Cover

[1] - Hoffentlich.

[ғreιтαɢ, 20.З.2015]

 

Ein Blick auf die Uhr bestätigte, was ich schon im Bus vermutet hatte. Ich war zu spät. Ganze 10 Minuten. Meine Deutschlehrerin wird mir den Kopf abreißen, aber das macht sie auch, wenn man nur 2 Sekunden zu spät kommt. Ironischer Weise hieß sie Frau Reißer. Was für ein Name. Aber auf 3 Minuten mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht mehr an. Mit diesem Gedanken kramte ich in meinem schwarzen Rucksack und fischte ein Sandwich mit 4 Scheiben Schinken raus. Während ich es mir schmecken ließ, schlenderte ich gemütlich zu meinem Klassenzimmer im 2. Stock. Oben angekommen klopfte ich an die Tür und schob mir den letzten Rest Sandwich in den Mund. Nur wenige Sekunden später öffnete eine kleine, zornige Frau die Tür. Ganz ehrlich, auch wer sie nicht kennt, nimmt ihr den Namen Reißer sofort ab. Frau Reißer hatte braune, schulterlange Haare und dunkle Augen, die mich hinter ihrer schwarzen Brille böse anfunkelten. Sie sagte nichts. Sie stand einfach nur da und starrte mich fordernd an. Vielleicht sollte ich irgendwas sagen. Also grummelte ich ein unverständliches "Tschuldigung, dass ich zu spät bin. Mein... Ähm... Mein Bus hatte Verspätung." "Setzen!" Blöde Kuh. "Und nach der Stunde kommst du bitte mal zu mir." Kann sie jetzt Gedanken lesen oder was? Ich machte mich auf den Weg zu meinem Platz in der letzten Reihe und packte gerade mein Zeug für den Unterricht aus, als Aria links neben mir flüsterte "Hatte dein Bus wirklich Verspätung oder hast du dein Frühstück wieder in den Gang verlegt?" Ich musste grinsen. "Beides."

 

Aria war meine beste Freundin seit wir in der 5. in eine Klasse gekommen sind. Sie hatte lange, hellbraune Haare und braune Rehaugen. Allerdings war sie vom Stil her eher mädchenhaft, während ich meistens in Jeans, T-shirt und mit meinen abgelaufenen Converse rumlief.

 

Jemand zupfte an meinem rechten Ärmel und kurz darauf hörte ich eine tiefe Stimme. "Hey Sydney! Kannst du mir nen Kulli leihen?" Typisch Sam. Ich durchsuchte mein Mäppchen und wurde schnell fündig. "Sam." Er drehte sich um und nahm den Stift.

 

Sam hieß eigentlich Samuel. Er, Aria und ich waren unzertrennlich seit er vor 3 Jahren in unsere Klasse gekommen ist, weil seine Familie umziehen musste. Sam war mit seinen verwuschelten, blonden Haaren und den strahlend blauen Augen echt nicht hässlich. Vorallem die Grübchen, die er auf beiden Seiten hatte, sahen richtig schnuckelig aus. Schade eigentlich, dass er schwul ist.

 

*****

 

Nicht einschlafen, nicht einschlafen. Nurnoch 12 Minuten. Komm schon, du schaffst das! Nicht einsch...

Ich wurde unsanft vom Schulgong geweckt. Ja Sydney, so viel also zu deinem Plan... "Auch schon wach?", fragte mich Aria grinsend. "Ja... Hey, geht ihr mit ins Café?" Sam schüttelte den Kopf. "Ich würd' echt gern, aber ich kann nicht. Sorry. Wir sehen uns morgen!" Und dann verschwand er in der Menge. Ich schaute ihm kurz hinterher und drehte mich dann wieder zu Aria um. "Und du?" "Ich kann auch nicht. Tut mir wirklich leid. Das holen wir nach, ok?" Ernsthaft? "Ok, bis morgen." Sie verabschiedete sich und ging. Gut, geh ich halt alleine.

Frau Reißer hielt mir nur eine kurze Standpauke. Das wäre schon das vierte Mal, dass ich zu spät kam und ich solle gefälligst pünktlich sein. Einfach nicken, einfach nicken. "Darf ich dann gehen?" Ich hatte schließlich nicht vor, den ganzen Tag hier rumzustehen. Sie sah mich zwar mit einem mahnenden Blick an, sagte dann aber ziemlich nüchtern "Na gut..." Endlich.

 

 

Ich setzte mich an meinen Lieblingstisch. Ganz hinten in einem windgeschützten Eck, an einem Runden Holztisch mit einem weißen Sonnenschirm. Wenigstens ist das Wetter akzeptabel. Ich mochte den Platz, weil man problemlos jeden "stalken" konnte, der vorbei lief. Man selbst wurde aber nie gesehen. Gott, ich bin echt ein hoffnungsloser Freak. Ich sollte wirklich... "Deine Bestellung?", fragte die Bedienung.

