Einfach nur Berlin
Es gibt und gab immer wieder Geschichten von Berlin und den Bewohnern dieser Stadt. Ich habe vieles erlebt, einiges erzähle ich hier.
Es ist schon schwer genug, mitten im Hochsommer schwanger zu sein. Ich war mitten im Sommer hochschwanger. Um in der Hitze nicht noch schwer zu ertragende Kleidung mit mir rumschleppen zu müssen, trug ich ein etwas längeres Hemdkleid. Das war bequem, luftig und gut zu ertragen.
Nach meinen Einkäufen ging ich an einer Baustelle vorbei. Die Bauarbeiter schwitzten ebenso wie ich, waren aber trotz allem wohl recht fröhlich. Als ich die Baustelle passierte, pfiff einer der Männer und sagte zu seinem Kollegen: „Kiek ma Maxe, da looft Dein Hemde.“ Ich habe dieses Hemdkleid nie wieder getragen. Mochte ich noch so schwanger sein.
Da gab es den Busfahrer auf der Linie M19, der Bus, mit dem ich täglich fahre. Zu jeder Haltestelle hatte der kleine Geschichten drauf. Als wir uns der Haltestelle Wittenbergplatz näherten, tönte die Stimme des Fahrers durch den Bus: „Nächste Haltestelle KaDeWe.“ Ich stutze, dann musste ich lachen. Klar doch, das KaDeWe ist am Wittenbergplatz, die Haltestelle war bisher jedoch nie der Name des Luxustempels.
Ja, das KaDeWe. Berühmt und beliebt für die Dekorationen der Schaufenster in der Vorweihnachtszeit. Jahr für Jahr gibt es Themen, nach denen die Dekorationen ausgeführt werden. Dazu angestrahlte Tannenbäume in Dreiergruppen über den Schaufenstern. Anders jedoch im vergangenen Jahr. Die Schaufenster waren fertig, die Straßen festlich geschmückt, überall standen Tannenbäume. Jedoch nicht am KaDeWe. Mir ist bis heute nicht bekannt, wieso es die Dreiergruppen nicht gab. Stattdessen waren an der Fassade an den Standorten der Vorjahrestannenbäume Scheinwerfer angebracht, die die Fassade grün anstrahlten. Vielleicht war das ein Beitrag zum Schutz der Tannenbäume, eventuell war grüne Farbe gerade im Sonderangebot. Keiner wusste es, erstaunt waren alle.
Die fehlenden KaDeWe-Tannenbäume sind nicht die einzigen Bäume, die die Berliner in der Vorweihnachtszeit beschäftigen. Da ist jedes Jahr auch noch der Baum an der Gedächtniskirche. Jahr für Jahr wurde dieser Baum von irgendeiner Region aus dem restlichen Deutschland gestiftet. So kam auch per Schwertransport dieser Baum an. Mit Straßensperrung, Kränen und sonstigem Equipment wurde der Baum aufgestellt. Und ganz Berlin lachte. Was da stand sah so zerrupft aus, als ob er zuvor auf der ISS seine Zeit verbracht hatte. Dieser Baum wurde also ausgetauscht. Was kam, war ansehnlich. Geschmückt noch ansehnlicher. Der Meinung waren offensichtlich auch die Witzbolde, die sich in einer Nacht- und Nebelaktion aufmachten, um diesen wirklich hübschen Anblick etwas zu verändern. Sie sägten kurzerhand die Spitze der schön geschmückten Baumes ab. Ganz Berlin war entsetzt. Es musste ein neuer Baum her. Dieser wurde offensichtlich gut bewacht, er stand fast bis Ostern.
Der Baum im vergangenen Jahr trug wieder zur Belustigung der Berliner Bevölkerung bei. Diesmal kam er aus einem Berliner Wald, Er war wirklich gerade gewachsen, fein geschmückt. Im Vergleich zum Standort war er etwas klein geraten. Das wäre vielleicht auch nicht so schlimm, wenn er nicht ausgesehen hätte wie eine Birne. Eine geschmückte Weihnachtsbirne. Fehlte noch die Schokoladensoße.
Zurück zu den Bussen, mit Schwung in den Sommer, und deren Fahrer. Es war Hochsommer, 35°. Der Asphalt auf den Straßen war weich, endlich einmal bewegten sich die Menschen langsamer als sonst. So auch beim Besteigen des Busses. Nun müssen die Fahrer ja bekannter maßen Pläne und Zeiten einhalten. Der Fahrer wartete und wartete und dann quoll es aus ihm raus: „Kommen Se schnell rinn, hier drin wird jeheizt.“ Trotz der mörderischen Hitze stahl sich ein Lächeln über die Gesichter der an der Haltestelle wartenden Menschen, ich lachte laut und fing auch im Bus immer wieder an zu lachen, das war einfach zu komisch
Nicht umsonst heißt es „Berliner Schnauze mit Herz“. Wenn wir mal unsere Scheuklappen einfahren, begegnen wir diesen Menschen, den Tannenbäumen und vergessen vielleicht doch ab und an mal unsere Probleme. Berlin ist eine ganz besondere Stadt mit ganz besonderen Menschen.
Tag der Veröffentlichung: 30.07.2009
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