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Der Mond warf sein bleiches Licht über die düstere Gegend der kleinen Stadt Terimes, irgendwo heulte ein Hund, ansonsten herrschte eine unnatürliche Stille in dieser Nacht. Die meisten Menschen schliefen um diese Zeit, nur sehr wenige Menschen trieben sich noch auf den Straßen herum, darunter einige Männer, deren Gesinnung, ganz anders als die der Kleinstadtbewohner, von tiefer Boshaftigkeit war.
Das Ziel der kleinen Bande, bestehend aus drei Männern war ein gemütliches Häuschen das sich in einer eher abgelegenen Gegend befand. Die hölzerne Tür und das kleine Schloss hielten der brutalen Gewalteinwirkung nicht lange stand, doch sie genügte damit die schlafende Familie erwachte.
"Mami?" Ein kleines Mädchen schlich sich aus ihrem Zimmer, in der Hand hielt sie einen braunen Teddybären, da er jedoch viel zu groß war, schleifte der untere Teil des Kuscheltieres auf dem Boden. "Mami?"
Aus dem unteren Teil des Hauses drangen Stimmen zu ihr. Verschlafen schlich sie zu der schmalen Treppe und blieb am oberen Absatz stehen. Aus dem Stimmengewirr vernahm sie deutlich die Stimme ihrer Mutter, eigentlich nicht ihre richtige Mutter, denn ihre echte Mutter war vor drei Jahren gestorben aber Viola hatte diesen Platz eingenommen und sie liebte die mollige Frau mittlerweile abgöttisch.
"Bitte, ich sag euch doch, wir haben nichts."
"Verarsch mich nicht, Schlampe." Ein klatschendes Geräusch war zu vernehmen, gefolgt von dem Aufschluchzen einer Frau.
Wer war das? Das Mädchen kniete sich hin und umfasste das helle Holz des Geländers. Von ihrem Platz aus erkannte sie die hohe Gestalt eines Mannes, der ganz in Schwarz gekleidet war, über schwarze Jeans trug er eine Jeansweste die seine Arme freiließ und auf denen erkannte sie die Tätowierung einer Kobra die sich um seinen Arm schlang, an seinem Bund trug er eine Kette und in der Hand hielt er ein Messer. Als sie es sah weiteten sich ihre Augen. Das hier war nicht gut. Sie war zwar erst sieben Jahre alt, doch sie wusste dass das hier eine unfreundliche, gefährliche Situation war.
"Wo ist dein Macker, Miststück?" hörte sie eine andere Stimme, gefolgt von einem Schlag, dann fiel die wehrlose Gestalt Violas auf den Teppich, in ihrem Blickfeld.
Das Mädchen unterdrückte einen Schrei indem sie sich eine Hand auf den Mund legte und sah fassungslos dabei zu wie ein anderer Mann ihre Mutter ins Haar griff und sie hochzog. Deren Augen blickten hoch und ein entsetzter Ausdruck erschien in ihren Augen als sie die Kleine sah.
"Na?" fragte der Mann, wie die anderen beiden war er auch groß, doch eher schlank, in seiner Hand lag eine Colt, ein eher altmodisches Model, wie sie es immer in alten Filmen sah, doch das Mädchen bezweifelte nicht dass er ebenso verletzen konnte wie die neuen Waffen.
"Mein Mann ist vor einem Jahr verstorben, bitte, ich lebe hier ganz alleine", flehte Viola und versuchte zu lächeln. "Wenn ihr wollt… ich kann euch eine Menge Spaß bescheren, nur bitte… lasst mich am Leben", bat sie zitternd und drehte sich um. Sie hatte breite Hüften, doch eine flache Taille und sah in den Augen mancher Männer sehr begehrenswert aus. Verzweifelt versuchte sie sich ihre Angst nicht anmerken zu lassen als sie sich lasziv drehte und dabei eine Hand auf ihre Hüfte legte, dann verschränkte sie die Arme hinter dem Rücken und machte mit der Hand ein Zeichen.
Während die Männer sich grölend vor sie scharten vollführte sie mit der Hand immer wieder die gleiche Bewegung, erst nach einer Weile fiel dem Mädchen auf dass es eine Nummer darstellte. Als sie erkannte worum es sich handelte riss sie die Augen auf und kroch leise zurück, dann robbte sie so leise es ging in das Schlafzimmer. Im Dunklen suchte sie den Nachttisch ab und griff erleichtert nach dem Handy. Eigentlich hatte Viola ihr verboten jemanden damit anzurufen, doch das hier war ein Notfall. Sie wählte die Nummer der Notrufzentrale und kroch zum Fenster wo sie nach draußen sah. Hier konnte man durch das niedrige Vordach der Hintertür bequem durch den Garten fliehen, doch wie sollte sie Viola hier hochbekommen?
"Notrufzentrale", meldete sich die Stimme einer Frau. "Was für einen Notfall haben Sie?"
"Hier ist Ella Madison, in unserem Haus sind drei fremde Männer", flüsterte sie leise in den Hörer.
"Ella? Ich kann dich nicht verstehen, wiederhole das", bat die Frau mit sanfter Stimme. Das Mädchen ging zum Fenster und öffnete es, dann kletterte sie auf das Dach, wo sie das Fenster wieder schloss. "Hier sind Fremde in unserem Haus, sie schlagen meine Mutter", sagte sie dieses Mal lauter und zuckte zusammen als sie Schritte hörte. "Sie kommen", wisperte sie in das Handy.
