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Das Internet und seine Folgen

Meine ersten Erfahrungen mit dem Internet machte ich 1999. Mit Hilfe eines Modems, angeschlossen an einen analogen Telefonanschluss, konnte es losgehen. Wir hatten keinen Provider, sondern nutzten den Smart Surfer. Das war Stress pur. Den preisgünstigsten raussuchen und rein. Leider war während der Zeit im Internet das Telefon blockiert. Und da war auch noch die Sache mit der Eieruhr. So über mehrere Stunden surfen oder im ICQ rumquatschen war zeitlich genau abgegrenzt. Wir waren ja zu zweit und jeder wollte mal.

Das erste Forum, in dem ich mich anmeldete, war der Live-Chat der Toten Hosen. Das war lustig. Vor allem, wenn die Rundfrage nach dem Alter gestartet wurde. Ich habe mit Bravour den Altersdurchschnitt angehoben. Aber trotz des Altersunterschiedes, der niedrigste betrug 20 Jahre, hat es mir Spaß gemacht. Inzwischen habe ich dreimal mein Passwort vergessen und ich war lange nicht mehr da.

Als die Sache mit mehreren Foren losging, schafften wir uns eine Flatrate an. Das war toll. Im Internet surfen und gleichzeitig telefonieren. Was konnte es schöneres im virtuellen Leben geben. Ohne Eieruhr, surfen bis der Arzt kommt.

Durch meinen Sohn kam ich dann in diese Foren, wo ich wieder meiner Leidenschaft nachging. Diese Leidenschaft hatte eigentlich nur einen Zweck: Erhöhung des Altersdurchschnitts. Aber die Kids waren lustig und haben mich als so etwas wie ihre Ersatzmama angesehen. Ob es um Empfängnisverhütung, Liebeskummer, Ärger in der Schule, mit Eltern und sonst wem ging, ich wurde gefragt. War auch ganz nett. Für meinen Sohn eher weniger, hatte ich doch jetzt jede Menge virtuelle Kids am Hals.

Eines dieser Foren ging dann in meinen Besitz über. Und dann hatte ich richtig zu tun. Die Kids im Zaum zu halten war ungefähr so wie die Sache mit dem Sack Flöhe. Aber auf die erste Abmahnung reagierten die meist und waren wieder friedlich. Bis auf einen. Ich glaube, den werde ich nie vergessen. Irgendwie reagierten viele User auf diesen Jungen wie ein Stier auf ein bewegliches Ziel. Aber der war auch unmöglich. Seine Lieblingsbeschäftigung war es, Links zu den Saugplattformen zu posten. Kaum hatte ich einen gelöscht, standen zwei neue da. Das ging alles gar nicht, der Junge musste gesperrt werden. Und dann haben er und seine Fans mich via ICQ solange zugetextet, bis ich mich erweichen ließ. Gute Entscheidung. Der Rest des Forums hieb mit einer wahren Freude auf mich ein. War mir erstmal egal, ich war der Boss! Na ja, der Knabe konnte seine linken Dinger nicht lassen, es gab eine endgültige Sperre für ihn.

Das ging solange gut, bis ich das Forum einfach abschaltete, weil ich nicht mehr in die Datenbank kam. Auf eine sehr geheimnisvolle Art hatte das Passwort keine Gültigkeit mehr. Nun wurde ich nicht mehr so geliebt. Ich bin dann da ausgestiegen und kurze Zeit später gab es dieses Forum nicht mehr. In einem aus diesem entstandenen Forum wurde ich auch Mitglied, dort bin ich die Forenmama. Und da bin ich immer wieder erstaunt, wenn ich mal da bin, wie respektvoll diese jungen Menschen miteinander umgehen. Der Admin dort hat nicht viel zu tun.


Irgendwann einmal trat dann MySpace in mein Leben. Das war 2005, glaube ich. Der Sinn und Zweck meiner Anmeldung bei MySpace? Hmmmm … keine Ahnung, macht eben fast jeder, sich dort anmelden. Man findet Freunde.? Ja, ich habe in meiner Liste inzwischen 330 Freunde. In Worten: Dreihundertdreißig. Ca. 10 davon kenne ich in echt, also habe mit denen geredet, Bier getrunken, wir haben uns richtig gesehen. In voller Größe.

Aber auch unter den restlichen 320 sind jede Menge interessanter Freunde. Zum Beispiel Paul McCartney. Toll was, ich bin mit dem befreundet (ich wette, der hat noch nie auf seine Seite geschaut und weiß nicht einmal, dass es mich gibt. Und diese Wette gewinne ich).

