand er auf, um sich eine Tasse Kaffee aus dem Automaten zu holen. Sobald er den Piraten den Rücken zukehrte, besah er sich das kleine Ding, dass Bambi ihm zugesteckt hatte: Einen Nasenfilter.
Was bedeutete dies? Bambi hatte sich seit Tagen seltsam verhalten, hatte die Zentrale fast den ganzen Tag verlassen. Sie hatten vermutet, dass dies mit den Fremden zusammenhing: Dass Bambi ihnen auf diese Weise aus dem Weg gehen wollte. Niemand hatte sagen können, wo sie sich aufgehalten hatte. In den Räumen, die die Besatzung betreten durfte, war sie jedenfalls nicht gewesen. Und die von den Fremden kontrollierten Steuer- und Maschinenhallen betrat sie nicht. Sie wich den Fremden gezielt aus.
Perry sah zu ihrem Lager. Bambi lag still und schien zu schlafen. Er schob den Filter wieder in die Hosentasche. In den nächsten Stunden beobachtete er die Frau immer wieder. Sie hatte sich irgendwann unter eine der Liegen gesetzt. Doch sie hielt den Kopf gesenkt, das sah nicht nach ihrem gewohnten Beobachten aus.
Dann stand sie plötzlich auf. Langsam schlenderte sie auf das Zentraleschott zu und lehnte sich daneben an die Wand. Perry Rhodan sah, wie ihr Blick durch die Zentrale wanderte und dann auf Atlans Gesicht hängen blieb. Gleich darauf blickte sie Perry an. Ihre Hand hob sich und strich kurz über ihre Nasenflügel. Perry starrte sie an. Bambis Blick wirkte genauso leer und unbeteiligt wie immer, doch ihr Gesicht war wieder schweißbedeckt. Schließlich verließ sie die Zentrale.
Atlan zischte leise: „Was bedeutet das?“
Perry zuckte mit den Schultern. Doch beide schoben sich unauffällig und von den Piraten unbemerkt die Filter in die Nase. Fast eine Stunde verging.
„Soren, irgendwas stimmt hier nicht.“
Der Pirat sprang zur internen Kommunikationsanlage. „Was ist los, Tofreen?
„Hier sind gerade zwei von der Besatzung bewusstlos geworden.“
Soren runzelte die Stirn und warf einen Blick auf die Kommandanten. Doch Perry und Atlan sahen nur besorgt aus. „Holen Sie einen Medorob.“
„Versuche herauszufinden, was mit ihnen ist. Wenn es notwendig ist, hole den Arzt. Aber pass auf, ich traue den Terranern nicht.“ Soren wartete, es kam keine Antwort. „Tofreen? Antworte!“
Der Pirat fuhr zu Perry Rhodan herum. „Was haben Sie ausgeheckt? Reden Sie!“
„Ich habe keine Ahnung, Soren. Woher soll ich wissen, warum Ihr Mann nicht antwortet? Sie verbieten uns seit Tagen, die Zentrale zu verlassen.“
In diesem Moment sackte einer der Offiziere in seinem Sessel zusammen. Soren starrte ihn an. Dann brach einer seiner eigenen Leute zusammen. Danach ging es rasend schnell, innerhalb weniger Sekunden waren alle Personen in der Zentrale bewusstlos, auch Soren. Nur Perry Rhodan und Atlan waren noch wach. Einen Moment starrten sie bewegungslos auf die Bewusstlosen. Dann sprang Perry auf.
„Du weißt nicht, wie es im Schiff aussieht, Perry. Mach keinen Unsinn!“
Doch der Terraner schüttelte nur den Kopf und hastete zum nächsten Mikrofon. „Lazarett, sofort melden. Notfall!“ Das war unverfänglich und würde jeden, der noch wach war, dazu bringen, sich zu melden. Doch alles blieb still.
Perry Rhodan begann zu grinsen, hieb auf mehrere Schalter und aktivierte die Wachroboter des Schiffes. Er gab ihnen einige Befehle, und kurz danach strömten die Maschinen durch das Schiff. Die Fremden wurden identifiziert, entwaffnet und eingesperrt. Die Vertrauten Sorens wurden in die Zentrale gebracht.
Medorobots untersuchten derweil die Besatzung und stellten fest, dass sie ein starkes Betäubungsmittel eingeatmet hatten.
„Deshalb die Nasenfilter“, stieß Atlan hervor. „Wo ist Bambi?“
„Robot! Durchsuche die Steuerzentralen der Luftanlagen. Melde, ob Bambi in einem davon ist“, bellte Perry Rhodan. „Und kontrolliere die Anlagen. Eine davon ist defekt, repariere sie.“
„Du glaubst …?“ Atlan schüttelte den Kopf. „Dazu ist sie nicht in der Lage. Vielleicht hat ihr jemand aufgetragen, uns die Filter zu bringen. Das könnte sie vermutlich verstehen.“
Nach kurzer Zeit war die Luft wieder in Ordnung und die rasch injizierten Medikamente brachten die Besatzung schnell wieder auf die Beine. Bambi war bewusstlos in der Hauptsteueranlage der Luftaufbereitung gefunden worden. Und eine Befragung brachte die Gewissheit, dass keiner der Männer und Frauen in der Lage gewesen war, die Klimaanlage zu manipulieren. Es musste tatsächlich Bambi selbst gewesen sein.
„Darüber sprechen wir später“, murmelte Perry, dann wandte er sich Soren zu, der ihn zornig anfunkelte. „Die Situation hat sich ein klein wenig geändert, würde ich sagen.“
„Mein Schiff können Sie nicht angreifen. Wir sind Ihnen überlegen.“
Doch Perry Rhodan lächelte nur dazu. „Das mag ja sein. Aber Sie sind nicht auf Ihrem Schiff, sondern hier. Und ich glaube nicht, dass Ihre Leute sie gefährden werden.“
„Dazu sind Sie zu anständig, Terraner. Sie benutzen Menschen nicht als Druckmittel“, höhnte der Pirat.
Perrys Gesicht wurde hart. „Sie irren sich gewaltig, Soren. Bei Leuten Ihres Schlages nehme ich keinerlei Rücksicht. Ich denke, Ihre Leute werden das sehr schnell begreifen. Und außerdem glaube ich nicht, dass Sie ein Mensch sind. Sie ähneln uns, doch es gibt einige Unterschiede. Sie stammen nicht von Terranern ab. Auch das werden wir jetzt herausfinden. Wer Sie wirklich sind, woher sie kommen, wo ihre Heimatwelt liegt und ob sie in eigenem Auftrag handeln oder für andere.“
Und der Terraner blieb hart. Die Piraten mussten schließlich aufgeben. Perry Rhodan ordnete ausführliche Untersuchungen an, um die Herkunft der Fremden herauszufinden.
Bambi jedoch bekam davon nichts mit. Sie hatte ihre Bewusstlosigkeit ausgeschlafen und schien sich wie immer zu verhalten. Allerdings verließ sie die Zentrale nicht mehr. Sowohl Perry wie Atlan versuchten sie anzusprechen, doch ihr Blick war genauso leer wie immer und sie reagierte absolut auf nichts. Die Männer und Frauen der Crest XII überschlugen sich fast, um ihr etwas Gutes zu tun. Und da es dafür nur eine Möglichkeit gab, lagen immer ausgesuchte Leckereien auf ihrem Tisch.
„Sie wird sich den Magen verderben, wenn ihr so weitermacht“, brummte Atlan. Die Männer grinsten jedoch nur.
Doch dann bekam Bambi plötzlich Krämpfe. Immer wieder zog sie sich urplötzlich auf ihr Lager zurück und lag dann keuchend vor Schmerzen dort. Zu anderen Zeiten saß stundenlang an einem Platz und starrte ins Leere. Sie beobachtete die Männer nicht mehr und bat auch nicht mehr stumm um Erklärungen.
Das was bisher tief in ihr vergraben gewesen war, ließ sie nicht mehr zur Ruhe kommen. Die leere Gleichgültigkeit, die bisher ihr Leben bestimmt hatte, durfte nicht wieder Oberhand bekommen. Ihr Selbsterhaltungstrieb begann zu kämpfen. In ihr verborgene Kräfte und Fähigkeiten, bisher wirksam blockiert, wurden jetzt endlich aktiviert. Immer wieder begannen ihre Finger fast unmerklich zu leuchten. Dann krümmte sich Bambi zusammen. Instinktiv versuchte sie das verräterische Glitzern zu verbergen, wenn ihre Kräfte gegen die geistige Blockade ankämpften. Keiner der Männer und Frauen auf der Crest ahnte etwas von diesem Kampf. Sie sahen nur, dass es ihrem Schützling nicht gut ging.
Langsam trat Bambi aus ihrem Versteck und ging einige Schritte auf den Essensautomaten zu. Doch dann blieb sie stehen und starrte ins Leere.
„Bambi?“ Oberst Hennen sah sie besorgt an. Seit dem Überfall durch diese vermaledeiten Piraten war sie anders geworden. Es würde ihr doch nicht noch schlechter gehen? Sie war doch schon bedauernswert genug. Die Frau reagierte nicht, sah starr in die Luft. Dann begann ihr Gesicht zu zucken.
„Verdammt, sie hat wieder Schmerzen.“
Erschrocken beobachteten die Männer, wie sich ihr Gesicht fürchterlich verzerrte. Sie keuchte, ihre Augen weiteten sich, als ob sie etwas Entsetzliches sehen würde.