"Bist du in Sicherheit?" fragte die Frau so dass Ella den Kopf schüttelte. "Ich bin auf dem Vordach unseres Hauses, es ist nicht hoch aber was wird mit Viola?"
"Sag mir deine Adresse, dann schicken wir eine Einheit zu deinem Haus", forderte die Frauenstimme und das Mädchen sah erschrocken in dem Zimmer. Zwar hatte sie noch niemanden gesehen, doch es war eindeutig jemand hochgekommen. Rasch teilte sie der Frau die Adresse mit, dann wurde die Tür aufgerissen und Viola wurde so brutal hinein geschubst dass sie quer durch das Zimmer taumelte und auf dem Bett landete.
"Hey, schau die Alte will es wirklich", lachte einer und warf sich auf die kleine Frau. Ella zitterte vor Angst, sie hob den Kopf und sah über den Fensterrahmen ins Innere, der Mann zerrte ihrer Mutter das Hemd vom Leib und glitt mit der Hand tiefer. Erschrocken duckte sie sich und umschlang ihre Beine mit den Armen. Viola schluchzte fürchterlich, doch was sollte sie tun? Der Septemberwind war tagsüber angenehm, doch in der Nacht kühlte es sehr stark ab und in dem kurzen Nachthemd fing sie an zu frieren. Hilflos sah sie sich um, dann blieb ihr Blick auf das Nachbarshaus hängen. Mr. Pierce, der freundliche Mann war seit kurzem pensioniert, er war Wachmann in einem Kaufhaus gewesen und wusste sicher was zu tun war.
Sie kletterte so vorsichtig wie möglich zum Dachrand und griff zu dem Holzgitter das an der Wand angebracht war damit die Rosen hochwachsen konnten. Mühevoll zog sie sich auf das unsichere Gitter und fing an nach unten zu klettern, dabei fiel ihr das Handy aus der Hand und knallte gegen einen der größeren Steine die das Beet umzäunten. Ella zuckte zusammen und blickte erschrocken hoch. Hatten sie es gehört?
"Was war das?" hörte sie eine Stimme, dann wieder ein Schlag. "Wo ist das Balg? Auf dem Foto sind zwei, wo sind sie?"
"Sie sind bei meiner Mutter", schrie Viola, dann hörte man einen dumpfen Laut gefolgt von unerträglicher Stille. Ella zitterte vor Angst, dann wurde das Fenster aufgerissen und ein Kopf erschien über sie.
"Hey, Mike, hier ist das Gör", schrie er und das Mädchen ließ los. Sie landete etwas schmerzhaft auf die Beine und brauchte einen Moment bis sie loslaufen konnte, doch dann hielt sie nichts mehr. Sie musste zu Mr. Pierce, der alte Mann würde ihr helfen.
Ihre nackten Sohlen traten in spitze Sachen doch sie blieb nicht stehen, hinter sich vernahm sie den Aufprall von Füßen auf den dunklen Kies. Einer von ihnen folgte ihr und war ganz dicht.
Die starren Äste der Hecke zerkratzten ihr die Arme als sie sich dazwischen quetschte, doch sie nahm es klaglos hin, denn der Mann war größer und breiter als sie und die Hecke würde ihn behindern. Sie rannte durch den kleinen Garten des alten Mannes und lief die Stufen hoch zu der Tür.
"Mr. Pierce!" schrie sie und hämmerte gegen das Holz. "Mr. Pierce, ich bin es, Ella. Sie müssen uns helfen."
Tiefe Stille drang aus dem Inneren, erschrocken wandte sie sich der Garage zu und hätte fast geweint als sie sah dass sein Auto nicht darin war. Der alte Mann war nicht da!
"Kleines Täubchen", hörte sie den Mann rufen und erstarrte. Was sollte sie tun? An wen sich wenden? Mr. Pierce war der einzige Nachbar in der Umgebung, für das nächste Haus benötigte sie eine Weile.
Der große Mann kam um die Vorderseite, Ella presste ihren Teddy an sich und sah sich hektisch um. Sie musste weglaufen. Viola war im Haus bei den anderen Männern, aber sie hatte nicht die Kraft ihrer Mutter zu helfen.
Ella nahm die Beine in die Hand und rannte auf die kleine Baumreihe zu die auf das offene Land führte. Dahinter befanden sich keine Menschen, sondern Fabriken und leer stehende Silos, vielleicht konnte sie sich in einem verstecken und darauf warten dass die Polizei sie holte. Die nette Dame am Telefon hatte sicher schon jemanden losgeschickt, es war nur eine Frage der Zeit, sie musste sich so lange verstecken bis Hilfe eintraf.
Das Mädchen rannte durch die Bäume und erreichte dann eine weite Wiese. Sie wusste dass sie zu einem kleinen Wald führte, ja, das war das perfekte Versteck.
Während vor ihr eine Eule schrie setzte sie alles daran einfach nur weiterzulaufen. Ihr Atem ging schnell und ihre Seite brannte langsam, doch sie durfte nicht stehenbleiben.
