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December - Rome (Wales)

Der Himmel war wie immer grau gefärbt, als Skye vom Fenster hinausblickte. Grau wie vor einer Minute, als sie schon zum unendlichsten Mal hinausblickte.
Sie konnte sich einfach nicht auf das Übungsblatt konzentrieren. Sie war überrascht, nach einem Semester mit der neuen Geschichte Professorin, noch überrascht von ihrem unglaublich langweiligem Unterricht zu sein. Zumindest waren sie in der Bibliothek und konnten in den Sitzsäcken anstelle der harten Holzstühle sitzen.

Welch ein heiterer Trost, dachte sie sich und verdrehte die Augen. Sie blickte um sich. Neben ihr saß ihre Freundin Rosy, der es gleich ging und geistesabwesend auf ihrem Blatt herum kritzelte. Irgendwann schaute Skye auf ihr Handy.

„Noch 17 Minuten“, murmelte sie und dann wäre gerade mal Pause. „Ich geh aufs Klo“, sagte sie und ging ohne Erlaubnis. Es würde eh nur das 'Ist-es-wirklich-dringend-Ja-ist-es'-Gelaber folgen. Auf dem Rückweg blickte sie kurz bei den Automaten vorbei und kaufte sich einen Kakao, den sie schön gemütlich trank. Die Professorin würde ihre Abwesenheit sicher nicht bemerken.

„Hey. Entschuldigung, könntest du mir helfen“, hörte sie eine Stimme hinter sich, erschrak und schüttete die Hälfte des heißen Getränks aus. Sofort stieß sie leise einen Fluch aus.

„Oh, tut mir Leid, ich wollte dich nicht erschrecken“, fügt der Junge hinter ihr schnell hinzu.

„Halb so wild. Wo brennt's?“ fragte sie nachdem sie sich zu ihm umgedreht hatte. Sie stellte sofort fest, dass sie den Jungen in ihrer gesamten High School Zeit noch nie hier gesehen hatte. Und dass er hübsche Augen hatte. 

„Ich suche das Sekretariat...“

„Warte, ich zeig's dir“, antwortete sie und trank den Becher aus, welchen sie dann in einen der Mülleimer feuerte. Sie ging los, der Junge würde ihr sicher folgen. Wenn ihre Abwesenheit der (überaus einfältigen) Mrs. Violett auffällt, dann würde sie halt eine Predigt kassieren. Ansonsten konnte sie versuchen, ihr ein zu reden, dass sie sehr wohl um Erlaubnis gebeten hätte. Mit Manipulation wollte sie es bei der immer schon versuchen. Sie schmunzelte bei dem Gedanken, dann viel ihr ein, dass der Junge auch noch da war. 

 „Du bist neu hier, oder?“

„Ja. Abschlussklasse, du?“

„Mhm“, meinte sie in einem zustimmenden Tonfall. „Ich auch. Von wo kommst du? Nicht aus der Stadt, oder?“

„Nein, ich komme aus Manchester.“

„Manchester...wow. Hier ist es“, lächelt sie den Jungen an, als sie mehrere Gänge gemütlich hinuntergegangen sind.

„Danke. Willst du nicht wieder zum Unterricht zurück?“

„Hm...“, das braunhaarige Mädchen spähte durch das Glasfenster in das Sekretariat und hoffte nicht wieder zurück zu müssen „ja, die Bohnentastatur ist da. Ich bin weg“, rief sie und eilte davon, als ebendiese Sekretärin ihren Blick bemerkte und sofort aufsprang um sie wieder auf ihre Klasse zu verjagen. Was der Junge sich wohl bei meinem Abgang denken mag? Na hoffentlich wird er nicht wegen mir abgeschlachtet. 

Immer noch grinsend schlüpfte sie in die Bibliothek. „Wo bist du denn abgeblieben?“ flüsterte Rosy ihr zu.

„Da war so ein neuer Typ, der das Sekretariat nicht fand.“

"Aha“,  hatte sie nur dazu zu sagen und kritzelte weiter.

„Zeig mal her“,  Skye und schaute auf das Übungsblatt. An der Seite hatte sie einen wunderschönen Drachen gezeichnet, der sich um eine Rosensäule wand. Oder sich darin verfangen hatte. Manchmal ist es nicht ganz einfach, die Zeichnung zu verstehen. "Du wirst ja immer besser, Mädchen."

"Danke."

 

"Ist das der neue?"

"Was, wo?" Skye blickte erschrocken von ihrem Handy auf und schaute dem Nicken Rosys nach. "Ah, ja. Das ist er. Cool, er ist bei uns."

"Sieht süß aus... Wieso haben wir immer alle hübschen Jungs? Das ist doch unfair den anderen gegenüber..."