„Bambi, es ist alles in Ordnung. Du bist in Sicherheit“, beschwörend sprach Oberst Hennen auf sie ein. Auch Atlan und Perry Rhodan traten nun hinzu. Der Terraner hatte rasch den Arzt informiert, obwohl er genau wusste, dass dieser ebenso hilflos war wie sie alle. Niemand hatte Bambi bisher helfen können.
Endlich veränderte sich die Starre ihrer Augen, Bambis Blick glitt über die Männer der Crest, doch der entsetzte Gesichtsausdruck blieb. Sie rang nach Luft.
„Ich bringe den Kerl um. Ich zerreiße ihn in der Luft.“
Noch ehe sich die Männer von dem Schock, dass ihr Schützling plötzlich sprach, erholt hatten, krümmte sich ihre Gestalt zusammen. „Mir ist schlecht“, ächzte Bambi noch, dann sank sie in die Knie und erbrach sich krampfhaft würgend.
Dr. Knotart rannte in die Zentrale. Wenige Worte genügten und der Medoroboter, der ihm gefolgt war, schnurrte auf die Frau zu. Ohne sie zu berühren, entfernte er das Erbrochene und reinigte Bambi mit einem feinen Wasserstrahl.
„Sie hat gesprochen.“
„Was?“ Der Arzt sah Perry fassungslos an.
Endlich hörte das krampfartige Würgen auf, Bambi atmete stoßweise, und versuchte, auf die Beine zu kommen. Zu aller Verwunderung stützte sie sich dabei auf den Medoroboter. Dr. Knotart schnappte nach Luft, dann befahl er rasch: „Hilf ihr zum Hygieneraum! Berühre sie so vorsichtig wie möglich. Hör auf, wenn sie Schmerzen bekommt.“
Alle hielten die Luft an, als der Roboter Bambi langsam und vorsichtig am Arm berührte und in die richtige Richtung dirigierte. Doch sie schrie nicht, sondern ließ sich – immer noch keuchend und mit geschlossenen Augen – dorthin führen.
„Was bedeutet das?“ Oberst Hennen sah hoffnungsvoll zu dem Arzt.
Der schüttelte ratlos den Kopf. „Ich weiß es ebenso wenig sie Sie, Oberst.“
Perry Rhodan sah der Frau nach. „Warten wir ab, bis sie wieder herauskommt. Doktor, vielleicht sollten Sie sich darauf vorbereiten, ihr Hilfe zu leisten. Falls das jetzt möglich sein sollte. Die anderen … bitte gehen Sie an ihre Posten zurück.“ Noch ehe die Männer protestieren konnten, sprach er lächelnd weiter. „Meine Herren, ich bin genauso gespannt und neugierig wie Sie. Doch wenn Bambi wieder herauskommt, sollte sie nicht von einer ganzen Horde Personen angestarrt werden. Oder würde Ihnen das an ihrer Stelle gefallen?“
Die Offiziere nickten, langsam wandten sie sich wieder ihren Geräten zu. Doch immer wieder blickten sie in die Ecke der Zentrale. In welcher Verfassung würde Bambi sein, wenn sie herauskam? Es dauerte recht lange, bis sich die Tür wieder öffnete.
Perry sah der Frau staunend entgegen. Das war nicht Bambi, die da in die Zentrale trat. Die Frau dort hatte völlig klare, intelligente Augen. Ihre Haltung war aufrecht und selbstbewusst. Er trat langsam auf sie zu und lächelte sie an. „Willkommen an Bord der Crest XII, Illana. Benötigen Sie Hilfe?“
Ein Lächeln glitt über ihr Gesicht. „Du begreifst sehr schnell, Perry Rhodan. Ich danke dir für das Willkommen – und für die Hilfe. Mir geht es gut. Allerdings –“. Sie machte eine Pause und Perry sah sie gespannt und auffordernd an.
Ihr Lächeln vertiefte sich. In der Zentrale war es totenstill, abgesehen von den maschinellen Geräuschen. „Ich würde gerne, wenn nichts dagegen spricht, den Namen Bambi behalten“, sprach sie weiter. Dann glitt ihr Blick über die Männer. „Ich möchte euch, euch allen, danken“, ihre Stimme war leise, aber von einer unüberhörbaren Eindringlichkeit. „Was ihr für mich getan habt, werde ich niemals vergessen.“
Oberst Hennen sprang auf. „Das … das … bei allen Planeten … es geht dir – Ihnen – gut? Sie – du – du bist gesund? So plötzlich? Das ist …“, fassungslos starrte er sie an.
Die Frau lächelte: „Ja, und das habe ich euch zu verdanken.“
Sie wandte sich wieder an Perry Rhodan, der sie ebenso staunend ansah. Doch er fing sich rasch wieder. „Ich spreche ganz sicher für alle Besatzungsmitglieder, wenn ich sage, dass wir uns sehr freuen – Bambi. Aber ich kann mir vorstellen, dass du noch Ruhe brauchst. Wenn du dazu bereit bist, würde ich mich gerne mit dir unterhalten. Aber erst solltest du dich erholen. Wenn Dr. Knotart etwas für dich tun kann …“, er zeigte auf den Arzt.
Bambi sah ihn freundlich an. „Es geht mir wirklich wieder gut. Aber ich verstehe, wenn du dich davon überzeugen möchtest. Ich bin gerne bereit, mich untersuchen zu lassen.“
Dr. Knotart musterte sie gründlich. „Ich konnte dir die ganze Zeit nicht helfen. Und so wie ich das sehe, benötigst du tatsächlich keine medizinische Hilfe mehr. Aber ich bin einer Meinung mit unserem Kommandanten. Etwas Ruhe und Erholung kannst du mit Sicherheit noch gut gebrauchen. Ein wenig blass bist du noch.“
Bambi schüttelte jedoch den Kopf. „Ihr habt Fragen, viele Fragen. Und ich möchte diese gerne beantworten.“
„Sir!“ Oberst Hennen hatte sich erhoben. „Sir, kann ich der Besatzung dies mitteilen? Die Leute sollten erfahren, dass Bambi gesund ist.“
Perry Rhodan nickte, doch Bambi wandte sich ihm zu. „Kann ich das machen? Ich weiß, wie freundlich deine Leute zu mir waren und wie viel Mühe sie sich mit mir gegeben haben. Ich würde gerne selbst zu ihnen sprechen.“
„Du kannst dich erinnern?“
Sie nickte, einen Moment lang wurde ihr Gesicht hart, ihre Augen funkelten. „Oh ja, an alles. Mein Gedächtnis ist ausgezeichnet.“
Sie wartete kurz das Nicken des Terraners ab, dann trat sie an die Konsole. Ohne zu zögern aktivierte sie die Rundsprechanlage. Oberst Hennen hob die Augenbrauen und sah sie erstaunt an. Bambi lächelte: „Ich sagte gerade, ich kann mich an alles erinnern. Ihr habt mir sämtliche Geräte erklärt. Ich glaube, ich kenne euer Schiff in- und auswendig.“
„Verblüffend.“ Atlan tauschte einen vorsichtigen Blick mit Perry.
Bambi lachte leise auf. „Misstrauisch, Arkonide? Ich bin sehr wissbegierig und mein Gehirn speichert jede Information, die ich bekomme. Aber ich werde mein Wissen ganz gewiss niemals gegen euch verwenden. Ich kann dein Unbehagen verstehen, aber es ist unnötig.“ Ihre Miene war ernst geworden und ruhig sah sie Atlan in die Augen, bis dieser nickte.
Oberst Hennen schaltete das Mikrofon ein: „An alle. Sie werden jetzt gleich jemanden hören, der Ihnen etwas – nun, etwas zu sagen hat. Allerdings sollte jeder, der irgendwas Zerbrechliches in den Händen hat, dies schleunigst abstellen.“ Damit nickte er Bambi zu.
„Hier spricht Bambi. Ich möchte euch danken, jedem einzelnen von euch. Mir geht es wieder gut. Und ich habe dies euch, eurer Geduld, eurer Hilfsbereitschaft und eurem Mitgefühl zu verdanken. Euer Handeln hat mir die Möglichkeit gegeben, gegen die Blockierung, der ich unterworfen war, anzukämpfen. Danke ist ein viel zu kleines Wort für das, was ich im Moment empfinde, doch ein anderes kenne ich nicht. Deshalb kann ich nur dies sagen: Habt Dank!“
Sekunden später leuchteten sämtliche Kommunikationskanäle des Schiffes auf. Von überall her kamen Anfragen, ob man richtig gehört habe. Atlan schüttelte den Kopf: „Terraner und ihre Gefühlsduselei. Wenn wir jetzt angegriffen würden, hätten diejenigen leichtes Spiel.“
„Du irrst dich, Arkonide“, widersprach Perry. „Die Männer wären blitzartig auf ihren Posten. Und jeder Angreifer würde ihre Wut zu spüren bekommen, dass man sie in diesem Moment der Freude gestört hat.“
Nachdenklich blickte Atlan durch den Raum. Immer wieder stand jemand auf und sprach Bambi an. Vorsichtig vergewisserten sich die Offiziere, dass sie wirklich gesund war, dass man sie tatsächlich berühren konnte, ohne ihr Schmerzen zuzufügen. „Vermutlich hast du damit sogar Recht, Barbar“.
Bambi ließ sich willig auf die Schultern klopfen und die Hände schütteln. Für jeden hatte sie ein Lächeln. Erst nach einer Weile kam sie wieder zu den beiden Kommandanten und folgte ihnen zu der kleinen Besprechungsecke.
