Viele Menschen die anfangen zu schreiben teilen sich mit - sie erzählen nicht.
Das Resultat ist ein in nachrichtenform verfasster Text, der häufig die Familie begeistert, den fremden Leser hingegen langweilt und der von einer spannenden Erzählung weit entfernt ist.
Eine erzählte Geschichte ist ein suggestives Wortbild, in welches der Lesende eintaucht; Im besten Fall vergisst er, was in der Realität um ihn herum passiert und verschmilzt mit dem Erzählten.
Um die Berichterstattung von einer Erzählung zu unterscheiden, möchte ich hier kurze Textbeispiele einbringen, die den feinen Unterschied fühlbar werden lassen.
Die Mitteilung – passive Schreibweise:
Es war an einem Montagmorgen, an dem ich mir fest vorgenommen hatte diese Buch zu schreiben. Nach unzähligen versuchen ein spannendes Buch zu finden, welches mich in meinem Drang zu lesen fesseln sollte, war ich auf viele Erstlingswerke gestoßen, die wie eine Berichterstattung klangen. Ich hatte die Absicht, mich gut zu unterhalten, doch fand ich nur Bücher die keinen großen Unterhaltungswert aufwiesen. Völlig Frustriert und von dem Angebot enttäuscht, war ich dabei mich über alle Maße zu ärgern. Gab es noch einen Autor der sein Handwerk beherrschte?
Ich war voller Hoffnung. Irgendwann würde ich bestimmt ein spannendes Buch finden und konnte es verschlingen, oder verschlang das Buch am ende mich?
Die Erzählung – aktive Schreibweise:
Völlig frustriert vom Angebot der Bücher beschloss ich nicht länger zu suchen. Die Handwerkskunst des fesselnden Schreibstils oblag nicht jedem Neuling.
Lektüre ohne großen Unterhaltungswert, gab es hier wie Sandkörner am Strand.
Montagmorgens beschloss ich, diesen Text als Hilfswerkzeug anzubieten, setzte mich und begann die Fehler aufzuschreiben um jungen Autoren den Weg in die richtige Richtung zu weisen.
Irgendwann, so hoffte ich, fand mich eine Geschichte die mich verschlag, mich aus dem Alltag riss und mit sich trug. Ein Sandkorn, das zu einem Fels heranwuchs der den Gezeiten trotze. Ein Buch mit Bestsellerqualität.
Die Berichterstattung hält Distanz und bedarf vieler Hilfsverben zur genauen Beschreibung, während die Erzählung ihre Sätze ohne Hilfe auf den Punkt bringt und lesernähe schafft.
Die Erzählung, transportiert emotionale Botschaften ohne sie explizit zu erwähnen.
SEIN, HABEN und WERDEN sind Hilfsverben, oder auch Hilfszeitwörter auf die wir in Geschichten weit gehend verzichten sollten.
Die am häufigsten gewählte Form eines Textes ist die vollendete Vergangenheit. Hier greift die perfekte Formulierung immer auf die beste Aussage eines Verbs zurück, die das Wortbild perfektioniert. Sein, haben und werden finden ihre Anwendung in der Vorvergangenheit, wenn also in der Geschichte von einem Ereignis die Rede ist das vor der direkten Erzählung geschah.
Beispiel:
Ich schrieb den Text
liest sich einfacher als
Ich habe den Text geschrieben.
Nachdem wir feststellten, dass die Erzählung der Berichterstattung vorzuziehen ist, gibt es noch eine weitere Möglichkeit den Text spannender zu gestalten.
Indem wir den Protagonisten in einer Geschichte agieren lassen und nicht einfach nur Erzählen was passiert, bauen wir Spannung auf. Im Fach wird diese Art zu schreiben auch als „show it – don’t tell“ bezeichnet.
Und wieder nutze ich den bekannten Text um das Beispiel einer Aktion zu verdeutlichen:
Montagmorgen. Meine Finger flogen über die Tatstatur. Vom Drang der Veränderung besessen, tippte ich die Worte dieses Buches. Ich dachte daran, wie sehr mich die schlechten Bücher frustrieren und hoffte, meine Arbeit würde sich lohnen.
In Gedanken, sah ich mich ein Buch aufschlagen, das mich in seinen Bann zog, mich fesselte und mir einen Teil meiner Realität stahl, weil eine Meisterhand es schrieb.
Sicher hat jeder der aufgezeigten Stile seinen Reiz, doch sollten wir wählen wann wir welchen nutzen. Jede Geschichte hat ihre eigene Sprache, den eigenen Ausdruck den es zu finden gilt. Manche Situationen sind besser erzählt, andere lassen sich lieber zeigen, doch Berichte gehören in die Zeitung oder in Behördenbriefe und nicht in eine spannende Story.