Sie war klein, blond und hatte eine rot-weiße Schürze an. Seit ich hier zur Schule ging arbeitet sie im Café, dabei sah sie nicht älter aus als 25. Sie hieß Isabella und war Fynns große Schwester. Wir verstanden uns ganz gut. Sie war immer freundlich. Im Gegensatz zu Fynn. Er war in meiner Klasse und seinen Titel als "Arschloch der Schule" hatte er sich wirklich verdient. Idiot.

"Wie immer. Nummer 23." Mit einem Lächeln notierte Isabella meine Bestellung und ging.

Ich wollte gerade wieder anfangen, die anderen Leute zu beobachten, als mein Handy mit dem gewohnten, nervigen Klingelton anfing zu klingeln. Vielleicht ist es Sam oder Aria. Vielleicht können sie doch kommen. Nimm halt ab, dann weißt du es. "Ja?""Sydney, gut dass ich dich gleich erreiche. Hör zu..."Mama? Sie ruft mich doch sonst auch nicht an."Was gibts?", fragte ich sie."Oma... Der Arzt hat vorhin angerufen. Sie ist... Sie ist heute morgen... gestorben."

Sie weinte. Sie weinte sonst nie. Das letzte mal hat sie geweint, als ich 3 war und mein Vater starb."Schatz? Wo bist du? Soll ich...""Nein, ist gut Mama. Ich... Ich nehm den nächsten Bus und komme Heim. Bis... Bis nachher." Jetzt musste auch ich mit den Tränen kämpfen. Ich wusste, dass es irgendwann so weit war. Sie hatte immerhin seit 10 Jahren Krebs und war schon eine Weile im Hospiz. Dort ist man nur bis... bis es... naja, bis man stirbt. Am liebsten würde ich schreien. Ganz laut. Sie war immer für mich da. Was mache ich denn jetzt? Ich kann das nicht. Isabella kam gerade mit meiner Bestellung um die Ecke gebogen, als ich meine Sachen packte und an ihr vorbei lief. Sie schien meine Tränen gesehen zu haben, denn sie war verwirrt und stand mit offenem Mund da, fragte aber nicht nach.

 

Einfach nur schnell weg hier, in den Bus und dann nach Hause. Dann fahren wir... Au! Ja, das hat man davon wenn man einfach irgendwo hin rennt ohne nach links oder rechts zu schauen. Ich bin in jemanden rein gerannt. Ohne hoch zu schauen murmelte ich ein "Sorry, war keine Absicht!" und bückte mich, um meinen Rucksack und meine Jacke vom Boden aufzuheben. Erst als die Person mit einer tiefen Stimme "Kein Problem. Ist ja nichts passiert." antwortete, schaute ich ihm ins Gesicht.

Mist, jetzt sieht der auch noch gut aus. War ja klar, dass mir sowas passieren muss. Wow, seine Augen sind soo blau... Und seine Haare... dunkelbraun und sie sehen so fluffig aus. Moment. Scheiße, ich starre ihn an.

"Ähm... Ja. Ich muss dann auch weiter." Darauf hin fing er an zu grinsen."Ok. Vielleicht sieht man sich ja noch mal." Hoffentlich. "Ja, vielleicht."

 

 

Auf dem Weg nach Hause hatte ich keine Zeit mich mit dem Typen vom Café zu beschäftigen, da mir wieder eingefallen war, dass meine Großmutter gerade erst gestorben ist und ich machte mir Gedanken, wie es jetzt wohl weiter gehen würde. Ob wir hin fahren? Ich weiß echt nicht, ob ich das kann...

 

*****

 

Mama stand in unserer kleinen, in weiß und cremefarbenen gehaltenen Küche, stützte sich mit den Händen auf der Arbeitsplatte ab und schaute aus dem Fenster. Sie hatte aufgehört zu weinen, aber man sah ihr an, dass es noch nicht allzu lange her gewesen war. Ihre sonst so strahlenden Augen waren gerötet, genau wie ihre Nase und ihre schwarzen Haare, die zu einem Pferdeschwanz gebunden waren, sahen aus als hätte ein Vogel drin genistet. Mit Ende 40 war sie keine wirklich alte Mutter, aber in dem Moment sah sie einfach nur alt und zerbrechlich aus.

"Mama?" Ich ging auf sie zu und umarmte sie von der Seite."Schatz... Der Arzt meinte, sie hat ihr Testament erst kurz vor ihrem... kurz vor ihrem... na du weißt schon... fertig geschrieben. Sie haben es unter ihrem Kopfkissen gefunden.""Fahren wir hin?" Sie nickte kurz. "Aber du musst nicht mit, wenn du nicht willst." Will ich mit? Keine Ahnung.

[2] - Wo zum Teufel bin ich hier?