„Macht es dir etwas aus, wenn dieses Gespräch im Schiff verbreitet wird? Ich fürchte, ich riskiere sonst eine Meuterei.“
Bambi sah Perry Rhodan lachend an. „Nein, ganz gewiss nicht.“
„Herrschaften!“, Perrys Stimme konnte überall im Schiff gehört werden. „Ich möchte darauf hinweisen, dass dies immer noch das Flaggschiff Terras ist. Begeben Sie sich also wieder auf Ihre Posten. Und beenden Sie die Anfragen. Ja, Bambi ist wieder gesund. Und nein, wir wissen noch nicht, wie das möglich war. Doch Bambi hat sich bereit erklärt, unsere Fragen zu beantworten. Ich bin bereit, dieses Gespräch auf allen Schiffskanälen zu verbreiten. Ich erwarte jedoch, dass Sie Ihre Aufgaben deshalb nicht vernachlässigen.“
Er lehnte sich in den Sessel zurück. „Wir wissen kaum etwas von dir. Eigentlich nur, wie du auf unser Schiff gekommen bist. Und selbst das wirft viele Fragen auf. Wir kennen deinen Namen – Illana – doch wir werden dich gerne weiter Bambi nennen, da du es selbst so möchtest. Doch wer bist du und woher kommst du? Was ist damals wirklich geschehen?“
Bambi schmunzelte. „Dazu muss ich etwas weiter ausholen. Wir nennen uns Lucogenter. Wir sind keine Menschen, auch wenn ich jetzt so aussehe. Wir existieren auf einer anderen energetischen Ebene wie ihr. Das ist jedoch schwer zu erklären. Im Grunde genommen sind wir ebenso materielle Wesen wie ihr auch, doch wir haben uns anders entwickelt. Es gibt verschiedene Existenzebenen, die sich durch unterschiedliche energetische Zustände der Atomkerne voneinander abheben. Ich bin kein Wissenschaftler und kann dies nicht genauer erklären. Doch dies ist ein Grund, weshalb wir uns von euch sehr unterscheiden. Ohne Anpassung würden wir für euch immateriell erscheinen, ihr könntet uns nicht berühren.“
„Deshalb“, der Terraner nickte. Als er ihren erstaunten Blick sah, erklärte er: „Ich habe damals versucht, einen dieser Wachen zu berühren. Und habe durch ihn hindurchgefasst.“
Bambi grinste: „Das hat ihm garantiert überhaupt nicht gefallen. Wir sind sehr – nennen wir es stolz. Wir fühlen uns den Wesen der normalen, materiellen Ebene überlegen. Es gab früher Zeiten, in denen wir Kontakte zu Wesen wie euch hatten. Doch dies ist lange her. Wir haben uns von eurer Existenzebene entfernt.“
Sie zuckte mit den Schultern. „Es klingt jetzt beleidigend. Aber wir betrachten alle Wesen eurer Art inzwischen als Barbaren. Die meisten von uns sind davon überzeugt, dass wir weit über euch stehen und wesentlich höher entwickelt sind als ihr.“
„Die meisten schienen uns regelrecht zu fürchten“, erinnerte Perry sich.
Bambi nickte. „Eure Art zu leben ist uns fremd geworden. Und etwas Fremdes wird meist entweder verachtet oder gefürchtet – oder beides. Und es gibt nur noch sehr wenige, die sich mit den materiellen Völkern beschäftigen und es wagen, auf eure Welten zu gehen. Dazu kommt, dass es immer wieder Herrscher gab, die die Verbannung auf eure Ebene als Strafe angewandt haben. Und nur die wenigsten Verbannten haben es geschafft, wieder zurückzukehren.“
„Du sagst, ihr seid anders als wir. Doch wir haben dich untersucht – du unterscheidest dich körperlich so gut wie überhaupt nicht von uns.“
„Das täuscht. Ich bin angepasst. Wir können in unserer eigentlichen Gestalt überhaupt nicht in Verbindung mit eurer Ebene treten. Ihr könntet uns nicht sehen und wir euch nicht. Bei einer Verbindung oder Öffnung zwischen den Existenzebenen kommt es automatisch zu einer gewissen Annäherung. Und die führt dazu, dass ihr Gestalten seht, die eurem Aussehen entsprechen.“
„Moment“, Atlan furchte die Stirn. „Soll das heißen, die Leute, die wir gesehen haben, sahen in Wirklichkeit gar nicht so aus?“
Bambi nickte. „Ja. Doch das war nur eine Öffnung. Wer die Ebene wechselt, benötigt eine stärkere Anpassung. Zumindest von unserer zu eurer. Wir wissen, dass es interessanterweise andersrum keine Probleme gibt.“
„Was meinst du mit Anpassung?“
„Wir benötigen ein Mittel, das die Atome in unserem Körper eurer Ebene angleicht.“
Perry erinnerte sich: „Das Zeug, das du getrunken hast.“
„Ja“, kam die grimmige Antwort. „Nur dass es offensichtlich nicht nur das Mittel zur Anpassung war. Schon um das zu bekommen, muss Revano Hilfe gehabt haben. Und ich bin mir sehr sicher, wer ihm da geholfen hat.“ Bambi grinste dabei fast. „Und ich weiß, dass derjenige inzwischen vermutlich sehr verzweifelt ist. Ich bin, wenn meine Erinnerung richtig ist, seit über zweieinhalb Jahren hier, nicht wahr?“
Perry nickte, doch Bambi machte nur eine abwehrende Bewegung. „Das ist jetzt weniger wichtig. Darüber können wir später reden. Bleiben wir bei der Anpassung. Diese sorgt dafür, dass wir in eurer Ebene überhaupt leben können, gleichzeitig erfolgt eine körperliche Angleichung. Deshalb haben eure Untersuchungen keine Unterschiede ergeben.“
„Was ist dann noch mit dir passiert?“
„Revano war überzeugt, dass man auf einer Barbarenwelt nicht überleben kann. Doch das reichte ihm nicht. Er wollte sichergehen, dass ich absolut keine Möglichkeit habe, auch nur nach einem Weg zurück zu suchen. In dem Mittel war ein Zusatz, der mein Gehirn blockiert. Normalerweise wäre das irreversibel. Doch ich besitze gewisse Fähigkeiten. Und ich habe diese Fähigkeiten – glücklicherweise muss ich sagen – aktiviert, bevor ich das Zeugs getrunken habe. Dies – und euer Handeln – hat es mir ermöglicht, diese Blockade zu bekämpfen.“
Atlan runzelte die Stirn: „Unser Handeln? Was meinst du damit?“
Fast gleichzeitig fragte Perry: „Welche besonderen Fähigkeiten? Und weshalb glaubte Revano, dass du hier nicht überleben würdest?“
Bambi grinste: „Viele Fragen auf einmal. Ich habe besondere Fähigkeiten, die von ganz bestimmten Gehirnsektoren gesteuert werden. Die Blockierung kann jedoch nur die normalen Gehirnaktivitäten beeinflussen. Und die schon erfolgte Aktivierung meiner Kräfte gab meinem Gehirn dadurch die Möglichkeit, ganz langsam gegen diese Blockierung der anderen Sektoren anzugehen.“
Sie schüttelte sich leicht. Es klang so einfach, wenn sie darüber redete. Doch dies zu durchleben war abscheulich gewesen. Sie wandte sich rasch den anderen Fragen zu.
„Revano war deshalb von meinem Tod überzeugt, weil er die gleiche Meinung über Barbarenvölker hat, wie fast alle bei uns: Barbaren haben keine tatsächliche Zivilisation. Ihr Leben ist bestimmt von Kampf und Grausamkeiten. Dass das kompletter Unsinn ist, begreifen bei uns inzwischen leider nur noch sehr wenige.“
Atlan blickte sie gespannt an: „Du sagst, ‚fast alle‘ beziehungsweise ‚sehr wenige‘. Du selbst hast offensichtlich anders über uns oder allgemein über unsere Völker gedacht. Ich erinnere mich, dass du uns im Gegensatz zu allen anderen anscheinend nicht gefürchtet hast.“
Bambi nickte. „Das stimmt. Revano weiß längst nicht so viel über mich, wie er dachte. Ich war schon mehrmals freiwillig auf sogenannten Barbarenwelten. Meiner Meinung nach ist es eine sehr bedenkliche Entwicklung, dass wir uns derart isolieren und den Kontakt mit den anderen Völkern nicht aufrechterhalten – ganz egal, ob wir nun durch unsere Art tatsächlich weiter entwickelt sind als ihr oder nicht. Und deshalb habe ich mich schon mehrmals dieser Existenzebene angepasst und einige materielle Völker studiert. Ich hatte keine Angst vor euch, da ich mir sicher war, mich mit euch verständigen zu können.“
Sie verzog das Gesicht: „Dass ich stattdessen zu einer Schwachsinnigen werde, habe ich nicht geahnt.“
Ihr Blick glitt über die Mikrofone und die gespannt lauschenden Offiziere der Zentrale. Leise sprach sie weiter: „Ihr habt mir, beziehungsweise meinem Selbsterhaltungstrieb, die Möglichkeit gegeben, gegen diese Blockierung anzukämpfen. Ihr habt mich mit Informationen gefüttert, dadurch wurde mein Gehirn immer wieder angeregt zu arbeiten. Gleichzeitig habt ihr mir die Möglichkeit gegeben, ohne Furcht und Schmerzen zu leben – in einer überschaubaren Umgebung, in der ich mich sicher fühlen konnte.“
Sie schüttelte leicht den Kopf: „Ich muss zugeben, dass ich niemals geglaubt hätte, dass ein Barbarenvolk so mitfühlend und verständnisvoll handeln könnte. Was zeigt, dass selbst ich eure Völker immer noch unterschätze oder falsch beurteile.“
„Du urteilst vermutlich richtig“, widersprach Atlan lächelnd. Fast spöttisch sah er in die Runde und fuhr fort: „Nur bist du zufällig bei den Terranern gelandet. Und dieses Volk handelt sehr oft völlig unlogisch und unvernünftig, das weiß ich aus eigener, leidvoller Erfahrung.“ Er ignorierte die empörten Blicke der Offiziere und sprach ungerührt weiter: „Und genau deshalb hat dieses Volk da Erfolg, wo alle anderen scheitern würden.“
Perry Rhodan schmunzelte in sich hinein. Diese Eigenheit der Terraner brachte den Arkoniden immer wieder zum Verzweifeln, wie er genau wusste. Wobei Atlan diese Mentalität gleichzeitig bewunderte – und immer wieder völlig überzeugt behauptete, dass kein anderes Volk und kein anderes Wesen so handeln könnte oder würde, wie es die Terraner taten.
