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Mord an einem USV. Oder war’s Selbstmord?


Da kam ich also heute Morgen mit einem fröhlichen Liedchen (es war Norwegian Wood von den Beatles) auf den Lippen ins Büro. Tür auf, ich rein, Tür zu. Und wurde von Medusa geküsst.
Pieps ….. pieps ….. pieps ….. pieps ….. pieps …..pieps….. Während meiner Erstarrung schoss es durch meinen Kopf: Was um Alles in der Welt ist das? Laut, durchdringend, schrill, Nerven zerfetzend: Pieps ….. pieps ….. pieps ….. pieps …..

Medusa entließ mich aus ihrer Umarmung, ich ging in Richtung Serverraum. Da war es. Eine Kiste, neben den zwei Servern. Ein orangefarbenes Lichtchen blinkte fröhlich, während aus dem Inneren dieser Kiste dieses Geräusch kam: Pieps ….. pieps ….. pieps ….. pieps …..

Toll, halb acht, der Support ist erst ab neun zu erreichen. Das ist zuviel. Mein Bauch leer, dumme Arbeit zu erledigen und dann so etwas. Keine Panik, sagte ich zu mir, erst einmal Stulle machen und Tee kochen und dann weiter sehen.

Bewaffnet mit Stulle und Teetopf schlich ich aus der Küche zu meinem Arbeitsplatz. Grauenvoll. Pieps ….. pieps ….. pieps ….. pieps ….. Und das noch 80 Minuten.

Nach 80 Minuten, sie waren wirklich um, diese 80 Minuten, es war neun Uhr. Ran ans Telefon, Support anrufen.

„Bei uns piepst es,“ mehr konnte ich nicht sagen, es piepste inzwischen in allen meinen Gehirnwindungen.

„Was piepst?“ Die kennen mich beim Support, ich hörte das blöde Grinsen in diesen Worten.

„Eine Kiste neben den Servern. Wie hört das auf?“

„Ach so, das ist der USV, da müssen neue Batterien rein.“

„Der USV???? Was ist das denn?“ Klar doch, die wissen, wovon die reden. Aber was bitte ist mit mir?

„Das ist die unterbrechungsfreie Stromversorgung.“ Tolle Antwort, keine Ahnung.

„Und wozu ist das gut?“

„Der USV sorgt bei einem Stromausfall dafür, dass die Server ordnungsgemäß runter gefahren werden und so kein Datenverlust eintritt.“

Ich war wieder schlauer, aber noch keinen Schritt weiter. Pieps ….. pieps ….. pieps ….. pieps …..

“Alles prima, tolle Maschine, der USV. ABER: WIE STELLE ICH DEN AB? Oder wie kommen da neue Batterien rein?“

„Da müssen wir vorbei kommen. Ich schau mal, was das für ein Gerät ist, damit wir die richtigen Batterien mitbringen“. Klicker, klicker, im Hörer klickerte es, der Typ suchte.

„Ähh, was steht auf dem Typenschild? Und können Sie mir sagen, wie alt das Gerät ist? Wir führen es nicht in Ihren Hardware-Komponenten.“

„Moment.“ Ich versuchte, unter dem Tisch was zu erkennen, es war dunkel unter dem Tisch. Bis auf das Wort UVS konnte ich nicht viel entziffern. Diese Erkenntnis teilte ich dem Typen mit. Dieser hatte sich zwischenzeitlich sachkundig gemacht, was da zu tun sei in Sachen Batterien. Das Ergebnis bekam ich auch sofort mitgeteilt.

„Für dieses alte Gerät gibt es keine Batterien mehr und keine Ersatzteile und rein gar nichts, Sie brauchen ein neues USV.“

„Gut, oder auch nicht, was kostet das und wie hört das piepsen auf?“

„Wir schicken ein Angebot. Aber vorher müssen Sie den abstellen. Sie müssen die Stecker raus aus dem USV und die Server direkt an Steckdosen anschließen. Das schaffen sie allein.“

Klar, ich bin Superwoman, ich schaffe alles. Server runterfahren, dann alles raus, was außen an dieser Kiste steckt. Juchhu, Stromzufuhr gekappt, alles ist gut dachte ich. Und meine Kollegen dachten das auch.

Pieps ….. pieps ….. pieps ….. pieps …..War das schneller geworden? Oder einfach nur selektive Wahrnehmung? Das Ding piepst fröhlich vor sich hin. Ohne Strom, es piepst.

Wieder den Support anrufen.

„Ja, der hat doch noch Batterien drin und nun piepst der so lange, bis die endgültig leer sind. Und wie lange das dauert, kann ich nicht sagen. Am besten wird es sein, Sie bringen den in den Keller, da kann er dann vor sich hin piepsen.“

Der Keller ist gruselig, wir bringen die Kiste in das leer stehende Büro direkt neben unserem. Dort piepst es weiter, nun in einem Duett mit dem Lüfter. Wir hören es immer noch.

Nach zwei Stunden, wir diskutierten gerade über irgendein BGH-Urteil, stellte ich fest, dass da etwas fehlte. Meine Kollegen schwiegen, weil ich das so wollte. Nun hörten wir alle, dass wir nichts hörten. Kein Pieps-Lüfter-Duett mehr, das Ding war tot. Es hat am Ende eingesehen, dass kein Leben ewig währt und hat sich abgeschaltet.

Somit bin ich zumindest nicht des Mordes an einem USV schuldig und kann morgen wieder fröhlich zur Arbeit gehen. Das sind doch tolle Aussichten …


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Tag der Veröffentlichung: 24.09.2009

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