"Warte, wenn ich dich in die Finger kriege", schrie ihr Verfolger und Ella schluchzte leise auf. Sie sah sich nach einem Gebäude um, doch sie sah nichts, dann erinnerte sie sich daran dass Mr. Pierce Garten in die andere Richtung zeigte und stolperte vor Verzweiflung. Hier gab es nichts als Natur pur, keine Menschen, keinen Schutz.
"Hey, hast du sie?" hörte sie eine andere Stimme. Sie waren jetzt zu zweit, dass der dritte auch nach ihr suchte glaubte sie nicht, denn dann wäre ihre Mutter alleine. Ella rappelte sich auf und lief weiter, plötzlich konnte sie ein Dach erkennen und schöpfte neue Hoffnung. Ganz gleich was das war, es war ein Gebäude, vielleicht konnte sie sich dort verstecken.
Je näher sie kam umso mehr sträubten sich ihr die Haare. Das hier musste der alte Friedhof von Terimes sein, in dem man die Hexen und Dämonen verbrannt hatte, die angeblich Terimes vor dreihundert Jahren terrorisiert hatten. Einen gruseligeren Ort gab es in der ganzen Kleinstadt nicht, doch sie musste sich eingestehen dass die Männer, die hinter ihr her waren, ihr mehr Angst einjagten.
Entschlossen öffnete sie das kleine rostige Tor und rannte hinein. Das Gras wuchs hier wild über die Grabsteine, es schnitt in ihre Fußsohlen, Dornen zerkratzten ihre Beine, sie fühlte Blut nach unten laufen, doch sie blieb nicht stehen. Es gab ein großes Gebäude das mal eine Kirche war und mehrere Grüfte, sie versteckte sich hinter der Kirche und überlegte was sie tun sollte. Wo wäre das beste Versteck?
Eine Gruft im hinteren Teil des Friedhofes zog ihren Blick wie magisch an, Ella löste sich von der brüchigen, rauen Wand und rannte los, doch auf halbem Weg wurde sie am Nacken gepackt und gegen die Wand geschleudert.
Benommen setzte sie sich auf und erzitterte als sie die zwei Männer über sich aufragen sah.
"Du Miststück hast mich einige Nerven gekostet", knurrte der Mann und nahm mit der Hand aus, schlug sie. Ella prallte zur Seite und fiel zu Boden, ihre Wange brannte furchtbar, doch sie hatte so große Angst dass sie es kaum wahrnahm. Furchtsam sah sie zu den beiden hoch und riss die Augen auf als einer anfing seine Hose zu öffnen.
"Hey, Mike. Was soll der Scheiß?" fragte der eine und stieß einen Fluch aus als der Mann ihm eine Ohrfeige verpasste. "Wenn dir nicht passt was ich tue dann verpiss dich!"
"Aber die ist doch höchstens sechs. Mann, das kannst du nicht tun", rief der andere aus und Ella fing an zu zittern. Der Mann der sie geschlagen hatte trug diese große Tätowierung am Arm und sah sie mit einem Blick an bei dem ihr schlecht wurde.
"Verpiss dich!" knurrte Mike. "Keine Sorge, ich mache mir auch für dich die Hände schmutzig." Dann griff er nach ihr und Ella schrie auf, trat um sich, kam frei und robbte auf dem Bauch von ihm weg. Plötzlich lag er auf ihr und drehte sie brutal um, schlug ihr so hart ins Gesicht, dass ihr die Haut über die Braue platzte. Benommen sah sie zu ihm auf, seine Gesicht glich einer wölfischen Fratze als er ihr das Nachthemd hochschob, dann sah sie wie etwas auf seinem Kopf sauste und er fiel um wie ein gefällter Baum.
"Gottverfluchte Scheiße", keuchte der andere Mann und sah auf seine Hände, die den dicken Ast hielten, dann blickte er zu ihr. "Wer bist du eigentlich dass ich für dich meinen Arsch riskiere", zischte er und presste die Kiefer fest aufeinander. "Ich habe dich vor etwas bewahrt das sehr schlimm ist, doch wenn ich dich am Leben lasse, dann wird er mich töten."
"Ich habe die Polizei gerufen", stieß sie stockend hervor. "Sie müsste jeden Moment hier sein. Bitte, Mister. Helfen Sie mir."
Sein Mund wurde ein dünner Strich. "Dafür ist es zu spät."
Sie sah wie er einen Colt aus dem Hosenbund zog und ihn auf sie richtete, dann hörte sie nur noch die Schüsse und prallte von der Wucht nach hinten.
Fassungslos sah sie in den dunklen Sternenhimmel und konnte nicht glauben dass er in einer Nacht wie dieser so wunderschön aussah. Ihr Atem ging immer schwerer, sie rang nach Luft und verstand nicht wieso sie nicht genug bekam.
Der Mann der sie niedergeschossen hatte hob seinen Komplizen hoch und ging weg. Ella stieß einen jammernden Laut und versuchte sich auf den Bauch zu drehen, rasende Schmerzen jagten durch ihren Körper. Ihre kleinen Finger krallten sich in die feuchte Erde, dann zog sie sich vorwärts. Flüssigkeit floss aus ihrer Brust und ihrem Bauch, benetzte den Boden, ihr Nachthemd fühlte sich feucht und klamm an, doch sie zog sich immer weiter, das Gebilde des steinernen Gebäudes vor sich. Kälte kroch in ihre Glieder, ihr wurde schlecht, sie weinte heftig, doch sie blieb nicht stehen sondern kroch weiter durch dunkle Erde und trockenes Laub. Der Wind ließ sie frösteln, am liebsten hätte sie sich hingelegt und die Augen geschlossen, doch wenn sie das tat würde es aus sein, dass wusste sie.
