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Kapitel 8 Teil 1

Kapitel 8 Teil 1

 

Der Drang ganz laut „Scheiße!“ zu brüllen, lässt sich gerade noch abwürgen, äußert sich aber in einem heftigen Tritt gegen ein Paar herumliegende Treter. Einer davon fliegt unerwartet weit und knallt mit doch beachtlicher Wucht gegen die nahe stehende Kommode.

Die Blumenvase darauf gerät ins Wanken und in meinen Gedanken kann ich sie schon fallen sehen.

Schwarze Blitze zucken vor meinen Augen vorbei und meine Knie geben leicht nach. Nicht diese Vase!

Wäre ich jetzt Sprintweltmeister, begnadeter Akrobat oder einfach nicht das Lieblingskind des Pechs, hätte ich vielleicht noch eine Chance. Ich könnte aufspringen und mit ein paar Saltos oder einem atemberaubenden Sprint die Vase auffangen, bevor sie auf dem Boden auftrifft. Vielleicht würde sie aber auch nur ein bisschen wackeln und dann doch, wie von Geisterhand, stehen bleiben.

 

Leider kann ich nicht auf einen so exquisiten Lebenslauf oder Stammbaum zurückblicken: geliebter Sohn des Pechs, geschätzter Bruder des Unglücks, unterster Mitarbeiter der Einsamkeit, Versager Zertifikat niedrigsten Ranges erhalten und die Loserprüfung mit Hängen und Würgen bestanden. Die Situation kann also nur einen einzigen Ausgang nehmen und so kommt es, wie es kommen muss.

Ein helles, widerwärtiges Klirren dröhnt durch das stumme Haus und mir ist, als wäre da eben nicht die Vase zerbrochen, sondern etwas anderes ganz tief in meinen Inneren. Glitzernde Scherben bedecken den Fußboden.

 

Scherben.

 

Nicht die ersten in diesen paar Tagen, nicht die ersten seit jenem Tag vor vielen Jahren und wahrscheinlich auch nicht die letzten. Ich lasse mich, unfähig mich weiter zu bewegen, mitten im Scherbenhaufen nieder, nehme den stechenden Schmerz in meiner Hand kaum wahr und plötzlich muss ich lachen, so laut lachen, dass mir die Tränen kommen und mein Bauch schmerzt. Wahnsinn alter Freund, komm setz dich zu mir.

Was machen schon ein paar mehr Scherben in diesem Scherbenmeer, das mir schon so lange bis weit über den Kopf hinaus reicht. Wo ich gehe und stehe lasse ich eine Spur von glänzenden Trümmern zurück, habe alles zerbrochen, was je von Bedeutung für mich war.

 

Kleine rote Perlen zerschellen an den messerscharfen Klippen, bis sie blutrot schimmern.

 

Das Lachen ebbt ab und zurück bleibt nichts als gähnende Leere. Gleichmütig betrachte ich meine Handfläche, die mit lauter kleinen blutigen Diamanten gespickt ist. Ein brennender Schmerz lässt mich zusammenzucken, als ein feiner Tränenregen auf sie niedergeht.

 

Wenn ich nicht an dem haushohen Scherbenhaufen ersticke, der sich rings um mich auftürmt, dann werde ich zweifellos irgendwann in meinen eigenen jämmerlichen Tränen ertrinken.

 

Mein Blick fällt auf die blutgetränkten Splitter und ich kann nicht verhindern, dass die Erinnerungen an jenen Tag zurückkehren, an dem mein Leben mit einem lauten Knall in Milliarden kleine rote Fragmente zertrümmert wurde. Wie sie glitzernd und funkelnd über den grauen Asphalt tanzten und in der unbarmherzigen Sonne wunderschönen Rubinen ähnelten, die die Landschaft mit leuchtenden Blutstropfen übersäten, während ich nur einen einzigen Punkt fixierte: schwarze fließende Haare, lieblos auf der Straße verteilt.

