Die Alte
Buch 1 aus der Reihe
Mein inneres Chaoten-Team
Satire
von
Helene Elis
Die Autorin:
Helene Elis, geb. 1969 in Essen, schreibt seit 2013 Gedichte und Romane für Jugendliche und Erwachsene.
Helene Elis
Dieses Buch widme ich meiner Therapeutin in Gelsenkirchen. Ich bin ihr zutiefst dankbar für alle ihre wertvolle Hilfe. Ohne sie hätte ich dieses Buch niemals realisieren können.
Manchmal sind die Dinge kompliziert. Das liegt im Wesen der Welt begründet, auch wenn noch niemand sicher sagen kann, was das Wesen der Welt eigentlich impliziert - was wiederum sehr deutlich zeigt, wie kompliziert alles im Grunde ist.
Nehmen wir doch nur den menschlichen Körper: Hmmm, kompliziert, verflixt: verdreht, uneinheitlich, wild, wirr. Seit Jahrtausenden versuchen Wissenschaftler, die fleischliche Hülle zu kategorisieren, und anfangs sah doch auch alles leicht aus: außen eine Hülle aus Haut, drinnen Knochen, Blut, Muskeln und Innereien. Ist doch ganz einfach -
Oh nein, doch nicht so leicht, sprach der nächste Gelehrte und stellte fest, dass es Knochen gibt, die gar nicht zum Tragen des Körpers dienen, zum Beispiel im Innenohr. Dass es Muskeln gibt, die nicht zur Ruhe kommen, wie das Herz; dass es Innereien gibt, die anders aussehen, anders riechen und auch anders funktionieren als andere. Selbst die menschliche Haut ist auf der Oberseite der Hände völlig anders als auf der Innenseite!
Der Mensch hat es gern leicht. Er vereinfacht, damit alles, und sei es noch so undurchsichtig, irgendwann in einer elegant anmutenden Formel e=mc2 verpackt wird. Nun ja, die Formel sieht wirklich toll aus, aber verstehen Sie sie deswegen besser? Als nicht-Mathematiker?
Ja, manches sieht einfach aus und ist es nicht, manches sieht schrecklich verwirrend aus auf den ersten Blick und entpuppt sich als nur allzu verständlich, wenn man sich näher beschäftigt mit dem Metier.
Es mag sein, dass ein Anfang verwirrend ist. Ebenso ist es möglich, dass Rätsel sich auftun, wo man sich einfach der Unterhaltung hinzugeben erhofft hatte. Und wenn es um Bücher geht, ist die Verwirrung oft noch größer!
Als Autorin versuche ich, Ihnen Welten zu Füßen zu legen, von denen Sie bisher keine Ahnung hatten. Welten, in sich verdreht wie DNS-Stränge, entstanden in einer Werkstatt, die sich der Phantasie bedient. Und wieder kommen wir in unschiffbares Wasser: Phantasie!
Was ist das eigentlich? Was ist ein Gedanke? Woraus besteht er? Kann ich ihn messen? Kann ich ihn berechnen? Nein, keine Ahnung, tut mir leid. Aber jetzt kommt das Unfassbare: Ich kann einen Gedanken trotzdem erfassen! Ich kann ihn erahnen, begreifen, nachvollziehen und eventuell sogar umsetzen!
Das dünne Eis, auf dem wir Menschen stehen, das Eis aus Überzeugungen und Glauben und wissenschaftlichen Erkenntnissen, es bricht so schnell. Davon handelt dieses Buch.
Sie werden verwirrt sein, denn Sie werden ein Chaoten-Team kennenlernen: Ich bitte Sie, da ist Verwirrung doch das mindeste, was Sie zu erwarten haben! Doch wer sich festbeißt, wer forscht und sich von Neugierde treiben lässt, der wird auf Ungeahntes stoßen. Vielleicht sogar auf Altbekanntes?
Ich wünsche Ihnen viel Entwirrung!
Herzlichst, Helene Elis
Ein schöner Tag im Mai. Bäume blühen schon fast nicht mehr. Pollen fliegen. Bienen summen. Ein laues Lüftchen weht durch die Stadt.
