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Lene Levi

 

Xiao Yang will es wissen

 

Ein Fall für Kommissar Rieken

 

Kurzkrimi

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Impressum

© 2015 Lene Levi - created by ebuchedition words & music

Lene Levi: Xiao Yang will es wissen - Ein Fall für Kommissar Rieken

Titelgestaltung: ebuchedition words & music

unter Verwendung einer Vektor-Illustration von © CaroDi / fotolia.com/id/32704087

Ideen, Lektorat & Korrektorat: Eduard Hoch, Peter E. Reichel, Petra Lorenz

 

© 2016 hoerbuchedition words & music, Berlin

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ebuchedition words & music

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Alle in diesem Buch geschilderten Handlungen und zur Handlung gehörende Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen wären zufällig und nicht beabsichtigt.

 

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Kennwort: Lene Levi - Xiao Yang will es wissen  

 

Der Showmaster reichte ihm das Kartenspiel und befahl: „Halten Sie es vor die Brust, junger Mann. Und lassen Sie es auf keinen Fall fallen, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist!“

Daraufhin zog er eine kleine schwarze Pistole aus seinem Tailcoat und richtete die Waffe auf ihn. Robert spürte, wie sich beim Anblick dieser Pistole seine Gesichtsmuskulatur anspannte. Ihm schauderte vor solchen geschmacklosen Darbietungen.

Noch immer in derselben Haltung wandte sich Blexen diesmal an sein Publikum. Mit einer lässigen Handbewegung über das Schaltpult der Karaokeanlage setzte er die Installation in Gang. Die Musik aus den Lautsprechern verstummte und im Saal wurde es mucksmäuschenstill. Gleichzeitig verdunkelte sich die Restaurantbeleuchtung und ein kreisendes Spotlight richtete sich genau auf Xiao. Sie zuckte, wie vom Blitz getroffen, zusammen.

„Meine Dame, verraten Sie uns bitte, welche Karte Sie gezogen haben!“

„Ein Pik-Ass“, sagte Xiao so laut, dass es jeder im Saal deutlich verstehen konnte.

„Das Pik-Ass!“, rief Blexen.

Dann feuerte er einen Schuss auf den Mann vor der Spielkarteninstallation ab.

Erst als dem Assistenten das Kartenspiel aus der Hand fiel, schrie jemand im Zuschauerraum auf. Es war die junge Frau, an deren Tisch der Mann noch kurz zuvor gesessen hatte. Der Mann sackte in sich zusammen und schlug kopfüber auf die Bühnenbretter. Augenblicklich wurde Robert klar, dass irgendetwas schiefgegangen war.

*

„Xiao Yang will es wissen“ ist der dritte Fall des Oldenburger Kriminalistenteams um Robert Rieken, Jan Onken und der Rechtsmedizinerin Dr. Lin Quan. Die ersten beiden Bände dieser Reihe „Tödlicher Nordwestwind“ und „Nordwest Bestial“ avancierten schnell nach ihrem Erscheinen zu Bestsellern und wurden von vielen LeserInnen mit positiven Rezensionen bewertet.

 

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Bisher lief eigentlich alles wie am Schnürchen. Die Anzeigetafel verzeichnete die planmäßige Ankunft der Maschine aus Amsterdam, die erst vor wenigen Minuten gelandet war. Sie hatten sogar einen der wenigen Kurzzeit-Parkplätze vor dem Flughafengebäude ergattern können und waren, trotz des dichten Verkehrs auf der A 28 und des permanenten Schneeregens, rechtzeitig am City-Airport Bremen angekommen, um nun ihren Besuch pünktlich in Empfang zu nehmen. Als Lin und Robert im Erdgeschoss der Empfangshalle Ausschau hielten, entdeckten sie inmitten der dicht gedrängten Menschenmenge vor Terminal 3 eine attraktive Frau. Sie hatte bereits die Zollsperre passiert und schien neben einem stark frequentierten Durchgang auf jemanden zu warten. Sie fiel zumindest optisch aus dem Rahmen. Ihr gesamtes Outfit passte überhaupt nicht zur Jahreszeit. Schon seit Tagen regnete es im gesamten Nordwesten fast ohne Unterlass und die Temperaturen lagen dabei immer nur knapp über dem Gefrierpunkt. Die unangenehme Nasskälte drang inzwischen sogar durch die dicksten Wollpullover und kroch unweigerlich noch tiefer, wenn man sich nicht ausreichend davor schützte. Diese Frau aber trug ein in leuchtenden Farben schimmerndes Sommerkleid und war in hochhackigen Pumps aus dem Flugzeug gestiegen. Neben ihr stand einer dieser modischen Rollkoffer, auf dessen Zugbügel ein ebenso bunter wie auch leichter Seidenmantel abgelegt war. Obwohl sie erst vor wenigen Minuten die zugige Empfangshalle betreten hatte, trippelte sie bereits fröstelnd und sichtlich nervös einige Schritte auf und ab.