"Och, Herr je, Rosy! Das wird sie schon nicht umbringen!", lachte sie leise auf. Das Denken ihrer Freundin ist immer wieder belustigend. Hinter allem sah sie eine Benachteiligung für das andere Geschlecht. Aber sie hatte recht. In ihrer Klasse gab es sieben Jungs und alle hatten neben einer gewissen "Basis"-Schönheit, noch ihre eigenen Akzente. Zwei waren Zwillinge und hatten eine auffallend schöne Kopfform. Der dritte hatte die süßeste Nase die man sich vorstellen konnte. Der vierte verzauberte jedes Mädchen mit seinen Lachfältchen oder Stirnfalten, wenn er bei Mathe mal was nicht versteht. Der fünfte hatte die Wangenknochen eines Topmodels. Der sechste hatte den besten Körper von allen und an Ian war überhaupt nichts aus zu setzen, wenn es nach Skye geht.

"Aber jaja, du hast schon recht." Und die neue Nummer acht hatte faszinierende Augen. 

Die Professorin kam ins Klassenzimmer und starrte den armen Jungen mit großen Augen an, als sie ihn in der zweiten Reihe entdeckte.

"Wer bist den du?"

"Jonathan Crowe. Ich bin neu hier."

"Ach ja stimmt. Verzeih mir, die Sekretärin hat's mir ja schon ins Ohr geflüstert. Willst du dich vielleicht mal kurz vorstellen, Jonathan?"

"Klar", er stand auf und stellte sich vor die Tafel. "Ich bin Jonathan... bin 17 und komme aus Manchester... Spiele gerne Fußball... Bin eine Niete in Mathe und ja..."

"Da hast du wohl Fach verfehlt", lächelte Miss Violet und erklärte: "Leider haben wir jetzt Mathematik. Du kannst dich wieder setzen, Jonathan. Und du Skye: Unsere Sekretärin Mrs. Lee meinte, du seist auf den Fluren herumspaziert und betonte ohne Entschuldigung, wie sie erfragt hatte." Oh Mist... Miss Violet ist kein Fall für Gehirnwäsche.

"Sie hat mich nur zum Sekretariat geführt", warf der Junge ein.

"Ohne Erlaubnis?" hakte sie nach.

"Ach wissen sie", begann Skye dann und machte es sich auf ihrem Stuhl bequem, "Ich dachte, ich könnte mal was soziales und für das Allgemeinwohl tun..." Miss Violett lächelte und einige der Schüler lachten.

"Nun, ich hoffe deine Hilfsbereitschaft wird sich das nächste mal an eine Entschuldigung erinnern." Skye nickte. "Gut, dann beginnen wir mal mit dem Unterricht."

 

Die Schule verlief wie üblich: lustig wenn die Jungs einen auf Klassenclowns machten, langweilig wenn sie es nicht mehr durften.

Skye fandes erstaunlich, wie schnell sich der neue Junge anpasste. Während Mathe musste sich Jonathan auf die Probe stellen, damit Miss Violett wusste, auf welchem Stand er war. 

Er könnte wirklich etwas Nachhilfe gebrauchen, dachte sich Skye irgendwann kopfschüttelnd, seine Rechenkünste sind pure Unterhaltung. Jeder musste dann und wann lachen, wenn er wie wild mit den Armen herum gestikulierte sobald ihm nicht die richtigen Begriffe einfiehlen, zur Tafel stürmte um selbst die Rechnung zu schreiben, als die arme Professorin ihn nicht verstanden hat. Die Krönung dazu war aber doch immer wieder sein Gesichtsausdruck als ihm auffiehl, dass er schon wieder falsch gerechnet hatte.

"Hör zu Jonathan, ich hab leider keine Zeit nochmal alles durch zu gehen, was wir bisher gemacht haben. Am besten wäre es, du gehst zu dem Nachhilfeunterricht am Nachmittag und fragst mich, wenn du etwas wirklich nicht verstehst. Von mir aus kannst du auch einen der Mitschüler fragen."

"Das kann ich machen", rief der mit der 'süßen Nase', Georg. Die beiden saßen Nebeneinander und verstanden sich auf Anhieb prächtig, wie es schien.

"Ne, nicht der da", lachte Jonathan und rückte mit seinem Stuhl weiter nach links, wo Ian saß und die Arme so öffnete, dass er schön hineinlief. Skye lachte und die anderen stimmten ein.

"Wie auch immer, meine Lieben. Stunde ist aus, ich geh hinaus. Auf Wiedersehn!"

Die nächsten zwei Stunden waren so ziemlich ähnlich, bloß das jene zwei Professoren die Hoffnung in Jonathan schon früher aufgaben und ihn höflichst aufforderten, etwas mehr zu lernen. Sie wüssten ja nicht, wie das in Manchester gehandhabt wurde, aber hier müsse man für seine Noten arbeiten.

{ ѕ. econd chapter }

Auf dieses Wochenende hatte Skye sich besonders gefreut. Nein, es stand keine Party oder so was ähnliches an. Ganz einfach: ihr Bruder Luke würde zu Besuch kommen und mit ihm seine Freundin Lien und mit ihnen, "ein kleiner, knuddeliger Spatz" Namens Amelie.

Skye lag auf dem Rücken in ihrem Bett, zwischen den zahlreichen weinroten Kissen, und als ihr das Bild von dem zweijährigen Mädchen in den Sinn kam, krallte sie sich eines und vergrub verträumt ihr Gesicht darin.

Sie war einfach ein Engel. Hätte sie auf die Uhr geschaut, hätte sie gesehen, dass es bereits kurz vor 11 war und so entging es ihr, dass die kleine Familie bereits eingetroffen ist.

