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Der erste Tag

Sie parkte den Wagen. Als hätten sie es abgesprochen, blickten die beiden gemeinsam über das Gelände: Die Gebäude der Schule – der großen Parkplatz, auf dem schon vereinzelte Autos standen.  Vor der breiten Einfahrt hielten immer wieder Autos an. Viele Eltern brachten ihre Kinder zur Schule. Dann kam der Schulbus um die Ecke und hielt mit quietschenden Reifen. Die Türen sprangen auf, mit einem Mal wurde es laut. Lachend, redend und einander überschreiend stürzten die Kinder aus dem Bus. Irgendwo in diesem Pulk waren die neuen Mitschüler von Mara. Im Bus waren nur jüngere Schüler, die älteren fuhren selbst. Wagen für Wagen trudelte langsam auf dem Schulparkplatz ein. Die Autos waren meist schon älter, oftmals auch etwas verbeult, aber fast immer liebevoll instandgehalten. Die Jugendlichen – Mädchen wie Jungen – schlenderten einzeln oder in Gruppen zu den Gebäuden.

Die Frau sah das vierzehnjährige Mädchen an: „Bereit?“

Mara nickte: „Klar.“

Doch immer noch machte sie keine Anstalten auszusteigen.

„Ok, komm. Packen wir es an.“

Das Mädchen lachte und verbarg so ihre Unsicherheit. „Wir schaffen das.“

„Natürlich. Trotzdem ist es unser erster Schultag. Und ich weiß nicht, wer von uns beiden das größere Muffensausen hat“, lächelte die Frau.

Mara kicherte: „Keine von uns hat Muffensausen. Wir werden das ganz toll machen.“

Sie umarmte die Frau noch einmal, angelte nach ihrem Rucksack und stieg aus. Ein kurzes Winken, dann wandte sie sich den Gebäuden zu.

„Du musst zum Sekretariat.“

„Weiß ich doch.“

Zielstrebig ging das junge Mädchen auf das Gebäude zu und verschwand rasch aus dem Augen der Frau. Die Menge der Kinder verschluckte sie.

Die Frau blieb noch ein paar Minuten länger sitzen. Sie beobachtete lächelnd, wie die Mädchen sich meistens sofort in kleinen Gruppen zusammenfanden, während die Jungen sich gegenseitig anrempelten und auf die Schultern klopften. Hier gab es keine Gewalt. Hier gab es keine versteckten Messer. Sie beobachtete, wie eines der Kinder stolperte. Mehrere Hände streckten sich aus und halfen dem Mädchen, bevor es fiel.

In ihrer Kindheit hätte es keine ausgestreckten Hände gegeben, eher eine Faust, damit sie auch ja liegenblieb. Die junge Frau lächelte. Sie war endlich weit entfernt von dem Ort, an dem sie aufgewachsen war. Und die geografische Entfernung spielte dabei nicht die geringste Rolle. Wo sie herkam, hatte es keine Gemeinsamkeiten gegeben, keine Freundschaften, keine Gruppen. Einzelkämpfer waren sie gewesen. Jeder hatte ums nackte Überleben gekämpft. Besessen hatte niemand viel.

Mara hatte solche Erinnerungen nicht. Die Frau war dankbar dafür. Ihre kleine Schwester würde niemals alleine sein, niemals ums Überleben kämpfen müssen. Gewalt kannte sie nur aus Berichten, Zeitungen und Fernsehen. Maras Kindheit war geprägt von Fürsorge und Liebe, auch wenn sie keine Eltern hatte. Sie war froh, dass sie Mara dies geben konnte. Auch wenn es oftmals schwer gewesen war, vor allem anfangs. Doch zusammen hatten sie es geschafft. Sie grinste bei diesem Gedanken.

Als die meisten Kinder in den Gebäuden verschwunden waren, stieg auch die Frau aus. Sie nahm ihre Aktentasche und schlenderte zum Sekretariat. Ohne noch weiter zu zögern, öffnete sie die Tür und lächelte die Frau hinter dem Tresen an. Diese blickte neugierig zu ihr hin.

„Kann ich Ihnen helfen?“

„Mein Name ist Nikola Henderson.“

Die Frau begann stärker zu lächeln und streckte ihr die Hand über den Tresen entgegen. „Oh, die neue Lehrerin. Seien Sie herzlich willkommen in Forks. Mein Name ist Cope.“

Dabei glitten die Augen der Sekretärin prüfend über sie hinweg. Nikola ließ die Musterung stillschweigend geschehen. Sie wusste, was die Frau sah: Eine erfolgreiche, selbstbewusste, junge Frau, nicht das verwahrloste Kind aus den Slums, das sie einmal gewesen war. Die gepflegten, glatten, dunklen Haare reichten bis knapp über die Schultern. Das ovale Gesicht mit den schmalen Lippen und den blaugrauen Augen war nur dezent geschminkt. Ihre Kleidung war geschmackvoll, ohne auffällig zu sein.

„Ihre Tochter war vorhin schon hier, ein nettes Mädchen.“

Nikola lachte: „Meine Schwester. Ja, wir wollten nicht unbedingt zusammen hier hereinplatzen.“

Die Sekretärin stutzte: „Oh, Verzeihung, ich dachte …“

„Ich weiß, das passiert öfter, kein Problem“, sie lächelte die Frau hinter dem Tresen an.

„Mara hat die Schule öfter gewechselt, laut dem Bericht, den wir bekommen haben“, Mrs. Cope sah die junge Lehrerin fragend an.

„Ja, leider. Wir sind öfters umgezogen. Aber Mara ist ein selbstbewusstes Mädchen. Es hat ihr keine Probleme bereitet.“

Die Sekretärin nickte und gab Nikola einen Plan der Schule: „Herr Direktor Matthiews möchte Sie gerne sprechen. Er wird mit Ihnen dann den Lehrplan und Ihre Klassen durchgehen.“

„Danke“. Nikola ließ sich den Weg zeigen und ging ihrem ersten Arbeitstag als Geschichtslehrerin an der High School in Forks entgegen.

Mittagspause

„Kommst du mit uns?“

„Gerne. Ich habe fürchterlichen Hunger“, lachte Mara und schloss sich den beiden Mädchen an. Wie erwartet hatte sie schon in den ersten zwei Stunden Kontakt mit ihren neuen Klassenkameraden aufnehmen können. Natürlich nur mit den Mädchen. Die Jungs hatten sie zwar neugierig beäugt, aber nur wenige hatten sie angesprochen. Und dann meist mit so furchtbar intelligenten Bemerkungen, wie: „Hey. Du bist doch die Neue, oder?“

Mara erinnerte sich daran, wie sie einmal an einer neuen Schule zur Antwort gegeben hatte: „Nee, ich bin das Monster von Loch Ness. Was dachtest du denn?“ Allerdings war das keine gute Art gewesen, sich einzuführen. Und so hatte Mara sich hier jede flapsige Bemerkung verkniffen und nur dazu genickt. Doch noch ehe sie ihren Namen nennen konnte, hatte sich der Junge wieder abgewandt. Jungs waren einfach doof.

Obwohl Nicki regelmäßig breit zu grinsen anfing, wenn sie das erklärte, und lachend sagte: „In zwei Jahren sagst du das nicht mehr.“  Da Nicki meistens Recht hatte, war es wohl so. Doch wenn Mara die Jungs so betrachtete, auch die in ihrer neuen Klasse, so würde in den nächsten zwei Jahren noch viel geschehen müssen, wenn sie diese Kerle nicht mehr als doof betrachten sollte.

Die Mädchen hingegen waren nett, manche sehr selbstbewusst, manche stiller. Doch die meisten waren offen auf Mara zugegangen. Einige hatten sie freundlich, neugierig ausgefragt und Mara hatte auch bereitwillig Auskunft gegeben: Ja, sie war ganz neu in Forks zugezogen. Ja, sie hatte eine Schwester. Und wie erwartet waren die Augen der Mädchen ganz groß geworden, als Mara ihnen sagte, dass sie keine Eltern habe. Das wäre doch furchtbar. Doch Mara schüttelte nur den Kopf. Sie war es nicht anders gewöhnt, und Nicki war die beste Mutter, die sie sich überhaupt vorstellen konnte und gleichzeitig ihre Freundin. Wer Nicki sei? Ihre große Schwester, sie würden zusammen leben.

Jetzt ging Mara zusammen mit Sybill und Jenny zur Cafeteria. Die Auswahl dort war gar nicht schlecht. Sie packte sich ihr Tablett voll und die drei Mädchen setzten sich an einen der freien Tische. Mara sah sich um. Die meisten der Schüler waren älter als sie und ihre neuen Freundinnen, was einerseits doof war. Mara gehörte nicht gerne zu den ‚Kleinen‘. Andererseits würde sie so länger mit den Schulkameradinnen zusammen sein können.

Beinahe hätte sie angefangen zu summen. Nikola hatte endlich einen dauerhaften Arbeitsvertrag bekommen. Sie würden nicht mehr alle paar Jahre umziehen müssen und Mara freute sich sehr darauf, hier für immer zu leben.

Jenny sah sie fragend an und Mara lachte: „Ich finde es Klasse hier. Schau mich jetzt bitte nicht so ungläubig an. Es stimmt.“

„Wo hast du vorher gelebt?“

„Mal hier, mal da. Nikola hat in den ersten Jahren immer nur recht kurze Arbeitsverträge bekommen. Jetzt freuen wir uns darauf, hier ein richtiges Zuhause zu finden.“ Mara strahlte die beiden an.

Die meisten Tische waren inzwischen besetzt. Überall hörte man Stimmen und Lachen. Der Lärmpegel stieg rasant an. Nur in einer Ecke des Raumes war es verblüffend still. Mara sah hinüber zu den vier Personen, die dort an einem Tisch saßen. Zwei Jungen und zwei Mädchen, älter als sie selbst, wesentlich älter. Mara staunte. Die beiden Jungen hätten sogar als Erwachsene durchgehen können. Sie wirkten eigenartig. Alle vier saßen stumm am Tisch, fast bewegungslos. Das war ungewöhnlich und irgendetwas war an ihnen seltsam.

Mara wandte sich an ihre neuen Freundinnen: „Jenny?“

„Hm?“

„Wer sind denn die da drüben? Stumm wie die Fische. Sitzen die immer so herum? Oder ist irgendwas?“

„Ach die … das sind die Hales und die Cullens“, kam die abschätzige Antwort.

„Hä?“

„Das sind Freaks. Die bleiben ganz für sich, reden kaum ein Wort. Sie wohnen irgendwo außerhalb der Stadt. Das sind irgendwie Geschwister – Adoptivgeschwister. Verwandt sind sie nicht miteinander. Aber sie leben zusammen bei ihren Adoptiveltern. Niemand hat so richtig Kontakt mit ihnen.“

Sybill kicherte plötzlich. „Na, bis auf Edward.“

„Ja, stimmt“, lachte Jenny. „Der hat sich eine Freundin geangelt.“

Die beiden Mädchen zeigten kichernd auf die andere Seite des Raumes. Dort saßen ein Junge und ein Mädchen. Dass der Junge zu den vieren gehörte, war sofort erkennbar. Er war genauso blass, fast bleich, wie sie und hatte auch dieses eigenartige Aussehen, das Mara irgendwie irritierte. Er schien sich mit dem Mädchen zu unterhalten. 

„Na, der kann ja wenigstens reden“, murmelte sie.

„Oh ja, zumindest seit er mit Bella zusammen ist. Vorher saß er auch immer bei seinen Geschwistern. Die sind komisch. Mein Bruder ist in ihrem Semester. Er sagt, sie sondern sich auch da immer ab.“

Mara blickte noch einmal zu dem Jungen und dann zu seinen Geschwistern. Endlich fiel der Groschen, und sie begriff, warum sie so irritiert war. Hastig blickte sie von ihnen weg, bemüht, sich nichts anmerken zu lassen. Im nächsten Moment schalt sie sich eine Idiotin. Das war überhaupt nicht möglich. Dies hier war eine Schule – voller Menschen. Nie würden ‚sie‘ in eine Schule gehen. ‚Sie‘ konnten das gar nicht. Abgesehen davon, dass man wohl kaum freiwillig in die Schule gehen würde.

Dennoch, wenn Mara das Aussehen dieser fünf Geschwister mit dem Bild verglich, das Nicki hatte ... Die Ähnlichkeit war verblüffend. Sie musste Nicki nach dem Bild fragen. Es war gut versteckt, denn Nicki würde es nie offen hinstellen. Das wäre viel zu gefährlich für den, den dieses Bild zeigte. Niemand durfte wissen, dass es ihn überhaupt gab. Und auch Mara hatte erst von ihm erfahren, als sie alt genug war, um schweigen zu können. Denn das Bild zeigte jemanden, den es offiziell überhaupt nicht gab – einen Vampir!

Aus den Augenwinkeln bemerkte Mara eine Bewegung, obwohl im Saal alles voller Bewegung war. Sie blickte hinüber und sah, dass der Junge – Edward – aufgestanden war und eilig, seine Freundin an der Hand mit sich ziehend, auf seine Geschwister zulief. Er angelte sich einen Stuhl und sprach hastig auf die anderen ein.

„Wir müssen los“, drängelte Sybill.

Mara nickte und stand bereitwillig auf. Doch sie konnte es sich nicht verkneifen, noch einmal einen Blick zu den Geschwistern zu werfen. Irgendetwas hatte sie aufgeschreckt. Statt stumm dazusitzen, unterhielten sie sich jetzt. Sie musste unbedingt mit Nicki über diese seltsamen Geschwister sprechen. Auch wenn ihre Vermutung eigentlich unmöglich war.

Schulschluss

Die Schulglocke läutete und zeigte die Erlösung für den heutigen Tag an. Nur wenige Minuten später strömten die Schüler in Scharen hinaus und verteilten sich. Viele wurden abgeholt, manche warteten auf den Schulbus. Die Älteren gingen zu ihren Autos.

„Mara, kommst du mit?“ Jenny und Sybill wandten sich in Richtung der Straße, wo sie auf den Bus warten wollten.

Mara zögerte, sie wusste nicht, wie lange Nicki heute arbeiten musste. Lieber wäre es ihr gewesen, sie könnten zusammen heimfahren. Sie wollte unbedingt von diesen seltsamen Jungen und Mädchen erzählen.