„Das könnte sie sein“, meinte Robert und deutete in Richtung des Terminals. Lin sah hinüber, war sich allerdings nicht sicher. Sollte das tatsächlich ihre Cousine sein?

Xiao und Lin waren sich bislang noch nie persönlich begegnet, kannten sich nur von den wenigen Fotos, die sie sich per Mail in den vergangenen Wochen gegenseitig zugeschickt hatten. Lin richtete ihren prüfenden Blick auf eins dieser Fotos, das sie sicherheitshalber zuvor kopiert und eingesteckt hatte. Sie war sich immer noch nicht sicher. Ihre Cousine Xiao pflegte offenbar eine Vorliebe, und zwar, sich ausschließlich in eingeübten Posen ablichten zu lassen. Alle ihre Porträtaufnahmen hatten den Charme von gekünstelten Bewerbungsfotos. Lin glaubte nun, doch eine eher vage Ähnlichkeit zwischen der Frau auf dem Foto und der wartenden Asiatin vor dem Terminal zu erkennen, und da auch keine weiteren Asiatinnen mehr unter den angekommenen Passagieren die Halle betraten, musste es sich wahrscheinlich doch um ihre Cousine handeln. Sie eilte kurz entschlossen auf die Frau zu und sprach sie an: „Du musst Xiao Yang sein.“ Die Frau zeigte ein überraschtes Lächeln, dann fielen sie sich sofort gegenseitig in die Arme, als wären sie beste Freundinnen, die sich lange Zeit nicht gesehen hätten.

„Es ist verdammt kalt hier bei euch“, beklagte sich Xiao in fast akzentfreiem Deutsch. „Als ich gestern in Guangzhou ins Flugzeug stieg, waren es 22°Celsius.“

„Das ist übrigens Robert.“ Lin deutete auf ihre Begleitung und zog Robert näher an sich heran.

„Ist das dein Ehemann?“, fragte Xiao. Sie schenkte ihm ein charmantes, aber aufgesetzt wirkendes Lächeln. Robert bemerkte, dass es das Gleiche war, das sie auch auf ihren Konterfeis benutzte.

„Willkommen im verregneten Europa“, begrüßte Robert sie. Er versuchte mit einem ebenso charmanten Lächeln ihrer Frage auszuweichen, umarmte sie dabei gleichzeitig. „Ich hoffe, du hattest einen angenehmen Flug?“

Xiao atmete einmal kräftig durch, dann seufzte sie: „Ach, wenn du mehr als fünfzehn Stunden in einem fliegenden Blechsarg verbringen musst, mit einem kurzen Zwischenstopp in Amsterdam, dann ist das nicht gerade ein Zuckerschlecken. Ich bin jedenfalls ganz happy, endlich angekommen zu sein.“

„Dann bist du sicherlich sehr abgespannt“, sagte Lin. Doch Xiao winkte ab. „Nein, überhaupt nicht. Ich habe ja fast die ganze Zeit über im Flugzeug geschlafen. Bei first class ist das gar kein Problem.“

Robert betrachtete Xiao neugierig und skeptisch zugleich aus den Augenwinkeln. Diese Frau hatte irgendetwas Künstliches an sich. Sie wirkte völlig anders als Lin, was er nicht erwartet hatte. Xiao Yang schien tatsächlich wie aus einer anderen Welt entsprungen.

