Kapitel 5 Teil 2
„Denis!?“, meine Mutter klingt entsetzt, „Was ist denn mit dir passiert? Du bist so blass und deine Augen… hast du etwa geweint?“
Sehe ich wirklich so schlimm aus? Nun, das würde zumindest die komischen Blicke im Bus erklären.
„Nein, es ist alles in Ordnung. Ich bin nur ein bisschen müde, das ist Alles.“
Ich kann ihrem Gesicht ansehen, dass sie mir das nicht abkauft, aber sie fragt nicht weiter nach, wofür ich ihr im Moment sehr dankbar bin. Ich bin mir selbst nicht im Klaren wie es mir geht.
„Ich hab nicht gewusst, dass du so spät kommst, aber ich habe dir was vom Abendessen aufgehoben. Soll ich es dir warm machen?“
„Nein Danke, ich hab keinen Hunger. Ich geh schon ins Bett.“
Ich kann fühlen, wie meine Mutter mir besorgt hinterher schaut. Sie hat Grund sich Sorgen zu machen, aber nicht um mich, mir geht es im Vergleich zu ihm wirklich blendend.
Völlig erschöpft lasse ich mich aufs Bett fallen. Ich will nur noch schlafen. Für heute habe ich genug gesehen, genug gehört und genug getan. Morgen sieht alles vielleicht etwas anders aus, aber im Augenblick ist es nur dunkel. Auf den beruhigenden Schlaf brauche ich nicht lange zu warten, er überfällt mich auf der Stelle.
Mein Blick fällt auf den Wecker. Neun Uhr Vierzig, beruhigt drehe ich mich noch mal um… Neun Uhr Vierzig! Wie von der Tarantel gestochen fahre ich auf. Ich hab verschlafen!
Während ich versuche mit der einen Hand meine Socken anzuziehen und mich mit der anderen in mein Hemd zu wursteln, übersehe ich den Haufen mit Schulsachen, der den kürzesten Weg zwischen mir und der Tür blockiert. Fluchend gerate ich ins Taumeln und da keine Hand frei ist um mich abzustützen, knalle ich ungebremst mit dem Schädel gegen meine Schranktür.
„Fuck!“, das gibt ne ordentliche Beule.
Mein Blick wandert noch mal zum Wecker zurück. Warum zum Teufel hat der eigentlich nicht geklingelt.
Eine fürchterliche Erkenntnis rastet in meinem, sich noch im Tiefschlaf befindenden, Hirn ein. Ich gehe vorsichtig ein paar Schritte näher.
„Fuck!!!!“, wütend trete ich gegen den Nachttisch. OK keine gute Idee, denn jetzt schmerzt nicht nur mein Schädel, sondern auch noch meine Zehen fühlen sich an, wie gebrochen.
Samstag. Heute ist Samstag. Ich könnt mir echt in den Arsch beißen.
Da an Weiterschlafen nicht mehr zu denken ist, beschließe ich meinem knurrenden Magen nachzugeben und mache mich auf den Weg in die Küche. Beim Essen wandern meine Gedanken wieder zurück zu Gestern. Dass ich ihn tatsächlich geschlagen habe, kann ich mir nicht verzeihen. So was ist sonst nicht meine Art, ganz und gar nicht, aber mir ist einfach eine Sicherung durchgebrannt.
Was er gesagt hat war so verletzend. Aber, Scheiße! Im Nachhinein schnürt es mir die Brust zu. Elija trifft überhaupt keine Schuld. Aus ihm sprachen unerträgliche Schmerzen, Einsamkeit und Enttäuschung… Und ich hab ihm weitere zugefügt, ihn ganz allein zurückgelassen.
Schon fühle ich mich hundsmiserabel. Der Löffel, der sich eben noch Richtung Mund bewegt hat, wandert zurück in die Schüssel, der Appetit ist mir erstmal gründlich vergangen. Eigentlich hatte ich vor mit irgendjemandem darüber zu sprechen. Jemandem, der ihm aus dieser Situation helfen kann. Jetzt komme ich mir vor, als ob ich ihn verraten würde, wenn ich das tue. Die Situation aber einfach so zu belassen kommt nicht in Frage.