„Ich weiß nicht genau. Ich würde gerne auf Nicki warten.“

Keine von ihnen bemerkte, dass die Cullens sich langsam näherten. Sie achteten darauf, dass Mara sie nicht sehen konnte. Die Geschwister beobachteten, wie diese mit ihren Freundinnen sprach.

„Was sollen wir jetzt machen?“ Alice blickte ihre Familie an.

„Wir werden mit ihr reden und ihren Verdacht ausräumen.“ Edward sah seine Geschwister fordernd an.

Rosalie und Jasper stöhnten. Das bedeutete, dass sie sich in der nächsten Zeit noch mehr wie Menschen verhalten mussten. Von den meisten Schülern wurden sie einfach ignoriert, und so fiel es nicht auf, wenn sie sich hin und wieder falsch verhielten. Doch das Mädchen würde sie beobachten, um herauszufinden, ob sie nun Menschen waren oder nicht. Und das hieß, sie durften keine Fehler machen.

Rosalie wütete in Gedanken. Sie hasste es, sich so albern benehmen zu müssen wie ein jugendliches Mädchen. Jasper hingegen machte sich Sorgen. Ihm fiel es von allen am schwersten, sich immer absolut menschlich zu verhalten.

Dann trennte sich die neue Schülerin plötzlich von ihren Freundinnen und wandte sich wieder dem Schuleingang zu.

 „Wartet hier.“ Verdutzt blickte Edward Bella hinterher, die zielstrebig auf das Mädchen zuging.

„Verdammt! Was macht sie? Sie wird uns verraten“, zischte Rosalie wütend.

Bella bückte sich, tat als ob sie etwas aufhob und rief dann dem Mädchen hinterher: „Hey, du. Warte mal.“

Das Mädchen reagierte nicht. Bella biss sich auf die Lippen, doch die zwei anderen Mädchen kamen ihr unbeabsichtigt zu Hilfe. Sie wandten sich um und riefen: „Hey, Mara, du bist gemeint.“

Irritiert wandte sich Mara um und blickte in die Richtung, in die die Hände ihrer Freundinnen zeigten. Sie erkannte Bella sofort. Das war das Mädchen, das mit dem Vampirjungen zusammen war.

Edward zuckte zusammen, als er ihre Gedanken hörte.

„Was ist?“

„Sie bezeichnet uns schon ziemlich sicher als Vampire“, murmelte er.

„Du hast was verloren, glaube ich.“ Bella lächelte die Jüngere freundlich an. Mara schaute irritiert zu ihrem Rucksack und dann auf Bellas Hand, die sie ihr hinstreckte. Die Hand war leer, obwohl sie sie gewölbt hielt, als läge etwas darin. Leise fügte Bella hinzu: „Bitte, lass dir nichts anmerken. Bitte, verrate sie nicht. Sie wollen nur mit dir reden.“

Mara sah sie völlig verdutzt an, dann begriff sie. Langsam streckte sie die Hand aus, als ob sie etwas aus Bellas Hand nehmen würde.

„Bitte, hab keine Angst. Sie tun dir wirklich nichts. Sie tun niemandem etwas.“

„Irre.  Es stimmt“, flüsterte Mara. „Wow!“

„Wirst du mit ihnen reden?“

„Klar!“

„Was ist jetzt Mara. Kommst du mit zum Bus oder nicht?“

Die laute Frage ließ die beiden Mädchen aufschrecken.

Mara wandte sich um: „Nee, geht mal vor. Ich warte auf Nicki. Ich möchte mir ihr zusammen heimfahren.“

„Ist klar. Bis Morgen.“ Ihre Klassenkameradinnen winkten ihr noch einmal zu und liefen dann die Einfahrt hinunter.

Mara wandte sich wieder Bella zu. „Aber nicht hier. Das ist viel zu auffällig. Ihr seid älter als ich.“

Bella nickte.

„Wo können wir euch finden? Nicki möchte bestimmt auch mit ihnen reden.“

„Außerhalb von Forks. Wir machen etwas aus.“ Bella wusste nicht, was sie sagen sollte. Aber der Anfang war gemacht. Sie war sich plötzlich sicher, dass dieses Mädchen ihre Freunde nicht verraten würde.

„Okay. – Warte mal.“ Noch bevor Bella sich wieder abwenden konnte, hielt Mara sie einen Moment zurück. „Heißt einer von ihnen Jasper?“

Bella nickte. Die Augen des Mädchens leuchteten freudig auf. „Echt? Nicki wird durchdrehen. Wir müssen unbedingt reden. Aber jetzt geh, es darf nicht auffallen.“

Mara lief fast hüpfend zur Schule zurück. Wow! Das konnte einfach nicht sein. Das war eigentlich unmöglich – und doch – Nicki würde sich riesig freuen. Eilig strebte sie durch die jetzt fast unheimlich stillen Gänge der Schule in Richtung Sekretariat. Dort würde man ihr am ehesten sagen können, wo sie Nicki fand.

Mara überlegte, welcher von den Jungen konnte Jasper sein? So genau hatte sie sich die Geschwister zwar nicht angesehen – zumindest nicht nachdem sie vermutet hatte, was diese wirklich waren. Das wäre vielleicht aufgefallen, und sie wollte diese Gruppe nicht in Gefahr bringen. Aber dennoch – wenn einer von Ihnen tatsächlich Jasper war, hätte sie ihn nicht erkennen müssen?

Mara vergegenwärtigte sich das Bild, das Nicki von ihrem heimlichen Freund und Beschützer gemacht hatte. Nun, Nicki konnte eine Menge, aber eine begnadete Zeichnerin war sie nicht. Und sie hatte das Bild erst Jahre später aus der Erinnerung heraus gezeichnet. Jaspers Gesichtszüge waren so eindeutig nicht getroffen. Deutlich zu sehen waren vor allem die Abweichungen zum Aussehen eines normalen Menschen: das extrem bleiche Gesicht mit den fast unnatürlich ebenmäßigen Zügen, das eher dem eines Engels ähnelte als einer Horrorgestalt. Das war es auch, was Mara an den Geschwistern aufgefallen war.

Aber die Haarfarbe würde natürlich stimmen, und einer der Jungen war blond. Goldblond vielmehr. Der andere war fast schwarzhaarig. Und der dritte, der mit dem Bella zusammen war, hatte diesen bronzefarbenen Haarton. Also konnte Jasper nur der Blonde sein. Mara runzelte die Stirn. Eines stimmte aber auf gar keinen Fall. Der Jasper auf dem Bild hatte entsetzlich gruselige, leuchtend rote Augen und keiner dieser Geschwister hatte solche Augen. Das wäre auch mit Sicherheit jedem anderen Menschen aufgefallen. Konnten Vampire ihre Augenfarbe ändern?

Mara brauchte nicht bis zum Sekretariat zu gehen. Auf halben Weg kam ihr Nicki entgegen.

„Hey“, begrüßte diese ihre kleine Schwester. „Hast du lange gewartet?“

Mara schüttelte den Kopf. „Bist du fertig? Können wir gehen?“

Ihre Schwester nickte: „Jepp. Morgen werde ich auf die Wilden losgelassen.“

Mara lachte, doch ihr Lachen klang nicht echt. Nikola wunderte sich. „Was ist los?“

„Ich muss mit dir reden. Sofort! Aber nicht hier. Können wir losfahren? Schnell?“

Nicki war alarmiert, der Tonfall ihrer kleinen Schwester war so eindringlich. „Mara, hast du Probleme? Ist irgendetwas?“

„Nein“, fast flüsterte Mara vor Aufregung. „Im Gegenteil. Schnell, komm, gehen wir. Ich muss es dir erzählen, aber hier geht es nicht.“

Auf dem Weg zum Auto blickte Mara sich suchend um, konnte die Geschwister jedoch nirgends sehen. Während der Heimfahrt berichtete sie dann aufgeregt, was sie erlebt hatte. Nikola reagierte genauso fassungslos, wie sie es erwartete hatte.

In der kleinen Wohnung holte Nicki das Bild aus der verschlossenen Schatulle und Mara studierte es. Doch sie konnte nicht sagen, ob einer der Jungs dem Gesicht auf dem Bild entsprach. „Ich weiß es einfach nicht, Nicki.“

„Haben sie gesagt, in welche Klasse sie gehen?“

Mara schüttelte den Kopf. „Mindestens neunte oder zehnte, so wie sie aussehen.“

Nikola grinste. „Dann werde ich sie morgen unterrichten. Oh, wenn es stimmen würde.“ Sie runzelte die Stirn. „Du bist dir völlig sicher? Jasper hat die Nähe von Menschen gemieden, er konnte den Geruch nicht aushalten. Wie sollte er da in eine Schule gehen?“

„Das habe ich mir auch überlegt“, gab Mara zu. „Aber das Mädchen, diese Bella, hat es so gut wie zugegeben. Natürlich hat sie es nicht ausgesprochen, aber es war eindeutig.“

Gehen oder bleiben?

Die Geschwister warfen sich Blicke zu. Obwohl Bella mit dem Mädchen recht weit entfernt stand, konnten sie sie natürlich dennoch verstehen.

Jasper schüttelte den Kopf: „Ich habe dieses Kind noch nie gesehen. Woher kennt sie meinen Namen?“

Plötzlich stutzte Edward. „Sie vielleicht nicht, aber vielleicht ihre Schwester. Das Mädchen ist sich sicher, dass diese dich kennt.“

Bella lief zu Edward zurück. „Sie wird nichts sagen. Sie wird euch nicht verraten.“

Edward nickte, immer noch völlig verblüfft. „Sie hat überhaupt keine Angst vor uns. Im Gegenteil. Sie freut sich.“

„Was?“ Emmet blickte ihn völlig verdutzt an. „Heh, wir sind Horrorgestalten.“

Alle blickten Edward an. „Sie will unbedingt Nicki von uns erzählen und ist sich völlig sicher, dass die sich darüber freuen wird, mit uns zu reden.“

„Wer ist denn jetzt schon wieder Nicki?“ Rosalie war frustiert.

„Ihre Schwester“, klärte Edward sie auf. Dann begann er plötzlich zu grinsen. „Und sie ist Lehrerin hier an der Schule.“

„Oh! Stimmt, heute soll eine neue Lehrerin kommen. Morgen wird sie ihren ersten Unterricht abhalten.“

„Na dann“, meinte Emmet trocken, „stehen ihr wohl einige Überraschungen bevor, wenn sie uns sieht.“

Jasper überlegte. „Nicki. Der Name sagt mir nichts.“

„Nun, du wirst sie dir morgen ansehen können. Da hast du Unterricht bei ihr. Sie ist Geschichtslehrerin.“

„Sollen wir nicht lieber doch verschwinden?“ Jasper war nicht wohl in seiner Haut.

Rosalie zog wieder einen Flunsch. „Ich will nicht weg.“

Edward überlegte. „Wir reden zuhause darüber. Carlisle muss entscheiden.“ Er blickte zur Schule. „Aber sie hatte wirklich keine Angst. Seltsam.“

Bella lachte leise: „Und du behauptest, ich sei etwas Besonderes. Du siehst doch: Auch andere Menschen können euch akzeptieren.“

Edward sah sie liebevoll an und ignorierte tunlichst, dass Rosalie bei seinem Blick kurz die Augen verdrehte. „Du bist etwas Besonderes, Bella. Ich kann mir nicht vorstellen, dass andere sich so einfach mit uns abfinden können, wie du es tust. Du bist fantastisch.“

Rosalie murmelte unhörbar: „Sie ist dumm.“

Dies wurde von Edward jedoch nicht ignoriert. „Halt den Mund“. Er fauchte sie kurz an.

„Hey, hey“, versuchte Emmet zu beschwichtigen. „Geht euch jetzt nicht gegenseitig an die Kehle.“

Alice konzentrierte sich, doch gleich darauf schüttelte sie missmutig den Kopf: „Ich kann überhaupt nichts sehen, was mit diesem Mädchen zu tun haben könnte. Das verstehe ich nicht.“

Bella lächelte: „Aber wenn du Nichts siehst, heißt das doch, dass euch von den beiden keine Gefahr drohen kann.“

„Hoffen wir es“, murmelte Edward. „Kommt, fahren wir heim. Carlisle und Esme müssen erfahren, was geschehen ist. Und wenn wir wirklich riskieren hierzubleiben, müssen wir uns überlegen, wie wir uns morgen verhalten sollen. Was ist, wenn diese neue Lehrerin in Panik gerät, wenn sie uns sieht?“

„Du wirst das vorher aus ihren Gedanken lesen müssen. Das Kind wird ihr ja von uns erzählen. Sie müsste sich ja dann eigentlich im Klaren darüber sein, dass wir zu ihren Schülern gehören.“ Alice versuchte immer noch eine Zukunftsvision zu erhalten, doch wieder konnte sie nichts erkennen.

Alle sieben Vampire saßen um den Esstisch herum und sahen zu Bella. Diese berichtete ausführlich von ihrem kurzen Gespräch mit dem jungen Mädchen. Carlisle sah zu Edward: „Und du bist dir völlig sicher, dass sie keine Angst vor uns hat?“

Edward nickte. „Eher das Gegenteil“, gab er ratlos zu. „Sie freute sich. Ihre Schwester scheint Jasper zu kennen – zumindest einen Vampir, der Jasper heißt.“

Auch Jasper zuckte die Schultern: „Die neue Lehrerin heißt Nikola Henderson. Der Name sagt mir überhaupt nichts.“

Rosalie mischte sich ein: „Aber spielt das überhaupt eine Rolle? Sie weiß, was wir sind. Was sollen wir also machen? Ich möchte nicht schon wieder wegziehen. Aber ich will dieser Nikola auch nicht unbedingt begegnen.“

Carlisle nickte nachdenklich. „Das kann gefährlich für uns sein. Vor allem, wenn es vor anderen Menschen geschieht. Wenn diese Frau in Panik gerät, wird sie uns verraten. Alice?“

„Ich kann nichts, aber auch gar nichts sehen. Ich verstehe das nicht. Es ist, als ob es diese beiden Menschen überhaupt nicht gäbe.“ Alice klang genauso frustriert wie sie aussah.