„Bevor ich´s vergesse“, sagte sie plötzlich und zog hastig ein Smartphone aus der Seitentasche ihres Koffers. „Robert, würdest du bitte eine Aufnahme von uns machen?“ Sie hielt ihm das Handy entgegen, das in einer pinkfarbenen Plastikhülle steckte.

„Aha … Made in China …“, sagte Robert lächelnd und nahm das Handy entgegen. „Na klar, ein Foto mach ich doch gern. Ist kein Problem.“

Xiao schwang temperamentvoll ihren rechten Arm um Lins Schulter und schon grinsten beide Frauen wie zwei asiatische Winkekatzen in Richtung Kameraobjektiv. Noch bevor Robert den Auslöser betätigte, fiel ihm ein, was Lin vor einiger Zeit über ihre Cousine erzählt hatte. Xiao hatte vor etlichen Jahren an einer bekannten chinesischen Universität irgendwo in Guangdong studiert, und sie beherrschte die fünf wichtigsten europäischen Sprachen, und zwar fließend. Nach ihrem Studium hatte sie als Dolmetscherin bei einer Regierungsbehörde gearbeitet, bald darauf einen Funktionär der Kommunistischen Partei kennengelernt und geheiratet. Dieser Mann war offenbar in der Millionenmetropole so etwas wie ein hohes Tier. Allerdings war er vor zwei Jahren bei einem mysteriösen Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen. Sein Tod ließ Xiao zwar kinderlos auf dieser Welt zurück, aber ganz und gar nicht mittelos. Er hatte ihr ein lukratives Wohnhaus direkt im Stadtzentrum von Guangzhou zurückgelassen, das sie im vergangenen Herbst zu einem horrenden Preis verkaufen konnte. Mit diesem Geld leistete sie sich jetzt ein schönes und unbeschwertes Leben. Aber um diesen Luxus erst richtig genießen zu können, erfüllte sie sich zuerst ihren alten Wunschtraum, der beinahe schon zu einer fixen Idee geworden war: Sie wollte all jene Länder persönlich kennenlernen und bereisen, die sie nur von ihrem Sprachstudium her kannte, oder von jenen verheißungsvollen Werbeslogans der Reisebüros, die auch im jetzigen modernen China allgegenwärtig geworden waren. Robert drückte auf den Auslöser und knipste ein paar Fotos hintereinander. Xiao war eine reiche und attraktive Frau. Aber dass sie mit ihren kalten Habichtaugen ihn so stark beeindrucken würde, damit hatte er nicht gerechnet.

 

Als Robert Xiao in den Mantel half, schwangen ihre langen, brünett gefärbten Haare ein wenig seitwärts über die Schulter, sodass er kurz ihre Nackenpartie sehen konnte. Von ihrem Haaransatz an abwärts, direkt an der Wirbelsäule entlang, erblickte er tätowierte chinesische Schriftzeichen, die ihre gebräunte Haut geheimnisvoll verzierten. Die tätowierte Schriftzeichenreihe verschwand unter dem Saum ihres Sommerkleids und blieb daher seinen Blicken verborgen, was auf ihn eine anziehende, erotische Wirkung ausübte. Aber er versuchte diese sofort zu ignorieren und warf stattdessen Lin einen schmunzelnden Blick zu. Lin war jedoch mit ihrer Cousine im Gespräch vertieft, sodass sich Robert weiter seinen Gedanken hingeben konnte. Lin hatte ihm auch erzählt, dass Xiao sich das Gesicht mithilfe eines schönheitschirurgischen Eingriffs hatte korrigieren lassen. Er betrachtete sie deshalb möglichst unauffällig, fand aber Xiao nicht besonders schön. Offenbar war es in China Mode, sich äußerlich zu europäisieren. Schönheitskorrekturen waren auch an ihren Augenlidern und an der Formgebung ihrer Nasenflügel deutlich sichtbar. Aber Robert meinte auch, Faltenkorrekturen auf ihren Lippen- und Wangenpartien zu erkennen. Botox war für Xiao sicherlich kein Fremdwort. Er schätzte sie auf vielleicht Anfang bis Mitte dreißig, aber so, wie sie vor ihnen stand, konnte man sie auch leicht für fünfundzwanzig oder sogar für noch jünger halten.