 

Nachdem ich ein paar Minuten darüber nachgedacht hatte, hatte ich beschlossen zuhause zu bleiben. Mama muss gegen 15:00 Uhr das Haus verlassen haben, aber das bekam ich nicht mit, da ich mich gleich nach unserem Gespräch auf die kleine, dunkelbraune Couch in meinem Zimmer schmiss und mir eine DVD anschaute. Vielleicht lenkt mich das ein bisschen ab. Im Vergleich zu den anderen Zimmern im Haus war meins eines der größten. Es hatte sogar einen Balkon, neben dessen Glastür mein weißer Nachttisch aus Holz und mein schwarzes Metallbett stand. Gegenüber meinem weiß-bezogenem Bett präsentierte sich ein großer, weißer Schwebetürenschrank, daneben mein Schreibtisch. Hm... den könnte ich auch mal wieder aufräumen. In der nächsten Ecke stand die Couch, die mit weißen und cremefarbenen Kissen und ein paar hellen Decken ausgestattet war. Mit ungefähr 1,5 Metern Abstand zur Couch stand der schwarze Fernseher auf einem kleinen Holzregal an der weißen Wand. Als der Film fertig war tappte ich barfuß über den Korkboden zum Fernseher und schaltete ihn aus. Warum braucht sie denn so lange? Ich hoffe, es geht ihr einigermaßen...

"Scha-atz! Bin wieder da-a!", schrie es von unten. Ich stürmte die Treppe runter und sah meine Mutter mit einem fordernden Blick an. Sie sieht gar nicht mehr so traurig aus. Also schon noch ein bisschen, aber nicht mehr so arg. Hey, vielleicht haben wir ja ne Million oder so vererbt bekommen. Von dem Geld könnten wir... Ok, reiß dich zusammen. Darüber macht man keine Witze.

"Und?", fing ich dann doch an nachzustochern. "In ihrem Testament stand, dass sie mir... Geld vermacht. Und du bekommst ein Familienerbstück." Also doch die Million? Ich wollte fragen wieviel Geld, aber das "Familienerbstück" interessierte mich dann doch ein bisschen mehr. Mal ganz davon abgesehen hätte sie mir wahrscheinlich sowieso nicht verraten, wieviel Geld sie bekommt.

"Was genau darf ich unter dem "Familienerbstück" verstehen?"

"Warte...", sagte sie, drehte sich um, kramte kurz in ihrer braunen Handtasche rum und holte schließlich eine schwarze Schachtel raus. Das sieht ja aus wie so eine Box für den Ehering. Ok... Also, einen Ring hatte ich jetzt nicht erwartet. Ich muss ziemlich entgeistert ausgesehen haben, da Mama plötzlich grinsen musste.

"Haha. Keine Angst, da ist kein Ring drin.", versicherte sie mir. Ok...

"Und was ist es dann?"

"Mach halt auf", sagte sie und gab mir die Schachtel. Ganz schön schwer. Langsam öffnete ich die schwarze Box und war fansziniert von ihrem Inhalt.

 

In der Schachtel lag eine goldene Uhr auf einem roten Samttuch. "Gefällt sie dir?" Ich wandt meinen Blick von dem Schmuckstück ab und schaute Mama an. "Ja, sie ist wunderschön." Sie nickte kurz und sagte dann "Leider funktioniert sie nicht mehr. Sieht auch ziemlich alt aus."

"Ich geh dann wieder hoch", rief ich meiner Mutter zu ohne auf ihre Aussage einzugehen, während ich mit der Uhr in der Hand die Treppe hoch rannte und mich dann auf meine Couch schmiss. Ich machte es mir gemütlich und sah mir die Uhr noch einmal an. Von Weitem sah sie nur aus wie ein runder, goldener Klumpen mit ein bisschen schwarzem Gekritzel und 3 Zeigern auf der Vorderseite. Ne alte Uhr halt. Ich ließ meine Finger über die unzähligen, kleinen Rädchen gleiten und drehte die Uhr dann um. Sie lag jetzt mit der Rückseite nach oben auf meiner linken Handfläche. Was ist das?! Na toll, hängt da auch noch Dreck dran. Bäh! Ich glaube, ich will lieber nicht wissen, was das ist. Auf der Rückseite war ein kleiner schwarzer Fleck zu sehen. Mit ein bisschen Ekel versuchte ich, den Fleck mit meinem Fingernagel abzukratzen. Komm schon. Warum... Oh. Ups. Der "Fleck" war gar kein Fleck. Ich schaute genauer hin, konnte aber nur winzig kleines Gekrakel erkennen.

Gut, hole ich halt die Lupe. Irgendwie interessierte es mich. Mit einer Lupe in der Hand kam ich zurück und setzte mich wieder hin. Was ist bitte der Sinn von etwas Eingraviertem, wenn man es nicht lesen kann?! Verzweifelt versuchte ich etwas zu erkennen. Ni... Nico...Nicola... Und was ist... Achso, Nicolas. Und das da? Fla-was? Könnte Flamel heißen oder so was in der Art...

 

"ᶰᶤᶜᵒˡᵃˢ ᶠˡᵃᵐᵉˡ, ₁₃₉₂"

 

Mir fiel die Lupe aus der Hand. 1392?!?! Soll das ein Scherz sein? Aber den Namen Nicolas Flamel hatte ich irgendwo schon mal gehört. Ich dachte nach, aber mir fiel nicht ein wo oder wer das war.

Was zerbreche ich mir hier eigentlich den Kopf, wenn ich auch einfach im Internet gucken kann?

Also legte ich die Uhr weg, nahm mein Handy in die Hand und gab "Nicolas Flamel" bei Google ein. Ich klickte auf den ersten Artikel bei Wikipedia.