Bambi blickte Atlan nachdenklich an, dann lächelte sie leise. „Die Logik verlangt meist ein anderes Handeln, nicht wahr? Und du denkst logisch.“ Ihr Lächeln wurde breiter. „Aber wie seltsam, dass meine Erinnerung mir zeigt, dass du dich in den vergangenen Jahren immer wieder ebenso mitfühlend und fürsorglich um mich gekümmert hast, wie alle anderen hier.“
Atlans Verlegenheit konnte niemand übersehen, und seine knurrende Antwort brachte die Offiziere fast zum Lachen. „Auch das ist eine Eigenschaft der Terraner. Ihr Handeln ist verdammt ansteckend, egal wie unlogisch es auch ist.“
Auch Bambi lachte auf. „Lassen wir dieses Thema fallen, sonst muss ich dir weiterhin widersprechen.“
Perry lehnte sich zurück. „Danke, Bambi, dass du derart offen bist. Dieser Revano dürfte also glauben, dass du tot oder zumindest für immer verschollen bist. Ich möchte dir versichern, dass du bei uns willkommen bist. Aber wenn wir dir helfen können, in deine Welt zurückzukehren, so sind wir dazu gerne bereit. Ich habe etwas dagegen, für einen Verräter den Kerkermeister zu spielen. Und diese Rolle hat Revano uns ja wohl zugedacht.“
„Ich danke dir, Perry Rhodan. Und ich werde sehr gerne auf dieses Angebot der Hilfe zurückkommen. Doch ich bin sehr neugierig. Ich würde gerne Terra und dein Volk kennenlernen.“
Der Terraner nickte. „Wir wissen inzwischen woher diese Piraten kommen, die seit Monaten unsere Schiffe vernichten und uns überfallen haben. Damit können wir nach Terra zurückkehren, um endlich Gegenmaßnahmen einzuleiten. Wir zeigen dir unsere Welt gerne.“
In den nächsten Wochen war Bambi – fast wie bisher – ständig im Schiff unterwegs. Und doch war alles jetzt ganz anders. Sie sprach und lachte mit der Mannschaft und beantwortete unzählige Fragen.
Und als die Crest XII auf Terra landete, wurde Bambi wie ein hochgestellter Gast empfangen. Perry Rhodan vergaß nicht, dass sie die Herrscherin ihrer Welt war. Hier führte sie dann auch wieder ihren richtigen Namen, Illana. Nur für die Besatzungsmitglieder des Flaggschiffes blieb sie weiterhin Bambi.
Fast ein halbes Jahr lang ließ sie sich Terra zeigen, flog zu den schönsten und beeindruckendsten Gegenden und Städten. Ebenso interessierte sie sich für die verschiedenen Wirtschaftszweige und Handelswaren Terras. In mehreren Gesprächen bekannte sie, dass sie durchaus gerne darauf hinarbeiten würde, mit Terra in Handelsbeziehungen zu treten. Allerdings würde dies noch einige Zeit benötigen, da ihr Volk sich erst wieder daran gewöhnen müsse, mit den sogenannten Barbarenvölkern direkten Kontakt zu bekommen.
Und irgendwann bat sie Perry Rhodan schließlich um ein Gespräch, um über ihre Rückkehr zu ihrer Welt zu sprechen. Sie trafen sich zusammen mit Atlan in Perrys gemütlichen Bungalow. Er führte sie in das große Wohnzimmer: „Du hast darum gebeten, dieses Gespräch privat zu behandeln. Ich denke, dann ist es angebracht, dies auch in einem gemütlichen Rahmen abzuhandeln.“
Illana setzte sich und schmunzelte: „Ja, es wird noch genügend offizielle Gespräche mit deinen Wissenschaftlern und Offizieren geben. Aber die grundlegenden Dinge würde ich gerne mit dir und Atlan direkt besprechen. Eine Rückkehr in meine Welt ist nicht so einfach. Es geht nicht darum, an einen bestimmten Ort in dieser Galaxis zu fliegen. Wir müssen dazu in eine andere Existenzebene wechseln, und das geht nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen.“
Sie erläuterte ihnen, dass es gewisse interstellare Orte gab, an denen das Zusammenspiel von Strahlung und Gravitationskräften besondere energetische Zustände bildeten. Nur dort konnte man mit den auf Terra vorhandenen technischen Möglichkeiten einen Übergang in Illanas Existenzebene schaffen.
Atlan sah sie fragend an: „Und warum wolltest du dies erst mit uns besprechen? Das muss gut geplant werden. Wir werden eine ganze Reihe von Wissenschaftlern darauf ansetzen müssen.“
Illana grinste: „Das stimmt schon. Aber ich möchte auf eine ganz bestimmte Art und Weise zurückkehren. Und dazu brauche ich die Mannschaft der Crest. Ich möchte mehrere Dinge erreichen. Zum einen muss ich natürlich sicherstellen, dass ich Revano als Verräter bloßstellen kann. Zum anderen hatte er Hilfe – und zwar von mehreren Personen. Die eine ist mir bekannt – und ich weiß, dass derjenige mit seinem Handeln keinen Verrat begehen wollte. Das ist etwas schwierig zu erklären.“
Sie überlegte eine ganze Weile, bevor sie weitersprach: „Es gibt bei uns eine Gruppe, wir nennen sie die Weisen. Ihr würdet vermutlich Berater dazu sagen. Sie helfen dem jeweiligen Herrscher. Darüber hinaus sind sie die einzigen, die ausführliche Kenntnisse über unsere Geschichte haben. Sie wissen, wie gefährlich unsere jetzige Isolation für unsere weitere Entwicklung ist. Wir laufen Gefahr zu degenerieren. Varenen, einer der Weisen, war deshalb sehr froh, dass ich mich für die Barbarenwelten interessierte und hat mir geholfen, mehrmals mit Welten eurer Art Kontakt aufzunehmen. Er wusste, wie gerne ich mehr über Wesen wie euch erfahren hätte.“
Sie zuckte mit den Schultern. „Gleichzeitig jedoch war es wichtig, dass ich die Herrschaft über unser Volk antrat, da der vorige Herrscher verstorben war. Und beides ging nicht. Unsere Gesellschaft benötigt einen Herrscher, unsere Kultur würde sonst sehr schnell zerbrechen. Ich bin mir völlig sicher, dass es Varenen war, der Revano scheinbar geholfen hat. Damit konnte er mir einerseits die Möglichkeit geben, den Kontakt mit den Barbarenwelten weiter aufzubauen und sorgte gleichzeitig dafür, dass ein Herrscher vorhanden war.“
Sie lachte leise auf: „Allerdings hat er mit Sicherheit nicht damit gerechnet, dass meine Abwesenheit derart lange dauert. Nun, es soll seine Strafe sein, da er sein Vorhaben nicht mit mir abgesprochen hat.“
„Wenn er hinter deinem Rücken gehandelt hat, warum bist du dir dann so sicher, dass dieser Varenen nicht doch mit Revano unter einer Decke steckt?“
Illana grinste breit: „Weil es sonst ein etwas zu großer Zufall gewesen wäre, dass Revano den Übergang ausgerechnet zu einer terranischen Welt, bzw. einem terranischen Schiff aufgebaut hat. Varenen jedoch wusste, dass ich den Kontakt mit Terra suche.“
Verblüfft sahen die beiden die junge Frau an. „Das war kein Zufall?“
Sie schüttelte den Kopf. „Mit Sicherheit nicht. Und bevor die nächste Frage kommt: Ich habe einen ganz persönlichen Grund, weshalb ich gerade diesen Kontakt gesucht habe.“ Sie genoss die gespannten Mienen, auf diese Eröffnung freute sie sich schon seit geraumer Zeit. Obwohl sie immer noch nicht abschätzen konnte, wie ihre nächsten Worte aufgefasst werden würden.
„Meine Mutter – wir haben andere Begriffe dafür, aber bleiben wir bei euren sprachlichen Worte, – gehörte zu denjenigen, die sich für Barbarenwelten interessieren. Sie hat mit Hilfe der Weisen vor geraumer Zeit einen Übergang geschaffen und sich eine Weile auf einer Barbarenwelt aufgehalten. Auf Terra, um genau zu sein.“
Sie schmunzelte, als sie sah, wie beide Männer plötzlich schluckten. „Sie nannte sich hier Rowira.“
Atlan wurde bleich. Perry Rhodan schluckte noch einmal, dann hob er sein Glas. „Herzlichen Glückwunsch zu deiner Tochter, Arkonide.“
„Bei allen Göttern Arkons“, ächzte der nur noch.