Eine eindringliche Stimme riss ihn plötzlich aus seinen Gedanken. Lin stand neben ihm und sprach auf ihn ein: „Sag mal, Robert, hörst du mir überhaupt zu?“

„Entschuldige bitte“, stammelte er, „ich war nicht ganz bei …“

„Das ist wieder mal typisch“, wandte sich Lin an ihre Cousine. „Du musst nämlich wissen, er ist Kriminalkommissar. Ständig ist er in Gedanken mit irgendwelchen Verbrechen beschäftigt.“

„Ach, das ist ja fabelhaft“, sagte Xiao erstaunt, „dann muss ich mir gar keine Sorgen wegen eines möglichen Überfalls machen. Gibt es hier in Deutschland auch so viele Handtaschendiebe?“

„Wo ist eigentlich dein Gepäck?“, fragte Lin ganz unvermittelt. „Wir müssen dringend zur Gepäckausgabe.“

„Nein, müssen wir nicht“, sagte Xiao ruhig lächelnd. „Ich habe veranlasst, dass es direkt vom Flughafen in mein Hotel befördert wird.“

„In was für ein Hotel?“, fragte Lin entsetzt. „Ich war … ich meine, wir waren der Meinung, dass du bei uns wohnst. Zumindest bis nach Weihnachten.“

„Ich habe doch über mein Reisebüro ein 5 Sterne Hotel gebucht.“

„Ein 5 Sterne Hotel?“, fragte Robert verwundert. „So was gibt´s in ganz Oldenburg nicht. Hoffentlich hat sich da dein Reisebüro nicht geirrt.“

„Wer spricht denn von Oldenburg? Dieses Provinznest interessiert mich nicht. Ich habe mich doch vor Reiseantritt genau erkundigt, in dem Dorf gibt es nicht mal eine Spielbank.“

„Und wo soll das Hotel sein?“, fragte Lin.

„Irgendwo am Meer“, sagte Xiao. Sie faltete ein Papier auseinander, auf dem der Name des Hotels notiert war. „Ich muss zum Casino Royal Hotel nach Bad Zwischenahn.“

Lin und Robert warfen sich erst gegenseitig einen fragenden Blick zu, und dann brachen sie gemeinsam in Gelächter aus. „So, so, am Meer“, prustete es aus Lin heraus. „Dieses Meer ist nichts anderes als ein kleiner Binnensee.“

„Und wenn schon“, verteidigte sich Xiao. „Das Hotel verfügt aber über ein abwechslungsreiches Angebot.“

„Ja, ich weiß“, sagte Robert, „Roulette, Black Jack und Poker, das volle Programm. - Aber könnten wir endlich von hier verschwinden? Wenn wir noch lange hier herumstehen, fängt sich deine Cousine noch eine Erkältung ein.“

„Vergiss aber bitte nicht“, sagte Lin zu Xiao, „morgen ist Weihnachten. Wir feiern gemeinsam bei meinen Eltern.“

 

Als sie den Parkplatz erreichten, lächelte Robert zum wolkenverhangenen Himmel hinauf. „Mitte bis Ende Dezember ist die beste Zeit, die es in Norddeutschland gibt. Wenn du erst mal zwei Wochen hier bist, willst du wahrscheinlich nie wieder nach China zurück.“

„Das bezweifle ich“, sagte Xiao. „Es sei denn, ich finde, wonach ich suche.“

Lin startete den Motor ihres Wagens und

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 05.07.2016
ISBN: 978-3-7396-6346-3

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Über die Autorin: Lene Levi lebt und arbeitet als Autorin und Audioproduzentin in Berlin. Im Nordwesten Deutschlands ist sie aufgewachsen, in dieser Region spielen alle ihre Kriminalromane.

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