Plötzlich stießen ihre Finger gegen harten Stein, sie hob blinzelnd den Kopf und sah zu dem dunklen Eingang der Gruft hoch. Der Geruch von Moder und Nässe stieg ihr in die Nase, sie stieß einen leisen Schrei aus und stemmte sich hoch, zog sich über die Schwelle, dann fiel sie in die Dunkelheit und verlor das Bewusstsein.
David Hugh war des Öfteren zu einem Mord gerufen worden, doch dieses Mal überstieg die Tat die Grenze jeder Grausamkeit. Selbst Michelle, die taffe Superfrau von der Gerichtsmedizin war beiseitegetretten und hatte sich lautstark übergeben wie so viele andere an diesem Tatort. Er selbst spürte nicht das Geringste in seinem Magen als er sich die verstümmelte Tote ansah und das war, verdammt nochmal, weil er keinen Funken Menschlichkeit in sich mehr trug. Zu viel hatte er gesehen, zu viel Leid überlebt, Streit und Hass prallten gegen seine abgestumpften Sinne wenn er in sein kleines Apartment ging und auch wenn er es verließ.
Langsam ging er vor der Frau in die Knie und neigte den Kopf zur Seite, er wusste dass es eine Frau war weil eine Brust in dem Gemetzel das ihren Körper verunstaltet hatte seltsam unversehrt blieb, sonst hatten sie nichts, noch nicht einmal die Fingerkuppen waren intakt geblieben so dass man sie wahrscheinlich nicht identifizieren konnte. Michelle hätte vielleicht ihren Gebissabdruck genommen, doch das ganze verfluchte Gebiss fehlte.
"Hi, David."
Der große Mann blinzelte und wandte sich der Stimme zu die von rechts kam. Seine Finger zitterten als er sie vor sich stehen sah, so vollkommen wie sie ausgesehen hatte bevor man sie zerstückelt hatte. Er nahm tief Luft und wegen des Gestanks drehte sich ihm nun doch der Magen um. Krampfhaft kam er auf die Beine und ging links in eine Seitengasse. Seine Kollegen, die annahmen dass er zu scheu war vor ihnen zu kotzen, ließen ihn in Ruhe und er ließ sie in dem Glauben.
In der dunklen Seitengasse lehnte er sich gegen die raue Mauer ohne daran zu denken dass sie seine teure Lederjacke zerkratzte und steckte sich eine Zigarette an. Die durchscheinende Frau war ihm gefolgt, das honigblonde Haar wehte hinter ihr in einem imaginären Wind. Er hasste es wenn sie es taten, wenn sie ihm folgte um ihm zu zeigen dass er anders war als alle anderen. Er hasste es dass sie Recht hatten, er war anders als alle anderen.
"Mann, Baby. Du warst mal eine richtige Augenweide", murmelte er und sie lachte ihr glockenhelles Lachen, dann wurde ihr Blick traurig und er entdeckte eine Spur des Wahnsinns als sie sich an das erinnerte was ihr wiederfahren war. Ja, wer würde nicht irre werden wenn man so etwas erlebte, Michelle hatte gemeint derjenige der ihr das angetan hatte, war darauf aus sie so lange am Leben wie möglich und bei Bewusstsein zu halten. Kranker Bastard!
"Wirst du mir sagen wer es war?" fragte er leise.
"Wäre das nicht unprofessionell?"entgegnete sie. "Ihr Cops achtet doch immer darauf nur Fakten für sich sprechen zu lassen."
"Du weißt ganz genau dass ich anders bin als alle Cops. Genau aus diesem Grund schwingst du deinen toten Arsch vor meinem Gesicht."
Sie lachte erneut und ihm wurden die Knie weich, Gott sie hatte ein so schönes Lachen gehabt. "Sag es mir."
"Es spielt keine Rolle", fuhr sie leise fort. "Ich habe kein Verlangen nach Rache."
"Und warum bist du dann hier?" wollte er wissen, da runzelte sie die feine Stirn. Gott, alles an ihr schien perfekt, sie sah aus wie aus einem Topmodel-Magazin entsprungen. Ihre Gestalt war nur von einem leichten Kleid bedeckt, das letzte was sie getragen haben musste und deutlich drückten sich ihre vollen Brüste darunter ab oder ihre wohlgeformte Hüfte.
"Es gibt da jemanden den du retten musst", flüsterte sie und er riss die Augen auf. "Hat der Kerl noch eine andere Frau in seiner Gewalt?" Nein, er wollte nicht noch einmal so einen Tatort erleben.
"Nein, nicht er aber andere von seinem Schlag. David, sie ist sehr klein, noch ein Kind und sie ist so wichtig. Selbst du mit deinem seltenen Blut wirst es sehen wenn du bei ihr bist", sagte sie dann und kam ihm ganz nahe dass er die Kälte ihrer Präsenz spürte, ein abnormer Gegensatz zu dem warmen Leuchten ihrer Gestalt. "Ein Kind?" fragte er mit Grauen und fing an zu zittern.