 

Hastig stehe ich auf, trete dabei in eine weitere Scherbe, doch das ist mir in diesem Moment egal. Bilder ziehen vor meinen Augen vorbei wie ein Kinofilm, mit dem einzigen Unterschied, dass ich mir an den schlimmen Stellen nicht die Augen zuhalten kann um so zu tun, als würden sie nicht passieren. Denn egal, wie fest ich meine Augenlider zusammenpresse, sie verschwinden einfach nicht. Wie Säure brennen sie sich in meine Netzhaut und die Leere in meinen Inneren füllt sich mit brennender, schmerzhafter, bohrender und verzehrender Schuld.

 

Meine Füße tragen mich wie von selbst an den einzigen Ort, der mir jetzt noch helfen kann, diesen Brand im Keim zu ersticken. Ohne meine Klamotten auszuziehen, steige ich in die Badewanne und drehe die Dusche auf die kälteste Stufe. Ganz klein kauere ich mich zusammen und öffne den Duschhahn. Das eiskalte Wasser sticht auf meiner Haut, als würde mich jemand mit Rasierklingen bewerfen, presst die Luft mit einem Keuchen aus meinen Lungen und doch ist es mehr als willkommen. Je mehr davon auf mich herunterprasselt, desto kleiner wird die verheerende Flamme in meiner Brust, desto weiter schrumpft sie zusammen.

 

Allmählich stellt sich die ersehnte Taubheit ein, kein Gefühl in Händen und Beinen, mein Körper ist bleischwer, die alles durchdringende Kälte hat in ihrer grenzenlosen Machtgier alles andere daraus vertrieben. Nichts bleibt zurück außer der Kälte, die meine wirren Gedanken einfriert, meine Lippen zittern lässt und ihnen einen blauen Anstrich verleiht.

Meine Augenlider werden schwer, eine wohlige Müdigkeit schleicht sich trotz der brennenden Haut, in mein Bewusstsein und in diesem Moment der Schwäche bin ich geneigt ihr nachzugeben. Ganz vage streift der Gedanke, dass man sich im Schnee niemals hinlegen und einschlafen sollte, es sei denn, man hat nicht mehr vor aufzustehen, mein erstarrtes Denken. So ein Unsinn! Hier ist doch weit und breit kein Flöckchen Schnee. Beruhigt lasse ich den Schlaf immer näher kommen…

 

Elija!

Blaue Augen funkeln mich wütend und besorgt an.

Denis.

 

Als hätte mich jemand in die Seite getreten schrecke ich auf und drehe das Wasser ab. Da sitze ich nun, schlotternd vor Kälte, mit eisblauen Lippen, die nasse Kleidung klebt mir wie eine zweite Haut am Körper, jeder begossene Pudel wäre neidisch auf dieses Aussehen.

Elija, was bist du doch für ein erbärmlicher Idiot! Wütend balle ich meine Finger zur Faust, was mir allerdings nicht so einfach gelingen will, da sie eher gefrorenen und sehr toten Fischstäbchen ähneln als lebendigen Fingern.

Ich verschließe den Abfluss der Wanne mit dem Stöpsel und lasse heißes Wasser hineinlaufen. Als die ersten Tropfen davon meine Zehen berühren, habe ich den Eindruck jemand mit sehr geringen Kenntnissen versucht mir, mit tausend Nadeln gleichzeitig, nicht sehr behutsam eine Akupunktur zu verpassen. Umständlich schäle ich mich aus T-Shirt und Hose und mache am eigenen Leib die Erfahrung, wie es wohl ist, wenn der Hummer mit kochendem Wasser übergossen wird.

Dampfschwaden wabern um mein Gesicht und sowohl Taubheit, als auch das Stechen ziehen sich nach und nach aus meinen Gliedmaßen zurück. Ein Pochen in Hand und Fuß erinnert an die Splitter darin, die ich in minutenlanger mühevoller Kleinarbeit, mit beinahe chirurgischem Geschick herausarbeiten kann.

Jetzt, da sich mein Körper in der angenehmen Wärme wieder entspannt hat, rollt eine Welle von heftigen Gefühlen über mich hinweg und trifft mich völlig unvorbereitet und schutzlos, sodass mir gegen meinen Willen die Tränen kommen.