Mein Entschluss ihn noch mal zu besuchen steht fest. Wir müssen dringend noch mal miteinander sprechen. Eine kurze Nachricht für meine Eltern und schon bin ich weg.
Wieder stehe ich vor seiner Tür und mein Herz veranstaltet einen Trommelwettbewerb, schlimmer noch als gestern, nur diesmal gibt es wirklich einen guten Grund dafür. Wird er mir überhaupt aufmachen? Ich glaube ich würde es nicht tun.
Kaum, dass ich die Klingel gedrückt habe, ertönt der Summer. Nun bin ich doch etwas überrascht. Vorsichtig öffne ich die Tür und da steht er an der Treppe, sieht mich ausdruckslos an.
„Was willst du hier?“
Ich schließe die Tür und hole tief Luft. Bloß keinen Fehler machen, ich darf’s mir mit ihm nicht endgültig verscherzen.
„Ich glaube, wir habe da noch einiges zu klären. Darf ich hochkommen?“
„…“
„Bitte.“
Schweigend geht er die Treppe nach oben. Ich deute das jetzt einfach mal als ja.
Im Zimmer angekommen, sitze ich ohne Umschweife auf seinem Bett.
„Du hast ja immer noch nicht aufgeräumt. Schon vergessen, dass du dir gestern fast den Hals gebrochen hättest?“, so wie ich heute in meinem eigenen Zimmer, meldet sich eine gehässige Stimme. Ich sollte mein Maul nicht so aufreißen.
Er mustert mich verwirrt. Die Mauer, die sich wie ein gigantischer Festungswall zwischen uns auftürmt, scheint unüberwindbar hoch. Höher, als sie schon einmal war. Über Nacht sind einige Reihen neuer Ziegelsteine dazugekommen. Es schmerzt mich ungewöhnlich heftig zu sehen, wie er sich wieder weiter vor mir zurückzieht.
Er wartet mit verkrampfter Haltung, dass ich endlich ausspucke, was zu sagen ich hergekommen bin.
„Ich werde niemandem etwas erzählen“, sein Gesicht entspannt sich ein wenig, „aber nur unter einer…“, mein Blick fällt auf den mitgebrachten Rucksack, „Zwei Bedingungen.“
Seine Augenbrauen ziehen sich zusammen, seine Züge sind starr. Sein Blick ist immer noch abweisend und hart.
„Erstens: Hör auf, vor mir wegzulaufen und dich vor mir zu verstecken. Sooo schlecht wie du denkst bin ich auch nicht, hoffe ich jedenfalls. Ich bin gern mit dir zusammen und ich habe nicht vor dir noch mal auf irgendeine Art weh zu tun. Das musst du mir glauben. Und hör endlich auf mich mit diesem Mörderblick zu löchern, eine angemessene Bestattung können sich meine Eltern im Moment nicht leisten.“
Diesmal sieht er mich mit seinen grünen Augen direkt an. Ein Abgrund tut sich darin auf, in dessen Tiefen Schmerz, Einsamkeit und stumme Verzweiflung miteinander ringen, in tonlosem Todeskampf ineinander verbissen und quasi nicht mehr zu trennen. Er läuft nicht weg, aber es scheint ihn große Überwindung zu kosten. Unendlich traurig sieht er aus und ich habe das beklemmende Gefühl, ich bin der Grund dafür.
Ganz langsam nickt er. „Und die zweite Bedingung?“
„Du lässt dich von mir verarzten.“ Ein Grinsen kann ich mir nicht mehr verkneifen, so belämmert sieht er aus.
„Du willst was?“
„Naja, ich hab mir Gestern schon gedacht, dass ein Paar der Schnitte und Prellungen echt übel aussehen und darum hab ich“, feierlich ziehe ich einen Verbandskasten und mehrere Salben aus meiner Tasche, „ein bisschen was zur Pflege dabei.“
„Sonst geht’s dir aber noch gut?“
Grinsend klopfe ich neben mir aufs Bett. „Selbst du musst inzwischen mitgekriegt haben, was für ein fürsorglicher Mensch ich bin.“
Nachdem er fertig ist mich mit einer Mine ernsthafter Besorgnis zu mustern, als würde er um meine geistige Gesundheit zu fürchten, setzt er sich resigniert mit dem Rücken zu mir.
