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Herbst



Astern so bunt, als der Sommer noch wäre.
Sonne und Wonne, die Wärme strahlt lebend uns an.
Halme gebeugt vom Gewicht ihrer Ähre.
Duft frischen Heus, das man atmend begreifen kann.

Lange und doch schon viel kürzere Tage,
Dunkelheit kämpft mit dem Licht, das doch niemals verliert.
Grad noch im Lot steht die ewig sonst pendelnde Waage,
wenn auch der Herbst schon das Ahnen des Sterbens gebiert.

Ein kleiner Schritt, ein Gewicht und es senkt sich die Schale
hin zu der Kälte und Dunkelheit, die uns erreicht.
Wintergedanken! - Und doch mit einem Male
seh’ ich den Vogel, der hin zur Sonne entweicht.





Herbstwerden



Schwalben trinken dunkle Nacht
in dem Fluss der Zeit.
Windend Nebelnornenpracht
geben jetzt Geleit
jedem Morgen tagbeginnend -
jedem Abend Dunkelschein.
Sonnenwärme leicht zerrinnend,
sterbend, wird zum Opferstein.






Weg in die Dämmerung



Ein jeder Tag, bevor er in der Nacht zerfließt,
färbt sich mit blauem Grau das ehemals so sonnige Gefieder,
bevor er seine Ruhe von der eignen Hast genießt,
und kniet zum stummen Abschied von sich selbst hernieder.


Und überdenkt die letzten langen Stunden,
vom Morgengraun bis zu der Dämmerung Beginn.
Wenn froh die Vogellieder schon den Morgengruß bekunden,
des Tages Werk zeigt sich dem Schöpfer hin.


Und ist’s vollbracht, dann darf der Blumenkelch die Blätter falten,
dann darf das Reh zurück ins Dickicht gehn,
dann dreht der Abendnebel sich in Spukgestalten
und schwarze Nacht beginnt die Dämm’rung zu verweh’n.


Und wie der Kreislauf eines Tages prägt das Leben,
so bilden auch die Jahreszeiten ihren Kreis.
Und nach des Frühlings und des Sommers neugebärend Streben,
gibt auch der Herbst mit seiner Ruhe in der Dämmerung sich preis.





Noch einmal gießt er alle bunten Farbenarten
Mensch über dich, die Parks, die Wälder aus.
Spürst du den Stillstand, der Naturgewalten Warten,
still zieht’s dich hin, als zög’ es dich nach Haus.


Genieß des Lebens Herbst, wie auch der Frühling dich geleitet.
Genieße ihn noch mehr, da nun Verstand auch die Gefühle führt.
Der Himmel hat sein Sternenzelt weit ausgebreitet,
http://www.bookrix.de/media/text_bold_down.gifer dich zu neuen Horizonten weiter führt.


Doch diesem Herbst folgt nur des Winters Todeswalten
und dies sei dir aus vollem Herzen steht’s bewusst.
In Ehrfurcht vor dem Sein musst du fürs Nichtsein dich entfalten.
Drum biet auch ihm im letzten Kampf die mut’ge Brust.






Ein Wintermärchen



Blauweißstrahlend Eiskristalle
schmücken eine Winterwelt,
die für eine kurze Zeit lang
die Natur in Schweigen hält.

Flocken drehen sich im Kreise,
tanzen wirbelnd auf und ab,
Winterluft senkt sich hernieder.
Kälte kommt auf uns herab.

Blumen blühen an den Fenstern,
wenn der Winter uns erreicht,
wenn das Leben auf der Erde
einer starren Kälte weicht.

Wenn der Winterschlaf wird tiefer,
wenn der Atemhauch verweht,
wenn der Wind die Eiseskälte
her von Nord und Osten weht.

Und der Schnee dämpft alles Laute.
Stille herrscht für kurze Zeit,
bis der Frühling alles kleidet
prächtig in sein buntes Kleid.


Doch bis dahin ist’s noch lange.
Die Natur muss Zeit gewinnen,
um mit den gewonn´nen Kräften,
sich aufs neue zu besinnen.

So ist Winter nicht nur Sterben,
nicht nur Schlafen, nicht nur Ruhen.
Vorbereitung, um sich später
neugebor´n hervorzutun.

Gönnen wir auch uns die Pause,
um zurück zu uns zu finden.
Um das alte mit dem neuen
fest und gut jetzt zu verbinden.

Weiße tiefverschneite Felder,
wunderschöne Winterwelt,
die in ihrer stummen Stille
uns erfreut und uns gefällt.

Und wir hören eine Stimme,
die uns ruft, die uns erreicht.
Die uns atmen lässt so ruhig
und den Sonnenstrahlen gleicht.


Engverbunden sinkt ein Traum,
sinkt ein Märchen auf uns nieder,
und so finden wir uns gleichsam
in den Kindertagen wieder.

Fast vergessen ist der Alltag,
ist die Fron und ist die Pein.
Schon den Frühlingshauch empfindend,
funkelnd in den Tag hinein.








Die Blaue Blume




Des Winters weiße Wehen walten.
Es schläft der Wald, der Blumen Pracht.
Sein Herrschen ist nicht aufzuhalten.
Jedwedes Blut droht zu erkalten,
bis dass der Frühling wieder lacht.

Das Reh hat sich schon lang verzogen
ins Dickicht, in das Unterholz.
Warm ist’s vom Schnee schon überzogen,
denn die Natur bleibt ihm gewogen
in Gottes Schöpfung groß und stolz.

Doch Schwaches muss dem Starken weichen,
wenn sich des Winters Zweck erfüllt.
Das Gleichgewicht will er erreichen.
Und sich die Jahreszeiten gleichen,
wenn Macht und Schönheit sich enthüllt.

Ein Todeswalten kann man spüren,
wo Dunkelheit den Tag gewinnt.
Wenn Nebelschwaden Geister küren,
wenn sie hin zur Erstarrung führen
und Leben in der Hand zerrinnt.


Und trotzdem ist ein großes Hoffen
grad’ hier auf dieser Erden Krume.
Des Frühlings Ahnen steht uns hoffen.
Wir sind nicht länger mehr betroffen.
Sie blüht in uns - die „Blaue Blume“

Impressum

Texte: © Roland Hass (nur Texte)
Tag der Veröffentlichung: 05.02.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Herbst Herbstwerden Weg in die Dämmerung Ein Wintermärchen Die Blaue Blume

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