Erst wenige Stunden ist es her, dass er mich hier geküsst hat. Erst wenige Tage ist es her, dass er hinter meinen Stahlpanzer gesehen hat und nicht davongelaufen ist. Erste wenige Wochen ist es her, dass er mich zum ersten Mal getroffen hat. Also warum?

 

Warum fühle ich mich so furchtbar einsam, weil er nicht da ist?

Warum war der flüchtige Gedanke vorhin, dass ich ihn nie wieder sehen werde, wenn ich einfach nachgebe, so unerträglich?

Warum, verdammt noch mal, wünsche ich mir mehr als alles andere, dass er jetzt bei mir ist?!

 

Ich verfluche mich für die Worte, die zusammen mit den Tränen in das lauwarme Badewasser fallen, hasse mich für die Wahrheit, die in ihnen steckt und schäme mich dafür, dass sie meinen schwachen, kaputten Kern so deutlich offenbaren:

 

„Denis, lass mich nicht allein.“

 

 

Nachdem meine Haut irgendwann die Struktur einer getrockneten Rosine annimmt und der Salzgehalt im Badewasser hoch genug angestiegen ist, um Salzwasserfische glücklich zu machen, beschließe ich, dass sich manche Sachen nicht länger aufschieben lassen. Eine davon ist das Verlassen der Badewanne. Die andere begegnet mir, in Form der nun kaputten Lieblingsvase meiner Mutter, im Flur.

Früher stellte meine Mutter alle paar Tage frische Blumen hinein, später war sie nur noch eine leeres Erinnerungsstück, das ohne das Lächeln, das meiner Mutter beim Anblick der Blumen immer über das Gesicht huschte, genauso tot war wie sie.

Während ich vorsichtig die Scherben zusammenkehre, weiß ich, dass mich die kaputte Vase weit mehr kosten wird, als die kleinen Schnitte an meiner Hand und meinem Fuß. Nur zu gut weiß ich, dass sein Blick immer zu Erst an der leeren Vase hängen bleibt, wenn er nach Hause kommt; er mich daraufhin kurz anschaut und doch nicht mich sieht und dann, wenn er den Irrtum bemerkt, gequält das Gesicht abwendet als gäbe es mich nicht.

Aber diesmal wird sein Blick mich finden. Abscheu wird sich darin zeichnen und Wut, darüber, dass ich ihm noch einen Teil von dem weggenommen habe, was ihm so viel mehr bedeutet hat als alle Universen zusammen, mehr als ich, der ich nur ein winziger Teil eines einzigen davon bin.

 

Ich werde in der Schule noch mehr Stoff verpassen, vielleicht verliere ich den Job im Supermarkt, damit die Aussicht bald von hier weg zu kommen und Denis wird sich noch mehr Sorgen machen.

Klirrend verschwinden die Glasstücke im Mülleimer. Es fühlt sich an, als würde ich mir jedes davon eigenhändig aus den Rippen reißen.

Schade nur, dass ich gerade wieder damit beginne, eher einem Menschen als einer matschigen blaugrünen Pflaume zu ähneln.

 

 

Wenn ich nicht so wenig Lust hätte, den Rest meines Lebens in Gesellschaft von sabbernden Irren zu verbringen, würde ich mich auf der Stelle selbst einweisen. Schon zum zehnten Mal schaue ich jetzt auf die Uhr, um dann festzustellen, dass Denis sich wahrscheinlich gerade mit Mathe abquält und ich demnach nicht damit rechnen kann, dass er so schnell hier aufkreuzt.

Bereits die letzte Nacht habe ich miserabel geschlafen und das nur, weil die ganze Zeit dieser verfluchte Kuss durch mein Hirn gegeistert ist und mein Herz dabei so laut geschlagen hat, dass ich unmöglich an Schlafen denken konnte. Außerdem wurde ich, nachdem mich der Sandmann irgendwann gnädigerweise mit einen Holzhammer ins Reich der Träume befördert hatte, von einem üblen Albtraum heimgesucht, in dem Denis wenig, ich dagegen viel zu viel anhatte und mich das seltsamerweise sehr zu stören schien.