"Lass mich dich zu ihr führen. Sie ist verängstigt und stirbt wenn du ihr nicht hilfst. David, sie kommt dem nahe was du bist."
Ein Ruck glitt durch seinen Körper als er sich aufrichtete. "Wo ist sie?"
"Terimes, auf dem alten Friedhof", sagte sie und der riesige Mann drehte sich um als Schritte auf ihn zukamen.
"David, alles klar bei dir?" Michelle kam um die Ecke, das Gesicht immer noch fahl, die roten Haare hoben sich stark von der Blässe ihrer Haut ab, selbst ihre blauen Augen waren so hell dass sie fast farblos wirkten.
"Es gibt noch ein Opfer", stieß er hinaus und sie zuckte zusammen. "Was?"
"Sie ist auf dem alten Friedhof in Terimes", sprudelte es aus ihm heraus noch ehe er sich richtig bewusst wurde dass er dabei war alles zu ruinieren, seine ganze Tarnung auffliegen zu lassen.
"Woher weißt du das?" fragte sie fassungslos.
"Süße, du weißt doch dass ich immer ins Schwarze treffe. Bitte, für diesen Moment, hilf mir einfach. Es ist ein kleines Mädchen. Lass uns nach Terimes fahren."
"Wir sollten den Sheriff informieren", meinte sie doch er schüttelte den Kopf und nahm ihre Hand. "Du als Gerichtsmedizinern hast auch eine medizinische Ausbildung. Vertrau mir, Michelle. Bitte!"
Ihre Augen musterten ihn wachsam dann seufzte sie. "Du steckst voller Geheimnisse, Großer. Aber ich weiß dass du nicht bösartig bist. In Ordnung, ich entschuldige mich schnell bei meinem Team, dann können wir los. Wir nehmen meinen Wagen, in ihm habe ich einen Notfallkoffer."
Er sah ihr hinterher wie sie zu ihren Leuten marschierte und machte sich auf dem Weg zu ihrem kleinen Ford. Die Lichtgestalt folgte ihm unverzüglich, sie schwieg doch im Moment wirkte sie so als ob ihr die Zeit davonlief und das färbte auf ihn über.
David trommelte mit den Fingern gegen die Autotür und warf schließlich die Kippe zu Boden als Michelle auftauchte, ein Handy auf ihr Ohr. Das Telefonat war knapp so dass sie schon auflegte als sie ihn erreichte. "Ich habe in der Notrufzentrale angerufen, die Frau meinte es gäbe heute Nacht einen Anruf von einem kleinen Mädchen, Ella Madison, die meldete dass drei fremde Männer in ihrem Haus seien und ihre Mutter schlugen. Ist das dein Mädchen?"
"Keine Ahnung", murmelte er doch die Tote auf dem Rücksitz nickte heftig. "Beeilen wir uns."
"Die Cops sind schon zu ihr unterwegs, während ich fahre rufst du die Bullen dort an und sagst ihnen dass sie sich auf dem Friedhof umsehen sollen."
David wusste wo dieser sich befand, Terimes war ihre Nachbarstadt und strotzte nur so voller alten Legenden. Jeder war der Meinung dass der alte Friedhof vor Geistern nur so troff und David hatte gut daran getan sich davon fernzuhalten. Ihn jetzt freiwillig zu betreten verursachte bei ihm Sodbrennen. Er hasste diese innere Unruhe, das Gefühl der Angst wenn es ihm bei dem Gedanken überkam dass er, ein Mann von seiner Art, einen uralten Friedhof betreten sollte der voller alter Geister war.
"Woher weißt du diese Dinge immer?" fragte Michelle mit einem Seitenblick. Sie war fast so groß wie er, wirkte aber zierlich und sie war scharf auf ihn, das spürte er aber er konnte ihr Interesse nicht erwidern auch wenn er sie attraktiv fand. Er war fünfundzwanzig Jahre alt und hatte in seinem ganzen Leben bloß eine einzige Frau gevögelt, das Erlebnis war unvergesslich, er hatte sich ihr mit Herz und Seele hingegeben obwohl er sie erst einen Tag gekannt hatte, am nächsten Tag kotzte er sich die Seele aus dem Leib als er am alten Waldpark vorbeilief und ihre Leiche entdeckte. Später sagte ihm die Polizei dass sie wohl mindestens eine Woche dort liegen musste und seitdem bekam David unerwünschten Besuch aus dem Jenseits. Die einzige, sichere Zuflucht die ihm noch blieb war seine Wohnung und die blieb Geisterfrei weil er sich Rat bei einer alten Voodoo-Priesterin geholt hatte und sorgfältig beschriebene Zauber sie draußen hielten.
David genoss die Zeit in seinen vier Wänden, diese Stille, das Wissen dass er darin vollkommen alleine war.
"David?" fragte Michelle. "Du hast meine Frage noch nicht beantwortet."
"Ich sehe tote Menschen", ahmte er den kleinen Jungen in dem Film mit Bruce Willis nach, doch Michelle lachte nicht sondern sah ihn reglos an.