Illana nickte bestätigend auf seinen fragenden Blick. „Ja, es stimmt. Als Rowira wieder zu uns zurückkehrte, trug sie mich schon in sich. Ich kann es nicht anders ausdrücken, wir unterscheiden uns zu sehr von euch. Doch hier war sie eine Menschenfrau und wurde als solche schwanger. Und ich war ziemlich neugierig auf das Volk und das Wesen, das Rowira derart faszinierte, dass sie dies zuließ. Allerdings muss ich hinzufügen, dass wir das, was ihr Familie nennt, nicht kennen.“
Atlan hatte sich schon wieder gefangen. „Warum bekennst du das erst jetzt?
Sie hob die Schultern: „Eure Mentalität ist mir fremd. Ich war mir nicht sicher, wie du darauf reagierst. Ich bin ein völlig fremdartiges Wesen, auch wenn ich wie ein Mensch aussehe. Es gab zwei Möglichkeiten, die ich ausschließen wollte – oder vielmehr, bei denen ich geschwiegen hätte.“
Er hob die Augenbrauen. „Welche?“
„Nun, wenn es dich abgestoßen hätte, ein derart fremdartiges Wesen gezeugt zu haben, hätte ich nichts gesagt. Warum sollte ich dir das antun? Aber es hätte auch das Gegenteil eintreten können. Und ich bin nicht in der Lage, in dir das zu sehen, was man hier Vater nennt. Inzwischen bin ich sicher, dass du das akzeptieren kannst.“
Langsam begann Atlan zu schmunzeln. „Ich glaube, damit kann ich leben. Und dieser Varenen weiß davon und du glaubst, er wollte dir die Möglichkeit geben, uns bzw. mich kennenzulernen. Warum hat er das dann nicht offen gemacht?“
„Weil ich abgelehnt hätte. Meine Verpflichtung gegenüber meinem Volk wäre mir wichtiger gewesen. Varenen fiel es sicher leicht, Revano zu überzeugen, die Art der Öffnung ihm zu überlassen.“
„Aber was Revano dir dann noch antat? Wenn Varenen in Wirklichkeit auf deiner Seite steht, wie erklärst du dir das dann?“
„Das war nicht Varenen. Dazu ist er nicht fähig. Ich weiß nicht, wer dafür verantwortlich ist. Revano selbst wusste mit Sicherheit, was mit mir geschehen würde, doch er hatte nicht die Möglichkeit, dieses Gift zu beschaffen. Wer dahinter steckt, werde ich jedoch herausbekommen.“
Perry überlegte schon weiter: „Du hast davon gesprochen, auf eine bestimmte Art zurückzukehren. Was meinst du damit?“
Illana sah ihn spitzbübisch an: „Da hoffe ich auf diese spezielle, terranische Art, die ihr Bluff oder Scharade nennt.“
„Kannst du das genauer erläutern?“
Sie konnte. Nachdem sie ihren Plan genauestens ausgeführt hatte, grinste Perry von einem Ohr zum anderen, während Atlan Illana völlig fassungslos anstarrte. Gewisse Bedenken hatte der Terraner jedoch: „Du bist dir völlig sicher, dass wir damit niemanden gefährden? Was ist, wenn Leute in den Gebäuden sind?“
Die junge Frau schüttelte den Kopf: „Ich werde garantiert kein einziges Leben aufs Spiel setzen. Es wird niemand auch nur verletzt werden. Doch es wird den Leuten zeigen, dass unsere Isolierung kein echter Schutz ist. Und dass eine Öffnung und eine Kontaktaufnahme mit Barbarenvölkern deshalb auch keine Gefährdung darstellt. Jedes Barbarenvolk, das zufällig oder gezielt den Wechsel in unsere Existenzebene schafft, könnte uns angreifen. Euer Auftauchen wird dies überzeugend demonstrieren. Und durch einen gezielten Kontakt können wir dies beobachten und kontrollieren.“
Die Vorbereitungen für das Unternehmen „Bambi“ liefen sofort an. Eine Gruppe Wissenschaftler und Techniker kümmerte sich intensiv um alle Voraussetzungen, die bei diesem Flug erfüllt werden mussten. Und die Mannschaft der Crest wurde in Illanas Plan eingewiesen. Die Männer waren von dem Plan begeistert. Atlan beschimpfte sie fast täglich als ewige Barbaren: Terraner würden niemals eine echte Zivilisation erreichen, wenn sie mit einer derartigen Begeisterung jede Möglichkeit aufgreifen würden, sich als primitive Tyrannen aufzuführen. Die Mannschaften grinsten dann jedoch nur und erinnerten ihn daran, dass seine Rolle in diesem Spiel genauso barbarisch war.
Das riesige Flaggschiff Terras näherte sich langsam und vorsichtig dem Planeten. Perry studierte die Anzeigen, die die Oberfläche wiedergaben: Drei Kontinente, die durch schmale Landbrücken miteinander verbunden waren, zeigten sich dort. Es gab mehrere Gebirge, teils alte, schon weitgehend abgetragene, aber auch Gebiete, die von hohen, schroffen Bergen bedeckt waren. Die Ozeane waren meist flach, nur wenige Gebiete zeigten eine Wassertiefe von mehr als zweitausend Metern.
In Anflugrichtung wurde nun eine Stadt erkennbar. Im Zentrum lag ein riesiger, freier Platz, der von niedrigen Gebäuden umrahmt war. Eine breite Prachtstraße führte von dort zu einem palastartigen Gebäudekomplex.
Perry Rhodan runzelte die Stirn: „Es wird doch mit Sicherheit zu einer Panik kommen, wenn wir dort landen. Willst du das wirklich riskieren?“
Bambi lächelte: „Das Gegenteil wird eintreten. Die Leute werden in Scharen auf den Platz kommen. Die Neugier wird viel größer sein. Wir sind viel zu überzeugt, dass uns nichts geschehen kann. Die Furcht wird erst geweckt werden, wenn ihr das Schiff verlasst. Und selbst dann werden die meisten eher fasziniert sein.“
Nicht nur Atlan sah sie ungläubig an. „Dein Volk wird doch bemerken, dass wir die Schutzanlagen vor der Landung angreifen. Das sollte doch deutlich genug machen, dass wir nicht in friedlicher Absicht kommen.“
„Natürlich macht es das. Dennoch wird niemand wirkliche Angst haben. Wir haben einen Schutz, auf den wir uns immer verlassen können. Die Flamme wird jedoch abwarten. Sie greift nicht an, sie schützt. Und da von euch niemand direkt bedroht wird, kann euch nichts geschehen.“
Langsam senkte sich das Schiff in die Atmosphäre hinab. Noch war es von der Oberfläche aus nicht sichtbar. Nur wer sehr aufmerksam den Himmel studieren würde, könnte das winzige, silbrig leuchtende Pünktchen ausmachen, das jedoch stetig größer wurde.
„Feuerleitzentrale!“
„Sir!“
„Zielpunkte erkannt?“
Sieben kreisförmige, kegelartige Gebäude umgaben die Stadt. Die Kegelspitzen ragten mehr als tausend Meter in die Höhe.
„Erkannt und anvisiert, Sir. Sir? Sind da wirklich keine Personen drin? Sollen wir tatsächlich ohne jede Vorwarnung angreifen?“ Major Harris war mehr als besorgt. Dieser Angriff behagte ihm überhaupt nicht. Die Leute dort unten, wie auch immer sie in Wirklichkeit aussehen mochten, waren unschuldig.
In der Zentrale trat Bambi vor das Mikrofon: „Ich versichere dir, Major Harris, ich würde niemals auch nur einen einzigen Lucogenter opfern oder in echte Gefahr bringen. Die Schutzmechanismen sind seit langer Zeit völlig automatisiert. Niemand von uns würde auch nur auf den Gedanken kommen, dorthin zu gehen. Diese Gebäude werden von uns ignoriert. Sie entstammen einer Zeit, an die wir uns nicht einmal mehr erinnern.“
„Ich hoffe sehr, dass sich das in den letzten drei Jahren nicht geändert hat“, knurrte Perry. Auch ihm gefiel dieses Vorgehen nicht. Doch sie hatten Bambis Plan zigmal durchgesprochen und sich damit einverstanden erklärt.
Er seufzte kurz auf, dann richtete er sich auf. Fest und knapp kamen seine Befehle: „Bei einer Höhe von zwölf Kilometern, Feuer auf alle Kegel eröffnen. Die Gebäude müssen möglichst gleichzeitig zerstört werden. Freigabe erteilt, bitte bestätigen.“
Gucky sprang herbei. „Du machst dir umsonst Sorgen. Da ist tatsächlich niemand. Ich habe das ganze Gebiet überprüft. Die Stadt wimmelt vor Leben, aber in den Außengebäuden denkt nicht ein einziger. Dein Volk ist seltsam, Bambi, das muss ich schon sagen“, wandte sich der Mausbiber nun an die Frau.