 

" Nicolas Flamel, auch Nicholas Flamel (* wahrscheinlich 1330 in Pontoise; † um 1413 in Paris, traditionell aber 1418), war ein erfolgreicher französischer Schreiber, Handschriften- und möglicherweise Immobilienhändler, der posthum als Alchemist Berühmtheit erlangte. Der Legende zufolge soll er den Stein der Weisen gefunden und die Unsterblichkeit erlangt haben."

 

 

Wenn das wirklich stimmte, hielt ich vor wenigen Minuten noch eine Uhr von einem berühmten Franzosen in der Hand. Aber konnte das wirklich sein?

 

 

 

 

 

"Nicolas Flamel, 1392"

 

Ich las mir die Gravur noch einmal durch. Nein, definitiv. Da stand 1392 und dem Artikel von Wikipedia und dem Aussehen der Uhr nach könnte das wirklich stimmen. Ok Sydney, glaubst du jetzt ernsthaft, dass Nicolas Flamel, eine berühmte Person, eine Uhr gemacht hat, die du von deiner Oma vererbt bekommen hast? Wirklich? Das ist doch Schwachsinn. Ich nahm die Uhr noch einmal in die Hand und sah sie nachdenklich an. Nachdem ich sie ein paar Minuten angestarrt hatte, fing ich an, an den Zeigern und den Rädchen an der Seite rumzuspielen. Oh, was ist das? Ich hatte ganz oben einen Knopf gefunden, der im Vergleich zu den anderen relativ groß war. Warum fällt mir das größte Detail eigentlich immer zuletzt auf?

Um heraus zufinden für was er einmal zuständig war, drückte ich einfach drauf.Böser Fehler. Plötzlich wurde es richtig hell in meinem ganzen Zimmer. Es war, als wäre die Uhr zu einem kleinen, aber sehr kräftigen Scheinwerfer geworden. Das Licht war unerträglich hell, ich musste meine Augen zusammen kneifen und mir die Hand vor mein Gesicht halten, gerade so, dass ich ein bisschen was sehen konnte. Ach du scheiße, was ist das?! Die Uhr leuchtete noch ein letztes mal hell auf, dann drehte sich alles um mich. Es war, als würde ich durch einen Wasserstrudel gezogen und im nächsten Moment saß ich auf dem Boden.

 

Aber ich saß nicht in meinem Zimmer auf dem Boden. Leider. Ich saß mitten in irgendeinem Garten. Wo zum Teufel bin ich hier?Da ich nicht noch was weiß ich wie lange hier im Gras sitzen wollte, stand ich nach einer gefühlten Ewigkeit endlich auf und sah mich um. Ungefähr 5 Meter links von mir war eine Straße, auf der komische alte Autos standen. Vermutlich aus den 70er oder 80er Jahren. 5 Meter rechts von mir floss ein, ich schätze 3 Meter breiter, Bach. Auf der anderen Seite des Baches war eigentlich nichts außer einer endlosen Wiese, auf der nur ab und zu mal ein Baum oder ein Gänseblümchen auftauchte und eine, im Gegensatz zur anderen, betonierte Straße. Das Grundstück, auf dem ich stand schien zu dem Haus hinter mir zugehören. Ein großes Fachwerkhaus mit angebauter Scheune und großzügigen Fenstern.

Das sieht ein bisschen aus wie... Nein. Das kann nicht... Insgesamt sah hier alles aus, wie auf den alten Fotos, die mir Oma mal gezeigt hat. Auf den schwarz-weiß Fotos war ein Fachwerkhaus mit riesigem Garten. Oma hat mir erzählt, dass das das Elternhaus meines Opas war. Mein Opa hat damals bei seinen Eltern gewohnt, bis er mit Anfang 30 eine Frau kennengelernt hat und sie heiratete. Meine Oma. Die beiden bauten nach ein paar Jahren Ehe ein Haus auf dem Grundstück seiner Eltern. Dort wuchs meine Mutter mit 3 Brüdern auf und wohnt bis heute in dem mittlerweile 40 Jahre alten Haus.

Hier sah wirklich alles genau wie auf den Fotos aus. Was ist hier bloß los?

[3] - Ich starre wieder.