Aufseufzend wandte er den Blick aus dem Fenster, sie hatten die Stadt verlassen und nahmen Kurs auf Terimes, der Mond beleuchtete die waldige Landschaft mit seinem fahlen Licht so dass er die Umgebung ziemlich gut erkennen konnte. Einige Autos kamen ihnen entgegen, doch es waren nur vereinzelte so dass sie die Straße frei vor sich hatten.
"Du machst Witze", knurrte sie und ihre Stimme klang nicht mehr sanft und freundlich. "Weißt du dass ich dich dafür ohrfeigen könnte? Halt weiter an dieser Geschichte fest und du kannst deine Karriere bei der Polizei vergessen!"
"Meinst du wirklich mir geht es um meine Karriere?", rief David aus. "Scheiß auf einen gutbezahlten Schreibtischjob, ich tue meine Arbeit nicht weil ich will dass mir jemand in den Arsch kriecht."
"Und wieso dann?" hakte Michelle gnadenlos nach.
"Sie sollen mich einfach in Ruhe lassen", flüsterte er und die tote Frau hinter ihm seufzte traurig. "Du bist was du bist und du kannst nicht vor deiner Bestimmung davonlaufen. Deine Gabe wird nie vergehen ebenso die Komplikationen die damit einhergehen."
Aber er würde es verflucht nochmal immer wieder versuchen.
"Im Moment überlege ich ob es nicht besser wäre dich einzuweisen", knurrte Michelle und fuhr den waldigen Hügel hinab an dessen Ende man schon die Lichter Terimes sehen konnte. Aus dieser Richtung würden sie den alten Friedhof zuerst erreichen. Barsch nannte er Michelle eine Abkürzung und sie bog in den Wald ein, dann nach fünf Minuten kam das rostige Tor des vernachlässigten Friedhofes in Sicht, zusammen mit der Ruine der alten Kirche.
"Sieht so aus als wären wir die ersten", murmelte Michelle und stieg aus, ging zum Kofferraum um sich ihren Notfallkoffer zu holen. David saß im Sitz fest, kalter Schweiß brach ihm aus, seine Finger zuckten vor Unbehagen, die Tote hinter ihm stand neben seiner Tür und wartete ungeduldig dass er sich soweit fasste dass er das verdammte Auto verließ.
"Brauchst du eine Extraeinladung?" knurrte Michelle, öffnete die Tür und zog ihn aus dem Wagen. "Beweg deinen Hintern und streck deine Fühler aus. Wo ist das Mädchen?"
Die Kräfte die in diesem Friedhof wirkten raubten ihm fast den Stand, er stemmte sich schwer atmend gegen den Wagen und Michelle fasste ihn besorgt am Arm. "Mein Gott, David. Du bist ganz grün im Gesicht."
Herrgott, er fühlte sich als stünde er im Mittelpunkt eines Orkans und es fehlte nur ein einziger Stoß damit er in ihm herumwirbelte.
"David", drängte die tote Frau hinter Michelle. "Du musst dich beeilen."
Der braunhaarige Mann stieß entschieden die Luft aus und schloss die Augen, konzentrierte sich. Der ganze Ort waberte vor Macht und jeder einzelne Tote hier schien überaus begabt, ihre Präsenzen strahlten eine machtvolle Schwärze aus, er erwartete dass sie überall auf dem Friedhof waren und doch konzentrierte sich die geballte Kraft auf einen Punkt.
Zitternd hob er den Arm und deutet auf eine Gruft. "Dort drin", keuchte er und stolperte voran, je näher er kam umso schwerer fiel es ihm. Seine Beine schienen sich wie von selbst davon wegbewegen zu wollen.
Einige Meter von dem Eingang entfernt stieß Michelle einen derben Fluch aus. "Scheiße, da ist Blut."
David folgte ihrem Blick und schluckte es hart. Ja und es war sehr viel Blut, noch dazu sah es so aus als ob sich da jemand zu dem Eingang gezogen hatte.
Ohne weiter zu zögern rannte er durch den Eingang.
"Verflucht, David. Es könnte ein Feind drinnen sein", zischte Michelle und er schüttelte den Kopf. Im Inneren der Gruft war keine lebende Seele mehr, dafür aber viele von jenen die im Jenseits verweilen sollten.
Unten herrschte tiefe Dunkelheit und doch sah er mit seiner besonderen Sicht die Fackel an der Wand, zündete sie mit seinem Feuerzeug an.
Auf dem Boden kniete eine dunkelhäutige große, schlanke Frau die ein langes weißes Gewand trug. Ihr dunkles Haar fiel ihr in das graue Gesicht. In ihrem Schoß lag ein Mädchen, sie war von solch einer Zartheit dass David aufstöhnte. Das rosafarbene Nachthemd war blutverschmiert, die einst rosige Haut fahl und leer. Ihre Augen waren geschlossen aber er fühlte dass sie noch nicht ganz tot war, ein Teil in ihr klammerte sich noch an das Leben.
David kniete sich der Frau gegenüber und streckte die Hand aus, strich ihr das braune Haar aus dem runden Gesicht. Sie besaß eine Stupsnase und einen Kirschmund, der jedoch nun blau schimmerte.
"Scheiße", flüsterte Michelle. "Was ist passiert? Wer war das?" fragte sie an der Frau gewandt.