Die Tür zu ihrem Zimmer öffnete sich und herein drang die Stimme ihres Vaters:

"Besuch für dich, Tochter..." Mit verschlafenem Blick drehte sie ihren Kopf in ihre Richtung und quiekte laut als Amelie auf sie zu gestolpert kam. Sofort war sie hellwach und setzte sich in den Schneidersitz.

"Hallo Amelie. Ja, was machst du denn hier, was machst du denn hier? Bist du mich besuchen gekommen?" Das Kleinkind richtete sich wieder auf und ging noch die letzten Schritte auf sie zu. "Ja was machst du denn hier?", grinste sie erneut und das Mädchen lachte sie tonlos an. Skye gab ihr einen Inuit-Kuss und kitzelte sie ordentlich durch, nachdem sie sie auf ihre Beine gesetzt hatte.

"Hey Schwesterherz", lächelt ihr Luke vom Türrahmen aus zu, neben ihm seine Freundin, welche ebenfalls grüßte.

"Hey, schön euch zu sehen. Dieses mal bleibt sie aber da...", murmelt sie und nahm dem Kleinkind eine Haarsträhne aus der Hand, an dem sie die ganze Zeit zog. "Du böses Ding. Jah, gaaanz böööse bist du, du kleines Teufelchen." Munteres Lachen war die Antwort. "Los, geh zu Mama", sagt sie dann zu ihr und siehe da, sie gehorcht.

 

"Und wie läuft es in der Schule?", wird sie später am Mittagstisch gefragt, während sie Amelie ein Löffelchen  Milchreis nach dem anderen in den Mund fliegen lies. Schon nur wegen dem Milchreis sollte das Mädchen öfters kommen, da es sonst nie welchen gab.

"Ist das herrlich, mal nicht Mama zu sein", seufzte Lien entspannt und erleichtert. Nach kurzem Lachen antwortet Skye ihrem Bruder:

"Ganz gut, nichts besonderes. In Englisch konnte ich im letzten Aufsatz noch aufholen. Geschichte ist immer noch langweilig..."

"Alles beim Alten also, mehr oder weniger." Skye nickte.

"Ach, und einen neuen Schüler. Seid gestern. Er heißt Jonathan und kommt aus Manchester. Man-ches-ter, Mutter. Wir müssen da unbedingt mal hin", sagte sie in einem bettelnden Ton und das Kleinkind neben ihr schlug mit der Faust auf den Tisch als kein Flieger mit Milchreis mehr kam.

"Jaja, nächsten Sommer vielleicht, Kleine."

"Okey", vergnügt gab sie sich und ihrer Nichte einen Löffel Milchreis.

 

Das Mädchen saß in ihrem Bett, das kleinere Mädchen auf ihrem Schoss, und las in einem Märchenbuch.

"... auf dem Rücken seines weißen Pferdes ritten sie also zurück in sein Königreich. Dort heirateten sie und lebten glücklich bis an ihr Lebensende", beendete sie ohne Hast, als ihre Mutter schon eine Weile in der Tür stand.

"Ihr bleibt dann hier, oder?"

"Ja", sagte sie bis aufs letzte überzeugt, "Musicals sind nichts für mich. Könnten wir vielleicht zu Rosie gehen? Sie würde sich sicher auch auf Amelie freuen..."

"Na, von mir aus. Frag lieber deinen Bruder."

"Ja, klar. Luuuke?" rief sie sogleich, nicht zu laut, sonst würde das Kind noch Angst bekommen. Sie hörte Schritte die Treppen hochlaufen.

"Ist was? Richtest du dich nicht her?"

"Nein, wir kommen nicht mit. Könnte ich nicht vielleicht zu Rosie gehen und mit Amelie bei ihr bleiben? Sie würde sich riesig freuen." Der junge Vater schien zu zögern. "Wir werden sie schon nicht zu Barbecue-Fleisch verarbeiten", murmelte seine Schwester, woraufhin er zustimmte.

"Gut, aber passt bitte auf sie auf."

"Klar doch", antwortete sie fröhlich und spielte wieder mit dem Kind weiter.

 

Um viertel nach Fünf verließen alle das Haus. Die einen fuhren zwei Städte weiter um das Musical an zu schauen und Skye ging mit ihrer heiß geliebten Amelie zu Rosy. Hand in Hand gingen sie die St.Steven Road hinunter. An deren Ende angekommen fing es an zu schneien.

"Schau hier Amelie, deine Mütze", lächelte die sechzehnjährige und setze ihr die weiße Mütze auf, die sie letztes Jahr für ihr gekauft hatte. Bedauerlicherweise war sie damals noch zu groß. "Hast du zu kalt?" fragte sie und bekam ein unsicheres Nicken als Antwort.

"Dann beeilen wir uns mal lieber." Eine Fahrradklingel erklang. Sofort schob sie das kleine Mädchen beiseite. "Verzeihung", murmelte sie.

"Skye?", fragte eine Jungenstimme, die ihr leicht bekannt vor kam. Sie sah hoch.

"Jonthan! Was machst den du hier?"