„Es wundert mich, dass du ihre Gedanken überhaupt empfangen kannst, Gucky.“
Guckys Ohren wackelten. „Ich kann deine doch auch lesen.“
„Ich bin angepasst. Und noch habe ich diese Anpassung nicht abgeschüttelt. Ihr hingegen könnt ohne dies in unsere Existenzebene gelangen. Ihr werdet dort unten Personen sehen, die wie Menschen aussehen. Doch das täuscht, nur eure Augen bzw. eure Gehirne werden euch dies zeigen. Die Wirklichkeit dort sieht anders aus.“
Gucky starrte auf die Monitore. „Naja, die Gedanken, die ich empfange, sind allerdings sehr seltsam. Ich kann erkennen, dass die Leute dort denken, aber wirklich begreifen kann ich ihre Gedanken nicht. Es ist anders wie bei dir oder den Menschen allgemein.“
„Höhe Zwölftausend Meter erreicht“, erscholl Oberst Russons Stimme. Gleichzeitig schüttelte die Crest sich kurz, als die Waffentürme aktiviert wurden. Auf der Oberfläche des Planeten explodierten die kegelförmigen Gebäude. Der krachende Lärm ließ die Häuser fast erzittern. Binnen weniger Sekunden umschloss ein Flammenring die Stadt, riesige Staubwolken wuchsen in den Himmel empor.
Plötzlich rissen die Offiziere der Crest die Augen auf. Etwas Seltsames geschah. Die Flammen duckten sich, als würde ihnen der Sauerstoff entzogen. Und die Staubwolken dehnten sich zwar weiterhin in die Höhe aus, wurden jedoch nicht breiter. Die Luft direkt über der Stadt blieb völlig frei und klar.
„Was bedeutet das?“
Bambi lächelte. „Die Flamme. Sie verhindert, dass die Stadt Schaden nimmt.“
„Das Kind?“ Perry sah verblüfft zu, wie die Flammen niedriger wurden und binnen weniger Minuten völlig erstickten. „Und du bist sicher, dass sie dennoch nichts gegen uns unternehmen wird? Sie scheint ja wohl einige Macht zu haben.“
Bambi nickte. „Die Flamme schützt, sie greift niemals an. Du kannst landen, Perry, es wird nichts geschehen. Ich versichere es dir.“
Die Crest XII senkte sich auf den riesigen Platz in Zentrum der Stadt hinab. Die letzten tausend Meter ließ Oberst Russon das Schiff nur noch meterweise absinken, um zu verhindern, dass durch die verdrängten Luftmassen ein Sturm entfacht wurde. Um den Platz herum hatten sich unzählige Personen versammelt, die das landende Schiff beobachteten. Perry schätzte die Menge auf mindestens fünftausend Lucogenter.
In der Landeschleuse der Crest hatte sich inzwischen die Landeeinheit formatiert. Die Männer sahen wild verwegen aus. Nicht ein einziger trug die terranische Uniform. Stattdessen waren sie mit schreiend bunten Umhängen ausgerüstet worden. Die Kleidung selbst war eine Mischung aus archaischen Ledersachen, Teilen von scheinbar mittelalterlichen Rüstungen – die jedoch wesentlich leichter und undurchdringlicher waren als sie aussahen – und allen möglichen expeditionellen Kleidungsstücken, die auf eine Art zusammengewürfelt waren, dass ein geradezu groteskes, barbarisches Gesamtbild entstand.
In der Zentrale hatten sich Perry Rhodan, Atlan und mehrere Offiziere ähnlich ausstaffiert. Allerdings war ihre Kleidung wesentlich protziger. In den breiten Gürteln steckten dolch- und schwertähnliche Waffen, die jedoch allesamt mit Zusatzfunktionen ausgestattet waren. Dagegen fielen die kleinen, modernen Waffen kaum auf, die unscheinbar in den Gürteltaschen verstaut waren.
Die Offiziere grinsten sich an, während Atlan sie grimmig betrachtete. „Ihnen scheint das ja großen Spaß zu machen. Was mal wieder typisch für euch Terraner ist. Ihr werdet nie wirklich zivilisiert werden.“
Perrys Lachen ließ seine Miene derart lausbubenhaft wirken, dass Atlan sich jedes weitere Wort verkniff. Diese Terraner waren einfach unbelehrbar. Er war sich dagegen sicher, dass das scheinbar so friedliche Volk da draußen wesentlich gefährlicher war, als es aussah. Und ob Bambis Versicherung, dass niemand sie angreifen würde, tatsächlich stimmte, würde sich erst noch herausstellen.
Das verhaltene Stimmengewirr der Menge verstummte, als sich die Schotte des Schiffes öffneten. Eine Formation Kampfroboter stampfte die Rampe herab und stellte sich auf. Danach rannten die ‚Barbaren‘ mit lauten Kampfgeschrei aus dem Schiff. Sie verteilten sich scheinbar völlig ungeordnet. In Wirklichkeit jedoch achteten sie peinlich darauf, dass sie die Menge gut im Blick hatten und jeden Angriff rechtzeitig bemerken würden.
Erst danach schritten Perry, Atlan und die Offiziere die Rampe hinab. Grimmig blickten sie über die Menge hinweg. „Wer hat hier das Sagen?“, brüllte einer der Offiziere los. „Derjenige soll hier auftauchen, aber plötzlich! Der Herrscher von Terra will ihn sprechen.“
Atlan murmelte: „Siehst du, was ich sehe? Spielt uns unser Gehirn einen Streich oder was soll das?“
Perry musterte die Menge und erwiderte ebenso leise: „Bambi hat uns gewarnt. Wir sehen nicht die Wirklichkeit. Ich würde sagen, unsere Gehirne haben gewisse Schwierigkeiten, passende Entsprechungen zu finden.“
Tatsächlich sah die Menschenmenge erstaunlich aus. Sowohl die Gesichter als auch die Kleidung wirkte, wie aus sämtlichen terranischen Kulturen zusammengewürfelt: Traditionell asiatisch, indianisch, mittelalterlich europäisch war genauso vertreten wie moderne terranische Kleidung und Ausstattung. Perry verkniff sich mühsam ein Grinsen, als er sogar typisch spanische Torero-Anzüge und Wikinger-Kleidung erkannte. Er fragte sich, wie die Leute tatsächlich aussahen.
Eine Gruppe von fünf Personen löste sich aus der Menge und kam auf sie zu. Sie schienen weite, knielange Roben zu tragen, darunter konnte man enge Stiefel erkennen. Sie wirkten allesamt schon älter.
„Das sind wohl die Berater“, murmelte Perry. „Revano scheint nicht dabei zu sein. Oberst Russon, Ihr Auftritt.“
Der trat vor und blickte den Lucogentern herausfordernd entgegen: „Name?“, bellte er unwirsch.
„Mein Name ist Selwan, Fremder“, begann er, wurde jedoch sofort rabiat unterbrochen.
„Wo ist dieser sogenannte Herrscher Revano? Wir haben nach ihm verlangt, nicht nach irgendwelchen unwichtigen Sprücheklopfern“, brüllte Oberst Russon los. „Holt ihn gefälligst her, oder ihr lernt uns kennen!“
Selwan schluckte. „Wie du wünscht, Fremder.“ Er wandte sich einem seiner Begleiter zu. Der nickte und schritt wieder zurück, in Richtung der Prachtstraße.
„Geht’s auch etwas schneller?“, tobte der Oberst. „Oder sollen wir euren Palast vernichten? Dann kommt euer Herrscher vielleicht selbst auf den Gedanken, hier zu erscheinen.“
Der Mann begann zu rennen und der Oberst tarnte sein Lachen durch ein wütendes Schnauben.
Selwan sah ihn erschrocken an: „Es ist sicher nicht nötig, Gewalt anzuwenden. Würdest du mir deinen Namen sagen und wer ihr seid?“
Russon baute sich vor ihm auf und knurrte bösartig: „Wir sind Terraner und dies hier“, er deutete großspurig auf Perry Rhodan, „ist unser Herrscher. Du wirst ihn mit Erhabener ansprechen.“
Selwan wurde sichtbar blass: „Terraner?“
Wieder wurde er rigoros unterbrochen: „Und wir sprechen nicht mit untergeordneten Speichelleckern. Wo bleibt dein Herrscher?“
In diesem Moment teilte sich die Menge und ein Mann trat zögernd auf die Terraner zu.
Perry Rhodan ging ihm wenige Schritte entgegen. Ein triumphierendes, gleichzeitig geringschätziges Lächeln auf dem Gesicht sprach er ihn an: „Revano. Wie schön, dass du dich blicken lässt. Ich bin Perry Rhodan, Herrscher von Terra. Und ich möchte mich bei dir bedanken.“ Seine Stimme – technisch verstärkt – schallte über den Platz.
„Be … bedanken? Wofür denn?“, fragte Revano verdutzt.
Perrys Lächeln wurde noch sarkastischer. „Für deine Hilfe natürlich. Mit deinem Geschenk an uns, hast du uns die Möglichkeit gegeben, eure Welt zu finden. Wir werden uns hier niederlassen und eure Welt für unsere Zwecke verwenden.“
Man sah Revano an, dass er kein Wort verstand. Perry blickte zu Atlan und nickte ihm zu. Mit einem verächtlichen Blick zu dem Lucogenter befahl dieser: „Holt die Sklavin!“
Zwei Männer stürmten die Rampe herauf. Wenige Augenblicke später erschienen sie wieder und stießen brutal eine Gestalt vor sich her. Bambi war in armselige Lumpen gekleidet, sie hielt die Augen gesenkt und stolperte zu Atlan. Ein brutaler Schlag – niemand konnte erkennen, dass der Offizier sie in Wirklichkeit nur leicht anstieß – ließ sie neben Atlan in die Knie brechen. Leise wimmerte sie auf.