Schließlich traf Carlisle seine Entscheidung: „Wir warten ab, aber wir werden vorsichtig sein. Morgen gehen nur Jasper und Edward in die Schule.“ Er wandte sich an seinen ‚ältesten‘ Sohn. „Edward, kannst du die Frau überwachen? Vor allem, wenn sie in Jaspers Klasse geht?“

Edward nickte. „Wenn es sein muss, löse ich den Feuermelder aus. In dem Chaos können Jasper und ich verschwinden. Aber ich habe vorher bei ihr Unterricht. Dann werden wir ja schon sehen, wie sie auf mich reagiert.“

Bella blickte von einem zum anderen. „Kann ich etwas machen?“

Edward verneinte sofort. „Du wirst dich nicht in Gefahr bringen, Bella. Wir regeln das.“

Er brachte Bella nach Hause, heute Nacht würde er sie nicht beim Schlafen betrachten können. Was er sehr bedauerte. Aber er und Jasper würden jagen gehen und ihren Durst so weit stillen, wie es möglich war. Außerdem würden ihre Augen dann hell sein und weniger bedrohlich wirken.

Schulunterricht

Nikola war froh, dass sie alleine im Waschraum der Lehrertoilette war. Sie kühlte sich das Gesicht mit eiskaltem Wasser. Sie war selten nervös, wenn sie in eine neue Klasse kam, aber heute war es schließlich etwas Besonderes. In irgendeiner ihrer neuen Klassen würde – hoffentlich – Jasper sitzen. Und sie dürfte sich das auf keinen Fall anmerken lassen.

Die ersten zwei Stunden verliefen ruhig. Nikola unterrichtete jüngere Klassen, hier konnte sie mit Sicherheit nicht auf Jasper treffen. Trotz ihrer heimlichen Aufregung genoss die junge Frau diesen ersten Schultag. Sie merkte rasch, dass ihre lockere Art, den manchmal trockenen Stoff den Schülern näher zu bringen, auch hier angenommen wurde. Die Kinder waren freundlich und meistens auch sehr aufmerksam.

Dann stand sie vor der Tür des nächsten Klassenraumen. Mühsam unterdrückte Nikola ihre Nervosität. Die zwölfte Klasse. Ob Jasper dabei sein würde? Äußerlich ruhig trat sie ein. Die Jugendlichen blickten ihr erwartungsvoll entgegen. Nikola lächelte und ließ den Blick über die Klasse schweifen. Nein, Jasper war nicht dabei. Enttäuscht stellte sie sich vor. Eine Nachricht auf dem Lehrerpult informierte sie darüber, dass zwei Schüler fehlten.

„Weiß jemand etwas über die beiden fehlenden Schüler?“

Eine Menge Schulterzucken antwortete, dann bequemte sich eines der Mädchen zur Antwort: „Das sind die Cullens. Die fehlen öfter.“ Ihre Stimme klang abfällig.

Nikola stutzte, das war einer der Namen, die Mara im Zusammenhang mit den Vampirgeschwistern genannt hatte. Cullen und Hale. Zufall? Sie lächelte das Mädchen an, ließ sich ihren Namen sagen und begann den Unterricht. Es wäre weniger auffällig, wenn sie sich bei den Lehrern über die Geschwister erkundigte. Deren Fehlen gab ihr einen guten Grund, nach ihnen zu fragen.

In der nächsten Stunde war Nikola ähnlich aufgeregt. Auch hier in der elften Klasse könnte Jasper sein, obwohl er älter aussehen würde, als die anderen. Wie in jeder Klasse stellte sie sich freundlich lächelnd vor: „Guten Morgen, Ladies und Gentleman.“ Wie immer erklang leises Gelächter.

„Mein Name ist Nikola Henderson. Ich werde versuchen, Ihnen in den nächsten Wochen die amerikanische Geschichte näherzubringen.“

Sie hatte Mühe, ruhig weiterzusprechen und trat unauffällig einen Schritt zum Pult. Krampfhaft umklammerte sie dessen Rand, um sich irgendwie festzuhalten und das plötzliche Zittern der Hände zu unterdrücken: Hinter einer der Bänke saßen ein Mädchen und ein Junge, die sie mit einer intensiven Aufmerksamkeit musterten. Das Mädchen war hellhäutig und sah recht hübsch aus. Der Junge jedoch – seine Haut hatte diese spezielle, fast entsetzliche Blässe, die Nikola kannte. Jasper hatte so ausgesehen. Wie diese Vampire es geschafft hatten, die fürchterlich blutroten Augen zu kaschieren, konnte Nikola sich nicht erklären – vielleicht Kontaktlinsen, es gab da vermutlich kosmetische Möglichkeiten. Egal, dieser Junge dort war hundertprozentig ein Vampir!

Sie unterdrückte den Wunsch, ihn genauer zu betrachten und ließ ihren Blick weiter über die Klasse wandern. Während sie den Unterricht begann, überschlugen sich ihre Gedanken jedoch. Wie gerne würde sie diesen Jungen fragen, ob sein Bruder tatsächlich Jasper war. Hin und wieder stellte Nikola eine Frage, um so den Wissensstand der Klasse zu erfahren und gleichzeitig ihre Schüler kennenzulernen.

Begeistert sah sie, dass der Junge sich meldete, biss jedoch gleich die Zähne zusammen. Nur nicht zu schnell reagieren. Sie schaffte es, gleichmütig über die Klasse hinwegzusehen, dann lächelte sie den Jungen an und nickte ihm auffordernd zu.

Der Junge lächelte zurück: „Mein Name ist Edward Cullen.“ Dann beantwortete er ausführlich ihre Frage. Nikola nickte ihm freundlich zu: „Danke, Mr. Cullen. Hervorragend.“ Kurz überlegte sie, ob ihre Frage unverfänglich genug wäre: „Eine Frage noch. In einer Klasse fehlten heute zwei Schüler mit Namen Cullen. Sind das Ihre Geschwister?“

Edward nickte. „Ja, Alice und Emmet. Sie konnten heute nicht kommen“, kurz zögerte er, „eine Familienangelegenheit.“

„Dann werde ich sie hoffentlich bald kennenlernen. Ich wollte nur erfahren, ob sie krank sind. Das konnte mir leider niemand sagen.“

Edward schüttelte den Kopf. Er war verblüfft, diese Frau behandelte ihn wie jeden anderen Schüler, doch ihre Gedanken verrieten eindeutig, dass sie ihn als Vampir erkannt hatte. Und sie schien sogar bemüht zu sein, nicht auffällig zu reagieren. Es sah so aus, als müssten sie tatsächlich nicht verschwinden.

„Nein, sie werden bestimmt in den nächsten Tagen wiederkommen“.

Nikola war fast enttäuscht, sie hatte ein wenig gehofft, den Namen Jasper zu hören. Ob er heute in der Schule war? Sie hatte noch zwei Stunden zu geben, in zwei verschiedenen Klassen. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Edward leicht nickte. Nikola war irritiert. Hatte dieses Nicken etwas zu bedeuten? Wieder ein leichtes Nicken. Nein, das musste Zufall sein. Edward schüttelte ganz leicht den Kopf. Nikola sah, wie Bella ihm etwas zuraunte und der Junge die Stirn runzelte, während er einen forschenden Blick zu ihr nach vorne warf.

„Bist du verrückt?“ Bella hauchte die Worte nur, Edward würde sie dennoch gut verstehen. „Wenn sie begreift, dass du ihre Gedanken liest, stört sie das mit Sicherheit mehr, als das – andere.“

Edward warf der neuen Lehrerin einen Blick zu, den sie – ganz kurz nur – erwiderte, ehe sie den Unterricht fortsetzte. „Das ist ja wohl wesentlich harmloser“, widersprach er flüsternd.

Bella schüttelte den Kopf. Nun, Bella kannte die manchmal seltsamen Reaktionen von Menschen wohl besser als er. Edward ließ von seinem Vorhaben ab, der Lehrerin irgendwie zu verdeutlichen, dass sie in Gedanken mit ihm sprechen könnte.

Als die Pausenglocke läutete, stand Edward rasch auf. Er ging am Lehrerpult vorbei. So schnell, dass kein Mensch es sehen konnte, legte er ein kleines Papierchen darauf und ging weiter zur Tür. Erst dort wandte er sich um, um auf Bella zu warten. Er beobachtete dabei die Lehrerin.

Nikola sah dem Jungen nach, der eilig zum Ausgang strebte. Schade, dass er sie nicht ansprach, aber das war ihm wohl zu auffällig. Dann sah sie das kleine, zusammengefaltete Papier vor sich liegen. Sie runzelte die Stirn, das hatte sie nicht hingelegt. Sie öffnete es, es standen nur zwei Worte darauf: Nächste Stunde.

Verdutzt sah sie zu dem Jungen, der an der Tür auf seine Freundin wartete. Er warf ihr einen fragenden Blick zu. Nikola lächelte und packte dann weiter ihre Sachen zusammen. In Gedanken schlug sie vor Freude Purzelbäume. Das konnte doch nur bedeuten, dass sie nach der langen Pause Jasper wiedersah.

Edward nahm Bellas Hand: „Macht es dir etwas aus, wenn wir uns heute in der Cafeteria mit Jasper zusammensetzen?“

„Aber natürlich nicht. Er hat die nächste Stunde bei ihr, nicht wahr?“

Edward nickte. „Ich habe ihr eine Nachricht gegeben, damit sie nicht unvorbereitet ist. Ich kann es immer noch nicht glauben, aber es ist eindeutig. Sie freut sich unglaublich darauf, ihn zu sehen.“

Jasper lächelte Bella zu, achtete aber darauf, nicht allzu nahe bei ihr zu sitzen. Edward grinste ihn an. Er wusste, dass der Bruder dies nur seinetwegen machte.

„Die Lehrerin weiß Bescheid, auch dass du die nächste Stunde bei ihr hast. Sie ist erstaunlich. Sie hat mich sofort erkannt, sich aber nichts anmerken lassen. Im Gegenteil. Ihre Gedanken zeigen, dass sie uns auf keinen Fall verraten wird.“

Edward schüttelte zum wiederholten Mal den Kopf, er begriff es immer noch nicht. Wie konnte ein Mensch sich auch noch freuen, einen Vampir zu sehen? Von Bella mal abgesehen, aber ‚seine‘ Bella war einfach etwas ganz Besonderes.

„Hat sie irgendetwas gedacht, woher sie mich kennt?“

Jasper war frustriert. Ein Vampir vergaß nichts, aber er wusste beim besten Willen nicht, woher er diese Frau kennen sollte. Edward verneinte, versprach aber, in der nächsten Stunde genau aufzupassen.

Nikola stand schon am Pult, als die Schüler und Schülerinnen hereinkamen. Die meisten sahen sie erstaunt an und Nikola lächelte jeden einzelnen an. Dann kam Jasper! Nikola hielt die Luft an – oh ja, das war er. Ihr Jasper! Der wunderbarste Freund, ihr Retter, der Mann, der ihr eine Zukunft gegeben hatte!

Jasper warf ihr einen prüfenden Blick zu, ehe er sich setzte. Er spürte ihre Freude, beinahe hätte er angefangen zu lächeln, so intensiv und stark waren ihre Gefühle. Doch Nikola riss sich zusammen. Niemand durfte auf die Idee kommen, dass sie Jasper kennen würde. Wie sollte sie das denn erklären?

Noch immer lächelnd begann sie den Unterricht und nutzte einen aktuellen Zeitungsbericht, um unauffällig zum Thema des amerikanischen Bürgerkrieges schwenken zu können. Sie erzählte einige Anekdoten aus dieser Zeit. Jasper überlegte, das schien Absicht zu sein. Und einiges aus ihren Berichten kannte er nur zu gut aus seinen eigenen Erinnerungen.

Nikola lächelte einem Schüler zu, der sich interessiert schon zu mehreren ihrer Fragen gemeldet hatte und nun fasziniert fragte: „Ms. Henderson, woher wissen Sie denn so viele Einzelheiten darüber. Wo kann man das nachlesen?“

„Ich befürchte, dass man vieles schon bald überhaupt nicht mehr erfahren kann. All diese Kleinigkeiten geben uns erst die Möglichkeit, diesen Bruderkrieg überhaupt ein wenig verstehen zu können. Es sind direkte Erfahrungen derer, die diese Zeit miterlebt haben. Und die ihr Wissen an ihre Familien und Nachkommen weitergaben. Schriftlich ist davon leider kaum etwas niedergelegt worden.“

„Dann haben Ihre Vorfahren den Krieg erlebt?“

Nikola schüttelte den Kopf: „Nein. Aber ich kannte früher jemanden“, sie konnte den kurzen Blick zu Jasper nicht vermeiden, „der mir sehr viel über den Bürgerkrieg erzählt hat. Und ich habe ihm stundenlang zuhören können, so sehr haben mich diese Berichte fasziniert.“

Jetzt war Jasper erst recht irritiert. Wem hatte er jemals so viel über sein menschliches Leben erzählt? Er riskierte es lieber nicht, sich auf eine Frage zu melden. Und als die Stunde zu Ende ging, trödelte er so lange, bis Nikola den Raum verlassen hatte. Jasper wollte sich erst mit seinem Bruder beraten. Edward würde wissen, wie diese Frau auf ihn reagiert hatte, und ob er eine direkte Ansprache riskieren konnte, ohne sie in Panik zu versetzen.

Begegnung im Wald

Nikola hielt auf einem Wanderparkplatz an. Sie hatte keine Ruhe gefunden, und hier draußen in diesen riesigen Wäldern würde sie sich mit Mara ungestört unterhalten können. Sie musste völlig sicher sein, dass es keine Lauscher gab, und ihre kleine Mietwohnung war ihr einfach zu hellhörig.

„Hast du Lust, spazieren zu gehen?“

„Klar“, Mara nickte verständnisvoll. Nicki lief immer wie eine Verrückte, wenn sie über etwas nachdenken musste. Und nach diesem Morgen in der Schule hatte ihre große Schwester garantiert vieles zu bedenken.

Die beiden Schwestern liefen Seite an Seite in einem gemütlichen Schlendertempo durch den Wald. Die Bäume standen so dicht, man konnte nur selten den Himmel erkennen. Die Welt war somit grün, sie bestand aus Farnen, Blättern und Bäumen. Wobei es nur wenige Laubbäume gab, das meiste waren Nadelbäume. Längst hatten sie die ausgewiesenen Wanderwege verlassen. Es war einfach zu schön hier draußen, und Nickis Gedankenwirrwarr beruhigte sich langsam.

