Für Julia
*** denn mir ist es nicht egal ***
Das nervige Klingeln meines Weckers, weckt mich auf. Sofort bin ich hell wach. Wie jeden morgen stehe ich auf und hole ein paar Klamotten aus dem Kleiderschrank.Ich ziehe mich um, gehe ins Badezimmer und Putze mein Zimmer. So wie jeden Morgen.Ich ziehe meine schwarzen Sportschuhe an und verlasse das Haus. Zehn Minuten brauche ich, um bis zur Bushaltestelle laufen. Weitere zehn Minuten muss ich warten, bis der Bus endlich ankommt. Als ich einstgeige, starren mich alle an. Aber ich bin daran gewöhnt. Es ist mir egal. Ich weiß nicht, warum sie mich anstarren, aber ich bin wahrscheinlich einfach nur so uncool, das man es mir mittlerweile ansieht.
Ich steige aus und betrete die Schule. Ich spüre, wie mich die Blicke der anderen regelrecht durchbohren, aber dieses Gefühl bin ich bereits gewohnt. Ich ignoriere die Blicke der anderen und gehe geradewegs in mein Klassenzimmer, Dort setze ich mich in die letzte Reihe und hole meinen Zeichenblock heraus.Ich merke, wie die anderen ihre Köpfe zusammenstecken irgendetwas flüstern. Wahrscheinlich reden sie über mich, aber es ist mir egal. Manchmal höre ich sogar, was sie sagen. Sie verurteilen mich, wegen meinem Aussehen. Wegen meinen Narben. Aber es ist mir egal, was sie sagen. Ich ignoriere es einfach. Wenn man so behandelt wird, wie ich, erschafft man eine Mauer, hinter der man all seine Gefühle versteckt. Man lässt sie nur selten zusammenbrechen und falls doch, baut man sie sofort niemand auf. Man hält zu anderen Abstand. Man verliert das Vertrauen. Man kapselt sich komplett von der Umgebung ab und verbringt seine gesamte Zeit alleine. Niemand interessiert sich für einen, also interessiert man sich auch nicht für andere.
Das schellen der Schulglocke kündigt den beginn der ersten Unterrichtsstunde an. Der Lehrer betritt den Raum, aber es ist mir egal. Ich ignoriere ihn einfach und kritzle weiter auf meinem Block herum. Immer wieder zeichne ich das selbe. Seit beginn des Schuljahres. Die Silhouette eines kleinen Mädchens, das rote Luftballons in der Hand hält und mit ihnen davon schwebt.Den Hintergrund gestalte ich immer anders. An guten Tagen male Ich manchmal einen Wolkenhimmel. An schlechteren mache ich ihn komplett schwarz. Gerade male ich dunkle Zahnräder, die ineinander greifen. Die Mechanik fasziniert mich. Da passt alles zusammen. Jedes noch so kleine Zahnrad hat eine Aufgabe. Ohne sie funktioniert nichts. Wenn auch nur ein winziges Zahnrad fehlt, funktioniert nichts. Jedes einzelne Zahnrad greift ineinander.
Den Lehrer interessiert es nicht, dass ich nicht aufpasse und nur rumkritzele. Auch die anderen Lehrer, die mich am Rest des Tages unterrichten, interessiert es auch nicht.
Nach der Schule gehe ich nach Hause. Wieder lästern alle im Bus über mich. Sie starren mich an, aber es ist mir egal. Zehn Minuten später, kommt der Bus an. Auf dem Rückweg zur Schule, brauche ich fast fünfzehn Minuten. Ich laufe nicht so schnell, als heute morgen. Ich meine: Warum auch? Niemand wartet auf mich. Mein Vater schläft sowieso wieder seinen Rausch auf der Couch aus. Wer weiß, wo er letzte Nacht war. Wahrscheinlich in einem Stripclub, wo er das ganze Geld, dass meine Mutter durch ihre harte Arbeit in ihren tausenden Minijobs verdient. Auch ohne die Nächtlichen Ausflüge meines Vaters, hätten wir schon ein großes Geldproblem.
Als ich die Wohnung betrete, versuche ich erst gar nicht, leise zu sein. Egal, was für einen lärm ich mache, er würde sowieso nie wach werden. Der schläft wahrscheinlich wieder bis heute Abend und zieht dann wieder durch die Straßen. Ich gehe in mein Zimmer. Es ist das einzige Zimmer mit Balkon. Ich gehe raus und schaue die 9 Stockwerke herunter. Ich denke in letzter Zeit viel über mein Leben nach. Wie sinnlos es doch ist, Ich meine, was mache ich jeden Tag? Ich stehe auf, gehe in die Schule, gehe wieder nach Hause um mich zu ritzen und schlafe dann. Ich habe die blutigen Rasierklingen fast überall in meinem Zimmer verteil. Egal, in welche Schublade man schaut, man findet mindestens eine. Mein Leben ist einfach sinnlos, aber es ist mir egal. Wie hypnotisiert starre ich auf die große Straße, die unter meinem Balkon verläuft.
Langsam steige ich über das Geländer. Ich stehe an der äußersten Kante und halte mich mit beiden Händen am Geländer fest. Mein Herz schlägt, wie verrückt, aber es ist mir egal. Ich breche in Tränen aus, aber es ist mir egal. Langsam verliere ich den Halt am Geländer, aber es ist mir egal. Ich starre auf die Straße herunter, sehe die vielen Autos hin und her fahren. Es ist mir egal.
Mir ist einfach alles egal. Meine Hände rutschen langsam vom Geländer ab, aber es ist mir egal. Ich versuche nicht, mich richtig festzuhalten, denn es ist mir egal. Plötzlich rutsche ich ab. Ich falle in den Tod.
Ich sterbe, aber es ist mir scheiß egal. Den anderen ist es ja auch egal!
Tag der Veröffentlichung: 08.06.2015
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