Es gibt viele Möglichkeiten eine Situation auszudrücken.
Die banalste ist immer das umfassende Wort für einen Tat zu nutzen.
Peter gab Petra das Buch.
Dieser Satz zeigt ein Bild das viele Möglichkeiten offen lässt und die Frage in den Raum stellt, warum gab Peter Petras das Buch?
In einer Geschichte sollte der Autor immer ausdrücken was er meint. So lässt sich „gab“ durch viele synonyme ersetzen die ein genaueres Bild zeichnen und dem Leser vermitteln um was es geht.
Peter schenkte Petra das Buch.
Dies kann zum Geburtstag geschehen, zu Weihnachten, oder einfach um Petra eine Freude zu machen. Vielleicht auch weil Peter das Buch nicht mochte oder es nicht mehr brauchte.
Peter überreichte Petra das Buch
Hier kann er es ihr ausleihen, es als Auszeichnung geben, sie mit einem Geschenk ehren …
Peter lieh Petra das Buch
Hier wird ein eingeschränktes Bild aufgezeigt das eine Rückgabe fordert. Es gehört nach wie vor Peter, Petra darf es nur lesen oder betrachten.
Peter händigte Petra das Buch aus
Suggeriert uns, dass Petra bereits auf das Buch gewartet haben muss. Es also ersehnte.
Peter schickte Petra das Buch
Sagt uns das zwei Personen von einander getrennt sind. Damit das Buch den Leser wechselt muss ein unerwähntes Hilfsmittel genutzt werden das die Distanz überbrückt.
Peter vermachte Petra das Buch
Petra erbt es von Peter. Es geht in ihren Besitz über doch auch hier bleibt der Grund verborgen.
Peter gab Petra das Buch, zeichnet das Bild eines Personenpaares bei dem ein Buch von einer Hand in die andere wechselt. Nicht mehr nicht weniger. Indem wir Synonyme verwenden, bringen wir Satzaussagen auf den Punkt. Der Leser sieht ein klares Bild und erkennt die Absicht hinter der Handlung sofern wir das richtige Wort wählten.
Ein einziges Wort das falsch gewählt wurde kann die Aussage eines Satzes verschieben und ein Loch in die Geschichte reißen. Dann nämlich, wenn eine falsche Beschreibung ein Bild erzeugt, das im Anschluss in der Geschichte nicht aufgeklärt wird.
Die Perfektion des Schreibens liegt im Wortschatz des Autors.
Verwenden wir Worte die uns bekannt sind und von denen wir wissen wie sie funktionieren können wir diesen Fehler vermeiden. Aus diesem Grund ist es wichtig sich zu bilden, selbst zu lesen und den eigenen Wortschatz im Laufe der Zeit zu vergrößern.
Doch heißt gute Unterhaltung abzuliefern nicht schwülstige Worte zu benutzen. Die Kunst der Suggestion ist vielmehr ein Wort zu finden, das bekannt ist damit auch der Leser versteht was gemeint ist. Häufig ist die Sprache eines Bestsellers die Sprache des Volkes.
Ein Gedicht ist die berste Form ein Bild aus Worten auf den Punkt zu bringen. Es übt zu formulieren und erweitert den Wortschatz.
Wenn ich über einer Aussage brüte die kurz, doch prägnant das schildern soll was ich sagen möchte, suche ich nach dem perfekten Wort das trifft. Beim Reimen in Gedichtform schmälern sich die Möglichkeiten da ich mich an den Rhythmus der Verse halten muss.
Den Rhythmus geben die Silben vor die eine Zeile beinhaltet:
Beispiel:
Als Worte fehlten, fand mich ein Gedicht.
Denken in Kreisen, erhielt ein Gesicht.
______________________________________________
Als / Wor / te / fehl / ten, / fand / mich / ein / Ge / dicht.
Den / ken / in / Krei / sen, / Er / hielt / ein / Ge / sicht.
Beide Sätze haben denselben Silbenrhythmus und klingen harmonisch. Das Bild ist Rund und jeder kann sich vorstellen was es damit auszusagen gilt.
Wenn man Gedichte schreibt, ob nun Lyrik oder Prosa, muss man jedes einzelne Wort abwiegen. Passt es oder passt es nicht? Gibt es nicht einen bessren Ausdruck, den zu verwenden sich lohnt? Der Verfasser lyrischer Zeilen prüft jedes Wort auf Tauglichkeit. Dieses Verfahren übt den Umgang mit Synonymen und perfektioniert die Gestaltung von Wortbildern.
Die kürzeste Kurzgeschichte die ich je verfasste, hat zwei Sätze:
Ein Mann bog um die Ecke.