„Du hast sie nicht gefragt, wo sie wohnen?“

„So viel Zeit hatte ich nicht. Ich war doch selbst ganz durcheinander“, verteidigte sich Mara. „Du hast sie doch auch nicht angesprochen.“

„Im Unterricht? Wie hätte ich das machen sollen? Aber du hast Recht. Entschuldige. Ich wollte dich nicht anfahren“, bedauerte Nicki ihre harschen Worte. „Ich bin wohl ziemlich durcheinander.“

„Na, wenn du das nicht wärst, würde es mich auch sehr wundern. Aber es wird sich bestimmt eine Möglichkeit finden, mit ihnen zu reden. Kannst du nicht unter irgendeinem Vorwand ihre Adressen aus dem Sekretariat bekommen?“

Jetzt grinste Nicki: „Ich glaube nicht, dass das notwendig sein wird.“

„Warum?“

„Sie werden uns finden. Garantiert!“

Mara sah ihre Schwester neugierig an: „Und wie hast du dich im Unterricht gehalten? Du hast dir doch hoffentlich nichts anmerken lassen.“

Nikola sah sie groß an: „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass ich Jasper in Gefahr bringen würde. Aber ganz gewiss nicht. Ich bin bloß neugierig, warum mehrere von Ihnen nicht in der Schule waren. Ob das Zufall war? Oder wegen uns?“ Nikola schüttelte den Kopf, dass ihre Haare flogen: „Aber ich kapiere das immer noch nicht. Sie gehen in die Schule! Jasper hat die Nähe von Menschen gemieden. Immer! Es war unheimlich schwer für ihn, dem Geruch eines Menschen zu widerstehen.“

Sie bemerkten nicht, dass sie sich inzwischen einer großen Lichtung näherten – und diese Lichtung war nicht leer. Drei Vampire standen dort und diskutierten leise, aber aufgeregt.

„Sie kommen direkt hierher. Lasst uns endlich verschwinden.“ Rosalie wusste nicht, was sie von dieser Situation halten sollte. Es war schon schlimm genug, dass Edward mit einem Menschenmädchen befreundet war, doch das hatte sie inzwischen akzeptiert – wenn auch mühsam. Doch dass noch mehr Menschen über sie Bescheid wissen sollten, beunruhigte sie. Obwohl Rosalie das niemals zugegeben hätte.

Alice widersprach: „Wir sollten mit ihnen reden. Wir brauchen Klarheit darüber, was sie vorhaben, ob wir ihnen vertrauen können.“

Emmet kicherte: „Wenn sie uns hier sehen und erkennen, was wir sind, werden sie ganz schön Bammel bekommen. Willst du das riskieren?“

„Das Kind kennt uns schon, und die Frau hat Jasper und Edward in der Schule gesehen. Du hast Edward gehört. Er ist überzeugt, dass sie keine Angst vor uns haben wird. Wir müssen ja nicht schlagartig vor ihnen auftauchen. Sie werden fast zweihundert Meter von uns entfernt aus dem Wald kommen. Das dürfte Abstand genug sein, damit sie nicht sofort in Panik geraten.“

Emmet zuckte die Schultern. „Von mir aus, dann riskieren wir es. Mehr als schreiend wegrennen können sie ja kaum.“

Mara trat als erste aus dem grünen Vorhang auf die Lichtung heraus und blieb verblüfft stehen. Die Aussicht war grandios. Der riesige, freie Platz, nur mit Unmengen verschiedener Gräser und Kräutern bewachsen, breitete sich vor ihr aus. Dahinter die hohen Berge, deren Hänge dunkelgrün in der Sonne schimmerten. Nur die Gipfel waren baumfrei.

„Wow!“, hingerissen starrte sie die Berge an. „Das ist ein Anblick.“

Nikola trat hinter ihr unter den Bäumen hervor und nickte dazu. „Da kann einem das Herz aufgehen.“ Auch sie war von der Aussicht begeistert. Ganz langsam drehte Mara sich um sich selbst. Die Vampire beobachteten sie gespannt. Plötzlich weiteten sich Maras Augen. Sie hatte die Gruppe entdeckt.

„Uups“, entfuhr es ihr.

„Was ist?“ Nikola  blickte fragend in ihre Richtung. Ein einziger Blick genügte, und sie wusste Bescheid. Diese drei waren Vampire. Erinnerungen kamen in ihr hoch an Jaspers Ermahnungen: „Vertraue niemals einem Vampir. Wir sind gnadenlos.“

Ohne dass Nikola es verhindern konnte, kroch Angst in ihr hoch. Ihr Magen verkrampfte sich. Sie waren meilenweit von jeder menschlichen Siedlung entfernt, mitten im Wald. Wenn diese
Vampire sie jetzt angreifen würden, niemand würde sie jemals finden. Im nächsten Moment schüttelte sie über sich selbst den Kopf. Die drei mussten zu den Vampirgeschwistern gehören – und damit zu Jasper. Dann konnte sie ihnen auch vertrauen.

Emmet runzelte enttäuscht die Stirn: „Also das ist ja schon eine Frechheit. Nicht ein einziger entsetzter Schrei. Sind wir denn so wenig gruselig?“

Alice ging ganz langsam einige Schritte auf die beiden Menschen zu. „Bitte habt keine Angst. Wir möchten gerne mit euch reden. Mein Name ist Alice, dies sind meine Geschwister Rosalie und Emmet.“

Nikola sah von einem zum anderen. „Ich habe heute in der Schule zwei von euch gesehen, Jasper und einen anderen Jungen, Edward. Ihr gehört zu ihnen?“

Alice nickte und riss die Augen auf, als die Frau plötzlich strahlend lächelte. „Dann könnt ihr mir sagen, wo ich Jasper finden kann. In der Schule durfte ich mir ja nicht anmerken lassen, dass ich Jasper kenne. Das hätte ihn bestimmt in Schwierigkeiten gebracht.“

Nikola stutzte plötzlich. „Wie heißt du? Alice?“ Ihr Lächeln wurde noch herzlicher. „Bist du mit Jasper zusammen? Hat er dich wiedergefunden? Ich habe immer darum gebetet, dass er zu dir zurückfindet. Es hat ihm so wehgetan, dich verloren zu haben.“

Alice nickte verdutzt. „Wir sind zusammen, ja. Aber woher kannst du das wissen? Woher kennst du Jasper überhaupt?“

„Hat er das nicht erzählt?“ Nikola wunderte sich.

„Er weiß es nicht. Er kann sich nicht an dich erinnern und das ist eigentlich unmöglich. Wir haben ein sehr gutes Gedächtnis.“

Nikola sah sie irritiert an. Konnte das sein? Konnte Jasper sie vergessen haben? Dass sie niemals diese Bedeutung für ihn gehabt hatte, wie er für sie, das war verständlich. Aber, dass er sie völlig vergessen hatte? Dann begann sie plötzlich zu lachen: „Oh, natürlich.“ Aus dem glucksenden Lachen wurde ein fast hemmungsloses, freudestrahlendes Gelächter.

Die drei sahen sie fassungslos an. Mara begann ebenfalls zu grinsen. „Himmel, ihr seid vielleicht ein herrlicher Anblick. In keinem Horrorfilm sieht man Vampire mit derart dussligen Gesichtern. Ihr solltet euch mal im Spiegel sehen.“

Zumindest Rosalie fand dadurch ihre Fassung wieder. Leise fauchte sie. Emmet hielt sie sofort fest. „Nicht, Rosie.“

„Hör mal, ich lasse mich doch nicht von so einem Menschlein beleidigen“, zischte sie zurück.

Mara hatte die Worte jedoch gehört. Erschrocken sah sie das wunderschöne Mädchen an. „Ich wollte dich nicht beleidigen. Ihr seht nur so herrlich verdutzt aus. Das sieht urkomisch aus, weil ihr doch eigentlich gruselig sein solltet.“

Jetzt begann Emmet sichtbar zu schmollen: „Sag mal, soll das heißen, du findest uns überhaupt nicht gruselig? Also das finde ich jetzt doch wirklich etwas beleidigend.“ Er grinste dabei jedoch, um den Menschen zu zeigen, dass er es nicht ernst meinte.

Mara lachte auf, überlegte kurz und beschied dann: „Nö. Ihr seht eigentlich völlig normal aus. Wenn man davon absieht, dass ihr allesamt viel zu hübsch seid. Aber Horrorgestalten seid ihr nun wirklich nicht.“ Sie grinste breiter und sah Emmet direkt an: „Sorry, wenn dir das nicht gefällt.“

Nikola lachte noch immer, bemühte sich jetzt aber, ruhiger zu werden. An Mara gewandt meinte sie: „Ich garantiere dir, sie können dich erschrecken. So sehr ich Jasper mochte, es gab immer wieder Situationen, in denen mir schier das Herz stehenblieb.“

Sie wollte sich gerade wieder Alice zuwenden, als die drei wie auf Kommando zum Wald blickten. „Edward kommt mit Bella.“

Edward hatte Bella die letzten Meter fast hinter sich hergezerrt. Hoffentlich kamen seine Geschwister mit der Situation klar. Er forschte ständig in ihren Gedanken und trat nun erleichtert unter den Bäumen hervor. Sofort verlangsamte er seine Schritte, um die beiden Menschen nicht zu ängstigen.

„Bitte habt keine Angst. Ich bin Edward und dies ist Bella. Sie haben uns in der Schule schon gesehen.“ Er sah die Lehrerin vorsichtig lächelnd an.

„Die haben keine Angst“, brummte Emmet, „wir sind ihnen nicht gruselig genug.“ In Gedanken überlegte er, ob er sie mal anbrummen sollte. Edward warf ihm einen warnenden Blick zu und Emmet hob die Schultern.

„Ich mach es ja nicht, schon gut“, murmelte er.

Mara sah von einem zum anderen. „Was machst du nicht?“

Emmet wand sich, das durfte er jetzt doch bestimmt nicht zugeben. Edward seufzte resigniert. „Emmet ist ein Spaßvogel. Er hat überlegt, ob er euch ein wenig erschreckt.“

Ehe er weitersprechen konnte, lachte Mara fröhlich auf. „Oh ja, bitte.“ Gespannt sah sie Emmet an. Der ließ sich das nicht zweimal sagen. Er brummte tief und grollend wie ein Bär, achtete jedoch sehr darauf, nicht allzu bedrohlich zu wirken. Edward würde ihm den Kopf abreißen, wenn er dem Kind echte Angst machte. Mara riss die Augen auf, fasziniert starrte sie den breitschultrigen Jungen an, der auch sofort die Haltung eines angriffslustigen Bären angenommen hatte.

Edward war erstaunt. Die beiden bekamen immer noch keine Angst. Das Kind genoss den kleinen Schrecken sogar und Nikola lächelte verständnisvoll. „Das ist zwecklos, Emmet. Da musst du dich schon etwas mehr anstrengen. Meine kleine Schwester liebt Horrorfilme.“

Mit Vampiren fliegen

„Ms. Henderson“, begann Edward zögernd. Nikola drehte sich zu ihm um und lächelte ihn an. Selbst Edward war verblüfft, wie offen und frei dieses Lächeln war. Und auch in ihren Gedanken konnte er keine Spur von Angst oder auch nur Bangigkeit erkennen.

„Nikola“, verbesserte sie ihn sofort. „Oder sag einfach Nicki zu mir. Zumindest außerhalb der Schule. Während des Unterrichts könnte es fatal werden. Es wäre es vermutlich kaum erklärbar, wenn ihr mich plötzlich kennt.“

Edward nickte, doch das war nur ein kleines Problemchen, für das es sicher eine leichte Lösung gäbe. „Entschuldige, Nicki. Aber kannst du uns bitte sagen, woher du Jasper kennst?“

Nikola nickte. „Alice hat schon erzählt, dass Jasper mich nicht erkannt hat.“ Sie grinste schon wieder. „Dabei kennen wir uns schon ewig – nach menschlichen Verhältnissen. Jasper war mein Schutzengel.“

Bella lachte auf: „So nenne ich Edward auch immer. Aber er mag es gar nicht. Er glaubt, sie könnten keine Engel sein. Du weißt es offensichtlich besser als er. Vielleicht glaubt er es mir jetzt.“

Nikola wandte sich dem Mädchen zu. Verständnis kämpfte in ihr mit ihrer natürlichen Vorsicht und dem Wunsch, junge Menschen zu schützen. Sie wusste ja, wie gefährlich ein Vampir sein konnte. Und doch konnte sie das Mädchen so gut verstehen. „Du hast dir einen faszinierenden Freund gesucht. Ich hoffe, er weiß, wie vorsichtig er sein muss.“

„Ich weiß es“, in Edwards Ton lag nicht das kleinste Lächeln, aber eine große Eindringlichkeit.

Nikola blickte ihn durchdringend an, dann nickte sie langsam. „Ich weiß, wie schwer es für euch ist, in der Nähe von Menschen zu sein. Du musst dich sehr gut im Griff haben.“

Emmet wandte sich grinsend an die Frau. „Kannst du das mit Jasper nicht ein bisschen ausführlicher erzählen? Wir sind schließlich neugierig.“

Edward schüttelte jedoch sofort den Kopf und verhinderte so eine Antwort. „Nicht hier und nicht jetzt.“

Nikola sah ihn verwundert an. Er lächelte beruhigend.

„Entschuldige, ich wollte dir nicht ins Wort fallen. Doch die anderen würden dies sicher auch gerne hören. Wärst du bereit mit uns zu kommen? Zu uns nach Hause? Ich garantiere, dass euch nichts passiert“, fügte Edward rasch hinzu, bevor sie vielleicht doch Angst bekommen würde.

Nikola lächelte, sie wunderte sich ein wenig, der Junge war ja extrem höflich, das war sie von Teenagern nicht gewöhnt. Oh, halt, er konnte ja durchaus wesentlich älter sein – wenn sie da an Jasper dachte ...

