Cover

Ja, es gibt sie: ne Menge Menschen und ne Menge Busse.

Bei uns in Berlin gibt es Doppeldeckerbusse, Ziehharmonikabusse, lange Busse, nicht so lange Busse. Und es gibt die ganz neuen Busse. Mit Klimaanlage. Eine tolle Sache. Im Sommer ist es kalt und stinkt. Im Winter ist es warm und stinkt. Somit stinkt es immer. Die winzigkleinen Fensterluken sind nicht zu öffnen, weil ja jeder weiß, dass Klimaanlagen mit geöffneten Fenstern völlig aus dem Konzept geraten. Mit etwas Gewalt geht’s aber doch. Und Gewalt wird dort recht häufig angewendet. Und in diesen mit Gewalt geöffneten Fenster-Bussen stinkt es etwas weniger.

Die neuen Busse haben auch noch etwas wirklich Feines: Sie können an den Haltestellen abgesenkt werden. Das ist wirklich fein und wenn die dann wieder hochgefahren werden, schaukeln diese Busse. Das ist wirklich sehr nett, man sollte jedoch nur richtig ausgeschlafen einsteigen, keine Neigung zur Seekrankheit haben und auf keinen Fall, wirklich auf gar keinen Fall, am Abend zuvor vielleicht zuviel Champagner oder sonst etwas anderes genossen haben. Das Schaukeln potenziert sich dann nämlich und erreicht die Wirkung eines Schiffes auf hoher See inmitten eines starken Sturmes. Sie sollten in diesen Bussen gleich Kotztüten mitliefern.

Nun zu den Menschen, die diese Busse benutzen. Ist im Allgemeinen ja auch eine gute Sache, als Mensch sich irgendwo hinzustellen und dann in so eine Kiste, ein Hoch auf den Erfinder solcher Dinger, einsteigen zu können, wenn man denn gezahlt hat. Und als guter Bürger zahlt man natürlich immer.

Und dann beginnt eines der eigentlichen Probleme. Weil Menschen offensichtlich dazu neigen, vor dem Einsteigen in eine solche Kiste die Zivilisation draußen zu lassen. Vielleicht gibt es außen an den Bussen unsichtbare Schilder auf denen steht, dass hier die Zivilisation endet. Ich kann sie nicht entdecken, diese Schilder. Und ich habs immer wieder versucht.

Nun geht es so richtig zur Sache: Bus kommt. Menschen drängeln, schubsen, stoßen. Irgendwann sind alle drin im Bus. Bus fährt nicht. Und fährt nicht. Und fährt nicht. Warum nicht? ... Halt, da kommt die Ansage von Fahrer: Bitte machen Sie die Mitteltür frei, da ist eine Lichtschranke. Wenn die nicht frei ist, kann ich nicht weiter fahren. So langsam aber wirklich sehr langsam, kommt das bei den an der Tür Stehenden an.
Da, sie bewegen sich. Tür geht zu, Bus fährt los. Prima. Schau ich mich mal um. Das blanke Entsetzen überfällt mich machtvoll. Es gibt viele freie Plätze. Aber nur aus dem Grund, weil eben Menschen das Schild gelesen haben, das Schild mit der Zivilisation, und sich nicht ans Fenster setzen, sondern direkt am Gang sitzen. Fensterplatz ist frei. Sie schauen sich um wie bissige Bulldoggen, dass sie ja nicht angesprochen werden, ob man sich denn setzen dürfe.

Okay, 5 Haltestellen, kann ich stehen.

Ich stehe also ordnungsgemäß von der Tür entfernt. Meine Haltestelle kommt in Sicht. Die Tür ist umringt von Leuten, die offensichtlich auch aussteigen wollen. Weit gefehlt. Keiner will raus, nur ich. Aber die stehen da wie deutsche Eichen. Eingepflanzt, verwurzelt, gut gedüngt und gegossen. Und weil sich eine deutsche Eiche nun einmal nicht bewegen kann, tun die es auch nicht. Ich blöke wie ein Schaf, weil ich ja schließlich raus will und nur eine Kurzstrecke gelöst habe. Keine Chance, Bus fährt weiter, offensichtliche Volldeppen schauen mich an, wie eben nur Volldeppen schauen können.

Also eine Station weiter fahren. Macht nix, wir sind ja jung und können mal eben eine Station zurück laufen. Dumm nur, dass ich zu meinem Termin zu spät komme.

Aber ist noch nicht zu Ende. Jetzt darf ich erst noch die Telefongespräche mit verschiedenen Besitzern wahrscheinlich aller Mobiletelefone der Stadt anhören. Ist mit Sicherheit zwar nur ein verschwindend geringer Teil sämtlicher Mobiltelefone, aber immerhin.

Es ringt und singt und rappt und rockt. Es piepst und pupst und quietscht. Nun muss ich mir anhören, ob ich will oder nicht, dass Schatzi gleich da ist. Die dumme Kuh wieder die Milch vergessen hat. Heute Abend, ach nein, heute geht nicht, morgen Abend passt es viel besser und und und .....

Bevor ich weiß, was morgen wo und wie und zu welcher Zeit passt, muss ich mich auf meinen Ausstieg vorbereiten. Mit Hilfe von grimmigen Blicken, man passt sich ja gern den menschlichen Bulldoggen an, schaffe ich es. Fast. Bevor ich aussteige, singt Amy Winehouse. Gut, tolles Lied, aber im Bus …..

Auf der Straße stelle ich fest, dass da mein Telefon gesungen hat.

Menschen und Busse eben.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 31.05.2009

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /