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Schokoeier und Hasenkekse

 

Es war ein sonniger und auch einigermaßen warmer Ostersonntag im April des Jahres 1992 und meine beiden Söhne zappelten schon ungeduldig herum, um endlich in den Garten zu können, schließlich war ja der Osterhase dagewesen, das hofften sie zumindest.

Unser Älterer, Markus, wusste mit seinen 8 Jahren natürlich schon, wie es um Osterhasen und Co. bestellt war, hatte uns aber verboten, seinen dreijährigen Bruder Bernhard auch aufzuklären, im Gegenteil, er erzählte ihm phantastische Geschichten vom Osterhasen, was ihm dieser allerdings nur so halb und halb glaubte.

Nichts desto weniger bestanden beide darauf, im Garten Ostereier suchen zu wollen.

 

So stürmten beide noch im Pyjama und nachdem sie in irgendwelche Schuhe geschlüpft waren, in den noch vom Morgentau feuchten Garten, gefolgt von unserer Hündin Cora, denn auch auf sie warteten natürlich Leckerli.

Nachdem sie einmal den Kindern beim Eiersuchen zugesehen hatte und immer mehr den Kopf hängen ließ, hatte sie uns Eltern mit einem herzerweichenden Blick angesehen, so ganz nach dem Motto:

Na und ich? Bin ich vielleicht ein Hund?‘

Natürlich war sie ein Hund, aber noch viel mehr ein Familienmitglied. Markus nannte sie auch immer seine Schwester, die beiden waren ein Herz und eine Seele, viel mehr als in jeder Kindertiersendung je gezeigt wurde. Also gab es für Cora fortan Osterhundekuchen, die sie mit der gleichen Begeisterung suchte, wie die Kinder die bunten Schokoeier. Anschließend half sie den Kindern noch beim Suchen, damit ihnen ja nichts entging.

 

Danach war erstmal Ruhe und nur das Geraschel von Schokopapier zu hören.

Frühstück kann man sich an so einem Tag ohnehin sparen, denn das wird in Form von Schokolade eingenommen, nachdem ganz genau geteilt und abgezählt worden war. Vor allem die Überraschungseier hatten es den beiden angetan, wobei die Schokolade das am wenigste Interessante daran war. Und es fehlten natürlich auch nicht die kleinen Lego Päckchen, die die Legosucht meiner Beiden wieder vorerst stillen konnte.

 

Am Nachmittag, kamen noch die Großeltern und brachten natürlich auch noch Leckereien mit. Vor allem, die bei unseren Kindern so beliebten Kekse in Form von Tieren und natürlich diesmal in Form von Hasen, Enten und Küken, aber auch alle anderen Tiere waren vertreten, da hatte sich Oma so richtig ins Zeug gelegt!

Während die Erwachsenen dem Kaffee und Kuchen zusprachen, Cora hingebungsvoll einen Kauknochen bearbeitete, spielten die Kinder.

Das hieß, unser Älterer saß mit seinem Vater vor dem Computer, sie probierten das neueste Spiel aus, dass sich mein Mann zu seinem Geburtstag wenige Tage zuvor selbst gespendet hatte.

 

Bernhard, der Dreijährige, den weder Fernsehen, noch Computer sehr interessierte, spielte mit den Schokoladehasen und Tierkeksen, er machte es ihnen mit dem Papiergras aus den Osternestern gemütlich, baute aus Legosteinen Ställe und aus kleinen Ästen, die er aus dem Garten holte, die Umzäunungen der Gehege. Sein Versuch, das Ganze in der Sandkiste zu veranstalten, hatte ich gerade noch verhindern können und so breitete er sich nach und nach über den Fußboden aus.

Er spielte voll Hingabe und nötigte uns Erwachsene dazu, auch mitzuspielen. Das ging eine ganze Weile so, Bernhard war mit Feuereifer dabei und wir Erwachsenen mit weit weniger Eifer ebenfalls, bis sich einer nach dem anderen zurückzog und ich das alleinige Spielopfer blieb. Der ganze Fußboden hatte sich inzwischen in einen Zoo verwandelt und auch Legomännchen stolzierten als Besucher dazwischen herum…

 

Ich redete mit verstellter Stimme, die ich meinem Keks in Form einer Ente lieh, mit dem Hasenkeks, das mein Sohn in der Hand hielt, wir diskutierten gerade, ob Mais oder Karotten besser schmecken würden, als Bernhard seinen Keks zum Mund führte und dem Hasen den Kopf abbiss.

„Oje, das arme Häschen!“ rief ich und war wirklich erschrocken, denn was würde der Dreijährige sagen, wenn er begriffen hatte, dass er gerade eines seiner Spieltiere geköpft hatte?

Der Kleine sah mich mit seinen großen blauen Kinderaugen etwas herablassend an und in seiner Stimme lag die ganze Verachtung für seine unwissende Mutter:

 

„Aber Mama, das ist doch NUR ein Keks!“

 

Impressum

Texte: Margo Wolf
Cover: Pixabay
Tag der Veröffentlichung: 11.04.2018

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