Edward nickte ihr zu. „So alt wie Jasper bin ich nicht, aber du hast natürlich Recht.“

Befremdet sah Nikola ihn an: „Wie kommst du jetzt … woher wusstest du, worüber ich gerade nachgedacht habe?“ Dann blitzten ihre Augen auf. „Kannst du so etwas wie Jasper? Gefühle spüren oder so?“

Edward schüttelte den Kopf: „Keine Gefühle. Nein, ich kann Gedanken lesen.“

Nikolas Augen wurden groß, dann fauchte sie plötzlich: „Raus aus meinem Kopf. Und untersteh dich, noch einmal meine Gedanken zu lesen, oder ich bringe dir Manieren bei.“

Edward wich unwillkürlich einen Schritt zurück. „Hab keine Angst.“

„Ich habe keine Angst, ich bin stocksauer“, kam die wütende Antwort.

„Warum denn?“

Bella verdrehte die Augen. „Ich habe es dir doch gesagt“, murmelte sie.

„Was hast du ihm gesagt?“

„Dass dich das mit Sicherheit mehr stört, als die Tatsache, dass er ein Vampir ist.“

„Da hast du allerdings völlig Recht gehabt“, Nikola warf Edward noch einen ihrer strengsten Blicke zu, ehe sie sich an Bella wandte: „Stört dich das denn nicht?“

Bella grinste: „Meine Gedanken kann er nicht lesen. Er weiß nicht warum, aber es ist so.“

Nikolas Augenbrauen zuckten nach oben. „Oh, kann man das lernen?“

Bella schüttelte bedauernd den Kopf. „Ich habe keine Ahnung, warum das so ist. Aber ich bin nicht traurig darüber.“

„Kann ich mir vorstellen“, sie blickte wieder zu Edward.

Der schluckte nur noch. „Äh, ich werde es versuchen. Aber das ist nicht so einfach. Ich höre alle Gedanken der Personen, die in meiner Nähe sind. Das geschieht automatisch. Aber ich werde versuchen, deine auszublenden, versprochen.“

„Das möchte ich dir auch geraten haben“, grummelte Nikola.

Mara nickte dazu: „He, meine liest du bitte auch nicht, ja? Das ist privat.“

Edward nickte noch einmal. „Ich versuche es.“

Mara grinste jedoch schon wieder. „Du kannst das nicht wirklich abstellen? Na, beim Unterricht hast du da sicher eine Menge Vorteile, aber ich möchte nicht wissen, wie viel Müll du da so hörst bei so vielen Schülern.“

Selbst Nikola musste bei der Vorstellung lachen. „Oh Gott, mehrere hundert Jugendliche … ich glaube fast, man sollte dich eher bedauern.“

„Ich habe einige Übung darin, möglichst viel auszublenden. Der Rest“, wieder zuckten Edwards Schultern. „Menschen denken halt eine Menge Unsinn.“

Fragend sah Edward die Frau an und Nikola erinnerte sich daran, dass er ja auf eine Antwort wartete: „Natürlich kommen wir mit. Ich freue mich doch riesig auf Jasper. Aber wen meinst du mit den Anderen? Gibt es hier noch mehr von euch? Ich dachte, ich hätte jetzt alle von euch gesehen.“ Fragend sah sie von einem zum anderen.

„Ja“, nickte Edward, „Carlisle und Esme, unsere Eltern“,

Jetzt zeigte sich offene Verblüffung auf Nikolas Gesicht. „Eltern? Wie können Vampire Eltern haben?“

Edward wunderte sich über die Selbstverständlichkeit, mit der diese Frau sie als Vampire bezeichnete. Selbst Bella benutzte das Wort nur sehr selten. Doch bereitwillig gab er ihr Auskunft: „Natürlich sind sie nicht unsere Eltern in dem Sinne wie für Menschen. Doch für die Menschen hier in Forks gelten wir als ihre Adoptivkinder. Und auf irgendeine Art sehen wir sie tatsächlich als unsere Eltern an.“

„Dann seid ihr eine ganz normale Familie“, lachte Mara.

 „Naja“, schränkte Edward ein, „vielleicht nicht ganz normal.“

Nikola lächelte amüsiert. Nein, normal wäre wohl wirklich nicht das richtige Wort für eine derart erstaunliche Familie.

Zu aller Verblüffung ergriff jetzt Rosalie das Wort: „Du brauchst wirklich nichts befürchten. Wir jagen keine Menschen und Carlisle würde nie einen Menschen angreifen. Du kannst dir absolut sicher sein, dass dir und natürlich auch deiner Schwester nichts geschieht, wenn ihr zu uns kommt.“

Emmet und Alice warfen Rosalie einen verdutzten Blick zu. Ausgerechnet sie versuchte, einen Menschen zu beruhigen? Nur Edward schmunzelte in sich hinein. Egal, wie sehr es Rose missfiel, dass noch weitere Menschen ihre Geheimnisse kannten – wenn es die Chance gab hierzubleiben, würde Rosalie auch Menschen akzeptieren.

Nikola blickte zum Wald. „Tja, es wird nur eine gewisse Zeit dauern, bis wir zu euch gehen können. Ich glaube, wir sind stundenlang gelaufen. Mein Wagen steht irgendwo – da vorne“. Sie zeigte in eine Richtung.

Edward grinste. „Naja, das kommt darauf an, wie mutig ihr seid und wie weit ihr uns vertraut. Aber wir könnten sehr schnell dort sein.“ Auf ihren gespannt fragenden Blick sprach er weiter: „Wir können euch tragen. Du kannst Bella fragen.“

Er ignorierte das empörte Schnauben von Rosalie. Mutete er ihr wirklich zu, einen Menschen zu tragen? Edward blickte nur kurz zu ihr und murmelte, für die Menschen unhörbar: „Willst du Jasper diese Chance nehmen? Sie sind dazu bereit, und du hast gesehen, wie durcheinander er ist.“

Rosalie grummelte, wiedersprach aber nicht mehr. Alice grinste und dachte zu Edward: ‚Ich nehme die Kleine. Frage doch Emmet, ob er den Geruch der Lehrerin aushält.‘

Ein kurzer Blick zu seinem Bruder genügte, der nickte leicht.

Nikola blickte von einem zum anderen: „Tragen?“

Dann erinnerte sie sich plötzlich und ihre Augen leuchteten fröhlich auf: „Du meinst fliegen! Wow, oh ja, gerne sogar. Mensch, Mara, das wird absolut irre.“ Sie wandte sich sofort wieder den Geschwistern zu: „Könnt ihr das denn? Für Jasper war das sehr schwer, er hat mich nur manchmal getragen. Ich weiß, dass unser Geruch für euch kaum auszuhalten ist.“

Edward nickte: „Das stimmt schon, doch wir sind Menschengeruch gewöhnt. Wir können euch tragen. Aber was meinst du mit fliegen? Das können wir nicht.“

Nikola lachte: „Ich habe es immer so genannt. Es wirkt wie fliegen. Ich weiß, wie schnell ihr rennen könnt.“

Bella lächelte Edward an: „Der Vergleich stimmt allerdings. Edward trägt mich öfters. Inzwischen bin ich daran gewöhnt. Doch beim ersten Mal ist mir vor Angst schlecht geworden. Ich habe jeden Moment damit gerechnet, dass er gegen einen Baum rennt.“

Nikola grinste: „Ist er mit dir schon mal von Dächern gesprungen?“

Bella riss die Augen auf: „Du musst gute Nerven haben.“

Mara blickte von einem zum anderen. „Ich kenne das aus Nikolas Erzählungen. Aber wie geht das nun direkt? Nehmt ihr uns auf die Arme?“

„Nein, Huckepack“, erklärte Edward. Er stellte sich vor Bella und ging leicht in die Knie. Bella legte ihm die Arme und dem Hals, er griff unter ihre Kniekehlen und hob sie auf seinen Rücken.

Alice trat auf Mara zu. „Bist du vielleicht bereit, dich von mir tragen zu lassen?“

Mara blickte nur einen Moment zu ihrer Schwester hinüber, die ihr beruhigend zunickte. „Aber logo“, lachte sie dann. „Aber bist du sicher, dass du das schaffst? Ich meine, magst ja älter ein, aber du bist kleiner als ich.“

Alice nickte lachend. „Das ist kein Problem. Klettere einfach auf meinen Rücken.“

Emmet trat einen kleinen Schritt vor. „Ich kann dich tragen, wenn es dir nichts ausmacht.“

Lächelnd trat die Frau hinter ihn. „Du wirst dich etwas kleiner machen müssen, sonst komme ich da nie hoch.“

Emmet lachte und ging in die Knie. Dann rannten die Vampire mit ihrer menschlichen Last los. Es dauerte tatsächlich nur wenige Minuten bis sie den Wanderparkplatz erreichten, auf dem Nikola das Auto abgestellt hatte.

Mara glitt von Alice Rücken und pustete: „Wow! Das war echt toll. Du hast Recht, Nicki. Das ist fast wie fliegen.“

Sie wandte sich Alice zu: „Danke, das war toll von dir.“

Edward grinste in sich hinein, als er in Rosalies Gedanken ihre Reaktion auf dieses strahlende Kindergesicht hörte. Sie fand sie niedlich. Dieses Mädchen würde es vielleicht tatsächlich schaffen, das Rosalie ihre Meinung über Menschen änderte und etwas freundlicher über sie dachte.

Er wandte sich Alice zu: „Alice, vielleicht könntest du mit Nikola und Mara fahren und ihnen den Weg zu uns zeigen. Wir laufen voraus und sagen Carlisle Bescheid.“ Fragend sah er die beiden Menschen an: „Wenn ihr damit einverstanden seid. Bella kann auch mit euch fahren.“ Vielleicht würden sie sich wohler fühlen, wenn nicht nur ein Vampir, sondern auch ein Mensch bei ihnen wäre.

Nikola nickte, ein leichtes Schmunzeln lag in ihren Mundwinkeln und Edward fühlte sich durchschaut. „Gern“, auffordernd blickte sie Bella und Alice an. Noch einmal wandte sie sich den Vampiren zu. „Ich gehe mal davon aus, dass ihr früher bei euch zu Hause seid als wir – wo immer das auch ist.“

Emmet lachte grollend. „Aber ganz gewiss. Und ich bin schon sehr gespannt darauf, was du uns zu erzählen hast.“

Bei den Cullens

Nikola Henderson ließ den Wagen langsam ausrollen und musterte das Haus. Mara staunte: „Der Kasten sieht unheimlich schick aus.“

Nikola nickte dazu. „Ihr wohnt wirklich stilvoll.“

Bella lachte: „Oh ja, du musst es innen sehen. Es ist wunderbar. Und Esme ist eine begnadete Innenarchitektin.“ Dann sah sie Alice bittend an: „Würdest du vorgehen, bitte? Ich möchte mit Nikola noch sprechen.“

Alice nickte verwundert: „Sicher. Ich sage den anderen, dass ihr da seid. Lasst euch Zeit und kommt herein, wenn ihr dazu bereit seid.“

Nikola blickte sie fragend an. Bella war ernst geworden: „Ich möchte dir noch danken.“

„Wofür?“

Bella senkte den Blick. „Sie sehen sich als Monster. Aber sie sind keine. Und es fällt ihnen unheimlich schwer zu glauben, dass Menschen sie akzeptieren können. Edward wundert sich immer wieder, dass ich keine Angst vor ihm und seiner Familie habe. Dabei ist es doch ganz einfach, sie zu mögen. Und du denkst ja genauso.“

„Ich habe in Jasper nie ein Monster gesehen. Eher das Gegenteil. Aber ich weiß, dass er das für andere war.“ Nikola zuckte die Schultern. „Ich denke, die meisten Menschen würden in ihnen tatsächlich Horrorgestalten sehen, die Inkarnation der furchtbarsten Alpträume.“

Sie blickte Bella an. „Weißt du, wahrscheinlich ist es bei Vampiren genauso wie bei Menschen. Es gibt alle Facetten, von gut bis böse. Es sind Individuen mit unterschiedlichen Charakteren. Allerdings ist die Art deiner Freunde mit Sicherheit nicht unbedingt üblich bei Vampiren.“

Bella hob die Schultern. „Nein, das wohl wirklich nicht.“ Für einen Moment lief ein Schatten über ihr Gesicht wie der Nachhall einer schlimmen Erinnerung.

„Was ist?“

Bella schüttelte den Kopf: „Nur eine Erinnerung. Das ist vorbei.“

„Du hast Edward sehr gern, nicht wahr?“, frage Nikola leise nach. Sie warf einen Blick auf das Haus und konnte nur hoffen, dass die Ohren der dort drinnen nicht gut genug waren, ihnen jetzt zuzuhören.

Bella lächelte strahlend: „Oh ja, ich liebe ihn, sehr.“

Nikola sagte darauf nichts, doch Edward im Haus presste die Zähne aufeinander, als er ihre Gedanken hörte: ‚Dann haben die zwei aber ein ziemliches Problem. Sie scheint keine Ahnung zu haben, wie leicht er sie umbringen kann, ohne es auch nur im Geringsten zu wollen. Wie will er das schaffen?‘.

Die beiden Hendersons betraten hinter Bella das Haus. Bewundernd blickten sie sich in dem großen Eingangsraum um, der sich hell und freundlich zum Wohnzimmer öffnete.

Jasper trat einige Schritte vor, so dass die Frau ihn sehen konnte. Sofort blieb Nikola stehen. Über ihr Gesicht lief ein unwahrscheinliches Leuchten – nein, ein Strahlen. Rosalie staunte die Frau an, die ihren Bruder mit einem derart strahlenden Blick bedachte.

„Jasper!“ Es war ein Ausruf voller Glück und Freude. „Du lebst. Ich war so glücklich heute Morgen, als ich dich sah.“ Ohne auch nur irgendjemand anderen zu beachten, lief sie auf ihn zu, rannte fast – um dann ebenso abrupt wieder stehen zu bleiben. Höchstens zwei Meter von ihm entfernt. Verlegenheit zeichnete sich nun auf ihrem Gesicht ab.

„Kann ich näher kommen? Geht das? – Ach verdammt“, unterbrach sie sich selbst. „Halt einfach die Luft an, okay?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, sprang Nikola nach vorne und umarmte ihn.