"Sie sind fort", krächzte die Sprecherin und da erstarrte David. Er senkte seinen Blick und riss die Augen auf als er ihren Unterschenkel sah. Kein dunkles Fleisch erblickte er, sondern graues, vermodertes Gewebe. David keuchte auf, da streckte sie die Hand aus und zog das lange Kleid darum, ihre Augen erwiderten nun seinen Blick und er schien in diese Tiefe zu stürzen.
"Du hättest sie nicht mitbringen sollen", sagte sie leise. "Eine Ärztin kann ihr nicht helfen."
"Von wegen", knurrte Michelle und öffnete den Koffer, da schnellte die Hand der schwarzen Frau vor und umfasste ihren Hals, drückte ihn so fest dass sie ohnmächtig wurde. Der dunkle Blick richtete sich nun wieder auf ihn. "Nur du kannst es tun."
"Was?" Wovon sprach sie? Was konnte er tun?
"Sieh dich um, was um uns herum ist, was ist es?" fragte sie ruhig und er erzitterte. "Tod, überall."
Sie lächelte und entblößte ein verfaultes Mundinnere. "Und was bin ich?"
"Auch", krächzte er und hob eine Hand umklammerte seinen Hals. "Du auch."
Sie nickte und sah wieder auf die Kleine hinab, dabei entdeckte er ein Gefühl der Verehrung in ihren Zügen, mit diesem Blick bedachte man eine Heilige oder die pure Unschuld.
"Unbewusst rief sie mich aber ich bin… halbfertig", flüsterte sie. "Deswegen kann ich sie nicht retten. Nur jemand der am Leben ist kann das."
"Wie?"
"Binde dich an sie, opfere einen Teil deines Lebensfadens um ihren wieder zum Leuchten zu bringen. Binde dich an sie und sie an dich", wies die Frau ihn an, dann hob sie spöttisch eine Braue. "Oder fürchtest du dich davor?"
"Ich wäre dumm täte ich es nicht", knurrte er.
"Ma… mi", flüsterte die Kleine und ihre Lider flatterten, dann öffnete sie die Augen und sah ihm ins Gesicht. "Hallo."
Ihre Stimme machte ihn sprachlos und mit ihr drang etwas zu ihm was ihn erstarren ließ. Sie war… wie er! Sie war, nein, er war zum Teil wie sie, denn seine spirituelle Kraft war nur ein winziger Funke im Vergleich zu ihrer die den ganzen Friedhof zu umfassen schien. Mit dieser Erkenntnis fühlte er noch etwas anderes in sich aufsteigen, ein Gefühl der Zärtlichkeit, den unwiderstehlichen Drang sie zu beschützen. Wie von selbst glitten seine Hände nach vorne und umfassten ihr kleines Gesicht.
"Was machst du?" fragte sie leise aber nicht verängstigt.
"Ich will dich retten", antwortete er, da hob auch sie ihre Hände und legte sie auf sein Gesicht. Wie ein rasender Stromstoß durchfuhr ihn ihre Macht, er zitterte am ganzen Leib und bemühte sich diese Verbindung aufrecht zu erhalten.
Plötzlich erschienen auf ihren Armen dunkle Zeichen die sich langsam wie Ranken über ihren ganzen Körper ausbreiteten und als er das sah fühlte er selbst ein Kribbeln auf seiner Haut, doch er unterbrach nicht den Blickkontakt. Mit der Zeit fühlte er wie sie immer stärker wurde und er im Gegensatz dazu schwächer und schwächer. Seine ganze Gestalt fing an zu schwanken, Schweiß lief ihm die Stirn hinab, tropfte ihm die Augen so dass er blinzeln musste, da erhob sie sich aus den Armen der schwarzen Frau und kroch zu ihm, ließ die Hände sinken und schlang sie um ihre Mitte. "Es… ist genug", flüsterte sie und da war es ihre kleine Gestalt die seine stützte.
David sah an sich hinab und hielt den Atem an als er die dunklen Zeichen auf seinem Handgelenk sah.
"Verfluchte Scheiße!"
Der Ausruf kam von Michelle die mittlerweile wieder bei Bewusstsein war. Ihre Augen glitten von der Kleinen die dieselben schwarzen Ranken auf der Haut trug wie er. "David, du hast ein Ganzkörper-Tatoo", stieß sie hervor und er lachte hart. Machte das einen Unterschied? Er war doch immer anders gewesen, wieso sollten die Leute es nicht auch äußerlich sehen?
"Was ist passiert?" fragte sie mit einem vorsichtigen Blick zu der schwarzen Frau.
"Geht dich nichts an", knurrte diese und schwieg als das Mädchen sie ansah. "Ich muss mich um dich kümmern", flüsterte sie und streckte die Hand aus, da kam sie näher und das Kleid rutschte von dem Knöchel, entblößte den verwesten Fuß.
Michelle entfuhr ein entsetztes Keuchen, sie presste sich jedoch eine Hand auf den Mund als die große Frau sie kalt ansah, doch nur kurz, dann sah sie auf das Kind hinab.
"Willst du bei mir bleiben, Joanna?" fragte das Mädchen und die große Frau nickte, dann streckte sie die Hände aus und verschränkte ihre Finger mit dem des Kindes.