Eine Frau sitzt auf dem Rücksitz eines Motorrads. Man kann sie nicht mehr als „junge Frau“ bezeichnen. Sie ist in dem Alter, in dem man noch nicht behaupten muss, 40 sei die neue 30. Diese Mathematik-feindliche und Logik-fremde Äußerung dient nur dazu, eine Tatsache zu vertuschen, die zu akzeptieren es nur ein Weniges an Gelassenheit bedarf.
Die Frau klammert sich nicht an ihren Vordermann, sie hat keine Angst. Sie strahlt mit allen Fasern ihres Seins nur eines aus: Genuss.
Der Fahrer hat bald die 60 erreicht. Seine Midlifecrisis ist schon lange Vergangenheit. Die Fahrt auf der Landstraße ist ebenfalls nach seinem Geschmack. Er ist ein Alt-Rocker und glücklich, dieses Lebensgefühl, wenn auch nur hier, mit seiner Tochter teilen zu können.
Die Frau hat sich diese Fahrt gewünscht: Hier fühlt sie sich frei, rebellisch, stark! Ein Gefühl, das sich immer einstellt, seitdem ihr Vater sie das erste Mal mitgenommen hat.
An einer Einfahrt endet die Reise. Mit Bedauern, aber noch immer mit aufrührerischen Gedanken im Kopf, steigt die Frau ab. Ihr Vater bockt die Maschine auf und bringt eine schwere Einkaufstasche fort. Er wird alt, denkt sie. Und sieht, wie ihm ein Foto aus der Lederjacke fällt …
Es ist leicht und fällt langsam. Sie wird aufmerksam, ein Bild trifft auf ihre Netzhaut. Sie kann erst nichts erkennen, hebt es auf … Sie sieht genauer hin. Eine Zeitlang starrt sie darauf. Sie schwankt … und sinkt zu Boden, und mit ihr das Bild.
Es ist ein Bild, das lange nicht an der frischen Luft war. Es könnte beinahe denken: Hey, was ist das denn für ein schöner Tag! Ein fieser Windhauch erfasst es, bläst es gemein an den Rinnstein des gegenüberliegenden Hauses der guten Wohngegend … Einen Moment lang könnte auch ein Betrachter das Bild sehen: Es zeigt eine junge Frau, blond mit blauen Augen, einem strengen Zopf nach hinten geflochten … Sie lächelt dem Fotografen auf eine Art zu, die keinen Zweifel lässt an ihrer Beziehung zu ihm. Doch es gibt keinen Betrachter …
Der Mann in Leder ist zurück und hat seine kollabierte Tochter entdeckt. Er hat keine Ahnung, wie das passieren konnte; er weiß nicht einmal, dass er gerade ein Bild verloren hat, das ihm teuer war. Er trägt seine Tochter in den Wohnblock gegenüber der schönen Siedlung. Er beeilt sich.
Das Bild verweht. Der Windhauch ist schlecht gelaunt, es ist ihm deutlich zu wenig los. Gehässig pustet er das Bild in den Gulli am Rinnstein. Doch auch das bringt ihn heute nicht in Schwung.
Vera Velen war attraktiv. Ja! Blond, eine echte, eine natürliche Schönheit. Gewandt und, wenn sie wollte, ein Vamp!
So stand sie da, sagte sich das immer wieder und hoffte, dass diese Worte wie durch Zauberei wahr werden würden. Sie fluchte leise, traute sich noch immer nicht, den Türklopfer dieser protzigen -–nein, dieser wunderschönen Villa auch nur anzufassen.
Wofür hatte sie bloß diesen Kurs an der Volkshochschule belegt, drei Wochen mit frustrierten jungen Müttern und noch frustrierteren älteren Geschiedenen? Und sie war doch wirklich nichts von beidem!
Unsicher zog Vera ihr Abendkleid straff. War es nicht einen Tacken zu kurz? Sah sie damit nicht eher aus wie eine - naja?
Was hätte Renate Bukowski, Expertin auf dem Gebiet „Positives Denken und Fühlen im Beruf", dazu gesagt? Was nur???
Fragen über Fragen! Dabei musste
Verlag: BookRix GmbH & Co. KG
Texte: Helene Elis
Bildmaterialien: Isabell Schmitt-Egner
Tag der Veröffentlichung: 20.11.2014
ISBN: 978-3-7368-7457-2
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Copyright: © Helene Elis 2014
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