Tim Mälzer, ja, der ist auch mein Freund ... Und weiß der Geier, wer nicht noch alles.
Aber ich habe die eben alle in meiner Liste. Eine meiner neusten Errungenschaften: Bernhard Brink. Der hat mir doch tatsächlich eine Freundanfrage geschickt, die ich als höflicher Mensch nicht ablehnen konnte. Toll! Eigentlich sind da mehr die Punkrocker an mir interessiert wie ich an denen.

Der größte Coup ist jedoch meine Freundschaft mit Barrack Obama. Das gefällt mir sehr. War jedoch lange nicht mehr auf seiner Seite, dass ich gar nicht auf dem Laufenden bin, was mein Freund Barrack so macht. Ich weiß nur, dass er gerade vor kurzem in Deutschland war. Schade, dass wir uns nicht sehen konnten, mein Freund Barrack Obama und ich.

Was läuft sonst noch so bei MySpace? Man schickt sich Nachrichten, man schreibt sich Kommentare. Auch die Bulletins sind eine interessante Angelegenheit. Einer meiner Freunde, William Shatner, ist sehr rege im Bulletin verschicken.

Manche von meinen berühmten Freunden antworten wirklich mal auf Nachrichten. Wie z.B. Wölli, Ex-Drummer der Toten Hosen. Oder TV Smith, eine Punkrocklegende. Ein unglaublich netter Mensch, der schreibt und spricht sogar deutsch Ach ja, die Frau, die für Mickey Rourke eine Seite betreibt, antwortet auch. Aber, warum antwortet Robert DeNiro nicht???

Im Nachrichten verschicken und Rumsäuseln sind die Amis Weltspitze. Liegt bestimmt daran, dass da so viele leben, also in den USA. Ich bin mir nicht sicher, ob die nicht ein Buch mit lyrischen Texten neben sich zu liegen haben. Ganz nach dem Motto: Wie viel Honig muss ich nehmen, damit mit geantwortet wird. Vielleicht haben die aber auch Ghostwriter. Who knows?

Ist schon recht spaßig, die Sache mit Myspace. Ich frage mich nur woran es liegt, dass Tom Hanks nicht mein Freund sein will.


Im Laufe dieser vielen Jahre habe ich auch selbstverständlich Messenger auf meinem Rechner installiert. Als da wären ICQ, der Yahoo-Messenger und der von Myspace. All diese Messenger geben natürlich Töne von sich, wenn es Aktionen zu vermelden gibt. Diese Töne sind schuld daran, dass ich niemals mehr meine Lautsprecher anschalte. Dieses Durcheinander von Tönen hat zwar eine gewisse Faszination, man braucht aber auch Nerven wie Drahtseile. Der eine quakt wie ein Frosch, der nächste piepst. Der von Yahoo ist der schärfste: er hat einen Buzz-Button, der wuscht irgendwie, ich finde kein anderes Wort für dieses Geräusch. Meine Katzen waren bei angeschalteten Lautsprechern völlig entnervt. Fazit: die bleiben alle aus.

Meine neuste Beschäftigung ist die Anwesenheit in einem Literaturforum. Dort kann man seine eigenen Texte veröffentlichen. Hab ich auch schon gemacht. Interessiert nicht viele, meine Texte sind wahrscheinlich grottenschlecht. Aber wen störts, ich schreibe trotzdem weiter. Aufgeben gilt nicht.

Der rege Gedankenaustausch mit einigen der ambitionierten, intelligenten und eloquenten User auf dieser Plattform hat was. Manches Mal frage ich mich jedoch, was genau das denn so hat. Es ist wirklich sehr schwer, plötzlich erwachsen zu sein und kluge und erwachsene Statements abzugeben. Dies ist leider nicht allen gegeben. Aber wie heißt es doch so schön: Was mich nicht umhaut, macht mich nur stärker.

Manchen Abend frage ich mich, wieso es eigentlich schon so spät ist, ich hab doch gerade erst vor einer Stunde oder so den Computer angemacht. Langweilig ist es nicht, das Internet.

Und wer spricht hier von Internetsucht? Eine Sucht ist doch eine Krankheit. Bin ich etwa krank, wenn ich etwas unruhig und verloren rumlaufe, wenn ich mal keinen Zugang habe? Niemals!. Im schlimmsten Fall gibt’s ja fast überall Internetcafés.

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Tag der Veröffentlichung: 08.06.2009

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