Woher er das wusste konnte er nicht sagen, doch er lehnte sich nach vorne und legte der Kleinen die Hände auf die schmalen Schultern und plötzlich war er wieder verbunden, dieses Mal jedoch mit beiden. Unter seinem Blick erstrahlten Joannas kniende Gestalt in einem schwarzen Schein, der sich immer mehr verdichtete und dann auf einmal immer klarer wurde. Etwas das er nicht definieren konnte sprang von dem Mädchen auf sie über, umhüllte sie und vor seinen Augen wurde ihr Fleisch ganz und fest, ihre Haut nahm wieder diese hellbraune Farbe an, das lange Haar fiel ihr wieder in seidigen Locken den Rücken hinab und aus den schwarzen Löchern die ihre Augen waren, verschwand die Schwärze und als sie ihn ansah blickte er in grüne Katzenaugen.
Hinter sich hörte er Michelle immer und immer wieder etwas murmeln, wie… das kann nicht sein oder… unglaublich, doch er wusste dass es wahr war. Das hier war die Realität, diese Verbindung zu der Kleinen war real, dass diese Frau, Joanna, noch vor fünf Minuten ein halber Leichnam war, war real.
Dann schwankte die Kleine und fiel in seine Arme, sah blinzelnd zu ihm auf. "Wir müssen hier fort", murmelte sie und er nickte.
"Was soll das heißen", fuhr Michelle auf. "Ihr geht nirgendwo. Die Polizei kommt bald und…." Ihre Stimme erstarb in einem Keuchen als Joanna ihre Kehle packte und sie würgte. "Ella wird keines eurer Versuchskaninchen werden. Zwing mich nicht dazu Stillschweigen zu garantieren indem ich dir deinen dürren Hals umdrehe", fauchte sie und als Michelles Augen zu David glitten, schüttelte er den Kopf. "Die ganze Zeit, Süße, war ich wie sie. Ich gehöre zu ihnen, ich gehöre zu ihr." Dabei sah er auf das Kind in seinen Armen ab.
Joanna ließ die andere Frau los und Michelle sank nach Atem ringen zu Boden.
David stand auf, die Arme der Kleinen um seinen Nacken geschlungen, ihr Körper in seinen Armen haltend. "Leb wohl, Süße."
"David…", keuchte sie. "Was… soll ich sagen? Du kannst doch nicht einfach so gehen. Du…"
Ohne sie weiter anzusehen stieg er die Stufen hinauf, die Anwesenheit der vielen Geister um sich herum erschreckte ihn nun nicht mehr, er akzeptierte was er war, ein Teil von ihnen. Als hätte Ella das geahnt sah das Mädchen zu ihm auf und lächelte.
"Und wo wollen wir hingehen?" fragte er sie und sie seufzte. "Überall, nur nicht nach Hause."
"Was ist mit deiner Mutter?" fragte er.
"Diese Männer haben sie getötet. Mama ist nicht mehr hier", murmelte sie voller Traurigkeit. "Sie war nicht so wie Joanna, ich kann sie nicht mehr zurückholen."
"Wir nehmen Michelles Wagen", entschied er und eilte darauf zu. Joanna sah sich das Gefährt verwundert an, doch andererseits wies ihr Kleid daraufhin dass sie aus einer anderen Zeitepoche stammte. Er öffnete die Tür und schnallte die Kleine hinten an, dann öffnete er der schwarzen Frau die Tür und setzte sich ans Steuer wo die Schlüssel steckten. Als er Michelle aus der Gruft rennen sah wendete er schnell und gab Gas. Sie würden das Auto nicht lange behalten können, denn bald schon würde es auf jeder Fahndungsliste stehen. So fuhr er schnellstmöglich zu einem Bankautomaten, ließ sich so viel Geld wie möglich auszahlen und steuert dann eine Tankstelle an wo er Kleider für das Mädchen und Joanna kaufte. Sie zogen sich in der Frauentoilette um und er sog wie ein Süchtiger an seiner Kippe. Seine Augen glitten ständig zu der Straße, immer in der Erwartung Cops zu sehen, die dieses Mal ihn suchten.
Als sie den Friedhof verließen hatte er die Scheinwerfer eines Autos gesehen die aus Terimes kamen und er wusste dass es Cops waren. Michelle musste mittlerweile schon Anzeige erstattet haben. Was war es für eine Ironie dass er, ein Cop, von anderen Cops gesucht wurde.
"David?" Ella kam zu ihm und nahm seine Hand. Joanna hatte sie gewaschen und ihr Gesicht strahlte wieder diese gesunde Röte aus. "Bereust du es?"
Er senkte den Blick, begegnete ihrem, dann schüttelte er den Kopf. "Nein", sagte er ruhig und sie lächelte ihn an.
Michelles Wagen stellte er vor dem Bahnhof ab, sie kauften sich ein Ticket und gingen auf das richtige Gleis, unterwegs fiel ihm auf dass die Polizisten nach jemandem Ausschau hielten, doch nicht ein einziges Mal sahen sie in ihre Richtung und als er Joanna grinsen sah wusste er dass sie damit zu tun hatte.
Sie nahmen irgendeinen Zug und verließen Terimes, wurden danach nie wieder gesehen. Zumindest… lange Zeit nicht mehr bis zu jenem Tag…..
Texte: Geschichte: Frei von mir erfunden
Cover: www.annestokes.com
Tag der Veröffentlichung: 20.01.2010
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