"Ich fahr nach Hause. Wer ist den das?", fragte er und schnitt eine Grimasse Richtung Amelie.

"Die gehört zu meinem Bruder. Warst du Fußballspielen?" meinte sie, als Skye die große Sporttasche auf seinem Rücken sah. "Ja, war scheiß kalt. In Manchester hatten wir es während dem Winter zumindest überdacht und etwas geheizt", murrte er und rieb sich die Hände. Skye hob ihre Nichte hoch und drückte sie an sich, damit sie nicht ganz erfror.

"Wohnst du hier in der Gegend?" fragte der Junge.

"Ja, hier in der Straße. Du?" Ein Auto fuhr vorbei und sie sah wie Mutter und Lien ihr daraus zu wanken. Sie wank zurück.

"Eine paar Straßen weiter, Rosehill."

"Oh, jetzt sag bloß ihr habt Mr.Oliver's Haus gekauft!", sagte sie mit offenem Mund. Eine Villa wie aus dem Bilderbuch.

"Nein... Ich hab keine Ahnung wie der Verkäufer hieß. Es hat halt ein blaues Dach und einen kleine Teich im Vorgarten."

"Achso...", nein, Oliver's Haus hatte ein rotes Dach und keinen Teich, nicht im Vorgarten. "Wir müssen dann mal weiter. Bis Montag, Jonathan."

"Okey, bye. Machts gut", lächelt er und besann das Mädchen wieder auf seine kastanienbraune Teddybär-Augen, bevor er kräftig in die Pedale trat und los fuhr.

 

"Und? Hat er mit dir gesprochen?" fragte Rosy mit großen Augen, kaum das Skye ihr von der Erzählung mit dem Jungen erzählt hatte.

"Naja... ganz kurz... er hat Amelie zum lachen gebracht", Rosy macht eine gerührtes und verliebtes Gesicht (Ein Familienjunge...), "er hat sich über unsere nicht überdachten und nicht geheizten Fußballplätze beschwert und wir haben noch gesagt wo wir wohnen", antwortete sie schulternzuckend, während sie dem Kleinkind die Anti-Rutschsocken anzog.

"Und? Wo wohnt er?"

"Sag mal, willst du was von dem?" Rosy schmunzelte:

"Bin ja nur neugierig... Kennst mich ja", lächelte sie. Und wie ich dich kenne, meine Liebe...

 "So Amelie. Jetzt komm mal zu Tante Rosy", quietscht sie und bekam ein irritiertes fast schon schreckhaftes Gesicht als Antwort.

"Haha, Opfer", lachte Skye und entschuldigt sich hinterher. Ihre Freundin war immerhin etwas empfindlich, wenn es um so was geht. Am Abend wurden alle Barbie-Filme, die sich im Haus so schnell finden liesen, geschaut; dazu gab's Kekschen und Milch. Während die kleine Amelie bereits unter ihrer Kuscheldecke schlief, flüsterten die zwei anderen über dieses und jenes.

 

 

 

Der Schnee war schon längst wieder vom Regen aufgelöst, als sie in der Küche saßen und an ihren Kakaos nippten. Amelie lag noch im Bett.

"Bäh, morgen wieder Schule", gab Skye angwiedert von sich. "Wetten Greg fragt mich wieder um die Aufgabe?" murmelte sie hinterher.

"Ne, du gewinnst nur. Und dein Bruder fährt morgen schon wieder weg?"

"Ja, leider..." antwortete sie. Wenige Sekunden später vibrierte ihr Handy und sie schlug mit der Hand auf den Tisch: "hab ich's nicht gesagt! Wetten das ist Greg!" Mit flinken Fingern entsperrte sie den Display und sakte sogleich zusammen."Doch nicht, ist Ian...", und sofort setzte sie wieder ein Lächeln auf.

"Sag mal, willst du was von dem?" zitierte ihr Gegenüber sie vom letzten Abend und schaute sie herausfordernd an.

"Möglich", sagte sie mit vielsagender Miene und grinste danach. 

 

Ian: Hey Sky, könnten wir uns später treffen? Bräuchte noch die Englisch-Aufgabe... bist ein ganz liebes Mädchen weißt du das? =D

Skye: Was bekommt das ganz liebe Mädchen denn dafür ^-^

Ian: Ein Küsschen auf die Wange? Och bitte... sonst bist du Schuld, wenn ich sitzen bleibe...

Skye: Nur weil du nicht lernst... Key, ich komm um 14:30 zum Fußballplatz rüber. Ey, spielt Jonathan bei euch? O.O

Ian: Thanks. Wir haben heute ein Spiel, kannst du um 14 schon kommen? Jep, ist gut der Junge

Skye: Geht auch. Ah, schön für euch. Bis später =)

"Nicht Ian-Seiendes Wesen an Skye! Ja, endlich! Eine SMS von dem Typen und du bist weg?", abschätzend schüttelte sie den Kopf.

"Was? Es ist halt Ian. Ian! Ich meine...", sie fuchtelt mit den Händen rum und sucht nach Worten, "Ian halt." Skye sah ein, dass das nicht gerade schlaue Worte und Begründungen waren. Aber... Ian...

"Ist ja auch egal. Was hat er denn geschrieben?"