Ich wurde unsanft von einer jungen Frau aus meinen Gedanken gerissen. Gott, was hat die denn an?! Sie trug ein blassblaues Kleid mit kurzen Ärmeln, das ihr bis an die Knie ging, darüber eine weiße Schürze und an den Füßen abgelaufene Holzclogs, unter denen sie graue Wollsocken an hatte. Ihre blonden Haare lagen in einem streng geflochtenem Zopf auf ihrer Schulter und reichten ihr bis an die Taille. "Kann ich Ihnen behilflich sein, junges Fräulein?", fragte sie leicht gereizt, versuchte aber ihre schmalen, rosanen Lippen zu einem Lächeln zu zwingen. Ja, ich hätte da nur ein paar Fragen: Wo bin ich? Wer sind Sie? Wie bin ich hier hergekommen? Und nur so aus Neugier... welches Jahr haben wir? "Ähm, ja. Sie... wohnen hier?" Jetzt wirkte ihr Lächeln ganz natürlich. "Ja. Mit meinem Mann." Ok, und was wenn... Hm... Es ist zwar verrückt, aber ich kann mich ja auch irren... Ich überlegte kurz, ob ich das wirklich fragen sollte, entschloss dann aber, es einfach zu tun. "Sie müssen nicht antworten, wenn Sie nicht wollen, aber Ihr Mann... Er heißt nicht zufällig Heinrich?", fragte ich zögernd. Sie war sichtlich geschockt, denn sie starrte mich an, als wäre ich vom Baum gefallen und sagte für wenige Sekunden nichts. Dann schluckte sie und fragte "Was? Ja. Aber wie? Woher... Woher wissen Sie das?". Also doch. Aber wie kann das möglich sein? Ich dachte kurz nach. Auf der anderen Seite würde das die schrägen Klamotten erklären. Hm... Aber wenn ich das jetzt frage hält sie mich für komplett bescheuert. Naja, was habe ich zu verlieren? Mit diesen Gedanken formulierte ich im Kopf meine Frage und stellte sie ihr optimistisch. "Eine Frage hätte ich noch. Ähm... Welches Jahr haben wir?" Sie sah mich einen Moment lang verwundert an und tat in der nächsten Sekunde, womit ich nie gerechnet hätte. Sie ging ohne ein Wort zu sagen zügig in das Fachwerkhaus, knallte die Tür zu und verriegelte sie von innen. Echt jetzt? Ich stand erstmal nur dumm da, da ich mit der Situation irgendwie nicht richtig umgehen konnte und keine Ahnung hatte, was ich machen sollte.

Bis mir ein rostiges Metallgerüst in Kopfgröße neben der dunklen Holztür des Hauses auffiel, aus dem ein Stück Papier raushing. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass ich nicht beobachtet wurde, ging ich hin und nahm das Papier in die Hand. Es war mit schwarzer Tinte in einer unlesbaren, alten Schrift beschrieben und mit wenigen schwarz-weiß Fotos versehen. Aha, eine... hm... naja, kann man das Zeitung nennen? Ich sah mir die Zeitung genau an und fand schließlich, was ich gesucht hatte. Ganz oben rechts stand ein Datum in der Ecke:

 

 

"SAMSTAG, 16. APRIL 1932"

 

 

1932?! Ich starrte das Stück Papier an, als hätte ich einen Geist gesehen. Moment. Da mein Hirn mit der neuen Info anscheinend nicht wirklich klar kam, fasste ich die einzelnen Gedankenfetzen, die in meinem Kopf rum schwirrten und eine (ziemlich schräge) Vermutung bildeten, noch mal zusammen. Und ich hoffte, sie würde sich nicht als wahr herausstellen. Also... Die Frau von eben war vermutlich meine Urgroßmutter; das Grundstück, auf dem ich gerade rumstand, war vermutlich das, auf dem heute unser Haus stand; und da die Zeitung der beste Beweis für das war, was ich schon davor vermutet hatte, befand ich mich gerade wahrscheinlich in der Vergangenheit. Wie kann eine einfache Taschenuhr einen in die Vergangenheit "beamen"? Ich wollte mich gerade auf den Weg machen, mich ein bisschen in der Umgebung umzuschauen, als ich ein komisches Kribbeln in meinen Füßen spürte. Anfangs war es noch sehr schwach, wurde mit der Zeit aber immer stärker und fing an sich von den Füßen weiter bis zu den Knien auszubreiten. Na toll. Und was ist das jetzt schon wieder? Nach wenigen Sekunden spürte ich das Kribbeln auch in den Fingern, den Händen, den Armen und schließlich kribbelte mein ganzer Körper, als würden Ameisen drauf herumtrampeln. Im nächsten Moment befand ich mich wieder in meinem Zimmer.

 

 

[ғreιтαɢ, 20.З.2015]

 

Ich stand in der Mitte meines Zimmers, neben meinem rechten Fuß die alte Uhr. Zuerst blieb ich noch eine Weile leicht gebückt und auf wackligen Beinen stehen und wartete ab, ob noch etwas passierte. Wenn ich nicht noch die Zeitung von eben in der Hand halten würde, würde ich mich für verrückt erklären. Nach ein paar Sekunden ging ich langsam zur Couch, legte das Stück Papier weg, nahm die Uhr in die Hand und starrte sie ungläubig an. Was war gerade passiert? Ich schaute mir die Rädchen an der Seite der Uhr mit der Lupe, die noch neben mir auf der Couch lag, an, merkte aber erst nach ein paar Minuten, dass diese beschriftet waren. Es gab insgesamt 4 Rädchen, die alle mit schwer lesbarem, schwarzen Gekrakel versehen waren. Auf dem oberen stand Was? A...Ann...Annus? "Ληηυѕ", auf dem darunter "мєηѕιѕ". Auf dem dritten stand "∂ιєѕ" und auf dem vierten war nur eine Sonne und ein Mond zu sehen.