 

Die Krankheit, mit der mich Denis angesteckt hat beginnt offenbar gerade damit meine Hirnzellen zu degenerieren. Die Auswirkungen sind unangenehmer Natur; seit dem Aufstehen warte ich darauf, dass die Schule endlich aus ist, Denis mich aus der erdrückenden Stille dieses Hauses erlöst und ihm, mit seinen dummen Späßen und seinem nervenden Lachen, ein wenig Leben einhaucht.

So weit bin ich also schon gesunken und ich dachte wirklich weiter runter ginge es gar nicht mehr ohne auf der anderen Seite der Erdkugel wieder herauszufallen.

Jetzt, da ich sowieso verrückt werde und das Innere meines Kopfes bald einer Schüssel Gulasch ähneln wird, habe ich beschlossen, dass mir fürs Erste alles egal ist. Ich bin zu müde und erschöpft, ständig all diese Gefühle nieder zu kämpfen. Meine Kräfte sind schlicht und ergreifend am Ende. Irgendwann werde ich es bitter bereuen, spätestens dann, wenn die Realität mal wieder grausam zuschlägt und ich blutigen Tränen vergieße, aber bis dahin werde ich es einfach zulassen.

 

Ich habe vergessen, wie langsam die Zeit vergeht, wenn man auf etwas Erfreuliches wartet. Das einzige Warten, an das ich mich noch erinnern kann ähnelt dem eines zum Tode Verurteilten, der in der Nacht vor der Hinrichtung betet, die Zeit möge stehen bleiben. Wie zum Hohn läuft sie dann schneller und trägt dich mit Lichtgeschwindigkeit dem Ende entgegen.

Aber jetzt scheint sie still zu stehen, bewegt sich keinen Millimeter vorwärts und ich wünsche mir die Zeit zurück, in der ich einfach vom Strom mitgerissen wurde. In der Stunden und Tage, ja manchmal sogar Wochen im einzelnen Flügelschlag einer nervigen Fliege vorüberziehen und sowohl die erträglichen, wie auch die unerträglichen Momente zu einem einzigen grauen Brei verschmelzen, der darum so viel leichter zu schlucken ist, weil die pechschwarzen Körnchen in der Masse verschwinden.

 

Der gestrige Tag war selbst für meine Verhältnisse besser und schlechter, als die meisten in vielen Jahren davor. Ich habe haushoch und katastrophal gegen Denis und vor allem gegen mich selbst verloren und als Trostpreis eine trügerische Hoffnung erhalten…

Das Klingeln des Telefons reißt mich aus meinen wirren Gedanken. Da ist es wieder, dieses schleichende Etwas, das mich schneller als nötig aufspringen lässt, wie ein ausgehungertes Tier, das die lebensrettende Nahrung wittert, und meinen Herzschlag in ärztlich bedenkliche Regionen katapultiert.

Mit der Hand über dem Hörer verharre ich, sehe das leichte Zittern meiner blassen Finger mit gerunzelter Stirn und schelte mich einen Narren, wegen dem beschissenen Telefon so aufgeregt zu sein.

Missmutig nehme ich schließlich ab.

 

 „Hallo?“

 >>Elija, bist du’s? << Ein warmer Schauer rieselt über meinen Rücken, als ich die Stimme erkenne.

 „Nein, hier ist der technische Wartungsdienst der Klinikpathologie, aber ich kann gerne eine Nachricht weitergeben, wenn sie mir bitte die Nummer des Empfängers mitteilen würden.“

Ein kurzes Kichern am anderen Ende und ich habe den Eindruck gerade mindestens 40 Kilo leichter geworden zu sein. Mit dieser Diätmethode könnte ich steinreich werden.

 >> Idiot! <<

 „Gleichfalls. Du hast dir ganz schön Zeit gelassen. Die Schule ist immerhin schon seit mehr als drei Stunden aus.“

Stille. Und auf ein Mal klingt seine Stimme ganz aufgeregt.

 >> Heißt das du hast auf meinen Anruf gewartet? Sag jetzt nicht, du hast mich vermisst! <<

Ich kann fühlen, wie sich Hitze auf meinem Gesicht ausbreitet. Wann lerne ich endlich die Klappe zu halten?