"Er hat  mich um die Englisch-Aufgabe gebeten. Ich bring sie ihm um zwei. Und er hat mich ein ganz liebes Mädchen genannt", strahlte sie und hielt sich ihr Handy ans Herz.

"Na wie süß... Vielleicht mag er dich?"

"Ne, sicher nicht. Ich bin zu hässlich für ihn, du bist zu hässlich für ihn... alle Welt ist zu hässlich für ihn..."

"Na süß... Skye hat sich verliebt."

"Ich sag bloß, dass er unglaublich, atemberaubend schön ist. Und, dass er nett ist."

"Nenne es wie du's willst. Vielleicht sollten wir mal hoch gehen, schauen was deine Amelie macht?"

"Gute Idee, Kakao können wir ja mit hochnehmen, oder?"

"Mhm, klaro."

 

Eingewickelt in ihren dicksten Wollschal und ihre Hände so tief in die Taschen, dass diese beinahe abzureisen schienen, stand sie pünktlich um 14:00 vor dem Tor zum Trainingsplatz.

Rome, ihre Stadt, hatte eine der kältesten Lagen von Mittel-Groß-Britannien abbekommen. Sie würde sich die dreistündigen Training, sechs Mal pro Woche, bei der eisigen Kälte jedenfalls nie und nimmer antun. Beinahe wütend verfluchte sie Ian, als er nach zehn Minuten immernoch nicht da ist.

"Hey Skye. Sag bloß du schaust uns heute zu", hörte sie die Stimme von einem Jungen mit dem sie ab und zu im Schulbus plauderte.

"Ja, Sam. Genau. Ich bleib hier und schau euch zu, während ich zum Eiszapfen werde. Ja, ganz sicher", pure Ironie schwang anseiten ihrer Worte mit und brachten ihn zum grinsen. "Ich soll Ian die Englisch Aufgabe bringen. Kannst du sie ihm geben?"

"Ja, kann ich machen." Schnell zog sie die paar Blätter aus ihrer Tasche hervor und gab sie ihm, bevor sie sie auslies sagt sie aber noch: "Und sobald er sie berührt, bekommt er einen hübschen Stoß zwischen seine Beinchen und einen 'ganz lieben' Gruß von einem 'ganz lieben' Mädchen, ja?" Über Sams Gesicht zog sich eine Art von Vorfreude und er nickte schmunzelnd. "Werd ich machen, Skye. Bis morgen."

"Tschüß, viel Glück beim Spiel", lächelt sie und wollte sich umdrehen, lief aber gegen jemand. Ihr Bein zuckte zurück, als sie es auf jenes eines anderen setzte und sie knallte zu Boden. Zuerst mal ordentlich Fluchen, wie ihr Motto war:

"Verdammte scheiße nochmal..." Als sie das Lachen von Sam hörte, zeigte sie ihm den Mittelfinger über die Schulter und sah zum ersten Mal hoch.

Vor ihr war Ian, der ihr die Hand anbot und einen Lachkrampf unterdrücken zu schien. Statt seine Hilfe an zu nehmen holte sie mit ihrem Stiefel aus und schlug damit kräftig auf seinen Fuß.

"Na komm, kleines Mädchen. Du kannst mir ja doch nicht weh tun", lachte er ohne das reinste Empfinden von Schmerz und zog sie einfach an den Armen hoch. "Sorry für die Verspätung. Jonathan hat sich verfahren", er zeigte über seine Schulter. An ihr vorbei sah Skye wie der Junge nur wenige Schritte hinter ihm war.

"Heute morgen warst du doch noch Zeuge der wunderbaren Erfindung Handy. Ist das etwa ausgestorben?", mit klimpernden Augen sah sie ihn an und schlug dann gegen seine Schulter.

"Nein, ich habs nur vergessen" antwortete er ihren Ausdruck nach ahmend und schickte sich an zurück zuschlagen, lies es aber doch als sie zurück zuckte.

"Hallo", grüßte Teddybär-Augen-Junge, welchem die Szene anscheinend auch nicht entgangen ist. Na toll... 

"Hey. Sam hab ich schon beauftragt, aber könntest du Doof-Ian vielleicht auch noch seine Weichteile demulieren?"

"Äh... Wieso?" fragte er verwirrt.

"Er hat mich eiskalt bei diesem scheiß Wetter hier warten lassen. Wegen dir auch noch", stellte sie fest und verschrenkte die Arme vor der Brust. "Ihr gebt ein sehr gutes Assi-Paar ab! Und wenn du für den die Aufgabe ein 'B' bekommst, ich schwör dir: ich verpetzt dich, Junge", fauchte sie Ian an und zeigte mit dem Zeigefinger in sein Gesicht. Unbeeintrugt schob er in weg.

"Ich lache wenn es eine 'A' wird, Süße", lachte er, zerzauste ihr Haar und ging zu den Umkleideräumen ohne sich zu verabscheiden.

"Bis morgen", benahm sich ihr neuer Klassenkamerad schon deutlich besser und, wären sie nicht erst seid einem Tag Freunde (soweit sie es waren), hätte er einen hübschen Tritt in den Hintern bekommen. 