„Das wirst du mir büßen.“
„Irgendwann gerne, aber jetzt zieh dich aus. Oder muss ich das erledigen?“
Ich hab schon die Hände an seinem T-Shirt, als er sie mit leicht rotem Gesicht beiseite schlägt.
„Das mach ich selbst!“
Das T-Shirt gleitet langsam zu Boden und ich muss schlucken. Vorsichtig berühre ich einen der Blutergüsse, die seinen Rücken über und über bedecken. Die Haut fühlt sich unerträglich heiß an und Elija schauert, als meine kalten Hände sie berühren. Was hat dieses Monster nur mit dir gemacht.
Ich nehme eine der Salben und beginne sie sanft auf seinem Rücken zu verteilen. Die verkrampften Muskeln fangen an sich zu entspannen, doch immer wieder zuckt er zusammen.
„Ich tu dir doch nicht weh, oder?“
„Nein“, kommt es überraschend sanft zurück, „es ist nur kalt, das ist alles.“
„Wirklich?“
„Nein…,“ er rollt mit den Augen, das weiß ich auch ohne es zu sehen. „In Wirklichkeit habe ich schrecklich Angst vor gelben Lastwagen und jedes Mal, wenn ich das Postauto vor meinem Fenster sehe, bekomme ich eine kleine Panikattacke.“
So schlimm können die Schmerzen also nicht sein.
Erneut fallen mir die Schnitte an seinen Armen auf. Selbst wenn sein Vater ihn verprügelt und ihn, bei dem Gedanken wird mir schlecht, ihn Grün und Blau schlägt, erklärt das nicht diese Schnitte. Es geht mich nichts an, aber ich muss fragen, denn es erscheint mir auf einmal ungeheuer wichtig.
„Elija, diese Schnitte… hast du sie dir… ich meine r…“
„Nein!“ Hastig bedeckt er sein linkes Handgelenk.
Zu spät, ich hab sie schon gesehen. Auf seiner hellen Haut kaum zu erkennen, ein einzige schmale, weiße Narbe. Sie sieht alt aus, schon lange verheilt. Fast verzweifelt presst er seine rechte Hand darauf, seinen Kopf gesenkt, sodass sein Gesicht fast vollständig von seinen Haaren bedeckt wird.
„Dieses Mal bin ich in unsere Glasvitrine gefallen. Sie ist kaputt gegangen… Da waren Scherben. Überall...“
Mein Hals fühlt sich seltsam trocken an und die Augen brennen. Der Drang, ihn ganz fest in die Arme zu schließen und einfach nur zu halten, ist übermächtig.
Wie kann ein Mensch so viel aushalten ohne daran zu zerbrechen?
Die Antwort ist einfach:
Gar nicht.
Er ist bereits zerbrochen, wie diese Glasvitrine, in tausend messerscharfe Scherben.
Vorsichtig, fast schon zärtlich, sprühe ich jeden einzelnen der Schnitte mit Desinfektionsmittel ein und klebe Pflaster drüber.
Fast zwanzig Minuten bin ich beschäftigt, bis ich mit dem Letzten fertig bin.
„So“, meine ich zufrieden. Er ähnelt inzwischen einem Model für Heftpflasterwerbung, „jetzt nur noch das Gesicht.“
Ich setze mich ihm gegenüber und er blickt mir gerade in die Augen. Den Ausdruck darin kann ich nicht deuten. Mein ganzer Körper ist auf ein Mal unnatürlich heiß und mein Herz schlägt so laut, dass ich mir sicher bin, er kann es hören.
Ich streiche ihm die Haare aus dem Gesicht. Er schließt seine Augen und einen Moment kann ich nichts anderes tun als ihn zu betrachten, bis ich mich vage erinnern kann, dass das alles hier irgendeinem merkwürdigen Zweck dient.
Meine Finger streichen über sein Gesicht: seine Nase, seine Wangen, seine Stirn auch seine Lippen. Mein Herz tut einen begeisterten Hüpfer, es bekommt gar nicht genug davon. Obwohl ich dabei die kühlende Salbe verteile, habe ich schon lange nicht mehr das Gefühl, dass es darum geht. Seine Wange schmiegt sich an meine Hand, seine Augen sind immer noch zu. Ich fahre mit dem Daumen über sein geschlossenes Augenlid. Er wehrt sich nicht.