In der Schule hatte ich zwar kein Latein, aber dass "Annus" Jahr hieß wusste ich auch so. Für die beiden anderen Wörter benutzte ich mein Handy."мєηѕιѕ" - der Monat, "∂ιєѕ" - der Tag.

Ich spielte noch ein bisschen an den Rädchen rum, ließ es dann aber sein und ging die Treppe runter. Gott, es ist schon 19:20. Wie lange war ich denn weg?

 

Nach dem Abendessen ging ich ins Bad, schminkte mich ab, putzte mir dir Zähne und warf mich danach in mein Bett. Ich kann das immer noch nicht glauben. Mein Handy blinkte auf, ein Zeichen dafür, dass ich eine Nachricht bekommen hatte.

 

Aria: "Hey, bist du sauer, weil wir nicht mit ins Café gegangen sind? :("Oh, das hatte ich total vergessen.

Ich: "Nein. Meine Oma is gestorben."

 

Soll ich ihr von der "vielleicht-Zeitreise" erzählen? Aria und ich erzählten uns immer alles und haben uns auch noch nie gestritten. Aber wenn ich ihr das schreibe, denkt sie, ich will sie verarschen. Oder sie schickt mich in eine Irrenanstalt.

 

Aria: "Oh, das tut mir leid. Mein Beileid :( Wie gehts dir?"

Ich: "Naja, geht eigl. Ich glaub, ich geh jz einfach pennen."

Aria: "Ok, bis morgen"

Ich: "Ja, bis morgen"

 

Ich legte das Handy weg und machte das Licht aus. Obwohl ich mir nicht sicher war, ob ich überhaupt einschlafen konnte, da es gerade einmal 22:30 Uhr war, fiel ich schon bald in einen traumlosen Schlaf.

 

 

[Samstag, 21.3.2015]

 

Ich hatte keine Ahnung, warum ich schon um 8:40 Uhr aufgewacht bin, obwohl es Samstag war. Normalerweise schlief ich an den Wochenenden immer bis mindestens 11 Uhr, was meine Mutter nicht verstehen konnte und mich deshalb meistens schon um 9 Uhr aus dem Bett warf, indem sie direkt vor meiner Zimmertür staubsaugte oder quasi neben meinem Ohr telefonierte. Aber heute morgen schien ich einfach so aufgewacht zu sein. Komisch. Verschlafen schlürfte ich die Treppe runter, um in der Küche nach was Essbarem zu suchen. Ich riss den Kühlschrank auf, holte die Milch raus, machte Kakao und warf inzwischen 2 Scheiben Toast in den Toaster. Nachdem ich gefrühstückt hatte und im Bad war, machte ich es mir auf meiner Couch gemütlich.

Ich nahm mein Handy und schrieb Aria auf Whatsapp.

 

Ich: "In ner halben std im Café? :)"

 

Ich musste einfach mit jemandem reden, auch wenn sie mir vermutlich nicht glauben wird. Schon nach ein paar Minuten bekam ich eine Antwort.

 

Aria: "Hört sich gut an, bis gleich."

 

Von zuhause aus war es nicht weit bis zum Café, vielleicht 10 Gehminuten, also konnte ich mir noch schnell ein bisschen Mascara auf die Wimpern klatschen und meine dunkelbraunen Haare zu einem unordentlichen Dutt zusammenbinden.

 

Auf dem Weg dorthin war ich in Gedanken versunken und bekam fast gar nicht mit, wie mir ein braunhaariger Junge mit einem breiten Grinsen entgegen kam und dann kurz vor mir stehen blieb. "Hey!", begrüßte er mich freundlich. Oh, das ist ja der Typ von gestern. Wow, seine Augen sind echt blau.Scheiße. Ich starre wieder. "Hi!", erwiderte ich ebenfalls mit einem kleinen Lächeln. "Wohin des Weges?" Ich musste wieder kurz grinsen und antwortete dann mit einem knappen "Bin im Café verabredet.", da ich nicht zu spät kommen wollte. Erst als sich sein Gesichtsausdruck veränderte und er sich zu einem leicht enttäuschten Lächeln zwang, merkte ich, was ich da gesagt hatte. Das hat er wohl falsch verstanden. Mein Grinsen wurde breiter und bevor er was entgegnen konnte, sagte ich schnell "mit meiner Freundin."

"Achso.", sagte er grinsend. Dann schaute ich auf die Uhr und erklärte ihm "Ich muss dann auch weiter.". Wir verabschiedeten uns und ich ging weiter. "Vielleicht sieht man sich ja noch mal.", hörte ich ihn noch rufen. Hoffentlich. Ich drehte mich um und rief zurück "Ja, vielleicht.". Wir fingen gleichzeitig an zu grinsen, dann gingen wir beide in unterschiedliche Richtungen weiter.

[4] - Das monströse Metallgerüst

 

Mit ein paar Minuten Verspätung kam ich am Café an, wo Aria schon auf mich wartete. "Hey!", rief sie mir zu und kam mir entgegen. "Hey! Wartest du schon lange?" "Ne, bin eben erst gekommen."

Da es mittlerweile angefangen hatte zu nieseln, setzten wir uns drinnen an einen freien Tisch am Fenster.