 „Red keinen Scheiß! Warum sollte ich eine krankhafte, aufdringliche, fröhliche Nervensäge wie dich vermissen?“

 >> Nicht mal ein kleines Bisschen? <<

 „Nein!“

 >> Ein ganz, ganz kleines Bisschen? <<

„Nein, verdammt noch Mal! Hör auf mit dem Scheiß!“

 >> Du bist echt herzlos. <<

 „Und das ist dir vorher noch nie aufgefallen?“

 

Plötzlich ist ein Knacken und Rascheln zu hören, es klingt als würde am anderen Ende der Leitung ein kleiner Kampf ausgetragen. Im Hintergrund sind gedämpfte Stimmen zu hören. In einer davon erkenne ich Denis, die andere habe ich noch nie gehört.

 >> Lass das du Idiot, ich bin gerade am Telefon! <<

Gedämpftes Murmeln. Ich muss mich schon sehr anstrengen um es zu verstehen.

 >>… ja das hab ich mitbekommen, dein Rumgesäusel ist ja kaum zu überhören, aber du kannst auch später noch Liebesgrüße mit deiner Freundin austauschen. Im Moment hast du genug zu tun. Sag ihr einfach wie sehr du sie vermisst, wie sehr du sie liebst und dann beeil dich und hilf mir. Papa wartet schon seit ner Viertelstunde auf dich…<<

Ein dumpfer Schlag, ein kurzes Gerangel und dann Gelächter.

>> Verpiss dich du Idiot! << Noch mal ein Lachen im Hintergrund, dann ist es kurz still. 

Inzwischen müsste jeder noch so winzige Quadratzentimeter meiner Haut einen saftigen Rotton angenommen haben und als Denis das Wort wieder an mich richtet bekomme ich zunächst nichts davon mit.

 >> Sorry, das eben war mein Bruder. Er hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht mich zu nerven… Elija, bist du noch dran? <<

Ich nicke, bis mir auffällt, dass er mich ja gar nicht sehen kann und signalisiere ihm mit einem kurzen „Hmhm“, dass ich noch da bin.

 >>Gut! Naja, also ich kann heute und wahrscheinlich auch morgen nicht vorbeikommen. Mein Vater hat den Wahn, den Dachboden auf Vordermann bringen zu wollen und hat mich und meinen Bruder dazu verdonnert ihm dabei zu helfen. Bis dahin darf keiner von uns was anderes machen. <<

 „Verstehe.“

Nicht nur ich merke, dass meine Stimme um einige Grad kühler klingt. Die Enttäuschung ist mir zu meinem größten Missvergnügen deutlich anzuhören.

 >> Hey, ich ruf dich auch Morgen an und am Mittwoch komm ich dann vorbei. Versprochen! <<

 „Hmhm…“

 >> Elija, ich…<<

Was er dann noch sagt, höre ich nicht mehr. Mit einem leisen Klack fällt der Hörer auf die Gabel.

 

Weißt du, dass du grausam bist?

 

Du hast mich aus dem reißenden Strom gefischt und lässt mich jetzt triefend und frierend am Ufer zurück, wo ich nur zuschauen kann, wie die Strömung die Grausamkeiten des Lebens direkt auf mich zu trägt. Wo ich sie von weitem kommen sehen und ihnen doch nicht ausweichen kann, weil meine Füße den festen Boden schon so lange nicht mehr gespürt haben, dass ich vergessen habe zu gehen. Weil ich mich nicht auskenne in dieser Gegend, nicht weiß, wohin ich denn weglaufen sollte, wenn ich könnte und du meine einzige Hoffnung bist.

Meine einzige Hoffnung, weil du mich stützen kannst, wenn meine Beine mich nicht tragen und du den Weg weißt, den ich ohne dich nicht finden kann, der weg führt von diesem dunklen Mahlstrom. 

Aber du kommst nicht um mich zu retten.

 

Weißt du, dass du grausam bist?

 

Mein Blick bleibt an der leeren Stelle auf der Kommode hängen.

 

Lässt mich hier allein in der schwarzen Kälte zurück. 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 10.03.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle schwarzen Leben, die noch darauf warten, ihr Blau zu entdecken

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