Edward spannte die Muskeln an, bereit einzuschreiten. Auch Emmet war sprungbereit. Doch Jasper stand starr wie eine Statue, viel zu geschockt, um auch nur eine einzige Bewegung zu machen. Nur einen Moment zu spät hatte er die Atmung eingestellt, und so hämmerte ihr Geruch auf ihn ein und setzte seine Kehle in Brand. Doch er registrierte es kaum, er war viel zu verdutzt über diese Begrüßung.

Weiche, viel zu schwache Arme drückten ihn. Er spürte es kaum, obwohl die Frau ihn so fest umarmte, wie sie nur konnte. Sie flüsterte: „Du glaubst gar nicht wie froh ich bin, dich wiederzusehen. Ich habe nie gewagt, auch nur darauf zu hoffen. Aber gewünscht habe ich es mir immer.“

Erst nach langen Sekunden löste sie sich von ihm, ihre Hände umfassten sein Gesicht und strichen die Haare zurück. Sie musterte ihn. „Geht es dir gut?“

Dann trat sie einen Schritt zurück, die Hände immer noch auf seinen Schultern. Und noch immer mit diesem strahlenden Lachen im Gesicht und dem Leuchten in ihren Augen.

Carlisle kam langsam näher. Er war sich nicht sicher, ob er nicht doch einen vorsichtigen Abstand einhalten sollte. Doch die Frau schien wirklich keine Angst zu haben. Edward stellte ihn vor: „Das ist Carlisle“.

Ein entschuldigendes Lächeln auf dem Gesicht, streckte ihm Nikola die Hand entgegen. „Bitte entschuldige, dass ich so einfach hier hereinplatze und noch dazu ohne jede Begrüßung. Aber es war so schön, Jasper wiederzusehen. Ich bin Nikola.“

Carlisle ergriff ihre Hand und spürte perplex, wie herzlich und fest die seine gedrückt wurde. Da war keinerlei Vorsicht und sie schreckte auch vor der Kälte nicht zurück. Auch Esme wagte sich jetzt näher: „Ich bin Esme, und es freut mich sehr, dass ihr zu uns gekommen seid.“

Auch ihr gab Nikola ohne zu zögern die Hand, während Mara Carlisle anstrahlte. „Für einen Vater von so vielen Kindern bist du aber ganz schön jung“, scherzte sie. „Darf ich ‚du‘ sagen?“, fügte sie etwas verspätet hinzu.

Carlisle lachte: „Gerne. Aber ich bin etwas älter als ich aussehe.“

In Maras Augen trat brennende Neugier. „Dann ist es wahr, dass Vampire irgendwie unsterblich sind? Wie alt bist du denn dann? Könnt ihr wirklich ewig leben?“

„Mara“, mahnte Nikola, „du und deine entsetzliche Neugier. Vielleicht mag er darüber keine Auskunft geben. Kannst du nicht etwas weniger Peinliches fragen?“

Mara grinste zurück: „Nur eine Frau darf man nicht nach ihrem Alter fragen. Bei einem Mann ist das doch nicht schlimm.“

Keiner konnte sich das Grinsen verkneifen und Emmet lachte brüllend los: „Himmel, Kleine, du bist echt cool. Ich glaube, ich mag dich.“

Carlisle lächelte ebenfalls. „Das ist schon okay. Ich bin etwa vierhundertsechzig Jahre alt.“

Mara fiel die Kinnlade herunter. „Wow!“ Sie rechnete kurz. „Das war dann ja im finstersten Mittelalter.“

Carlisle lächelte über ihr Erstaunen, wandte sich dann jedoch rasch wieder Nikola zu. „Verzeih, Nikola, aber auch wir sind sehr neugierig. Woher kennst du Jasper denn nun?“

Diese lächelte zu dem Beschützer ihrer Kindertage: „Du weißt es immer noch nicht?“

Jasper sah sie ratlos an. Nikola begann schelmisch zu lächeln. „Vielleicht denkst du etwas zu sehr wie ein Vampir“, frotzelte sie. „Im Gegensatz zu Vampiren verändern Menschen sich. Denk einmal gute zwanzig Jahre zurück. In Minneapolis. Du hast da einem kleinen Kind das Leben gerettet und eine Zukunft geschenkt.“

Nur Sekundenbruchteile später zeichnete sich Begreifen auf Jaspers Gesicht ab. Ungläubiges Begreifen allerdings. Dann flüsterte Jasper leise: „Nicki? Du bist Nicki?“

Sie lächelte ihn an. Alice blickte von Jasper zu der Frau. „Wann war das? Vor zwanzig Jahren?“, überlegte sie. „Das war die Zeit, in der du …“ ihre Augen wurden traurig, als sie Jasper ansah, „in der du nicht bei uns warst.“

Jasper nickte: „Ja.“

Das war in der Zeit, in der er Alice verloren hatte. Nikola blickte von ihm zu Alice. Leise sagte sie: „Ich war noch ein Kind, aber die Traurigkeit in Jasper konnte ich deutlich spüren. Es hat ihm entsetzlich wehgetan, dich verloren zu haben. Es ist so schön, dass ihr wieder zusammen seid. Ich kenne niemanden, der es mehr verdient hat, glücklich zu werden, als Jasper.“

Emmet grinste von einem Ohr zum anderen. Jasper derart verlegen zu sehen, dieses Vergnügen bekam er nicht allzu oft. Aber inzwischen brachte ihn die Neugier fast um. „Aber jetzt fang endlich an zu erzählen, woher du Jasper kennst.“

Doch ehe Nikola antworten konnte, sprach Carlisle: „Das interessiert uns alle. Aber vielleicht sollten wir es unseren Gästen ein wenig gemütlicher machen. Wollt ihr euch nicht setzen?“

Er zeigte auf das große Sofa. Die beiden Schwestern setzten sich und Mara lachte ihn an: „Aber gerne doch. Und dann fängst du bitte endlich an.“ Sie wandte sich an die anderen: „Es ist so toll, wenn Nicki davon erzählt.“

Edward führte auch Bella zur Sitzecke und nahm mit ihr auf einem der breiten Sessel Platz. Die anderen scharten sich um die beiden Menschen. Nikola lächelte Jasper zu, wandte sich dann jedoch zu Bella.

„Um meine Geschichte zu erzählen, muss ich erst ein wenig ausholen und berichten, woher ich überhaupt stamme. Ich war ein Slumkind. Gewalt war in meinem Leben völlig normal. In dem Viertel, in dem wir lebten, waren alles Junkies und Kriminelle. Auch meine Mutter. Sie nahm alles, was sie finden konnte: Heroin, LSD, Kokain, es war völlig egal, Hauptsache, sie konnte high sein. Und sie tat so ziemlich alles, um an Drogen zu kommen. Natürlich ging sie auch auf den Strich und brachte ihre Freier ständig in das Zimmer, in dem wir hausten.

Ich konnte noch nicht mal meinen Namen schreiben, da wusste ich schon alles über den Tod und über Sex. Und über Hunger. Dabei hatte ich noch Glück, meine Mutter verkaufte mich nicht an ihre Freier. Die meisten Kinder bei uns wurden schon mit sieben oder acht Jahren regelmäßig vergewaltigt und den Freiern überlassen. Dies blieb mir erspart. Sie verprügelte mich auch nicht, wie viele andere, die ihre Wut nur zu gern an den Schwächsten ausließen.

Meine Mutter war schwach, aber nicht schlecht, aber das bezahlten wir sehr oft mit Hunger. Und so lernte ich frühzeitig, dass ich selbst für mein Überleben sorgen musste. Also stahl ich. Ich war sehr geschickt. Ich trieb mich ständig in unserem Viertel herum und wusste genau, wohin ich mich wagen konnte, und welche Gegenden ich meiden musste, weil sie für mich zu gefährlich waren. Und wenn ich an irgendetwas Wertvolles kam, auch an Drogen, so vertickte ich es.“

Sie machte eine kleine Pause, Bella war bleich geworden. Natürlich wusste sie, dass es solche Gegenden gab. Aber davon zu wissen war etwas ganz anderes, als diese Worte zu hören. Die Frau sprach ernst, aber nicht bitter. Aber mit einer solchen Eindringlichkeit – Bella schauderte. Nikola musste als Kind ein entsetzliches Leben geführt haben.

Nikola holte tief Luft: „Jasper lernte ich kennen, als ich neun war. Und damit veränderte sich mein Leben.“

 

In den Slums

Wütend schimpfte das neunjährige Mädchen mit sich selbst. Warum hatte sie nicht aufgepasst? Sie wusste doch genau, dass der Dealer irgendwann in diesen Tagen kommen würde. Jetzt würde sie nicht mehr rechtzeitig zu dem Platz kommen, auf dem sie ihm ihre Ware verkaufen konnte. Der Dealer wartete immer nur bis Sonnenuntergang. Und es würde mindestens vier bis fünf Wochen dauern, bis er wiederkam.

Nikola drückte die Hände auf das kleine, am Körper versteckte Päckchen. So lange konnte sie nicht warten. Zum einen war die Gefahr viel zu groß, dass man das Heroin bei ihr finden und es ihr wegnehmen würde. Zum anderen brauchte sie das Geld dringend, um Essen kaufen zu können. Ihre Mutter lag high in dem kleinen, dreckigen Zimmer. Und es würde zwei bis drei Tage dauern, bis sie in der Lage wäre, selbst Nahrung heranzuschaffen. Ohne Geld würden das harte Tage werden.

Das Kind wandte sich der schmalen Straße zu und rannte in Richtung Fluss. Sie hatte nur noch eine Chance. Sie musste den Weg den Fluss entlang nehmen. Doch jetzt, in der beginnenden Dämmerung, war dies eigentlich viel zu gefährlich. Aber sie hatte keine Wahl, es musste gelingen. Nur wenige Sekunden blieb sie an der Mauer stehen, die ihr bis zur Brust reichte und das Ende der Straße gegen die tief darunterliegende Flussebene abgrenzte. Gerade lange genug, um kurz zu verschnaufen und den kleinen Platz, gute drei Meter unter ihr, abzusuchen.

Rechts des Platzes schoss der Fluss schäumend aus dem Wehr hervor, seine Gischt sprühte immer wieder über den Boden und ließ ihn rutschig werden. Nur ein festes Eisengitter trennte den Platz über eine Strecke von mehreren Metern von dem Fluss, bis dieser wieder hinter der Deichmauer verschwand. Auf der linken Seite standen ohne Lücke die Häuser, deren Fenster entweder mit Brettern vernagelt oder dunkle, leere Öffnungen ohne Glas waren. Und geradeaus lief zwischen den Häusern und der Deichmauer die schmale Gasse, durch die sie jetzt musste.

Es war schon so dunkel, dass sie nicht hineinsehen konnte. Wenn dort jemand war, konnte sie nicht mehr fliehen. Nicki biss die Zähne zusammen und kletterte gewandt über die Mauer, ließ sich auf die hohen Tonnen fallen, die darunter standen und sprang dann auf den Boden. Der Lärm, den sie dabei machte, wurde von dem tosenden Fluss übertönt. Aber genauso konnte sie dadurch auch keine Schritte oder Stimmen in der Gasse hören.

Das Kind war noch keine zehn Schritte weit in der Gasse, als sie die beiden Männer sah, die ihr grinsend entgegenblickten. Ohne zu überlegen warf sie sich herum und rannte zurück. Doch sie wusste, dass sie es nicht schaffen würde. Sie brauchte zu viel Zeit, um auf die Tonnen und von dort auf die Mauer zu klettern. Die Männer würden sie einholen. Wenn sie viel Glück hatte, würden sie das Mädchen nur vergewaltigen und liegenlassen. Aber es war wahrscheinlicher, dass man sie danach in den Fluss werfen würde, und dort hatte sie keine Überlebenschance. Doch Nikola rannte weiter, aufgeben kam für sie nicht in Frage; denn aufgeben bedeutete in ihrer Welt sterben.

Ein dunkler Schatten flog über sie hinweg und Nikola glaubte, die Männer hätten sie erreicht. Sie warf sich herum, um wenigstens zu versuchen, um ihr Leben zu kämpfen. Im nächsten Augenblick erstarrte sie. Unfähig, auch nur einen Finger zu rühren, starrte sie mit aufgerissenen Augen auf das Bild, das sich ihr bot.

Einer der Männer lag bewegungslos am Boden, ob tot oder bewusstlos konnte sie nicht erkennen. Der andere Mann stand aufrecht. Seine Augen quollen ihm förmlich aus den Höhlen. In ihnen stand ein unbeschreibliches Grauen. Der Mund war weit aufgerissen und völlig verzerrt. Nikola konnte nicht hören, ob er schrie. Vor ihm stand eine dunkle Gestalt. Die Hände umfassten die Schultern des Mannes und hielten ihn fest. Nikola konnte nur seine Umrisse erkennen, einzig die Haare waren hell: goldblond und lockig. Sein Gesicht lag fest an den Hals des Mannes gepresst. Es sah aus wie eine Umarmung. Doch Nicki wusste instinktiv, dass es das garantiert nicht war.

Es dauerte nur wenige Sekunden, dann fielen die bisher steif zur Seite gestreckten Hände mit den weit gespreizten Fingern herab. Die Augen wurden stumpf und Nikola begriff, dass der Mann starb. Die dunkle Gestalt löste sich von ihm und der Körper schlug auf den Boden.

Die Gestalt drehte sich um, und Nicki konnte sein Gesicht sehen. Es war wunderschön: Bleiche, aber faszinierend ebenmäßige Gesichtszüge mit einem schmalen Mund und vollen, gleichmäßig geschwungenen Lippen. Die goldblonden Haare umrahmten es. Nur die Augen stachen aus diesem Engelsgesicht hervor. Blutrot leuchtend blickten sie jetzt auf das Kind, das ihn nur anstarren konnte.

Der Mann – Engel – Teufel – hob die Hand und wischte sich kurz über den Mundwinkel. Etwas schimmerte auf seinem Finger, und Nicki wusste plötzlich genau, dass dies Blut war. Menschenblut.

„Verschwinde endlich.“ Mühelos übertönte er das Brausen des Flusses.

Als hätten die Worte einen Schalter umgelegt, kam wieder Bewegung in das Mädchen. Blitzartig wandte sie sich um, flog förmlich die Mauer hinauf und rannte. Hatte sie vorher tödliche Angst verspürt, als die Männer sie verfolgten, so war das Gefühl jetzt in ihr etwas viel Stärkeres, viel Entsetzlicheres.