"Was darf's sein?", fragte uns ein schwarzhaariger Mann, der nur an den Wochenenden hier arbeitete. Wir bestellten und als er weg war, schaute Aria mich besorgt an.

"Ok, was ist los? Bist du traurig wegen... naja, du weißt schon? Oder-?"

"Nein. Ja. Also ja, aber das ist es nicht.", erklärte ich ihr. Sie sah jetzt etwas verwirrt aus.

"Erzähl." Ich atmete tief ein und erzählte ihr die ganze Geschichte. Wie ich den Anruf bekommen habe, wie Mama mir die Uhr gegeben hat, wie ich die Gravur entziffert habe und dann im Jahr 1932 mit meiner Urgroßmutter geredet habe. Ich erzählte ihr alles... Naja ok, nicht alles. Den gutaussehenden Typen ließ ich erstmal weg. Es dauerte gut 20 Minuten bis ich alles erklärt und ausführlich beschrieben hatte. "Ok..." Gut, sie glaubt mir nicht. Ich würde mir auch nicht glauben, wenn ich es nicht selbst erlebt hätte.

"Du willst mir also sagen, dass die Uhr, die du geerbt hast, imstande ist, Leute in die Vergangenheit zu... katapultieren?", fragte sie nach einer kurzen Pause. "Ich weiß, du glaubst mir nicht, aber -" "Ich glaube dir!", unterbrach sie mich. Ich hob die Augenbraue und sah sie prüfend an. "Naja, es hört sich schon ein bisschen - schräg an. Aber!", betonte sie deutlich, "Aber ich glaube dir." Wers glaubt. "Ich würde mir auch nicht glauben, wenn ich du wäre. Deshalb...", ich kramte in meiner Jackentasche rum und fand schließlich, was ich gesucht hatte, "...habe ich das hier mitgenommen" Sie sah mich an und fing dann an zu lachen. "Danke, aber Zeitung bekommen wir zuhause auch." Nein, wirklich? Ich musste grinsen und verdrehte die Augen. "Ich habe es bei der Zeitreise mitgenommen. Schau dir das Datum an.", sagte ich und zeigte auf die rechte, obere Ecke. Ihr Lachen verstummte. "Das heißt... Wow." Wir saßen beide stumm da und jeder wartete darauf, dass die andere etwas sagen würde. "Was willst du jetzt machen?", fragte sie schließlich. "Ich - ich habe keine Ahnung..." und das war nicht gelogen. "Machst du's nochmal?" Sie wurde ganz hibbelig.

"Was?" Hä?

"Na, mit der Uhr - ähm, zeitreisen?" "Ehrlich gesagt..."

"Syd! Nein.", ermahnte sie mich, "du hast diese geniale Uhr, die dich in eine andere Zeit beamen kann. So eine hat sonst wahrscheinlich niemand! Du könntest für ein Referat in Geschichte einfach die Uhr benutzen und - keine Ahnung - den Ägyptern dabei zugucken, wie sie eine Pyramide bauen oder die Römer persönlich fragen, wie sie die ganzen Kämpfe gewonnen haben. Denk doch mal nur kurz darüber nach." Darüber hatte ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Obwohl ich es nicht zugeben wollte, wusste ich, dass Aria Recht hatte. "Hm.", war alles, was ich dazu sagte. Um vom Thema abzulenken, erzählte ich ihr von dem Jungen, dem ich mittlerweile schon zwei mal begegnet war.

 

Sie grinste mich die ganze Zeit über nur wissend an. "Und wie heißt er?" Ja, gute Frage. "Hm... Also, um ehrlich zu sein -" Aria sah mich geschockt an.

"Das ist jetzt nicht dein Ernst oder? Du hast den Kerl schon zwei mal getroffen und weißt nicht mal, wie er heißt?"

"Erstens haben wir uns nicht getroffen. Wir sind uns begegnet.", versuchte ich klar zustellen, aber sie verdrehte nur mit einem Seufzer die Augen. "Zweitens: es hat sich halt einfach nicht ergeben. Ich weiß, das hört sich jetzt dumm an -"

"Ja, tut es.", unterbrach sie mich und nickte leicht. Ich ignorierte sie und redete einfach weiter.

" - , aber ich hatte echt nicht damit gerechnet, ihn wiederzusehen." Aria machte eine Geste mit der Hand.

"Hast du wenigstens seine Nummer oder er deine?" Ähm... Ich traute mich nicht, irgendwas zu sagen, also schaute ich sie einfach an und legte mein gedachtes "Tja." in meinen Gesichtsausdruck. Da Aria und ich schon seit der 5. Klasse befreundet sind, wusste sie sofort, was ich dachte. Sie schlug sich die Hand ins Gesicht und schüttelte den Kopf, während sie leise "Nein, nein, nein..." in ihre Hände rein nuschelte. Ich wollte gerade etwas erwidern, als ich Sam auf uns zu laufen sah. "Sam, was machst du denn hier?", platzte es aus mir raus, obwohl ich unwahrscheinlich froh war, dass er hier war. "Syd!", begrüßte er mich freundlich, "Bin grade in der Nähe gewesen und habe eure Anwesenheit gespürt." Er schloss die Augen, atmete übertrieben tief ein und machte dazu passende Handbewegungen. Aria und ich sahen uns gleichzeitig an und verdrehten synchron die Augen.

