Von den Saarländern,
ihrer Identität und der Heimat
Die Erinnerungen der Menschen gehören ihnen. Sie können sehr verschieden sein, so wie auch die Erfahrungen ein und desselben Vorgangs. Wer – wie das in früheren Jahrhunderten die Regel war – von seiner Geburt an bis zu dem unvermeidbaren Ende an einen Ort gebunden ist, hat in den zentralen Themen des Lebens keine grundsätzlich andere Erfahrung als jener, den es in andere Gegenden verschlagen hat. Es gibt kein Patentrezept für Glück und gegen Unglück. Liebe und Hass, Krankheit, Erfolg und Misserfolg lassen sich nur bedingt durch Bleiben oder Gehen beeinflussen, und nie weiß man genau, was wirklich hilft. Aber jeder hat wohl den angeborenen Wunsch, irgendwohin zu gehören, eine Heimat zu haben. Wenn wir es organisch betrachten, so überzeugt mich das Bild der Zwiebel, die um den Kern herum viele Schichten, viele Schalen hat bis hin zur Außenhaut.
Wir leben im Unter- oder Oberdorf, in Straßenzügen, Quartieren und Stadtteilen und sind den anderen Rivalen, obwohl Bewohner ein und desselben Ortes oder ein und derselben Stadt. Wir wetteifern mit den Nachbarorten und sind doch alle Bestandteile einer Region: Die Homburger und Saarbrücker, die Waderner und die Merziger, die Spiesener und die Elversberger, die St. Wendeler und die Saarlouiser sind die organischen Teile des einen Ganzen, des Saarlandes. Wir streiten und kabbeln uns mit den Pfälzern, mit den Lothringern und die mit uns. Und doch sind wir alle Linksrheinische, Saar-Lor-Lux-Bewohner, sind längst über die Grenze hinweg vielfach miteinander verbunden und doch auch wieder Deutsche, Franzosen und Luxemburger. Das bringt uns dann wieder in Europa zusammen, und wir sind, wenn wir nicht zu egoistisch auf unsere eigenen, prosperierenden Breiten fixiert bleiben, Teil der einen Welt.
Tag der Veröffentlichung: 02.08.2009
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