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Kapitel 1 – Rauch

Coragon saß an diesem sonnigen Tag ganz alleine beim Angeln am Timay-Fluss. Das Wasser schien heute besonders ruhig zu sein. Genau genommen spiegelte sich diese Ruhe in der natürlichen Umgebung wider. Der Wind hatte heute wohl keine Lust sich zu bewegen, den Vögeln wurde anscheinend die Stimme genommen und wo man hinsah, bewegte sich nicht einmal ein Grashalm. Ebenso träge und lustlos döste Coragon neben seiner aufgestellten Angelrute dahin. Er empfand diese Stille als einen angenehmen Zeitpunkt, um über vergangene Tage nachzudenken. Viel ist in letzter Zeit nicht passiert, doch immer wieder kamen Soldaten in das Dorf und berichteten erschöpft und verängstigt über die großen Taten der Feinde. Es hieß, dass selbst unsere Götter den Kampf aufgegeben hatten und sich dem Schicksal beugten. Coragon hasste diese Geschichten. Er wollte sie nicht hören. Allyria war seine Heimat und er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass die Amaräer über sein Land regieren sollten. Amarae betrieb Sklavenhandel und größtenteils wurden Morde, Vergewaltigungen und selbst Kindesmissbrauch vertuscht. Schon bald würde Coragon sein sechzehntes Lebensjahr erreicht haben und dann wird er sich bei der Armee anmelden. Er wird es allen zeigen. Niemals würde er sich kampflos von Amaräern unterjochen lassen.

Ein Surren schreckte ihn plötzlich aus seinen Gedanken und verwirrt blickte er sich um. Coragon sah, wie sich die Schnurrolle der Angel in hoher Geschwindigkeit drehte. Blitzschnell sprang er auf die Beine, schnappte sich die Rute und hielt die Rolle fest. Er zog einmal kräftig mit der Angel zu sich und rollte beim locker lassen etwas Schnur wieder auf. Das wiederholte er so lange, bis sich der Fang am Flussufer befand. Stolz griff er nach seinem Netz und stocherte durchs trübe Wasser. Mit großen Augen zog er das Netz wieder heraus und seine Mundwinkel klappten entsetzt nach unten. Coragon hätte alles erwartet, doch das war zu viel. Ihm wurde schlecht. Seine Augen suchten verzweifelt einen Busch und als sie einen entdeckten, rannte er sofort los.

 

„Mein Gott Coragon, ist das wahr?“, fragte Elice, seine Mutter. Coragon bekam wieder diesen entsetzten Blick. „Ja, Mutter.. es war.. eine Hand aus Fleisch und Blut.“ Angewidert drehte sich Elice um und begab sich von der Wohnstube in die Küche. Nun saß Coragon alleine da. Die Wohnstube war nicht sehr groß, aber viel Geld für ein größeres Haus hatten sie nicht. Über einem kleinen Kamin hing ein Bild seines verstorbenen Vaters, Loyd. Er war ebenfalls bei der Armee und kümmerte sich gut um seine Familie. Loyd's Tod war durch diesen Krieg schon voraussehbar.

In der Mitte des Wohnraumes stand ein kleiner Tisch, der von einem Strohsofa umrandet wurde.

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 28.01.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Franziska Nürck

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