Nachdem sich Sam neben mich gesetzt und wir uns beruhigt hatten, warf mir Aria einen fragenden Blick zu. Ich nickte kaum merklich und gab ihr so die Bestätigung, dass sie Sam von der Zeitreise-Sache erzählen durfte. Doch anders als erwartet, fing sie nicht an, von der Zeitreise zu sprechen.

"Syd hat einen Kerl kennengelernt..." Sie sah mich schmunzelnd an.

"Was, echt?", fragte er, beugte sich zu mir rüber und flüsterte mir ins Ohr, "Sieht er gut aus?" Sam versuchte ernst zubleiben, konnte sich ein Lächeln aber trotzdem nicht verkneifen. Schwulenhumor. Aber um seine Frage zu beantworten: Ja, er sieht verdammt gut aus. Seine Augen sind einfach blauer als blau und seine Haare -

"Sie weiß weder seinen Namen, noch hat sie seine Nummer oder er ihre.", riss mich Aria aus meinen Gedanken. Ich warf ihr einen tötenden Blick zu.

"Nein. Nicht wirklich oder?" Doch, Sam. Er sah ein bisschen geschockt aus und ich beschloss, die Frage unbeantwortet zulassen. Nachdem sich Sam vom Schock erholt hatte, wurde Aria ein wenig ernster und wir erzählten ihm von der Zeitreise.

 

 

Es war kurz nach 14 Uhr, als ich wieder nachhause kam. Hm... So lange war ich gar nicht mal weg. Zog meine Schuhe aus und rannte die Treppe hoch in mein Zimmer. Wie immer legte ich mich erst einmal auf meine bequeme Couch, nahm mein Handy in die Hand und schaute, was ich verpasst hatte.

1 Nachricht von Aria: "Wie viele Seiten hast du für den Französisch-Aufsatz geschrieben? Hab grad mal 2 -.-"

Mist. Der Aufsatz. Den hatte ich total vergessen und wir müssen ihn schon übermorgen abgeben. Ich schrieb ihr zurück, dass ich nicht mal angefangen hatte und schmiss mein Handy etwas genervt in die hintere Ecke meiner Couch. Na toll. Mein Blick fiel auf die geerbte Uhr, die neben der zusammengefalteten Zeitung auf meinem Schreibtisch lag. Ich stand auf, nahm die Uhr in die Hand und setzte mich wieder hin. Da ich jetzt wusste, dass auf den Rädchen an der Seite "Jahr", "Monat" und "Tag" stand und sich darunter das Rädchen mit der Sonne und dem Mond befand, ging ich einfach davon aus, dass man daran einstellte, in welche Zeit man genau gebeamt wird. Ich drehte an jedem Rädchen ein bisschen rum, bis ich es auf den 1.2.1895 eingestellt hatte. Der kleine Zeiger zeigte auf die 2, der große auf die 7 und der dünne weiße Zeiger genau auf die 3. Hat das auch etwas zu bedeuten? Mit dem Gedanken im Hinterkopf stellte ich die Zeiger auf 9:00 Uhr und den weißen Zeiger stellte ich auf die 3, da ich nicht wusste, für was er zuständig war. Dieses mal stand ich auf, damit ich nicht wieder unsanft auf meinem Hintern lande. Ich legte meinen Zeigefinger auf den oberen Knopf, bereit ihn zu drücken, kniff meine Augen zusammen und drückte ihn langsam runter. Ich sah durch meine geschlossenen Augen, wie es um mich herum heller wurde, musste aber die ganze Zeit an meinen Aufsatz denken und über was ich schreiben sollte. Mir schossen tausend Bilder über Frankreich durch den Kopf, doch irgendwann wurde ich von einem leichten Schwebe- und Schwindelgefühl aus meinen Gedanken gerissen. Ich wartete noch ein paar Sekunden und öffnete dann zaghaft meine Augen. Oh. Mein. Gott! Wie kann das sein? Ich stand direkt vor einem monströsen Metallgerüst, brauchte aber einen Augenblick bis ich realisierte, dass das große Ding vor mir der Eiffelturm war.

 

Es war dunkel und nur vereinzelt huschten ein paar Schattengestalten durch die Nacht. Ok, so langsam wirds gruselig. Ich ging einige Meter einen schmalen, mit Bäumen umzäunten, Weg entlang, setzte mich auf die nächste Bank und schaute mich ein wenig ängstlich um.

Die große Uhr, die hinter mir am Eiffelturm befestigt war, zeigte 21:13 an. Und wie lange muss ich noch hier aushalten, bis ich wieder nachhause gebeamt werde? In dem Moment passierte etwas Merkwürdiges: Der gut aussehende Typ, dem ich schon zwei mal begegnet war, stand plötzlich vor mir, als ich mich wieder umdrehte.

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Tag der Veröffentlichung: 27.02.2015

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