 

 

 

Sie beeilte sich um nach Hause zu kommen und stellte sich dort auch sofort vor den Kamin im Wohnzimmer.

„Oh, da bist du ja wieder. Was habt ihr denn mit Amelie gemacht?“

„Nichts, Barbie haben wir geschaut. Wieso?“

„Die kleine schläft heute schon die ganze Zeit.“

„Ach so, dachte schon es wäre was schlimmes.“

„Nein, nein. Keine Sorge“, beruhigte sie Corinna, ihre Mutter. „Heute Abend werden auch Grandma und Grandpa zum Adventessen kommen. Genauer gesagt in zwei Stunden. Könntest du später den Tisch decken?“

„Von mir aus. Die goldene Dekoration?“

„Nein, nimm lieber die rote und stell irgendeinen dezenten Blumentopf auf den Tisch. Du kennst ja Grandma“, zwinkerte sie ihr lächelnd zu. Skye verdrehte nur die Augen.

„Kenn ich“, murrte sie der Mutter nach, die auf den Flur hinaus und in ihren Zeichenraum gegangen ist. 

Bei ihnen zu Hause war der Vater, Joseph, der Arbeiter und Geldverdiener. Außer wenn ihre Mutter mal wieder ein Bild fertig hatte und verkaufte. Meistens waren alle Bilder ein relativ großer Brocken, wenn sie sie verkauft. Sie überlegt sich gut was sie auf die Leinwand bringt und arbeitet dann mit größter Sorgfalt daran, bis sie dann 'das Zwicken in den Fingerspitzen' spürt, welches ihr sagt, dass das Bild fertig ist.

Ja, ihre Mutter konnte gut zeichnen. Skyes Blick viel auf das Bild ober dem Kamin, eines der ältesten.In dem Stadtarchiv, wo Corinna als junge Erwachsene mal gearbeitet hat, war sie auf ein paar Bilder gestoßen, dass die alten Straßen Romes zeigten. Das Bild kam ihr vor Jahren wieder in den Sinn. Schnurstracks ging sie in das Archiv und suchte sich die Aufnahme heraus.

Sie zeichnete eine leere, verregnete Straße. An den Seiten sah man die Häuser der Altstadt und ein Geschäft mit Zylindern, Schale und Handschuhe für Männer. Eine Straßenlaterne war ausgefallen und so belebt die einzige noch leuchtende nur das Geschehen unter sich: eine Dame in einem eleganten weißen Abendkleid und einem weißen Regenschirm in der Hand. Vor ihr kniete ein Mann, zu ihr aufblickend hielt er ihr eine kleine Büchse hin. 

In ihren Gedanken hatte Skye die Szene oft weiter laufen lassen, wie in einem Film: die Frau umarmt ihren Geliebten mit tränenden Augen und der Mann wirbelt sie glücklich herum. Ohne das Nass noch zu beachten küssen sie sich und gehen dann Hand in Hand weiter. 

Das Mädchen mit den langen, braunen Locken lächelte zu dem Bild hinauf. Sie wollte auch so sehr in einen Jungen verliebt sein, wie die junge Dame.

Sie setzte sich in einen der Sessel, wo sie am vorletzten Abend schon gesessen ist, und las im Buch weiter, dass sie am vorletzten Abend schon zu lesen begonnen hatte. Die Zeit verstrich während sie eine Seite nach der nächsten umblätterte.

 

„Skye, ist der Tisch schon hergerichtet?“, hörte sie irgendwann die Stimme ihrer Mutter auf dem Flur und sprang sofort auf die Beine.

„Äh, nein. Hab Buch gelesen. Ich beeil mich.“

„Gut“, lächelt ihre Mutter ihr zu und zeigt kurz auf ihre dicken Wollsocken. „Vergiss die Socken nicht, du weißt ja wieso...“

„Ja“, nochmal verdreht sie die Augen. Mit seiner Großmutter kann man aber auch gewaltiges Pech haben! Bevor sie auf die Suche nach ihre Pantoffeln gehen konnte, kamen ihre Großeltern ins Haus. Vorher hatte sie es gerade noch geschafft den Tisch zu decken und ihrer Mutter den Braten aus dem Rohr zu retten.

Nach den aufbrausenden Begrüßungen der Großmutter und freundschaftlichen des Großvaters setzten sich alle an den Tisch. Gleichzeitig angelte Skye sich noch schnell ein paar Pantoffeln aus dem Kasten im Flur, schlüpft hinein und folgt dann den anderen. Lien hatte Amelie geweckt, damit sie mit ihnen essen kann.

Das Kind wollte unbedingt neben seiner Uroma sitzen. Wieso?, fragte Skye sich und setzte sich instinktiv so weit weg wie möglich. Somit saß Grandma an einem Tischende und sie am anderen. Vorhin hatte sie sich gefragt, ob die Weihnachtsblume nicht doch etwas zu groß war. Doch jetzt versteckte sie Skye so gut, damit war sie doch die beste Wahl gewesen.

Die Familie begann zu Essen und Annabell, die populäre Großmutter, begann zu plappern. Skye hörte getrost nur zur Hälfte zu und stocherte statt dessen in ihrem Teller rum.Die Gemüsesuppe hatte diesen komischen Ingwer-Geschmack der ihr einfach zu wieder war, allerings einem gewissen Gast so gut schmeckte.