Er hörte die quietschenden Bremsen eines Autos, dann starb er.
Hier ist kein Wort zuviel und keines zu wenig. Natürlich könnte ich das ganze ausschmücken, erzählen von welcher Automarke er überfahren wurde, auf welchem Weg er sich befand, doch was nutzt es dem Leser? Die Kernaussage ist getroffen.
Gedichte sind Wortbilder die ihre Botschaften auf engstem Raum transportieren.
An Wörtern wie - auch, doch, freilich, eigentlich - erkennen Profis die Formulierungsschwäche eines Autors. Sparsam eingesetzt erleichtern sie das Verständnis. Wird ein Text jedoch mit zu vielen Füllworten gespickt, erweckt es den Eindruck einer schlechten Arbeit.
Viele der Füllworte beschreiben eine zeitliche Abfolge, andere setzen eine Gegenüberstellung voraus. Ich persönlich streiche alle Füllworte bereits in der ersten Überarbeitungsfase nachdem der Text geschrieben wurde und ersetzte die entstanden Lücken durch bessere Formulierungen. Füllworte dürfen nur bleiben, wenn sich eine Aussage durch ihre Wegnahme verfälscht.
Eine Liste der häufig gebrauchten Füllworte:
Füll und Blähworte mit A:
aber - abermals – allein - allem Anschein nach – allemal – allenfalls – allenthalben - allerdings – allesamt – allzu – also – alt - an sich – andauernd – andererseits – andernfalls - anscheinend - auch – auffallend - aufs Neue - augenscheinlich – ausdrücklich – ausgerechnet - ausnahmslos – außerdem – äußerst
Füll und Blähworte mit B:
bei weitem – beinahe - bekanntlich - bereitsbesonders – bestenfalls – bestimmt – bloß
Füll und Blähworte mit D:
Dabei – dadurch – dafür – dagegen – daher – damals – danach - dann und wann – demgegenüber – demgemäß – demnach – denkbar – denn – dennoch - des Öfteren - deshalb - des Ungeachtet – deswegen – doch – durchaus - durchweg
Füll und Blähworte mit E:
Eben – eigentlich - ein bisschen - ein wenig – einerseits – einfach - einigeeinigermaßen - einmal – ergo – erheblich – etliche – etwa - etwas
Füll und Blähworte mit F:
Fast – folgendermaßen – folglich – förmlich – fortwährend – fraglos - freilich
Füll und Blähworte mit G:
Ganz - ganz und gar – gänzlich – gar – gelegentlich – gemeinhin – genau – geradezu – gewiss – gewissermaßen – glatt – gleichsam – gleichwohl – glücklicherweise – gottseidank – größtenteils
Füll und Blähworte mit H:
Häufig - hie und da – hingegen – hinlänglich – höchst - höchstens
Füll und Blähworte mit I:
im Allgemeinen - immer – immerhin – immerzu - in der Tat - in diesem Zusammenhang – indessen – infolgedessen – insbesondere – inzwischen – irgend – irgendein – irgendjemand – irgendwann – irgendwie – irgendwo
Füll und Blähworte mit J:
Ja – je – jedenfalls . jedoch – jemals
Füll und Blähworte mit K:
Kaum – keinesfalls - keineswegs
Füll und Blähworte mit L:
Längst – lediglich – leider - letztlich
Füll und Blähworte mit M:
manchmal - mehr oder weniger – mehrfach - meines Erachtens – meinetwegen – meist – meistens – meistenteils – mindestens – mithin – mitunter – möglicherweise - möglichst
Füll und Blähworte mit N:
Nämlich – naturgemäß – natürlich – neuerdings – neuerlich – neulich – nichtsdestoweniger – nie – niemals – nun - nur
Füll und Blähworte mit O:
Offenbar – offenkundig – offensichtlich – oft - ohne weiteres - ohne Zweifel - ohnedies
Füll und Blähworte mit P und Q:
Partout – plötzlich – praktisch
Quasi
Füll und Blähworte mit R:
Recht – reichlich – reiflich – relativ – restlos – richtiggehend – rundheraus – rundum
Füll und Blähworte mit S / T:
samt und sonders – sattsam – schlicht – schlichtweg – schließlich – schlussendlich – schon – sehr – selbst – selbstredend – selbstverständlich – selten – seltsamerweise – sicher – sicherlich – so – sogar – sonst – sowieso - sowohl als auch – sozusagen – stellenweise – stets
Trotzdem
Füll und Blähworte mit U:
Überaus – überdies – überhaupt – übrigens – umständehalber – unbedingt – unerhört – ungefähr – ungemein – ungewöhnlich – ungleich – unglücklicherweise – unlängst – unmaßgeblich – unsagbar – unsäglich – unstreitig - unzweifelhaft
Füll und Blähworte mit V:
Vergleichsweise – vermutlich – vielfach – vielleicht – voll - voll und ganz – vollends – völlig – vollkommen – vollständig - von Neuem
Füll und Blähworte mit W:
Wahrscheinlich – weidlich – weitgehend – wenigstens – wieder – wiederum – wirklich – wohl – wohlgemerkt - womöglich
Füll und Blähworte mit Z:
Ziemlich – zudem – zugegeben – zumeist – zusehends – zuweilen – zweifellos – zweifelsfrei - zweifelsohne
Dialoge lockern eine Szene auf, lassen Protagonisten reeller wirken und transportieren Informationen ohne lange Umschreibungen.