Ohne einen einzigen Gedanken fassen zu können, rannte Nicki fast drei Blocks weit. Dann konnte sie nicht mehr. Ihr Atem ging keuchend, sie bekam kaum noch Luft, die Seiten taten ihr höllisch weh. Erst jetzt begann sie wieder zu denken, versuchte verzweifelt zu begreifen, was sie da gesehen hatte. Ihr Instinkt – alles in ihr – sträubte sich dagegen, sich an dieses Geschehen zu erinnern. Das konnte so nicht gewesen sein, das war keine Realität.

Sie kannte Horrorgeschichten aus den Büchern eines ihrer Nachbarn, sie handelten von Zombies, Untoten – und Vampiren. Nicki hatte sie gelesen und gedacht, dass diese seltsame Fantasiewelt auch nicht viel schlimmer war als ihre eigene, reale Welt. Doch diese Geschichten waren keine Realität. Realität, das war der tägliche Kampf um genügend Nahrung und etwas Geld. Das ständige Aufpassen, nicht selbst ausgeraubt, vergewaltigt oder gar getötet zu werden. Und das, was sie gerade gesehen hatte, gehörte in die Bücher. Denn so etwas gab es nicht, das war Fantasie. Dennoch hatte sie es gesehen!

Gespräch mit einem Vampir

 

Je ruhiger Nicki atmen konnte, desto klarer wurden ihre Gedanken. Und sie wusste plötzlich, sie musste sich versichern. Sie musste erfahren, was dort unten am Fluss wirklich geschehen war. Das Mädchen kehrte um. Je näher sie der Mauer kam, desto vorsichtiger wurde sie. Die letzten hundert Meter schlich sie nur noch. So leise wie möglich, fast auf allen vieren, kroch sie an die Mauer heran und versteckte sich hinter ihr. Sie lauschte. Doch außer dem ewigen Brausen und Tosen des Wassers war nichts zu hören.

Nikola nahm ihren ganzen Mut zusammen, hob den Kopf über die Mauer und sah hinunter  – und in die blutroten Augen des Engels. Wie eine Maus vor der Schlange erstarrte sie. Nur am Rande bemerkte sie, dass die beiden Männer verschwunden waren. Es wunderte sie nicht wirklich, in dem reißenden Fluss waren schon viele verschwunden. Wie gebannt blickte sie auf die Gestalt, die frustriert zu ihr empor sah. Wieder hörte sie diese klare, melodische, wunderschöne Stimme: „Du solltest doch verschwinden.“

Nikola schluckte: „Ich will wissen, wer du bist. Was du bist.“

Der seltsame Engel – oder Teufel – runzelte die Stirn. „Warum?“

„Weil es dich nicht gibt.“

„Dann kann ich ja wohl auch nicht hier sein.“

„Du bist aber hier.“

„Vielleicht bildest du dir das ja auch nur ein.“

„Ich bilde mir nichts ein. Du bist hier und ich will wissen, was du bist. Wie es sein kann, dass du tatsächlich existierst. Du bist doch nur eine Horrorgestalt. Wie kann es dich geben?“

Der Mann seufzte. „Es wäre besser, wenn du gehen würdest. Vergiss einfach, was du gesehen hast.“

Nikola schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht. Du hast mir das Leben gerettet.“

„Unsinn“.

„Doch. Die Männer hätten mich getötet. Du hast das verhindert.“

Plötzlich fürchtete sie sich nicht mehr. Wie sollte man sich fürchten, wenn man mit jemanden sprach und derjenige freundlich antwortete?

„Kann ich runterkommen?“

Der Mann schüttelte fassungslos den Kopf. „Wieso willst du das? Hast du keine Angst vor mir? Du hast doch selbst gesagt, ich bin eine Horrorgestalt. Du solltest mich fürchten.“

„Es ist blöd, hier zu sitzen und zu brüllen, damit du mich verstehst.“

„Ich kann dich auch hören, wenn du nicht brüllst.“

„Aber ich dich nicht“. Nikola setzte sich auf die Mauer. Der Mann trat ein paar Schritte zurück. „Nicht. Geh nicht weg, bitte. Ich möchte doch nur mit dir reden. Ich möchte begreifen, was ich gesehen habe. Ich will dich nicht vergessen.“

Dann schob sie alle Bedenken beiseite und ließ sich von der Mauer herabfallen. Sie musterte den Mann so gründlich wie möglich. Er sah wirklich mehr aus wie ein Engel. Außer seine Augen, die waren grässlich.

„Bleib wo du bist.“

Nikola wunderte sich. Er hatte zwei Männer getötet, sie war doch nur ein Kind. Plötzlich lächelte der Mann und wurde noch mehr zum Engel. „Es ist sicherer, wenn du dort bleibst.“

„Ich bin doch nur ein Kind. Was könnte ich dir tun?“

„Ich möchte dich nicht töten.“

Nikola legte den Kopf schief und der Engel bequemte sich seufzend zu einer Erklärung: „So rieche ich dich nicht so stark. Dein Geruch – bringt mich dazu, dich – anzugreifen.“

Nikola wich ein wenig zurück. „Besser so?“

Der Mann nickte.

„Wirst du mir sagen, wer – was du bist?“

„Du weißt es doch schon.“

„Ein Vampir. Aber du musst doch auch einen Namen haben.“

Jetzt lächelte der Mann. „Ich heiße Jasper.“

„Jasper“, wiederholte Nicki. „Das ist ja langweilig, ein ganz normaler Name.“

„Was?“

„Es klingt nicht gruselig. Dracula klingt gruselig.“

Wieder erklang das klare Lachen. „Muss es denn gruselig klingen? Genügt mein Aussehen nicht?“

„Mh … du bist wunderschön, nicht gruselig. Nur deine Augen. Die sind wirklich schrecklich.“

„Trotzdem läufst du nicht vor mir weg.“ Jasper klang verdrossen und verwirrt.

Nikola überlegte. Hatte sie Angst? Sie wusste es nicht einmal. Er war gruselig, egal wie hübsch er aussah, aber …

„Du hast mir aber nichts getan, sondern mich geschützt. Ich will keine Angst vor dir haben.“

„Es wäre aber besser. Was machst du eigentlich hier? Es ist fast Nacht.“

Erst jetzt erinnerte sie sich wieder an das Päckchen. „Verdammt. Jetzt ist es zu spät.“

„Wofür?“

Sie zog das Päckchen hervor, hatte seltsamerweise keine Bedenken, es ihm zu zeigen. „Das ist mindestens fünfzig Dollar wert. Ich wollte es verkaufen, davon könnte ich wochenlang leben. Doch jetzt ist der Dealer weg. Er kommt erst in vier Wochen wieder. So lange kann ich den Stoff nicht verstecken.“

„Hast du niemanden, der sich um dich kümmert?“

Nikola zuckte mit den Schultern. „Meine Mutter, aber sie ist wieder mal high. Es wird Tage dauern, bis sie in der Lage ist, etwas zu Essen zu besorgen.“

Missmutig blickte sie auf das Päckchen.

Ohne es wirklich zu wollen, sagte Jasper plötzlich: „Komm mit, ich zeige dir ein Versteck. Aber halte etwas Abstand zu mir. Keine Bange, wenn dich jemand angreifen sollte, bin ich schneller bei dir, als du es dir vorstellen kannst.“

Nicki trabte hinter der Gestalt her, die sie in der Dunkelheit kaum noch erkennen konnte. Jasper führte sie zu einem Abbruchhaus und dort bis in den zweiten Stock. Seine Hand deutete in eine Ecke und sie stellte sich dorthin und wartete. Jasper grub mehrere Steine aus einem uralten Kamin und zeigte ihr eine Höhlung. Nicki drückte ihr Päckchen tief hinein und presste die Steine wieder davor. Ja, hier würde niemand suchen. Dankbar sah sie zu Jasper, der sich vor den Ausgang gestellt hatte.

„Warte eine Weile hier.“

Noch ehe sie ein Wort sagen konnte, war er verschwunden. Nicki blickte aus den leeren Fensterhöhlen, doch sie konnte nirgends eine Bewegung erkennen. Es dauerte nicht lange. Ohne jedes Geräusch glitt er plötzlich wieder in das Zimmer. Beinahe hätte das Mädchen vor Schreck aufgeschrien.

Jasper grinste: „Ich kann dich ja doch erschrecken.“

Nicki seufzte: „Ich hab ja nicht gesagt, dass du nicht gruselig oder unheimlich bist. Nur nicht so, wie ich mir einen Vampir vorgestellt hätte.“

Jasper lachte leise und warf ihr einen Beutel zu. Nicki sah hinein und griff gierig zu. Brot! Darunter kam noch gegrilltes Fleisch zum Vorschein. Und das war noch warm!

„Wo hast du das her?“

„Gestohlen.“

Nicki zuckte mit den Schultern und ließ es sich schmecken. Zu ihrer Freude begleitete Jasper sie sogar noch bis zu ihrer Straße. Als er sich endgültig abwandte, hielt sie ihn noch einmal auf.

„Sehe ich dich wieder?“

Jasper sah ihren bittenden Blick und seufzte lautlos. „Es wäre besser, wenn du mich so schnell wie möglich vergessen würdest.“

Nicki schüttelte vehement den Kopf. „Ich möchte dich nicht vergessen. Ich möchte dich wiedersehen.“

Schutzengel Jasper

 

Nikola blickte aufatmend hoch und in die gespannten Augen ihrer Zuhörer.

„Von diesem Tag an hatte ich einen Schutzengel. Jasper begleitete mich immer öfter, unsichtbar für die anderen Menschen. Er zeigte sich nur, wenn wir alleine waren. Doch es sprach sich schnell herum, dass es nicht mehr ratsam war, mich anzugreifen, oder auch nur übervorteilen zu wollen.

Kaum jemand bekam Jasper zu Gesicht, er tauchte wie ein Schatten auf, wenn mir Gefahr drohte und verschwand genauso wieder. Er war schnell und gnadenlos.“

Sie lächelte bei der Erinnerung, wie entsetzt die Menschen immer gewesen waren, wenn die dunkle, drohende Gestalt des Vampirs wie aus dem Nichts vor ihnen auftauchte. Diejenigen, die dies unverletzt überstanden, wagten nie wieder, das Kind zu bedrohen. Andere hatten weniger Glück, Jasper hatte kein Skrupel, Menschen zu töten.

Sie blickte dankbar zu Jasper hinüber. „Aber Jasper hat mir viel, viel mehr gegeben als diesen Schutz vor der Gewalt in unserem Viertel. Er gab mir eine Zukunft. Was ich heute bin, dass ich es geschafft habe, aus den Slums herauszukommen, habe ich ihm zu verdanken. Und auch Mara würde nicht leben, wenn Jasper nicht gewesen wäre.“

Das Mädchen kuschelte sich an Nikola. „Das war deine Entscheidung. Damals war Jasper doch schon längst wieder weg.“

„Das schon, aber er hat mir beigebracht, Verantwortung zu übernehmen.“ Sie sah, dass ihre Zuhörer nicht verstanden, wie sie das meinte, und lächelte. Selbst Jasper sah sie ungläubig an. „Ich glaube nicht, dass du das mit Absicht gemacht hast. Es war einfach deine Art zu denken und zu leben. Die hast du an mich weitergegeben.“

Nikola glitt wieder in ihre Erinnerungen und erzählte weiter: „Ich war neugierig und fragt Jasper ständig aus. Und so begann er mir von sich zu berichten. Ich habe damals eine Menge über Vampire gelernt. Aber mindestens genauso interessant waren seine Erinnerungen aus seinem menschlichen Leben. Ich wurde es nie müde, ihm zuzuhören.

Ich habe immer gerne gelesen, und so versuchte ich, mir Bücher aus dieser Zeit, dem Bürgerkrieg, zu besorgen. Jasper war da eine große Hilfe“, lachte die Frau. „Er stahl sie einfach und brachte sie mir. Vieles darin verstand ich damals noch nicht. Ich besaß ja nicht einmal die normale Schulbildung. Natürlich musste ich zur Schule gehen, aber die Schüler dort kamen alle aus ähnlichen Verhältnissen wie ich. Kinder von Junkies, Asozialen und den sozial Ärmsten und Schwächsten. Dementsprechend desinteressiert waren die Lehrer. Niemand fragte nach, wenn man fehlte, also schwänzte ich die Schule ziemlich oft.

Jasper erklärte mir vieles, aber er zeigte mir auch, dass ich die Antworten auf meine unzähligen Fragen auch selbst erfahren konnte – indem ich lernte.“ Sie grinste. „Er benutzte jedoch nie das Wort lernen. Er zeigte mir einfach, wie ich durch Bücher etwas erfahren konnte. Und ich wurde immer neugieriger, immer wissbegieriger.“

Sie seufzte selig in der Erinnerung. „Und er war immer für mich da. Wenn meine Mutter high war und ich nicht wusste, wie ich an Nahrung kommen sollte, half er mir. Er hörte mir zu, ließ mich manchmal sogar in seiner Nähe schlafen – mit Sicherheitsabstand. Es dauerte nicht lange, da war Jasper der wichtigste Mensch für mich. Ich habe meine Mutter immer geliebt, aber sie konnte nie ein Vorbild für mich sein, oder jemand, zu dem man aufsah. Jasper war so jemand, ich habe ihn vergöttert.“

Hätte Jasper rot werden können, er hätte vermutlich nach diesen Worten geglüht. Doch auch so war seine Verlegenheit für jeden deutlich erkennbar. Doch keiner der Vampire, nicht einmal Emmet, der nie eine Gelegenheit ausließ, seine Brüder zu necken, lächelte darüber.