„Deine Suppe ist wirklich vorzüglich, Corinna“, piepste sie bei jedem Löffel. „Nicht war, Skye-Liebes?“, fügte sie irgendwann hinzu und lugte über die Blumendeko auf dem Tisch.

„Ja, allerdings. Ganz recht hast', jep. Logisch“, antwortete sie und scherte sich nicht um den ruppigen Ton: sie hörte eh nicht zu.

  Ab und zu schreite sie über den Tisch, die liebe Omi bräuchte da noch etwas Salat und ob sie nicht vielleicht die Serviette von Luke haben könnte? Na, an dieser Stelle müsste sie aber mal kurz aufs Klo: sie leidet momentan des Öfteren an schrecklichem Durchfall. An dieser Stelle verlor Skye endgültig den Appetit, lies ihr Besteck auf das Nachspeisenteller fallen und verschränkte angeekelt die Arme vor der Brust. Davon bekam sie natürlich auch nichts mit.

Das restliche Essen verlief im gleichen Schwung und Stil. Kaum einer war nicht froh, als Annabell ging. Abgesehen von ihrem Mann, der ja mit musste.

 

 

 

   Das Wochenende war wie im Winde verflogen (auch wenn Grandma zu Besuch war), jedenfalls kam es Skye so vor, als sie heute schon wieder auf ihrem Stuhl saß und darauf wartete, dass die Schule begann. Alice hatte sich zu ihr gesetzt und berichtete, dass der Fest-Veranstaltungs-Verein an der Schule heute seine erste Sitzung zur Weihnachtsfeier haben würde.

Skye selbst wäre nicht davon abgeneigt, dort selbst auch mit zu machen, aber dann wüsste sie ja schon über alles bescheid und es wäre am Ende nur noch halb so toll. Durch Alice konnte sie aber immer ihre kleinen persönliche Wünsche durchsickern lassen, womit sie auch schon zufrieden war.

"Die Schule hat uns heuer etwas mehr Geld zur Verfügung gestellt und Claire's Eltern sind bereit noch eine Kleinigkeit hinzu zu sponsoren. Ich sag dir, das wird heuer 'ne riesen Party", meinte Alice voller Aufregung. Wenn sie etwas liebte, dann Feiern Planen, dachte sich ihr Gegenüber und lächelte.

"Ich möchte mal wissen, woher die ihr ganzes Geld haben...", antwortete Skye. Claire's Eltern sind den Gerüchten zufolge Milionäre. Sie selbst behauptet, sie hätten einfach etwas mehr Geld, seien aber bei weitem keine Milionäre. Skye selbst ist es egal: das Mädchen ist keine eingebildete Schnäpfe und macht sich nicht sonderlich viel aus ihrem Wohlhaben. Und wenn etwas für die Weihnachtsfeier gespendet wird, kann man sich ja so oder so nicht beschweren.

"Emma hat gesagt, sie hätten jetzt eine Limousine gekauft und Claire hätte bei ihr voll rumgeprahlt", erzählte Alice. Skye schüttelte bloß den Kopf:

"Die soll mal die Klappe halten. Claire würde nie prahlen, folglich ist der Rest wahrscheinlich auch nur erlogen."

"Nein, Monica hats auch gesagt. Ich schätze sie haben wirklich eine gekauft."

"Dann haben sie sich halt eine gekauft", entgegnet sie und hob die Hände schützend vor sich. "Uns kann es immerhin egal sein..." Alice zog eine Schulter hoch.

"Naja... 'ne klitzekleine Runde darin machen wäre ja sicher nicht so hässlich", sagte sie und biss sich auf die Unterlippe. Skye lachte:

"Frag sie halt, ob sie eine für die Weihnachtsfeier spendieren und lässt sie dann mitgehen." Alice begann vielsagend zu grinsen.

"Wie auch immer. Hättest du vielleicht irgendwelche Ideen für die Feier?", suchte sie bei Skye an, welche kurz überlegte.

"Weißt du...", begann sie leise, "so ein Maskenball mit richtigen Ballkleidern und so, das wäre mal toll!"

"Meinst du den anderen gefällt das?"

"Logisch: die Mädchen können Prinzesinnen sein und die Jungs haben eh nichts zusagen." Sie erntete wieder ein Grinsen.

"Hm, okey, ich werd's Vorschlagen. Ich geh mal auf meinem Platz", murmelt sie zum Schluss noch, als ihr Biologie Lehrer in die Klasse kommt. Seine typische Kommando-Stimme herrschte uns an, ohne jegliches zusätzliche Wort das als Begrüßung durch gehen konnte, uns in vierer-Gruppen zusammen zu setzen und ruhig zu sein. Sofort warf jeder seinen Blick zu seinem besten Freund. Skye wollte sich zu Alice um drehen, wird dabei aber von Ians Blick aufgehalten, neben ihm Jonath, der -wie ein Esel- fragend an ihm vorbei blickt. Beide ziehen gleichzeitig die Augenbrauen hoch, sodass Skye beinahe zu lachen beginnt.