Grundsätzlich ist zu beachten
Bleibt mit dem was der Protagonist sagt glaubwürdig, denn mit ihm steht und fällt die Spannung in einer Erzählung.
Wie man einen eigenen Text korrigiert:
1. Drucke deinen Text Seite für Seite aus und streiche alle Füllworte mit Bleistift durch.
2.Unterstreiche alle Hilfsverben Rot und überlege dir an welcher Stelle du darauf verzichten kannst wenn du eine treffender Formulierung verwendest.
3. Suche Stellen in deinem Text in dem du dieselbe Aussage doppelt machst. Überlege dir wo diese Information stehen sollte und streiche die überflüssige zweite weg.
4. Suche nach doppelten Worten und ersetzte sie soweit es geht durch Synonyme.
5. Überprüfe dienen Text auf indirekte Wahrnehmung. Eine Indirekte Wahrnehmung findet immer dann statt wenn du deinen Protagonisten beschreiben lässt was er fühlt, sieht, riecht, schmeckt, hört. Anstatt zu schreiben er hörte laute Musik die nach einem heißen Beat klang ..., ist es besser ihn direkt wahr nehmen zu lassen indem der Satz umformuliert wird: Ein fetziger Beat erfüllte den Raum mit Bassschlägen. Gläser vibrierten und der Boden bebte unter seinen Füßen.
6. Durchsuche deinen Text nach Schachtelsätzen. Zu lange Sätze verwischen die Aussage.
7. Adjektive und Adverben im Kombipaket durch treffendere Aussagen ersetzen.
Beispiele zur Anleitung:
statt er sang laut - er schrie
statt fuhr schnell – er raste
statt er trug schwer . er schleppte
… und so weiter
8. Lies den Text nach der Überarbeitung laut, hier lassen sich Stolperfallen gut erkennen.
Fremdtexte korrigieren sich leichter als das eigene Werk. Da der eigene Text einem zu wichtig ist, fragt man sich, ob der Fehler den man machte, tatsächlich ein Fehler ist.
Verliert der Text oder gewinnt er an Aussagekraft wenn ich dieses oder jenes streiche?
Wer schon länger schreibt, wird festgestellt haben, dass ein ruhender Text der nach Monaten erneut überarbeite wird plötzlich anders rüber kommt als zur Zeit in der man die Rohfassung schrieb. Eine Geschichte ist wie ein Kind, das einem am Herzen liegt und für das man in guter Absicht nur das Beste will, ohne zu wissen was wirklich gut ist.
Es ist sinnvoll mit Betalesern zusammen zu arbeiten um die Geschichte rund zu schleifen. Ein guter Betaleser ist neutral und gibt eine ehrliche Kritik ab ohne dabei zu verletzen. Er mache euch Mut und sucht gemeinsam mit euch nach Lösungen um euer "Baby" groß zu ziehen.
Was ich mir für die Gruppe "Freunde helfen Freunden" wünsche, ist eine solche Zusammenarbeit zwischen Autoren. Daher bitte ich euch, beteiligt euch am Grppenleben, zeigt eure Projekte und geht auf die Texte eurer Kollegen ein. Scheut euch nicht ein Probekapitel zu posten oder über kleine Auszüge zu diskutieren in denen euch die rechte Formulierung nicht einfallen will.
Agiert und Reagiert auf das was euch begenet und wenn euch das Schreiben so wichtig ist wie mir, befasst euch mit Fremdtexten - denn auch aus der Hilfe die man anderen entgegen bringt lernt man jedes Mal ein Stück dazu.
Nun wünsche ich euch viel Freude am Wort,
lasst eure Texte sehen ...
Auf gute und fruchtbare Zusammenarbeit
Eure Wortspielerin
Tina
Tag der Veröffentlichung: 07.01.2014
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Dies Buch ist für alle die große Geschichten zu erzählen haben