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Am entferntesten Ufer des Morgen-Muffel-Meeres, am anderen Ende der Wirr-Warr-Wüste, hinter den 77 Moos-Moor-Hügeln stand ein Haus.
Es war aus blitzblauen Blasen-Blubber-Ziegeln erbaut und von einem lockeren Ring aus Himbeerbäumen umgeben. Die Dachziegel waren aus rotem Glas und die Fensterläden aus dunkelgrünem Schilfrohr und sein Bewohner war der kleine Sonnenschein Samirama.

Er hatte in etwa die Größe einer halbwüchsigen Wassermelone und bestand ganz und gar aus hellem, reinem Sonnenlicht. Seine goldenen Locken reichten ihm bis zu den Hüften und auf seinen Wangen tummelte sich ein vergnügtes Heer von Sommersprossen.

Samirama lebte glücklich und zufrieden in seinem geliebten Blasen-Blubber-Haus. Er goss täglich seine 22 Krümelkakteen, tröstete die Kummerkaninchen, die auf den umliegenden Feldern lebten und machte lange Spaziergänge durch den nahe gelegenen Wunderwald.
Doch eines Tages wurde Samirama langweilig. Es war Spätherbst und des Nachts brauste ein eisiger Sturm übers Land. Der eisige Atem der Schnee-Geister, die im Anflug waren.
Samirama hatte längst seine Himbeerbäume abgeerntet und ihr Laub für die irrenden Igel zu Haufen zusammen geschoben. Er hatte alle Futterkrippen im Wald und alle seine eigenen kleinen und großen Vorratskammern gefüllt. Er hatte sein Haus geputzt und alle winzigen Drecks-Teufelchen und
Staub-Trolle vor die Tür gekehrt.
Nun fiel ihm einfach nichts mehr ein und das war etwas ganz Neues für Samirama. Denn bisher hatte er sich immer noch irgendetwas ausdenken können. Doch nun herrschte in seinem kleinen, hellen Köpfchen drückende Leere.
Seine Freunde die Kummerkaninchen und die Farbenfüchse hatten sich längst in ihre Höhlen zurückgezogen um zu schlafen und die lustigen Falter-Vögel waren in eine wärmere Gegend gezogen. Samirama fühlte sich einsam und verlassen. Ein Gefühl, dass ihm in seinem kleinen Leben noch nie begegnet war. Wie sollte er nur 3 mal 33 schrecklich lange, graue Wintertage ertragen?

Seine Bücher kannte Samirama längst, von den vergangenen Wintern, in und auswendig. Da hatte er schon alle As und Os und Ds mit Buntstiften ausgemalt und sich alle Lebensgeschichten seiner Backenzahn-Bakterien angehört. Außerdem hatte er ganze 52mal mit unterschiedlichen Ergebnissen seine Haare gezählt und allen Kindern eines äußerst trägen Tausendfüßlers in seiner Badewanne das Schwimmen beigebracht, natürlich nachdem er jeder einzelnen blitzblauen Blubberblase in seiner Wand einen Namen gegeben hatte. Für diesen Winter war einfach keine Tätigkeit übrig geblieben.

Traurig und hoffnungslos wanderte Samirama am nahen Silberfluss entlang, wo die bunten Blätter der Bäume trostlos einher trieben. Eisiger Wind ließ in frösteln und große graue Wolken bedeckten den Himmel. Dies war wohl sein letzter Spaziergang in diesem Jahr.
Als er sich von Kälte getrieben gerade wieder auf den Heimweg machen wollte, vernahm er plötzlich ein leises Schluchzen. Es knackte im Gebüsch und eine kleine, braune Haselmaus trat heraus, die bitterlich weinte. Ihre Tränen waren so groß, dass Samirama ganz nasse Füße bekam.
„Aber was hast du denn?“, fragte er betroffen und reichte der Maus sein Taschentuch.
Sie nickte dankbar. „Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll!“ Mit lautem Platschen fielen weitere Tränen in den kleinen See in dem Samirama stand. „Schon heute Nacht können die Schnee-Geister hier sein und meine gute, alte Höhle mit all meinen Vorräten ist heute Morgen eingestürzt! Ich werde kläglich erfrieren. Dabei“, sie seufzte tief, „dabei bin ich doch eine Dichterin. Aber niemand schätzt Künstlerinnen heutzutage!“
Der Sonnenschein Samirama war sehr bewegt von der Erzählung und bei dem Wort „Dichterin“ horchte er auf. „Heißt das, du kannst Geschichten dichten?“, fragte er aufgeregt. Die Haselmaus nickte betrübt und Samirama überlegte nicht lange.
„Komm mit mir!“, rief er und strahlte vor Freude über seinen Einfall. „Ich würde mich unglaublich freuen, wenn du den Winter in meinem Haus verbringst. Ich habe genügend Himbeeren, Haselnüsse und Tannenzapfen für uns beide!“
Die Haselmaus blickte erstaunt auf und in ihren Augen begann ein Funke Hoffnung zu leuchten. „Ich würde dir dafür die wunderbarsten Geschichten dichten!“, versprach sie.
„Abgemacht!“, lachte Samirama. Er nahm die überglückliche Maus an der Pfote und sie wanderten fröhlich plaudernd nach Hause.

Schon am nächsten Morgen klebten zierliche Eisblumen an den Fenstern des Blasen-Blubber-Hauses und das ganze Land war von den Schnee-Geistern in eine dicke Decke aus glitzerndem Weiß gehüllt worden. Doch Samirama und die Haselmaus störten sich nicht im Geringsten daran, denn sie verlebten zusammen den schönsten Winter ihres Lebens.

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Tag der Veröffentlichung: 19.07.2009

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