Was zum Teufel tue ich hier?
Unsere Körper sind so nahe beieinander, dass ich die Wärme spüren kann, die von ihm ausgeht. Die Haut unter meinen Fingern fühlt sich trotz der Verletzungen samtweich an, meine Handfläche kribbelt. Mein Bauch ist seltsam hohl. Noch immer liegt meine Hand an seiner Wange. Ich kann mich einfach nicht dazu bringen, sie weg zu nehmen.
Was tue ich hier?
Plötzlich zuckt er zusammen. Als hätte ich einen Stromschlag verpasst bekommen ziehe ich schnell meine Hand zurück.
Wir haben da gerade eine unsichtbare Grenze überschritten. Wohin kann ich allerdings nicht sagen. Hastig zieht er sein Hemd wieder an, tunlichst darauf bedacht mich nicht anzusehen und doch, in dem kurzen Augenblick, in dem sich unsere Blicke kreuzen, bin ich mir sicher Angst darin zu sehen. Angst wovor, doch nicht vor mir?
„Hast du Hunger?“
„Äh, was?“ Diesem Gedankengang hätte ich selbst in meinen wacheren Momenten nicht folgen können. In diesem Zustand fortgeschrittener..., ja was eigentlich?- Ist es absolut unmöglich.
Er schüttelt nur den Kopf und ruft, schon halb zur Tür draußen: „Essen gibt’s unten.“
Schon ist er weg. Das ganze sah mir irgendwie verdächtig nach einer Flucht aus. Seufzend folge ich ihm. Und da sag noch mal einer, Frauen wären schwer zu verstehen.
Zum ersten Mal sehe ich mich richtig im unteren Stockwerk um, unser erstes Zusammentreffen hier hat das irgendwie verhindert. Es ist offen, hell, einladend aber einen Tick zu steril um eine wohlige Atmosphäre zu vermitteln. Küche, Esszimmer und Wohnzimmer sind in einem riesigen Raum, der gegenüber dem Eingangsbereich von einer ausladenden Glasfront abgeschlossen wird. Alles stilvoll und modern eingerichtet. Alles sehr schick, aber ich kann den Eindruck nicht abschütteln, dass etwas fehlt. Das Gefühl von bewohnt sein liegt nur oberflächlich über diesem Werk geschmackvoller Einrichtungskunst.
Das Auffälligste aber ist ein schöner schwarzer Flügel, der mitten im Raum steht. Ehrfürchtig gehe ich zu ihm hinüber. Der schwarze Lack glänzt makellos, nicht ein einziger Fingerabdruck ist darauf zu sehen und trotz dieser peniblen Sauberkeit, oder vielleicht gerade deswegen, wirkt er als einziger Gegenstand im Raum mit mehr, als nur Pflichtbewusstsein umsorgt. Hinter mir höre ich Elija näher kommen.
„Der gehörte meiner Mutter.“ Fast zärtlich streicht er über die Tasten.
„Gehörte?“ Ich ahne schlimmes.
„Ja, sie ist gestorben als ich 12 war.“
Ich wünsche mir ich hätte nicht gefragt. Ich und mein vorlautes Mundwerk.
Er sieht traurig aus, aber irgendwie wirken seine Gesichtszüge weicher, als er weiterspricht.
„Sie liebte das Klavierspielen“, ein kleines Lächeln huscht über sein Gesicht, das Erste, das ich je zu Gesicht bekommen habe. Er ist richtig schön, wenn er lächelt, geht es mir durch den Kopf. Schade, dass er das nicht öfter tut.
Langsam setzt er sich auf den Schemel. „Sie hat auch mir beigebracht zu spielen…“ Sein Blick gleitet ab, sucht in den Tiefen des Flügels nach etwas, das nur er sehen kann. „Dann saß die ganze Familie bis spät in die Nacht gemeinsam hier. Wir haben sogar manchmal vergessen zu Abend zu essen, bis mein... Aber seit sie tot ist, kann ich nur noch heimlich spielen. Er hasst es, wenn ich spiele…“
„Spiel was für mich!“ Ich würde ihm zu gerne einmal beim Spielen zusehen.