„Und ich lernte von ihm, über mich selbst nachzudenken. Ich hatte schon als kleines Kind lernen müssen, zu kämpfen. Ich hätte sonst nicht überleben können. Doch jetzt begann ich zu begreifen, dass ich mehr konnte. Nur irgendwie zu überleben, reichte mir nicht mehr. Ich wollte wirklich leben, eine Chance haben.“

Sie blickte die Vampire und Bella an. „Ich begann zu verstehen, dass das Leben in den Slums weder normal noch zwingend notwendig war. Dass es eine Chance gab, auszubrechen. Wenn ich kämpfte … wenn ich bereit war zu lernen. Und dieses Wissen, dieses Verstehen habe ich durch Jasper bekommen.“

Sie lächelte wieder, diesmal wehmütig. „Über zweieinhalb Jahre war Jasper mein Schutzengel. Ich schlief zwar noch bei meiner Mutter, aber die meiste Zeit verbrachte ich mit ihm. Und je mehr Zeit verging, desto besser verstand ich ihn. Anfangs hat er mich oftmals zu Tode erschreckt, das gebe ich gerne zu. Aber ich spürte immer mehr, dass unter dem gnadenlosen Kämpfer ein unglaublich sanfter Mensch versteckt war. – Und ein sehr trauriger.“

Sie blickte Alice an. „Ich war noch ein Kind, aber selbst ich konnte spüren, wie schwermütig Jasper oftmals war. Er hat mir von dir erzählt, und ich weiß, wie sehr er dich vermisst hat.“ Sie atmete tief auf. „Ich war zwölf, als Jasper wieder fortging. Er wollte dich suchen, er hoffte, dich wiederzufinden und zu dir zurückzufinden.“

Sie senkte den Blick. „Jasper war der einzige Mensch in meiner Welt, der mir Halt gegeben hatte. Und es tat mir entsetzlich weh, ihn zu verlieren. Aber ich habe nicht darum gebettelt, dass er bei mir bliebe. Darauf bin ich heute noch stolz.“ Sie blickte Alice wieder an, ihre Augen waren feucht. „Ich habe gehofft, dass er dich wiederfindet.“

Carlisle stand auf und trat auf Jasper zu. Seine Augen leuchteten. Er legte seine Hand auf Jaspers Schulter und drückte sie. „Ich bin unglaublich stolz auf dich.“

Jasper starrte ihn an. „Ich habe Menschen getötet, ihr Blut getrunken.“

Noch ehe Carlisle darauf antworten konnte, schaltete sich Nikola ein: „Du hast Abschaum getötet. Oh nein, lass mich ausreden. Ich bin ein Mensch und ich denke heute anders als früher als Kind. Ein Menschenleben ist etwas Kostbares, und ich bedaure heute jeden gewaltsamen Tod. Dennoch habe ich auch jetzt noch keine Gewissensbisse wegen der Dinge, die damals geschehen sind. Und sage nicht, ich hätte keine Mitschuld daran, die habe ich durchaus. Diejenigen, die du damals getötet hast, hatten – im Gegensatz zu dir – nicht das geringste Gewissen. Sie töteten nicht nur, sie hatten Vergnügen daran, und viel schlimmer noch, sie genossen es, anderen Leid und Schmerz zuzufügen.“

Sie sah Jasper so durchdringend an, dass der lieber weiterhin schwieg. Es war eindeutig, dass Nikola noch nicht fertig war.

„Und was das Bluttrinken angeht. Dass du deswegen ein Monster sein sollst, ist ja wohl absolut lächerlich. Himmel noch mal, du bist ein Vampir! Was bitte schön sollst du denn sonst trinken? Magermilch?“

Emmet begann zu grinsen, verbiss es sich jedoch sofort, als Nikola ihm einen scharfen Blick zuwarf. Oha, diese Frau konnte ganz schön energisch werden. Ihr Blick wurde wieder sanfter, als sie sich erneut Jasper zuwandte.

„Es mag ja möglich sein, dass ihr euch auch von Tierblut ernähren könnt. Doch wenn ich das richtig begreife, ist das ziemlich schwer. Und du machst dir Vorwürfe, dass du das nicht auf Anhieb geschafft hast? Dass du lieber deine völlig normale und natürliche Nahrung vorgezogen hast? Also bitte, Jasper, das ist völliger Unsinn. Wenn du es inzwischen schaffst, dich derart gut zu beherrschen, dass du mit Tierblut auskommst, so bist du dafür zu bewundern. Aber verdamme dich gefälligst nicht für etwas, das für dich vollkommen normal ist.“

Nikola lehnte sich zurück und sah erstaunt zu Esme, die einen seltsamen Laut von sich gegeben hatte. Diese trat zögernd auf die Menschenfrau zu: „Bitte hab keine Angst, ich werde dir nichts tun.“

Nicki schüttelte den Kopf und Esme überwand ihre Sorge und umarmte sie heftig. „Ich danke dir. Es ist so lieb von dir, dies zu sagen. Ich liebe meine Kinder alle und ich weiß, wie viele Vorwürfe sich Jasper macht, dass es ihm so schwer fällt, Menschenblut zu widerstehen.“

Einen Moment blickte Nicki sie verdutzt an, dann erwiderte sie die Umarmung so fest sie konnte und flüsterte: „Du bist eine wunderbare Mutter, Esme.“

Auch Carlisle blickte sie dankbar an, ehe er sich wieder an Jasper wandte: „Sie hat Recht, Jasper. Auch wenn ich der Meinung bin, dass jeder Mensch das Recht auf sein Leben hat. Doch du hast nicht sinnlos getötet. Im Gegenteil, du hast ein wunderbares Menschenkind geschützt. Darauf kannst du mit Recht stolz sein.“

Alice umarmte ihren Geliebten innig, sie sagte nichts, doch das brauchte sie auch nicht. Jasper konnte ihre Gefühle spüren. Dann sprang sie auf Nikola zu und schloss sie ebenfalls fest in die Arme. „Danke, dass du ihn mir zurückgegeben hast. Und dass du ihn so gut verstehst.“

Carlisle sah erschrocken zu der Frau, würde sie vor Alice ungestümer Art nicht zurückschrecken? Doch Nikola lachte sie fröhlich an, sie hatte ihre Bedenken bei dieser ungewöhnlichen Familie schon sehr rasch beiseitegeschoben.

Ein neues Leben

 

Emmet war jedoch noch nicht zufrieden. „Und wie ging es dann nun weiter? Du kannst doch nicht einfach so mitten in deiner Geschichte aufhören.“ Er zuckte bei dem vorwurfsvollen Blick von Carlisle die Schultern: „Ich bin nun mal neugierig.“

Nikola blickte Mara an, die strahlend nickte.

„Nachdem Jasper weg war, machte ich erst mal gar nichts. Oder besser, ich machte alles falsch. Er fehlte mir an allen Ecken und Enden. Ich ging kaum noch zur Schule, fasste meine Bücher, die ich bisher doch so geliebt hatte, nicht mehr an. Bis ich eines Tages in unserem Zimmer saß und mich selbst dabei ertappte, dass ich Heroin kochte. Die Spritze lag bereit. Damit würde ich endlich dem Schmerz entfliehen können, nicht mehr ständig an Jasper denken und ihn vermissen. Aber dann begriff ich noch etwas. Wenn ich diesen Schritt tat, dann würde ich alles verlieren, was Jasper für mich getan hatte, was er mir gegeben hatte. Ich würde ihn dann endgültig verlieren.“

Nikola sah zu Jasper. „Es war der schwerste Kampf, den ich je bestehen musste. Und ich entschied mich gegen die Drogen. Ich beschloss zu kämpfen. Die Lehrer wurden auf mich aufmerksam und ich überwand mich und sprach sogar mit den Sozialarbeitern, die ich bisher nur verachtet und gemieden hatte. Bis ich vierzehn war, waren meine Noten so gut, dass ich die Möglichkeit bekam, die High School zu besuchen. Das Sozialamt gab das nötige Geld dazu.“

Die Frau lachte leise. „Ein Slumkind, die Tochter einer Junkiehure auf der High School. Das war schon etwas seltsam. Natürlich unterschied ich mich von allen anderen Kindern. Ich besaß weder die Kleidung, noch das Benehmen, das für sie selbstverständlich war. Und meine Ausdrucksweise sagte allen sofort, wo ich herkam. Ich hatte Glück, einer meiner Lehrer war sozial sehr engagiert. Er machte mir begreiflich, dass ich keine Chance hätte, wenn ich mein Verhalten und meine Sprache nicht ändern würde. Und das könnte ich niemals, wenn ich weiterhin im Slum lebte. Er bot mir an, bei ihm und seiner Frau zu wohnen. Sie wäre krank und bräuchte jemanden, der ihr ein wenig half und sie unterstützte. Anfangs glaubte ich, er wolle sich damit eine billige Hilfe verschaffen.“

Nikola grinste: „Ich hatte mich allerdings gründlich getäuscht. Seine Frau war eine hochgebildete Dame. Sie nahm mich in die Schule, ohne dass ich es auch nur merkte. In diesen Jahren habe ich viel mehr gelernt, als nur das Schulwissen. Allerdings bin ich regelmäßig in unser Viertel gegangen und habe mich um meine Mutter gekümmert. Sie schaffte es immer weniger, sich auch nur zu ernähren. Also suchte ich mir Arbeit und brachte ihr so viel Geld, wie ich abzweigen konnte. Natürlich hat sie das meiste sofort in Drogen umgesetzt, doch das war mir egal.“

Bella staunte: „Ja hattest du denn da überhaupt noch Freizeit? Schule, dann nochmal Unterricht oder Hilfe bei deinem Lehrer und Arbeit?“

Nikola zuckte mit den Schultern: „Nein, aber das machte mir nichts aus. Freizeit an sich kannte ich ja ohnehin nicht. Als Kind musste ich zusehen, dass ich irgendwie Nahrung heranschaffen konnte, um nicht zu verhungern, und jetzt lernte ich und verdiente das Geld mit Arbeit, statt zu stehlen.“

Sie erzählte weiter: „Doch gegen Ende der Schulzeit musste ich mich entscheiden. Ich wollte aufs College und würde auch ein Stipendium bekommen, denn bezahlen konnte ich das nicht. Meine Lehrer unterstützten mich, aber es gab natürlich auch Bedingungen. Eine war, dass ich mit meiner Vergangenheit abschloss, mich endgültig von dem Slum löste. Und damit auch von meiner Mutter. Die Professoren an den Colleges machten mir ohne Umschweife klar, dass sie sonst einem Stipendium nicht zustimmen würden.“

Sie blickte Mara an und seufzte: „Ich sah auch ein, dass sie Recht hatten. So sehr ich meiner Mutter helfen wollte, ich konnte es nicht auf Dauer. Ich entschloss mich also und ging ein letztes Mal – wie ich dachte – zurück, um ihr zu sagen, dass ich nicht wiederkommen würde.“

Eine Zeitlang schwieg Nikola dann, sammelte sich und sprach dann leise weiter: „Ich fand meine Mutter weinend und verzweifelt vor. Vor sich eine Kochschale Heroin. Ein Blick genügte, es war viel zu viel. Sie hatte vor, sich den berühmten „Goldenen Schuss“ zu geben. Als sie mich sah, weinte sie noch mehr und gestand mir, dass sie schwanger war. Sie war dreiunddreißig, sah jedoch mindestens zwanzig Jahre älter aus, war mager wie eine verhungerte Katze und gesundheitlich völlig fertig. Sie hatte mich schon kaum ernähren können, und da war sie wesentlich kräftiger und jünger gewesen. Sie wusste nicht, wie sie die Schwangerschaft überstehen sollte, und dann ... Sie wäre niemals in der Lage, sich um ein Baby zu kümmern. Der Tod schien ihre einzige Lösung zu sein.“

Esme sah sie entsetzt an, dann fiel ihr Blick auf Mara. Sie begriff: „Aber sie starb nicht.“

Nikola schüttelte den Kopf. „Nein. Ich ließ es nicht zu. Ich kämpfte. Ich bettelte und diskutierte. Ich belagerte das Sozialamt und das College und erklärte allen, ich würde mich um das Kind kümmern. Jeder war entsetzt, ich war siebzehn. Doch niemand wollte die Schuld auf sich nehmen, eine Frau und ihr ungeborenes Kind in den Tod zu schicken. So fanden wir einen Kompromiss. Das College erklärte sich bereit, mich aufzunehmen, wenn ich eine Betreuung für das Kind finden würde. Das Sozialamt fand eine Tagesmutter, nur wenige Blocks von dem College entfernt.“

Mara lächelte glücklich. „Tante Lynn ist eine wunderbare Frau. Wir sind heute noch viel bei ihr. Eigentlich gehört sie zur Familie. Wir haben ja nur uns.“

Ihre Schwester nickte dazu. „Ich beschwor meine Mutter, so wenig Drogen wie möglich zu nehmen und die Schwangerschaft irgendwie durchzustehen. Ich wusste immer, dass sie das ihre letzte Kraft kosten würde. Doch ich wollte, dass dieses Kind leben durfte. Und sie schaffte es. Ich verdiente bis zum Schulende und in den Sommerferien genug Geld, um ein Krankenhaus bezahlen zu können und dort wurde Mara geboren. Mutter konnte sie noch sehen. Sie übergab mir das Baby und unterschrieb nur wenige Stunden nach der Geburt alle Formulare, damit ich das Sorgerecht für das Kind bekommen konnte. Sie wusste, genau wie ich, dass sie nicht länger warten durfte.“

Nikolas Augen wurden wieder etwas feucht. „Sie starb einen Tag später. Ich nahm Mara mit mir. Während der Vorlesungen war Mara bei der Tagesmutter, doch Lynn stellte mir frei, so oft zu kommen wie ich nur wollte. Und so konnte ich mich um Mara kümmern und gleichzeitig studieren.“

Mara schmiegte sich in ihre Arme und sie lächelten sich liebevoll an. „Wir gehören zusammen und zusammen haben wir es geschafft. Als Mara alt genug war, und ich sicher war, dass sie sich nicht aus Versehen verplappern würde, habe ich ihr von Jasper erzählt. Ich habe nie vergessen, wie viel ich ihm zu verdanken habe.“

 

In den nächsten Wochen ‚befreundeten‘ sich Esme und die junge Lehrerin miteinander. Somit wunderte sich niemand darüber, dass auch ihr Verhalten den ‚jungen‘ Cullens gegenüber immer vertrauter wurde. Mara teilte ihre Zeit zwischen ihren menschlichen Freundinnen und den faszinierenden, neuen Vampirfreunden auf. Doch sie blieben nicht lange in Forks. Als Edward beschloss, sich von Bella zu trennen, um sie vor sich und seiner Art zu schützen, verließen auch Nikola und Mara die Stadt.

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Tag der Veröffentlichung: 22.03.2017

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