"Rosy, tun wir mit Ian und Jonath?"

"Aber gerne doch", antwortet sie mit verschwörerischer Stimme und während Skye den Jungen zu nickt, stoßt sie ihrer Freundin in die Seite. 

"Ey", japst diese und schlägt leicht zurück.

"Was? Ich hatte einen Grund."

"Und ich habs nur zurück gegeben."

"Jetzt gibt's gleich 'ne Bitch-Fight", jubelt Ian ganz leise und stellt seinen Stuhl zwischen den Mädchen.

"Fresse", faucht Skye und macht auf ihrem Platz Ordnung, damit er seine Sachen ablegen kann.

"Also, was hat er gesagt, müssen wir tun?", fragt er beiläufig mit diesem amüsierten Grinsen, dass Skye immer wieder zum Lächeln bringt. Während dessen pflanzt Jonath seinen Stuhl neben Rosy.

"Er hat noch nichts gesagt. Hast du meine Aufgabe hier?"

"Ja, ich gebe sie dir nachher zurück. Und nein, wir haben gestern nicht verloren", bringt er hervor und sieht sie vorwurfsvoll an.

"Oh, das tut mir jetzt aber Leid. Hätte ich etwa nachfragen sollen?"

"Ja", antwortet er knallhart und sieht sie verbittert an.

"Klapp-, leise noch mal!", schreit der Professor und sieht sie noch viel beängstigender an. Beide senken den Blick und beginnen mit ihren Kugelschreibern zu spielen. "So, und jetzt aufgepasst alle zusammen! Nächste Woche siziert ihr, in den Gruppen wie ihr jetzt seid, einen Frosch. Fehlt heute jemand? Der muss es dann halt alleine machen. Heute lest ihr euch im Buch die Seiten dazu nochmal durch und macht euch aus wer was macht. Ich will von jedem einen ausführlichen Bericht darüber, was er getan hat." Er setzt sich wieder und schenkt den Schülern keine weitere Beachtung mehr.

"Frosch? Sizieren?" Rosy sieht hilfesuchend zu ihrer Freundin. 

"Wir lassen das die Männer machen", winkt sie ab.

"Ja, so für 20 Euro könnte sich da sicher was machen lassen", meint Jonath und klopft mit seinem Bleistift wie ein Banker auf den Tisch.

"Vergiss es, Junge", lacht Skye. "Wir machen den Papier-Kram, ihr die Drecksarbeit", legt sie fest.

"Das macht dann 15 Euro für jeden", sagt Ian.

"Gut: dann sag ich mal, du zahlst jeden von uns unsere 15 und Jonath dir deine 15 Euro", stolz über ihre Lösung lehnt sie sich zurück und geniest den kurzen Moment in Ian's Gesicht, mit dem er zu gibt, dass der Punkt an sie geht.

"Vergiss deine Englisch-Aufgabe", stellt er dann auf stur.

"Pf, ich hol mir meine Englisch-Aufgabe jetzt", entgegnet sie, streckt kurz die Zunge raus und läuft zu seinem Platz. Ian versucht sie am Arm festzuhalten, bekommt sie aber nicht zu fassen. Unbeachtet von dem Biologie-Lehrer kramt sie wie wild in seinem Ranzen bis sie zu seinem Block kommt.
Sie haben die gleiche Angewohnheit, die Zettel dort einfach nur hinein zu legen statt sie gleich in die Mappen ein zu ordnen.

"Du nimmst dir meine Aufgabe nicht", hört sie Ian hinter sich, der sie in der nächsten Sekunde von seinen Sachen weg zu ziehen versucht.

"Das ist meine Aufgabe", lacht sie leise und drückt den Block an sich.

"Gib mir mein Zeug her."

"Nein", sie dreht sich um und wirft einen Blick auf die ersten Blätter, schon entwendet er ihr die Unterlagen.

"Vergiss es und setz dich auf deinen Platz", schmunzelt der schwarzhaarige und wirft seinen Block wieder auf seinen Tisch. 
Und sie haben logisch nichts dazu zu sagen, nicht Herr Professor? Skye haltet seinem Blick stand und denkt gar nicht daran, hier jetzt abzuziehen.

Ihre Mitschüler waren solche Szenen von ihnen gewohnt, wenn es auch nicht immer um geliehene Hausaufgaben geht. Einige beobachteten sie, andere nicht.

"Mann, jetzt gib ihr die verdammte Aufgabe", bringt sich Jonath ein und macht eine wegwerfende Bewegung.

"So was von sicher nicht", gibt er zurück.

"Gib sie mir", versucht sie es nocheinmal und greift an ihm vorbei. Ian, dessen Reflexe erst etwas später reagieren, schafft es nur noch ihr Handgelenk zu halten, bevor sie es samt Block zurück gezogen hätte. 
In dem Moment war sie ihm so nahe, dass sie lieber etwas anderes getan hätte, als zu versuchen ihm ihre Gott-verdammte Englisch-Aufgabe weg zu nehmen. 

"Na gut", gibt er plötzlich nach und lässt sie los.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 24.11.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für Sonja, wo wir uns doch immer zurücksehnen...

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