„Dieses Geschenk meine ich“, erklärte Perry dem verblüfften Revano grinsend. „Die Sklavin hat uns alles über deine Welt berichtet. Natürlich nicht gerade freiwillig, aber dank deiner Machenschaften konnten wir ihren Widerstand schnell brechen. Schmerzen sind dabei sehr wirksam.“
Atlan griff in Bambis Haare und riss ihren Kopf zurück. Ein qualvoller Aufschrei entrang sich ihr. Selwan wurde totenbleich, entsetzt starrte er die junge, verwahrloste Frau an. „Ewige Flamme“, stöhnte er leise auf. „Was habe ich getan?“
Revano wich zurück. „Ich verstehe nicht … was meinst du damit?“
Perry lachte gehässig: „Du verstehst nicht? Dabei ist es doch so einfach, Revano. Du hast diese Sklavin durch eine Dimensionsöffnung auf unser Schiff gebracht. Damit wollest du dir hier die Herrschaft sichern. Sie stand dir dabei im Weg. Du hast geglaubt, wir wären so dumm, sie zu töten. Wir haben bessere Verwendung für sie gehabt. Sie besaß alle Informationen, die wir benötigten, um einen Weg in eure Existenzebene zu finden. Und ihr seid uns ausgeliefert. Wir werden über euch herrschen.“
Eine kleine Gestalt tauchte hinter den Beratern auf. Atlan beobachtete sie aufmerksam. Erstaunt bemerkte er, dass das Mädchen genauso aussah, wie vor drei Jahren. Sie schien nicht älter geworden zu sein. Fassungslos sah das Kind auf Bambi, Tränen schimmerten in ihren Augen. Perry musste sich zusammenreißen, um nicht aus seiner Rolle zu fallen.
„Illana“, flüsterte sie erschüttert.
Atlan bemerkte eine weitere Bewegung und fuhr herum. Ein junger Mann hatte sich genähert. Mit einem seltsamen Ausdruck musterte er Bambi, die noch immer neben Atlan kniete. „Stehenbleiben!“
Drei Männer der Landeeinheit stürmten mit erhobenen Waffen herbei. Der Mann wich zurück. Das kleine Mädchen hob die Hände in Richtung der Fremden, senkte sie dann jedoch wieder, als erkennbar wurde, dass dem Mann nichts geschah. Die Terraner achteten tunlichst darauf, niemanden direkt zu bedrohen.
Revano hatte hoffnungsvoll auf das Kind gesehen, nun biss er sich auf die Lippen. „Ihr seid Barbaren. Ihr könnt hier nicht leben. Ihr kennt unsere Möglichkeiten nicht. Wir haben eure Landung geduldet, doch ihr werdet nichts gegen uns ausrichten können.“
Wieder lachte Perry hart auf: „Vielleicht glaubst du das tatsächlich, Revano. Doch du irrst dich. Wir kennen eure Möglichkeiten genau. Das Kind, auf das du hoffst, wird nichts gegen uns unternehmen können. Die Flamme greift niemanden an. Sie schützt euch, doch wir haben nicht vor, euch anzugreifen. Niemandem auf dieser Welt wird durch uns etwas geschehen. Damit sind wir vor den Kräften der Flamme sicher.“
Atlan übernahm, seine Stimme war erbarmunglos: „Aber die Reichtümer eurer Welt werden uns gehören. Ihr werdet für uns arbeiten und uns gehorchen. Sonst werden wir eure Schutztürme zerstören. Und damit werden die Grenzen zwischen eurer und unserer Existenzebene aufgehoben. Ihr werdet wieder in unsere Dimension zurückfallen.“
Ein kollektives, schockiertes Aufstöhnen war zu hören. Hatte die Menge bisher fast schweigend zugehört, kam nun Bewegung in die Lucogenter. Zum ersten Mal, seit die Terraner aufgetaucht waren, wirkten sie ängstlich. Die Berater, allen voran Selwan, starrten die Terraner angsterfüllt an. Ihre Blicke irrten von Revano zu dem Mädchen.
Der starrte ebenfalls das Kind an. „Tu etwas“, flehte er.
Angst, aber auch Verachtung spiegelte sich auf ihrem verzweifelten Gesicht: „Du hast uns vernichtet. Du kannst das Licht nicht rufen. Wie soll ich denn helfen, wenn du unfähig bist?“
Perry warf einen Blick auf Bambi. Verdammt, wie lange sollten sie diese Farce noch durchziehen? Die sichtbare Qual des Kindes drehte ihm das Herz im Leib um. Erleichtert atmete er auf, als Bambi endlich aufstand.
Aufrecht und selbstbewusst trat sie vor die Terraner. Nichts an ihr ähnelte noch dem verschüchterten, demütigen Geschöpf, das sie gerade noch dargestellt hatte. Sie hob die Hände, ihre Fingerspitzen leuchteten hell.
Das Mädchen riss die Augen auf: „Illana!“ schrie sie auf, stürzte auf die Frau zu und umklammerte sie ungestüm.
Sanft schob diese das Kind von sich. „Bald, Liebes. Noch ist es nicht zu Ende“, flüsterte sie. Dann sah sie Revano herausfordernd an.
„Du willst der Herrscher der Welt sein. Warum beschützt du unsere Welt dann nicht? Barbaren landen ohne jeden Widerstand und erklären dir, dass sie euch versklaven werden. Warum handelst du nicht? Rufe das Licht und vertreibe die Barbaren. Es ist deine Pflicht als Herrscher, die Welt zu schützen.“
Selwan wollte vortreten, eine Handbewegung Illanas verhinderte dies jedoch sofort. „Du wartest, Berater. Mit dir spreche ich später.“ Sie wandte sich wieder Revano zu: „Nun, damit dürfte offensichtlich sein, dass du unfähig bist, das Licht zu rufen. Du bist kein Herrscher.“
„Du auch nicht. Die Barbaren haben dich versklavt. Du bist ein Barbarenwesen geworden“, Revano wollte so einfach nicht aufgeben.
Illana lachte hell auf. „Die Terraner sind meine Freunde geworden, du Dummkopf.“ Dann hob sie die Hände. Funken sprühten aus ihren Fingerspitzen.
Atlan kniff die Augen zusammen. Bambis Aussehen veränderte sich nicht, doch er war sich sicher, dass irgendetwas geschehen war. Die aufgeregte Reaktion der ‚Menschen‘-menge bestätigte seine Vermutung.
Das Kind begann zu strahlen. „Endlich. Bitte, Illana. Ich konnte so lange nicht mehr funkeln.“
Die Frau lächelte liebevoll. „Jetzt kannst du es, kleine Flamme. Werde zum Licht!“
Ein Leuchten ging von dem Kind aus, verstärkte sich und ihr Körper löste sich auf. Doch nicht völlig. Abertausend Funken stoben in die Höhe und tanzten über den Köpfen der Lucogenter und Terraner. Die Lichtfunken bildeten Wellen und Kreise, überschlugen sich wie übermütige Kobolde; unzählige Muster drehten, kreisten und ringelten sich hoch in der Luft. Ein glockenhelles Lachen schwirrte über den Platz.
Keiner der Terraner schaffte es noch, in der Rolle als gewalttätige Barbaren zu bleiben. Lachend blickten sie in die Höhe. Die Freude, die die Lichtfunken ausstrahlten, war für alle fühlbar und unglaublich ansteckend.
Die Lucogenter streckten die Arme empor und jubelten. Selbst die Berater gaben ihre würdevolle Haltung auf und lachten mit. Nur Selwan und der noch unbekannte junge Mann, der aus der Menge getreten war, blieben stumm. Der Berater hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen und rang nach Atem. Nun ließ er langsam die Hände sinken und sah Illana an: „Ich habe jede Strafe verdient. Was ich getan habe, war unverzeihlich.“
„Ich kenne deine Gründe, Selwan. Aber du hast mich dennoch verraten. Über dich wird gerichtet werden, doch wirst du mir erst helfen, hier die Ordnung wiederherzustellen.“
Selwan nickte stumm zu Illanas Worten.
„Revano! Du hast dich gegen alle Regeln unseres Volkes vergangen.“ Ein kleines, allerdings sehr zynisches Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Erinnerst du dich noch, was ich dir zuletzt gesagt habe? Hoffe, dass dein Handeln während meiner Abwesenheit nicht noch mehr Verfehlungen zeigt. Selwan begleitet dich zum Palast zurück. Du wirst dort auf mich warten.“
Atlan beobachtete die junge Frau und grinste innerlich über Revanos Gesicht. Der wusste offensichtlich nicht, ob er empört, ängstlich oder wütend sein sollte. Doch Illanas Stimme war hart und in einer Weise beherrschend, dass der Mann keinen Widerspruch wagte. Der Arkonide begann zu schmunzeln. Hatte er Bedenken gehabt, dass die sanfte, junge Frau nicht in der Lage sein könnte, mit den Schwierigkeiten, die sie erwarteten, fertig zu werden?
Während Selwan unmissverständlich Revanos Arm nahm und fortführte, warf der Arkonide einen forschenden Blick auf seinen Freund. Perry Rhodan grinste ihn an. „Die Frau ist hart wie Arkonstahl, wenn es darauf ankommt, Freund“, murmelte der Terraner. „Du hast dich von ihrem hübschen Gesicht täuschen lassen – was zugegebenermaßen selten vorkommt.“
„Du anscheinend nicht“, brummte Atlan missmutig.