„Kommt nicht in Frage, ich spiele nur für mich selbst.“
„Ach komm schon. Bitte!“ Ich setze meinen herzerweichendsten Hundeblick auf. „Bitte…bitte, bitte, bitte…“
Ha! Ich wusste doch, dass mein Blick wirkt. Schnell wendet er sein Gesicht von mir ab. Habe ich da einen leichten Rotschimmer gesehen? Er beißt sich auf die Lippe, verharrt zögernd mit den Händen über den Tasten. Noch immer kann er sich nicht überwinden.
„Bitte Elija. Nur ein Mal.“
In dem Moment, als seine schlanken weißen Finger die Tastatur berühren, hat er mich völlig vergessen, befindet er sich in seiner eigenen Welt. Ganz sachte bewegen sie sich über die Tasten, weben ein hauchzartes Klanggewebe, das leicht durch den Raum schwebt. Wie etwas unendlich Kostbares spielt er jeden Ton. Die Augen geschlossen. Sein Gesicht ist so ruhig und entspannt, wie ich es noch nie gesehen habe.
Schön.
Nie schien mir dieses Wort passender. Schön, trotz all seiner Verletzungen.
Immer schneller fliegen seine Hände über die Tasten, immer lauter klingt die Musik in meinen Ohren. Sie wird drängender, fordernder und doch vibriert in jedem Ton eine unaussprechliche Traurigkeit.
Anmutig, virtuos führen seine Finger ein Ballett auf, wie ich es noch nie gesehen habe.
Die Musik fließt durch jede Faser seines Körpers, spiegelt sich in einem kaum sichtbaren Beben seiner vollen Lippen, einem Flattern der geschlossenen Augenlider, einem leichten Runzeln der Stirn. Mal bewegt sich sein Kopf ganz nah zu den Tasten, als würde er sich vor Schmerzen winden. Dann wieder bewegt er sich fließend zurück, legt ihn stolz in den Nacken. Seine glänzenden schwarzen Haare, die es zuvor noch versteckten, geben sein Gesicht frei.
Während er spielt stehe ich einfach nur da, kann mich nicht rühren, traue mich nicht auch nur ein einziges Mal zu Blinzeln, aus Angst etwas zu verpassen. Schon längst habe ich es aufgegeben gegen die Tränen zu kämpfen, die jetzt unaufhörlich über mein Gesicht rollen. Es ist mir egal.
Im Moment ist nur eines wichtig: Die süße, mal schmerzhafte, mal leidenschaftliche, dann quälende, mal zornige oder ruhige Melancholie der Musik, die mich nicht mehr loslässt.
Aber das ist es nicht, was mich bis in mein tiefstes Inneres gefangen nimmt, was mich wie einen Idioten mit offenem Mund dastehen lässt, was meinen Brustkorb so schwer macht, dass Atmen zu anstrengend wird.
In jedem Ton, in jeder noch so winzigen Bewegung steckt so viel Gefühl, so viel Wesen, so viel Seele. Keine Mauern, keine schwarzen Tücher verbergen ihn im Moment vor mir.
Gerade jetzt kann ich „Elija“ hören, genauso, wie er ist. Und er ist die schönste und traurigste Melodie, die ich je gehört habe, so kostbar und… zerbrechlich aber gerade deshalb so unendlich wertvoll und schützenswert.
Während ich so dastehe, überwältigt von dieser Flut von Gefühlen, die durch den Flügel direkt aus seinem Inneren auf mich einströmen, da weiß ich es.
Weiß es mit unerschütterlicher Gewissheit.
Seit der erste Ton mein Ohr erreicht hat, ist es entschieden, war es bereits zu spät.
Diese Melodie hat mich betört, mich eingewoben in ihr feines, zartes, schwarzes Netz und ich habe mich darin verfangen.
Mein Herz hat sich entschieden. Ohne mich zu fragen, hat es sich entschieden.
Als der erste Ton mein Ohr erreicht hat, da war es bereits zu spät.
Da gehörte mein Herz schon dir.
Tag der Veröffentlichung: 02.12.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für alle schwarzen Leben, die noch darauf warten, ihr Blau zu entdecken