„Ich habe nicht vergessen, wie sie damals auf Revano reagiert hat, trotz ihrer schwierigen Lage. Bambi ist nicht Illana.“
Diese wandte sich nun dem jungen Mann zu, der sie immer noch anstarrte. Leise, täuschend sanft sprach sie ihn an: „Du sagst nichts, Lorin? Nun, vielleicht bist du jedoch bereit, meine Fragen zu beantworten?“ Ihre Stimme wurde ein klein wenig schärfer und der Mann zog die Schultern hoch.
Perry überlegte kurz und nebenher, welche Bewegung er wohl in Wirklichkeit gemacht hatte. Er durfte nicht vergessen, dass alles, was sie sahen, in gewisser Weise Täuschungen waren. Obwohl es leicht war, diese Wesen einfach als Menschen zu sehen.
„Warum war es dir so wichtig, dass ich verschwinde? Du kennst Revano lang genug … doch du wolltest glauben, dass er das Licht rufen kann, nicht wahr? Dass alles dagegen sprach, hast du einfach beiseitegeschoben. Er ist reinen Blutes – im Gegensatz zu mir. Das war alles, was für dich zählte.“
„Du hast es verschwiegen“, stieß Lorin hervor.
Illana schüttelte den Kopf. „Es war nie ein Geheimnis. Ich habe es nicht betont oder ständig darüber gesprochen, warum auch? Jeder, der sich über mich informierte, wusste, dass ich von einem Barbaren gezeugt wurde.“ Leise seufzte sie auf. „Nur siehst und hörst du nur das, was du sehen und hören möchtest. Und dann konntest du die Wahrheit plötzlich nicht mehr vor dir selbst verbergen. Aber es war leichter, mir die Schuld zu geben, nicht wahr? Was mich wirklich interessieren würde“, schlagartig war jede Sanftheit aus ihrer Stimme verschwunden, „worum ging es dir hauptsächlich, Lorin? Um persönliche Rache und Vergeltung? Oder glaubtest du tatsächlich, dass ich nicht das Recht auf die Herrschaft über die Welt habe?“
Sie hob ihre Hände, wieder leuchteten ihre Fingerspitzen. Der Mann taumelte zurück, doch das Licht, das aus Illanas Händen flog, erreichte ihn mit Leichtigkeit und umhüllte ihn. Ein Teil der Funken, die noch immer über dem Platz tanzten, stob herunter und verband sich mit diesem Licht. Lorin schlug die Hände vor das Gesicht und sank in die Knie.
„Bitte“, schluchzte er.
„Sag die Wahrheit!“, befahl Illana.
Ganz langsam hob der Mann den Kopf, seine Augen begannen wie im Fieber zu leuchten, sein Gesicht verzerrte sich. „Du hast mich getäuscht. Ich habe an dich geglaubt, doch du bist unwürdig. Wie willst du über die Welt herrschen? Du bist zum Teil ein Barbar! Sie leben wie Tiere! Und ich habe dich berührt! Du hättest es mir sagen müssen.“
Verblüfft hörten Atlan und Perry diesen Ausbruch mit an. Illana wirkte seltsamerweise nicht wütend oder verletzt. „Es ist traurig, dir zuzuhören, Lorin. Und noch trauriger, da ich weiß, dass du nicht als Einziger so denkst. Wir werden viel lernen müssen. Barbaren sind also wie Tiere?“
Illana lachte auf: „Wie seltsam. Du hast Revano das Gift gegeben, du weißt genau, wie Devoran wirkt. Und ich kann dir versichern, dass einzig das Verhalten dieser ‚barbarischen Tiere‘ mir geholfen hat, dagegen anzukommen. Ich habe es den Barbaren zu verdanken, dass ich wieder ich selbst werden konnte.“
Ungläubig irrte Lorins Blick von Illana zu den Terranern. „Das ist doch unmöglich. Barbaren können so etwas nicht. Sie sind grausam.“
„Wie willst du das so genau wissen, Lorin? Wie viel Erfahrung hast du denn mit Barbaren? Hast du jemals versucht, etwas über sie zu erfahren? Oder war es vielmehr viel einfacher, den alten, dummen Geschichten zuzuhören?“
Illana straffte sich. „Du hast versucht, mich durch Revano zu töten, Lorin. Du weißt, was dich erwartet. Geh! Du wirst erfahren, wohin du geschickt wirst.“
Totenbleich erhob sich der Mann, das Licht um ihn erlosch, die Funken lösten sich von ihm. Er schien noch etwas sagen zu wollen, senkte dann jedoch nur den Kopf und stolperte davon.
Einen kurzen Moment schloss Illana die Augen, gab sich dem Schmerz und der Enttäuschung hin. Sie hatte geglaubt, in Lorin einen Vertrauten gefunden zu haben. Doch das war Vergangenheit, und sie hatte noch viele Aufgaben, die jetzt auf sie warteten.
Schon wieder lächelnd hob sie den Kopf und rief: „Nun reicht es, Flamme. Komm wieder runter.“
Ein enttäuschtes Raunen war die Antwort, aber dennoch sammelten sich die Funken und sanken herab. Und ehe die Terraner auch nur blinzeln konnten, stand wieder das Kind vor ihnen. Sie warf sich in Illanas Arme. „Ich bin so froh, dass du endlich wieder da bist. Ich habe dich so vermisst.“
Ungestüm wandte sie sich um und umarmte erst Atlan, dann Perry. „Danke, danke, dass ihr Illana geholfen habt.“
Und noch ehe die beiden etwas sagen oder auch nur reagieren konnten, sprang sie weiter. Alle, die aus der Crest gekommen waren, wurden von ihr umarmt und gedrückt. Illana lachte: „Wenn du jeden hier drücken willst, wirst du eine Weile beschäftigt sein, kleine Flamme. Im Schiff sind noch viele andere.“
„Das ist egal, ich möchte allen danken“, jubelte das Mädchen.
Grinsend drehte Illana sich um. „Sie wird keine Ruhe geben, bis du ihr es erlaubst, Perry Rhodan.“
Der lachte nur: „Die Mannschaft wird nichts dagegen haben, denke ich.“
Illana blickte nun zu der riesigen Menge, die immer noch den Platz säumte. „Ich werde morgen zu allen sprechen. Es wird zu Veränderungen kommen. Revano ist nicht mehr länger Herrscher. Und allen, die besorgt sind, lasst mich eines versichern: Die Fremden hier sind keine Angreifer. Sie sind meine Freunde geworden. Alles Weitere wird in den nächsten Tagen erklärt werden.“
Langsam zerstreute die Menge sich und löste sich auf.
„Ihr seid ein wirklich erstaunliches Volk“, wunderte Perry sich. „Keine Fragen, keine Erklärungen?“
„Das ist nicht nötig, Perry. Wir haben nicht nur die Sprache des Schalls. Ich trage das Licht in mir, das bedeutet unter Anderem, dass ich mein Volk auch mit meinen Gefühlen erreichen kann. Sie spüren, dass es keinen Grund zur Sorge gibt. Und ebenso, dass es mir ernst ist, alle Erklärungen zu geben, sobald es möglich ist. Das genügt ihnen.“
In den nächsten Tagen hatte Illana viel zu tun. Dennoch fand sie immer wieder Zeit, sich den Terranern zu widmen und ihre Fragen zu beantworten. Sie stellte ihnen Führer zur Verfügung, die die Männer und Frauen begleiteten und ihnen die schönsten Stellen ihrer Stadt zeigten. Und schon bald begannen die Wesen dieser Welt, den Fremden neugierig zu folgen und sie anzusprechen.
Manchmal kam es dann zu geradezu grotesken Gesprächen. Die Lucogenter hatten ausgesprochen kuriose Vorstellungen von materiellen Wesen. Perry machte es jedem Besatzungsmitglied zur Pflicht, sich ausführlich mit jedem, der es wollte, zu unterhalten und so langsam ein besseres Verständnis aufzubauen. Er hatte längst erkannt, dass Illana genau dies bezweckte.
Die Crest XII blieb mehrere Monate auf Lucogen. In dieser Zeit wurde der Grundstein für ein ausbaufähiges Handelsabkommen gelegt. Terra würde sehr davon profitieren und Perry machte keinen Hehl daraus, dass ihm an einem Bündnis mit den Lucogentern viel lag, sowohl wirtschaftlich wie politisch. Die Möglichkeiten dieses eigenartigen Volkes waren faszinierend, terranische Wissenschaftler würden unglaublich viel von ihnen erfahren und lernen können. Perry Rhodan war nicht der Mann, der sich eine solche Möglichkeit entgehen ließ.
Illana dagegen war sich bewusst, dass ihr Volk dringend wieder Kontakt zu der eigentlichen materiellen Existenzebene brauchte, um nicht weiter zu degenieren. So war auch sie sehr daran interessiert, den Kontakt zu Terra weiter aufzubauen.
Die persönliche Freundschaft zwischen ihr, Perry Rhodan und Atlan festigte sich dabei automatisch. Dass sie eigentlich sogar Atlans Tochter war, trat dabei jedoch meist in den Hintergrund. Sie selbst konnte überhaupt nicht derart empfinden, und Atlan tat sich in der Vaterrolle auch nicht gerade leicht.
Schließlich flog die Crest XII wieder zurück. Doch der Kontakt zwischen ihnen, sowohl politisch wie privat blieb bestehen. Illana besuchte Terra regelmäßig und diese Reisen wurden von ihr immer und ausschließlich mit der Crest XII durchgeführt. Hier war sie dann wieder Bambi. Sie vergaß niemals, was sie dieser Mannschaft zu verdanken hatte.
- Ende -
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Tag der Veröffentlichung: 23.11.2017
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